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CAD 4 practice 100 dental dialogue 11. JAHRGANG 2010 © Rückblick Da Gesamtversorgungen, wie die in die- ser Artikelserie beschriebene, zum Ta- gesgeschäft des Autors gehören, ist er sehr froh, dass er mit der CAD/CAM- Technik auf ein sinnvolles und effizientes Werkzeug zurückgreifen kann, dass sich problemlos in sein bestehendes Labor- konzept integrieren lässt. Die Versor- gung wurde eingangs in Wachs erarbeitet und artikulatorgerecht fixiert. Daraufhin konnten die Wachs-Prototypen mit dem systemimmanenten Scanner digitalisiert und von dort an digital weiter bearbeitet werden (vgl. dental dialogue 6/10). Kon- kret heißt das, dass sich mithilfe der Soft- ware nun alle Strukturen virtuell erarbei- ten lassen. Das Resultat: anatomisch un- terstützende ZrO 2 - und EMF-Gerüste für die definitive Versorgung, vollanato- mische PMMA-Brücken für die proviso- rische Phase und anatomische Wachsfa- cetten für die Überpresstechnik. Allen Versorgungen, den provisorischen wie den definitiven, liegt dasselbe, patienten- spezifisch erarbeitete Wax-up zugrunde. Somit stellt die CAD/CAM-Technik nicht nur eine hocheffiziente, sondern auch eine extrem prozesssichere Technik dar. Unnötige und fehlerbehaftete manu- elle Kopien sind nicht mehr nötig. Das Motto lautet dank CAD/CAM eher: einmal erarbeitet, immer wieder eins zu eins kopiert – und zwar in der Material- kombination der Wahl. Allerdings kommt auch in diesem Fall das traditionelle Prozedere zum Tragen. Das heißt die Strukturen und vor allem deren äußerer, an der Funktion teilneh- mender Anteil, muss nun zumindest bei der individuellen Kompositschichtung dem ermittelten Bissverhältnis entspre- chend auf die Gerüste übertragen wer- den können. Hierbei ist der Artikulator quasi die Gleichschaltungszentrale, der all unsere Restaurationsformen – ob provisorisch oder definitiv – gerecht werden müssen. Wie dies gelingt, wurde bereits ausführlich in anderen Artikelse- rien beschrieben [1, 2]. Somit wird der Silikonschlüssel wieder aufgegriffen, so- dass die Außenhaut auf die Gerüste übertragen werden kann. Vom Wachsprototyp zum Komposit Wie bereits für den Unterkiefer geschil- dert, stellen wir auch für den Oberkiefer im Artikulator einen transparenten Sili- konkonter des Wax-ups der provisori- schen Brücke her (Abb. 90). Im Ober- kiefer soll, wie bereits im Teil 1 der Aus- gabe 5/10 beschrieben, zunächst eine provisorische Frontzahnbrücke von 21 auf 23 angefertigt werden. In diesen Konter bringen wir an günstigen Stellen mit Spiralbohrern mehrere Öffnungen an (Abb. 91), in die wir später das flüssi- ge Kompositmaterial einspritzen. Zu- nächst tragen wir auf die Brücke im Be- reich des Pontics und zervikal Opak- dentin auf und lassen es Richtung inzisal dünn auslaufen (Abb. 92). dd TECHNIK Veränderung, die Konstante der Zukunft Ztm. Ralf Bahle demonstriert im letzten Teil seiner Beitragsreihe, wie die klassische, manuell geprägte Zahn- technik ideal und nahtlos an die CAD/CAM-technischen Prozesse anknüpft. Nachdem die Modellsituationen und Wax-ups digitalisiert worden waren, konnten die Gerüste, aber auch die Überkonstruktionen computer- gestützt gestaltet werden. Die derart kreierten Datensätze wurden daraufhin CAM-gestützt hergestellt. In diesem Artikel beschreibt der Autor, wie diese Gerüste zahntechnisch veredelt werden. Da allen Gerüsten – unabhängig vom Material, aus dem sie gefertigt wurden – derselbe Datensatz zugrunde liegt, handelt es sich um einen sehr effizienten Arbeitsablauf. Somit kann sich der Zahntechniker auf das konzentrieren, was er am besten kann: die funktionelle und ästhetische Rekonstruktion verloren gegangener dentaler Strukturen. Ein Beitrag von Ztm. Ralf Bahle, Leutkirch/Deutschland CAD/CAM-gestützte Fertigung implantatgetragener Brücken im Ober- und Unterkiefer – Teil 3 Indizes • CAD/CAM • Implantatprothetik • Gerüstdesign • Funktion • Matchen • Mehrfachscan • Silikonschlüssel • Übertragungs- stempel • Wax-up • Zirkoniumdioxid Kategorie Systembezogene Beitragsreihe dental-online-community.de Videobeitrag von diesem Referenten auf:

Videobeitrag von diesem Referenten auf: Veränderung, die ...Teil+3.pdf · führlich dokumentiert und in einem seperaten Teil im dental dialogue veröffentlicht. Leider kann zum gegenwärtigen

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C A D 4 p r a c t i c e

100 dental dialogue 11. JAHRGANG 2010 ©

Rückblick

Da Gesamtversorgungen, wie die in die-ser Artikelserie beschriebene, zum Ta-gesgeschäft des Autors gehören, ist ersehr froh, dass er mit der CAD/CAM-Technik auf ein sinnvolles und effizientesWerkzeug zurückgreifen kann, dass sichproblemlos in sein bestehendes Labor-konzept integrieren lässt. Die Versor-gung wurde eingangs in Wachs erarbeitetund artikulatorgerecht fixiert. Daraufhinkonnten die Wachs-Prototypen mit demsystemimmanenten Scanner digitalisiertund von dort an digital weiter bearbeitetwerden (vgl. dental dialogue 6/10). Kon-kret heißt das, dass sich mithilfe der Soft-ware nun alle Strukturen virtuell erarbei-ten lassen. Das Resultat: anatomisch un-terstützende ZrO2- und EMF-Gerüstefür die definitive Versorgung, vollanato-mische PMMA-Brücken für die proviso-rische Phase und anatomische Wachsfa-cetten für die Überpresstechnik. AllenVersorgungen, den provisorischen wie

den definitiven, liegt dasselbe, patienten-spezifisch erarbeitete Wax-up zugrunde.Somit stellt die CAD/CAM-Techniknicht nur eine hocheffiziente, sondernauch eine extrem prozesssichere Technikdar. Unnötige und fehlerbehaftete manu-elle Kopien sind nicht mehr nötig. DasMotto lautet dank CAD/CAM eher:einmal erarbeitet, immer wieder eins zueins kopiert – und zwar in der Material-kombination der Wahl. Allerdings kommt auch in diesem Falldas traditionelle Prozedere zum Tragen.Das heißt die Strukturen und vor allemderen äußerer, an der Funktion teilneh-mender Anteil, muss nun zumindest beider individuellen Kompositschichtungdem ermittelten Bissverhältnis entspre-chend auf die Gerüste übertragen wer-den können. Hierbei ist der Artikulatorquasi die Gleichschaltungszentrale, derall unsere Restaurationsformen – obprovisorisch oder definitiv – gerechtwerden müssen. Wie dies gelingt, wurdebereits ausführlich in anderen Artikelse-

rien beschrieben [1, 2]. Somit wird derSilikonschlüssel wieder aufgegriffen, so-dass die Außenhaut auf die Gerüsteübertragen werden kann.

Vom Wachsprototyp zum Komposit

Wie bereits für den Unterkiefer geschil-dert, stellen wir auch für den Oberkieferim Artikulator einen transparenten Sili-konkonter des Wax-ups der provisori-schen Brücke her (Abb. 90). Im Ober-kiefer soll, wie bereits im Teil 1 der Aus-gabe 5/10 beschrieben, zunächst eineprovisorische Frontzahnbrücke von 21auf 23 angefertigt werden. In diesenKonter bringen wir an günstigen Stellenmit Spiralbohrern mehrere Öffnungenan (Abb. 91), in die wir später das flüssi-ge Kompositmaterial einspritzen. Zu-nächst tragen wir auf die Brücke im Be-reich des Pontics und zervikal Opak-dentin auf und lassen es Richtung inzisaldünn auslaufen (Abb. 92).

dd T E C H N I K

Veränderung, die Konstanteder ZukunftZtm. Ralf Bahle demonstriert im letzten Teil seiner Beitragsreihe, wie die klassische, manuell geprägte Zahn-technik ideal und nahtlos an die CAD/CAM-technischen Prozesse anknüpft. Nachdem die Modellsituationenund Wax-ups digitalisiert worden waren, konnten die Gerüste, aber auch die Überkonstruktionen computer-gestützt gestaltet werden. Die derart kreierten Datensätze wurden daraufhin CAM-gestützt hergestellt. Indiesem Artikel beschreibt der Autor, wie diese Gerüste zahntechnisch veredelt werden. Da allen Gerüsten –unabhängig vom Material, aus dem sie gefertigt wurden – derselbe Datensatz zugrunde liegt, handelt es sichum einen sehr effizienten Arbeitsablauf. Somit kann sich der Zahntechniker auf das konzentrieren, was er ambesten kann: die funktionelle und ästhetische Rekonstruktion verloren gegangener dentaler Strukturen.

Ein Beitrag von Ztm. Ralf Bahle, Leutkirch/Deutschland

CAD/CAM-gestützte Fertigung implantatgetragener Brücken im Ober- und Unterkiefer – Teil 3

Indizes

• CAD/CAM• Implantatprothetik• Gerüstdesign• Funktion• Matchen• Mehrfachscan• Silikonschlüssel• Übertragungs -

stempel• Wax-up• Zirkoniumdioxid

Kategorie

SystembezogeneBeitragsreihe

dental-online-community.deVideobeitrag von diesem Referenten auf:

11. JAHRGANG 2010 © dental dialogue 101

Anschließend wird entsprechend der beider Farbnahme gewonnenen Informa-tionen der Halsbereich mit einer dünnenSchicht B4 versehen (Abb. 93). Auchdiese wird wieder dünn auslaufend inRichtung zervikal aufgetragen und aus-gehärtet. Anschließend wird das Modellmitsamt dem entsprechend vorbereite-ten Gerüst in den Artikulator gesetztund in dem transparenten Silikonkon-ter versenkt (Abb. 94). Über die Spritz-

kanäle wird nun Dentinmasse (Kompo-sit) in den Hohlraum eingebracht, dersich zwischen dem Silikonschlüssel unddem vorbehandelten Gerüst befindet.Das flüssige, lichthärtende Kompositkann nun über den transparenten Silikon-schlüssel mit der UV-Lampe ausgehärtetwerden, so wie es Galip Gürel bereits be-schrieben hat [3]. Der einzige Unter-schied ist der, dass wir dies nicht am Pa-tientenmund, sondern im Artikulator

vornehmen. Nach dem Aushärten he-ben wir das Modell vom Silikonschlüs-sel ab und reduzieren das Dentin umden Anteil, den wir für die individuelleSchneideschichtung benötigen (Abb. 95und 96). Der reduzierte Dentinkörperwird hiernach mit Mamelonfarben undTranspamassen charakterisiert (Abb. 97).Nun wird das entsprechend bearbeiteteGerüst mitsamt Modell wieder in denArtikulator zurückgesetzt und in den Sili-konkonter abgesenkt. Über die Spritz -kanäle wird nun erneut Schneidemasseeingespritzt und unter UV-Licht von au-ßen ausgehärtet (Abb. 98 und 99).In gleicher Weise verfahren wir im Un-terkiefer mit den definitiven Seitenzahn-versorgungen (Abb. 100 bis 105). Diesewurden – um etwaige funktionelle Pro-bleme leichter beheben oder in denGriff bekommen zu können – als Kom-positbrücken geplant. Die Gerüste wur-den ebenfalls CAD/CAM-technisch ge-fertigt. Allerdings wie beim Provisoriumaus einer lasergesinterten NEM-Legie-

C A D 4 p r a c t i c e T E C H N I K dd

Übersicht

5/10 Teil 16/10 Teil 27/10 Teil 3

Literatur

Die Literaturliste finden Sie un terwww.teamwork-media.de in der linken Naviga -tionsleiste unter „Journale online”

Abb. 90 Wie im Unter-kiefer, stellenwir auch fürden Oberkiefereinen transparen-ten Silikonkonterdes Wax-ups imArtikulator her

Abb. 91 In der Oberkiefer-front soll zunächsteine provisorischeBrücke von 21 auf23 angefertigt wer-den. Daher bohrenwir in den Silikon-konter mehrere Öffnungen für dasdünnflüssige Ver-blendkomposit

Abb. 92 Bevor aber der Konter mit flüssigem Komposit-material befüllt wird, tragen wir auf die Brücke im Bereichdes Pontics und zervikal Opakdentin auf und lassen esRichtung inzisal dünn auslaufen

Abb. 93 Darauf wird im Halsbereich eine dünne und inRichtung zervikal dünn auslaufende Schicht B4 aufgetra-gen. Dies entspricht den Informationen, die wir bei derFarbnahme gewonnen haben

Abb. 94 Nach dem Aushär-

ten der „Grundie-rung“ wird das Mo-

dellsegment mitsamtdem entsprechend

vorbereiteten Gerüstin den Artikulator ge-

setzt und in demtransparenten Sili-

konkonter versenkt

102 dental dialogue 11. JAHRGANG 2010 ©

C A D 4 p r a c t i c edd T E C H N I K

Abb. 95 und 96 Über die Spritzkanäle wurde Komposit (Dentin) in den Silikonkon-ter gespritzt. Das Komposit kann nun durch den transparenten Silikonschlüsselhindurch mit der UV-Lampe ausgehärtet werden. Nach dem Aushärten wird dasDentin um den Schneideanteil reduziert

Abb. 97 Der reduzierte Dentinkörperwird mit Mamelonfarben und Transpa-massen charakterisiert

Abb. 98 und 99 Das entsprechend bearbeitete Gerüst wird mitsamt Modell wieder in den Artikulator zurückgesetzt und er-neut in den Silikonkonter abgesenkt. Über die Spritzkanäle wird nun Schneidemasse eingespritzt und analog zur Dentinmasseausgehärtet

Abb. 100 bis 105 Im Unterkiefer verfahren wir ebenso, allerdings handelt es sich hierbei um die definitiven Seitenzahnversor-gungen

100 101 102

103 104 105

Hinweis: In wenigen Monaten kann die definitve Versorgung der Frontzähne 21 bis 23 fertiggestellt werden. Natürlich wird auch dies aus-führlich dokumentiert und in einem seperaten Teil im dental dialogue veröffentlicht. Leider kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keingenauer Erscheinungstermin genannt werden. Sie können aber sicher sein, dass wir dran bleiben …

11. JAHRGANG 2010 © dental dialogue 103

C A D 4 p r a c t i c e T E C H N I K dd

Abb. 106 Nach der Entnahme aus dem Silikonkonter müs-sen lediglich die Spritzfahnen entfernt werden

Abb. 107 Nun werden die Zirkoniumdioxid-Gerüste mit dengefrästen Wachsfacetten versehen. Im Artikulator wird dieOkklusion überprüft

Abb. 108 und 109 Da die Zentrik leicht verfeinert werden musste, muss die Okklusion minimal nachgearbeitet werden

rung. Dieses Vorgehen ermöglicht esuns, die am Anfang erarbeiteten Para-meter der Wachsprototypen exakt aufdie mit Komposit verblendeten Brü-cken zu übertragen. Damit steht uns ei-ne sehr rationelle und sichere Vorge-hensweise zur Verfügung. Da dieser Ar-beitsschritt im Artikulator stattfindet,bildet der Stützstift die Referenz für dievertikale Dimension. Bisserhöhungenwerden dadurch umgangen. Nach der Entnahme aus dem Silikon-konter (Abb. 106) werden die Spritz-fahnen entfernt und die Modelle in denArtikulator zurückgesetzt.

Vom Wachsprototyp über CAD/CAM zu Press-over-Zircon

Nun kommen die gefrästen Wachsfacet-ten zum Einsatz, die dafür auf das Zirko-niumdioxid-Gerüst aufgesetzt wer den.Die Zirkoniumdioxid-Gerüste sollenaus Gründen der Effizienz, aber auchum Bisserhöhungen zu vermeiden, mit

den CAD/CAM-gefertigten Wachsge-rüsten versehen und mit Keramik über-presst werden. Im Artikulator wird dieOkklusion überprüft (Abb. 107). Dasich bei der Zentriknahme eine leichteVerfeinerung ergeben hat (vgl. dentaldialogue 6/10, Seite 90), muss die Ok-klusion minimal nachgearbeitet werden(Abb. 108 und 109). Da diese Wachsteile aus Fräswachs be-stehen, lassen sie sich natürlich sehr gutmit Fräsen bearbeiten (Abb. 110). Aberauch mit scharfen Modellierinstrumen-ten können Details gut geschabt wer-den (Abb. 111). Ist der „Feinschliff “ erfolgt, werden diefehlenden Wachsanteile bis zum Kro-nenrand verlängert und die Pontics mo-delliert (Abb. 112 bis 114). Dabei ist da-rauf zu achten, dass das Emergenzprofilüber die Gingivamaske exakt reprodu-ziert wird. Nun werden die fertig über-modellierten Zirkoniumdioxid-Gerüsteauf den Gussmuldenformer angewachst(Abb. 115 und 116). Weil bei implantat-getragenem Zahnersatz die „Stümpfe“

meistens relativ klein sind, die Angriffs-fläche der Brücken jedoch relativ großist, könnten beim Verpressen der Kera-mik die Einbettmassenstümpfe abkni-cken. Aus diesem Grund stabilisierenwir die Einbettmassestümpfe mit Wolf-ramdrähten (Abb. 117). Danach befül-len wir die Muffel mit der Einbettmasse(Abb. 118).

Nach dem Ausbetten der überpresstenZirkoniumdioxid-Brücken, sollte sich dieForm genau so darstellen, wie wir sie ein-gebettet haben (Abb. 119). In diesemFall hat sich allerdings gezeigt, dass trotzder stabilisierenden Wolframdrahtstifte,der Druck auf die Einbettmassestümpfeso groß war, das sie abgeknickt sind. Inder Abbildung 120 kann man daher se-hen, dass im Bereich des Kronenrandseine Pressfahne entstanden ist. Das be-deutet, dass die Lage des Zirkoniumdi-oxid-Gerüsts nun nicht mehr mit derKaufläche übereinstimmt, da sich dasGerüst beim Auftreffen der Keramik-schmelze verdreht hat.

104 dental dialogue 11. JAHRGANG 2010 ©

Geschehen solche Dinge, fragt mansich natürlich, was der ganze Aufwandsoll. Vor allem – und das ist viel wichti-ger und nachhaltiger – fragt man sich,was man ändern kann, damit so etwasnicht mehr passiert. Aus diesem Grundhaben wir die Brücken noch einmal her-gestellt, was Dank der CAD/CAM-Tech-nologie kein Problem war. Die Datensät-ze sind noch da, und so mussten wir nurnoch mal auf den Knopf drücken und un-sere Maschine arbeiten lassen. An den gefrästen Zirkoniumdioxid-Ge-rüsten haben wir dieses Mal palatinal zweiKonnektoren stehen lassen (Abb. 121),die in der Einbettmasse als Verankerungfür die Gerüste dienen – das nennt manTroubleshooting. Diese Konnektoren müssen so langsein, dass sie selbst nach dem Dichtsin-

tern über die Wachsfacetten hinausra-gen. Dadurch wird eine Verankerung inder Einbettmasse geschaffen (Abb. 122und 123). Diese Vorgehensweise hatuns gezeigt, dass dies eine probate Mög-lichkeit ist, das Abknicken der Einbett-massestümpfe und somit ein Verrut-schen des zu überpressenden Gerüstszu verhindern (Abb. 124).

Nach dem Ausbetten und Aufpassender überpressten Zirkoniumdioxid-Ge-rüste stellen sich die Okklusion undKontaktpunkte so dar wie wir sie einge-bettet haben. Das setzt jedoch voraus,dass die Einbettmasse so angemischtwird, dass sie nahezu nicht expandiert(Abb. 125 und 126).Alle Details die wir ganz am Anfang inWachs modelliert haben, finden wir bei

den verblendeten Zirkoniumdioxid-Brü-cken. Sogar die Pontics und Emergenz-profile konnten dimensionsgetreu über-tragen werden (Abb. 127 und 128).Aus diesem Grund müssen die Brückennur noch bemalt und glasiert werden.Nach insgesamt drei Mal-/Glasurbrän-den sind die Oberkieferbrücken fertig(Abb. 129 und 130). Am Ende wird diekomplette Arbeit nochmals im Artikula-tor überprüft. Dort zeigt sich auch, dassdie überpressten Zirkoniumdioxid- unddie mit Komposit verblendeten NEM-Brückengerüste farblich sehr gut zuei-nander passen (Abb. 131 bis 135).

In situ

Die klinischen Bilder, vier Wochen nachder Eingliederung (Abb. 136 bis 139),

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Abb. 110 Da es sich um Fräswachs handelt, lassen sich dieFacetten sehr gut mit Fräsen bearbeiten

Abb. 111 Aber auch scharfe Modellierinstrumente sind gutgeeignet. Das harte Wachs lässt sich leicht schaben

Abb. 112 bis 114 Nach dem „Feinschliff“ werden die fehlenden Wachsanteile bis zum Kronenrand verlängert und die Ponticsmodelliert

Abb. 115 und 116 Es gilt zu beachten, dass das Emergenzprofil mithilfe der Gingi-vamaske exakt reproduziert wird. Die fertig übermodellierten Zirkoniumdioxid-Ge-rüste werden auf dem Gussmuldenformer angewachst

Abb. 117 Zur Stabilisierung der Brü-ckengerüste in der Einbettmasse brin-gen wir Wolframdrähte an

11. JAHRGANG 2010 © dental dialogue 105

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Abb. 121 Wir greifen daher nochmals aufdie vorhandenen Datensätzezurück und erhalten exaktdie gleichen Gerüsteund Wachsfacetten,jedoch haben wirdieses Mal anden Zirkonium-dioxid-Gerüs-ten palatinalzwei Konnek-toren stehenlassen

Abb. 122 und 123 Die Konnektoren müssen so lang sein, dass sienach dem Dichtsintern noch über die Wachsfacetten hinausragen.Dadurch wird eine Verankerung in der Einbettmasse gewährleistet

123

Abb. 119 Die überpress-ten Zirkonium-dioxid-Brü-cken nachdem Ausbet-ten: die Formsollte sich genauso darstellen, wiewir sie eingebettethaben

Abb. 118 Die derart manipulierten Brü-cken werden eingebettet. Es

sollte möglichst keine Expansi-on der Einbettmasse stattfinden

Abb. 120 In unserem Fallhaben die stabili-sierenden Wolf-ramdrahtstiftenicht gereicht. DerDruck auf die Ein-bettmassestümp-fe war zu groß,sodass sie ab-knickten. DiePressfahne iststummer Zeuge

106 dental dialogue 11. JAHRGANG 2010 ©

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Abb. 125 und 126 Die ausgebetteten und aufgepassten Press-over-Zircon-Gerüste weisen genau die Okklusion und Kon-taktpunkte auf wie das Wachs-up. Das setzt jedoch eine adäquat angemischte Einbettmasse voraus

Abb. 127 und 128 Alles, was wir am Anfang in Wachs erarbeitet haben, findet sich nun auch bei den definitiven Versorgungen

Abb. 129 und 130 Da die überpressten Brücken exakte Kopien der Wax-ups sind, müssen sie nur noch bemalt und glasiertwerden. Drei Mal- und Glasurbrände später sind die Oberkieferbrücken fertig

Abb. 124 Die stehen gelassenen Konnektoren waren ein probates Mittel, um das Abknicken der Einbettmassestümpfeund somit ein Verrutschen des zu überpressenden Gerüsts zu verhindern

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Abb. 131 bis 135 Die komplette Arbeit wird schließlich nochmals im Artikulator überprüft. Dort zeigt sich auch, dass die über-pressten Zirkoniumdioxid- und die mit Komposit verblendeten NEM-Brückengerüste farblich sehr gut zueinander passen. Dieunidentinfarbene PMMA-Brücke (Abb. 135) dient als Provisorium für alle Fälle und hat exakt die gleiche anatomische Form

131 132

133 134

135

108 dental dialogue 11. JAHRGANG 2010 ©

zeigen ein sehr schön ausgeformtesEmergenzprofil. Die Brückenglieder sinddurch das Ponticdesign nicht erkennbar.Die erarbeitete Okklusion ist derzeit sta-bil und nach Aussagen des Patientenfühlt er sich mit seinem Zahnersatz sehrwohl. Lediglich die Mundhygiene desPatienten lässt zu wünschen übrig – hierbesteht noch Handlungsbedarf in derPraxis. Zudem müssen wir die Kom -positbrücken im Unterkiefer im Augebehalten. Sollte sich heraus stellen, dasKomposit das falsche Material ist, sokönnten wir mithilfe der vorhandenenDatensätze jederzeit – wie im Oberkie-fer – überpresste Zirkoniumdioxid-Brü-cken herstellen. Da wir die Komposit-brücken zur Zentrikübertragung nutzenkönnen, dienen die zusätzlich hergestell-ten PMMA-Brücken so lange als provi-sorische Versorgung.

Fazit

Moderne CAD/CAM-Systeme in Kom-bination mit einer Vorgehensweise wiesie in diesem Beitrag vorgestellt wurden,geben uns Zahntechnikern heute dieMöglichkeit, die ganz zu Beginn einer Re-konstruktion erstellten Wachsprototypendurchgängig zu nutzen. Denn wenn wirerst einmal einen digitalen Datensatz da-raus generiert haben, steht uns ein digita-ler Bausatz zur Verfügung, der uns dieMöglichkeit gibt, die unterschiedlichstenMaterialkonzepte sinnvoll mit- und un-tereinander zu kombinieren. In unseremFall waren dies zum einen Zirkoniumdi-oxid-Gerüste mit den entsprechendenWachskronen für die Überpresstechnik,und zum anderen la ser gesinterte Nicht -edelmetall-Gerüste, die mithilfe von imArtikulator gleichgeschalteten Silikon-

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Produkt

ArtikulatorsystemCAD/CAM-System, InhouseFräswachsGesichtsbogenImplantatsystemKompositKunststoff, ProvisorienLegierung, EMF, lasergesintertModellgipsModellsystemModellierkunststoffModellierwachsPresskeramik-System

Prothesenzähne

ScannerScanspraySilikon, glasklar, 1:1ZahnfleischmaskeZirkoniumdioxid

Name

ArtexCeramill Motion

Ceramill WAXArtex-Gesichts bogenScrew-LineSinfonieCeramill TEMP

Ceramill NP L units (CoCr)AlpenrockGiroform SystemPattern ResinGEOCreation Press & PaintOn Zirconium DioxideCreapearl, Dynamicline, nach D. SchulzCeramill Map300Ceramill ScanmarkerAdisil glasklarGumQuickCeramill Zi

Hersteller/Vertrieb

AmannGirrbachAmannGirrbach

AmannGirrbachAmannGirrbachCamlog3M ESPEAmannGirrbach

AmannGirrbach

AmannGirrbachAmannGirrbachGC EuropeRenfertCreation Willi Geller/AmannGirrbach

Creation Willi Geller/AmannGirrbach

AmannGirrbachAmannGirrbachSiladentDreveAmannGirrbach

Produktliste

Abb. 136 und 137 Die klinischen Bilder,vier Wochen nachder Eingliederung derArbeit. Die erarbeiteteOkklusion ist stabil.Der Patient fühlt sichmit seinem Zahner-satz sehr wohl. DieBrückenglieder sindaufgrund des Pon-ticdesigns nicht alssolche erkennbar …

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Zur Person

Ralf Bahle wurde 1963 in Stuttgart als Sohn eines Feinmechanikermeisters geboren. Bereits in seiner Jugend entdeck-te er seine künstlerische Ader beim kreativen Basteln und Malen. Von 1980 bis 1984 absolvierte er seine Ausbildungzum Zahntechniker in Stuttgart. Nach seiner Ausbildung begannen erfahrungsreiche Gesellenjahre, die er bis 1988 inzahlreichen Labors in und um Stuttgart erlebte. Darunter war er für ein Jahr im Labor Braunwarth, wo er – für damaligeVerhältnisse – neue Erkenntnisse in der Ästhetik vermittelt bekam. 1989 „siedelte” er, angezogen von der Schönheitder Natur, ins Allgäu über, wo er sich ein mehr als 100 Jahre altes Bauernhaus kaufte und originalgetreu restaurierte.Von 1989 bis 1992 arbeitete er in verschiedenen, im Allgäu ansässigen Dentallabors – davon auch mehr als ein Jahrim Labor Thiel. Dort lernte er dem Zeitgeist entsprechende, neue Erkenntnisse über Präzision und Funktion kennen.Nach einer zweijährigen Laborleitertägigkeit machte er sich 1993 in seinem Bauernhaus selbstständig. Hierfür wurdeaus den ehemaligen Stallungen ein 100 m2 großes, modernes und außergewöhnlich gelegenes Labor. Jetzt konnte erseine Erfahrungen und Erkenntnisse, die er auf zahlreichen Kursen, darunter bei Heinz Polz (†), Klaus Müterthies, Jo-chen Peters und vielen mehr sammeln konnte, in seinem eigenen Konzept verwirklichen. Bereits 1989 fertigte er seineersten Implantatarbeiten an. Fasziniert von dieser Technik und den damit verbundenen Herausforderungen stand fürihn schnell fest: auf dieses Gebiet spezialisiert sich unser Labor! Durch die Zusammenarbeit mit namhaften Implanto-logen wie Dr.Wolfram Bücking, Dr. Gerhard Iglhaut und Dr. Ralf Masur und Partner entwickelte sich ein sicheres, ratio-nelles und reproduzierbares Teamkonzept, das er seit 2000 in Kursen und Abendveranstaltungen vermittelt. In einem 2005 eigens eingerichte-ten Schulungsraum können Kursteilnehmer in kleinen Gruppen sein Erfolgskonzept erlernen und die reizvolle Umgebung genießen. Seit 2008ist er Referent beim Curriculum Implantatprothetik und Zahntechnik der DGI.

Kontaktadresse

Ztm. Ralf Bahle • Dentaris GmbH • Missener Straße 63 • 88299 Leutkirch • Fon +49 7567 1264 • Fax +49 7567 1265 • [email protected]

Abb. 138 und 139 … Lediglich die

Mundhygiene lässt zuwünschen übrig. Soll-

te sich zeigen, dassdas Komposit das fal-sche Material ist, kön-

nen wir mithilfe dervorhandenen Daten-

sätze jederzeit undoberkieferkonform

reagieren

11. JAHRGANG 2010 © dental dialogue 109

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kontern entsprechend verblendet wer-den können, oder aber Provisorien ausPMMA. Wenn wir uns vor Augen füh-ren, wie viel handwerkliche Arbeit diezuvor genannten Varianten in unserembisherigen Alltag nach sich gezogen hatund wie viel Arbeitszeit wir durch dieseneue Vorgehensweise einsparen, so wirdwohl jedem die Wirtschaftlichkeit die-ser Technologie bewusst. Aber nicht nurdie Wirtschaftlichkeit ist ein Ent schei -dungskriterium, sondern auch die Mög-lichkeit, die Restauration konsequent undder Planung entsprechend umsetzen zukönnen. Form, Funktion und Ästhetiksind somit nicht länger Zufall. Dies al-les zusammen genommen, macht dieCAD/CAM-Technologie für mich inZukunft unverzichtbar.

Danksagung

Ich möchte mich für die optimal plat-zierten Implantate bei Dr. Laslo Czatovom Implantatzentrum Alztal in Gar-ching a.d. Alz sowie Dr. Robert Eisenschinkin Neuötting für die perfekte kooperativeZusammenarbeit bei der prothetischenUmsetzung bedanken. Ebenso gilt meinDank all meinen Mitarbeitern. Insbeson-dere bedanke ich mich bei FranziskaSchulze und Jürgen Birk für deren begeis-tertes Interesse und großen Einsatz be-züglich dieser neuen Technologie.