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arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN_44|2011 IV trends D er Siegeszug des gedruckten Buchs begann 1450 in Mainz. Bis dahin hatten Mönche und bezahlte Schreiber die Buchseiten in mühseliger Kleinarbeit mit Federkiel und Tinte beschrieben. Das war nicht mehr nötig, als Johannes Gutenberg beweg- liche Metalllettern erfand, die es unter Zuhilfenahme einer Druckerpresse er- möglichten, Papier zu bedrucken, das zu einem Buch gebunden wurde. Es bekam über den Inhalt hinaus einen Wert durch seinen Einband, möglichst in Leder, auf dessen Buchrücken der Name des Autors und der Titels bisweilen sogar in golde- nen Buchstaben prangten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde erstmals das Taschenbuch verkauft. Es war weniger wertvoll ausgestattet und hatte keine Bindung, sondern nur eine Klebeheftung. Gedruckt wurde es an- fänglich auf Zeitungspapier und Rotati- onsdruckmaschinen (rororo für: Ro- wohlts Rotations Romane). Dadurch wurden die Herstellungskosten gering gehalten und der Verkaufspreis war nied- rig. Das war ein wichtiger Faktor in der entbehrungsreichen Nachkriegszeit, um Bücher kostengünstig anbieten zu kön- nen. Die Anregung zum Taschenbuch hatte der Verleger Heinrich Maria Ledig- Rowohlt auf einer USA-Reise erhalten. Die ersten Exemplare kommentierte sein Vater Ernst Rowohlt mit dem Satz: „So was kommt mir nicht ins Haus.“ Bücher in digitaler Form Ähnliches ist derzeit von Buchliebhabern zu hören, wenn es um das E-Book geht, das unter Verzicht auf gedruckte Seiten und einen festen Einband das Medium Buch in digitaler Form aufbereitet. Die Ursprünge des elektronischen Buches gehen zurück in die zweite Hälfte der 1990er Jahre. Damals dachten einige amerikanische Verleger über Einsparun- gen in der Herstellung und dem Vertrieb gedruckter Bücher nach. Der Grundge- danke war, dem Leser den Text eines Buches in digitaler Form zur Verfügung zu stellen, indem er bei Online-Buchhänd- lern eine Datei erwarb, die er auf speziel- len E-Book-Readern öffnen und lesen konnte. Der Startschuss fiel 1999. Die Firma NuvoMedia brachte das erste digi- tale Lesegerät für E-Books auf den Markt – das Rocket eBook. Auf einem Chip von 16 MB ließ sich eine Bibliothek mit meh- reren Dutzend Titeln speichern. Das Dis- play war in Schwarzweiß gehalten und erlaubte die Darstellung von Grafiken, womit zumindest Titelbilder und Innenil- lustrationen in einer groben Auflösung angezeigt werden konnten. Dem Rocket eBook blieb der kommerzielle Erfolg je- doch verwehrt. Mit einem Startpreis von 649 Dollar war das Lesegerät für den Massenmarkt nicht geeignet. So schnell, wie der erste Hype ums E-Book 1999 entstanden war, verflog er auch wieder. Das digitale Buch geriet in Vergessenheit, bis einige Internet-Buchanbieter vor etwa fünf Jahren den Vertrieb derartiger Bü- cher forcierten. Dahinter stand der Ge- danke, die sinkenden Umsätze von ge- druckten Büchern aufzufangen. Zwar wurden weiterhin Bücher gekauft, doch insgesamt waren die Erlöse rückläufig. Die Unternehmen besannen sich auf die Form des E-Books. Es bot den Händlern, aber auch den Verlagen, einige Vorteile. Die Herstellungskosten wurden mini- ¢ NEUE MEDIEN Vom Buch zum E-Book Die Verfechter des E-Books sind überzeugt, dass digita- le Bücher in den kommenden Jahren das Verlagswesen umkrempeln werden. Für die Freunde des herkömmli- chen Buchs ist das E-Book hingegen nur ein digitales Strohfeuer. | Jürgen Gauert

Vom Buch zum E-Book - wila-arbeitsmarkt.de · aber auch den aktuellen Jerry-Cotton-Groschenroman. In erster Linie wird Lek-türe zum Entspannen und zur Unterhal-tung angeboten, eben

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arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN_44|2011IV

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Der Siegeszug des gedruckten Buchs begann 1450 in Mainz. Bis dahin hatten Mönche und

bezahlte Schreiber die Buchseiten in mühseliger Kleinarbeit mit Federkiel und Tinte beschrieben. Das war nicht mehr nötig, als Johannes Gutenberg beweg-liche Metalllettern erfand, die es unter Zuhilfenahme einer Druckerpresse er-möglichten, Papier zu bedrucken, das zu einem Buch gebunden wurde. Es bekam über den Inhalt hinaus einen Wert durch seinen Einband, möglichst in Leder, auf dessen Buchrücken der Name des Autors und der Titels bisweilen sogar in golde-nen Buchstaben prangten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde erstmals das Taschenbuch verkauft. Es war weniger wertvoll ausgestattet und hatte keine Bindung, sondern nur eine Klebeheftung. Gedruckt wurde es an-fänglich auf Zeitungspapier und Rotati-onsdruckmaschinen (rororo für: Ro-wohlts Rotations Romane). Dadurch wurden die Herstellungskosten gering gehalten und der Verkaufspreis war nied-rig. Das war ein wichtiger Faktor in der entbehrungsreichen Nachkriegszeit, um Bücher kostengünstig anbieten zu kön-nen. Die Anregung zum Taschenbuch hatte der Verleger Heinrich Maria Ledig-Rowohlt auf einer USA-Reise erhalten.

Die ersten Exemplare kommentierte sein Vater Ernst Rowohlt mit dem Satz: „So was kommt mir nicht ins Haus.“

Bücher in digitaler Form

Ähnliches ist derzeit von Buchliebhabern zu hören, wenn es um das E-Book geht, das unter Verzicht auf gedruckte Seiten und einen festen Einband das Medium Buch in digitaler Form aufbereitet. Die Ursprünge des elektronischen Buches gehen zurück in die zweite Hälfte der 1990er Jahre. Damals dachten einige amerikanische Verleger über Einsparun-gen in der Herstellung und dem Vertrieb gedruckter Bücher nach. Der Grundge-danke war, dem Leser den Text eines Buches in digitaler Form zur Verfügung zu stellen, indem er bei Online-Buchhänd-lern eine Datei erwarb, die er auf speziel-len E-Book-Readern öffnen und lesen konnte. Der Startschuss fiel 1999. Die Firma NuvoMedia brachte das erste digi-tale Lesegerät für E-Books auf den Markt – das Rocket eBook. Auf einem Chip von 16 MB ließ sich eine Bibliothek mit meh-reren Dutzend Titeln speichern. Das Dis-play war in Schwarzweiß gehalten und erlaubte die Darstellung von Grafiken, womit zumindest Titelbilder und Innenil-lustrationen in einer groben Auflösung angezeigt werden konnten. Dem Rocket eBook blieb der kommerzielle Erfolg je-doch verwehrt. Mit einem Startpreis von 649 Dollar war das Lesegerät für den Massenmarkt nicht geeignet. So schnell, wie der erste Hype ums E-Book 1999 entstanden war, verflog er auch wieder. Das digitale Buch geriet in Vergessenheit, bis einige Internet-Buchanbieter vor etwa fünf Jahren den Vertrieb derartiger Bü-cher forcierten. Dahinter stand der Ge-danke, die sinkenden Umsätze von ge-druckten Büchern aufzufangen. Zwar wurden weiterhin Bücher gekauft, doch insgesamt waren die Erlöse rückläufig. Die Unternehmen besannen sich auf die Form des E-Books. Es bot den Händlern, aber auch den Verlagen, einige Vorteile. Die Herstellungskosten wurden mini-

¢ NEUE MEDIEN

Vom Buch zum E-BookDie Verfechter des E-Books sind überzeugt, dass digita-le Bücher in den kommenden Jahren das Verlagswesen umkrempeln werden. Für die Freunde des herkömmli-chen Buchs ist das E-Book hingegen nur ein digitales Strohfeuer. | Jürgen Gauert

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miert, weil Papier, Druckerfarbe und das Binden der Bücher entfielen, ebenso wie der Vertrieb, der mit zusätzlichen Kosten für Transport und Lagerung belastet war. Da das E-Buch im Internet erworben wur-de, konnte auch am personalintensiven Verpacken der Bücher für den Postver-sand gespart werden. Durch die Kosten-reduzierung war es dann möglich, den Preis eines digital vertriebenen Buchs unter dem Verkaufspreis des gebunde-nen Buchs anzusetzen, das weiterhin er-schien, wenn auch nun in geringerer Auflage.

Geeignete Lesegeräte

Um ein E-Book aber lesen zu können, musste den Käufern ein Gerät zur Verfü-gung gestellt werden, auf das er die digi-talen Bücher herunterladen konnte. Ent-wickelt wurden spezielle Lesegeräte, die E-Book-Reader. 2007 präsentierte Ama-zon, damals wie heute der weltweit größ-te Online-Händler für Bücher, ein Lesege-rät namens Kindle für 259 US-Dollar. Es wog rund 290 Gramm und griff über ein Mobilfunkmodul auf Amazons amerikani-schen Online-Shop zu. Das Gerät konnte bis zu 200 Buchtitel speichern. Andere Firmen zogen nach. Sony, Samsung und die britische Buchhandelskette Barnes and Noble brachten E-Book-Reader auf den Markt; in Deutschland war es unter anderem der Weltbild-Verlag.

Diese Lesegeräte sind fast so groß wie eine DVD-Hülle und besitzen ein Display mit einer Diagonale von etwa 15 Zenti-metern, welches durch eine kontrastrei-che Anzeigetechnik ein sehr gut lesbares Schriftbild mit hoher Auflösung bietet, das die Augen nicht anstrengt (was ent-sprechende Studien inzwischen auch belegen) und sogar bei direkter Sonnen-einstrahlung noch erkennbar bleibt. Der Nachteil der Reader besteht darin, dass es nur möglich ist, digitale Bücher von Anbietern zu lesen, in deren Online-Shops die E-Books erworben wurden. So lassen sich bei Amazon gekaufte Bücher nicht auf dem Reader etwa von Barnes

and Noble aufrufen, gleiches gilt umge-kehrt.

Die Leserschaft reagierte auf die Ein-führung des E-Buchs unterschiedlich. Viele zogen es vor, weiterhin herkömmli-che Bücher zu lesen, die schön gebun-den waren, die man anfassen und deko-rativ in ein Buchregal stellen konnte. Und es war möglich, ein herkömmliches Buch im Freundeskreis zu verleihen. Auch konnten gedruckte Bücher über entspre-chende Internet-Plattformen oder auf dem Flohmarkt wieder verkauft werden, um von dem Erlös neue Bücher zu erwer-ben. Das alles funktioniert bei einem E-Book nicht.

Das papierlose Buch

Die Befürworter digitaler Bücher weisen hingegen auf die Einsparung von Papier hin und auf die Reduzierung von CO2-Ausstoß, denn Bücher müssen nun nicht mehr mit Transportfahrzeugen zu Buch-handlungen gefahren werden. Sie führen weitere Argumente ins Feld. Digitale Bü-cher brauchen keinen Platz im Bücherre-gal und die meisten Bücher würden so-wieso nur ein einziges Mal gelesen. Wei-

tere Vorteile, die genannt werden, bezie-hen sich auf die E-Book-Reader, und sind nicht von der Hand zu weisen: Der Leser kann sowohl die Schriftgröße als auch den Zeilenabstand individuell einstellen, was bei herkömmlichen Büchern natur-gemäß nicht möglich ist. Nicht nur Men-schen mit einer Sehschwäche kennen das Problem mit einer entweder zu klei-nen oder zu großen Schrift in einem ge-druckten Buch, was die Lektüre be-schwerlich machen kann. Auch ist es möglich, auf dem Reader bestimmte Ab-schnitte mit einem Cursor zu markieren und sie in einer Clipping-Datei abzule-gen, falls man später auf sie zurückgrei-fen möchte. Und bei der Wiederaufnah-me der Lektüre zeigt das Lesegerät genau die Seite an, die man zuletzt gelesen hat. Die meisten digitalen Lesegeräte unter-stützen zudem eine Volltextsuche. Das kann etwa bei Fachbüchern oder Biogra-fien sinnvoll sein. So muss nicht lange nach einem bestimmten Absatz wie im herkömmlichen Buch geblättert werden. Außerdem haben die E-Book-Reader ei-nen weiteren Vorteil – sie sind deutlich leichter als normale Bücher. Auf den digi-talen Lesegeräten lassen sich je nach

Schnittstelle zwischen Mensch und digitaler Literatur – der E-Book-Reader. Als neueste elek-

tronische Errungenschaft gerne auch auf Reisen eingesetzt.

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nes digitalen Buchs circa 10 bis 15 Pro-zent unter dem Preis der gedruckten Ausgabe liegt.

Das klassische Buch wird dennoch nicht so schnell verdrängt werden. Zum einen, weil das Angebot von elektroni-schen Büchern zurzeit überschaubar ist, denn längst nicht jedes Buch wird in Deutschland auch in digitaler Form ange-boten. Zum anderen sind gedruckte Bü-cher bei den Deutschen die beliebtesten Geschenke, nicht nur zu Weihnachten, und wer möchte schon zum Geburtstag eines Freundes diesem eine E-Book-Da-tei schenken. Auch der Markt der Bilder- und Kinderbücher, die ein großes Seg-ment im Buchmarkt darstellen, wird da-von nicht betroffen sein, ebenso ein

Großteil der Fachliteratur, die in gebun-dener Form vor allem von Bibliotheken erworben wird. Wer sich im Angebot digi-taler Bücher umsieht, findet daher vor allem Belletristik, also Erzählungen, Kri-minal- und Liebesromane, ebenso histo-rische Romane sowie Biografien mehr oder weniger prominenter Zeitgenossen wie die der Schauspielerin Gaby Köster, aber auch den aktuellen Jerry-Cotton-

Groschenroman. In erster Linie wird Lek-türe zum Entspannen und zur Unterhal-tung angeboten, eben das, was sich auf dem Buchmarkt erfahrungsgemäß am besten verkauft

E-Book im Aufwind?

Zurzeit ist noch nicht absehbar, ob sich das E-Buch als digitale Leseform etablie-ren wird oder ob es bald wieder verges-sen sein wird wie die inzwischen fast vom Markt verschwundene Mini-Disk, die vor einigen Jahren der CD Konkurrenz ma-chen wollte. In der aktuellen Studie „Ger-man Entertainment and Media Outlook: 2011 – 2015“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewater-

houseCoopers kommt man jedoch zu der Ansicht, dass der Verkauf von E-Book-Readern und damit der Erwerb digitaler Bücher in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Die Experten prophezeien dem E-Buch-Markt ein rasantes Wachs-tum: Der Umsatz mit den auf elektroni-schen Geräten lesbaren Büchern, der 2011 deutschlandweit bei 21 Millionen Euro lag, werde sich bis 2015 im Bereich

Modell bis zu 3.500 Bücher speichern, und vor einer längeren Reise muss man nun nicht mehr darüber nachdenken, welche Bücher man mit sich herum-schleppt.

Kaufentscheidungen

Einige Online-Anbieter erlauben es sogar, sich das erste Kapitel des Buchs kosten-los herunterzuladen. So kann man die ersten Seiten eines Buchs lesen, um fest-zustellen, ob der Inhalt der Geschichte und der Stil des Autors dem persönlichen Geschmack entsprechen. Fällt nach der Lektüre der Leseprobe die Entscheidung, vom Erwerb des E-Books abzusehen, werden die ersten Seiten vom Reader gelöscht, und man schaut sich nach et-was anderem um. Wer nach der Lesepro-be das E-Buch jedoch kaufen möchte, lässt es sich von der Plattform des Buchanbieters an seinen Computer schi-cken, um es nach Erhalt mittels USB auf sein digitales Lesegerät zu übertragen, wobei Amazon auch den Kauf über das Wireless LAN offeriert. Nach ca. sechzig Sekunden ist das Buch auf dem Reader.

Blitzschnelle Lieferung

Entsprechende Apps ermöglichen es so-gar, seine E-Book-Sammlung auf dem Laptop, dem iPad und auf dem PC zu le-sen, von dem es auch komplett oder ka-pitelweise ausgedruckt werden kann. Da das E-Book den Käufer blitzschnell er-reicht, kann mit der Lektüre sofort nach Erwerb begonnen werden. So entfällt auch der Gang zu einer Postfiliale, falls man bei der Zustellung der gedruckten Version durch den Postboten nicht zu Hause war. Insgesamt bieten E-Books und die dafür benötigten E-Book-Reader ihren Anwendern einige Mehrwerte, die insbesondere in der effektiven Speicher-kapazität und der Benutzerfreundlichkeit liegen. Wer viel liest und oft unterwegs ist, hat es mit einem E-Book-Reader im wahrsten Sinne des Wortes leichter und spart auch Geld, da der Verkaufspreis ei-

Das Angebot von elektronischen Büchern ist zurzeit überschaubar, denn längst nicht jedes

Buch wird in Deutschland auch in digitaler Form angeboten. © Gaby Stein/Pixelio

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Cover, legt einen Verkaufspreis fest – und hofft dann, dass sich genügend Leser finden, die sich den Liebesroman, den Krimi oder den selbst verfassten Reise-führer durch Thailand auf ihren Reader laden. Kaum hatte sich in Autorenkreisen die Möglichkeit einer Veröffentlichung ei-nes E-Books in Eigenregie herumgespro-chen, kamen die ersten Mythen auf. Die 26-Jährige Amerikanerin Amanda Ho-cking gehört zu den Schriftstellerinnen, die ihre schriftstellerische Karriere mit dem Verkauf von E-Books begonnen ha-ben. Ihre Erfolgsgeschichte wanderte in den letzten Monaten auch durch die in-ternationalen Medien. Amanda Hocking

schreibt Vampir-Romane, die sie über E-Book-Portale verkauft, was dazu führte, dass sie angeblich schon nach einem Jahr Millionärin war. In der Szene der E-Buch-Autoren wurde Amanda Hocking zur Hoffnungsträgerin, um genau wie sie durch das Veröffentlichen von digitalen Büchern reich und berühmt zu werden. Schaut man sich in entsprechenden Fo-ren um, in denen Autoren von ihren Er-fahrungen mit der Herausgabe eines ei-genen E-Buchs im Internet berichten, ist von Goldgräberstimmung aber wenig zu spüren. Bisweilen wurden nur ein oder zwei Exemplare verkauft, dabei – so der Tenor – „fanden es doch alle in meinem

Freundeskreis so gut“. Es wird vergessen, dass etablierte Verlage, die ein Buch zur Veröffentlichung annehmen, den Text ei-nem Lektor geben, der ihn aufmerksam und kritisch durchliest, Handlung und Dramaturgie überprüft und gegebenen-falls Verbesserungsvorschläge macht. Das alles fällt weg, wenn man sein Buch in Eigenregie veröffentlicht, man ist für Inhalt und Rechtschreibung selbst verant-wortlich.

Ein E-Book veröffentlichen

Ist das Manuskript fertig gestellt, erfolgt die Umwandlung in ein E-Book. Zuvor noch eine Warnung: Wer in einer Such-maschine den Begriff „E-Book veröffentli-chen“ eingibt, gerät schnell auf die Seiten von fragwürdigen Internet-Agenturen, die von den Autoren Geld für eine Verarbei-tung des Word-Dokuments mit dem da-rin enthaltenen Buchtext in ein E-Book verlangen, und ihnen zudem gegen Be-zahlung eine ISBN-Nummer andrehen, die man derzeit für Veröffentlichung ei-nes E-Books als privater Autor nicht braucht.

Die Formatierung eines E-Books ist einfach und kann von jedem PC aus vor-genommen werden. Als Beispiel für die Erstellung und den Vertrieb eines E-Buches sei Amazon genannt, wenn auch die Verlagsgruppe Holtzbrinck (http://www.epubli.de) eine Veröffentlichung anbietet. Doch Amazon ist der größte In-ternet-Versandhandel von Büchern, auch im Segment von E-Books, und deshalb die interessanteste Plattform, um Leser zu finden. Von den täglichen, sehr hohen Zugriffen auf die Amazon-Seiten können unbekannte Autoren profitieren. Bei the-matischer Übereinstimmung tauchen ihre E-Books in den Empfehlungslisten von Käufern auf, die Amazon auf der Basis ih-rer bisherigen Käufe für sie zusammen-stellt. Hat sich beispielsweise jemand Bü-cher über Paris gekauft, und das E-Book beschäftigt sich auch mit der französi-schen Hauptstadt, sei es nun als Schau-platz eines Romans oder als Reiseführer,

der Belletristik auf 355 Millionen Euro und damit auf das 17-fache steigern.

Chance für Autoren

Glaubt man diesen Zahlen, so wird sich das E-Buch in Zukunft tatsächlich als Al-ternative zu gedruckten Büchern etablie-ren. Das eröffnet Autoren eine Chance, die für ihr Manuskript bislang keinen seri-ösen Verlag gefunden haben. Zugegeben – viele der Texte, mit denen manche Au-toren bei Verlagen vorstellig werden, sind es wegen stilistischer und inhaltlicher Mängel auch nicht wert, veröffentlicht zu werden, mag das Manuskript mit noch soviel Herzblut geschrieben sein. Verlage haben durchaus ein Gespür dafür, was sich verkaufen lässt und was nicht. Einige Nachwuchsautoren, die es aber nicht aufgeben wollten, gerieten dann an Zu-schussverlage, die eine gedruckte Ausga-be in Aussicht stellten, sofern der Autor oder die Autorin die dadurch entstande-nen Kosten aus eigener Tasche finanzier-te. Das führte in den meisten Fällen dazu, dass die Autoren ihr Geld los waren, und von der Erstauflage, falls überhaupt, nur ganz wenige Exemplare verkauft wurden. Alternativ konnte man sein Buch bei Book-on-Demand drucken lassen, doch auch hier musste die Herstellung bezahlt werden und eine Vertriebsmöglichkeit dafür zu finden war fast unmöglich, es sei denn, man bot seine Bücher bei Ebay an oder fand eine Buchhandlung, die einige Exemplare in Kommission nahm.

Mein eigenes E-Book

Wer dennoch für sein Manuskript Leser finden möchte, ohne in die Fänge geld-gieriger Zuschussverlage zu geraten und sich auch nicht mehr den Frustrationen wiederholter Absagen etablierter Verlage aussetzen möchte, dem bietet das E-Buch eine Alternative, denn einige Online-Anbieter von Büchern veröffentli-chen E-Books auf ihren Internet-Plattfor-men. Der Autor lädt seinen Text hoch, versieht ihn mit einem ansprechenden

Ein Meter Bücher immer zur Hand – sofern

der Akku nicht schlapp macht.

arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN_44|2011VIII

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wird ein potenzieller Käufer durch die Empfehlungslisten darauf aufmerksam gemacht. Einzige Einschränkung ist, dass der Käufer einen E-Book-Reader besitzt, doch auch hier gehen die Verkaufzahlen derzeit steil nach oben, nachdem Ama-zon seit diesem Monat ein Einstiegsgerät für 99 Euro verkauft. Alternativ ist auch ein Herunterladen des E-Books durch den Käufer auf seinen PC möglich; ein Reader ist also nicht zwingend notwendig.

Die Veröffentlichung eines E-Books auf der Plattform von Amazon dauert nur wenige Minuten. Man verwandelt seine Word-Datei mit einem kostenlos zur Ver-

fügung gestellten Tool in eine E-Book-Datei, die dann auf die Plattform von Amazon hochgeladen wird. Den Verkauf-preis setzt man selbst fest. Amazon über-nimmt dann nach dem Ausfüllen einiger Formalitäten, die unter anderem den Namen und die Adresse des Autors be-treffen, den Verkauf, falls gewünscht so-gar weltweit, und die Zahlungsabwick-lung. Für seine Dienstleistung behält der Online-Händler 30 Prozent vom Netto-preis ein, so dass Autoren 70 Prozent Tantiemen erhalten. Doch die vermeint-lich hohe Marge von 70 Prozent gilt nicht für alle Preise, sondern nur für einen Ver-

kaufspreis zwischen 2,60 und 8,69 Euro. Wer einen Preis darüber oder darunter festsetzt, erhält 35 Prozent. Auch verlangt Amazon eine geringe Gebühr für die digi-tale Übermittlung an den Käufer, man ist ja schließlich kein Wohltätigkeitsinstitut für bislang unbekannte Autoren. Die an-fallende Mehrwertsteuer von 15 Prozent (das Unternehmen hat seinen europäi-schen Firmensitz in Luxemburg und un-terliegt dem dortigen Steuersatz für Bü-cher), werden bei der Preisgestaltung des E-Books berücksichtigt und von Ama-zon nach einem Kauf direkt ans Finanz-amt abgeführt. Die Einnahmen verkaufter

E-Books müssen übrigens genauso wie herkömmliche Bücher in Deutschland versteuert werden, und somit in der Lohnsteuerjahreserklärung des Autors angegeben werden.

Marketing in eigener Sache

Abgerechnet wird einmal im Monat, soll-te das E-Book überhaupt verkauft wer-den, denn außer der Aufnahme in seine Verkaufsplattform und die Berücksichti-gung in Empfehlungslisten für Käufer kümmert sich Amazon nicht um das Mar-keting; Geiches gilt für vergleichbare

E-Book-Portale im Internet. Hier ist der Autor gefordert, etwa durch Hinweise über Twitter und auf Facebook oder durch Einträge in Diskussionsforen, de-ren User sich mit der jeweiligen Thematik beschäftigen, beispielsweise Seiten über Kriminalliteratur oder über das Züchten von Rosen, sollte man ein Gartenbuch verfasst haben. Da ist Kreativität gefragt, denn bei einem herkömmlichen Buch, das in einem seriösen Verlag erschienen ist, kümmern sich die Verlagsvertreter um ein passendes Marketing. Andererseits bleiben Bücher erfahrungsgemäß nur ein oder zwei Jahre im Angebot von Verla-gen, sofern es sich nicht um Bestseller handelt. Ein E-Book bleibt hingegen so-lange im Internet verfügbar, wie der Autor das möchte. Auch Nachbesserungen oder Ergänzungen, etwa bei selbst ver-fassten Reiseführern, sind jederzeit mög-lich, indem man seine überarbeitete Da-tei erneut hochlädt, so dass der Leser immer auf dem neusten Stand ist.

Da zum Schreiben von Büchern aber mehr gehört, als nur einen Text in eine Word-Datei zu tippen und sie anschlie-ßend in ein E-Book zu formatieren, kann das digitale Buch für Nachwuchsautoren ein Testversuch sein, ob ihre Texte der Leserschaft überhaupt gefallen. Mit ge-nügend Selbstkritik kann der Autor aus den Online-Bewertungen der Leser, sei-en sie gut oder schlecht, viel erfahren, was hilfreich sein kann, um sein Buch gegebenenfalls zu überarbeiten und dann vielleicht doch einem Verlag anzu-bieten.

Aber es gibt auch Autoren und Auto-rinnen, die durch den Verkauf ihrer E-Books weder reich noch berühmt werden wollen. Sie möchten die Leser mit ihren Erzählungen, Gedichten oder Lebenser-innerungen einfach nur unterhalten – und falls sie dadurch einige Euros verdie-nen, umso besser. Sie haben kein Inter-esse an der langwierigen Suche nach ei-nem geeigneten Verlag, denn auch die Veröffentlichung durch einen etablierten Verleger ist kein Garant für einen Erfolg. Sonst würde es nur Bestseller geben.

Beim Marketing ist der Autor selbst gefordert, etwa durch Hinweise über Twitter, auf Facebook

oder durch Einträge in einschlägigen Diskussionsforen. © Gerd Altmann_pixelio.de