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Zwischen Hoffnung und Wirklichkeit Zwischen Hoffnung und Wirklichkeit Dossier Dossier Agrartreibstoffe in der Diskussion Agrartreibstoffe in der Diskussion

Zwischen Hoffnung und Wirklichkeit - kkmosambik.de · 2 Dossier iMPressUM Verlag, Herausgeber und Anschrift der Redaktion: KoordinierungsKreis Mosambik (KKM) e.V. August-Bebel-Straße

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Zwischen Hoffnung und WirklichkeitZwischen Hoffnung und Wirklichkeit

DossierDossier

Agrartreibstoffe in der DiskussionAgrartreibstoffe in der Diskussion

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D o s s i e r

i M P r e s s U MVerlag, Herausgeber und Anschrift der Redaktion:KoordinierungsKreis Mosambik (KKM) e.V.August-Bebel-Straße 16 – 18, D-33 602 Bielefeld, Tel.: 05 21-12 47 42, Fax: 05 21- 6 49 75E-Mail: [email protected], Internet: http://www.kkmosambik.de

In Kooperation mit:ARA e.V., Projekte für eine umwelt- und sozialgerechte EntwicklungAugust-Bebel-Str. 16 - 18, D - 33602 BielefeldTel.: 05 21 - 6 59 43, Fax: 05 21 - 6 49 75E-Mail: [email protected], Internet: www.araonline.de

Redaktion: Tabea Behnisch (ViSdP), Ute Ammering, Richard Brand, JuditChristner, Monika Nolle, Andrea Queiroz de Souza, Ulla Rinke, Matthias VoßMitarbeit: Roman Herre, Uwe Hoering, Jürgen Maier, László Máraz, Peter Steudtner, Alexander von Gablenz

Namentlich gekennzeichnete Artikel entsprechen nicht unbedingt der Ansicht der Redaktion oder des Herausgebers.

Layout, Satz & Bildbearbeitung: Fischer-Grafikdesign VersmoldTitelbild: Peter Steudtner (Frau mit Kind), Heike Lipper (Jatropha-Plantage) Bearbeitung: Fischer-Grafikdesign VersmoldDruck: Nübold Buch- u. Offsetdruck, D-57368 Lennestadt.

Copyright: KKM e.V.Schutzgebühr: 1,00 Euro zzgl. Versand. Bezug über die Herausgeber

Wir danken der Nordrhein-Westfälischen Stiftung für Umwelt und Entwicklung für die finanzielle Förderung dieser Publikation.

e D i t o r i a lLiebe Leserinnen und Leser,

das Thema Agrartreibstoffe ist und bleibt aus umwelt- wie ent-wicklungspolitischer Sicht ein Dauerbrenner. Der Gedanke, end-liche fossile Energieträger durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen und so eine nachhaltige regenerative Energieversorgung sicherzustellen, klang für viele sehr verheißungsvoll. Angesichts des Booms, der sich daraus entwickelte, war aber schnell klar, dass die in Europa zur Produktion von Energiegrundstoffen nutzbaren Flächen nicht ausreichen würden, um unseren derzeitigen und zukünftigen Bedarf auch nur annähernd zu decken.

Der immense Energiehunger in den Industrieländern, nicht zuletzt hervorgerufen durch unsere Ansprüche nach uneinge-schränkter individueller Mobilität, führte bald dazu, dass mehr und mehr Biomasse aus den Ländern des Südens importiert wurde. Mit allen damit verbundenen Konsequenzen wie Wald-vernichtung und Degradierung anderer Ökosysteme, Land- und Menschenrechtskonflikte. Also ein Verfall in alte Muster der Res-sourcenausbeutung und Verteilungsungerechtigkeiten?

Die Prognosen hatten eigentlich anders gelautet, dass näm-lich der Sektor Nachwachsende Energierohstoffe auch gleichzeitig Marktchancen für die Länder des Südens und eine höhere Un-abhängigkeit von teuren Ölkraftstoffimporten eröffnen würde. Über die Vermarktung von Biomasse sollten Einkommen für die ländliche Bevölkerung generiert werden und sie durch den loka-len Anbau einen verbesserten Zugang zu Energie erhalten. Was einen wirklichen Schritt in Richtung Armutsbekämpfung bedeu-ten könnte.

Aber wie sieht die Realität aus? Der zunehmende Anbau von Biomasse in den Ländern des Südens stellt offensichtlich neben den bereits erwähnten Folgen eine zunehmende Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau dar. Lebensmittel wurden weltweit teurer und somit für die ärmeren Bevölkerungsschichten im Sü-den teilweise unerschwinglich. Zu profitieren scheinen von der Agrartreibstoffproduktion wohl eher ausländische, auch europä-ische, Investoren und nicht wie erhofft die lokale Bevölkerung vor Ort.

Zahlreiche Widerspruchsfelder tun sich auf. „Rethinking“ und „Lessons learned“ sind die Vokabeln, mit denen heute die meisten Veranstaltungen zum Thema eingeleitet werden. An man-chen Stellen wurde inzwischen nachgebessert. Das fing schon mit Begriffsbestimmungen an, etwa dergestalt, dass man nun verstärkt von Agrartreibstoffen spricht, weil mit der Vorsilbe „Bio“ nachhal-tige (ökologisch positive) Standards suggeriert werden.

Beimischungsquoten wurden zurückgenommen, Richtlinien erlassen, Aktionspläne erarbeitet, Nachhaltigkeitskriterien be-schlossen, eine Reihe von Studien durchgeführt, von Kritikern Moratorien für Anbau und Einfuhr von Energiepflanzen gefordert und immer wieder eine längst überfällige Wende im Bereich En-ergie und Mobilität angemahnt.

Aufgrund der Komplexität der Thematik erscheint uns eine dif-ferenzierte Betrachtung wichtig, die sowohl die Chancen als auch die Risiken des Anbaus von Energierohstoffen beleuchtet. Das vor-liegende Dossier versucht, die derzeit vorliegenden Erkenntnisse und Argumente zusammen zu führen, wobei ökologische, soziale und wirtschaftliche Kriterien gleichermaßen einbezogen und an-hand konkreter Beispiele kritisch beleuchtet werden.

Dabei richten wir unser besonderes Augenmerk auf Afrika, wo der Energiesektor sowohl als Problem wie auch als Chance für nachhaltige Entwicklung zu bewerten ist. Hier blicken wir vor

i N H a l t 2 Editorial

3 Diskussionen um Agrartreibstoffe

5 Ernährungssicherheit und Energie

7 Landnahme als neue Strategie

9 Bioenergie in Afrika

11 Afrikas Energieprobleme

13 Politik Mosambiks zu Agrartreibstoffen

15 Jatropha-Anbau in Mosambik

17 Mythos Jatropha

19 Die Elaion AG in Mosambik – ein Beispielprojekt

20 Ressourcenkonflikt Wasser

23 Keine Option für Kleinbauern

allem auf Mosambik, das als ein Land mit hohen Potentialen auf dem globalen Markt für Energiepflanzen gilt und von manchen schon als das künftige Brasilien Afrikas bezeichnet wird.

Die Thematik der Agrartreibstoffe ist in Mosambik hoch aktu-ell und vielschichtig, wie jüngste Entwicklungen im Land erken-nen lassen. Doch lesen Sie selbst - über negative Auswirkungen von Großprojekten, über unterschiedliche Erfahrungen mit Ener-giepflanzen wie der angeblichen Wunderpflanze Jatropha, aber auch über positive Ansätze in Projekten, die nicht auf Monokultur setzen.

Eine spannende Lektüre wünschen Tabea Behnisch (KKM) & Monika Nolle (ARA)

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Wechselbad zwischen Euphorie und Kritik

Der Rauch hat sich ein wenig ver-zogen. Denn inzwischen ist klar, dass die Potenziale von Bioener-

gierohstoffen begrenzt sind und unseren Energiehunger höchstens zu zehn Prozent stillen können, wie der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Um-weltveränderungen in seinem Hauptgut-achten beschreibt 1. Wer behauptet, dass es allein der Biokraftstoffproduktion anzu-lasten ist, wenn in Indonesien, Malaysia oder Brasilien verstärkt Ölpalmen- oder Zuckerrohrplantagen angelegt werden, liegt mit Sicherheit falsch. Denn immer noch wird der allergrößte Teil etwa von Palmöl für die Nahrungsmittelindustrie er-zeugt. Auch die Fleischproduktion nimmt viel mehr Ressourcen (Boden, Wasser, Energie) in Anspruch als die Erzeugung nachwachsender Energierohstoffe. Den Slogan „Tank oder Teller“ könnte man ge-trost wieder in „Fleisch frisst Menschen“ umbenennen. Die inzwischen wieder ge-fallenen Nahrungsmittelpreise könnten sogar zur Behauptung animieren, dass die Biokraftstoffproduktion rein gar nichts mit der Hungerkrise zu tun hätte. Auch falsch!

Spätestens hier wird klar, dass pau-schale Bewertungen wenig hilfreich sind. Eine differenzierte Betrachtung ist auch hier die bessere, wenn auch kom-pliziertere Methode, um ökologische und soziale Verwerfungen im Bioenergiesek-tor zu bekämpfen.

Anlass für die Einmischung von Um-welt- und Menschenrechtsorganisationen in die Bioenergiepolitik waren vor allem die in Deutschland und der Europäischen Union eingeführten Beimischungsquoten für Biokraftstoffe. Denn damit wurde der Import etwa von Biokraftstoffen quasi zur gesetzlichen Pflicht, und es sind negative Auswirkungen in den Erzeugerregionen zu erwarten. Nicht zuletzt als Antwort auf die Kritik und öffentliche Empörung über Regenwaldzerstörungen und Hungerkri-sen hat die Bundesregierung Nachhal-tigkeitsverordnungen für Biomassestrom und Biokraftstoffe erlassen, deren Einhal-tung ab 1. Juli 2010 verbindlich sein soll. Entwickelt wird derzeit ein System, mit dem die Einhaltung der bisherigen Nach-haltigkeitskriterien überprüft werden kann. Mit der Biomassezertifizierung soll bald begonnen werden.

Die Bioenergieproduzenten müssen nun beweisen, dass etwa Biokraftstoffe umwelt- und sozialverträglich erzeugt werden können. So dürfen keine Rege-wälder gerodet werden, der Umbruch von Grünland oder die Trockenlegung von Torfmooren ist zu vermeiden. Denn hierdurch würden große Mengen CO2 in die Atmosphäre gelangen und das Ziel, die Emissionen von Treibhausgasen zu verringern, ad absurdum führen. Ohne-hin muss bei Produktion und Einsatz aller flüssigen Bioenergieträger eine Verringe-rung der Treibhausgasemissionen um mindestens 35 Prozent nachgewiesen

werden. Der schwerwiegendste Mangel in den Nachhaltigkeitsanforderungen von EU und Bundesregierung ist das Fehlen von Sozialstandards. Hier sind lediglich Berichte erforderlich, wobei zu hoffen ist, dass damit wenigstens die schlimmsten Fälle ausgeschlossen werden und sich einige Marktteilnehmer freiwillig höher-wertigen Zertifizierungskriterien unter-werfen. Angesichts der sich häufenden Vorfälle um Landrechtskonflikte oder Umweltschäden bei der Produktion von Palmöl oder Zucker steht die gesamte Bio-energiepolitik der EU und der Bundesre-gierung unter verschärfter Beobachtung.

Aktionsplan Erneuerbare EnergienBis Mitte 2010 muss jeder EU-Mitglied-staat einen Aktionsplan Erneuerbare Energien vorlegen, in dem Maßnahmen und genaue Angaben zur Erreichung der nationalen Zielsetzungen festgeschrieben sind. Die Mitgliedstaaten müssen dazu genaues Datenmaterial bereitstellen und Maßnahmenpakete schnüren, mit denen sie darlegen, wie sie es schaffen wollen, fossile Rohstoffe Zug um Zug durch En-ergieträger aus nachwachsenden Quel-

Differenzierte Analyse bei Agrarkraftstoffen nötig

Wechselbad zwischen Euphorie und KritikDie Ansprüche an den Bioenergie-Sektor steigen. Wer die Berg- und Talfahrt der Diskussion um das Thema Bioener-gie verfolgt hat, den beschlich manchmal das Gefühl, es handle sich um eine reine Glaubensfrage. Den euphorisch geäußerten Hoffnungen der Befürworter folgten sobald deprimierende Nachrichten der Kritiker. So wurden Bio-energieträger zunächst als Klimaretter und Garant für dauerhaft erschwingliche Spritpreise gepriesen. Schon bald aber kritisierten viele Akteure vor allem die Biokraftstoffe als Auslöser von Regenwaldzerstörung und Hungerkrisen. Beide Seiten überboten sich mit ihren Aussagen in einer Art Wettstreit um die besten Schlagzeilen.

Von László Máraz

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Anhörung im Bundestag zur Verkehrspolitik

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len zu ersetzen. Bis Ende Dezember 2009 muss jedes Land eine Voreinschät-zung über den Anteil der Erneuerbaren Energien, Überkapazitäten und Bedarf aus Drittländern nach Brüssel melden. In Abstimmung mit der EU sollen dann entsprechende Ergänzungen und Korrek-turen erfolgen, um beispielsweise sicher-zustellen, dass der angestrebte Import von Biomasse durch entsprechende Ex-portmengen im Herkunftsland abgedeckt ist. Die Bundesregierung hatte mit der Er-stellung des Biomasseaktionsplans einen ersten Schritt getan. Im September wurde auch ein Aktionsplan zur Stofflichen Nut-zung von Biomasse nachgelegt, in dem unter anderem auf die deutlich höheren CO2-Einsparungen hingewiesen wird, die Verfahren zur stofflichen Nutzung von Holz im Vergleich zu energetischen Nutzungspfaden bewirken können. Doch diese Pläne bieten noch keine konkreten Konzepte und Maßnahmenpakete zur Umsetzung dieser Ziele. Die Konkreti-sierung soll nun unter Federführung des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit (BMU) und des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) erfolgen. Seitens der Plattform „Nachhaltige Biomasse“ wurde bereits eine Beteiligung und Mitgestaltung an diesem Prozess eingefordert.

Indirekte LandnutzungsänderungenDie EU-Kommission will entsprechend der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EERL) einen Bericht über die Auswir-kungen von indirekten Landnutzungs-änderungen vorlegen. Hierin soll auch über die dadurch verursachten Treib-hausgasemissionen berichtet werden (die entstehen, wenn etwa eine vom Zucker-rohranbau verdrängte Rinderfarm in den Amazonasurwald verlagert wird), sowie über Maßnahmen, diese zu minimieren. Dieser Bericht muss bis Dezember 2010 vorliegen, doch die Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, den Bericht bis März 2010 fertigzustellen, damit die Mitglied-staaten dessen Ergebnisse in der Ent-wicklung ihrer Nationalen Aktionspläne Erneuerbare Energien berücksichtigen können.

Mobilität und bioenergieDie Bundesregierung setzt mit ihrer Stra-tegie zur Erreichung des 10 Prozent-Ziels im Verkehrssektor vor allem auf Biokraft-stoffe (Biokraftstoffquotengesetz). Laut der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU können für das 10 Prozent-Ziel der Gesamtenergieverbrauch von Ottokraft-stoff, Dieselkraftstoff, Biokraftstoff (inkl. Biogas) und Elektrizität sowohl im Stra-ßenverkehr als auch im Schienenverkehr geltend gemacht werden. Das heißt, dass

alle Arten von Energie aus erneuerbaren Quellen zu berücksichtigen sind, die in allen Formen von Verkehrsträgern ver-braucht werden (ausgenommen Schiffs- und Flugverkehr). Schon aufgrund der häufig negativen sozialen und ökolo-gischen Auswirkungen der Biokraftstoff-erzeugung ist es wünschenswert, ökolo-gischere Energien zu fördern, die dann beispielsweise in der Verstärkung der Markteinführung von Elektrofahrzeugen auf Basis erneuerbarer Energien (darunter fallen übrigens nicht nur Autos) oder die Ausweitung der Nutzung von regenera-tivem Strom im Schienenverkehr (Bahn und Straßenbahn) liegen können. Für die Verbände bieten sich also verschiedene Möglichkeiten, sich mit ihrer Expertise und Empfehlungen an die Bundesregie-rung zu wenden. Zum einen sind mög-lichst realisierbare Maßnahmen einzufor-dern, mit denen die Ziele der EERL er-reicht werden können, ohne dass Mensch und Natur auf der Strecke bleiben. Zum anderen bleibt die Kampagnenarbeit ein wichtiges Mittel, um die Politik und die Marktteilnehmer an ihre Pflicht zu erin-nern.

1 Das Gutachten ist unter www.wbgu.de erhältlich

László Máraz ist Koordinator der Plattform „Nachhaltige Biomasse“

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Demo gegen Agrosprit in Berlin

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Auf den Teller oder in den Tank?

Weltweit werden Nahrungsmittel immer knapper. Das gefährdet vor allem die Ernährungssicher-

heit von marginalisierten Kleinbauern, Landlosen und Nomaden. Schon heute hungern weltweit rund 923 Millionen Menschen, Tendenz steigend. Zwischen 2005 und 2008 ist die Anzahl der unter-ernährten Menschen laut FAO um 75 Millionen angestiegen.

Folgende Trends dürften die Zahl der Hungernden weiter steigen lassen: • DieNachfragenachFleisch-undMol-

kereiprodukten und damit indirekt nach Getreide als Futtermittel steigt in den schnell wachsenden Schwellen-ländern wie China und Indien gewaltig an. Zwischen 1990 und 2005 hat sich der Pro-Kopf-Fleischkonsum in China verdoppelt.

• Die Folgen des Klimawandels, wieTrockenheit, Überschwemmungen, die Zunahme von Wetterextremen und die unregelmäßige Niederschlags-verteilung dürften vor allem in den tropischen und subtropischen Ländern zu Ertragsrückgängen führen.

• WasserknappheitaufgrunddesKlima-wandels und der enorme Wasserver-brauch der neuen Megastädte werden Auswirkungen auf die Bewässerungs-landwirtschaft haben.

• InzahlreichenLändernkommtesseitJahren zum Verlust von fruchtbarem Ackerland. In vielen fruchtbaren Küstenlandstrichen verschlingen die wachsenden Großstädte, Industriean-siedlungen und Verkehrsflächen das Ackerland.

• Das globale Nahrungsmittelangebotwird von sinkenden Überschüssen in den USA und der Europäischen Uni-on beeinflusst. Das hat seinen Grund auch darin, dass ein wachsender Teil der Ernte vor allem als Agrotreibstoff genutzt wird.

Zum Nachfrageboom nach Agrarroh-stoffen haben die ehrgeizigen Zielvorgaben der Industrieländer für die Beimischung von Agrotreibstoffen zu Kraftstoffen mit beigetragen. Diese Vorgaben sprengen die landwirtschaftlichen Kapazitäten der Industrieländer. Um ihr bisher anvisiertes Beimischungsziel zu erreichen – 10 Pro-zent im Jahr 2020 – müsste die EU 50-70 Prozent ihres Ackerlandes für Agrotreib-stoffe nutzen. Und die USA müssten ihre gesamte derzeitige Mais- und Sojaproduk-tion zu Ethanol und Biodiesel verarbeiten. Die ehrgeizigen Ziele der Industriestaaten sind deshalb mit ausschlaggebend für die Expansionspläne der Regierungen großer Agrarexportländer. Beispielsweise sollen in Indonesien und Malaysia die Ölpalm-plantagen um ein Vielfaches ausgedehnt werden. Und Brasilien will bis zum Jahr 2025 zehn Prozent des Weltbenzinver-brauchs in Form von Agrotreibstoff zur Verfügung stellen.

Jatropha und Zuckerrohr statt Mais und ManiokIn den Regionen des Südens, in denen Energiepflanzen angebaut werden, ist die Konkurrenz zwischen Tank und Tel-ler bereits Realität. Um ausländische In-vestitionen anzuziehen, erlaubt etwa die Regierung Tansanias Exportanbau von Energiepflanzen in den fruchtbarsten Ge-

bieten des Landes, in denen auch mehr Regen fällt. Und so mussten in der Usan-gu-Ebene kürzlich 1.000 Reisbauern ei-ner Zuckerrohrplantage weichen. In der Lindi-Region will die Firma Sun Biofuels auf 18.000 Hektar Jatropha anbauen. Bauern, die dort zur Zeit Maniok, Reis und Mais anbauen, sollen künftig nicht-essbare Ölpflanzen als Rohstoff für die Biodieselproduktion anpflanzen.

Neben der direkten Konkurrenz um Anbauflächen gefährden vor allem steigende Agrarpreise die Ernährungssi-cherheit. Während in den 1960er Jahren Entwicklungsländer häufig Netto-Nah-rungsmittelexporteure waren, zählen viele seit Anfang der 1990er Jahre zu den Netto-Nahrungsmittelimporteuren. Sie werden immer abhängiger von Lebens-mitteleinfuhren zur Versorgung ihrer Be-völkerung. Dies gilt insbesondere für die am wenigsten entwickelten Länder, ins-gesamt 49 Staaten mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von unter 500 US-Dollar. Ende der 1990er Jahre impor-tierten sie doppelt so viele Lebensmittel wie sie exportierten. Während sie 1970 noch 43 Prozent ihrer Exporteinnahmen für den Kauf ausländischer Lebensmittel verwendeten, waren es im Jahr 2000 be-reits 54 Prozent. Deshalb bedeuten stei-gende Agrarpreise für diese Länder einen Rückgang wertvoller Deviseneinnahmen und zunehmende Schwierigkeiten bei der Versorgung der eigenen Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln.

Laut Prognosen der Energieinforma-tionsbehörde (EIA) der USA wird sich der globale Energiehunger zwischen 2003 und 2030 um 70 Prozent erhö-

Ernährungssicherheit und Energie

Auf den Teller oder in den Tank?Durch den Energiepflanzenanbau verschärfen sich die Konflikte um natürliche Ressourcen wie Boden und Wasser. In der Studie „Energie vom Acker – Wie viel Bioenergie verträgt die Erde?“ des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) und Brot für die Welt werden die Potentiale und Risiken von Agrartreibstoffen untersucht. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Rechten von Betroffenen in den Ländern des Südens, wie Kleinbauern, Nomaden und Indigenen. Der Artikel ist ein Ausschnitt aus dieser Studie.

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das in Staaten, in denen bereits heute ein hoher Anteil der Bevölkerung chronisch unterernährt ist.

Der Boom bei nachwachsenden Roh-stoffen für die Agrotreibstoff-Produktion könnte natürlich auch die Einkommen einer bäuerlichen Familienlandwirtschaft stärken. Die höheren Lebensmittelpreise könnten weltweit ein Signal an die Bau-ern sein, wieder vermehrt zu investieren und zu produzieren. Geschwindigkeit und Volumen des Marktwachstums sind derzeit jedoch so hoch, dass der inter-nationale Agrotreibstoff-Markt von der großlandwirtschaftlichen Produktion beherrscht wird. Wenn kleinbäuerliche Betriebe in Zukunft von den steigenden Agrarpreisen profitieren könnten, hätte das positive Wirkungen für die ländlichen Räume. Doch dazu müsste zum einen die Produktion von Agrotreibstoffen als Ergänzung zum Nahrungsmittelanbau in die kleinbäuerlichen Betriebe integriert werden, und zum anderen müssten welt-weit einheitliche soziale und ökologische Mindeststandards verbindlich gelten.

Außerdem fordert die FAO (2008), dass in den ländlichen Räumen vieler Entwicklungsländer große Investitionen in die Infrastruktur, Agrarberatung und Agrarforschung getätigt werden müssten. Zusätzlich müssten international die ge-samten Subventionen, staatlich festge-legten Beimischungsquoten und Handels-barrieren von Agrotreibstoffen in Bezug auf ihre sozialen, ökonomischen und ökologischen Wirkungen sehr kritisch überprüft werden. Zurzeit benachteiligt die Subventionspolitik die Marktchancen der Entwicklungsländer massiv. Bei der Überprüfung sollte der Fokus bei den Bedürfnissen der ärmsten und unter Er-nährungsrisiken leidenden Bevölkerungs-gruppen liegen.

Die vollständige Studie ist im Internet ab-rufbar unter: http://www.eed.de//fix/files/doc/EED_090213_Energie_vom_Acker.pdf

hen. Deshalb ist davon auszugehen, dass auch der Erdölpreis noch weiter steigen wird. Zumal das Angebot an Erdöl auf-grund politischer Instabilitäten und teurer werdender Erschließungskosten mit der Nachfrage nicht Schritt halten kann. Di-es erhöht auch die Attraktivität von Agro-treibstoffen. Statt Grundnahrungsmittel werden mehr Agrotreibstoffe angebaut, die Folge sind steigende Weltmarktpreise für Grundnahrungsmittel. Da Nahrungs- und Kraftstoffpflanzen um dieselbe Anbaufläche konkurrieren, können um-gekehrt auch steigende Nahrungsmittel-preise die Preise für Agrotreibstoffe in die Höhe schnellen lassen. Diese Preisspirale nach oben trifft besonders diejenigen Ent-wicklungsländer hart, die Nahrungsmit-tel und Erdöl importieren müssen. Nach Angaben der Welternährungsorganisati-on FAO sind die meisten der 82 armen Netto-Nahrungsmittelimportländer auch Netto-Ölimporteure.

Die TortillakriseAber es kann auch Ölexportländer tref-fen, wie die Tortillakrise in Mexiko zeigt. Ausgelöst durch die starke Nachfrage nach Mais für die Produktion von Etha-nol stieg im letzten Jahr in den USA der Maispreis um 50 Prozent. Innerhalb we-

niger Monate führte dies auch in Mexi-ko, das 80 Prozent seines Maises aus den USA importiert, zu einem Preisanstieg von 42 Prozent für Tortillas. Die dünnen Maisfladen sind für die armen Bevölke-rungsschichten in Mexiko das Hauptnah-rungsmittel.

Für die armen Haushalte, die heute schon 50 bis 80 Prozent ihres Einkom-mens für Nahrungsmittel ausgeben, wer-den durch solche Preisexplosionen selbst Grundnahrungsmittel unerschwinglich, der Hunger steigt. Das Internationale Forschungsinstitut für Ernährungspolitik IFPRI hat 2008 verschiedene Szenarien dazu entwickelt, wie der Agrotreibstoff-boom die Nahrungsmittelpreise be-einflusst. Bei einer Fortschreibung der heutigen staatlichen Expansionspläne für Agrotreibstoffe würden die Preise für Öl-saaten um 18 Prozent und für Mais um 26 Prozent bis 2020 gegenüber 2007 steigen. Für Maniok, in Afrika das wich-tigste Grundnahrungsmittel für über 200 Millionen arme Menschen, werden bis 2010 Preissteigerungen von 33 und bis 2020 sogar von 135 Prozent prognosti-ziert. Diese Preissteigerungen würden für die ärmsten Bevölkerungsgruppen ei-ne Verschlechterung der Versorgung mit Kalorien und Nährstoffen bewirken. Und

Hier landet der Mais nicht im Tank, sondern verschafft der Produzentin ein kleines Einkommen

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Ernährungssicherheit oder Agrarkolonialismus?

Landnahme in Afrika

Ernährungssicherheit oder Agrarkolonialismus?

Von Uwe Hoering

Großeinkauf von Land 1

Erst war es die Energiekrise und der Run auf Agrartreibstoff, jetzt die Preis-ent-wicklungen bei Nahrungsmitteln, die da-zu führen, dass zahlreiche Unternehmen, Investmentfirmen und Pensionsfonds die Landwirtschaft entdeckt haben. Nach einem Bericht der Financial Times plant die Al-Quadra Holding, eine Investment-firma mit Sitz in Abu Dhabi, bis Ende dieses Jahres 400.000 Hektar Land in Afrika und Asien zu kaufen. Das britische Unternehmen Cru Investment Manage-ment handelt mit privaten Investitionen in die Landwirtschaft in Afrika und ver-spricht Erträge von 30-40 Prozent, das

US-Unternehmen BlackRock legte einen Hedgefonds Landwirtschaft auf. Der schillerndste Fall ist das Abkommen des US-amerikanischen Investmentbankers Philippe Heilberg mit Paulino Matip, einem Warlord im Südsudan, über 4.000 km2 Land – ein Deal, der an die koloniale Landnahme in Afrika erinnert.

Wegbereiter für private Investoren sind vielfach die nationalen Regierungen, die durch den Aufbau einer Off-shore- Nahrungsmittelproduktion die „Ernäh-rungssicherheit“ verbessern wollen. Die Liste der Länder, die über bilaterale Vereinbarungen, Investitionsabkommen, Freihandelsvereinbarungen und Ent-

wicklungszusammenarbeit Investitionen in Agrarprojekte vorantreiben, reicht von Japan, Korea und China über Indien und die Golfstaaten bis Libyen, das sich in der Ukraine im Gegenzug für einen Lieferver-trag für Erdöl und Erdgas 247.000 Hek-tar Land sicherte. Nach den spekulativen Preis-Turbulenzen auf dem Weltmarkt haben sie das Vertrauen in den Markt verloren. Anstatt von Agrarhandel und Spekulanten abhängig zu sein, wollen sie die Produktion kontrollieren und damit ihre Importe sichern.

China zum Beispiel, das offiziell eine Politik der Ernährungssicherung aus ei-gener Kraft verfolgt, kann bislang seinen Bedarf an Grundnahrungsmitteln noch weitgehend selbst decken. Doch die Grenzen der Land- und Wasserressour-cen zeichnen sich immer deutlicher ab. Chinesische Unternehmen produzieren bereits in zahlreichen Ländern Asiens Reis, Fisch, Soja oder Zuckerrohr – u.a. in Burma, Laos und den Philippinen. Ein Plan der Regierung in Beijing vom vergangenen Sommer, Investoren beim Landerwerb in Afrika und Lateinamerika zu unterstützen, liegt zwar vorerst wie-der auf Eis. Mehrere tausend chinesische Siedler in Nigeria, Kenia, Sudan und Sam-bia bilden aber eine Vorhut für mögliche weitere Projekte.

bereitwillige regierungen vor ortZahlreiche Golfstaaten haben begonnen, auf der anderen Seite des Roten Meeres

Um die nationale Nahrungsmittelversorgung zu sichern, setzen Regierungen und privateUnternehmen, vor allem aus Asien und den Golfstaaten, zunehmend auf neue großeAgrarprojekte in anderen Ländern. Hintergrund dieser Landnahme, die durch internationa-le Finanzinstitutionen gefördert wird, sind zum einen die Preisschocks bei Grundnahrungs-mitteln, zum anderen die Suche von Investoren nach neuen profitabler Anlagemöglich-keiten.

Kleinbäuerlicher Anbau sichert die Versorgung mit Nahrungsmitteln

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nach Land für Viehzucht, Viehfutter und Nahrungsmittel wie Bohnen, Mais und Kartoffeln Ausschau zu halten, bevor-zugt im Sudan. Sie sind weitgehend auf den Import preiswerter Nahrungsmittel angewiesen, um ihre zahlreichen Ar-beitsmigranten zu versorgen, während ihre Ölreserven absehbar zur Neige ge-hen. Auch Indien, dessen Agrarproduk-tion nur noch langsam wächst, ist an der Landnahme jenseits der eigenen Grenzen beteiligt, wie z.B. in Burma, wo indische Unternehmen mit Regierungsunterstüt-zung Land pachten. Die Regierung plant, verstärkt Ölsaaten, Hülsenfrüchte und Baumwolle im Ausland anbauen zu las-sen. Eine bevorzugte Destination ist Afri-ka, das zu den Regionen mit erheblichen Landreserven gehört, zum Beispiel in Sambia, der DR Kongo und Mosambik. Nach Angaben der FAO sind gegenwärtig lediglich 14 Prozent der nutzbaren land-wirtschaftlichen Fläche bebaut. Zudem ist die Produktivität in vielen Bereichen aufgrund der jahrzehntelangen Vernach-lässigung der kleinbäuerlichen Betriebe gering. Die Getreideerträge liegen 40 Prozent niedriger als in anderen Entwick-lungsländern. Zu den Zielländern gehö-ren aber auch Brasilien, Kambodscha, Pakistan und Burma, oft Länder, die be-reits jetzt ihre Bevölkerung nicht selbst ernähren können oder wo Land bereits knapp ist und intensiv genutzt wird, wie auf den Philippinen.

Viele „Empfängerregierungen“ sind nur zu glücklich über das neue Interes-se ausländischer Investoren. So erklärte Äthiopiens Präsident Meles Zenawi, seine Regierung sei „sehr daran interessiert“, hunderttausende Hektar Agrarland für die Versorgung von Ländern im Mittle-ren Osten bereit zu stellen. Ebenso bietet Kambodscha, wie Äthiopien ein Land, das auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen ist, seine Reisfelder Katar und Kuwait an. Die Projekte versprechen Investitionen in die marode Infrastruktur, Beschäfti-gung, gelegentlich auch Schulen und Krankenstationen. Zudem stabilisieren sie diktatorische Regierungen wie in Burma oder im Sudan ökonomisch und politisch. Das Interesse von Regierungen und Investoren trifft sich mit der Strategie der Weltbank und ihrer Tochter, der Inter-national Finance Corporation (IFC), die

bereits seit einigen Jahren der landwirt-schaftlichen Entwicklung wieder größere Bedeutung zurechnen. Ihr Beitrag zur privaten Investitionsförderung besteht u.a. im Ausbau der Infrastruktur und der Herstellung von günstigen Rahmenbe-dingungen, etwa durch die Reform von Eigentumsrechten und den Abbau von Handelshindernissen.

Agrobusiness: Welcher Entwicklungsbeitrag?Ohne Frage sind Investitionen in die Landwirtschaft und in ländliche Räume notwendig. Es besteht ein erhebliches Po-tenzial, um Produktion, Produktivität und Einkommen aus der Landwirtschaft zu steigern. Doch um Ernährungsunsicher-heit, Armut und ökologische Schäden zu verringern, müssten vorrangig die klein-bäuerliche Landwirtschaft und der Anbau von Grundnahrungsmitteln für die eigene Versorgung verbessert werden.

Anstatt einen Beitrag zu dieser Ent-wicklung zu leisten, beschleunigen die neuen Agrarprojekte eine Umstrukturie-rung der Landwirtschaft, die die klein-bäuerliche Landwirtschaft weiter margi-nalisiert. So wären Indiens Kleinbauern, die Ölsaaten, Hülsenfrüchte und Baum-wolle als Cash Crops anbauen, durch eine Verlagerung des Anbaus ins Ausland betroffen. Ein großer Teil des Landes, das Regierungen als „ungenutzt“ erklären, wird vielfältig für marginale Landwirt-schaft, als Weide oder die Versorgung mit Brennholz genutzt, aber eben ohne gesicherte Landnutzungsrechte. Die neue Landnahme wird daher zu einer weit rei-chenden Vertreibung von Hirten, Samm-lerinnen und Subsistenzlandwirtschaft führen. Markt orientierte Landreformen, wie sie die Weltbank vorantreibt, spie-len den Investoren in die Hände, treiben

die Konzentration von Land voran und unterminieren alle Versuche, gerechte Agrarreformen und Landumverteilung zugunsten kleinbäuerlicher Betriebe umzusetzen. Zudem droht eine weitere Abholzung der verbliebenen Wälder. Mit dem Agrobusiness kommen Hochertrags-sorten und Gentechnologie, Agrarche-mie, Mechanisierung und Monokulturen, aber nur wenige Arbeitsplätze, um die verdrängten Kleinbauern aufzufangen. Die Export orientierung für die Ernäh-rungssicherung in den wohlhabenderen Ländern geht auf Kosten der Länder, die bereits Nahrungsmittelimporteure oder gar Nahrungsmittelhilfe-Empfänger sind. Angesichts lückenhafter Informati-on ist es schwierig, das gesamte Ausmaß dieser Entwicklung zu erfassen. Klar ist allerdings, dass sie Ziele wie Ernährungs-sicherung und landwirtschaftliche Ent-wicklung, mit denen Regierungen und internationale Finanzinstitutionen ihre Agrarpolitik als Beitrag zur Armutsmin-derung und Förderung kleinbäuerlicher Landwirtschaft legitimieren, in ihr Ge-genteil verkehrt.

1 Seized. The 2008 land grab for food and financial security, GRAIN Briefing, 11 pp, Barcelona, October 2008 (www.grain.org/go/landgrab)

Uwe Hoering ist Journalist und veröffent-licht auf seiner Webseite www.globe-spot-ting.de Artikel, Reportagen und Analysen v.a. zu den Themen Agrarkolonialismus, Alternativen in der Landwirtschaft und Privatisierungen am Beispiel Wasser.

Der Artikel ist ein Nachdruck und ist am 21.01.2009 erstmals im Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung (W&E), Nr. 2/2009 (www.weltwirtschaft-und-ent-wicklung.org), erschienen.

„Ungenutztes“ Land wird zum Spekulationsobjekt von Energiekonzernen

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Bioenergie in AfrikaBioenergie in Afrika

gehen kann, zeigt das Beispiel von Han-dy, Computer oder Internet. Warum set-zen sich die heute längst auch in vielen Entwicklungsländern produzierten Tech-nologien erneuerbarer Energien so lang-sam durch, selbst in wirtschaftlich weiter entwickelten Ländern wie Südafrika? Oft sind es die politischen und wirtschaft-lichen Rahmenbedingungen, die die Ei-geninitiative von Bürgern, Bauern und Unternehmen gleichermaßen lähmen: Regierungen und staatliche Energiemono-polisten haben kein Interesse daran, dass sich an diesen zentralistischen Strukturen etwas ändert und aus Energie-Kunden auch Energie-Produzenten werden. Dies scheint offenbar ein in Industrie- wie Ent-wicklungsländern verbreitetes Phänomen zu sein.

In Afrika sterben mehr Menschen an Rauchvergiftungen durch die Ver-brennung traditioneller Biomasse als an Aids – mehr als eine halbe Million jähr-lich. Trotzdem wird dagegen kaum etwas getan, auch ein Aufschrei der Weltöffent-lichkeit findet nicht statt. Der Zugang zu modernen Energiedienstleistungen nimmt in vielen Ländern Afrikas sogar seit einigen Jahren ab, und dies von einem meist niedrigen Niveau: Nicht einmal 20 Prozent der Bevölkerung Afrikas südlich der Sahara hat Zugang zu Strom, mit sin-kender Tendenz – in Mosambik liegt die Quote noch deutlich niedriger. In Krisen-ländern wie Sierra Leone, Kongo, Tschad

Kleinbauern ohne Landrechtstitel werden von fruchtbarem Acker-land verdrängt, begünstigt von

einer korrupten Regierung reißen sich ausländische Konzerne das Land unter den Nagel, legen Energiepflanzen-Mono-kulturen an und exportieren dann Biot-reibstoffe für europäische oder amerika-nische Spritschluckerautos. Wahlweise kann das fruchtbare Ackerland und die Kleinbauern auch durch Regenwald und Orang Utans ersetzt werden. Für Jean Ziegler, ehemals UN-Sonderberichterstat-ter für das Recht auf Nahrung, sind Bio-kraftstoffe daher ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.

Die heftig geführte Debatte um „Tank oder Teller“ spitzt sich in solchen Zerrbil-dern zu – wobei es solche Phänomene durchaus gibt, übrigens keineswegs nur für Energiepflanzen, sondern für Cash Crops aller Art. Aber es ist eine euro-päische Debatte, überwiegend geführt von Europäern für eine europäische Öf-fentlichkeit: So richtig die Kritik an un-durchdachten Biokraftstoffgesetzen ist, so wenig kommt in diesen Diskussionen die Frage vor, wie eigentlich eine sinnvolle Bioenergienutzung etwa in Afrika ausse-hen kann.

Eine moderne Energieversorgung ist notwendigTraditionelle Biomasse stellt in Afrika nach wie vor den Hauptenergieträger (70-90 Prozent). Weil diese vor allem in Form von Brennholz und Holzkohle inzwischen deutlich intensiver genutzt wird als sie nachwachsen kann, ist dieser Energieträ-ger heute nur noch bedingt erneuerbar. Der energiepolitische Status Quo in Afri-ka erfüllt praktisch kein einziges Nach-haltigkeitskriterium, weder ökologisch noch sozial noch ökonomisch. Die Kosten importierter fossiler Brennstoffe als Alter-native zu traditioneller Biomasse drohen für die meisten afrikanischen Länder zu einer enormen wirtschaftlichen Belastung zu werden. Als heimische Energiequellen kommen für die Mehrzahl der Länder, Ausnahmen sind Ölstaaten wie Nigeria, Angola u.a., nur die erneuerbaren Ener-gien in Frage.

Vor diesem Tatsachenhintergrund wird die doppelte Notwendigkeit für die allermeisten afrikanischen Länder deut-lich, die Grundlagen für eine moderne Energieversorgung zu legen. Sowohl die traditionelle Biomasse als auch im-portierte fossile Energieträger müssen ersetzt werden. Wie rasch auch in armen Ländern Technologietransfer vonstatten

Solarstrom kann ein Lichtblick sein

Moderne Energieversorgung – Afrikas doppelte Herausforderung

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Die afrikanischen Länder stehen vor der Aufgabe, eine mo-derne Energieversorgung aufzubauen. Notwendig ist, den Zugang der Bevölkerung zu Energie zu verbessern, negati-ve ökologische Auswirkungen zu reduzieren und die lokale Wirtschaft zu fördern. Den erneuerbaren Energien kommt dabei eine zentrale Rolle zu, denn sowohl die traditionelle Biomasse als auch importierte fossile Energieträger müssen ersetzt werden. Der Autor benennt beispielhaft Potentiale und Technologien, aber weist auch daraufhin, dass die Energiewende nicht gelingen wird, solange die afrika-nischen Regierungen an ihrer bisherigen Energiepolitik festhalten. Es braucht mehr dezentrale Strukturen und sta-bile Rahmenbedingungen, damit der Anteil erneuerbarer Energien zunimmt.

Von Jürgen Maier

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ging der Pro-Kopf-Stromverbrauch in den letzten Jahren um bis zu 50 Prozent zu-rück, aber selbst in stabilen Ländern wie Ghana (– 22 Prozent) machen unterlas-sene Instandhaltungs-Investitionen das Stromnetz immer unzuverlässiger.

Technologien vorhanden – Konzepte fehlenAuf dem Vormarsch ist insbesondere in Städten heute stattdessen die Holzkoh-le als Energiequelle – mit verheerenden Folgen nicht nur für den Waldbestand, sondern auch für die Luftqualität in den Städten. Aber die Politik der afrikanischen Staaten geht an diesen Problemen über-wiegend vorbei. Haushaltsenergie – ins-besondere für die Armen – taucht in den Staatsbudgets kaum auf, ganz im Gegensatz zu Erdöl, Benzin, Preissub-ventionen für Benzin oder Ausgaben für die Stromerzeugung für die Städte. Völlig ignoriert werden Biogastechnologien, obwohl sie gleich mehrere Problem auf einmal lösen könnten: Sie können nicht nur Energieträger aus lokal vorhandenem Biomasse-Material bereitstellen, sondern auch die sanitäre Situation verbessern, hochwertige Düngemittel erzeugen und die Nachfrage nach Brennholz und Holz-kohle verringern – und natürlich Rauch-vergiftungen reduzieren.

Selbst unterhalb der Ebene neuer Technologien kann viel getan werden. Schon verbesserte Brennholz-Öfen könnten sehr viel voranbringen: Projekte wie das kenianische JIKO-Keramiköfen-Programm blieben jedoch bisher isolierte Einzelprojekte. Diese Öfen steigern die Energieeffizienz dramatisch bis zum Vier-fachen eines offenen Feuers, was dem-entsprechend den Brennholz- bzw Holz-kohlebedarf verringert. Die Kosten eines solchen Ofens von zwei Dollar sind auch für Arme erschwinglich. Dennoch haben diese Öfen selbst in Kenia nur Marktan-teile von 50 Prozent. Für die effizientere Nutzung traditioneller Biomasse ebenso wie die Einführung neuer Bioenergietech-nologien braucht man weder Patentrechte noch langwierige Verhandlungen in den Vereinten Nationen, sondern lediglich die richtigen Rahmenbedingungen im Land und Initiativen einiger wichtiger Akteure, vergleichbar den globalen Partnerschaften gegen Aids oder Malaria. Immerhin ist die GTZ bereits mit einem derartigen Pro-gramm seit Jahren aktiv.

Auch flüssige Bioenergie muss nicht grundsätzlich des Teufels sein. Obwohl die Anwendung von Pflanzenöl als Ener-gieträger unzweifelhaft positive Beiträge zur ländlichen Entwicklung leisten kann, fehlen in Afrika fast flächendeckend poli-tische Ansätze, dies voranzutreiben. Re-gierungen sehen in Kleinbauern allenfalls Lieferanten von Rohstoff für Großanla-gen. Es spielt eigentlich keine Rolle, ob großflächige Biokraftstoffplantagen von ausländischen oder einheimischen Inve-storen realisiert werden. Für die ländliche Entwicklung bringen sie mehr Probleme als Nutzen, sie folgen dem üblichen Sche-ma anderer Cash Crops.

Potentiale für ländliche Entwicklung besser nutzenNur wenn man Pflanzenöle, etwa aus der Jatropha-Pflanze, auch in lokalen Ge-meinschaften einsetzen kann, können sie ihren potenziellen Beitrag zur ländlichen Entwicklung leisten. Sie können nicht nur ländliche Elektrifizierung voranbrin-gen (unabhängig davon, ob der staatliche Strommonopolist eines fernen Tages den Ort ans Netz anschließt), sie können auch Import-Diesel als Treibstoff ersetzen. In Mali und Tansania gibt es gute Beispiele für den Einsatz von Jatropha-Öl auf dem Land. Die Destillation von Ethanol aus Zuckerrohr ist für die Stromerzeugung weniger relevant, aber ein Land wie Mo-sambik muss sich in der Tat die Frage stel-len, ob es mit im Land erzeugtem Ethanol nicht Importbenzin ersetzen kann. Für eine groß angelegte Erdöl-Substituti-onsstrategie ist es allerdings fraglich, ob Kleinbauern allein ausreichende Mengen Pflanzenöle oder Ethanol liefern könnten. Sobald größere Mengen auf den Markt

kommen, werden sie potenziell eher exportiert, wenn ausländische Kunden mehr zahlen. Volkswirtschaftlich macht es allerdings wenig Sinn, mit dem Export von Ethanol Geld zu verdienen, um den Import von Erdöl bezahlen zu können. Aber es stabilisiert zentralistische Struk-turen. Der größte Jatropha-Öl-Produzent Tansanias hat letztes Jahr seine gesamte Produktion wegen der unklaren Rechts-lage exportiert. Seit 6 Jahren arbeitet die Regierung angeblich an einem Biokraft-stoffgesetz, aber es geht nicht voran. Das Land importiert übrigens 100 Prozent seines Diesel- und Benzinbedarfs.

Wer Afrikas Energieversorgung vo-ranbringen will, muss sich nicht nur um technische Lösungen bemühen, sondern die politische Ökonomie des Energiesek-tors ändern, um die lähmende Wirkung zentralistischer Gesetze und Energiemo-nopolisten zu überwinden. Weder gigan-tische Solarprojekte in der Sahara noch französische Atomkraftwerke, weder zusätzliche von der Weltbank finanzierte Kohlekraftwerke noch flächendeckende Biokraftstoffplantagen werden Afrikas Entwicklung voranbringen – da sie über-wiegend das Planungs- und Ankündi-gungsstadium nie verlassen werden, ste-hen sie ihr aber auch nicht wirklich im Weg. Weitaus weniger spektakulär, aber offenbar durchaus nicht einfach umzuset-zen ist die dezentrale Nutzung moderner Bioenergie und anderer erneuerbarer Energien. Es würden andere Leute daran verdienen als an den heutigen energie-wirtschaftlichen Strukturen. Dies wäre ein Vorteil, ist aber auch ein zentraler Hinderungsgrund für die Umsetzung.

Jürgen Maier ist Geschäftsführer des Forum Umwelt & Entwicklung in Berlin.

Durch seine einfache Herstellung kann Jatropha-Öl auch im ländlichen Raum genutzt werden

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Der Autor der Studie, Ewah Eleri von der nigerianischen NGO ICEED (International Centre for

Energy, Environment and Development – www.iceednigeria.org), stellte beim Symposium die Ergebnisse selbst vor. Eleri ist auch Hauptautor von Nigerias amtlicher Renewable Energy Strategy. Die Studie benennt beispielhaft einige Fakten zur Energiearmut und Energienutzung in Afrika südlich der Sahara.

• InAfrikasterbenmehrMenschenanRauchvergiftungen durch die Verbren-nung traditioneller Biomasse als an Aids – mehr als eine halbe Million jährlich.

• Der Zugang zu modernen Energie-dienstleistungen nimmt in vielen Ländern Afrikas seit einigen Jahren, ausgehend von einem niedrigen Ni-veau, ab. Nicht einmal 20 Prozent der Bevölkerung hat Zugang zu Strom, Tendenz sinkend.

• In Krisenländern wie Sierra Leone,Kongo, Tschad ging der Pro-Kopf-Stromverbrauch in den letzten Jahren um bis zu 50 Prozent zurück. Auch stabile Länder wie Ghana haben Rück-gänge (-22 Prozent) aufgrund unterlas-sener Instandhaltungs-Investitionen.

• HolzkohlealsEnergiequellegewinntinden Städten an Bedeutung, der Druck auf die Entwaldung steigt und die Luft-qualität in den Städten sinkt.

• Haushaltsenergie – insbesondere fürdie Armen – taucht in den Staatshaus-halten kaum auf, ganz im Gegensatz zu Erdöl, Benzin, Preissubventionen für Benzin oder Ausgaben für die Strom-erzeugung für die Städte.

• Die Energiepolitik der Regierungenvernachlässigt Biogastechnologien, obwohl diese mehrere Vorteile haben: Energieträger aus lokal vorhandenem Biomasse-Material, Verbesserung der sanitären Situation, Erzeugung von hochwertigen Düngemitteln, verrin-gerte Nachfrage nach Brennholz und Holzkohle, Reduktion von Rauchver-giftungen.

Ansätze für eine Reform des EnergiesektorsDie Energiepolitik braucht grundlegende Reformen und eine armutsorientierte Ausrichtung. Die Studie konstatiert eine dominante Rolle schwerfälliger, zentralis-tischer Staatsmonopole im Energiesektor, die auf fossile Brennstoffe fokussiert sind und Entwicklung eher behindern als för-dern. Daher kann eine Reform von Afri-kas Energieversorgung sich nicht nur um technische Lösungen bemühen, sondern muss auch die politische Ökonomie des Energiesektors ändern. Dazu gehören die Verlagerung von Entscheidungen auf die lokale Ebene, eine gerechtere Verteilung

Armutsbekämpfung, Energiepolitik und globale Erwärmung

Afrikas Energieprobleme neu beleuchtetAfrikas Energieprobleme neu beleuchtet

Zusammengefasst von Richard Brand

„Rethinking Biomass Energy in Subsahara Africa“ lautet der Titel einer Studie und eben-falls eines Symposiums. Am 25. August 2009 hatten das Forum Umwelt & Entwicklung und VENRO eingeladen, um über afrikanische Energiepolitik zu diskutieren. Mehr als 60 Per-sonen nahmen am Symposium teil. Der folgende Beitrag stellt die wichtigsten Ergebnisse der Studie vor. Die Studie und weitere Beiträge des Symposiums finden sich unter www.afrikas-perspektive.de

Solarenergie als Beitrag zur Armutsbekämpfung

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der Energieausgaben auf Menschen und Regionen, eine transparente und jährliche Überprüfung der staatlichen Energieaus-gaben sowie eine stärkere Förderung von effizienten Biomasse-Technologien.Es braucht eindeutige und überprüfbare ökologische und soziale Nachhaltigkeits-kriterien für Investitionen im Bereich Biotreibstoffe, damit es nicht zu einer Verdrängung der kleinbäuerlichen Pro-duktion und sozialer Verarmung durch Biokraftstoffplantagen kommt. Die An-wendung von Pflanzenöl als Energie-träger bringt bei entsprechender Gestal-tung positive Beiträge zur ländlichen Entwicklung. Dafür braucht es aber flächendeckend politische Ansätze, dies voranzutreiben.

Zusätzliche finanzielle Ressourcen müssen in die Förderung von sauberen Energien fließen. Internationale Unter-stützung allein ist nicht ausreichend, son-dern es braucht auch finanzielle Reformen im Finanzsektor der Länder, damit mehr Mittel in Form von Krediten fließen. Der Ausbau von Mikrofinanzierungssystemen ist von hoher Bedeutung, damit Bioener-gie zur ländlichen Entwicklung beiträgt.

Projekt: Afrikas Perspektive – Europas Politik

Im Dezember 2007 einigten sich die Staats- und Regierungschefs Afri-kas und der Europäischen Union in Lissabon auf die Umsetzung einer gemeinsamen Afrika-EU-Strategie. In der Strategie werden insbesondere die Zivilgesellschaften in Afrika und Euro-pa als Akteure genannt. In der Praxis allerdings ist die Zivilgesellschaft bis-her nur unzureichend an der Umset-zung der Strategie beteiligt. Dies gilt vor allem für die Zivilgesellschaft in Afrika.

Der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisati-onen (VENRO) hat ein Projekt gestar-tet, in dem die afrikanisch-europäische Partnerschaft kritisch und konstruktiv begleitet und Chancen sowie auch Schwierigkeiten aufgezeigt werden sollen. Die VENRO-Mitglieder erar-beiten zusammen mit ihren afrika-nischen Partnern zivilgesellschaftliche Sichtweisen. Ziel ist es, die zivilgesell-schaftlichen Netzwerke zu stärken und ein öffentliches Bewusstsein für die Strategie zu erzeugen.

Im Mittelpunkt stehen die Themen Energie und Klima, regionale Integra-tion und Handel sowie Gender. 2009 und 2010 gibt es verschiedene Veran-staltungen zur Begleitung der Afrika-EU-Partnerschaft. Die Workshops und Konferenzen, die in Deutschland und Afrika stattfinden, erwarten Teilneh-mer von beiden Kontinenten.

VENRO gibt im Rahmen des Pro-jektes einen monatlichen Newsletter heraus, informiert durch Presseinfor-mationen zu Veranstaltungen und über die aktuellen Entwicklungen der Partnerschaft, erstellt Diskussions- und Positionspapiere. Der Newslet-ter kann über die Website abonniert und Publikationen können kostenfrei heruntergeladen werden. Website: www.afrikas-perspektive.de

Rolle der Entwicklungs zusammenarbeitAngesichts wachsender Verarmung in Afrika und der Auswirkungen der globa-len Erwärmung gewinnt der Zugang zu und Ausbau von nachhaltiger Energie weiter an Bedeutung. Die Millenniums- entwicklungsziele lassen sich ohne bes-sere Energieversorgung nicht erreichen. Die Studie fordert daher einen massiven Ausbau der bi- und multilateralen Koo-perationen in diesem Bereich und eine Erhöhung der Finanzmittel.

Ein Schwerpunkt sollte darauf gelegt werden, dass vorhandene und bewährte Technologien (z.B. Energiesparöfen) in größerem Ausmaß produziert, verkauft und angewendet werden. Vorausset-zungen dafür sind die Ausweitung von Produktionskapazitäten, die Erhöhung von Qualitätsstandards, die Verbesserung der Distribution und der Ausbau der An-gebote des Finanzsektors.

Die internationale Gemeinschaft und die Industrieländer werden aufgefordert, ökologische und soziale Mindeststandards für die Produktion und Nutzung von Bio-kraftstoffen festzulegen und diese Stan-dards auch gegenüber multinationalen Konzernen durchzusetzen.

Rauchvergiftungen durch Kochen mit Biomasse sind ein großes Problem

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Agrartreibstoffe als Chance?

„Mosambik ist ein ener-giereiches Land, dessen Ressourcen derzeit unzu-

reichend genutzt oder exportiert werden, ohne dass die Bürger des Landes einen Nutzen davon haben. Diese Situation will die mosambikanische Regierung ändern.“ Mit diesen Worten eröffnete Vizeenergie-minister Jaime Himede im vergangenen Jahr einen Vortrag vor der Weltbank in Washington. Mosambik ist auf der Suche nach Investoren und Gebern, die das ehr-geizige Vorhaben der Regierung, in Afrika Vorreiter für die Produktion von Bioener-gie zu werden, unterstützen wollen.

Die Regierung verfolgt mit dem Aus-bau der Agrartreibstoffnutzung mehrere Ziele: Sie will ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren und energieunabhängiger werden. Auch der Zahlungsbilanz würde es gut tun, wenn weniger Geld für Öl ausgegeben würde, besonders weil sich dieser Rohstoff lang-fristig eher noch weiter verteuern wird. Durch den Anbau von Agrartreibstoffen sollen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und in der weiterverarbeitenden Indus-trie entstehen und so Einkommen in den ländlichen Gebieten generieren, wo die Armut besonders groß ist. Als Absatz-märkte werden lokale Märkte, regionale Märkte und vor allem die Märkte des Nordens ins Auge gefasst.

Mosambiks Regierung führt an, dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Produktion von Agrartreibstoffen erfüllt seien: Das Land verfüge über Millionen Hektar Land, die derzeit nicht oder kaum produktiv genutzt würden. Auch Wasser sei im Überfluss vorhanden. Viele ganz-

jährig wasserführende Flüsse durchziehen das Land. Diese Ressourcen, zusammen mit günstigen klimatischen Bedingungen, sollen Unternehmen anziehen, die in großem Stil in Agrartreibstoffe investie-ren. Aber auch kleinbäuerliche Betriebe sollen ermutigt werden, Pflanzen für die Produktion von Agrartreibstoffen anzu-bauen, um so ein höheres Einkommen zu erzielen.

Damit entwirft die Regierung ein durchaus positives Szenario. Trotz dieser vielen positiven Aspekte räumt die Regie-rung allerdings ein, dass mit dem Ausbau von Agrartreibstoffen durchaus auch He-rausforderungen verbunden seien: Wie kann sichergestellt werden, dass die zuge-teilten Flächen tatsächlich für den Anbau

von Energiepflanzen genutzt werden? Wie kann man eine Balance finden zwi-schen dem Anbau von Agrartreibstoffen und der Nahrungsmittelproduktion? Wie Nahrungsmittelknappheit durch Flächen-konkurrenz vermeiden? Wie kann die Vergabe großer Flächen bewerkstelligt werden? Wie kann sichergestellt werden, dass auch kleinere und mittlere Bauern und Bäuerinnen Zugang zu den erforder-lichen Produktionsmitteln haben? Viele Fragen sind bislang noch unbeantwortet.

Die Regierung Mosambiks versucht erst einmal günstige Rahmenbedingungen zu schaffen: Im März diesen Jahres wurde eine „nationale Strategie für Agrartreib-stoffe“ („National Policy and Strategy for Biofuels“) vom Parlament verabschie-

Mosambiks Regierung setzt vor allem auf Großprojekte

Die mosambikanische Regierung ist davon überzeugt, dass Agrartreibstoffe dem Land Ar-beitsplätze und Einkommen aus Exporten verschaffen werden. Außerdem könnten sie die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern. Aus diesen Gründen hat die Regierung in diesem Jahr einen nationalen Strategieplan für Agrartreibstoffe beschlossen. Damit soll der Anbau von Energiepflanzen gefördert werden.

Von Andrea Queiroz de Souza

Großflächiger Anbau von Jatropha in Mosambik

Agrartreibstoffe als Chance?

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det. Diese gibt Richtlinien vor, die einen Rahmen für öffentliches und privates Engagement im Agrartreibstoffbereich darstellen.

Wichtiger Baustein der Strategie ist die Förderung von großen Projekten. Kürzlich sind drei exportorientierte Großprojekte im Süden, Zentrum und Norden des Landes genehmigt worden. Um die Inlandsnachfrage zu stimulieren plant die Regierung die Einführung einer Beimischungsquote von Agrartreibstoffen zu Benzin und Diesel von 15 Prozent in-nerhalb der nächsten fünf Jahre. Zudem beschloss das Parlament einen nationalen Bioenergiebeirat zu berufen, der die Um-setzung der Politik begleiten soll.

Um von anderen Erfahrungen zu profitieren, hat Mosambik mehrere Kooperationsabkommen mit anderen Regierungen und mit Unternehmen ab-geschlossen. Hierbei spielt besonders Brasilien, einer der größten Produzenten von Agrartreibstoffen, eine wichtige Rol-le. Auch Deutschland engagiert sich; im Jahr 2007 wurde ein Kooperationsvorha-ben im Bereich Biogasforschung mit der Universität Hohenheim initiiert. Diese Vereinbarungen sichern Mosambik einen Vorsprung vor anderen afrikanischen Län-dern, die sich erst seit Kurzem mit dem Thema Agrartreibstoffe auseinanderset-zen.

Investitionen in Bioenergieprojekte in Mosambik haben einige Vorteile ge-genüber anderen Ländern, da Exporte nach Europa und in die USA aufgrund von speziellen Programmen, wie der „Everything but Arms“-Initiative der EU und des „African Growth Opportunity Acts“ der USA zollfrei sind oder mit nie-drigeren Zöllen belegt werden als Exporte aus Ländern, die nicht den AKP-Staaten (Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten, in der Mehrzahl ehemalige Kolonien) angehören.

jatropha­Anbau in MosambikGesamtflächen Jatropha-Anbau

Expertenschätzungen Identifizierte Projekte

Aktuell 7.000 ha 7.887 ha

2010 35.000 ha 33.715 ha

2015 170.000 ha 405.415 ha

Bislang wurden ca. 35.000 Hektar für Jatropha-Projekte bereitgestellt. Die hohe Nach-frage nach Flächen hatte dazu geführt, dass die Regierung die Konzessionsvergabe zwischenzeitlich ausgesetzt hat. Mittlerweile wurde ein Kataster erstellt, welches das Land in verschieden nutzbare Flächen einteilt, wie z.B. landwirtschaftlich nutzbares Land und Flächen zum Anbau von Energiepflanzen. Regionale VerteilungDie meisten Jatropha-Projekte finden sich in den südlichen Provinzen Inhambane und Gaza, den zentralen Provinzen Sofala und Manica sowie in der Nordprovinz Nampula. Die klimatischen Bedingungen in diesen Regionen sind günstig für den Anbau von Jatropha, besonders die sandigen Böden in Inhambane und Gaza eignen sich gut. Einige lokale Experten berichten von einer niedrigeren Wachstumsrate in den westlichen Regionen im Zentrum des Landes. Dies kann mit den Bodeneigen-schaften zusammenhängen.

Projektdaten (aus 12 Projekten)• KleinflächigerAnbaudominiert,gefolgtvonkommerziellenPlantagenundPilot-

Feldern, die kleiner als 1.000 Hektar sind. In den nächsten fünf Jahren wird ein starker Anstieg von mittleren und großen Plantagen erwartet.

• 75%deridentifiziertenProjektesindinPrivatbesitz,86Prozentarbeitenprofit-orientiert.

• JatrophasollzukünftigaufdeminternationalenunddemnationalenTransport-undEnergiemarkt vermarktet werden.

• DiemeistenProjekteschließendieÖlpressungunddieHerstellungvonBiodieselmit ein.

• DieAnbaumethodensindarbeitsintensivmitüberwiegendmanuellerBewässerungund einigen Tröpfchenbewässerungsanlagen. Düngung ist üblich.

• DieProjektesindkaumindenEmissionshandeleingebunden.Mosambikhatnochnicht die notwendigen Institutionen aufgebaut, die laut der Klimakonvention der Vereinten Nationen Voraussetzung sind, um am Emissionsrechtehandel teilzuneh-men.

Quelle: Global market Study on Jatropha, Mai 2008, GEXSI LLPhttp://www.jatropha-alliance.org/index.php?id=8

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Die „Wundernuss“ Jatropha soll Energieprobleme lösen

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Den Karren vor den Ochsen gespannt

Die Diskussion um Jatropha in Mosambik begann in den Jahren 2003/2004, als erstmalig Inve-

storen auftauchten, die die Regierung darum baten, ihnen große Ländereien zur Verfügung zu stellen. Dabei handelte es sich um wirklich große Flächen von 5.000 bis 10.000 Hektar. Die Investoren begeisterten Präsident Guebuza für die Sache, so dass auch er selbst in den Jatro-pha-Anbau investierte und Aktionär einer der Firmen wurde, die Jatropha-Anbau in Mosambik betreibt. Der Präsident wie-derum konnte viele Menschen im Land davon überzeugen, dass es Sinn macht, Jatropha in Mosambik anzubauen, auch um die Armut im Land zu verringern. Viele Bauern begannen darauf hin mit dem Anbau von Jatropha, vor allem in der Provinz Maputo in der Gegend von Moamba, aber auch in Gaza, Manica, Nampula und Niassa. Die Investoren begannen ebenfalls mit dem Anbau auf größeren Flächen, und der Optimismus bezüglich des Potentials von Agrarkraft-stoffen war groß.

Nachdem die Kleinbauern ihre ers-ten Ernten eingebracht hatten, mussten sie feststellen, dass es keine Abnehmer für die Jatropha-Früchte gab. Sie fühlten sich betrogen, weil sie teilweise die Energie-pflanzen anstatt Nahrungsmitteln ange-baut hatten und nun feststellen mussten, dass ihre Armut nicht weniger wurde.

Auch der industrielle Jatropha-Anbau verlief nicht problemlos: Arbeiter wurden ohne Verträge eingestellt, Kleinbauern hatten ihre eigenen Produkte auf dem Land angebaut, das für den Jatropha-An-

bau vergeben worden war, Viehzüchter reklamierten die Flächen als Weideflä-chen für ihre Tiere. Die Unzufriedenheit wuchs, und wenn der Präsident die be-troffenen Gebiete besuchte, wurde er mit den Vorwürfen der Kleinbauern kon-frontiert. Zivilgesellschaftliche Organisa-tionen und die Presse übten zusätzlichen Druck auf die Regierung aus. Auch die Unternehmer, die den Jatropha-Anbau be-trieben hatten, fühlten sich unter Druck gesetzt.

Die Weltbank, die den Jatropha-Anbau teilweise finanziell gefördert hat, gab eine Studie in Auftrag, um die wirt-schaftlichen, sozialen und Umweltaus-wirkungen des Anbaus zu untersuchen. Die Studie der Weltbank erschien im Jahr 2007 und stellte eine Grundlage für die

Zur Situation des Jatropha-Anbaus in Mosambik

Den Karren vor den Ochsen gespanntAuf dem KKM-Seminar „Zwischen Tank und Teller – Chancen und Risiken von Energiepflan-zen in Mosambik“ im November 2009 hielt der Präsident des mosambikanischen Dachver-bands „Amigos da Floresta“, Thomas Selemane, einen Vortrag zu den Auswirkungen des Jatropha-Anbaus in Mosambik. Lesen Sie Auszüge aus der Seminardokumentation.

Von Thomas Selemane, zusammengefasst und redaktionell bearbeitet von Andrea Queiroz de Souza

Erarbeitung der nationalen Strategie für Agrartreibstoffe dar. Man begann also erst einmal mit der Produktion, traf dann auf die Probleme, fertigte später eine Studie an und kümmerte sich erst dann um eine Strategie. Deshalb bezeichne ich den Ja-tropha-Anbau als einen Karren, den man vor den Ochsen gespannt hat.

Lassen Sie mich über zwei konkrete Beispiele sprechen. Bei dem ersten Bei-spiel handelt es sich um eine portugie-sisch-mosambikanische Gesellschaft namens MoçamGALP. In diese Gesell-schaft ist Präsident Guebuza als Aktionär eingestiegen. Auf der anderen Seite ist die portugiesische Ölgeselschaft GALP beteiligt. MoçamGALP plant den Anbau von 10.000 Hektar Jatropha. Momentan werden allerdings lediglich 60 Hektar be-

Die Jatropha-Pflanze kann einige Meter hoch werden

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reits bewirtschaftet. Zeitweise werden bis zu 1.250 Arbeiter beschäftigt, darunter 50 Vollzeitangestellte. Jatropha wird dort mit Bewässerung angebaut.

Das andere Beispiel ist eine Gesell-schaft mit britischem Kapital, Sun Bio-fuels. Dieses Unternehmen ist u.a. auch in Tansania und Kenia tätig. Sun Biofuels hat sich in Mosambik 5.000 Hektar ge-sichert, von denen bereits 1.000 Hektar bewirtschaftet werden, also wesentlich mehr als bei MoçamGALP. Sun Biofuels hat insgesamt 430 Vollzeitangestellte und setzt beim Jatropha-Anbau gleichfalls auf Bewässerung.

Eine Gemeinsamkeit beider Unter-nehmen ist, dass aufgrund der Größe der ihnen zugeteilten Ländereien ein großer Teil dieser Ländereien weiterhin von der lokalen Bevölkerung bearbeitet wird. Sie haben dort ihre kleinen Felder, die so genannten Machambas. Das bringt sehr viele Konflikte zwischen den Kleinbauern und den Unternehmen mit sich. Beide Unternehmen haben Ländereien, die zu den fruchtbarsten Flächen von Mosambik gehören. Im Fall von MoçamGALP sind das ehemalige Ländereien der British To-bacco und im Fall von Sun Biofuels sind es ehemalige Ländereien, die zum Baum-wollanbau für die frühere Textilindu-strie in Chimoio genutzt wurden. Somit stimmt das Argument, dass Jatropha auch auf Ödland wächst, für Mosambik nicht. Ganz im Gegenteil: Jatropha wächst bei uns auf sehr fruchtbarem Land, das we-sentlich ergiebiger ist als viele andere Ländereien. Auch dass Jatropha keine Bewässerung braucht, trifft hier nicht zu. Jatropha ist ebenfalls nicht immun gegen Insektenplagen und wächst nicht so wunderbar, als dass man sich nicht um die Pflanzen kümmern muss.

Eine andere wichtige Frage ist, ob der Jatropha-Anbau in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht. Daten des Landwirtschaftsministeriums zeigen, dass wir in den traditionellen Hunger-zentren Mosambiks in dem Moment ei-ne Zunahme des Hungers hatten, als die Jatropha-Produktion anstieg. Das heißt, dass es durchaus einen Konflikt für die Kleinbauern gibt, was Nahrungsmittelan-bau (u.a. zur Selbstversorgung) und den Anbau von Jatropha betrifft.

Auch bei der großflächigen, indus-triellen Landwirtschaft besteht eine Konkurrenz zwischen Jatropha und den

Subsistenzformen der Kleinbauern. Die Kleinbauern geben häufig ihre Subsistenz-landwirtschaft auf, um zeitweise auf den Plantagen zu arbeiten. Das Problem ist, dass sie neben dieser Arbeit nicht mehr dazu kommen, sich ausreichend um ihre eigenen Felder zu kümmern, so dass die Ernten zurückgehen.

Was die Auswirkungen auf die Um-welt betrifft, so müssen wir feststellen, dass die Produktion von Jatropha sehr schädlich für die Umwelt ist. Dass viele Studien das Gegenteil behaupten, liegt daran, dass sie schlecht gemacht werden. Sie werden von den Unternehmen selbst in Auftrag gegeben, und die Ergebnisse werden geheim gehalten. Große Flächen werden mit Monokulturen bebaut, die die ursprüngliche Biodiversität zerstören.

Was die wirtschaftlichen und gesell-schaftlichen sowie finanziellen Auswir-kungen von Jatropha betrifft, muss man sagen, dass trotz der sehr hohen auslän-dischen Direktinvestitionen, die in diesen Bereich fließen, die Jatropha-Produktion nur sehr wenig zur wirtschaftlichen Ent-wicklung des Landes beiträgt.

Die Wirtschaftsstatistik zeigt positive Auswirkungen durch Jatropha – aber eben nur diese Statistik. So könnte man sagen, dass die Pflanze im Jahr 2007 mit

23 Prozent zur Steigerung der auslän-dischen Direktinvestitionen in Mosambik beigetragen hat. Aber was die Gesamtheit der mosambikanischen Wirtschaft betrifft, so trägt Jatropha nur wenig Positives bei. Es gibt beispielsweise nur sehr geringe Steuern auf landwirtschaftliche Projekte. Die Unternehmen zahlen nur 10 Prozent Steuern auf ihre Gewinne, schaffen nur sehr wenige Arbeitsplätze und importie-ren fast alle benötigten Materialien. Die Maschinen, der Dünger – fast alles wird importiert. Dagegen wird der Rohstoff praktisch komplett exportiert – ohne, dass er im Land weiterverarbeitet wird. Die Arbeitsplätze, die geschaffen werden, sind in erster Linie nur Tagelöhnerjobs für wenige Wochen. Danach haben die Leute wieder keine Arbeit.

Schlussfolgernd könnte man sagen: Die Produktion von Jatropha könnte durchaus zur Entwicklung Mosambiks beitragen. Aber so, wie sie derzeit prakti-ziert wird, trägt sie nur dazu bei, die be-stehenden Probleme zu verschärfen und nicht, sie zu lösen.

Thomas Selemane ist hauptamtlich beim Centro de Integridade Pública, CIP in Ma-puto beschäftigt. Ehrenamtlich ist er Präsi-dent des Vereins „Amigos da Floresta“.

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Hoffnungsträger jatrophaJatropha curcas, mit deutschem Namen Purgiernuss oder Brechnuss, kann bis zu acht Meter hoch werden. Die ursprünglich in Zentralamerika heimische Pflanze wird in vielen tropischen und subtropischen Regionen der Erde angebaut. Die ölhaltigen Samen können zur Produktion von Agrartreibstoffen verwendet werden. Da Jatro-pha auch auf nährstoffarmen Böden wächst, gilt sie bei vielen als „Hoffnungsträger“. Aktuelle Studien weisen allerdings darauf hin, dass die viel gepriesenen Vorzüge, wie der geringe Wasserverbrauch und das Wachsen auf marginalen Böden mit Vorsicht zu genießen sind, da die Pflanze dann wenig Ertrag bringt.

Quelle: Jatropha – Der Agrartreibstoff der Armen? Gemeinsame Veröffentlichung vongrain.org und regenwald.org

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rhetorischen Feuerwerk zum Vorschein gebracht.

Mythos Nr. 1:jatropha gedeiht gut auf margina­len Flächen und kann auf schlech­ten böden hohe Erträge liefernWeder in der Literatur noch durch kon-krete Erfahrungen von Bauern oder Ex-pertInnen ließ sich diese Behauptung für Mosambik belegen. Im Gegenteil: In Mo-sambik wird Jatropha fast nur auf bewäs-serten landwirtschaftlichen Nutzflächen und unter Verwendung von Dünger und Pestiziden angebaut – die erwarteten Er-träge werden trotzdem nicht erreicht.Einer der Hauptfaktoren für die angeb-liche Eignung Mosambiks für die Jatro-pha-Produktion ist die Annahme, weite Landstriche bestünden aus „brach liegen-dem“ Ackerland. Viele Experten weisen diese Annahme indessen als falsch zurück. Mosambik ist zu etwa 70 Prozent von Wald und Busch bedeckt; die meisten ge-planten Agrarprojekte würden damit na-türliche Vegetation ersetzen. Angesichts des globalen Klimawandels ist der Verlust von Wäldern als wichtigen CO2-Senken ein gravierendes Problem. Der Anbau von Agrotreibstoff-Pflanzen wie Jatropha in Mosambik gefährdet deshalb die Anstren-gungen des Landes zur Verbesserung sei-ner CO2-Bilanz. Zudem bleiben auch die anderen Vorteile von vermeintlich „unge-nutzten“ Ackerflächen und Wäldern un-berücksichtigt: Sie schützen den lokalen Wasserhaushalt, sorgen für die Nährstoff-versorgung des Bodens und erhalten die Artenvielfalt. Für die Bevölkerung sind sie eine wichtige Quelle von tierischem Eiweiß, Obst, Feuerholz und Baumateri-al und tragen damit wesentlich zu deren Lebensunterhalt bei. Große Flächen funk-

tionierender, natürlicher Ökosysteme sind eine wesentliche Voraussetzung für das Leben ländlicher Gemeinschaften. Diese Flächen der industriellen Landwirtschaft zu opfern, würde den bereits jetzt für viele Bauernfamilien schwierigen Kampf für Entwicklung und ein Leben in Würde weiter erschweren.

Mythos Nr. 2:jatropha benötigt nur wenig bewässerung und minimale PflegeIn Mosambik muss die Jatropha-Pflanze während der ersten Entwicklungsphase bewässert werden, selbst in Gegenden, in denen der jährliche Niederschlag zwi-schen 800 und 1400 mm beträgt. Im Sü-den des Landes fällt indessen weniger als 600 mm Regen, weshalb häufige Bewäs-serung das ganze Jahr über nötig ist. Aber selbst in Gegenden mit einem jährlichen Niederschlag von mehr als 800 mm be-wässern einige Produzenten ihre Felder. In einigen Gegenden bestehen Bedenken über die Auswirkungen des hohen Was-serverbrauchs des industriell betriebenen Anbaus einiger Großunternehmen.

Mythos Nr. 3:jatropha ist kaum anfällig für Krankheiten und SchädlingeDie Studie zeigt auf, dass Jatropha ge-genüber Krankheiten und Pilzen, Viren und Insekten äußerst anfällig ist. Wenn die Pflanzen stark befallen sind, hören sie auf, Blätter zu produzieren, und den Bau-ern und Bäuerinnen bleibt nichts anderes übrig, als die Pflanzen auszureißen. Selbst die intensive Verwendung von Dünger und Pestiziden kann dieses Problem nicht lösen. Doch noch beunruhigender sind die vielen Hinweise, sowohl von Bauern wie von Experten, dass sich die

In den vergangenen fünf Jahren wur-de in Mosambik die Debatte über Agrotreibstoffe zu einem immer wich-

tigeren Thema, angeheizt von Spekula-tionen und zunehmender industrieller Nachfrage, großen Versprechungen und ausländischen Interessen. Allein 2007 haben Investoren in Mosambik Lizenzen zur Erschließung von fünf Millionen Hektar Land beantragt, was fast einem Siebtel der offiziell als „landwirtschaftlich nutzbar“ definierten Fläche entspricht. Inzwischen arbeitet die Regierung daran, in Mosambik günstige Bedingungen für Investoren zu schaffen. Doch dies geht auf Kosten der Bürgerrechte. Ein gutes Beispiel dafür ist die von der Weltbank finanzierte „Nationale Agrotreibstoff-Stra-tegie“. Diese wurde auf intransparente Art und Weise und ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft ausgearbeitet und erst nach der Verabschiedung im Parlament veröffentlicht.

Weite Regionen Afrikas weisen ein trockenes Klima und riesige Flächen sogenannen „marginalen“ Landes auf. Deshalb rückte Jatropha als potenzielle Agroenergiepflanze schnell ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Viele Experten stel-len die Vorzüge von Jatropha jedoch in Frage und warnen, der derzeitige Boom der Jatropha-Produktion sei gefährlich und basiere auf unzureichenden Erkennt-nissen. Zudem seien Anbau und Handel mit Jatropha nicht nachhaltig und trügen weder zur Verbesserung der Energiesi-cherheit noch zum Kampf gegen Klima-erwärmung und Armut bei. Wer hat nun recht? Die vorliegende Studie will diese Wissenslücken mit einer Evaluation der Jatropha-Produktion in Mosambik füllen: Die angeblichen Vorzüge werden über-prüft und die Wirklichkeit hinter dem

Kritische Studie zum Jatropha-Anbau in Mosambik

Besonders Jatropha wird in Mosambik als vielversprechende Pflanze für die Agrokraft-stoffproduktion angesehen; Bauern und Bäuerinnen werden von der Regierung zum Anbau von Jatropha ermutigt. Auch einige größere Projekte setzen auf Jatropha. Eine Studie von Justiça Ambiental (JA!) und der Bauernorganisation UNAC bezweifelt die Eig-nung von Jatropha als Wunderpflanze, die die Energieprobleme des Landes lösen soll, ohne die Nahrungsmittelproduktion zu gefährden und Landkonflikte zu verschärfen. Das Dossier druckt die deutsche Zusammenfassung der Studie nach.

Mythos JatrophaMythos Jatropha

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bei Jatropha vorkommenden Schädlinge auf die umliegenden Felder ausbreiten. Weitere Abklärungen sind nötig, um das Ausmaß und die Auswirkungen auf sich selbst versorgende Bauernfamilien und auf die Ernährungssouveränität zu verstehen. Doch der aktuelle Mangel an Nahrungsmitteln und die ungenügenden „Sicherheitsnetze“ in der Landwirtschaft lassen jede noch so kleine negative Wir-kung zu einer echten Gefahr werden.

Mythos Nr. 4:jatropha stellt kein risiko für die Ernährungssicherheit dar, sondern ist eine Entwicklungschance für KleinbauernIn Mosambik ersetzt Jatropha den Anbau von Nahrungspflanzen durch Kleinbau-ern. 87 Prozent der Bevölkerung sind zu großen Teilen von der Selbstversor-gungslandwirtschaft abhängig. So löst das Vorhaben, Kleinbauern und –bäuerinnen zum Jatropha-Anbau im grossen Stil zu ermutigen, starke Bedenken aus. Zudem haben die meisten Bauernfamilien keinen oder nur schlechten Zugang zu Märkten, Lagermöglichkeiten, Kommunikation und Informationen. Daher können sie kaum Profit aus dem Anbau von Export-Pflanzen wie Jatropha ziehen.

Sollten die Agrarmärkte in Mosambik einen Preiseinbruch verzeichnen oder gar zusammenbrechen, müssten die Klein-bauern als schwächste Glieder in der Wertschöpfungskette die Risiken tragen. Normalerweise sind Subsistenzbauern ge-genüber Lebensmittelpreisschwankungen mehr oder weniger immun, da sie zum großen Teil für den Eigenbedarf produzie-ren. Doch sobald sie auf die Herstellung

von Handelspflanzen wie Jatropha um-stellen, ändert sich dies.

Das Landrecht, das die lokalen Ge-meinschaften schützen sollte, wurde durch die Regierung mit verfassungs-widrigen Erlassen gelockert. Das Ge-setz bezeichnet die Führer und Führe-rinnen lokaler Gemeinschaften zwar als wichtige Ansprechpartner in bezug auf Gemeinschaftsrechte sowie bei der Ver-hütung und Lösung von Konflikten auf lokaler Ebene. Doch sowohl Investoren als auch die Zentralregierung bestechen Lokalpolitiker, um so die Zustimmung der Gemeinschaft ohne deren Anhörung zu erhalten. Selbst wenn Anhörungen durchgeführt werden, ist das Verfahren häufig nicht transparent, oder es werden Versprechen abgegeben, die später nicht eingelöst werden.

Dies ist möglich, weil die Landbevöl-kerung wenig über ihre Rechte weiß und entsprechende Texte und Dokumente oft nicht in lokale Sprachen übersetzt wer-den. Werden Rechtsverletzungen publik, ist die Konfliktlösung schwierig, insbe-sondere für Gemeinschaften, die weder über die nötigen Ressourcen noch über Informationen zu juristischen Verfahren verfügen.

Aus all diesen Gründen sind bereits große Flächen Gemeinschaftsland unter fragwürdigen Umständen für die Jatro-pha-Produktion in Mosambik „reserviert“ worden.

Schlussfolgerungen und EmpfehlungenDie Jatropha-Befürworter behaupten, die Pflanze sei keine Gefahr für die Ernäh-rungssicherheit, sondern biete Bauern-familien im Gegenteil die Möglichkeit,

zusätzliches Einkommen zu generieren, und fördere damit die Entwicklung länd-licher Regionen. Die Studie zeigt hinge-gen: Diese Behauptungen beruhen im besten Fall auf ungenügenden Informati-onen, im schlimmsten Fall sind sie jedoch schlicht gefährlich. Vertiefte unabhängige Forschung wird weitere Einzelheiten zu Tage fördern. Doch bereits heute ist klar, dass Jatropha Mosambiks nachhaltige Entwicklung nicht fördert. Auch auf internationaler Ebene zeigt sich immer deutlicher, dass Jatropha die positiven Erwartungen nicht erfüllt und sowohl die Ernährungssouveränität wie auch die Lebensgrundlagen der Landbevölkerung untergräbt.

Die Studie empfiehlt ein Moratorium für die Jatropha-Produktion in Mosam-bik, bis die exakten Auswirkungen auf die Subsistenzlandwirtschaft und die Ernährungssouveränität ländlicher Ge-meinschaften geklärt sind. Mosambiks Zivilgesellschaft und die Kleinbauern sind im letzten Jahr zu ähnlichen Schlussfol-gerungen gelangt und haben darauf eine Erklärung mit entsprechenden Empfeh-lungen herausgegeben. Demnach soll die Produktion von Lebensmitteln Priorität erhalten. Sie fordern zudem die verstärkte Unterstützung von Subsistenzbauern und Genossenschaften, die Respektierung der Rechte (und vor allem der Landrechte) der lokalen Gemeinschaften sowie die Förderung der Ernährungssouveränität.

Die vollständige Studie: „Jatropha! A socio-economic pitfall for Mozambique“ von JA und UNAC vom August 2009 ist auf Eng-lisch im Internet abzurufen unter:http://www.evb.ch/cm_data/Report_Ja-tropha_JA_and_UNAC_klein.pdf

Die hier abgedruckte deutsche Zusam-menfassung findet sich unter:http://www.swissaid.ch/global/PDF/entwicklungspolitik/agrotreibstoffe/exe-cutive_summary_d.pdf

Jatropha-Fotos von Heike Lipper, die Fach-referentin für Agrartreibstoffe/Jatropha bei Robin Wood ist und Recherchen in Indien und Indonesien durchgeführt hat. Anfragen zu Faktenpapieren/Artikeln bzw. Vorträgen/ Workshops bei: [email protected], Infos unter www. robinwood.de/tropenwald

Pilzbefallene Jatropha-Pflanze

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Seit 2004 befasst sich die Elaion AG mit Jatropha (Jatropha curcas L.) – also bevor der Hype begann.

Das Kernteam aus ehrenamtlich aktiven Gründern im Vorstand und Aufsichtsrat, einem Entwicklungssoziologen und dem Geschäftsführer der 2006 in Mosambik gegründeten Tochtergesellschaft Elaion Africa Lda. hat für sein Projekt entspre-chend dem staatlich vorgeschriebenen Prozedere 1.000 Hektar Land bei Savane in der Provinz Sofala gepachtet. Bei den Landflächen handelt sich um degradierte Waldsavanne mit nährstoffarmen san-digen Böden, gelegen in einem Bereich, der für die Produktion von Biokraftstoffen ausgeschrieben ist. Die Bemühungen um Fördergelder wurden von der Austrian Development Agency (ADA) unterstützt. Mit dieser führt die Elaion AG eine Entwicklungspartnerschaft (PPP) unter dem Titel: „Anbau der Energiepflanze Jatropha in Polykultur“ durch. Ziel ist, ein geschlossenes Kreislaufsystem für Jatropha zu entwickeln, nachhaltig und

effizient vom Anbau über die Verarbei-tung bis hin zur Nutzung. Als eines der ersten Jatropha-Projekte weltweit wird die Plantage in einem bereits laufenden Forschungsprojekt auf Nachhaltigkeit hin untersucht. Das hilft dabei, dem Ziel einer nachhaltigen Produktion von Rohstoffen näher zu kommen.

Zusätzlich zu einem Förster und einem Gärtnermeister sind auf den Plan-tagen in der Provinz Sofala mittlerweile etwa 60 mosambikanische Männer (90 Prozent) und Frauen (10 Prozent) per-manent angestellt, außerdem gibt es immer wieder Arbeit für Saisonkräfte aus der Umgebung. Auf der Fläche leben weiterhin etwa 200 Menschen von der Köhlerei, die sich leider mangels Neu-pflanzungen verheerend auf die Gegend auswirkt. Sobald die Flächen ohne Bäume sind, ziehen die Menschen weiter und der Boden beginnt zu erodieren. Hier müssen alternative Einkommensquellen sowie billige Brennstoffalternativen ge-schaffen werden.

Für die Rodung der Anbauflächen wurde eine moderne Mulchfräse impor-tiert, während größere Bäume mit einem mobilen Sägewerk zu Bauholz verarbei-tet und in entsprechender Anzahl wieder aufgeforstet werden.

Die notwendige Forschung wird im agronomischen Bereich betrieben, also der Kultivierung, nicht der Optimierung der Pflanze selber. Neben einem Schu-lungszentrum für die Ausbildung von Kleinbauern kultiviert Elaion auf 100 Hektar Forschungs- und Schulungsflä-chen Jatropha. Dort werden verschiedene

Pflanz- und Reihenabstände, unterschied-liche Beschneidungs- und Wuchsformen sowie bodenverbessernde Maßnahmen und Düngemittel nebeneinander erprobt. Teilweise werden Nahrungspflanzen zwischen den Jatropha-Reihen gepflanzt, partiell beweiden Ziegen die Flächen. Als Systemkomponente in kleinbäuerlichen Machambas wird auch die Funktion von Jatropha als Hecke, Schatten- oder Rank-pflanze untersucht. Perspektivisch findet Forschung zu diversen nachwachsenden Rohstoffen statt, Dritten werden Aufbau und Management eigener Flächen ange-boten.

Eine Energiegewinnung aus Pflan-zenöl betrachtet Elaion in erster Linie auf lokaler Ebene und für Nischenanwen-dungen als sinnvoll, ansonsten wird die Eignung des Jatropha-Öles als Schmieröl für Motoren getestet. Der Presskuchen soll für Biogas und anschließend als Dün-ger verwendet werden. Aus den Frucht-hülsen kann billiger Brennstoff für die Region als Ersatz für Holzkohle produ-ziert werden, begleitet von entsprechend geeigneten effizienteren Kochherden.

Beispiel-Projekt mit Jatropha in Mosambik

Neue Lösungsansätze durch Polykultur? Neue Lösungsansätze durch Polykultur?

Von Alexander von Gablenz

Im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft kultiviert die deutsche Elaion AG Jatropha in Mosambik. Schwerpunkte der Arbeit sind die Erforschung verschiedener Anbau- und Ernte-methoden durch Aufbau und Betrieb einer Forschungs- und Trainingsplantage sowie eines Schulungszentrums: Ziel ist es, den Jatropha-Anbau wirtschaftlich und nachhaltig zu gestalten.

Arbeiter auf der Plantage von Elaion

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Besonders motivierend und verpflich-tend für Elaion ist die Aussage ihres mo-sambikanischen Bauleiters Leonel: „Die Möglichkeiten in Mosambik sind sehr be-schränkt, und deshalb klammern sich die Leute voller Hoffnung an das Projekt“.

Der Autor ist Entwicklungssoziologe und Gründungsmitglied sowie Projektberater der Elaion AG.

Die Stärke von Jatropha liegt darin, die Pflanze als Systembaustein zu entwi-ckeln und einzusetzen – und das macht sie so vielversprechend.

Von der Trinkwasseraufbereitung über Ziegen zur Unkrautbekämpfung, Er-satz für Holzkohle, etc. – der Erarbeitung und Verbreitung von Wissen, Methoden und Technologien sind keine Grenzen gesetzt!

Für eine soziale Infrastruktur wie Schule und Krankenstation in der Pro-jektregion ist eine koordinierte Zusam-menarbeit mit staatlichen Institutionen und NGOs notwendig. Die Mittel der Aktionäre, die Förderung der ADA und Einkünfte aus Landbearbeitung, Bauholz- und Pflanzenverkauf gestatten bisher ge-rade den Aufbau und laufenden Betrieb des Projektes, es wird weiterhin nach Kapital gesucht.

Der Kampf ums Wasser

klimatische Phänomene zurück, die El Niño und El Niña genannt werden. Als Auslöser von El Niño gilt eine Tempera-turumkehr im Südostpazifik vor der süd-amerikanischen Küste. Dieses Phänomen hat weltweite Folgen. Vereinfacht gesagt, regnet es in ariden Gebieten, während in niederschlagsreichen Gebieten Dürre Ein-zug hält. Mosambik zählt zu den Staaten der Erde, in denen die Folgen dieser alle paar Jahre auftretenden Klimaumkehr

relativ deutlich hervortreten und den Einwohnern entsprechend große Pro-bleme bereiten. Deshalb kommt es im teils semiariden Mosambik nicht nur zu schweren Überflutungen, sondern auch zu extremer Trockenheit. Klimaprogno-sen zufolge werden diese Extreme sogar noch zunehmen, was eine zuverlässige Landwirtschaft erschwert. Die Regie-rung will mit Hilfe von Staudämmen den Wasserabfluss regulieren. Eines dieser

Hat sich die Regierung Mosambiks auf einen Vertrag mit dem Unter-nehmen Bioenergy Africa einge-

lassen, durch den Bauern am Limpopo womöglich das Wasser abgegraben wird? Bioenergy Africa will in dem südafrika-nischen Land im großen Stil Zuckerrohr anbauen, um daraus Ethanol für den Weltmarkt zu produzieren. Das Unter-nehmen verspricht die Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze und den Aufbau ei-ner Infrastruktur. Doch scheint es eine Vertragsklausel zu geben – offenbar eine Garantieerklärung seitens der mosambi-kanischen Regierung –, wonach das Un-ternehmen unabhängig vom Wasserstand des größten Limpopo-Zuflusses, des Oli-fants- oder Elefantenflusses, diesem eine große Menge Wasser entnehmen darf. Falls das zutrifft, würde den Bauern am Unterlauf des Limpopo in Dürrezeiten das Wasser abgegraben.

überflutungen und dürrenMosambik wird regelmäßig von Wirbel-stürmen getroffen. In Hochwasserzeiten kann es geschehen, dass ein Drittel des Landes überflutet wird. Klimaforscher führen die Wetterextreme auf global-

Fischer und Kleinbauern am Limpopo befürchten Wassermangel

Ressourcenkonflikt Wasser: Ethanol-Firma gräbt Bauern das Wasser ab

Der Kampf ums WasserProcana plant eine riesige Zuckerrohrplantage an einem Zulauffluss des Limpopo. Die mosambikanische Regierung unterstützt die weit reichenden Pläne des Unternehmens. Doch profitiert auch die lokale Bevölkerung von dem Projekt? Es wird befürchtet, dass die Plantagen zu einem erheblichen Wassermangel im landwirtschaftlichen Anbaugebiet der Chokwe-Region flussabwärts führen werden.

Von der Redaktion der Zeitschrift Schattenblick

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Projekte ist der 4,5 Kilometer lange Mas-singir-Damm, aus dem das Unternehmen Procana, das sich zu 94 Prozent im Besitz von Bioenergy Africa befindet, Wasser zur Bewirtschaftung von rund 30.000 Hektar Zuckerrohrfeldern beziehen will.

verlockende versprechungenProcana verspricht, mosambikanische Fachkräfte zwei Jahre lang in Brasilien, dem weltweit größten Ethanolprodu-zenten ausbilden und dort Erfahrungen sammeln zu lassen. Darüber hinaus wer-den viele tausend Arbeiter – 800 Festan-gestellte und bis zu 6.500 Saisonarbeiter – eingestellt, die das Zuckerrohr schneiden sollen. Das alles sieht auf den ersten Blick verlockend aus, aber nur weil bestimmte Dinge nicht ausgesprochen werden: Die Arbeitskräfte, die das Zuckerrohr für das Unternehmen schneiden sollen, rekrutie-ren sich unter anderem aus denen, die zuvor aus anderen Landesregionen, in de-nen ein Nationalpark eingerichtet wurde, vertrieben worden waren. Das hat zwar nicht Procana zu verantworten, doch es profitiert von der Not.

Prekäre Arbeitsverhältnisse Zudem zeigt das Beispiel Brasilien, wie gering das Schneiden von Zuckerrohr bezahlt wird und wie ruinös sich die Tätigkeit auf die Gesundheit der Arbei-ter auswirkt. Ein Plantagenarbeiter muss dort bis zu 15 Tonnen pro Tag abliefern, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Zuckerrohrschneider werden nicht alt. Ähnliche Ausbeutungsverhält-nisse wie in Brasilien sind in Mosambik zu erwarten, denn Procana wird selbst-verständlich auch mit brasilianischen Ethanolherstellern auf dem Weltmarkt konkurrieren. Der Preis für Ethanol ist mittlerweile gefallen, was die Investoren mit niedrigeren Löhnen zu kompensieren versuchen werden.

Sinkender WasserspiegelDie Anbaugebiete der Chokwe-Region, die sich weiter flussabwärts befinden, werden schwerwiegende Nachteile von der Plantagenwirtschaft Procanas ha-ben. Ebenso wie der Ethanolhersteller werden auch sie mit der Notwendigkeit einer ganzjährigen künstlichen Bewässe-rung rechnen. In Dürrezeiten wird ihnen allerdings das Wasser abgedreht. Davon

muss zumindest ausgegangen werden, wenn Bioenergy Africa auf seiner Website schreibt: „Um sicherzugehen, dass die Zuckerrohrproduktion nicht durch ande-re potentielle Nutzer beeinträchtigt wird, hat Procana eine Garantie seitens der mosambikanischen Regierung erhalten, dass es eine Lizenz zur Entnahme von bis zu 750 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr erhält, sobald der abschließende Vorschlag zur Wasserentnahme eingerei-cht wurde.“ 1

Welch eine verheerende Vereinba-rung! Das Wasser soll dem Massingir- Staubecken, das vom Olifants gespeist wird, entnommen werden. Schätzungen zufolge fasst der Stausee bis zu 2,8 Mil-liarden Kubikmeter Wasser. Gegenwärtig erhält der Massingir-Stausee aber nur 1,1 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr, was Bioenergy Africa auf die starke Was-serentnahme im benachbarten Südafrika zurückführt. Die Menge werde auf 1,0 Mrd. Kubikmeter sinken, sobald der De Hoop Dam am Steelport-Fluss – dem größten Zufluss des Olifants-Flusses – fer-tiggestellt sei. Zudem gehen jährlich 0,2 Mrd. Kubikmeter aufgrund von Verdun-stung verloren. Es bleiben also nur noch 800 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr – und von diesen wurde Procana die Entnahme von bis zu 750 Mio. Kubik-metern zugesagt. Sollte diese Menge in Anspruch genommen werden, verkäme der größte Zufluss des Limpopo zu einem Rinnsal.

Berechnungen zufolge wird die 24.500 Hektar große Procana-Plantage,

die nur fünf Kilometer vom Massingir-Damm entfernt liegt, pro Jahr 407 Millio-nen Kubikmeter Wasser zur künstlichen Bewässerung benötigen. Also könnte man annehmen, dass den Bauern am Unterlauf etwas mehr überlassen bleibt, als aus der obigen Rechnung hervorgeht. Es muss jedoch bedacht werden, dass das Unternehmen auf den Zuckerrohranbau auf weiteren 11.000 Hektar setzt, der von Kleinbauern geschnitten und zur Fabrik gebracht wird. Diese arbeiten für Procana und bekommen von dem Unter-nehmen bestimmte Produktionsmittel ge-stellt. Auch diese Bauern werden auf eine künstliche Bewässerung nicht verzichten wollen, und so reduziert sich die Wasser-menge doch wieder.

Regresspflichtige Regierung?Sollten die Geschäfte gut laufen, könnte es sein, dass Procana, das 2010 mit dem Bau und 2012 mit der ersten Produkti-onsphase beginnen und in der zweiten Phase seine Tagesausbeute auf 1,2 Mrd. Liter Ethanol verdoppeln will, weitere Ländereien hinzunimmt und einen entsprechend höheren Wasserbedarf reklamiert. Es könnte also sein, dass ir-gendwann die Garantiererklärung voll in Anspruch genommen wird. Im Übrigen wäre es interessant zu erfahren, was die Vereinbarung vorsieht, wenn der Olifants weniger Wasser führt als die Plantage des Unternehmens benötigt, um seine Kapa-zitäten voll ausnutzen zu können. Ist die Regierung regresspflichtig?

Zuckerrohr braucht viel Wasser

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Zweckgebundene InfrastrukturEingedenk solcher Fragen und Aus-sichten erhält das Procana-Projekt ein gänzlich anderes Gesicht, als es von dem Unternehmen, der Regierung und auch den kommunalen Profiteuren präsen-tiert wird. Letztere werden sich womög-lich noch wundern, denn die von dem Ethanolhersteller in Aussicht gestellten Verbesserungen der Infrastruktur dürften rein zweckgebunden sein. Der in Erwä-gung gezogene Bau einer 30 bis 40 Kilo-meter langen Eisenbahnanbindung an die nächste Schienentrasse in Chokwe, der Bau eines Straße-Schiene-Zwischendepots und weitere geplante Infrastrukturein-richtungen erfüllen spezifische Funkti-onen und dürften über die Ausfuhr des Ethanols hinaus kaum einen allgemeinen Nutzen für die Bevölkerung abwerfen. Procana will angeblich Schulen, Kranken-häuser und Erholungszentren errichten, heißt es. Aus der Firmenankündigung geht jedoch hervor, dass die Maßnahmen bescheiden bleiben und allenfalls dazu dienen, die zur Ausbeutung vorgese-henen Arbeitskräfte zu erhalten, damit der Verschleiß an „Menschenmaterial“ auf keinen Fall die Produktion schmälert. Electricidada de Moçambique hat bereits begonnen, eine Stromleitung in jene Region, in der Procana seine Plantage aufbaut, zu legen. Die Regierung unter-nimmt einiges, damit die Investoren sat-te Gewinne erwarten dürfen. In einem Land wie Mosambik, das eine sehr hohe Arbeitslosenquote aufweist und in dem mehr als die Hälfte der Einwohner un-terhalb der Armutsgrenze leben, wird es sicherlich an willigen Menschen, die die Knochenarbeit des Zuckerrohrschneidens verrichten, nicht mangeln. Die Plantagen-arbeit in Mosambik und anderen Staaten Afrikas lässt die Grenze zwischen Arbeit und Sklaverei verschwimmen.

Heilige Kühe Investoren werden wie heilige Kühe der Weltwirtschaft behandelt. Seit langem predigen IWF und Weltbank den afri-kanischen Regierungen, sie sollen die Voraussetzungen schaffen, damit Inve-storen ins Land kommen und mit ihren Projekten „die Entwicklung“ fördern – was auch immer unter Entwicklung zu verstehen ist. Die mosambikanische Re-gierung befolgt diesen Rat. Es bestehen

besitzt. Der Handel mit White Nile-Aktien wurde vorübergehend ausgesetzt.

Der nächste ZyklonSo wäre im Vorfeld zu klären, was mit den festangestellten und saisonalen Arbei-tern Procanas geschieht, wenn Mosambik wieder einmal von einem Wirbelsturm heimgesucht wird, weite Teile des Landes unter Wasser stehen und es zu schweren Ernteeinbrüchen und Zerstörungen der Produktionsanlagen kommt. Welche Si-cherheit haben die Einwohner, die ihr Leben als Subsistenzbauern aufgegeben haben, um auf der Procana-Plantage zu arbeiten, im Falle einer Naturkatastro-phe?

Investoren, die dieses Thema nicht von sich aus anschneiden und sich nicht verpflichten, auch in schlechten Zeiten für die Menschen zu sorgen, sollte früh-zeitig die Tür gewiesen werden. Da die mosambikanische Regierung dies offen-bar nicht tut, müssen die Einwohner da-von ausgehen, dass sich ihre manchmal existenzgefährdende Lage womöglich noch verschlechtert, wenn sie sich unter Preisgabe der eigenen Überlebenssiche-rung für die Plantagenarbeit Procanas einspannen lassen. Der nächste Zyklon kommt bestimmt.

1 http://www.bioenergyafrica-ltd.com/News/RNS/Admission%20to%20AIM%2001.09.08.pdf

Der Beitrag erschien am 2. Dezember 2008 unter www.schattenblick.de -> INFOPOOL -> POLITIK -> REDAKTION AFRIKA/1772: Mosambik - Ethanol-Firma Procana gräbt Bauern das Wasser ab (SB) und wurde für den Nachdruck gekürzt. Copyright 2008 by MA-Verlag, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth

jedoch erhebliche Zweifel daran, dass das den allgemeinen Lebensstandard er-höht, zumal der Anbau von Pflanzen für Biosprit die Nahrungsunsicherheit im Land verschärft. Wasser, Boden und Ar-beitskräfte, die ge- und verbraucht wer-den, damit in den reichen Ländern die Autos weiter betankt werden können, gehen dem Land verloren, um dauerhaft die gesamte Bevölkerung zu ernähren.

InteressenskonflikteEs bestehen erhebliche Zweifel, dass Bio-energy Africa ein geeigneter Investor ist, um im Rahmen seiner Aktivitäten den Lebensstandard der mosambikanischen Bevölkerung anzuheben. Investoren pflegen nicht altruistischen Idealen an-zuhängen. Sie wollen Gewinne machen, und das bedeutet ganz einfach, dass sie weniger investieren wollen, als sie aus dem Land herausholen. Sie werden bei den Planbesprechungen stets bemüht sein, einen guten Eindruck zu erwecken, um den später von den Einwohnern er-wirtschafteten Mehrwert abgreifen zu können. Dass dieses wirtschaftliche Prin-zip funktioniert, hängt damit zusammen, dass die Interessen der Regierung Mosam-biks nicht die gleichen sind wie die der mosambikanischen Bevölkerung. Ob Bio-energy Africa ein wohlgesonnener Part-ner für das Anliegen der Einwohner ist? Wohl kaum. Unternehmensmitgründer Phil Edmonds genießt keinen besonders guten Ruf in der Geschäftswelt. Vor eini-gen Jahren sorgte er mit seinem Unter-nehmen White Nile für Aufsehen, als er behauptete, ganz groß in die Ölförderung im Sudan einsteigen zu wollen. Die süd-sudanesische Autonomieregierung hatte ihm anscheinend eine Explorationslizenz für ein Fördergebiet erteilt, auf das der französische Konzern Total ältere Rechte

Bewässerung einer Jatropha-Plantage

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Keine Option für Mosambiks Kleinbauern

Im Frühjahr 2009 verkündete die Welt-bank, dass ausländische Investoren Mosambik die Tür einrennen: Die

Anfragen nach Land, besonders für den Anbau von Energiepflanzen, übersteigen die aktuelle Agrarfläche um das Doppelte. Ein enormer Druck auf die Regierung entstand, insbesondere angesichts der Fi-nanzkrise, welche die ohnehin knappen afrikanischen Staatshaushalte schrumpfen lässt. Tatsächlich ist Mosambik ein wich-tiges Zielland der Investoren geworden. Investiert wird in eine großflächige, in-dustrielle Landwirtschaft. Landkonflikte mit lokalen Gemeinden sind vorprogram-miert und heute schon gut dokumen-tiert. Dies trotz der von Regierung und Investoren ausgemachten riesigen leeren Landstriche, die sich für den Anbau von Energiepflanzen eignen.

Wie auch in anderen Ländern ist die Debatte um Agrartreibstoffe geprägt von einer irreführenden Zusammenstellung der Argumente. Gerne werden Energie-armut und Hunger im ländlichen Raum hervorgehoben, um den Energiepflan-zenanbau zu rechtfertigen. In der Reali-tät werden die Energiepflanzen jedoch in großem Stil angebaut, und das Endpro-dukt ist für den Export bestimmt. Trotz-dem wirbt die Regierung Mosambiks auch bei den Bauern für den Anbau der Energiepflanze Jatropha. Der Besuch des brasilianischen Präsidenten Lula 2006 hatte Wirkung gezeigt. Direkt danach er-klärte die Regierung die Produktion von Agrartreibstoffen zu einem nationalen An-

Austausch der Zivilgesellschaft zum Thema Agrartreibstoffe

Von Roman Herre

liegen, mit fatalen Folgen für Kleinbauern und Kleinbäuerinnen. Dies bestätigte der Besuch eines Kleinbauernprojektes in der Provinz Gaza. Dort wurde mit eigenen Mitteln auf etwa acht Hektar Jatropha an-gebaut. Die First Lady höchst persönlich kam vor zwei Jahren vorbei und warb für den Anbau.

Das Resultat heute: Ein Feld „schla-fender“ Jatropha-Sträucher und eine Handvoll Jatropha-Nüsse. Selbst für eine gute Ernte gäbe es keine Absatzmöglich-keiten. Hätten die Bauern Grundnah-rungsmittel angebaut, stünden sie heute besser da. Das Beispiel entmystifiziert Jatropha ein weiteres Mal. Die Pflanze benötigt beste Böden und ausreichend Wasser, damit ausreichende Erträge er-wirtschaftet werden können. Zudem liegt die Weiterverarbeitung zu Biodiesel nicht in der eigenen Hand. Beispiele aus Brasi-lien zeigen, dass durch solche Abhängig-

keiten Kleinbauern oft als Verlierer her-vorgehen. Tatsächlich ist die Förderung der Regierung auf Großprojekte auslän-discher Investoren ausgerichtet, und ei-ne Mitsprache der lokalen Bevölkerung existiert nur auf dem Papier.

Mosambik sollte angesichts der Ab-hängigkeit von Nahrungsmittel-Importen (900.000 Tonnen Reis und Getreide pro Jahr) den Fokus auf den Anbau von Grundnahrungsmitteln legen. Die Klein-bauernförderung sollte dabei im Zentrum stehen, dies verlangt auch eine am Men-schenrecht auf Nahrung ausgerichtete ländliche Entwicklung. Agrartreibstoffe hingegen sind kein Vehikel für eine Ar-muts- und Hungerbekämpfung der Mehr-zahl der ländlichen Bevölkerung.

Roman Herre ist Agrarreferent von FIAN-Deutschland .

Keine Option für Mosambiks KleinbauernAnfang September trafen sich Vertreter der Zivilgesellschaft aus Europa, Brasilien und Afrika in Maputo, Mosambik, um sich eine Woche lang über die Erfahrungen zum Thema Agrartreibstoffe auszutauschen. Klares Fazit des Workshops: Agrartreibstoffe werden nicht angebaut, um die ländliche Bevölkerung mit Strom zu versorgen, und der Anbau der Energiepflanzen verletzt in vielen der berichteten Fälle die Menschenrechte, besonders das Recht auf Nahrung.

Ein Blick auf die Felder: Unproduktives Jatropha

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Projekt: Volle tanks – leere teller?

Chancen und risken für die Produktion und Nutzung von nachwachsenden energierohstoffen in Nord und süd am Beispiel Mosambik

Für die einen ist der Anbau von Mais, Zuckerrohr und Jatropha die Lösung der Energie- und Klimakrise, für die anderen eine Bedrohung ihrer Ernährungssi-cherheit und die Zerstörung der Umwelt. Die oftmals sehr polemisch geführte Debatte über Bioenergien scheint nur Extreme zu kennen. Birgt der Agrartreibstoffboom der letzten Jahre nur Risiken für die Menschen in den Ländern des Südens? Oder können die Agrartreibstoffe auch zur Energiesi-cherheit und Armutsbekämpfung beitragen?

Diese Fragen werden in dem Kooperationsprojekt von KKM (Koordinierungs-Kreis Mosambik e.V.) und ARA (Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Arten-schutz e.V.) diskutiert und analysiert. Dabei werden Aspekte von Umwelt und Entwicklung stärker zusammen gedacht und die Verbindungen beispielhaft dargestellt.

Im Rahmen des Projektes veranstalten wir Workshops und Seminare mit Schü-lerInnen und MultiplikatorInnen aus der umwelt- und entwicklungspolitischen sowie schulischen und kirchlichen Bildungsarbeit und erarbeiten handlungsori-entierte Materialien. Damit wollen wir das Thema in eine breitere Öffentlichkeit tragen und möglichst viele Menschen dafür sensibilisieren, dass unser Konsum hier einen großen Einfluss auf die Entwicklungen in den Ländern des Südens hat. Mit unseren Materialien regen wir einen Perspektivenwandel, zur Empathie und zur kritischen Reflektion und Stellungsnahme an.

Weitere Informationen über das Projekt bei:

KKM ARATabea Behnisch Monika NolleTel: 05 21-12 47 42 Tel: 05 21- 6 59 [email protected] [email protected]

Gefördert wird das Projekt von der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen.