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Videodolmetsch im Gesundheitswesen Institut für Ethik und Recht in der Medizin MMag. Katharina Leitner

Videodolmetsch im Gesundheitswesen...Videodolmetschen im Gesundheitsbereich international bereits weit verbreitet (bspw.USA, Kanada, Nordirland & Australien) Start sechsmonatige Testphase

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  • Videodolmetsch

    im Gesundheitswesen

    Institut für Ethik und Recht in der Medizin

    MMag. Katharina Leitner

  • Was erwartet Sie?

    Grundlagen des Behandlungsverhältnisses

    Aufklärung

    Bisherige Lösungsstrategien inkl rechtlicher

    Bewertung

    Videodolmetschen

    Gebärdensprachdolmetscher am Display

    2

  • Einstiegsfall

    A kommt zu Ihnen ins Spital/in die

    niedergelassene Arztpraxis. Schnell

    müssen Sie jedoch feststellen, dass A

    nicht in einem Ausmaß Deutsch

    spricht, dass Sie mit ihm

    zufriedenstellend kommunizieren

    können.

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  • Fragen - Diskussion

    Dürfen Sie A dennoch behandeln?

    Müssen Sie A wegschicken? Dürfen Sie das

    überhaupt?

    Müssen Sie eine/n DolmetscherIn anrufen?

    Wer darf als DolmetscherIn auftreten?

    Was geht in Ihnen in so einer Situation vor?

    Welche Handlungsspielräume haben Sie?

    Kennen Sie diese Situation aus der Praxis? 4

  • Grundlagen des

    Behandlungsverhältnisses

  • Behandlungsverhältnis – ein Vertrag

    Konkludente Übereinkunft

    Inhalt des Behandlungsvertrages:

    • Heilbehandlung

    jede therapeutische, diagnostische,

    prophylaktische und

    schmerzlindernde Maßnahme

  • Pflichten von beiden Seiten

    Pflichten des/der BehandlerIn

    • Aufklärung

    • sachgerechte medizinische Behandlung

    • Dokumentation

    • Schweigepflicht

    • uvm.

    Pflichten des/der PatientIn

    • Informationspflicht

    • Mitwirkungspflicht

    7

  • Voraussetzungen für

    JEDE medizinische Maßnahme

    Medizinische Indikation

    Einwilligung des/der PatientIn

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  • Aufklärung

  • Aspekte der Aufklärung

    Aufklärung Voraussetzung für Einwililgung!

    Ohne Aufklärung kein informed consent!

    Aspekte der Aufklärung:

    1. Verständlichkeit der Sprache (Anpassung an das Vermögen

    des/der PatientIn)

    2. Übersetzungsleistung – d.h. die Übersetzung von der

    Fachsprache in die Alltagssprache (variable durch

    verschiedene Faktoren – Migrationshintergrund,

    Bildungshintergrund, psychische Verfassung)

  • Wie geschieht die Aufklärung?

    Wer klärt auf? Wen (Betroffenen, Familie)?

    Wann (kurz vor OP etc.)? In welcher Sprache?

    Mündlich oder Schriftlich? In welcher Intensität?

    Eine schriftliche Aufklärung allein genügt nicht!

  • Worüber wird aufgeklärt?

    Diagnose geplanter Behandlungsablauf

    Alternativen Risiken

    Kosten Folgen

    Je weniger dringend der Eingriff, desto

    ausführlicher muss die Aufklärung sein. Abhängig

    vom konkreten Fall!

  • Aufklärung

    nicht deutschsprachiger PatientInnen

    • Keine Sonderbestimmungen – allgemeine Regelungen

    • Aufklärung sehr individuell – je nach PatientIn

    • Aufklärungsblätter in unterschiedlichen Sprachen genügen

    nicht aber sinnvolle Unterstützung

    • Keine Formvorschrift (grundsätzlich nicht Schriftlichkeit

    verlangt)

    • Einsichts- und urteilsfähige/r PatientIn ist AdressatIn der

    Aufklärung

    - Deutsch sprachige Angehörige aufzuklären genügt nicht

    - Vorsicht bei Sprachmittlungen!

  • Bisherige

    Lösungsstrategien

  • Lösungsstrategien von ÄrztInnen und

    PatientInnen

    15

    Angehörige als ÜbersetzerInnen

    FreundInnen, Familienmitglieder oder Bekannte begleiten den/die PatientIn – Sonderfall Kinder!

    Pantomime/Aufzeichnen

    Die Verständigung erfolgt mithilfe von Händen und Füßen, Zeichnungen und Körpersprache

    Wartezimmer

    Der Arzt/die Ärztin bittet jemanden aus dem Wartezimmer zu übersetzen

  • Lösungsstrategien von ÄrztInnen und

    PatientInnen

    Mehrsprachige MitarbeiterInnen

    OrdinationsgehilfInnen oder AssistentInnen übersetzen

    Telefon

    Der/die PatientIn ruft jemanden an und gibt den Hörer an den Arzt/die Ärztin weiter

    Fremdsprache erlernen

    Der Arzt/die Ärztin kann auf ihre eigenen Fremdsprachenkenntnisse zurückgreifen und/oder bemüht sich die Sprache der PatientInnen zu erlernen

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  • Sonderfall: Kinder als ÜbersetzerInnen

    Psychische Belastung

    Außerhalb Erfahrungs- und Ausdruckshorizont

    Kollision mit Unterrichtszeiten

    Vertauschte Rollen

    Wer gibt Einwilligung?

    17

  • Aufklärung und Einwilligung

    Arzt/Ärztin muss sich

    überzeugen, dass PatientIn

    alles verstanden hat

    Einwilligung muss vom/von

    der PatientIn selbst

    erfolgen!

    Nur im Notfall kann

    Einwilligung entfallen

    18

  • Schweigepflicht und Einsicht in

    Dokumentation

    Angehörige entbinden

    konkludent

    Fremde im Wartezimmer

    problematisch!

    19

  • Haftung

    Angehörige werden

    PatientIn zugerechnet

    ABER: Vertrauensgrundsatz,

    wenn an Qualität von

    DolmetscherInnen keine

    Zweifel bestehen (OGH

    12.12.2002, 6Ob 280/02y)

    Arbeitsrechtlich bedenklich

    Zurechnung §1313a

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  • Kostentragung Dolmetscher?

    Ausgangslage:

    Behandlerseite trägt Beweislast, dass PatientIn

    ordnungsgemäß aufgeklärt wurde

    => Muss Behandlerseite ordnungsgemäß prüfen

    Sprachverständnis

    Dolmetscherkosten ein Teil der notwendigen

    Leistungen einer Krankenanstalt?

    • Keine Regelung und keine Rechtsprechung

    • Anders im Strafverfahren – spezielle EU-RL

    • Regelungen für gehörlose PatientInnen

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  • Bisherige Lösungsstrategien bei

    Sprachbarrieren

    Keine standardisierte Vorgehensweise zur

    Überwindung von Sprachbarrieren im

    Gesundheitswesen

    Anwendung individueller

    (nicht-qualitätsgesicherter)

    Lösungsstrategien

    Haftungsrisiko!

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  • Videodolmetschen im

    Gesundheitsbereich international

    bereits weit verbreitet (bspw. USA,

    Kanada, Nordirland & Australien)

    Start sechsmonatige Testphase

    August 2013

    11 Ambulanzen in Österreich

    Dolmetscherzentrale (Sprachen BKS

    & Türkisch)

    Verfügbarkeit von

    06:00h – 22:00h

    Ansatz: flexibel und technisch

    unkompliziert den richtigen

    Dolmetscher zur richtigen Zeit in der

    richtigen Sprache am richtigen Ort

    Neuer Lösungsansatz: Videodolmetschen

    Pilotprojekt

    „Videodolmetschen im Gesundheitswesen“

    Qualitätssicherung in der Versorgung nicht-

    deutschsprachiger PatientInnen

  • 24

  • Datenschutzrechtliche Aspekte

    Datenschutz DSG 2000

    • § 9 DSG 2000 Gesundheitsdaten =

    sensible Daten

    • Gesicherte Leitungen – nicht Skype!

    • Meldung Datenverarbeitungsregister

    • Keine Aufzeichnung der Gespräche

    • Einverständniserklärung der beteiligten Personen

    • Verschwiegenheitspflicht der DolmetscherInnen

    Haftungsrechtliche Aspekte DolmetscherInnen

    Frage wo angestellt – Zurechnung gemäß § 1313a ABGB

    DolmetscherInnen sind versichert

    25

  • Anzahl Videocalls

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  • Häufigste Zeiten Calls

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    08:00 – 12:00 Uhr

    69 % aller Video-Calls

    15:00 – 22:00 Uhr

    Notaufnahmen

    Ambulanzen

    Psychiatrie

    Rehabilitation

    7% aller Video-Calls

    ©

    ANetPAS/IERM

  • Vorteile des Videodolmetschens

    28

    Effizienz & Verlass auf Genauigkeit der Übersetzung

    Neutralität und Objektivität durch professionelle

    DolmetscherInnen

    Auch bzgl. Nähe-Distanz-Verhältnis (emotional &

    räumlich)

    Erhöhtes Sicherheitsempfinden (MP & PAT)

    Patient Empowerment

    MitarbeiterInnen- & PatientInnensicherheit

    Abdecken von „Randzeiten“

    Schnelle Verfügbarkeit!

  • Abhängigkeit der Verbindungsqualität von vorhandenen

    (hausinternen) Ressourcen

    Erhöhung der Flexibilität & Anpassung an Bedürfnisse

    der Settings

    Nähe-Distanz-Verhältnis (emotional & räumlich –

    verhindert Entstehen intimer Gesprächssituationen)

    Bedenken bzgl. Überwachung & Kontrolle

    Erweiterung Sprachangebot

    (bspw. Russisch, Polnisch, Ungarisch, Tschetschenisch,

    Albanisch ….)

    Herausforderungen Videodolmetschen

  • Fehlendes Problembewusstsein

    Notwendigkeit professioneller DolmetscherInnen

    wird nicht erkannt!

    Fehlendes Wissen über Beruf des professionellen

    Dolmetschers

    Erwerb von erforderlichen Kompetenzen durch

    Studium nicht bewusst

    (Sprach-, Kultur- und translatorische Kompetenz)

    Sprachkompetenz ≠ Dolmetschkompetenz

    Bringschuld und Verantwortung für Gelingen der

    Kommunikation bei PatientInnen verortet

    Herausforderungen Videodolmetschen

  • Gründe für Nichtnutzung

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    Fehlende Information/Bekanntheit des Tools

    (große Teams/kein „Promotor“ vor Ort aktiv)

    Skepsis und Vorbehalte gegenüber neuer

    Technik/neuem Tool (Überlastung/Übersättigung)

    Hindernde interne Prozesse

    Verfügbarkeit nicht barrierefrei genug

    „Gewohnheit“ bisheriger Lösungsansätze

    Nicht-ergreifen der Handlungskonsequenz trotz

    dringend zu vermutender Qualitätsminderung bei

    Laien-Dolmetschungen!

  • VideodolmetschGmbH (SAVD)

    Qualifizierter Dolmetscher

    zur richtigen Zeit am

    richtigen Ort

    Durch Videodolmetscher

    jederzeitige Erreichbarkeit

    Mobile Geräte

    Vorteil gegenüber

    Telefondolmetscher

    Kommunikation zu 1/3 non

    verbal wichtig

    1 Knopfdruck – richtige

    Sprache

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  • Gebärdendolmetscher am Display

    Plattform Patientensicherheit und SAVD

    mobilen Anwendung auf Smartphones und Tablets

    Nicht nur im Gesundheitsbereich – generell

    verfügbar

    MO-FR 8:00 – 17:00 Uhr

    www.gehoert.org

    Kosten teilweise von Bund, Land oder Gemeinde

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    http://www.gehoert.org/

  • Conclusio

  • Conclusio

    Nicht deutschsprachige PatientInnen haben ebenso

    Recht auf Aufklärung und Selbstbestimmung

    In der Praxis: Verständigung schwierig

    Lösungsansätze bisher nur individuell

    Es gäbe professionelle, verfügbare Alternative

    Wunsch nach Verankerung

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  • Lösungen auf drei Ebenen verankern

    Gesellschaft/

    Staat

    Ärzte-gemeinschaft

    Individuum

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    • Mikro-Ebene:

    Individuum

    • Meso-Ebene:

    Ärztegemeinschaft

    • Makro-Ebene:

    Gesellschaft/Staat

  • Danke für die Aufmerksamkeit!

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