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Zbl. Vet. Med. B, 19, 779-781 (1972) @ 1972 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg Kurze Mitteilungen Aus der Bundesforschungsanstalt fur Viruskrankheiten der Tiere, Tubingen Versuche, sekretorische Antikorper bei Maul- und Klauenseuche (MKS)-immunenSchweinen nachzuweisen sowie Schweine intranasal gegen MKS zu immunisieren Von G. WITTMANN (Eingegangen am 20. August 1972) Bei der Schutzimpfung von Schweinen gegen MKS hat sich gezeigt, dai3 keine strenge Korrelation zwischen der Hohe des Titers neutralisierender Antikorper im Serum und dem Grad der Immunitat besteht (I). Offensichtlich spielen neben humoralen auch noch andere Immunitatsfaktoren eine Rolle. Es wird vermutet, dai3 die primare Vermehrung des MKS-Virus im Nasen- Rachenraum stattfindet (2, 3, 4, 5, 6, 7). Hier sind auch Komplexe zwischen IgA-Antikorpern und MKS-Virus nachgewiesen worden (8). Es ist somit nicht ausgeschlossen, dai3 sich dort immunologische Prozesse abspielen, die das Initialstadium der MKS-Virusvermehrung beeinflussen konnen. In fruheren Untersuchungen gelang es uns nicht, MKS-Virus-neutralisierende Antikorper im Speichel von MKS-vakzinierten Schweinen nachzuweisen (9). Da die da- mals verwendete Nachweismethode nicht optimal war, ist dieser Versuch mit einer empfindlicheren Nachweismethode wiederholt worden. Fur die Untersuchung auf sekretorische Antikorper wurden Schweine, die rnit einer MKS-DEAE-Dextran-Vakzine (9) gegen Virussubtyp 0, Kaufbeu- ren (0,K) revakziniert waren und hohe Neutralisationstiter im Serum auf- wiesen, herangezogen. Zwei, drei und vier Wochen nach der Revakzinierung wurden jeweils drei Schweine mit Eunarcon narkotisiert und ihre Nasenhohlen bei herabhangendem Kopf mit 200 bis 300 ml 0,01 mol phosphatgepufferter Kochsalzlosung, p H 7,6, die 1000 E Penicillin und 0,2 mg Streptomycin pro ml enthielt, ausgespult und die Spulflussigkeit aufgefangen. Hierauf erfolgte eine vollstandige Entblutung, wobei besonders darauf geachtet wurde, dai3 es zu keiner Aspiration von Blut kam. Nach Zerlegung der Tiere wurden Larynx, Trachea und Lunge in toto herausgenommen und aufgehangt. Die Haupt- bronchien wurden mit Arterienklemmen an der Eintrittsstelle in die Lunge abgeklemmt und Trachea und Hauptbronchien mit Hilfe eines dunnen Gummischlauches und einer 100 ml-Spritze rnit Pufferlosung grundlich aus- gespult. Die Nasen- bzw . die Trachealspiilproben der jeweiligen drei Schweine wurden unter sich gesammelt und nach 24stundigem Stehen bei 4 O C halbiert. Eine Halfte jeder Sammelprobe wurde mit j/3 Vol. Chloroform versetzt, 30 Minuten bei Zimmertemperatur geschiittelt, urn eventuell vorhandene Bin- dungen zwischen Antikorpern und Inhibitoren zu sprengen, und abschlieflend 30 Minuten lang bei 3000 U/Min. in der Kalte zentrifugiert. Die andere 54

Versuche, sekretorische Antikörper bei Maul- und Klauenseuche (MKS)-immunen Schweinen nachzuweisen sowie Schweine intranasal gegen MKS zu immunisieren

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Zbl. Vet. Med. B, 19, 779-781 (1972) @ 1972 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg

Kurze Mitteilungen

Aus der Bundesforschungsanstalt fur Viruskrankheiten der Tiere, Tubingen

Versuche, sekretorische Antikorper bei Maul- und Klauenseuche (MKS)-immunen Schweinen nachzuweisen sowie Schweine

intranasal gegen MKS zu immunisieren Von

G. WITTMANN

(Eingegangen am 20. August 1972)

Bei der Schutzimpfung von Schweinen gegen MKS hat sich gezeigt, dai3 keine strenge Korrelation zwischen der Hohe des Titers neutralisierender Antikorper im Serum und dem Grad der Immunitat besteht (I). Offensichtlich spielen neben humoralen auch noch andere Immunitatsfaktoren eine Rolle. Es wird vermutet, dai3 die primare Vermehrung des MKS-Virus im Nasen- Rachenraum stattfindet (2 , 3, 4, 5, 6 , 7). Hier sind auch Komplexe zwischen IgA-Antikorpern und MKS-Virus nachgewiesen worden (8). Es ist somit nicht ausgeschlossen, dai3 sich dort immunologische Prozesse abspielen, die das Initialstadium der MKS-Virusvermehrung beeinflussen konnen. In fruheren Untersuchungen gelang es uns nicht, MKS-Virus-neutralisierende Antikorper im Speichel von MKS-vakzinierten Schweinen nachzuweisen (9). Da die da- mals verwendete Nachweismethode nicht optimal war, ist dieser Versuch mit einer empfindlicheren Nachweismethode wiederholt worden.

Fur die Untersuchung auf sekretorische Antikorper wurden Schweine, die rnit einer MKS-DEAE-Dextran-Vakzine (9) gegen Virussubtyp 0, Kaufbeu- ren (0,K) revakziniert waren und hohe Neutralisationstiter im Serum auf- wiesen, herangezogen. Zwei, drei und vier Wochen nach der Revakzinierung wurden jeweils drei Schweine mit Eunarcon narkotisiert und ihre Nasenhohlen bei herabhangendem Kopf mit 200 bis 300 ml 0,01 mol phosphatgepufferter Kochsalzlosung, p H 7,6 , die 1000 E Penicillin und 0,2 mg Streptomycin pro ml enthielt, ausgespult und die Spulflussigkeit aufgefangen. Hierauf erfolgte eine vollstandige Entblutung, wobei besonders darauf geachtet wurde, dai3 es zu keiner Aspiration von Blut kam. Nach Zerlegung der Tiere wurden Larynx, Trachea und Lunge in toto herausgenommen und aufgehangt. Die Haupt- bronchien wurden mit Arterienklemmen an der Eintrittsstelle in die Lunge abgeklemmt und Trachea und Hauptbronchien mit Hilfe eines dunnen Gummischlauches und einer 100 ml-Spritze rnit Pufferlosung grundlich aus- gespult.

Die Nasen- bzw . die Trachealspiilproben der jeweiligen drei Schweine wurden unter sich gesammelt und nach 24stundigem Stehen bei 4 O C halbiert. Eine Halfte jeder Sammelprobe wurde mit j/3 Vol. Chloroform versetzt, 30 Minuten bei Zimmertemperatur geschiittelt, urn eventuell vorhandene Bin- dungen zwischen Antikorpern und Inhibitoren zu sprengen, und abschlieflend 30 Minuten lang bei 3000 U/Min. in der Kalte zentrifugiert. Die andere

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Probenhalfte wurde nur zentrifugiert. Zu den Praparationen wurde nun tropfenweise tris-gepufferte gesattigte Ammoniumsulfatlosung, p H 7,2, bis zur 33 O/oigen Sattigung zugegeben und 30 Minuten lang bei Zimmertemperatur auf einem Magnetruhrer geruhrt. Dann wurde wie vorher beschrieben zentri- fugiert und der Bodensatz unter Einengung auf ,/ioo des Ausgangsvolumens in Puffer aufgenommen und dialysiert. Die ungelosten Bestandteile wurden nie- dertourig abzentrifugiert und der gewonnene Oberstand 30 Minuten lang bei 56 O C inaktiviert und bis zur Verwendung bei - 20 O C eingefroren.

Zur Feststellung der virusneutralisierenden Eigenschaften wurden die Spiilproben unverdiinnt und in Verdunnungsstufen mit der Potenz zwei gegen 10 Mause-LD,, des MKS-Virusstammes 0 , K getestet. Bei den Serumneutrali- sationstests erfolgte die Priifung gegen 100 Mause-LD,,. Weitere Einzelheiten sind bereits beschrieben worden (9 , lo).

Die Titer der neutralisierenden Antikorper schwankten bei den unter- suchten Schweineseren zwischen 1 : 1200 und 1 : 2000. Es gelang jedoch nicht, in den 1 OOfach konzentrierten Spiilproben aus Nasenhohle und dem trachea- len-bronchialen Bereich eine virusneutralisierende Aktivitat nachzuweisen.

Ein anderer Versuch hatte die intranasale (i. n.) Applikation einer MKS- DEAE-Dextran-Vakzine ( 9 ) gegen Virussubtyp OIK zum Gegenstand. Die Uberlegung dabei war, dai3 DEAE-Dextran infolge seines Membraneff ekts (11) die Aufnahme von MKS-Virusantigen durch das Epithel des Nasen- Rachenraumes fordern und somit eine starke ortliche Immunitat an der Ein- trittspforte des Virus auslosen konnte.

Zehn 10 bis 12 Wochen alte Schweine wurden zu diesem Zweck mit einer Vakzine, die pro ml 100 mg DEAE-Dextran enthielt und die in vorhergegan- genen Versuchen parenteral gut immunisiert hatte, i. n. geimpft. Pro Nasen- loch wurden 5 ml Vakzine verspruht. Weitere drei Schweine blieben un- geimpft und dienten als Kontrollen.

Zwei Wochen post vacc. konnten im Serum von drei Impflingen neutrali- sierende Antikorper mit Titern von 1 : 3, 1 : 4 und 1 : 5 nachgewiesen werden; vier Wochen post vacc. hatten noch zwei Tiere Titer von 1 : 2 und 1 : 4; sechs Wochen post vacc. gelang es jedoch bei keinem Tier mehr neutralisierende Antikorper nachzuweisen.

Die Immunitatspriifung erfolgte sechs Wochen post vacc. durch Kontakt rnit MKS-Virus-ausscheidenden Schweinen. Alle Kontrolltiere und acht der vakzinierten Tiere erkrankten schwer an generalisierter MKS; lediglich ein Tier war teilimmun, es entwickelte Aphthen an einer Extremitat, und nur ein einziges Tier war vollimmun.

Die i. n. Verabreichung der Vakzine rief also keinen nennenswerten Schutzeffekt bei den Schweinen hervor.

Herrn Stampke danke ich fur seine technische Assistenz bei den Ver- suchen.

Zusammenfassung Bei Schweinen, die rnit einer MKS-DEAE-Dextran-Vakzine revakziniert

worden waren und hohe Neutralisationstiter im Serum aufwiesen, konnten keine sekretorischen Antikorper in den Nasenhohlen und im tracheal-bronchia- len Bereich nachgewiesen werden.

Ebenfalls erfolglos verlief die intranasale Vakzinierung von Schweinen rnit einer parenteral wirksamen MKS-DEAE-Dextran-Vakzine. Neun von zehn vakzinierten Schweinen erkrankten nach der Testinfektion mit MKS- Virus, die sechs Wochen post vacc. vorgenommen wurde.

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Summary Attempts to demonstrate secretory antibodies in pigs immune

to foot-and-mouth disease and to immunise pigs intranasally against the disease

In pigs revaccinated with a foot-and-mouth disease DEAE dextran vaccine and having a high serum neutralisation titre, no secretory antibody could be demonstrated in the nasal cavities or the tracheo bronchial region.

Attempts to vaccinate pigs intranasally with a parenterally effective DEAE dextran vaccine were also unsuccessful. Nine of ten vaccinated pigs contracted the challenge infection with virus given six weeks after vaccination.

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8. KAADEN, 0. R., G. EISSNER und H . 0. BOHM, 1970: Untersuchungen iiber Maul- und Klauenseuche (MKS)-Virusdauerausscheider bei vakzinierten und experimentell in- fizierten Rindern. Zbl. Vet. Med. B 27, 485-496.

9. WITTMANN, G., K. BAUER und M. MUSSGAY, 1970: Versuche zur Schutzimpfung von Schweinen mit Vakzinen aus inaktiviertem Maul- und Klauenseuche (MKS)-Virus. 11. Versuche mit Aethylaethylenimin (EE1)-inaktiviertem Virus und Diaethylaminoa- ethyl-Dextran (DEAE-D) als Adjuvans. Arch. ges. Virusforsch. 29, 139-158.

10. WITTMANN, G., K. BAUER und M. MUSSGAY, 1969: Essais de vaccination de porcs avec des vaccines base de virus aphteux inactive. L. Essais avec du virus 0 inact id par l’hydroxylamine, le formol, la chaleur et le pH. Bull. Off. int. Epiz. 71, 351-379.

11. RYSER, H. J.-P., 1969: A membrane effect of basic polymers dependent on molecular size. Nature 211, 934.

386-391.

Anschrift des Verfassers: BFA, Tubingen, Waldhauserhohe, Postfach 1149.