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ISSN 1613-3080 Euro 6,00 Rundbrief 83 Rohstoffabbau und Verteilungskonflikte in Mosambik Vom Reichtum in der Armut

Vom Reichtum in der Armut - KoordinierungsKreis Mosambik e.V. · 2014. 7. 4. · Der KKM veranstaltet Seminare zu aktuellen Mosambikthemen. Er initiiert, unterstützt und vernetzt

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  • ISSN 1613-3080

    Euro 6,00

    Rundbrief 83

    Rohstoffabbau und Verteilungskonflikte in Mosambik

    Vom Reichtum in der Armut

  • Werden Sie Mitglied im KoordinierungsKreis MosambikFördern Sie partnerschaftliche Beziehungen zwischen beiden Ländern, ermöglichen sie unsere Informations- und Bildungsarbeit.

    Unser LeitbildDer KoordinierungsKreis Mosambik (KKM) ist eine Brücke für Austausch zwischen Mosambik und Deutschland. Das Ziel ist ein lebendiger Dialog auf Augenhöhe. Wir fördern Bildung, Entwicklungs- und Schulpartnerschaften in beide Richtungen. Wir bringen uns aktiv in die politische Auseinandersetzung in beiden Ländern ein. Das Fundament der Brücke ist eine differenzierte gegenseitige Wahrnehmung. Sie trägt zu sozialer und politischer Gerechtigkeit und friedlichem Zusammenleben bei.

    Wer wir sindMenschen, die Projekte in Mosambik unterstützen, deutsch-mosambikanische Schulpartner-schaften, MosambikanerInnen, die in Deutschland leben, Deutsche, die in Mosambik arbeiten oder gearbeitet haben, Menschen, die sich für Mosambik interessieren.

    Was wir tunDer KKM veranstaltet Seminare zu aktuellen Mosambikthemen. Er initiiert, unterstützt und vernetzt Schulpartnerschaften zwischen Deutschland und Mosambik. Dazu gehören Besuche mosambikanischer KünstlerInnen in deutschen Schulen, Fotoaustausch projekte, die Erstellung von Unterrichtsmaterialien und Schulpartnerschaftsseminare, die die Jugendlichen zu einem Engagement für Nord-Süd-Themen motivieren.

    Zweimal jährlich berichtet der Mosambik Rundbrief über aktuelle Entwicklungen in Mo-sambik, liefert Hintergrundinformationen und Analysen. Aktuelle Informationen zu Mosambik finden sich auf unserer Webseite www.kkmosambik.de. Kurznachrichten werden über einen Mailverteiler an Interessierte versendet.

    Wir beobachten kritisch die Politik Deutschlands und der EU gegenüber Mosambik und verfolgen die politischen Ereignisse in Mosambik. Zu ausgewählten Themen schließen wir uns größeren Kampagnen und Aktionsbündnissen an, z. B. der Erlassjahrkampagne für den Schuldenerlass und der Stop-EPA Kampagne gegen den Abschluss von Freihandelsabkommen

    MitgliedschaftUm Mitglied zu werden, reicht ein Brief oder eine Mail an den KKM. Mitgliedsbeiträge be-tragen 60,– Euro/Jahr für Einzelpersonen (30,– Euro ermäßigt). Gruppen / Schulen zahlen 100,– Euro. Höhere Förderbeiträge sind willkommen. Im Mitgliedsbeitrag ist ein Rundbriefabo enthalten, Mitglieder erhalten eine Ermäßigung von 10 % auf Seminargebühren. Mitgliedsbei-träge und Spenden an den Verein sind steuerlich absetzbar, Sie erhalten einmal jährlich eine Spendenbescheinigung.

    Mitglieder können sich, über die Mitgliederversammlung, Vorstandsarbeit, Mitarbeit am Rundbrief und weiteren Vereinsaktivitäten aktiv in den KKM einzubringen.

    Wenn Sie mehr über uns und unsere Arbeit erfahren möchten, besuchen Sie unsere Webseite www.kkmosambik.de, schreiben Sie uns eine Mail oder rufen Sie uns an.

  • AktuellesBillig, versteckt, weit verbreitet, gefährlich: Landminen10 Jahre Armutsminderung

    In Kürze

    SchwerpunktVom Reichtum in der Armut – Rohstoffabbau und Verteilungs-konflikte in MosambikEinleitung zum SchwerpunktLufthansa nutzt Jatropha aus MosambikRaubbau mit GütesiegelPrämie für GuebuzaRan an den StoffRohstoffreichtum und verantwortungsvolles HandelnChance oder Gefahr?Geologische DimensionDas soziale PulverfassTransparenzinitiativen im RohstoffsektorDas Jahr der KohleEs ist nicht alles Gold, was glänzt

    SolidaritätBegegnung auf AugenhöheMeu Moçambique, meu mundo

    KulturReencontro III Das Fremde. Afrikaner sehen Europa, Europäer sehen Afrika

    ImpressumDer Mosambik-Rundbrief erscheint zwei Mal im Jahr in Deutschland.

    Verlag, Herausgeber und Anschrift der Redaktion: KoordinierungsKreis Mosambik e.V., August-Bebel-Straße 16–18, D-33602 BielefeldTel.: 0521-124742; Fax: 0521-64975E-Mail: [email protected]: www.kkmosambik.deISSN: 1613-3080Redaktion: Tabea Behnisch (ViSdP), Ute Am-mering, Richard Brand, Judith Christner, Anne Merklein, Peter Steudtner, Andrea Queiroz de Souza, Ulla Rinke, Rainer Tump, Matthias Voß, Katrin SchneiderLayout: Gregor ZielkeMitarbeit: Frank Abel, Marlies Backhaus, Evelyn Bahn, Johannes Beck, Lilly Charlotte Busch, Karin Fiege, Hanna Goffart, Matthias Großmann, Paula Hoffmeyer, Nicola Jaeger, Tina Krüger, Monika Orlowski, Wolfgang Peuer-boeck, Thomas SelemaneDruck: Nübold Buch- u. Offsetdruck, D-57368 Lennestadt. Namentlich gekennzeichnete Artikel entspre-chen nicht unbedingt der Ansicht der Redaktion oder des Herausgebers. Der Mosambik-Rundbrief wird freundlicherwei-se vom Referat Bildung und Förderung des EED gefördert. Bankverbindung: KD-Bank Münster, BLZ: 35060190, Konto: 2110241014Bezugsbedingungen: Ein Abonnement kostet 12,– Euro für zwei Ausgaben. Das Auslandsabo kostet 18,– Euro. Die Preise verstehen sich inklusive Versand. Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier

    Titelfoto: Wolfgang Peuerboeck

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    InhaltEditorialLiebe Leserinnen und Leser,

    Rohstoffe, die zu den natürlichen Ressourcen zählen, sind in unserem Leben alltäglicher Bestandteil, ohne, dass es uns oft bewusst ist. Viele der Dinge, mit denen wir uns umgeben, sind aus natürlichen Rohstoffen wie Erdöl, Holz oder Mineralien hergestellt. Unsere Wirtschaft hat sich – genauso wie wir – an die Verfügbarkeit billiger Rohstoffe gewöhnt. Doch die natürlichen Ressourcen der Erde sind begrenzt. Und der Wettbewerb um die wertvollen Güter wird sowohl durch das Wirtschaftswachs-tum einiger Länder des globalen Südens als auch durch die Tatsache, dass der Rohstoffverbrauch der Industrieländer immer weiter steigt, befördert. Im weltweiten Vergleich hat die Europäische Union einen hohen Ressourcenverbrauch. Pro Kopf werden in Europa durchschnittlich mehr als viermal so viele Rohstoffe verbraucht wie in afrikanischen Ländern.

    Diese „Rohstoffknappheit“ und die weltweite Suche nach neuen Rohstoffvorkommen haben auch in Mosambik dazu geführt, dass in den letzten Jahren viele Rohstoffvorkommen neu „entdeckt“ und erste Konzessionen zum Abbau vergeben wurden. Gezielt wirbt die mosambikanische Regierung dabei auch um internationale Konzerne.

    Der bisherige Umgang mit den Konzernen und die Herangehensweise der mosambikanischen Regierung haben seitens der mosambikanischen Zivilgesellschaft für viel Kritik gesorgt. Wie kann es sein, dass die bereits in Mosambik tätigen Unternehmen trotz der zu erwartenden hohen Gewinne kaum Steuern zahlen? Wer profitiert von dem „Rohstoffboom“? Wie kann sichergestellt werden, dass der Rohstoffreichtum in Mosambik künftig zu größerem Wohlstand der Bevölkerungsmehrheit beiträgt und für eine effiziente Armutsbekämpfung eingesetzt wird?

    Im Rahmen des Projektes „Vom Reichtum in der Armut – Rohstoffabbau und Verteilungskonflikte: Das Beispiel Mosambik“ ist der KKM diesen und weiteren Fragen nachgegangen. Erste Ergebnisse lassen sich im Schwerpunkt dieses Rundbriefes lesen.

    Derzeit sind wir dabei, eine Hintergrundbroschüre zu dem Thema zu erstellen, die Ende des Jahres auf unserer Website herunter geladen oder bei uns bestellt werden kann. Aufgrund der Relevanz des Themas für Mosambik und Deutschland wird das Thema der „natürlichen Ressourcen“ auch im nächsten Jahr in der Arbeit des KKM eine Rolle spielen. So möchten wir z. B. eine Lernplattform zu dem Thema Bergbau und Menschenrechte erstellen und diese für unsere Bildungsarbeit in Mosambik und Deutschland nutzen.

    Neben den Artikeln zum Schwerpunkt gibt es aber auch andere spannende Berichte und Ana-lysen. So geht beispielsweise Karin Fiege in ihrem Artikel der Frage nach, was zehn Jahre nach der Verabschiedung der ersten Armutsminderungsprogramme in Mosambik erreicht wurde und welchen Einfluss die Zivilgesellschaft und die Geberländer bei der Erarbeitung der Programme ha-ben. Ferner gibt es einen Bericht zu den Eindrücken des Seminars „Begegnung auf Augenhöhe? Zukunft

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 83 • Dezember 20114

    Aktuelles

    Minenräumen ist gefährlich und ver-langt eine sichere Hand. Vorsich-tig werden in einem Landstreifen Büsche und Gras weggeräumt. Dann prüft man mit dem Detektor das Gelände: der Teller des Gerätes wird knapp über den Boden geführt. Die Metallteile der Minen kann man damit etwa 30 cm tief im Boden orten. Normalerweise sind Minen nicht tiefer verlegt. Hört der Minenräu-mer einen Piepton, sucht er vorsichtig die Ur-sache. Danach sticht er mit einer Sonde in den Boden. Trifft er einen festen Gegenstand, gräbt er ihn mit einer kleinen Schaufel aus, oft nimmt er am Ende sogar einen Pinsel. Alles ohne Druck, sonst explodiert die Mine. Manchmal liegen zwei Minen untereinander – wird die obere ent-fernt, detoniert die untere.

    Oft löst auch ein Verschluss einer Getränke-dose oder eine Patronenhülse den Piepton aus. Das darf aber nicht zu Routine verführen oder die Aufmerksamkeit schwächen. Denn eine Minenexplosion kann Todesopfer fordern, auch massive Verletzungen an Händen und Füssen sowie der Verlust des Gehörs sind häufige Folgen.

    Minen sind billig – etwa zwei Dollar pro Stück, man kann sie sogar daheim herstellen. Oft bleiben sie nach Kriegen im Boden. Wer Holz sammelt oder den Acker bestellt, kann noch nach Jahren schwer verletzt oder getötet werden, wenn eine Mine berührt wird und sie explodiert. In 97 Prozent der Fälle treffen die Minen Men-schen, die mit dem eigentlichen Konflikt nichts zu tun haben oder hatten, Unschuldige. So auch in Mosambik.

    Minenkontamination in Mosambik

    Mosambik hat drei verschiedene Konfliktsi-tuationen erlebt: 1964 –1975 Kampf um die Unabhängigkeit von Portugal, 1976 –79 Ausei-nandersetzung mit Rhodesischen Kräften, weil Mosambik den Kampf für die Unabhängigkeit

    Zimbabwes unterstützte und schließlich der Konflikt in den Jahren 1980 –1992 zwischen der FRELIMO Regierung und den Kräften der RENAMO Rebellen, die durch die Apartheid in Südafrika unterstützt wurden.

    All diese Faktoren haben sowohl die Vermi-nung und die Art, wie die Lösung dieses Pro-blems in Angriff genommen wurde, nachhaltig beeinflusst. Die Art der Konflikte erzeugte eine Kombination von großen Minenfeldern rund um Schlüssel-Infrastruktur sowie Minenfelder zum Schutz von militärischen Anlagen und einigen Siedlungen. Eine große Anzahl von kleinen, verstreuten Minenfeldern und Blindgängern sind das Ergebnis lokal begrenzter Gefechts-handlungen. Aufgrund so unterschiedlich positi-onierter Minen bedeutet dies nach wie vor, dass die Logistik der Minenräumung und Kampfmit-telbeseitigung komplex und zeitaufwendig ist.

    Zusätzlich haben die hohe Abhängigkeit von Spendengeldern und die Einflussnahme ausländischer Regierungen und Interessenver-treterInnen, gepaart mit anderen internen und externen Umständen, zu einer schwachen Regie-rungsführung und Eigenverantwortung bei der Minenräumung in Mosambik geführt.

    Die Start-Up Phase: 1992 –1995

    Im Friedensprozess während der UN-Operati-onen in Mosambik (ONUMOZ) in den Jahren 1992 bis 1994 war die Regierung schwach und noch ohne nachhaltige Orientierung bezüglich der Minenräumung. Die Hauptakteure in Mo-sambik waren die UN und die Geld gebenden Staaten, die für die Entwicklung der Programme aufkamen.

    Ein paar Monate nach Beginn des Friedenspro-zesses bereitete die UNO einen Minenräumplan vor, bestehend aus: a) der Minenräumung als eine militärische

    Betriebsausgabe mit Schwerpunkt auf der schnellen Straßen-Überprüfung und Freigabe

    durch gewerbliche Unternehmen und b) den Aufbau nationaler Minenräumkapazi-

    täten. Allerdings verzögerte sich die Verab-schiedung des Plans, basierend auf einem Konflikt zwischen der UN und den Geld gebenden Staaten. Auslöser hierfür waren die Verfahren der Vergabe von kommerzi-ellen Verträgen und die langwierigen öffent-lich-administrativen Prozesse selbst. Somit begann die ONUMOZ-Minenräumung erst im Juni 1994, fünf Monate vor dem Ende des Mandats. In der Zwischenzeit wurde das Vakuum durch bilaterale Spenden für kommerzielle und internationale NGOs, die Minenräumung betrieben, ausgefüllt.

    Im Jahr 1993 begann „Norwegian People Aid“ (NPA) mit der Räumung in den drei zentralen Provinzen Tete, Manica und Sofala, im Jahr 1994 „HALO Trust“ in der Provinz Sambesi. Mit britischer Finanzierung wurde das Programm schnell von dort in die drei nördlichen Provinzen ausgedehnt.

    Mitte 1994 initiierte die UN die Etablierung einer interministeriellen Behörde als verantwort-liches Aufsichtsorgan, das so genannte nationale Mine Action Center (MAC). Der operativen Flü-gel des MAC sollte den Auftrag bekommen bei allen innerstaatlichen Minenräumaktivitäten Prioritäten zu setzen, zu koordinieren und zu planen. Dem Vorschlag folgte eine negative Reaktion von Seiten der bereits aktiven Orga-nisationen und kommerziellen Firmen mit der Begründung, es wäre ein kopflastiges, teures und halbstaatliches Verdoppeln der bereits von BetreiberInnen im Felde durchgeführten Arbeit. Dieser Konflikt wurde bis zum Ende des ONU-MOZ Engagements nicht gelöst, so dass ein nationales institutionelles Vakuum zurück blieb.

    Es gab also keinen geordneten Übergang in eine nationale Einheit, die in der Lage gewesen wäre, das Kommando über ein effektives Mi-nenräumprogramm zu übernehmen oder gar ein strategisches Ziel der allgemeinen Politik

    Billig, versteckt, weit verbreitet, gefährlich: Landminen

    Landminen und Kampfmittel in Mosambik

    Landminen sind eine verheerende Hinterlassenschaft von kriegerischen Konflikten. Sie sind billig, in riesiger Anzahl leicht zu verlegen und verletzen oder töten noch nach Jahrzehnten Menschen. Oft trifft es Frauen und Kinder. Neben diesen Risiken behindern sie außerdem die Entwicklung weiter Regionen in Mosambik. Frank Abel arbeitet für das Internationale Zentrum für Humanitäre Minenräumung (GICHD) und war 2011 in Mosambik, um sich die Situation vor Ort anzuschauen. In seinem Artikel berichtet er über die Geschichte und Herausforderungen der Minenräumung in Mosambik.

    Von Frank Abel (Text & Fotos)

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 83 • Dezember 2011 5

    Munitionsreste und Blindgänger, eine Gefahr für Schrott-händler und Kinder, die sich etwas verdienen wollen

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 83 • Dezember 20116

    zu einem Minenräumprogramm zu definieren. Das Minenräumen blieb fremd gesteuert, ad hoc und chaotisch, ohne nationale Kontrolle und Koordination.

    Das nationale Entminungs- Institut (IND)

    Im Juni 1999 wurde das CND, die bis dato eingesetzte Behörde, vom Nationalen Institut für Minenräumung (Instituto Nacional de Des-minagem – IND) ersetzt. Das IND ist eine semi-autonome Körperschaft des öffentlichen Rechts und wird geleitet von einem/r Direktor/in, der/die direkt dem/r Minister/in für Auswärti-ge Angelegenheiten untersteht.

    Das IND wurde beauftragt, den politisch Ver-antwortlichen Strategien zur Lösung des Minen-problems vorzuschlagen, Ausführungspläne zu erarbeiten und die Koordinierung, Verwaltung

    und Steuerung der Minenräumaktivität sicher zu stellen. Darüber hinaus soll es die Entwicklung von Standards, die Mobilisierung von Ressour-cen, die Aufrechterhaltung der IMSMA Daten-bank und die Qualitätssicherung gewährleisten. Später wurden zur flächendeckenden Kontrolle regionale Büros im Norden und Zentrum des Landes eingerichtet. Es entwickelte sich ein Ma-nagement-Ausschuss aus AbteilungsleiterInnen und technischen BeraterInnen aus den verschie-denen Ministerien. Innerhalb eines Jahres gab es eine Reihe von bedeutenden Entwicklungen:

    – 2000: Einführung eines UNDP „Capacity Buil-ding Project“ mit einem aus sechs Personen bestehendem technischen Beratungsteam, bie-ten dem IND einen soliden Rahmen zur Ent-wicklung der wesentlichen Arbeitsgrundlagen und Verfahren.

    – 2001: UNDP Projekt zur Minenräumung Hochwasserhilfe

    – 2001: Veröffentlichung des Berichts zum Landmine Impact Survey (LIS) (Minenlage in Mosambik)

    Darüber hinaus kamen im Jahr 2000 die deut-schen Betreiber MgM (Menschen gegen Minen) dazu. Das US-amerikanische Verteidigungsmi-nisterium unterstützte den Aufbau der militä-rischen Minenräumungskapazität. Der kom-merziellen Betreiber, Ronco, erhielt von den USA die Finanzierung einer Quick Reaktion Minenräumungs- Einheit (QRDF). IND versucht auch die Schaffung von mosambikanischen kom-merziellen Betreibern zu unterstützen.

    Die Unterstützung der Geld gebenden Staaten für die Minenräumung wurde erheblich gestei-gert und das IND präsentierte seinen ersten Mehr-Jahres-Plan 2002 –2006, der auf dem LIS basiert. Dennoch sind einige wichtige Heraus-forderungen bis heute nicht gelöst.

    Zusammenarbeit mit UNDP

    Ziel der mosambikanischen Regierung ist es, alle bekannten verminten Gebiete bis zum März

    2014 zu räumen und für minenfrei zu erklären. Gleichzeitig gingen die Regierung und das UNDP eine Partnerschaft ein, um nationale und lokale Kapazitäten zu stärken und auf die Herausfor-derungen der Landminen- und Blindgängerbe-seitigung zum Schutz der Bevölkerung und der Entwicklung in Mosambik geeignet zu reagieren.

    Ziel des Programms ist die Sicherstellung der Erfüllung des Ottawa Abkommens gemäß Arti-kel 5, welches die Vernichtung aller Vorräte und vergrabenen Minen innerhalb von zehn Jahren beinhaltet. Als Teil dieser Bemühungen ist das UNDP kontinuierlich mit dem Aufbau von Kapa-zitäten in zwei verschiedenen, aber miteinander verbundenen Bereichen (Koordinierung, Infor-mationsmanagement und Qualitätssicherung sowie der Bildung von Kapazitäten) beschäftigt.

    UNICEF

    UNICEF übernahm die Führung in der Arbeit mit der Regierung und NGOs im Bereich Mine Risk Education (MRE) als technische Berater im Rahmen des UNDP Capacity Building Projektes. UNICEF wurde bis 2003 insbesondere in Zusam-menarbeit mit dem Roten Kreuz in Mosambik aktiv. Im Jahr 2005 ergab eine Überprüfung der UNICEF-Aktivitäten, dass es keinen erheblichen Bedarf an MRE mehr gibt. Das IND hat in seiner Strategie 2008 bis 2014 MRE als weiterführen-des Projekt aufgenommen und somit wesentlich nationalisiert.

    Die Geld gebenden Staaten

    Der beschränkte finanzielle Beitrag der Regie-rung zur Minenräumung bedeutet, dass die Hilfe der Geberländer von entscheidender Bedeutung für das Minenräumprogramm ist. Gebermittel stehen für eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, doch die meisten dieser stark von außen beeinflussten Kanäle haben dazu geführt, dass das IND nur wenig darüber entscheiden konnte, wo oder wie das Geld verwendet wur-de. Das stark eingeschränkte Eigentum an dem Programm verhinderte ein Steuern im Interesse nationaler Belange. Auf der Grundlage des En-gagements von Norwegen und UNDP erhielt das IND schließlich das Recht zu entscheiden, wie zugewiesene Mittel verwendet werden. UNDP und IND überprüfen nun gemeinsam die Räumung und analysieren die Erkenntnisse, um eine angemessene Ressourcenverteilung zu vereinbaren.

    Norwegen und Mosambik unterzeichne-ten 2007 ein Memorandum of Understanding (MoU), welches unter anderem die jährliche Unterstützung bis 2014 zur Erfüllung der Arti-kel 5 Vorgaben beinhaltete. Dies umfasst auch die Zusammenarbeit bei der Mobilisierung von

    Aktuelles

    Was ist das GIHCD

    Internationales Zentrum für Humanitäre Minenräumung Informationen: www.gichd.org• Stiftung mit Sitz in der Schweiz, 1998

    von der Schweiz und anderen Staaten gegründet.

    • Arbeitet eng mit der UNO zusammen• Ist humanitären Prinzipien von Mensch-

    lichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit verpflichtet.

    • Angestellte: ca. 50• Arbeit: Expertisen zur Minenräumung, Auf-

    klärung über die Minengefahr, Zerstörung von Lagerbeständen, Training von Minen-räumern, Prüfung von Schutzmaterial und von Minenräumfahrzeugen, Öffentlich-keitsarbeit

    Weitere Informationen: www.gichd.org

    Minenräumer bei der Ausbildung durch GICHD an einer Minensperre in der Nähe von DONDO

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    Ressourcen und kurzfristige Bereitstellung von technischem Know-how. Auflage ist nur, dass das IND die Koordinierungsstelle der nationalen und internationalen Akteure ist.

    HALO Trust ist die stärkste Minenräumor-ganisation im Land und hat eine erhebliche Spendenkapazität. Leider ist das Verständnis innerhalb dieser Organisation immer noch so, dass eigene Interessen im Vordergrund stehen, die nicht unbedingt mit der IND Strategie und nationalen Interessen in Übereinstimmung zu bringen sind.

    Zusätzlich und trotz ministerieller Weisung aus dem Ministerium für Auswärtige Angelegen-heiten, agierte das IND nicht sehr pro-aktiv bei der Mobilisierung von Geldern oder der Kom-munikation mit SpenderInnen. Die zentrale Ver-anstaltung für alle AkteurInnen ist das jährliche Mine Action Partners Meeting (Missionschefs). Hier treffen sich alle Interessengruppen unter dem gemeinsamen Vorsitz des stellvertretenden Ministers für Auswärtige Angelegenheiten und der UNDP. Die Auswahl und Qualifikation des Personals an entscheidenden Stellen innerhalb des IND lassen die guten Ansätze im Sande versickern und machen die Behörde mehr zu einem Beobachter als zu einem Akteur.

    Zusammenfassung und Ausblick

    Mit der Beurteilung der gegenwärtigen Minen-lage lagen ausreichende Informationen für eine detaillierte Anfrage Mosambiks zur Erweiterung der zeitlichen Vorgaben bei der Erfüllung der Artikel 5 Obligationen vor. Das IND entwi-ckelte dazu einen nationalen Minenaktionsplan für 2008 bis 2014. Basis dieses Plans ist eine jährliche Minenräumbudgetplanung. Obwohl dieser Ansatz als großer Schritt zu werten ist, ist die für den Antrag zugrunde gelegte Daten-auflistung aufgrund der ungenauen Angaben mehr als Schätzung zu verstehen. Auf der einen Seite gab es Probleme bei der Datenerhebung in der Provinz Maputo, auf der anderen Seite eine Reihe von bekannten großen Problemen, dass z. B. die großen Minenfelder rund um den Cahora Bassa Damm und entlang der Grenze zu Simbabwe noch nicht quantifiziert wurden.

    Folglich waren im Plan 2008–2014 nur ca. 541 bekannte verminte Gebiete mit 12,1 Mio. m2 auf-geführt. Allerdings zeigte ein anderer vorläufiger IND Bericht, dass über eine Zeitspanne von drei Jahren (2008–2010) schon 822 bereits bekannte Gebiete mit 23,4 Millionen m2 ausgewiesen wa-ren. Bis heute herrscht hier Unklarheit und dem IND fehlen die Mittel und Fähigkeiten, den Sach-verhalt endgültig und zuverlässig aufzuklären.

    Derzeit existiert deshalb nur ein annähernd klares Bild über die Minenlage. Dies wird be-stimmt durch die Rückläufigkeit der Minenopfer.

    Dieser Eindruck und die fortwährenden Be-mühungen seitens des IND haben zu einer Er-holung der Finanzierung durch die Geberländer geführt. Nicht zuletzt, weil das nationale Minen-räumprogramm als Querschnittsthema in der ersten Sitzung der laufenden Legislaturperiode im Fünfjahresplan aufgenommen wurde. Ein deutlicher Schritt zu mehr Eigenverantwortung.

    Im Einklang mit den nationalen politischen Vorgaben wird die Dezentralisierung der Di-striktsregierungen bei der Minenräumung eine wichtige Rolle spielen. Hier gestaltet sich die Festlegung von Prioritäten, Überwachung der Minenräumung, Bereitstellung von MRE und Opferhilfe in der Zusammenarbeit mit dem IND einfacher und unbürokratischer. Derzeit wird das IND, um den Herausforderungen besser gerecht werden zu können, umstrukturiert. Infolgedessen arbeiteten 2010 nur noch rund 40 von ursprünglich 68 Mitarbeitende (2006) beim IND. Das Ziel der Reduzierung und Pro-fessionalisierung ist eine Mitarbeiteranzahl von 20 bis zum Jahr 2014.

    Eine anhaltende Schwierigkeit innerhalb des IND ist die Bewältigung und Verarbeitung des Datenaufkommens und die Nutzung dieser Da-ten für zukünftige Planungen. Dieses Problem spiegelt sich im Jahresbericht wider, in dem Fak-ten und Beschreibungen kaum Einfluss haben auf die Analysen und Schlussfolgerungen. Eine Schulung auf Managementebene zur Erhöhung der analytischen Fähigkeiten und Fertigkeiten ist zwingend angebracht und als Herausforderung zu sehen. Eine Verbesserung in diesem Bereich könnte Kosten für die Minenräumung senken und die Produktivität und Sicherheit um ein Vielfaches steigern.

    Jedes minenbelastete Land hat eine andere Problemdarstellung und Problemwahrnehmung, verschiedene Möglichkeiten sich der Angelegen-heit anzunehmen und unterschiedliche Kapazi-tät, dies zu tun.

    In Mosambik ist eines der Ziele, manifestiert im Plan 2008 bis 2014, die restliche Kontami-

    nation mit Minen und Blindlegern zeitgerecht abzuschließen. Die Hauptaufgaben dabei sind: Definition und Aufbau der Kapazitäten, die Vorbereitung eines Aktionsplans zur Minenräu-mung einschließlich der Freigabe der Gelder und die Weiterführung der Aktionen im Bereich MRE und Opferhilfe.

    GICHD als Partner

    Das GICHD ist ein wichtiger Partner der Regie-rung Mosambiks, des IND und der NGOs im Land bei der Unterstützung zur Realisierung der Ziele im Bereich der Minenräumung. Zu unseren Aufgaben in Mosambik zählen die Ausbildung in Abstimmung mit der UNDP, die Weiterbildung des Schlüsselpersonals, Managementtrainings, technische Beratung und Beratung in Datener-hebung und Auswertung. Diese Anstrengungen alleine lösen aber nicht das Problem. Es fehlt oftmals an kleineren finanziellen Zuwendungen zur Deckung von Ausbildungsaufwendungen, Betriebskosten der eingesetzten Maschinen, Kauf von neuen Detektoren oder persönlicher Schutzausstattung, Kochstellen für die Minen-räumer im Felde und vieles mehr. Hier können kleine Beiträge Großes bewirken.

    Dieser Bericht ist nur ein Abriss/Zusammen-fassung der Kernproblematik in Mosambik und erhebt nicht den Anspruch der Vollständigkeit

    – für mehr Hintergrundinformationen steht das GICHD gerne zur Verfügung.

    Frank Abel ist Oberstleutnant und arbeitet seit 2009 in Genf beim „Geneva International Cen-tre for Humanitarian Deming“ (GICHD). Die Bundeswehr stellte ihn der Organisation zur Verfügung. Hier kann er seine ganze berufliche Erfahrung einbringen. Im Rahmen seiner Arbeit reist Frank Abel oft ins Ausland, so auch nach Mosambik.

    Vom Reichtum in der Armut – Rohstoffabbau und Verteilungskonflikte in Mosambik

    Küche für die Minenräumer

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 83 • Dezember 20118

    Aktuelles

    I nhaltlich unterscheidet sich das Programm PARP von den Vorgängern (PARPA I und II) in wesentlichen Punkten. Viel stärker als zuvor wird der Stellenwert produktiver Sek-toren für die Verringerung der Armut im Lande thematisiert. Zentrale Bausteine für die Armuts-minderung sind die Erhöhung der Produktivität in der Landwirtschaft und der Fischerei sowie die Schaffung von Einkommensmöglichkeiten durch die Förderung von Klein- und Mittelbe-trieben. Der Agrarsektor, lange Zeit ein in der mosambikanischen Politik eher vernachlässi-gter Sektor, gewinnt nun an Bedeutung. Inve-stitionen in ländliche Räume sollen helfen, die Produktivität der Familienbetriebe zu erhöhen, die Vulnerabilität des Sektors gegenüber klima-tischen Problemen zu minimieren, durch Infra-strukturmaßnahmen den Zugang zu Märkten zu sichern und durch die Bereitstellung von Bera-tung und Dienstleistungen die Attraktivität der Landwirtschaft zu erhöhen. Assoziationen und Kooperativen der Produzenten sollen unterstützt werden, ausländische Investitionen sind will-kommen. Mit dieser Orientierung reagiert die mosambikanische Regierung auf internationale wie nationale Entwicklungen der vergangenen Jahre wie auch eine wachsende Kritik der Geber angesichts unzureichender Erfolge in Hinblick auf die Armutsminderung im Lande. (Zitiert u. a. in Hanlon 7/2011, Hanlon 2/2010)

    Erfolge und Stagnation zugleich

    Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass die Ausrichtung der Armutsminderungspro-gramme PARPA I und II wesentlich auf Initiativen wichtiger Geber zurückzuführen ist. Sie folgten dem „Washington Consensus“: Rückzug des Staates aus den produktiven Sektoren, Konzen-tration auf soziale Dienstleistungen (Bildung und Gesundheit), Reduzierung von Agrarberatungs-diensten und staatlichen Vermarktungssystemen, Setzen auf privatwirtschaftliche Initiativen.

    Nach zehn Jahren Armutsbekämpfung zeigt sich ein entsprechend gespaltenes Bild:

    Einerseits konnten teilweise beeindruckende Verbesserungen erzielt werden in den Einschu-lungsraten, in der Gesundheitsversorgung, im Rückgang von Kinder- und Müttersterblichkeit, in der Versorgung der Bevölkerung mit Trink-wasser (vgl. PARP). Auf der anderen Seite ist es nicht gelungen, den Anteil der Armen an der Bevölkerung zu reduzieren. Im Gegenteil: Der relative Anteil der Armen an der Gesamt-bevölkerung stieg von 54,1 Prozent (2005) auf

    54,7 Prozent (2009), was einem absoluten Wachstum von 9,9 Millionen auf 11,7 Millionen Menschen entspricht. Die Ernährungssituation breiter Teile der Bevölkerung ist außerordent-lich kritisch, die Unter- und Fehlernährung bei Kindern hat zwar etwas abgenommen, ist aber immer noch außerordentlich hoch. Das beein-druckende Wirtschaftswachstum von jährlich um die 7 Prozent basiert wesentlich auf einigen so genannten „Megaprojekten“, zum Beispiel ausländische Investitionen in den Energie-und Rohstoffsektor, die kaum Beschäftigungseffekte hatten. Die Investoren sind in großem Umfang

    von Steuern befreit, so dass für den mosambika-nischen Staat kaum Einkommen generiert wird. Dies führte zu einer wachsenden Kritik aus zi-vilgesellschaftlichen und akademischen Kreisen. Auch drängen die Geber nun teilweise auf eine Revision der Politik gegenüber ausländischen In-vestoren. (zit. u.a. in Hanlon 7/2011)

    Die Landwirtschaft wurde in all den Jahren vernachlässigt – trotz anderslautender politischer Aussagen und dem Ruf nach einer „Grünen Re-

    volution“. Bewässerungsperimeter liegen brach, ihre Rehabilitation wird in Angriff genommen, allerdings mit beträchtlichen Kosten. Nur 3 Pro-zent der landwirtschaftlichen Betriebe nutzen Bewässerungssysteme. Der Verbrauch an che-mischen Düngemitteln und Pestiziden war 2008 niedriger als 2002, der Anteil der Betriebe, die von landwirtschaftlichen Beratern besucht wur-den, hat sich von 14 Prozent (2002) auf 8 Pro-zent (2008) reduziert. Das durchschnittliche Jahreseinkommen eines ländlichen Haushaltes sank von 329 US-Dollar (2002) auf 298 US-Dollar (2008) (Cunguara 2010:4).

    Licht und Schatten10 Jahre Armutsminderung in Mosambik – einige Beobachtungen

    Zehn Jahre nach der Verabschiedung des ersten Armutsminderungsprogramms PARPA (Plano de Açcão para a Redução da Pobreza Absoluta) trat 2011 das dritte Programm PARP in Kraft. Die Ergebnisse der ers-ten beiden Programme sind durchwachsen. Der Beitrag von Karin Fiege vermittelt eine kritische Übersicht über das bisher Erreichte, diskutiert die inhaltlichen Ansätze und die Entstehungsprozesse der Armutsmin-derungsprogramme und skizziert die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Erarbeitung und den Einfluss der Geberländer.

    Von Karin Fiege

    Ländliche Entwicklung als Beitrag zur Armutsbekämpfung. Foto: KKM Archiv

  • Foto: KKM Archiv

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 83 • Dezember 201110

    Aktuelles

    Planung, Debatten und Beteiligungsformen

    Das erste Armutsminderungsprogramm 2001–2005 wurde von einem Consultant erstellt und war kaum gesellschaftlich verankert. Dies än-derte sich mit der Vorbereitung des PARPA II, an dessen Ausarbeitung auf Druck der Geber zivilge-sellschaftliche Gruppen und Privatwirtschaft breit an thematischen Arbeitsgruppen und am Monito-ring der Armutsminderungsstrategie beteiligt wa-ren. Auf nationaler Ebene und in neun Provinzen wurden sogenannte „Armuts“- und später „Ent-wicklungsobservatorien“ eingerichtet, institutio-nalisierte Arbeitsgruppen aus Vertretern zentraler staatlicher Einrichtungen, zivilgesellschaftlicher Organisationen, internationaler Entwicklungs-partner und privatwirtschaftlicher Akteure, die die Umsetzung der Strategie begleiteten und Armutsberichte vorlegten. Immer wieder wurde allerdings auch von Kapazitätsmängeln der zivil-gesellschaftlichen Gruppen berichtet.

    Im Unterschied zu PARPA II war die Beteili-gung der Zivilgesellschaft wie auch des Privat-sektors am PARP gering. Im Gegensatz zu den Vorgängern basiert der PARP von vornherein auf dem 5-Jahres-Programm der Regierung, so dass die generellen Ziele gesetzt und nicht diskutier-bar sind. Die Regierung geht davon aus, dass die Legitimation des Regierungsprogramms durch die Wahlen gegeben sei, und das Armutsminderungs-programm nun zu dessen Operationalisierung dienen solle. In den vorbereitenden Arbeitsgrup-pen konnte folglich nur über Indikatoren, nicht aber über generelle Zielsetzungen diskutiert wer-den. Dies führte zu einer Demotivation zivilge-sellschaftlicher Gruppen. Diese kritisierten auch, dass die Ausarbeitung des PARP vor der Veröffent-lichung der neuen Armutszahlen begann.

    Die Beteiligungsverfahren sind grundsätzlich nur konsultativer Natur, es gibt keinen recht-lichen Anspruch auf Teilnahme, und es obliegt allein der Regierung, entsprechende Gremien einzuberufen und deren Empfehlungen zu be-rücksichtigen. Dies alles hat nach den intensiven Debatten zu Beginn von PARPA II eher zu einem Rückzug zivilgesellschaftlicher Organisationen

    (ZGO) geführt. Mit Ausnahme anwaltschaft-licher Nichtregierungsorganisationen verstehen sich die meisten formellen ZGOs eher als Dienst-leister in sozialen Bereichen denn als kritische Begleiter der Regierungspolitik. Einige begleiten haushaltspolitische Prozesse und unterstützen beispielsweise das Parlament bei seinen Aufgaben des Budget Monitorings. Das Parlament spielt bei strategischen Debatten der Armutsbekämpfung bis heute eine untergeordnete Rolle, die Armuts-minderungsstrategien werden nicht im Parlament diskutiert.

    Zwischen „ownership“ und „donorship“

    In den letzten Jahren gab es vor allem aus akade-mischen Kreisen eine Reihe von Publikationen, die sich sehr kritisch mit Fragen der Regierungs-politik und Rechenschaftslegung auseinanderset-zen, v. a. von Carlos Nuno Castel Branco. Die starke Abhängigkeit des mosambikanischen Haushalts von externen Geldern habe dazu ge-führt, dass Rechenschaftslegung des Staates ganz auf die Geber orientiert sei. Nicht nur werden Zweifel an „ownership“ geäußert, vielmehr wird von „donorship“ gesprochen. Der starke Einfluss der Geber habe schwerwiegende Folgen, die

    Regierung könne letztlich Verantwortung für Fehlentwicklungen mit dem Verweis auf die Ge-berinteressen abblocken. Die Geber wiederum sind zurückhaltend mit kritischen Äußerungen, Mosambik wurde lange als Erfolgsbeispiel der Entwicklungszusammenarbeit gefeiert.

    Nun kommt aber auch Kritik von Seiten des Af-rican Peer Review, einem Instrument der NEPAD-Initiative, an der sich Mosambik beteiligt. Die Mitgliedsstaaten bewerten wechselseitig die Ent-wicklungen in wichtigen Governance-Bereichen und dokumentieren diese. Der im Mai diesen Jah-res vorgestellte Bericht kritisiert in ungewöhnlich scharfer Form die enge Verflechtung zwischen FRELIMO-Kadern und Wirtschaft und die man-gelnde Trennung zwischen Staat und Partei, die unzureichenden Erfolge in der Armutsbekämp-fung sowie die Korruption und warnt – vor dem Hintergrund der sozialen Unruhen von 2008 und 2010 – vor einer Zunahmen sozialer Konflikte.

    Als ermutigende Zeichen könnten die angesetz-ten Beratungen über ein neues Anti-Korruptions-paket und die Überarbeitung der Gesetzgebung zu Rohstoffabbau durch ausländische Konzerne gewertet werden. Es soll dem Staat ermöglicht werden, Anteile an den Gesellschaften zu erhal-ten. Als kritisch ist zu beobachten, dass in den ersten sechs Monaten des Jahres 2011 der An-teil der Staatsausgaben an armutsreduzierenden Maßnahmen zurückging.

    Karin Fiege arbeitet seit längerer Zeit zu Mosam-bik. Sie ist Mitarbeiterin des Seminars für Länd-liche Entwicklung der Humboldt Universität zu Berlin, das in Kooperation mit der Universidade Eduardo Mondlane (UEM) einen Studiengang zu ländlicher Soziologie und Entwicklungsma-nagement in Maputo aufgebaut hat. In diesem Rahmen war sie von 2007–2009 in Mosambik an der UEM tätig. Einen ausführlichen Artikel zum Thema schrieb sie für das VENRO Projekt 2015 in Praxis: Armutsbekämpfung braucht Beteiligung der Zivilgesellschaft (www.prsp-watch.de).

    Literaturhinweise

    Castel Branco, Carlos Nuno 2008: Aid Dependency and Development. A question of Ownership? A critical view. IESE working paper, no 01/2008Cunguara, Benedito und Hanlon, Joseph 2010: Poverty is not being reduced in Mozambique. Crisis States Research CentreFrancisco, António; Matter, Konrad 2007: Poverty Observatory in Mozambique: Final Report. www.prsp-watch.deHanlon, Joseph (ed.) 7/2011: Mozambique 180, News Reports and Clippings, 2 July 2011Hanlon, Joseph 2011: Boletim sobre o processo político em Moçambique número 48-22 de Fevereiro de 2011Merklein, Anne 2010: Ohne Handeln keine Trendwende. In: Mosambik-Rundbrief Nr. 81República de Moçambique: PARP, 3 de Maio de 2011Toshiaki Lopes Sugahara 2010: The Mirror of Narcissus. Knowledge and Self-conscience for a better development of the Mozambican Civil Society. UNDP

    Nur 3 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe nutzen Bewässerungssysteme. Foto: KKM Archiv

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    Weniger Umweltverschmut-zung durch Stromerzeugung

    Durch die Ausweitung des nationalen Strom-netzes in Mosambik konnte eine große Zahl von kleinen und veralteten Dieselkraftwerken geschlossen werden. Das hat die Kohlendioxid-Emissionen des Landes drastisch gesenkt. Laut einer Mitarbeiterin des Umweltministeriums ist der Energiesektor der einzige Bereich der mosambikanischen Wirtschaft, der seine Emis-sionen seit 1990 senken konnte: Der Großteil stammt aus dem Staudamm Cahora Bassa, des-sen Strom „sauber“ ist. Doch der Trend könnte sich bald umdrehen: Die Kohlebergbau-Konzer-ne Vale (Brasilien) und Riversdale (Australien) planen große Kohlekraftwerke in der Provinz Tete, was die Emissionen wieder erhöhen würde. Nach Meinung des Umweltministeriums ist es jedoch nicht die wichtigste Aufgabe Mosambiks, seine Emissionen zu senken (denn diese sind im Vergleich zu Ländern mit mittlerem und hohem Einkommen sowieso schon verschwindend ge-ring), sondern sicherzustellen, dass die Maßnah-men zur Anpassung an den Klimawandel nicht der heimischen Wirtschaft schaden. Die meisten Emissionen stammen aus dem Transportsektor. Hier hat die Umweltverschmutzung mit der wachsenden Zahl an Fahrzeugen stark zuge-nommen. Erdgasfahrzeuge könnten die CO2-Emissionen im Vergleich zu Benzin- oder Die-selfahrzeugen senken, davon gibt es aber bisher nur sehr wenige, obwohl Mosambik Erdgas för-dert. Mosambiks CO2-Emissionen, ca. 2,3 Mio. Tonnen, entsprachen 2008 etwa 0,01 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes.

    Darlehensabkommen

    Die Kleinfischerei in Mosambik hat in den letz-ten Jahren stark zugenommen. Das bedroht die Tierwelt und zerstört Korallenriffe an der Küste. Die Regierung will das ändern, indem sie Fischer ermutigt, auf hoher See auf Fang zu gehen. Das Kabinett beschloss ein Darlehensabkommen mit dem OPEC Fund for International Development (OFID) über 13,5 Mio. US-Dollar, welches die Förderung von handwerklicher Fischerei un-terstützen soll. Das Projekt soll etwa 40 000 Fischern zugute kommen. Der Ministerrat beschloss außerdem ein Darlehensabkommen mit der Europäischen Investment-Bank (EIB) über 33,9 Mio. Euro, welches Projekte für den Zugang zu qualitativ hochwertigem und bezahl-barem Strom im Umkreis der Städte Maputo,

    Matola und Pemba finanzieren und den staat-lichen Energiekonzern EDM institutionell stär-ken soll. Ein drittes Darlehensabkommen über 70 Mio. US-Dollar wurde mit der zur Weltbank gehörenden International Development Associ-ation (IDA) ausgehandelt. Dabei geht es um ein Projekt zur nachhaltigen Bewässerung, mit dem vor allem Capacity-Building-Trainings zu Bewäs-serungssystemen, Wassermanagement und Inf-rastruktur in den Provinzen Sofala, Manica und Zambézia stattfinden sollen.

    Finanzierung Catembe-Brücke

    Bisher ist weiterhin unklar, wer die Brücke von Maputo nach Catembe finanziert. Während es am 24. Oktober hieß, China würde die Brücke finanzieren, wurde dies am 8. November demen-tiert. Zuvor wollte Portugal das Projekt finanzie-ren, aber aufgrund der Wirtschaftskrise im Land mussten sie sich aus dem Projekt zurückziehen. Das Projekt umfasst auch eine geteerte Straße zum Touristenort Ponta do Ouro im äußersten Süden Mosambiks und soll insgesamt über 300 Mio. US-Dollar kosten. Im Jahr 2010 stand China bei den ausländischen Investitionen an vierter Stelle, steigt das Land in die Finanzie-rung der Brücke ein, könnte China Ende dieses Jahres Portugal und sogar Südafrika überholt ha-ben. Noch ist allerdings offen, wer als Investor in das Projekt einsteigt. Klar ist jedoch jetzt schon, dass die Brücke das Leben der Menschen, die in Catembe wohnen und in Maputo arbeiten oder zur Schule gehen, stark verändern wird: Bisher sind sie auf eine Fähre angewiesen. Mit nur ei-nem Schiff ist diese sehr langsam und ineffizient und die Menschen müssen oft lange warten, um die Bucht überqueren zu können. Die neue Brücke soll 2 700 m lang und 48 m hoch sein, sodass jedes Schiff, das den Hafen Maputo an-steuert oder verlässt, passieren kann. Fertig soll das Bauwerk 2014 sein.

    Niemand stirbt in Mosambik an Hunger …

    … das hat der Direktor der nationalen Agrarbehör-de, Momed Vala, behauptet. Laut einem Bericht vom International Food Policy Research Institute (IFPRI) ist die Situation der Nahrungsmittelsi-cherheit in Mosambik „alarmierend“, diese Be-zeichnung hält Vala jedoch für ungeeignet. Das IFPRI untersucht in verschiedenen Ländern den Anteil an Unterernährten in der Bevölkerung,

    die Zahl der untergewichtigen Kinder unter fünf Jahren und die Kindersterblichkeit und teilt sie dann in fünf „Hunger-Kategorien“ ein: „niedrig“,

    „moderat“, „ernst“, „alarmierend“ und „extrem alarmierend“. Letztes Jahr landete Mosambik noch in der Kategorie „extrem alarmierend“, doch trotz der Verbesserung weist Vala die Be-zeichnung zurück. Es gäbe keine Hungersnot, und niemand könne nachweisen, dass in Mo-sambik Menschen an den Folgen von Hunger sterben. Er räumt allerdings ein, dass vor allem in den ländlichen Gebieten Fehlernährung weit verbreitet ist. So hätten z. B. viele Familien genug Maniok um satt zu werden, dies stelle aber noch keine ausgewogene und gesunde Ernährung dar. Einzelne Fälle von Hunger gäbe es nur in we-nigen Distrikten, in denen Landwirtschaft nicht möglich ist, z. B. in Chigubo (Gaza).

    Lebensmittelproduktion gestiegen

    Die Lebensmittelproduktion in Mosambik ist im Erntejahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 7,6 Prozent angestiegen. Das berichtet der Di-rektor der nationalen Agrarbehörde, Momed Vala. Laut Vala wurden etwa 14,2 Mio. Tonnen produziert, vor allem Maniok, Mais, Reis, Hül-senfrüchte und einige sogenannte „aufstrebende“ Produkte wie Soja und Sesam. Die mosambika-nischen Behörden führen die Steigerung auf das Engagement der Bauern und den regelmäßigen Regenfall im letzten Sommer zurück, sogar in südlichen, trockenheitsgefährdeten Provinzen sei genug Regen gefallen. Nur in einigen Distrik-ten, in denen der Boden nicht sehr fruchtbar ist, ist die Lage noch bedenklich. Laut Vala besteht die größte Herausforderung darin, die Bauern dazu zu ermutigen, ihre Erträge zu verkaufen anstatt nur für sich selbst anzubauen. Dies wür-de die Produktivität steigern und so könnten die Kleinbauern Geld verdienen, das sie dann für andere Dinge des täglichen Lebens, wie Ge-sundheit und Bildung ausgeben können.

    Malaria-Impfung senkt das Infektionsrisiko

    Laut einer Studie, die beim Malariaforum der Bill und Melinda Gates-Stiftung vorgestellt wur-de, senkt eine Impfung mit dem Wirkstoff RTS,S das Risiko einer Malariaerkrankung deutlich. In der Studie, die an elf Orten in sieben afrikani-schen Ländern durchgeführt wurde, wurde die

    In Kürze

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    In KürzeJuli, September, Oktober 2011

    Vom Reichtum in der Armut – Rohstoffabbau und Verteilungskonflikte in Mosambik

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 83 • Dezember 201112

    In Kürze

    Hälfte der teilnehmenden Kinder mit RTS,S geimpft, die andere Hälfte bekam eine Impfung gegen Tollwut. Dabei zeigten die Beobachtungen bei Kindern im Alter zwischen sechs und sieben Monaten eine Verringerung des Infektionsrisikos zwischen 35 und 56 Prozent im Vergleich zu den gegen Tollwut geimpften Kindern. Damit stimmen die Ergebnisse in etwa mit denen frü-herer Studien zu diesem Impfstoff überein. Es konnte aber keine Aussage darüber getroffen werden, ob die Impfung auch die Todesfälle wegen Malaria senkt. Die Studie wurde unter anderem im Gesundheitsforschungszentrum in Manhica, Provinz Maputo, durchgeführt. Die al-lermeisten Ergebnisse von dort konnten jedoch aufgrund von Temperaturschwankungen in den Lagerkühlschränken und beim Transport nicht verwendet werden. Finanziert wurde die Studie von der PATH (Programme for Appropriate Tech-nology in Health) Malariaimpfungs-Initiative, die unter anderem von Bill und Melinda Gates Spen-den bekommt. In Verbindung mit Maßnahmen wie Moskitonetzen und Insektensprays kann die Impfung Millionen Fällen der Krankheit vorbeu-gen und so auch die Krankenhäuser entlasten, die dann andere Patienten aufnehmen können, zum Beispiel solche aus abgeschiedenen Regi-onen ohne Zugang zu Gesundheitsversorgung. Mosambik registrierte im letzten Jahr 3,3 Mil-lionen Malaria-Fälle.

    Mutter-Kind-Gesundheit

    Laut dem Gesundheitsminister Mosambiks, Ale-xandre Manguele, sterben trotz Verbesserungen in der Gesundheitsversorgung für Mutter und Kind immer noch elf Mütter pro Tag an Kompli-kationen während der Schwangerschaft und Ge-burt. Die Todesfälle könnten vermieden werden, wenn alle Mütter Zugang zu Notfallgeburtshilfe und zu angemessener medizinischer Versorgung hätten. Die Zahl der Todesfälle bei Geburten ist in der Zeit zwischen 1997 und 2003 von 692 auf 408 Fälle pro 100 000 Lebendgeburten gefallen. Außerdem ist die Kindersterblichkeit von 124 pro 1 000 Kindern im Jahr 2003 auf 96 pro 1 000 im Jahr 2008 gesunken. Zu den notwendigen Maß-nahmen gehört laut Manguele die Verbesserung der reproduktiven Gesundheitsversorgung, was angesichts von begrenzten Einrichtungen und Personal eine große Herausforderung darstelle. Des Weiteren soll die Zahl der Mütter erhöht werden, die ihre Kinder in Gesundheitsposten oder Kliniken anstatt zuhause zur Welt bringen.

    Cashews schaffen Arbeitsplätze

    Die Cashew-Verarbeitung bietet laut der Verei-nigung der mosambikanischen Cashewindustrie

    (AICAJU) zurzeit etwa 9 000 Stellen. Diese Zahl soll bald auf bis zu 12 000 steigen. Die meisten der achtzehn Cashew-Verarbeitungsanlagen Mo-sambiks liegen in der nördlichen Provinz Nam-pula. Damit kehrt die Industrie langsam auf ihr Produktionsniveau der 90er Jahre zurück, bevor sie als Folge eines Abkommen mit der Weltbank nahezu zusammengebrochen ist: Die Weltbank machte damals zinsgünstige Darlehen unter anderem von der Öffnung des durch den Krieg noch sehr schwachen Cashew-Markts abhängig, wodurch alle großen Fabriken mit mechanisier-ter Produktion schließen mussten. Der jetzige Aufschwung stützt sich vor allem auf kleine und nur zum Teil auf maschinelle Cashew-Verarbei-tung. Die Firmen im Norden Mosambiks hoffen, dieses Jahr 40 000 Tonnen der erwarteten Ernte von 60 000 Tonnen zu verarbeiten. In der Ern-tesaison 2010 /11 verkauften die Cashew-Bauern 78 716 Tonnen Cashewnüsse zu einem Preis von 23 Meticais pro Kilo (etwa 64 Eurocent). Davon wurden 39 Prozent roh exportiert (hauptsäch-lich nach Indien), 37 Prozent in die Verarbei-tungsanlagen gebracht, 8 Prozent informell weiterverarbeitet und 12 Prozent sind auf Vor-ratsbildung und Verluste zurückzuführen. Auch die IACAJU kann nicht sagen, wo die restlichen 4 Prozent gelandet sind.

    7 300 neue Lehrkräfte

    Die Personalchefin des Erziehungsministeri-ums, Maria Celeste Onions, teilte mit, dass im nächsten Jahr 7 300 neue Lehrkräfte eingestellt werden sollen. Eingesetzt werden sollen sie vor allem im ersten Grundschulabschnitt (erste bis fünfte Klasse) in den dicht bevölkerten Provin-zen Zambézia und Nampula. Oberstes Ziel dabei ist es, das LehrerInnen /SchülerInnen-Verhältnis zu verbessern. Das lag 2010 bei 65,8 SchülerIn-nen pro Lehrkraft, im Vergleich zu den Vor-jahren eine deutliche Verbesserung (2008:67; 2009:71). Dennoch sind diese Zahlen noch weit von den gewünschten 30 SchülerInnen pro Lehr-kraft entfernt. Onions betonte, dass das Minis-terium sich alle Mühe gebe, sowohl den Lohn als auch die Bezahlung der Überstunden für die Lehrkräfte zu verbessern. Derzeit arbeiten etwa 147 000 Personen im Bildungssektor. Dabei sei das größte Problem die hohe „Verlustrate“ an Lehrkräften durch HIV/AIDS. Über die letzten drei Jahre starben laut Erziehungsministerium 2 216 Lehrkräfte und ließen dabei 7 836 Waisen zurück. Am höchsten waren die Sterbezahlen in den Provinzen Zambézia und Sofala.

    Korruptionsbekämpfung

    An oberster Stelle der Prioritätenliste der Regie-rung und der Geberländer (G19) steht die Kor-

    ruptionsbekämpfung. Das gab der hohe Vertreter für Kanada in Mosambik, Allain Latulippe, nach einem Planungstreffen für die Zusammenarbeit 2012 bekannt. „Als Gruppe sind wir besonders an der Entwicklung und Verabschiedung des Anti-Korruptions-Pakets interessiert, das im Par-lament vorgestellt werden wird. Internationale und lokale Experten haben gesagt, es sei ein qualitativ hochwertiges Maßnahmenpaket und eine große positive Anstrengung Mosambiks, af-rikanische und internationale Konventionen zu erfüllen“, so Latulippe. Auch die Regierung Mo-sambiks begrüßt das Paket, laut Planungs- und Entwicklungsminister Aiuba Cuereneia steht es im Einklang mit dem Wirtschafts- und Sozialplan der Regierung für 2012. Dabei ginge es nicht um finanzielle Zugeständnisse, sondern um Mecha-nismen zur Evaluation der Regierungsarbeit. Er sagte außerdem, dass es Ziel der Regierung sei, die Arbeitsbedingungen für Institutionen der Korruptionsbekämpfung zu verbessern und die Korruption durch rechtliche Reformen einzu-dämmen.

    IWF-Besuch

    Eine Gruppe IWF-Abgesandter reiste vom 5. bis 19. Oktober nach Mosambik, um den dritten Bericht im Rahmen des PSI (Policy Support Inst-rument) zu erstellen. Das PSI ist ein Instrument, mit dem der IWF die Wirtschaftspolitik eines Landes analysiert und bewertet. In Mosambik ist das PSI auf den Zeitraum 2010 bis 2013 angelegt. Laut dem Bericht bleibt Mosambiks Wirtschaft trotz der global schlechteren Lage flexibel: Das Wachstum soll nächstes Jahr 7,2 Prozent betra-gen und mittelfristig weiter steigen, vor allem aufgrund von öffentlichen Investitionen und Megaprojekten im Bereich der natürlichen Res-sourcen. Die Inflationsrate fiel von 16,5 Prozent Ende 2010 auf weniger als 8 Prozent im Sep-tember 2011. Das ist vor allem für die ärmeren Gesellschaftsschichten förderlich und liegt laut IWF unter anderem an der guten Entwicklung von Weltmarktpreisen, guten Ernten, einem stär-keren Metical und der vorsichtigen Haltung in der Fiskal- und Währungspolitik. Die steigenden Exporte sowohl aus den Megaprojekten als auch aus den traditionellen Bereichen tragen außer-dem zu einem Ausgleich der höheren Importe, z. B. von Treibstoff oder Investitionen für eben-diese Megaprojekte, bei. Dies führt, zusammen mit stabilen Kapitalflüssen, dazu, dass Mosam-bik mehr Währungsreserven besitzt als erwartet. Der IWF begrüßt, dass die Regierung ihre vor-sichtige Finanz- und Währungspolitik beibehal-ten will, welche die Inflation niedrig halten und Mosambik unempfindlicher gegenüber schlech-ten Wirtschaftsaussichten in anderen Teilen der Welt machen soll. Das Gremium befürworte auch weitere geplante Wirtschaftsmaßnahmen

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    und schätzt, dass die Inflation mittelfristig auf 6 Prozent sinken könnte. Da der IWF Mosambik als „gesund und stabil“ ansieht, werden auch die Risiken, die sich aus der globalen Wirtschaftskri-se für Mosambik ergeben könnten (z. B. Fall der Weltmarktpreise für Aluminium, keine Kreditver-gabe mehr an den Privatsektor) als gering einge-schätzt. Es wurde außerdem festgestellt, dass die in Mosambik ansässigen Unternehmen teilweise sehr unterschiedlich hohe Steuern zahlen: Vor allem Großprojekte, die länger im Land sind, wie die Aluminiumschmelze MOZAL, zahlen so gut wie keine Steuern. Neuere Megaprojekte zahlen nach der Steuervereinbarung aus dem Jahr 2007 mehr Steuern. Bei Anpassungen der Steuersät-ze, z. B. für MOZAL, rät der IWF zur Vorsicht: Steuererhöhungen dürften Investitionen nicht behindern und sollten für „beide Seiten von Vorteil“ sein.

    Laut dem IWF soll Mosambik vor allem auf Industrien setzen, die viel Arbeitskraft benötigen, weil nur so sicherzustellen ist, dass möglichst vie-le vom Wirtschaftswachstum profitieren. Victor Lledó, ständiger Vertreter des IWF in Mosambik sagte, die Regierung und der Privatsektor trügen eine gemeinsame Verantwortung dafür, dass Mosambik nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial profitiert. Dabei seien die privaten Unternehmen für die Schaffung von Arbeitsplät-zen verantwortlich, während die Regierung die Rahmenbedingungen für eine stabile Wirtschaft und ein gutes Investitionsklima schaffen muss. Auch in Infrastruktur solle sie investieren, da so die Produktivität erhöht werde.

    Brasilien will strategische Investitionen

    Die Präsidentin Brasiliens, Dilma Rousseff, kün-digte bei ihrem Besuch in Maputo im Oktober 2011 an, Brasilien wolle strategische Investitio-nen in Mosambik tätigen. Die Präsidentin beton-te, es gehe ihr um starke Beziehungen der beiden Länder auf Augenhöhe, von der beide gleicher-maßen profitieren. „Wir wollen für andere Län-der, was wir auch für uns wollen – Respekt, in dem die Souveränität des anderen Landes geach-tet wird“, sagte Rousseff. „Wir müssen zeigen, dass es eine andere Form von Beziehungen zwi-schen gleichen Ländern gibt. Wir haben diese Verantwortung.“ So sollen Stipendienprogram-me für MosambikanerInnen, die in Brasilien studieren möchten, ausgeweitet werden. Im Ge-sundheitsbereich will Rousseff konkrete Schritte sehen: Eine von Brasilien finanzierte Fabrik, die antiretrovirale Medikamente herstellt, soll im ersten Quartal 2012 ihren Betrieb aufnehmen. Der Zugang zu günstigen antiretroviralen Medi-kamenten ist eine der Hauptwaffen im Kampf gegen HIV/AIDS: Laut den letzten Statistiken sind etwa 11,5 Prozent der 15–49-jährigen Mo-

    sambikanerInnen HIV-positiv. Die mosambikani-sche Regierung bewertete den Besuch als positiv. Es sei außerdem noch weitere Zusammenarbeit geplant, zum Beispiel beim Moamba Damm über den Incomati-Fluss, an dem sich Brasilien beteiligen will. Der Staudamm soll nicht nur die Wasserversorgung in Maputo verbessern, son-dern auch mehr Wasser für die Landwirtschaft im fruchtbaren Incomati-Tal bringen.

    Neue Distrikte

    Der Ministerrat hat größere territoriale Verände-rungen vereinbart, die nun dem Parlament zur Zustimmung vorgelegt werden. Im Rahmen der Veränderungen werden dreizehn neue Distrikte geschaffen. Dies erfolgt durch die Unterteilung von einigen Provinzen und dadurch, dass neun Provinzhauptstädte eigene Distrikte werden. Dadurch erhöht sich die Zahl der Distrikte auf insgesamt 150. Ferner werden einige Distrikte umbenannt, Distrikthauptstädte verlegt und einige Flächen zwischen Distrikten neu verteilt. Die neuen Distrikte sind: in Nampula: Ilha de Moçambique, Larde und Liupo; in Zambezi: Quelimane, Luabo, Mulevala, Mucubela, Derre und Mulumbe; in Tete: Marara und Doa und in Manica Macate und Vandúzi. Außerdem gibt es einige Namensänderungen von Distrikten und Distrikthauptstädte ändern sich.

    Subventioniertes Brot

    Fallende Weltmarktpreise für Weizen erlauben es der mosambikanischen Regierung, die Sub-ventionen an Bäcker für einen 50 Kilo Sack Weizen von 125 (ca. 3 ) auf 80 Metical (ca. 2 ) zu senken. Die Subventionierung dient da-zu, den Brotpreis niedrig zu halten, und wurde nach den September-Aufständen 2010 eingeführt, als viele Lebensmittelpreise extrem angestiegen waren. Der Weizenpreis fiel in den letzten 14 Monaten kontinuierlich, gleichzeitig wurde der Metical gegenüber dem US-Dollar stetig auf-gewertet. So konnte die Regierung die Subventio-nen von 200 Metical (nach den Aufständen), auf 125 Metical (August 2011) und schließlich auf 80 Metical senken. Trotz der sinkenden Weizen-preise wird sich der Brotpreis aber nicht reduzie-ren, denn die anderen Kosten, wie für Personal, Hefe und Treibstoff /Feuerholz, sind nicht gesun-ken. Eher im Gegenteil: Die Holzpreise steigen kontinuierlich an, was mit der steigenden Abhol-zung rund um Maputo zusammenhängt.

    Interesse am Bergbausektor

    Der Präsident der CTA (Confederação de Asso-ciações Económicas, Zusammenschluss der mo-

    sambikanischen Wirtschaftsverbände), Rogerio Manuel, sieht großes Interesse ausländischer Investoren an Mosambik. Auf dem Commem-wealth Business Forum im australischen Perth, an dem auch Staatspräsident Armando Guebu-za teilnahm, bekundeten mehrere Länder und Konzerne ihr Interesse an Investitionen im Berg-bau- und Kohlenwasserstoffsektor. Durch die Rede Guebuzas und seine Teilnahme an einem runden Tisch zur wirtschaftlichen Kooperation Mosambiks und Australiens wurde Mosambiks Rolle gestärkt und auf Ressourcen und Geschäfts-möglichkeiten im Land aufmerksam gemacht. Laut Rogerio Manuel spielt die CTA dabei ei-ne entscheidende Rolle, weil sie nicht nur der Regierung dabei hilft, den Wirtschaftsstandort Mosambiks attraktiv zu machen, sondern weil es auch ihre Aufgabe ist, mosambikanischen Firmen zu ermöglichen, von den ausländischen Investitionen zu profitieren. Er begrüßt zwar grundsätzlich das Engagement ausländischer Firmen in Mosambik, kritisiert aber Großpro-jekte wie die MOZAL-Aluminiumschmelze oder den kürzlich begonnenen Kohleabbau durch das brasilianische Unternehmen Vale, da einheimische Firmen bisher nicht in der Lage sind, solche Unternehmen vor Ort mit Gütern und Dienstleistungen zu versorgen. Die CTA hat daher entschieden, kleine und mittelständi-sche Unternehmen so zu organisieren, dass sie zukünftige Megaprojekte besser begleiten und davon profitieren können. „Wir können die Tür vor kleinen und mittleren ausländischen Firmen nicht schließen, aber wir müssen verteidigen, was wir haben“, sagte Manuel.

    Öffentliche Ausgaben verdreifacht

    Laut Aussagen des Finanzministers Manuel Chang sind die öffentlichen Ausgaben Mosam-biks zwischen 2006 und 2010 von 19 Billionen (2006) auf 57,1 Billionen Meticais gestiegen. Insbesondere die Bereiche Bildung und Gesund-heit, Infrastruktur und Bergbau konnten von den Mehrausgaben profitieren. Hinsichtlich des Bruttoinlandsprodukts sind die Ausgaben von 10,5 Prozent (2006) auf 13,5 Prozent (2010) gestiegen. Chang teilte mit, dass die Regierung den Bedarf, öffentliche Investitionen mit öffent-lich-privaten Partnerschaften (public-private partnerships) und Geschäftslizenzen zu ergän-zen, erkannt hätte. Um den Investitionen von privaten Investoren in den öffentlichen Sektor einen legalen Rahmen zu geben, hat die Regie-rung kürzlich ein Gesetz zu den Public-Private Partnerships verabschiedet.

    Vom Reichtum in der Armut – Rohstoffabbau und Verteilungskonflikte in Mosambik

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 83 • Dezember 201114

    Schwerpunkt | Vom Reichtum in der Armut

    Vom Reichtum

    in der Armut

    Rohstoffabbau und Verteilungskonflikte

    in Mosambik

  • Vom Reichtum in der Armut – Rohstoffabbau und Verteilungskonflikte in Mosambik 15

    Mosambik könnte in zehn Jahren kom-plett unabhängig von externer Hilfe sein. So errechnete es der mosam-bikanische Ökonom Carlos Nuno Castel-Branco. Voraussetzung: Der Staat muss die Mega- und Großprojekte in Mosambik genauso besteuern, wie die mittleren und kleinen mosambikani-schen Unternehmen.

    Mosambik wird seit einiger Zeit als „Neurei-cher“ im Bezug auf einige Rohstoffvorkommen gehandelt. Bisher befinden sich die meisten Pro-jekte im Bereich der Extraktiven Industrien in Mosambik noch in der Erkundungsphase, einige Unternehmen haben allerdings schon mit dem Abbau begonnen. Die mosambikanische Regie-rung bewirbt die noch nicht vergebenen Kon-zessionen massiv bei internationalen Konzernen.

    Gleichzeitig wurde in den letzten Monaten die Kritik an der Vergabe der Lizenzen immer lauter. Die Frage, warum Mosambik seit Jahren ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von sieben bis acht Prozent aufweist, gleichzei-tig sich der Anteil der Menschen, die in Armut leben, aber kaum reduzierte, wird derzeit in der mosambikanischen Öffentlichkeit diskutiert. In der Vergangenheit trugen die so genannten Me-gaprojekte, obwohl sie einen Großteil des BIP ausmachen, kaum zu den Steuereinnahmen Mo-sambiks bei, weil die Verträge großzügige Steue-rerleichterungen beinhalten. Aufgrund massiver Kritik seitens zivilgesellschaftlicher Gruppen wurden einige Gesetzesänderungen in Angriff genommen, die dem mosambikanischen Staat künftig mehr Einnahmen aus den Großprojekten verschaffen sollen. Die Frage, ob es Mosambik gelingen wird, aus dem Rohstoffreichtum einen

    „Rohstoffsegen“ für alle Bevölkerungsgruppen werden zu lassen, ist eine der elementarsten Fragestellungen der nächsten Jahre. Werden ge-eignete Instrumente geschaffen, die eine gerech-te Teilhabe der gesamten Bevölkerung an den Einnahmen garantieren und damit zur Armuts-bekämpfung beitragen? Werden ökologische und soziale Belange bei der Vergabe der Lizenzen be-rücksichtigt?

    Ebenso wichtig wie die politische Lage in Mosambik sind aber auch die (handlungs-)politi-schen Rahmenbedingungen in den Ländern des Nordens. Das Thema Rohstoffe steht bereits seit einigen Jahren auf der Agenda der Europäischen Union und Deutschland. So verabschiedete die Bundesregierung im Oktober 2010 (unter Feder-führung des Wirtschaftsministeriums) eine „Roh-stoffstrategie“, die in erster Linie dazu beitragen soll, die Rohstoffversorgung der deutschen Indus-trie zu sichern. Der Prozess der Ausarbeitung der Strategie erfolgte völlig intransparent, da diese fast ausschließlich innerhalb der Bundesregie-rung und der Industrie diskutiert wurde, die

    deutsche Zivilgesellschaft wurde nicht in den Prozess einbezogen. Dies führte dazu, dass so-ziale, ökologische, menschenrechtliche und frie-denspolitische Aspekte, die integraler Bestandteil deutscher Rohstoff- und Handelspolitik sein müs-sen, bisher fehlen. Dabei trägt Deutschland eine Mitverantwortung dafür, dass der Abbau von Rohstoffen nicht auf Kosten von Mensch und Umwelt in den Abbauländern erfolgt.

    Bisher sind deutsche Unternehmen noch nicht sonderlich präsent in Mosambik, dies könnte sich aber bald ändern, denn es gab dieses Jahr in Deutschland bereits mehrere Treffen zwi-schen VertreterInnen der deutschen Wirtschaft und Repräsentanten aus Mosambik, wie z. B. den deutsch-mosambikanischen Wirtschaftstag in Frankfurt a. M. am 12. September, bei dem es primär um Rohstoffe ging. Im Oktober fand zudem eine Unternehmerreise nach Mosambik zu dem Thema statt.

    Der Schwerpunkt vermittelt einen Einblick in die derzeitigen Entwicklungen im Rohstoffsek-tor in Mosambik und formuliert die spezifischen Herausforderungen, die damit verbunden sind.

    Den Einstieg ins Thema der Ressourcen bietet der Artikel von Evelyn Bahn zum Thema „Biok-erosin“. Lufthansa testet derzeit die einst hoch gelobte Alternative zum Erdöl und bezieht dafür auch Jatrophanüsse aus Mosambik.

    Eine weitere wichtige Ressource, die immer wieder für Schlagzeilen in Mosambik sorgt, ist Holz. Rainer Tump schildert in seinem Artikel ein problematisches Vorhaben eines norwegi-schen Unternehmens, das in Nampula auf ins-gesamt 70 000 Hektar Eukalyptus anpflanzen möchte. Eukalyptus ist dafür bekannt, Unmen-gen an Wasser zu brauchen, wodurch der Zu-gang zu Wasser und damit auch zu Nahrung der lokal ansässigen Bevölkerung akut bedroht wird.

    In dem Artikel „Ran an den Stoff“ schildert Nicola Jaeger die Inhalte der deutschen und eu-

    ropäischen Handels- und Rohstoffpolitik. Statt mit der neuen Strategie den Druck im Wettlauf um die weltweiten Rohstoffe weiter zu erhöhen, sollten Deutschland und die EU einen Trans-formationsprozess hin zu einem nachhaltigen Wirtschaftsmodell mit geringen Ressourcenver-brauch einleiten, das auf Wiederverwertung, mehrfacher Nutzung und Naturverträglichkeit von Produkten basiert.

    Einnahmen aus natürlichen Rohstoffen kön-nen einen großen Beitrag zur Entwicklung eines Landes leisten, wenn dies verantwortungsvoll und transparent geschieht. In dem Beitrag von Matthias Großmann schildert dieser verschieden Ansätze zur Förderung guter Rohstoffgovernance.

    Der Artikel von Thomas Selemane gibt einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich der Extraktiven Industrien in Mosambik. Im Anschluss an den Artikel ist ein Interview mit ihm abgedruckt, wo einige Aspekte noch einmal besonders erläutert werden.

    2011 wurde zum „Jahr der Kohle“ in Mosam-bik ausgerufen. Der Artikel von Monika Orlow-ski ist ein Ausschnitt aus der Hintergrundstudie zum Rohstoffthema, die derzeit vom KKM er-stellt wird. Die Autorin schildert sehr eindrück-lich, welchen Einfluss der Kohleabbau bereits auf die Region Tete hat und wie das Leben der Menschen davon beeinflusst wird.

    Goldrausch, Goldfieber, Goldgräberatmosphä-re – Zum Abschluss des Schwerpunktes nimmt uns Judith Christner mit auf eine Reise in das Goldabbaugebiet Manica. Sie führt uns zu den

    „Garimpeiros“, den Gold-KleinschürferInnen, und zu der offiziellen Goldmine und schildert die sehr unterschiedlichen Lebens- und Arbeits-bedingungen der Menschen vor Ort.

    Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Ihr Redaktionsteam

    Schwerpunkt | Vom Reichtum in der Armut

    Einleitung Schwerpunkt

    Schwersandabbau in Moma. Foto: Petra Aschoff

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 83 • Dezember 201116

    Schwerpunkt | Vom Reichtum in der Armut

    Kein anderer Verkehrssektor wächst so stark und schnell wie der Flugverkehr. Längst ist das Flugzeug als Transportmit-tel für viele Menschen eine Selbstverständlich-keit. Mit dem Einzug der so genannten „Billig-Airlines“ ist das Flugticket oftmals günstiger, als dieselbe Strecke mit der Bahn zu fahren. Nach Angaben der International Air Transport Associa-tion (IATA) wächst der Flugverkehr derzeit jedes Jahr um fünf Prozent. Bis zum Jahr 2030 wird es nach Schätzungen doppelt so viele Flugzeuge geben wie heute.

    Die ökologischen Folgen des Flugverkehrs sind beträchtlich, denn bereits heute macht der welt-weite Flugverkehr einen Anteil von 9 Prozent der von Menschen verursachten Treibhausgas-emissionen aus. Seit dem Jahr 2009 stiegen die CO2-Emissionen des Luftverkehrssektors um 87 Prozent. Ab dem Jahr 2012 bezieht die Europäi-sche Union deshalb die Luftfahrtindustrie in den Emissionshandel mit ein. Alle Fluggesellschaften, die in Europa starten oder landen, bekommen ei-ne bestimmte Menge an Verschmutzungsrechten zugeteilt. Fluglinien, die mehr CO2 emittieren als ihnen erlaubt ist, müssen Strafe zahlen. Die Fluggesellschaften in Europa haben sich selbst das Ziel gesetzt, trotz steigenden Flugverkehrs den jährlichen CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 nicht weiter zu steigern und bis zum Jahr 2050 sogar zu halbieren. Um dieses Ziel zu erreichen, erproben sie derzeit die Nutzung von Kerosin aus nachwachsenden Rohstoffen.

    Lufthansa-Biokerosin aus Mosambik

    Am 15. Juli 2011 startete der deutsche Konzern Lufthansa auf der Strecke Hamburg-Frankfurt im regulären Flugbetrieb einen Langzeitversuch mit Biokerosin. Im Rahmen des sechsmonatigen Pro-jektes wird ein Triebwerk zu 50 Prozent mit Bio-kerosin betankt, um die Auswirkungen von Bio-kraftstoffen auf die Wartung und Effizienz von Triebwerken zu untersuchen. Bei dem Versuch der Lufthansa wird das Biokerosin aus Camelina (Leindotter), tierischen Fetten sowie aus Jatropha

    gewonnen. Die Verwendung von Jatropha für die Biokerosinproduktion wird von Konzernen wie Lufthansa damit begründet, dass die Pflanze auch auf marginalen und anspruchslosen Böden wächst und sich zudem nicht als Nahrungsmit-tel eignet. Eine Konkurrenz zur Nahrungsmit-telproduktion könne so vermieden werden und die Ernährungssicherheit der Bevölkerung in den Anbauländern wäre nicht gefährdet. Das von Lufthansa verwendete Jatropha wird seit 2009 von dem Bioenergieunternehmen Sun Biofuels Mozambique, einem Tochterunternehmen des britischen Unternehmens Sun Biofuels, auf 2 000 Hektar Ackerland in der Provinz Chimoio in Mosambik angebaut. Insgesamt exportierte Sun Biofuels für den Langzeitversuch von Lufthan-sa dreißig Tonnen Jatrophaöl nach Europa. Die Jatrophasamen wurden zunächst in Mosambik bearbeitet und anschließend von dem finnischen Konzern Nesteoil in Helsinki raffiniert.

    Bei dem Ackerboden handelt sich jedoch kei-nesfalls um marginalisierten Boden. In Pressebe-richten wurde ein Manager von Sun Biofuels mit der Aussage zitiert: „Die Idee, dass Jatropha auf marginalem Land angebaut werden kann, ist ein Ablenkungsmanöver. Es wächst zwar auf mar-ginalem Land, aber wenn Sie marginales Land nutzen, erhalten Sie auch marginale Ernten.“ In Chimoio hatten Kleinbauern auf dem Land zuvor Nahrungsmittel für den Eigenbedarf angebaut. Im Rahmen von vier Gemeindekonsultationen stimmten die Dorfchefs jedoch der Nutzung des Landes durch Sun Biofuels zu. Im Gegenzug versprach das Unternehmen, Arbeitsplätze zu schaffen sowie Schulen, Krankenstationen und Brunnen zu bauen.

    Risiko: Ackerland gegen Arbeitsplätze

    Der mosambikanische Kleinbauernverband UNAC recherchierte im Auftrag von INKOTA, welche Auswirkungen das Jatropha-Projekt von Sun Biofuels auf die ländliche Bevölkerung hat. Interviews mit ArbeiterInnen und Dorfvertreter-Innen ergaben, dass das zentrale Versprechen,

    die Schaffung von Arbeitsplätzen, zwar erfüllt wurde, andere Versprechen jedoch nicht einge-halten wurden. 1 200 ArbeiterInnen – zumeist SaisonarbeiterInnen – wurden in den vergan-genen zwei Jahren auf der Plantage eingestellt. Zudem wurde eine Krankenstation renoviert und begonnen, eine Schule zu bauen. Das insbesondere für die Kleinbauern und Klein-bäuerinnen wichtige Versprechen, Brunnen zu bohren, wurde nicht eingehalten. Im Interview erklärte die Gemeindesekretärin des Distrikt 1° de Maio, Fanta Carlota Conde: „Sun Biofuels hat uns versprochen, so vieles aufzubauen. Aber bis jetzt wurden diese Versprechungen nicht einge-halten.“ Fanta Carolta Conde zeigte sich zudem unzufrieden über die Kommunikation zwischen dem Unternehmen und den VertreterInnen der umliegenden Dörfer. Sie fühlt sich unzureichend informiert und hat nicht den Eindruck, an Ent-scheidungen über den weiteren Verlauf der Ak-tivitäten von Sun Biofuels einbezogen zu sein.

    Die Kleinbauernorganisation UNAC warnt davor, dass SaisonarbeiterInnen viel Zeit auf den Plantagen verbringen, was weniger Zeit für die Bearbeitung ihrer eigenen Machambas (Selbstversorgungsparzellen) lässt. Denn wenn die Haupterntezeit für Jatropha vorbei ist, sind die ArbeiterInnen auf die eigenen Parzellen zur Sicherstellung ihrer Ernährung angewiesen. Die Jatropha-Plantagen von Sun Biofuels grenzen zu-dem direkt an die Wohnstätten und Ackerfelder der lokalen Gemeinden an. Die Dorfbewohne-rInnen berichten, dass bei Sprühaktionen von Pestiziden auf den Plantagen die Chemikalien gelegentlich auch zu ihren Wohnstätten und Parzellen wehen. Fanta Carlota Conde erklärte:

    „Das Spritzen von Pflanzenschutzmitteln führt zu Gesundheitsproblemen in den Gemeinden. Die bespritzten Jatrophafelder liegen gleich ne-ben unseren Häusern.“ Befürchtet wird auch, dass über den Jatrophaanbau Schädlinge ein-geschleppt werden, die den eigenen Nahrungs-mittelanbau – insbesondere den Maniokanbau

    – gefährden. Dass die Vergabe des Landnutzungsrechts an

    Sun Biofuels für die Kleinbauern und Kleinbäue-rinnen mit großen existenziellen Risiken verbun-

    Lufthansa nutzt Jatropha aus MosambikFliegen soll klimafreundlicher werden: Um dieses Ziel zu erreichen, erproben Fluggesellschaften derzeit die Nutzung von Kerosin aus nachwachsenden Rohstoffen. Auch der deutsche Konzern Lufthansa testet derzeit Biokerosin und importiert dafür unter anderem die ölhaltige Nuss Jatropha.

    Von Evelyn Bahn

    Biokerosin bedroht Ernährungssicherheit

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    den war, wurde im Oktober 2011 deutlich, als das britische Mutterunternehmen Sun Biofuels die Insolvenz ankündigte. Den Menschen in Chi-moio droht nun der Verlust ihres Arbeitsplatzes, denn es ist unklar, ob und wie die Plantage in Chimoio weiterbewirtschaftet wird. Die Medi-en berichten, dass es auf weiteren Plantagen des Unternehmens im Nachbarland Tansania bereits zu Entlassungen gekommen ist. Die Kleinbau-ern in Mosambik haben ihr Ackerland teilwei-se gegen das Versprechen von Arbeitsplätzen hergegeben. Wenn der Betrieb auf der Plantage eingestellt wird, hätten sie beides verloren. Ob die ArbeiterInnen eine Entschädigung erhalten, darf bezweifelt werden. Der Konzern Lufthansa hat sich bislang nicht dazu geäußert, ob er im Fall von Entlassungen Verantwortung für die ArbeiterInnen seines Zulieferers in Mosambik übernehmen wird.

    Das Beispiel Sun Biofuels zeigt, dass das Ver-sprechen, der Jatropha-Anbau werde auch der Bevölkerung vor Ort helfen, auf sehr wackeli-gen Beinen steht. In einem Land, in dem rund 38 Prozent der Bevölkerung von Unterernäh-rung betroffen sind, muss die Vergabe von Landnutzungsrechten an Investoren, die Ener-giepflanzen für den Export anbauen, generell in Frage gestellt werden. Kleinbauernorganisa-tionen wie UNAC fordern deshalb, dass die Si-cherstellung des Menschenrechts auf Nahrung

    Vorrang vor dem Anbau von Energiepflanzen für den Export haben muss. Die Insolvenz von Sun Biofuels ist kein Einzelfall. In diesem Jahr haben bereits zwei weitere Bioenergieunternehmen (Bioshape/Holland und Sekab/Schweden), die Jatropha in Ostafrika angebaut haben, Insolvenz angemeldet. In Mosambik scheiterten in den vergangenen Jahren die Zuckerrohrprojekte Pro-cana in der Region Gaza, sowie Principle Energy ebenfalls in der Region Chimoio. In allen Fällen wurde das Ackerland bislang nicht an die lokale Bevölkerung zurückgegeben.

    Wild-West-Stimmung

    Die europäische Biokraftstoffpolitik, die gesetz-lich vorschreibt, dass bis zum Jahr 2020 Kraft-stoffen ein Mindestanteil von 10 Prozent Ag-rarkraftstoffen enthalten muss, hat sowohl bei Bioenergieunternehmen, als auch bei Entwick-lungsländern große Erwartungen geschürt. Die Ankündigungen der Luftfahrtindustrie ebenfalls zunehmend Biokerosin beizumischen, haben gar zu einer Wild-West-Stimmung unter den Unternehmen geführt. Allein Lufthansa gab an, dass der Konzern im Jahr 2025 ca. 47 000 Qua-dratkilometer Ackerland benötigt, um den eige-nen Bedarf an Biokerosin über den Anbau von Jatropha zu decken. Der Wettlauf um Ackerland

    hat in den vergangenen Jahren ein gigantisches Ausmaß angenommen und in der Hoffnung auf einen Entwicklungsschub haben Regierungen in den Entwicklungsländern für die Investoren die Türen weit geöffnet. Doch die Insolvenzen der Bioenergieunternehmen weisen darauf hin, dass der Anbau von Energiepflanzen offensichtlich weit weniger wirtschaftlich ist als angenommen. Insbesondere die Hoffnung auf die Wunderpflan-ze Jatropha wurde enttäuscht. Die Ernteerträge schwanken stark und sind abhängig von der Bo-denqualität und den Niederschlagsmengen. Zu-dem müssen die Nüsse per Handarbeit geerntet werden, was sich als kosten- und zeitintensiv dar-stellt. Für die Endabnehmer wie Lufthansa bleibt Jatropha damit eine sehr kostspielige Alternative zu herkömmlichem Kerosin. Bislang hat sich Lufthansa noch nicht dazu geäußert, ob weiter auf die Nutzung von Jatropha für die Produktion von Biokerosin gesetzt werden soll. Die Insol-venz von Sun Biofuels dürfte die Hoffnung des Konzerns auf große Mengen von Jatropha zur Produktion von Biokerosin geschmälert haben.

    Evelyn Bahn arbeitet beim INKOTA-netzwerk als Referentin zum Thema Welternährung.

    Weitere Informationen und eine interaktive Weltkarte zum Thema Land Grabbing unter: www.inkota.de/landgrabbing

    Vom Reichtum in der Armut – Rohstoffabbau und Verteilungskonflikte in Mosambik

    Sortieren und Öffnen der Jatropha-Nüsse nach der Ernte. Foto: Eugnelio Pedro Buquine

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 83 • Dezember 201118

    Wer die Homepage der norwegischen Firma Green Resources (www.greenresources.no) besucht, wird gar nicht an ein auf Gewinn abzielendes Un-ternehmen denken. Die erste Assoziation wird eher sein: „Das ist die Organisation, die den Kli-mawandel stoppen kann.” Auf der Internetseite ist alles grün und Öko. Die aktuellste Meldung betrifft die Zertifizierung der Malulo Forest Plan-tation in der Provinz Niassa durch das Siegel des Forest Stewardship Council (FSC)

    Ich hatte im August 2011 die Gelegenheit, mir das dortige Projekt „Lúrio Green Resources“ in der Provinz Nampula im Norden Mosambiks genauer anzusehen. In den fünf Distrikten Me-cuburi, Ribawé, Nampula, Murrupula und Erati will Green Resources auf einer Fläche von 70 000 Hektar großflächig eine besonders schnell wach-sende Eukalyptusart anpflanzen. Meine Bewer-tung des Megaprojekts ist nach diesem Besuch extrem konträr zu den ökologischen Ansprüchen, die die Firma auf ihrer Homepage erhebt. Ich hal-te die geplante Plantage von 70 000 Hektar für die aktuell größte Bedrohung der Umwelt und der Menschenrechte in der Provinz.

    Negative Umweltbilanz

    Zunächst zur Umwelt. Laut den Umweltverbän-den, die zu der Problematik der Eukalyptusplan-tagen arbeiten, ist Eukalyptus unter anderem deshalb problematisch, weil er durch seine lan-gen Wurzeln und den hohen Wasserverbrauch den Boden bis in die Tiefe austrocknet, andere Baumarten aggressiv verdrängt, den heimischen Tieren keinen Lebensraum bietet, weil er keine heimische Art ist, und mit seinen hochbrennba-ren Ölen Waldbrände fördern kann. Das größte Risiko von Eukalyptusplantagen in Mosambik ist dabei ohne Zweifel der immense Wasserver-brauch der Bäume und das großflächige Absin-ken des Wasserspiegels. Schon jetzt ist Wasser knapp und mit dem großflächigen Anbau von Eukalyptus wird das Überleben bereits in weni-gen Jahren extrem schwierig sein.

    Bisher steckt das Projekt von Green Resour-ces in Nampula noch in den Kinderschuhen und

    nutzt lediglich drei Hektar als Baumschule. Und bereits jetzt beschweren sich die Anwohner der benachbarten Gebiete, dass der Wasserspiegel zurückgeht. Ein alter Mann, der seine Felder in der Nähe der Baumschule hat, zeigt mir ein ausgetrocknetes Flussbett. Er sagt, dass dieser Fluss früher immer ganzjährig Wasser hatte und in diesem Jahr zum ersten Mal ausgetrocknet ist. Für ihn und die DorfbewohnerInnen weiter flussabwärts ist klar, dass als Ursache nur die Baumschule infrage kommt. Sie wollen gar nicht darüber nachdenken, was erst passiert, wenn hier tausende von Hektar mit Eukalyptus be-pflanzt sind.

    Extrem durstig

    Eukalyptusbäume sind deshalb so gewinnträch-tig, weil sie in nur acht Jahren auf 20 Meter Höhe wachsen und „geerntet“ werden können. Meist werden sie dann, wie auch im Fall Lúrio Green Resources geplant, zur Papierherstellung genutzt. Ein einziger Eukalyptusbaum ver-braucht aber pro Tag rund 30 Liter Wasser. Bei durchschnittlich 400 Bäumen pro Hektar ergibt sich der unvorstellbare tägliche Wasserverbrauch von 840 Millionen Litern oder 840 000 Kubik-metern pro Tag. Ein Blick auf ältere Plantagen in Zambezia oder Sofala genügt, um sich auszuma-len, dass auch hier im dicht besiedelten Nampula bald ganze Regionen ökologisch tot sein werden. Der Mangel an Wasser für Mensch und Tier wird nur eine der katastrophalen Folgen sein. Die benachbarten Ackerbauflächen müssen wegen zunehmend trockener Böden mit hohen Ernte-verlusten rechnen. Da über 90 Prozent der Be-völkerung in den betroffenen Gebieten von der Landwirtschaft lebt, ist ihre Existenzgrundlage gefährdet. Als weitere negative Folgen kommen die großflächige Abholzung ökologisch wertvol-ler, artenreicher Miombewälder und unkontrol-lierbare Waldbrände hinzu.

    Eine von Green Resources in Auftrag gege-bene Vorstudie zu den ökologischen Folgen des Projekts erwähnt alle diese Probleme. Ohne nä-here Begründung kommen die AutorInnen der in Maputo ansässigen Firma IMPACTO aber zu

    dem Schluss, dass die ökologischen und sozialen Veränderungen kleinflächig sein werden und mit Gegenmaßnahmen leicht zu bewältigen seien. Die dann genannten Maßnahmen sind so absurd, dass allein schon deshalb die Seriosität der Autor-Innen infrage gestellt werden muss. Dass FSC sein Gütesiegel für solche Projekte hergibt, ist ein weiterer Skandal um diese zuletzt in der Kri-tik stehende, weltweit agierende Organisation.

    Vertreibung tausender Familien droht

    Das mosambikanische Landgesetz sieht einen recht komplizierten Prozess der Vergabe von Landnutzungskonzessionen vor. Bestandteil dieses Prozesses ist die Information und Ein-beziehung der Betroffenen bei öffentlichen An-hörungen („Consultas Comunitárias“). Ohne diese kann laut Landgesetz keine Konzession vergeben werden.

    Die Wahrheit im Fall der Konzessionsvergabe an Green Resources sah etwas anders aus. In sechs von mir besuchten Gemeinden hatte nie-mand auch nur von dem Projekt gehört. Keiner wusste deshalb, dass das Land auf dem rund 7 000 Familien leben und das sie seit Genera-tionen bearbeiten, längst einer norwegischen Firma gehört.

    Der Permanente Sekretär (Secretário Perma-nente) eines der betroffenen Distrikte klärte mich dann über den Verlauf der angeblichen

    „Consultas Comunitárias“ auf: das seien öffent-liche Veranstaltungen in den Distrikthauptorten gewesen. Er selbst sei auf einer davon dabei ge-wesen. Die VertreterInnen von Green Resources hätten die Vorzüge des Projekts und geplante Sozialprojekte mit Powerpoint präsentiert. Über Landkonzessionen sei überhaupt nicht gespro-chen worden. Die anwesenden traditionellen Führer (regulos) der Dörfer seien dann gebeten worden, eine Teilnehmendenliste zu unter-schreiben.

    Genau diese Teilnehmendenliste wurde dann später von Green Resources als Beweis eingereicht, dass die regulos und die dörflichen Gemeinschaften mit der Landvergabe und der

    Raubbau mit GütesiegelIm Rahmen eines Consultingauftrags besucht der Autor des Textes fünf Provinzen in Nampula, in denen das norwegische Unternehmen Green Resources auf einer Fläche von 70.000 Hektar landwirtschaftlich nutz-barer Fläche Eukalyptus anpflanzen möchte. Wird das Projekt umgesetzt, drohen der lokalen Bevölkerung jedoch massive Verletzungen des Rechts auf angemessene Ernährung, denn abgesehen von der verlorenen Fläche für den Nahrungsmittelanbau benötigt Eukalyptus riesige Mengen an Wasser.

    Von Rainer Tump (Text & Fotos)

    Eukalyptusplantagen im Norden Mosambiks

    Schwerpunkt | Vom Reichtum in der Armut

  • daraus folgenden Umsiedlung zahlreicher Dör-fer einverstanden seien.

    Noch wissen wenige der Betroffenen von der sprichwörtliche Enteignung und anstehenden Umsiedlung tausender Familien in den fünf Di-strikten. Erste Reaktionen von Betroffenen zei-gen aber, dass der Prozess nicht ganz friedlich verlaufen könnte. Denn im Jahr 2011 sind die Preise für wichtige landwirtschaftliche Produkte der Bäuerinnen und Bauern der Region wie Ta-bak, Baumwolle und Sesam kräftig angestiegen. Für viele ist es das erste Mal, dass sie erleben, dass sich Landwirtschaft wirklich lohnt. Diese Entwicklung wird es für Lúrio Green Resources nicht einfach machen, das Projekt durchzuset-zen. Auch die Unternehmensführung weiß, dass Eukalyptusplantagen hoch anfällig für Waldbrän-de sind …

    Was ist zu tun?

    Auch wenn die Konzession an Lúrio Green Re-sources schon erteilt wurde, ist es noch nicht zu spät um das Projekt zu verhindern oder zumin-dest so zu verändern, dass die ökologischen und sozialen Folgen nicht ganz so katastrophal sind. Hier ist zunächst die Zivilgesellschaft in Nam-pula und Mosambik gefragt, die sich bislang zu

    passiv verhalten hat. Es wird darauf verwiesen, dass mosambikanische SpitzenpolitikerInnen am Projekt beteiligt sind und Widerstand deshalb aussichtslos wäre. Zumindest soll aber jetzt ein Rechtsanwalt die Rechtmäßigkeit des Prozesses der Landvergabe überprüfen.

    Auch hier in Europa können wir aktiv wer-den. Das Unternehmen Green Resources ist sehr auf seinen Ruf als „ökologisches Unternehmen“ bedacht. Es dürfte der Unternehmensführung in Oslo gar nicht recht sein, wenn Zwangsum-siedlungen unter Umgehung geltender Gesetze,

    Korruption und enorme Umweltschäden an die Öffentlichkeit kommen. Wer mehr über Lúrio Green Resources und Aktionsmöglichkeiten wis-sen möchte, kann sich gerne an den KKM oder den Autor wenden.

    Rainer Tump ist freiberuflich als Berater für entwicklungspolitische Organisationen tätig. Seine thematischen Schwerpunkte sind länd-liche Entwicklung, Ernährungssicherung und Organisationsentwicklung. Von 1988 bis 1994 war er Geschäftsführer des KKM.

    Schon heute ist Mais mangels Wasser eine „Risikokultur“. Mit einer benachbarten Eukalyptusplantage wird der Anbau unmöglich

  • 20 Mosambik-Rundbrief Nr. 83 • Dezember 2011

    Noch sind die Miombewälder in Nampula trotz Raubbau weitgehend intakt und ökologisch sehr wertvoll.

  • 21

    Seit Monaten ist das Thema „Holzraubbau“ in der mosambikanischen Presse präsent: Holzhandel, Kahl-schlag, undurchsichtige Machenschaften, Ausverkauf der Ressourcen des Landes, undurchsichtige Allian-zen, Korruption … und bis zum heutigen Tag ist kein Ende in Sicht, keine Klarheit, keine Antworten von der Regierung, die Licht ins Dunkel bringen könnte. Es scheint, es bewegt die Gemüter – doch wessen Gemüter bewegt es und wie viel Einfluss haben diese, wie viel Macht, wie viel Gewicht im Spiel der Mächte?

    Beispielhaft für die Diskussion drucken wir das Editorial der Zeitung Savana vom 22.7.2011, übersetzt von Judith Christner.

    Guebuza erhält Prämie dafür, dass er die Wälder ausraubtI st es nicht eine Ironie, dass Präsident Armando Guebuza vom WWF für seine Bemühungen um die Ausweitung von Naturschutzgebieten ausgezeichnet wurde, während seine Exekutive in Allianz mit den Chinesen in eine umfangreiche Kampagne zur Dezimierung ganzer Wälder im Norden Mosambiks verwickelt ist? Die Nachrichten, die uns aus Nacala erreichen und von 600 Schiffscontainern gefüllt mit wertvollem Holz auf dem Weg nach China berichten, kommen nicht gerade gelegen zu einem Zeitpunkt, wo sich alle bemühen, das Bild einer Regierung zu zeichnen, die sich für Naturschutz und Um-welt engagiert. Die Zeitung Domingo hat eine exzellente Reportage veröffentlicht, in der sie detailliert von den gewundenen Wegen der Abholzung und des Exports von wertvollen Hölzern nach China berichtet und einer intelligenten Partnerschaft zwischen mosambikanischen und chinesischen Unternehmern, die ihre Taschen auf Kosten der Vergeudung von Naturressourcen füllen, die Gemeineigentum aller MosambikanerInnen sind. Die Vorwürfe beziehen sich auf die Unterschlagung der Wahrheit und gefälschte Daten und Dokumente unter der hohen Schirmherrschaft höchster Staatsfunktionäre desselben Staates, dessen Präsident internationale Prämien für seinen Einsatz zum Schutz der Naturreserven erhält. Die Geißel des Kahlschlags war vielfach Gegenstand erregter Debatten in den Medien und in den Organisationen der Zivilgesellschaft, diskutiert im Zusammenhang mit dem Schutz der Naturreserven.

    Die Geschichte des chinesischen „take away“ ist legendär. Und in dieser morbiden Geschichte wird die Unfähigkeit unserer Staatsdirigenten, das nationale Interesse in Abgrenzung zu individuellen Interessen zu d