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This article was downloaded by: [Newcastle University]On: 19 December 2014, At: 12:56Publisher: RoutledgeInforma Ltd Registered in England and Wales Registered Number: 1072954 Registered office: MortimerHouse, 37-41 Mortimer Street, London W1T 3JH, UK
disP - The Planning ReviewPublication details, including instructions for authors and subscription information:http://www.tandfonline.com/loi/rdsp20
Vom Wert politologischen Fragens in derPlanerausbildungWolf LinderPublished online: 20 May 2013.
To cite this article: Wolf Linder (1983) Vom Wert politologischen Fragens in der Planerausbildung, disP - The PlanningReview, 19:71, 18-29, DOI: 10.1080/02513625.1983.10708350
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Vom Wert politologischen Fragens in der Planerausbildung Wolf Linder
A. Planung- der Lernprozess eines sozialen Gebildes
Jeder Planer betritt mit seiner Arbeit das Feld des Politischen. Das gilt nicht nur fur die Akquisition seiner Auftrage oder seine Prasenz in Kommissionen und Gemeindeversammlungen, sondern fur seine gesamte Arbeit. Denner beeinflusst politische Fragestellungen und offentliche Entscheidungen als Experte, als Berater, als Vertrauensmann von Behorde oder Stimmburger. Gerade das Feld des Politischen hat sich nun aber fur den Planer verandert. In der Tagespolitik hat Planung an Kurswert verloren. Politiker profilieren sich mit andern Themen, etwa mit dem Versprechen gesunder Staatsfinanzen. 1970 schienen die Perspektiven fur das Jahr 2000 wichtig. Jetzt, 1982, spricht niemand vom Jahr 2012: Beschaftigungslage und Konkurrenzfahigkeit der schweizerischen lndustrie fUr das Jahr 1984 haben Vorrang. Die Erhaltung des Bestehenden ist wichtiger geworden als die Frage nach der Zukunft. Grosse Versuche konzeptioneller Politik - etwa raumplanerische Leitbilder, Gesamtverkehrs- oder Gesamtenergiekonzeption - sind aus verschiedensten Grunden festgefahren. Das ist allerdings nur die halbe Realitat. Planung ist weit uber die engere Raumplanung hinausgewachsen. In allen staatlichen Aufgabenbereichen- der Umwelt-, Bildungs-, Energie-, Gesundheits-, Wirtschafts- und Sozialpolitik, den offentlichen Finanzen - sind zumindest Versuche zu sehen, staatliche Einzelmassnahmen vermehrt zu koordinieren, sie an umfassenderen Program men zu orientieren und auf ihre Wirkungen hin abzuschatzen. Das gilt trotz des geschwundenen Vertrauens in langerfristige Prognosen, trotz zunehmender Skepsis gegenuber den Experten und ihrer Wissenschaft. Und es gilt auch unter veranderten Fragestellungen, wo Planung zu einem Instrument der Redimensionierung- etwa in der kommunalen Zonenplanung und im Strassenbau - geworden ist. Planung ist also abhangig von den institutionellen Bedingungen der Politik wie von den Veranderungen ihrer Fragestellungen und Probleme. Methodologie und inhaltliche Aussagen der Planung konnen nur dann praktische Wirkung erzielen, wenn sie Lernprozesse in Gang setzen. Ganz offensichtlich ist soziales Lernen in lnstitutionen ein langwieriger Prozess. Denn lnstitutionen bedeuten Macht, fur die der Soziologe Karl Deutsch eine der kurzesten Definitionen gegeben hat: Macht ist die Moglichkeit, nicht lernen zu mussen. Langst nicht immer und uberall bieten politische Prozesse, Machtprozesse also, die Chance sozialen Lernens. Ja, man kann in den beschrankten Moglichkeiten institutionellen Lernens den eigentlichen Engpass der Planung erblicken. Obwohl die Metapher von der «Pianung als sozialem Lernprozess» gelaufig ist. wird sie wenig wahr-genommen. Die «Verwissenschaftlichung der Politik» scheint Fortschritte zu machen durch neue Methodologien, Theorien, durch Entscheidungstechniken und Optimierungs-
verfahren vieler Disziplinen. Dagegen bleibt vernachlassigt, wie weit sich mit diesem Wissen soziale Lernprozesse organisieren lassen und was denn die Bedingungen sozialen Lernens uberhaupt sind. Politikwissenschaft versucht. gerade hier ihren Beitrag zu leisten, um ein Auseinanderklaffen zwischen planerischer Methodologie und praktischer Chance sozialen Lernens zu vermeiden. Das ist eine Aufgabe zunachst der Planerausbildung. Der Planer muss unter anderem selbst lernen, was Bedingungen und Chancen sozialen Lernens in der Politik sind. Aus dieser Sicht will ich versuchen, Themenstellungen und Dimensionen der Politologie als Teil der Planerausbildung darzustellen. Es sind «dauernde» Fragen, die mich wahrend der Jahre begleitet haben, in denen ich am Nachdiplomstudium des ORL-Instituts mitwirken durfte.
B. Was leistet Politologie als Wissenschaft?
Jedem, der aus dem einzigartigen Campo von Siena in den Palazzo Pubblico eintritt, wird das Fresco Lorenzettis aus dem 14. Jahrhundert in Erinnerung bleiben: «Gii effetti del Buongoverno». Der Regent und Richter in der Bildmitte ist geleitet von den Tugenden der Treue, der Caritas und Hoffnung, von Frieden, Starke, Klugheit und Mass. Darunter erblicken wir eine Stadt, belebt und in emsigem Schaffen, nicht ohne Lust: Sind es privilegierte Tochter, die leichtfussig, sich haltend, ihren Reigen tanzen? Draussen, ausserhalb der Mauern, die Hugel, Olivenhaine und Felder der Toscana: voile Ernte der Bauern, mit Korn beladene Maultiere, die Jagd mit Falken und Hunden. Wie Lorenzetti dagegen die Auswirkungen des «Malgoverno» dargestellt hat, mussen wir uns selbst ausmalen: Dieses Fresco ist uns nicht erhalten geblieben. Aber Lorenzetti stellt- allegorisch, imaginar- genau die zentrale Frage der antiken Lehre von der Politik, die Frage namlich nach der Notwendigkeit von Macht und Herrschaft, ihre Rechtfertigung, ihre Folgen, und die Frage nach den Bedingungen "guten> und "schlechter11 Regierung. Fur Aristoteles schon war dies gleichzeitig eine empirische wie normative Frage. Er hat namlich die Herrschaftsformen der Monarchie, der Aristokratie und Demokratie auf ihre realen Bedingungen und Auswirkungen untersucht, wie sie ihm aus Mazedonien, Sparta und Athen berichtet wurden. Gleichzeitig hat er sie bewertet nach Regeln der Sittlichkeit und Moral, deren Nichtbeachtung die drei «guten» Regierungsformen in «schlechte» abgleiten lasst: in die Tyrannei, die Oligarchie und die Ochlokratie. Bis in die Zeit der Aufklarung ist die Lehre der Politik vornehmlich bemuht, a us wandelnden Erscheinungen des Staates und der Gesellschaft die uberzeitlichen, allgemeingultigen Handlungsmaximen eines «Buongoverno» herauszuspuren und sie gleichzeitig als «Wahrheit» einer politischen Tugendlehre anzunehmen [1]. In der modernen Politikwissenschaft haben sich die 18
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Gewichte verlagert [2]. Viele ihrer Vertreter versuchen, naturwissenschaftlich-analytische Theoriebegriffe und Methoden fUr die empirische Untersuchung der Politik fruchtbar zu machen. Sie interessieren sich nicht fur «gute» oder «schlechte» Regierung, sondern eher fUr gute oder schlechte Theorien, die das Funktionieren jeder Art von Politik durch moglichst allgemeine Hypothesen, systematisches und methodisch uberprufbares Wissen beschreiben. Diese Wissenschafter malen also nicht Bilder von «buon»- und «mal governo», sondern unterscheiden zwischen guten und schlechten Bildern, guten und schlechten Malern ihrer Zunft. Als Beispiel konnen wir den grossen Soziologen der Jahrhundertwende, Max Weber, nennen: Er hielt es nicht fur richtig, als «Wissenschafter Werturteile» uber den «Politiker» zu treffen. Aber er untersuchte mit immensem kulturhistorischem, soziologischem, juristischem und okonomischem Scharfsinn empirisch die Frage, unter welchen Bedingungen Herrschaft uberhaupt dauerhaft moglich ist und von den Gewaltunterworfenen als «legitim>> hingenommen wird. Weber sieht unterschiedliche soziale Geltungsgrunde fur die Macht eines indianischen Zauberhauptlings, eines mittelalterlichen Konigs oder des Regierungschefs eines modernen Verwaltungsstaates. Er veranschaulicht dies an den ldealtypen «Charismatischer», «traditionaler» und «legaler» Herrschaft. Weber untersucht gerade nicht, ob die Normen der Hauptlinge, Konige und Regierungschefs wahr und richtig sind, sondern er erklart, warum sie «Geltung» haben, d. h. allgemein akzeptiert, befolgt, geahndet oder fur wahr gehalten werden [3].
Fur Weber war das Auffinden allgemeiner «Gesetzmassigkeiten»- im Gegensatz zu den Naturwissenschaften<<nicht Ziel, sondern Mittel der Erkenntnis». Er hielt an einem umfassenden «geistigen», «begrifflichen» Verstandnis der gesellschaftlichen Erscheinungen und ihrer Bedeutung zu einer bestimmten Zeit fest [4]. Anders ein Teil der modernen Politikwissenschaft. Sie «isoliert» eine Frage aus dem politischen Gesamtgeschehen - z. B. den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Konjunktur und Regierungswechseln in Zwei-Parteien-Systemen. Mit elaborierten Messmethoden der empirisch-analytischen Sozialforschung wird sie dabei von einigen wenigen vermuteten «Gesetzmassigkeiten» ausgehen und vereinfachte «Verhaltensmodelle» konstruieren, die prognostisches Wissen versprechen. Hypothesen, Verhaltensmodell und Untersuchungsmethode sind also einzig darauf gerichtet. prognostisches Wissen fur den Zusammenhang zwischen Regierungswechsel und Wirtschaftslage hervorzubringen. Irrelevant ist jedoch, wie sich Modell und Wirklichkeit im ubrigen zueinander verhalten: Werthaltungen der Bevolkerung werden als konstant angenommen; die «soziale Lage» einer Gesellschaft vor dem Regierungswechsel wird nur an Daten des Wirtschaftsproduktes gemessen, und es wird nicht erklart, wie weit eine Regierung die Wirtschaftslage beeinflusst. Der Wissenschaftsmarkt handelt hier mit fotorealistischen Bildern: Er nimmt sich einen kleinen Ausschnitt aus der umfassenden Wirklichkeit. Die Optik des Methodenapparates bestimmt Ausschnitt, Perspektive. Sie gibt Oberflachenbilder eines dreidimensionalen Gegenstandes, reproduzierbar durch die standardisierte Optik. Eine andere Tendenz, vor allem die historisch orientierte Schute versucht die Ganzheit der politischen Gesellschaft und ihrer Entwicklung im Auge zu behalten [5]. Sie untersucht dabei nicht nur die gegenseitigen Wechselwirkungen zwischen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ereignissen, sondern versucht auch, das Selbstverstandnis und die herrschenden Anschauungen der jeweils betrachteten Gesellschaft kritisch zu hinterfragen. Sie wehrt sich also z. B. gegen eine kritiklose Obernahme eines ideengeschichtlichen Bildes der antiken griechi-
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schen Polis als Urzelle der Demokratie und weist darauf hin, dass die rechtlosen Perioken die Sklavenarbeit einer Naturalwirtschaft verrichten, wahrend der Demos der mannlichen Stadtburger sich taglich zur Regelung gemeinsamer Angelegenheiten in offentlicher Rede, Gegenrede und Entscheidung versammelte. Demokratie und Sklavenwirtschaft sind nach heutiger Anschauung nicht mehr vereinbar. Wir gehen aus von universell anerkannten Menschenrechten und von Prinzipien der Demokratie, die ein allgemeines Wahlrecht einschliesst. Aber auch heute heisst «Demokratie» als Ein- oder Mehrparteiensystem, als Staatsform oder als umfassende gesellschaftliche Lebensform durchaus Verschiedenes, und die demokratische Staatsform erfullt andere Funktionen in privat- oder staatskapitalistischen Gesellschaftssystemen. Historische Analysen zeigen also gerade, wie sich die Bedeutung von Begriffen, lnstitutionen und Normen in der gesellschaftlichen Entwicklung verandern. Verwandt damit ist <~kritische Theorie>>. Sie geht von einem dialektischen Geschichtsbegriff aus: Soziale lnteressengegensatze sind zugleich gesellschaftliche «Widerspruche», die zu politischem Konflikt und geschichtlichen Umwalzungen fuhren. Was sie an Abbau von Herrschaft und gesellschaftlicher Ungleichheit hervorbringen, gilt als Sinn menschlicher Geschichte. Kritische Theorie misst sich und andere Theorien an der Fahigkeit, Moglichkeiten solchen Fortschritts aufzuklaren. Sie reflektiert also ihr eigenes Verhaltnis zur Gesellschaft, in der sie lebt. Sie wendet sich gegen ahistorische, isolierende Teilbilder einer blossen «Verhaltenswissenschaft» mit dem Satz: das gesellschaftliche Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Kritische Theorie wurde im Fresco Lorenzettis z. B. die Selbstdarstellung des malenden Kunstlers vermissen, wie er im «Malgoverno» von der Staffelei verjagt wird, weil er eben dieses darstellt, oder wie sich Leute hinter sein Bild scharen, woes Moglichkeiten des «Buongoverno» aufdeckt. Gerade die Politikwissenschaft gibt damit Einblick in die besonderen Chancen, Schwierigkeiten und Methoden der Sozialwissenschaften, die sich eines bestimmten Theoriebegriffs, einer bestimmten Theorie, oder einer Konvention uber ihre Methoden Weniger gewiss sind als einzelne Bereiche der Naturwissenschaften. Das hangt mit dem Erkenntnisgegenstand der Politik selbst zusammen, der sich in weiten Teilen den Bedingungen des wiederholbaren Experiments nicht fugt, aber auch mit dem Verhaltnis zum Erkenntnisobjekt: auch Wissenschafter sind Teil der sozialen Welt, die sie beschreiben, und sie stehen vor dem besonderen Problem, zwischen den Regeln zu unterscheiden, die sie unter sich als Wissenschafter gelten lassen wollen, und jenen, die zwischen ihnen als Mitglieder der Gesellschaft gelten- ob sie wollen oder nicht. Die Entwicklung eigener Erkenntnismethoden und Erkenntnisinteressen gelingt einer Disziplin am ehesten dort, wo sie sich als «Wissenschaftliche Gemeinschaft», als «Schule» auch von ihrer sozialen Umwelt abheben kann. Sie verfugt dann uber eine eigene Sprache, eigene Fragen, und eine eigene Geschichte konkurrierender Theorien und Methoden, die sich ablosen [6]. Ein Teil der kleinen Zunft der schweizerischen Politikwissenschaft [7] orientiert sich daher gerade am internationalen Fachgesprach und Forschungsstand der Politologie. Ein anderer Teil widmet sich eher den spezifischen Fragen einer schweizerischen politischen Kultur. In diesen Arbeiten kommen die Unterschiede der Theoriebegriffe und Methoden weniger deutlich zum Ausdruck. lhr wissenschaftliches Fragen unterscheidet sich weniger vom Alltag. Das kann ein Vorteil sein fur praktisches Fragen. Umgekehrt unterliegt eine wenig professionalisierte und kleine Zunft der Politikwissenschaft aber auch der Gefahr, Normen oder Anschauungen der praktischen Politik
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unbesehen zu ubernehmen, oder wenig Unterstutzung dart zu finden, wo sie vom Bild abweicht, das die Umwelt von sich selber macht.
Zweige, Gegenstiinde und Erkenntnisinteressen politischer Wissenschaft [8]
Zweige der Politikwissenschaft
Politische ldeengeschichte, Demokratietheorie und politische Theorie
Staatstheorie, politische Okonomie und politische Soziologie
Politische lnstitutionen und Prozesse - Parlament - Wahlen und Ab-
stimmungen - Parteien - Regierung und
Verwaltung - Justiz - Verbande
Einzelne Sachbereiche - Aussenpolitik - lnnenpolitik - Wirtschaftspolitik,
Sozialpolitik, usw. Raumordnungspolitik
- Kommunalpolitik
Gegenstande und Erkenntnisinteressen
Welche Prinzipien und Normen bestimmen politisches Handeln oder dienen seiner Rechtfertigung? Lassen sich aus ihrer historischen Entwicklung oder aus ihren Funktionsweisen systematisches Wissen zu Theorien aufbauen?
Welche Funktionen ubernimmt der Staat in einer bestimmten Gesellschaft, warum und mit weichen Folgen? Wie ist staatliche Herrschaft dauerhaft moglich, und entspricht sie ihren eigenen Normen der Rechtfertigung?
Welchen Einfluss haben diese lnstitutionen im politischen Prozess: - dass eine Frage uberhaupt vom politischen System behandelt wird - fur die Artikulation und Durchsetzung bestimmter lnteressen - fur die Legitimation (Rechtfertigung und Sicherung von Folgebereitschaft) politischer Entscheidungen - fur die Durchsetzung politischer Entscheidungen Wie wirken sie gesamthaft zusammen?
- Untersuchung von institutionellen Besonderheiten dieser Politikbereiche - Analyse der lnteressenbildung und der inhaltlichen lnteressenkonflikte dieser Bereiche
Ein oberflachlicher Blick auf die Arbeiten der schweizerischen politischen Wissenschaft liisst einige Schwerpunkte erkennen: - Einer stark historischen Ausrichtung schweizerischer Politikwissenschaft verdanken wir vor allem Untersuchungen uber einzelne lnstitutionen (z. B. der Bundesversammlung seit 1848), uber die Entwicklung des Bundesstaats, uber die schweizerischen Parteien oder uber die Entstehung des modernen Verbandstaats [9]. - lnstitutione/1 orientierte Arbeiten haben sich seit iangem mit dem Funktionieren der Volksrechte, des Foderalismus, der Kollegialregierung, des Zusammenwirkens aller Parteien und Verbande im Konkordanzsystem befasst. Sie sind zugleich als «Besonderheiten>> des schweizerischen politischen Systems fur die international vergleichende Politikforschung von Interesse, weil sie tatsachlich als «Sonderfall» einer politischen Kultur der Konfliktregelung und Konsensfindung aufgefasst werden konnen [10]. - Empirisch-analytisch hat auch die schweizerische Poli-
tikwissenschaft von der starken Entwicklung statistischquantitativer Methoden profitieren konnen, etwa im Bereich der Wahl- und Abstimmungsforschung, der Verwaltungsforschung oder der Machtbildung und -verteilung im schweizerischen Politikprozess [11]. - Hingegen sind inhaltliche Analysen (z. B. uber staatliche Aufgabenentwicklung, uber Wirtschafts- und Sozialpolitik) bisher eher sparlich geblieben [12].
C. Beitrage der Politikwissenschaft zur Ausbildung und Arbeit des Planers
Politikwissenschaft ist keine «Pianungswissenschaft» im engeren Sinn. Weder vermittelt sie instrumentell-technisches Wissen, wie man etwa Strassen baut oder welche wirtschaftlich-sozialen Nebenwirkungen sie haben, noch hat die Politologie eigene Techniken anzubieten zur Frage, welche konkreten Probleme der Politik oder des Aufgabenvollzugs mit andern zusammenhangen und demzufolge zu koordinieren sind. Eher leuchtet sie das soziale Feld aus, worin Planung stattfindet. Sie will dam it dem Planer helfen, sich praktisch in diesem Feld zu bewegen. lch mochte dies an den sieben folgenden Leitthemen verdeutlichen.
1. Zum Verhaltnis von Politiker und Experte
Politiker und Experte nehmen beide am politischen Prozess teil und beeinflussen seine Ergebnisse. Aber sie haben darin eine unterschiedliche Rolle, eine unterschiedliche Funktion. lhr Selbstverstandnis im Alltag lasst sich vielleicht so umschreiben: Der Politikerfindet sich in einer Situation oftener Wahl, in der unter mehreren Handlungsmoglichkeiten entschieden werden muss. Die Ri.ickzonung eines Baugebietes oder die Baubewilligung fur ein Einkaufszentrum nennt er deswegen «politisch», weil jede Situation gepragt ist von unterschiedlichen lnteressenlagen, weil jede Entscheidung notwendigerweise mit Konflikten verbunden ist, und weil selten aile lnteressen gleichmassig befriedigt werden konnen. Der einzelne Politiker sieht es als seine Aufgabe, unter konkurrierenden lnteressen aile inhaltlichen Argumente, aber auch aile Verfahrensregeln und sonstigen Mittel zu nutzen, um «seinen» lnteressen zum Durchbruch zu verhelfen: Er mochte durch die Oberzeugung anderer, durch Kompromissangebote und Gegengeschafte, oft aber auch durch Verweigerung seiner Zustimmung einen Entscheid herbeifuhren, der seinen (partiellen) lnteressen moglichst entspricht. Anders der Experte. Sowohl in der Frage der Ruckzonung wie der Bewilligung eines Einkaufszentrums gibt es wirtschaftliche, technische, oder eben planerische Fragen und Zusammenhange, die der Politiker nicht zureichend beantworten zu konnen glaubt. Der Planer und Experte halt sich in der Regel an zwei Dinge. Er wird sich erstens bemuhen, die Fragestellung zumindest nicht in Frage zu stellen, d. h. er wird uber den <<Sinn» der Ruckzonung oder des Einkaufszentrums keine grossen Worte verlieren, auch wenn er seine eigenen Gedanken dazu hat. Zweitens wird er die Frage nach den Regeln seiner Zunft behandeln, also nach den Methoden, Begriffen und Theorien seines Fachs, die er mit andern Berufskollegen teilt. Er wird also von <<Sachproblemen» sprechen und von <<sachgerechten» Vorschlagen- gerade weil seine Berufskollegen die Sache iihnlich sehen wurden und mit den gleichen «bewahrten» Verfahren und Erfahrungen zu iihnlichen Resultaten kamen. Der Politiker, der einen Experten aus der Verwaltung oder von ausserhalb beizieht, vertraut im Grunde auf zwei Dinge: Dass die Regeln der Zunft durch die gegenseitige Kontrolle der Fachleute eingehalten werden, und dass die Expertenresultate fur ihn brauchbar sind. 20
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Beim Sozialwissenschafter erwecken sowohl das Selbstverstiindnis des «Politikers)) wie des «Experten>> Skepsis. Einerseits: Warum hat der Politiker fur ganz bestimmte Fragen den Wunsch, «Fachleute)) an seiner Stelle sprechen zu lassen und fur andere Fragen nicht? Verfolgt er mit seiner Unterscheidung «politischer)) und «fachlicher)) Fragen nicht auch bestimmte lnteressen? Andererseits: Kann der Experte zwischen seinem Wissen, seinen eigenen und fremden politischen Zielen eine Trennungslinie ziehen? Sozialwissenschafter haben versucht. das Verhaltnis von Politiker und Experte zu hinterfragen. Eine Typologie, die heute oft benutzt wird [13]. deckt auf, dass in der Realitat verschiedene Rollenverhiiltnisse zwischen Experte und Politiker zu finden sind, und dass sie auch einem unterschiedlichen Verstiindnis von «Sachwissen)) und «politischer Entscheidung)) folgen:
- das dezisionistische Modell: Hier wird nach einer strikten Trennung von instrumentellem Wissen und wertresp. interessenbezogenem Handeln der Politik gesucht. Der Experte sucht nach den geeigneten Mitteln, um vorgegebene Ziele des Politikers optimal, d. h. mit gl.instigstem Verhiiltnis von Aufwand und Ertrag zu realisieren. Der Politiker besitzt also die gesamte legitime Macht, um Ziele zu bestimmen, der Experte liefert (wertneutrales) Wissen, sie zu realisieren. Wissen ist Dienst an der Macht - oder Dienst an der Sache. - das technokratische Modell: Es entspricht einem ande-ren Weltbild. In der technisch-industriellen Gesellschaft folgt Politik nicht mehr grundsiitzlich veriinderbaren Werten oder wiihlbaren Zielen. Sie wird bestimmt von Sachgesetzlichkeiten und Sachzwiingen des wirtschaftlichindustriellen Wachstums und Fortschritts. Diesen Fortschritt in Gang zu halten, wissen die Experten am besten, und es ist auch am besten, wenn der Politiker ihrem Rat folgt und durch Offentlichkeitsarbeit legitimiert. Man konnte nach dem geliiufigen Sprichwort sag en: Wissen ist Macht.
- das pragmatische Modell: Es verwirft sowohl die absolute Trennung von instrumentellem Wissen und wertbezogenem politischen Handeln als auch die Ersetzung von Politik durch die Sachgesetzlichkeiten der technisch-industriellen Welt. Jedes Sachwissen geht von bestimmten Werten, lnteressen und normativen Vorstellungen wunschbarer Welten aus, und jedes politische Handeln erfordert Wissen tiber das sachgesetzliche Funktionieren der Welt. Weil beide- auf ihre Art- politische Wertentscheidungen treffen, und weil beide sich an Sachwissen orientieren, ist zwischen Experte und Politiker ein stiindiges gegenseitiges Gespriich, sind stiindige lnteraktionen zwischen beiden Rollen erforderlich. Das Modell liest das arabische Sprichwort «Wissen ist nichts ohne Macht)) in beiden Richtungen.
Unschwer lassen sich diese Typen der Zusammenarbeit zwischen Experten und Politikern auch in der schweizerischen Politik finden. So entspricht nach verbreiteter Meinung der «unpolitische)) Verwaltungsjurist in etwa dem dezisionistischen Modell, wenn er Gesetze «vollzieht)) und «anwendet)). Zl.ige des technokratischen Modells finden wir im Bereich der ausserparlamentarischen Kommissionen des Bundes, welche Studien, Gesetzgebungsund Verordnungsentwurfe erarbeiten oder im Vollzug von Aufgaben mitwirken. Viele ihrer Experten sind Direktinteressierte - aber es wird unterstellt, sie wussten genau zwischen ihren Einzelinteressen und den «Sachgesetzlichkeiten)) der offentlichen Aufgabe zu unterscheiden. Wenn also beispielsweise das Priisidium der Gesamtenergiekommission 1974 dem Verwaltungsratspriisidenten der Motor Columbus anvertraut wurde, so kann man darin eine Trennung von «Politik)) und «Sachfrage)) sehen -oder aber eine soziale Technik, «politische)) Fragen in
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«Sachfragen)) umzumunzen, in denen das Direktinteresse des Experten angeblich keine Rolle spielt. Typisch fi.ir die kleingesellschaftlichen Verhiiltnisse der Schweiz scheint aber das pragmatische Modell zu sein: Traditionellerweise lassen sich bei uns Fachleute, Experten oder Professoren gern in politische Behorden wah len; das Milizsystem lebt geradezu von Personen, die Doppelrollen als Politiker und Experten kumulieren. Typisch ist aber auch, dass Fachleute und Experten zusammen mit Politikern und privaten lnteressenvertretern in vorberatende Kommissionen, in Behordenkommissionen oder Studienkommissionen delegiert werden, oder dass die Behorden Wert auf eine enge Zusammenarbeit mit privaten Fachleuten im gesamten Entscheidungsprozess legen [14]. Diese Modelle fuhren uns aber auch eine je spezifische Problematik im Verhaltnis zwischen Experte und Politiker zutage. lm dezisionistischen Modell entspricht die Trennung von Werten und Wissen der Trennung von Zielen und Massnahmen: Die Mittel, das Sachwissen werden fur «Wertneutral)) und «unpolitisch)) gehalten. Diese Annahme wird aber in der realen Politik oft bestritten: Die Mittel heiligen nicht jeden Zweck. Insbesondere der Raumplaner, der aus offenen Zweckgesetzen detaillierte Ziei-Massnahmenprogramme formuliert, erlebt eine ganz andere Realitiit, als das dezisionistische Modell vorgibt: gerade die «Mittel)), je konkreter etwa Strassenprojekte und Anordnungen in Zonenpliinen sind, werden zunehmend als politisch kontrovers empfunden. Das technokratische Modell fl.ihrt auf eine spiegelbildliche Problematik, weil es das Abhiingigkeitsverhiiltnis von Fachmann und Politiker umzukehren scheint: Letzterer wird zum Vollzugsorgan einer wissenschaftlichen lntelligenz, welche die Anpassung an einen naturgegebenen wirtschaftlichtechnischen Fortschritt ermoglicht. Die Expertentechnokratie ist aber zunehmend in Verruf geraten, weil wir in weitesten Lebensbereichen vor grundlegenden Wertkonflikten stehen, etwa zur Frage von Wachstum und Umwelt. Es sind solche Wertkonflikte, an denen heute z. B. umfassende Stadtentwicklungskonzepte politisch scheitern. Das Fachwissen erfullt jene Funktionen nicht mehr, die der (technokratische) Politiker gerade erwartet: Seine Entscheidungen zu legitimieren, oder ihm gar Entscheidungslast abzunehmen. Das dritte, pragmatische Modell scheint beide Fallen zu umgehen: Es vermeidet die strikte Trennung «fachlichen> und «politischer)) Entscheidung. Vielmehr wird im stiindigen gegenseitigen Gespriich ermittelt, was fur beide als eher politischer, was als fachlicher Beitrag zur Losung des Problems anzusehen sei. Insbesondere in der Raumplanung, als stiindiger, prozesshafter Aufgabe, ist dieses Verhiiltnis von Experte und Politiker sicherlich das angemessene. Es setzt aber auf Seite der Politik ein Verfahren voraus, das dieses kritische Wechselverhiiltnis auch sichtbar und uberprufbar fur die weitere Offentlichkeit macht - und diese Bedingungen sind nicht immer gegeben. Und auf Seite des Experten setzt es voraus, dass er fiihig ist, mit der Verschiebung der Trennungslinien zwischen <~Fachwissen)) und <~Politikn
umzugehen [15]. lch mochte das die Sensibilisierung fi.ir das Politische nennen, und sehe es in mehreren Dimensionen:
2. Die Sensibilisierung fi.ir das Politische
a) Erkennen des Politischen
Meist reagiert der Politiker auf Anstosse «seiner>> Klientel, «seiner>> Wiihlerschaft. Er formuliert deren Probleme auf spezifische Weise um: was kann der Staat fUr sie tun, was findet breiten politischen Konsens und ist deshalb machbar. Wo das Machbare dominiert, wird nicht lange tiber Ziele gestritten. Selbst in planerischen Aufgaben, zu denen sich Politiker gesetzlich verpflichtet haben, ist das
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so. Der Experte wird bemerken, dass sich Parlamentarier meist an der kurzfristigen oder speziellen lnteressenlage ihrer Region und ihrer Klientel orientieren. Eher spricht die Exekutive uber langerfristige oder grundsatzliche Ziele- aber aus der Optik ihrer Behbrdenrolle, und ohne bffentliche Diskussion mbglicher oder gar augenscheinlicher Konflikte. Langerfristigen, grundsatzlichen und ubergreifenden lnteressen und ihren Konflikten wird aus dem Weg gegangen. Der Planer muss sie oft selbst erkennendenn gerade aus seiner fachlichen Perspektive weiss er, dass sie mit Sicherheit auftauchen werden. Als Fachmann fur das Langerfristige, fUr ubergreifende Problemzusammenhange, Ursachen und Wirkungen formuliert der Planer Alternativen. Sie zeigen, was wir nicht gleichzeitig tun kbnnen. Als Experte der Politik muss er noch einen Schritt we iter gehen: er muss fahig sein, Alternativen als politische Optionen darzustellen, die zeigen, was wir nicht gleichzeitig wollen kbnnen. Das setzt voraus, dass er das Wert- und Konflikthafte seiner Facharbeit erkennt und als wirtschaftlich-soziale Bezuge auch anerkennt. Vor 10, 15 Jahren waren Verkehrsplaner geneigt, die «Kosten» des Larms oder der Umweltverschmutzung zu vernachlassigen. Sie befanden sich damit in bester Gesellschaft mit jenen Okonomen, welche die sozialen Kosten aus ihren Oberlegungen ausklammern, soweit sie auf dem Markt nicht erscheinen und daher auch keinen «Marktpreis» haben. lnzwischen hat politischer Widerstand in der Bevblkerung dazu gezwungen, Verkehrsprojekte vermehrt auch auf ihre sozialen Kosten und Nutzen hin zu untersuchen. Bewertung und Bewertungsverfahren erweisen sich dabei als Frage, in welcher fachliche und politische Aspekte eng ineinandergreifen - und kontrovers bleiben, wie die Arbeiten der Kommission Biel zeigen. Von Bedeutung ist aber der folgende Punkt: Fruher konnte der Verkehrsplaner in vielen Bereichen davon ausgehen, dass die Vernachlassigung der Umweltkosten als fachtechnische oder methodische Pramisse akzeptiert wurde. Heute wurden wir eher sag en: es war eine inhaltliche Option, sie mit <<Null» zu bewerten, und es ist eine Option, die heute politisch nicht mehr akzeptiert wird. Das Beispiel zeigt uns die Verlagerung der «Grenzen» - oder besser: die Verlagerung wichtiger lnterdependenzen -zwischen Fachwissen und politischer Wertung. Das ist zwar tagliches Brat fur jeden Fachmann. Es verlangt aber, dass der Experte nicht nur den Wertwandel- die Verlagerung von Zielen, Prioritaten und Konflikten- in der Politik nachvollzieht, sondern auch die in seiner eigenen Arbeit ubernommenen Wertungen und seine eigenen lnteressen gewissermassen mit drittem Auge wahrnimmt.
b) Anerkennen des Politischen und des Konflikts
Wo sich die Grenze zwischen Fachlichem und Politischem verschiebt, sieht sich der Fachmann oft bedroht. Seine Fachfrage wird <<verpolitisiert». Planungen werden «verwassert». Die Politik schneidet an einem Stuck, in das der Planer mit seinen Absichten und seinem fachlichen Handwerk auch etwas von sich selbst investiert hat. Sich davon zu trennen fiillt schwer. Es gibt Experten und Planer, die daher ein gestbrtes Verhaltnis zur Politik haben. Politikwissenschaft versucht, den Planer vor einem solch gestbrten Verhaltnis zu bewahren. Sie fuhrt vor, dass die soziale Welt strukturiert ist von unterschiedlichen Werten, gegensatzlichen lnteressenlagen, und damit von der Notwendigkeit des Konflikts in kollektiven Entscheidungen. Sie betrachtet die institutionellen Verfahren und Grundwerte der Demokratie als Realitat wie als Mbglichkeit, soziale Konflikte auf friedlichem Wege auszutragen, sowie Herrschaft auf vertretbare Art auszuuben. Politologen fuhren Fehler und Mangel der Demokratie vor Augen, aber auch eine ihrer zentralen Voraussetzungen: dass die lnteressen und Argumente des Andern in der politischen
Auseinandersetzung als ebenso legitim betrachtet werden wie die eigenen. Wo der Planer lernt, fremde lnteressen als legitim anzuerkennen, wird er auch zu seinen eigenen unbefangen stehen kbnnen. Er geht mit der Politik und ihren Konflikten anders um, wenn er sie nicht als Beschneidung seiner Plane, sondern als Prozess wechselseitiger Veranderung der Interpretation von Werten und Bedurfnissen erlebt.
c) Umgang mit dem Politischen
Wo der Planer lernt, gegensatzliche lnteressenlagen zu erkennen und als Bedingung seines Arbeitsfeldes anzuerkennen, sind Bedingungen gegeben, auch als Fachmann mit politischen Konflikten umzugehen. Zwei Dimensionen scheinen mir darin besonders wesentlich: Komplizierung und Vereinfachung: Ein lngenieur, der vor der Aufgabe steht, die lokalen Wasserversorgungsnetze zu einem kantonalen Verbund zusammenzuschliessen, verfugt uber einen reichen Erfahrungsschatz eines <<optimalen» Systems. Die theoretisch einfache Aufgabe, ein System mit unempfindlichen Teilnetzen, bestmbglicher Ausschbpfung von Reserven und kleinstmbglichem Aufwand zu schaffen, wird zu komplexen technischen Schlussfolgerungen fuhren. Der Experte erfullt seine Funktion dann gut, wenn er im politischen Entscheidungsprozess aile jene, aber nur jene Schlussfolgerungen hervorhebt, die auch politisch relevant sind. Das Interesse der Gemeinden wird sich darauf beschranken, ob das Gesamtsystem zusatzliche Versorgungssicherheit gewahrleiste, ohne einzelne von ihnen schlechterzustellen. lm kantonalen Richtplan wird man sich mit der Festsetzung jener Systemelemente begnugen kbnnen, welche fur den regionalen Verbund unerlasslich sind, und diese Festsetzung fuhrt zu zwei einfachen Folgen: uberbrtlich definierte Elemente sind auch in den Gemeinden den Anforderungen des Gesamtsystems anzupassen, wo sie ausgebaut werden, und in der Regel wird dies auch zu einer anderen Kostenverteilung zwischen Kanton und Gemeinde fuhren. Aus einer komplexen fachtechnischen Analyse jene Fragen herauszugreifen, die politische Optionen enthalten, ist zugleich Aufgabe von Planer und Politiker. Es ist ein Prozess gleichzeitiger Komplizierung und Vereinfachung. Der Experte wird sich vor zwei Dingen huten: vor zu schneller Vereinfachung - weil sie politische Optionen mbglicherweise unbemerkt lasst, und vor zu grosser Komplizierung, in der Politiker den Wald vor Iauter Baumen nicht mehr sehen. Das schwierigste aber ist die gegenseitige Verstandigung uber <<Wichtige Optionen»: die fachlich-technischen und die politischen sind haufig nicht diesel ben und mussen sich im Planungsprozess finden. Adaquater Umgang mit echten und unechten Konflikten: Zu erwarten ist, dass der lngenieur im obigen Beispiel auf Widerstand stbsst, dass ein <<Optimales» System aus «politischen Grunden» nicht realisierbar ist. Als echten Konflikt kbnnte man die Situation bezeichnen, dass der uberregionale Verbund nur realisierbar ist, sofern von bestimmten Gemeinden Opfer (z. B. die Verschlechterung ihrer eigenen Versorgung) verlangt werden. Von einem unechten Konflikt wurde der Planer etwa sprechen, wenn die Gemeinden die Kooperation nicht wegen dem Wasserleitungsprojekt verweigern, sondern weil sie generell schlechte Erfahrungen mit der kantonalen Verwaltung gemacht haben oder misstrauisch sind gegen die Beschneidung der Gemeindeautonomie. lm dezisionistischen Modell begnugt sich der Experte damit, im echten wie im unechten Konflikt jene Behbrde zu unterstutzen, die auch ihm Autoritat verleiht. Und ein Technokrat wird zumindest auf den unechten Konflikt zwischen Gemeinden und Kanton nicht eingehen, weil er ihn fur «unsach-lich» halt. 22
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Anspruchsvoller ist das pragmatische Modell. Der Planer wird versuchen, den echten Konflikt mit seinen Mitteln zu entscharfen, also beispielsweise mit einer technischen Alternative. Gelingt dies nicht, so geht er der Versuchung aus dem Weg, den echten lnteressengegensatz zwischen Kanton und Gemeinde zu verwischen. Eher sucht er die Folgen der Praferenzen beider Beteiligten bestmoglich auszuleuchten. Ein wissenschaftliches Entscheidungsverfahren, das ersehen liesse, ob wirklich das Gesamtinteresse des Kantons oder das lokale der Gemeinde schwerer wiege, gibt es allerdings nicht. Wenn auch die Beteiligten zu keinem kompromissfahigen, gemeinsamen Interesse zusammenfinden, bleibt der echte politische Konflikt. Sind Argumente oder Zeit erschopft, wird entschieden. Der Ausgang hangt ab von der grosseren institutionellen Macht (z. B. den formellen Kompetenzen) oder Stimmenmacht (z. B. in Mehrheitsentscheiden der Behorden). Aber der Entscheid kann an Rationalitat gerade dann gewinnen, wenn die Folgen unterschiedlicher Praferenzen vorher besser bekannt geworden sind: Er ist vertretbarer und kann von der Minderheit auch eher hingenommen werden.
Schwieriger wird es bei unechten Konflikten. Aile lnstitutionen und Gruppen (Behorden, Verwaltung, Unternehmen, Parteien) machen sich auch ein ganz bestimmtes Bild von ihrer Umwelt. Dieses ist selektiv, d. h. es nimmt nur ausgewahlte Aspekte der Wirklichkeit wahr und filtert andere aus. Das kann lnstitutionen und Gruppen den Blick fur die Vorteile gegenseitiger Zusammenarbeit verstellen, besonders dann, wenn gesellschaftliche lnteressengegensatze starker hervortreten, wie jetzt, wo das Wirtschaftswachstum die Funktion sozialen Ausgleichs weniger oder nicht mehr erfullen kann. Auch wo lnstitutionen sich abkapseln, werden der Wandel von Werten oder andere Umweltveranderungen nicht mehr registriert. Beruhrt Planung ein Feld solcher gegensatzlich abgeschirmter Weltbilder und Werthaltungen, so aktualisiert sie den zuvor nicht ausgetragenen Konflikt: Sie wird zum stellvertretenden Objekt, zum Reprasentanten eines andern Gegensatzes. Der Konflikt ist zugleich echt und unecht. Echt ware er im obigen Beispiel vielleicht deshalb, weil das Misstrauensverhaltnis zwischen Kanton und Gemeinde seine Grunde hat: Die Kommune mag sich schon wiederholt nachteiligen Entscheidungen des Kantons gefugt haben mussen. Unecht ist der Konflikt nur insoweit, als die Gemeinde im aktuellen Streit ubersieht, dass hier trotz grundlegender lnteressengegensatze Moglichkeiten der Kooperation bestehen. Planer, welche die «unechten)) Konflikte nicht als «unsachlich)) verdrangen, sind zunachst einmal fahig, neue politische Optionen mit einer besonderen Absicht zu formulieren: Sie dienen in erster Linie als Einladung zum Gesprach, als Vorschlag, welcher Kooperation erst in Gang setzt. Dies kann unter zwei Voraussetzungen gelingen: Erstens, wenn tatsachlich Optionen moglich sind, die den Beteiligten durch Kooperation beiderseits Vorteile in Aussicht stellen, und zweitens, wenn im engeren Bereich des Planungsproblems gegenseitiges Misstrauen abgebaut wird, durch Kooperation das grundsatzliche Wertmuster der Gegenseite ubernehmen zu mussen. Der Planer kann in den heutigen prekaren Balancen von Konfrontation und Kooperation dazu beitragen, dass die knapp gewordenen Handlungsspielraume der Politik durch Koordination nicht notwendigerweise verkurzt, sondern erweitert werden.
Unter solchen Bedingungen verschiebt sich das Problem der Planung. Der Experte wird sich grosste Zuruckhaltung auferlegen, fertige lnhalte und kunftige «Zustande)) fur andere zu bestimmen. Weit eher wird Planung zu einer Organisationsfrage. Der Experte wird helfen, Organisatio-
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erlauben, ihre planerischen Probleme selbst politisch zu Ibsen.
3. Vertraut werden mit den politischen lnstitutionen
Warum setzt sich die Raumplanung in so vielen Fallen gegenuber andern Amtern einer Departementalverwaltung nicht durch? 1st es ein Vorteil oder ein Nachteil fur die Planung, wenn aile grosseren Parteien in den Kollegialbehorden der Exekutive zusammenarbeiten? Warum haben Grundeigentlimer und Gewerbe einen so hohen Einfluss auf eine Ortsplanung, auch wenn sie nur einen geringen Anteil demokratischer Stimmenmacht auf sich ziehen? Warum beurteilen Parlamente eine Planung haufig nur nach regionalen Sondergesichtspunkten? Haben Parteiparolen einen Einfluss auf den Ausgang einer Planungsabstimmung, und warum scheitern Vorlagen beim Volk, in denen sich Behorden, Parteien und lnteressenverbande vorher einig waren? Politikwissenschaft sammelt solche Erfahrungen systematisch und versucht, sie zu erklaren. Sie lehrt uns den politischen Prozess verstehen: Die Wege und Mittel, durch die eine Frage von den politischen lnstitutionen uberhaupt aufgenommen wird, die Mechanismen des Gesetzgebungsverfahrens uber Verwaltung, Expertenkommissionen, Vernehmlassungsverfahren, parlamentarische Kommission, Parlament und Referendumsabstimmung. Sie zeigt uns, wie ein politisches Problem dabei aufgegriffen, beschleunigt, verzogert, aufgeblasen, geschrumpft, verdunnt oder mit anderen Fragen zu einem Paket verschnurt wird, das die notwendige Zustimmung findet. Sie zeigt uns die typischen Ergebnisse schweizerischer Konkordanzpolitik als einen stromlinienformigen Kompromiss, der gegenuber den vielen Einzelinteressen moglichst wenig Widerstand erzeugt. Politikwissenschaft versucht also, das Funktionieren unserer lnstitutionen aufzuzeigen. Einige dieser Mechanismen hat die schweizerische Forschung mittlerweile recht gut aufgehellt, so etwa die Arbeitsweise des Parlaments, die Zusammenhange zwischen dem Referendum und dem Einfluss der Verbande und weiterer privater Organisationen, oder die zentrale Rolle privat organisierter lnteressen bei der Definition dessen, was als «offentliches>> Interesse uberhaupt vom Staat geregelt, gefordert, verboten oder mitgestaltet werden soli. Vor allem die Welschschweizer Politologen haben das Feld der Kommunal- und Regionalpolitik von den Agglomerationen bis zu Berggemeinden mit hochst aufschlussreichen Studien beackert, und neuerdings wissen wir mehr uber die Motive des Stimmburgers wie der Stimmabstinenten, aber auch uber ihre Bereitschaft, komplexe Fragen uberhaupt nicht aufzunehmen, wo sie doch mit dem Stimmzettel auf ein schlichtes Ja oder Nein ohne Wenn und Aber zu reduzieren sind [16). Ober viele Fragen wissen wir allerdings wenig Bescheid, z. B. uber den genaueren Veri auf der Entscheidungsprozesse in der nebenamtlichen Milizverwaltung, die einen erheblichen Anteil offentlicher Aufgaben erfUIIt. Neue Forschungsergebnisse stellen scheinbar bewahrte, oft zentrale Hypothesen in Frage. Kontrovers ist z. B. mehr und mehr geworden, wie weit die breiten Beteiligungsmoglichkeiten unserer politischen lnstitutionen tatsachlich zu einem offenen Pluralismus und dezentraler Machtverteilung fuhren, oder ob nicht eine ralativ kleine Machtelite einen erheblichen Einfluss auf die wichtigsten Entscheidungen ausubt. Das «Wissen)) der Politikwissenschaft ist also hochst unvollstandig, und es ist in vielen Fallen auch kontrovers. Was an «Gesetzmassigkeiten)) uber lnstitutionen bekannt ist, hat allenfalls Wahrscheinlichkeitscharakter, und beruht daruber hinaus auf einer bestimmten Interpretation von Wirklichkeit. Das wiederum hangt von einer
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Sichtweise der Sozialwissenschaften ab, welche das soziale Ganze nicht als starren Mechanismus auffassen, sondern als etwas nie Fertiges, als etwas Geschichtliches, worin sich lnstitutionen, ihre Regeln und Probleme, gar ihr Selbstverstandnis mitverandern. Gerade das nun mochte Politikwissenschaft vermitteln. So mochte sie die politischen Bedingungen erhellen, unter denen sich die Problematik offentlicher Planung in der Geschichte der Nachkriegszeit verandert hat: Vom wirtschaftlichen Breitenwachstum der funfziger Jahre, von der wirtschafts- und sozialpolitischen Nachholphase der sechziger Jahre, bis in das letzte Dezennium, in der wirtschaftliche und planerische Trendwenden einige Parallelen aufweisen. An der Geschichte der offentlichen Aufgabenplanung lernt der Planer die spezifischen politischen Schwierigkeiten seines Berufs naher kennen. Er erfahrt, dass es neben ihm im politischen Prozess wenig Advokaten fUr langerfristige Perspektiven, fur umfassende Sachzusammenhange, ihre Ursachen und Folgen, und fUr eine entsprechende programmatische Ausrichtung der Politik gibt. Es lassen sich einleuchtende Hypothesen formulieren, warum die Verhandlungsprozesse der schweizerischen Konkordanzpolitik auf den kurzfristigen Ausgleich gut organisierter lnteressen tendieren, warum der organisierte Pluralismus aber andererseits wenig organisierbare lnteressen oder Befurfnisse von Gruppen vernachlassigt, die keine wichtigen wirtschaftlichen Leistungen anbieten oder verweigern konnen. Solche Hypothesen machen anschaulich, warum die Raumplanung erst immer mit chronischer Verspatung zur politischen Aufgabe geworden ist, oder warum die Frage von Bodenrechtsreformen praktisch auf die Rechtsfortbildung der Gerichte beschrankt blieb. Der Planer lernt den politischen Konsens, oder die begrenzte Konfliktregelungsfahigkeit unserer lnstitutionen als den entscheidenden Engpass des Planens kennen. Und es gibt mittlerweilen eine stattliche Anzahl von politologischen Planungsstudien, die uns zeigen, wie sich diese beschrankte Fahigkeit zur Konfliktregelung in der Praxis der Stadtentwicklungsplanung, der kantonalen Wirtschaftspolitik, in der Forschungspolitik, im Spitalwesen, in der Forschungspolitik, im Strassenbau auswirken kann [17]. Zugleich wird der Planer Politisches finden, wo er es nicht vermutet, namlich in den «Vollzugsprozessen» der Verwaltung. Er wird sehen, dass die akademische Frage nach dem Verhaltnis von «Ouerschnittsplanung» oder «Fachplanung)) in der Praxis stets einen politisch werthaften Konflikt ausdruckt, etwa als Frage, ob raumplanerische gegenuber bildungspolitischen Oberlegungen Prioritat haben, wenn es um den Standort einer neuen Mittelschule geht. Der Planer wird dabei die Vorzuge des Kollegialsystems der schweizerischen Regierung einzuschatzen lernen, und er kann sich ein Bild machen von durchaus unterschiedlichen Koordinationsprozessen in der Kleinverwaltung und in einer formalisierten, grosseren Burokratie. Er gewinnt Einsicht, warum Verwaltungsstellen mit bestimmten Klientelgruppen zusammenarbeiten, mit andern nicht, und warum Verwaltungsstellen im Bereich der Leistungsaufgaben Iieber mit Privaten kooperieren als einseitige hoheitliche Zwangsmittel anwenden [18].
4. Staatliche Planung- cui bono?
Wem dient Politik, wem dient staatliche Planung? Fur die Vertreter der klassischen Lehre von der Politik war das zunachst eine Frage der Moral. Heute sind wir geneigt zu unterscheiden. Fur einige Wissenschafter ist die Wahl von Zielen und Werten eine blosse Frage der vorfindlichen Machtverhaltnisse. Was aber Macht ist, welche Macht «guh oder
«schlechh, ob Macht gar als solche schlecht ist, daruber finden wir die verschiedensten Antworten. Einige von ihnen fragen etwa, ob es vertretbare Gesprachsverfahren gibt, um sich iiber Werte und Ziele des praktischen Lebens zu einigen. So gilt fur einige Vertreter der zeitgenossischen angelsachsischen oder deutschen Philosophie der «herrschaftsfreie Diskurs» als Ideal, in dem sich die Mitglieder der Gesellschaft freiwillig, und gegenseitig einsichtig, uber gemeinsame Werte einigen konnen, die fUr aile verbindlich sind [19]. Die Prinzipien der Demokratie verwirklichen davon etwas durch Beteiligung aller an den staatlichen Entscheidungsverfahren und durch die offentliche Diskussion, die dazu zwingt, Werte und Entscheidungen zu begrunden, vertretbar zu mach en vor den Vertretenen. Trotzdem sind diese Verfahren nicht «vollkommen)). Denn real ist es so, dass sich unter ungleichen Gesellschaftsverhaltnissen auch nicht aile ihrer Mitglieder in gleichem Masse Gehor verschaffen konnen. Demokratische Entscheidungsverfahren gelten nur im Staat, aber nicht in weitesten Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Und wir haben nie endlos Zeit, uns uber gemeinsame Werte zu verstandigen: Minderheiten mussen sich Mehrheiten fligen. Gerade in der Politik stellen wir fest, dass Ziele oft nicht erreicht werden. So haben sich trotz aller Bemuhungen der Raumplanung grundlegende, unerwunschte Entwicklungstendenzen in unserm Land nicht aufhalten lassen. Dazu gehoren die Ungleichgewichte regionaler Entwicklung, die Vergrosserung von Einkommensdisparitaten, die Entleerung von Berggebieten oder die Zersiedlung. Praktisch orientierte Wissenschaft kann hier wichtige Beitrage leisten, wenn sie nach Voraussetzungen, Bedingungen und Moglichkeiten zur Erreichung eines Ziels fragt. Raumplaner werden hier vor allem nach Fehlern auf der Ebene des planerischen Mitteleinsatzes suchen. Der Okonom kann zur Auskunft geben, dass die staatlich-politischen lnstrumente vielleicht unzureichend sind, um den wirtschaftlichen Prozess raumlicher Konzentration und Nutzungsverdrangung in andere Bahnen zu lenken. Er kann darauf aufmerksam machen, dass politische Ziele mit bestimmten «Gesetzmassigkeiten» des Marktes nicht in Obereinstimmung stehen. Der Politologe schliesslich erhellt, warum fUr bestimmte Ziele unter bestehenden Machtverhaltnissen kein Konsens oder kein Durchsetzungsinteresse verfugbar war. Aber es gibt noch eine zweite Ebene, namlich die Art und Weise, wie Politik mit Zielen und Werten umgeht. Unschwer lasst sich zeigen, dass die Politik sich wohl an Worte halt, nicht aber an das, was sie darunter versteht. So diente das Ziel des «Foderalismus» in der Wachstumsperiode vor allem dem Abbau von Ungleichheiten durch zusatzliche staatliche Mittel und verstarkte Bundeskompetenzen, gerade um die «schwachen» Kantone ausgleichend zu fordern. Heute dagegen gilt Foderalismus als Ziel einer Dezentralisierung der Politik angesichts der Finanzkrise des Bundes, wobei Kosten individualisiert werden- sei es institutionell auf Kantone und Gemeinden wie beim Wohnungbau, sei es individuell wie beim Subventionsabbau der Krankenkassen [20]. Sodann finden wir gleichbleibende Politiken, die bis zur Mitte der siebziger Jahre mit dem Ziel des Wirtschafts- und Bevolkerungswachstums und neuerdings mit dem Ziel der Erhaltung der Arbeitsplatze begrundet werden- wie etwa der Parkhausbau in Stadtzentren.
Ziele konnen also- je nach Veranderung der wirtschaftlich-sozialen Situation - eine andere Bedeutung fur die Handlungsorientierung der Politik erlangen, und es gibt Massnahmen, welche die Politik unter verschiedenen lielen oder Werten zu rechtfertigen versteht [21].
Das verweist auf die Vieldeutigkeit von «Zielen)) und «Wertem) in der Politik. Ganz offensichtlich lebt die Politik 24
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von uberzeitlichen gesellschaftlichen Werten, wie «Demokratie», «Freiheitll, «Gieichheitll, «soziale Gerechtigkeitn, und sie sind als solche kaum kontrovers. Denn in ihnen haben sowohl Vorstellungen fur die Bewahrung der gegenwartigen Gesellschaft wie die verschiedensten Hoffnungen fur ein besseres Leben in einer besseren Gesellschaft Platz. Oft begrundet die Politik mit grossen Werten kleine Dinge, oder Dinge, die nur im konkreten Interesse weniger liegen. Denn grosse und unbestimmte Werte stiften Konsens, lassen Konflikte vermeiden, weil sich jeder einen andern Reim machen kann. Kontrovers werden solche Werte aber dann, wenn sie auf konkrete, gegensatzliche soziale lnteressenlagen bezogen werden: Maturanden verlangen «Chancengleichheit» und daraus einen ungehinderten Zugang zu akademischen Studien; Arztevereinigung oder andere berufsstandische Organisationen verstehen «Freiheit)) als Moglichkeit, den Nachwuchs in eigenem Interesse zu bremsen, und verlangen deshalb den versteckten oder offenen «Numerus clausus)) an den Hochschulen. Mit dem Blick des Historikers werden wir gewahr, dass die Entwicklung der Staatsgewalt und ihrer Wirtschafts- und Sozialaufgaben in der Schweiz geradezu bestimmt wurde durch den einen Mechanismus, in welchem es einzelnen Wirtschaftsgruppen gelang, ihre partikularen privaten lnteressen zu einem offentlichen Allgemeininteresse zu machen. Es ist also ein Wesenszug der Politik, dass partielle lnteressen sich auf das «Gesamtinteresse» berufen. Mit «Zielen» soli immer <<etwas)) erreicht werden - aber nicht immer das, was sie in Aussicht stellen. Ziele konnen auch dazu dienen, von unerwunschten Nebenwirkungen einer Massnahme abzulenken. Vor allem aber bleibt in den Wertfestsetzungen der Politik das Verhaltnis von <<Zielen» und <<Mitteln)) in hohem Masse often [22]. Demokratie kann gewisse Prioritaten von Problemen festsetzen, aber Pluralismus setzt voraus, dass des einen <<Ziel» des andern «Mittel)) sein darf. Eine vollstandige Hierarchisierung von Zielen und Mitteln tragt stets totalitare Zuge, wei I des einen Uhl nicht mehr des andern Nachtigal! sein kann. Fur den Experten ist dieser vielschichtige Umgang mit Werten verwirrlich. Er hatte gern eindeutige Ziele, eindeutige Beziehungen auch zwischen Zielen und Mitteln. Als Sachverstandiger erflillt er indessen eine wichtige politische Funktion, wenn er sich in diesen Argumentationsebenen zurechtfindet, und wenn er mit einer gewissen Hartnackigkeit versucht, die wirtschaftlich-sozialen Konsequenzen, Zusammenhange und Folgen bestimmter Wertfestsetzungen darzulegen. Er kommt dabei aber nicht darum herum, sich selber zu prufen. Er wird bemerken, dass viele seiner eigenen «Werte)) - etwa die «dekonzentrierte Konzentration», die <<Funktionstrennung» oder die <<raumliche Durchmischung)) fUr die Politiker instrumentelle Grossen sind, weil sie deren wirtschaftlich-soziale Dimensionen nicht kennen. Gerade darum ist es wichtig, dass der Raumplaner - auch als Fachmann - die wirtschaftlich-sozialen Auswirkungen und Dimensionen seines Handelns fur die Betroffenen zu analysieren und zu erklaren weiss. Das gilt fur seinen Gegenstand der Raumplanung als Ganzes, fur ihre Wertfestsetzungen und ihre Begriffe und fur das konkrete Tun und Lassen im taglichen Beruf.
5. Hinweis auf Veranderungen im politischen Leben
Planer behaupten, in grosseren Sachzusammenhangen und weiteren zeitlichen Dimensionen zuhause zu sein. So ist es eigentlich mehr als erstaunlich, dass Planungswissenschaften- so es sie gibt- den historischen Dimensionen nicht grossere Beachtung schenken, insbesondere den Voraussetzungen und Bedingungen wirtschaftlichsozialen Wandels. Politikwissenschaft, als Teil der Gesellschaftswissenschaften, untersucht solche Fragen am DISP NR. 71
Wachsen und Werden der politischen Organisationen, an den Funktionen des Staates fUr die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Gerade die historische Dimension kann neues Licht auf Fragestellungen werfen, die wir scheinbar als neue, «moderne» Problematik empfinden. lch mochte das an drei Beispielen illustrieren.
a) Grenzen des Staatsinterventionismus als Fragestellung fur die politische Planung
Die politische Planung ist ein Kind des wirtschaftlichen Wachstums, genauer: eine Methode zur Erfullung offentlicher Aufgaben in einer Zeit, wo langerfristiges Wachstum gewiss schien, und wo durch staatliche lnterventionen und Leistungen auch jene Probleme prinzipielllosbar schienen, mit denen privatwirtschaftliche und soziale Organisationen allein nicht fertig wurden. Dazu gehorten der Ausbau der wirtschaftlichen lnfrastruktur, der Ausbau des Bildungs- und Gesundheitswesens, die Sozialleistungen fUr nicht erwerbstatige Bevolkerungsgruppen, die gesamtwirtschaftliche Konjunktursteuerung, der Ausgleich zwischen den Regionen und Kantonen und weiteres mehr.
Heute ist mit Wachstumsplanungen kein Staat mehr zu machen. Vordergrundig wissen wir warum: weil das private Wirtschaftswachstum ausgeblieben ist und einer kaum absehbaren Umstrukturierung der Wirtschaftsregionen, Branchen und Berufszweige Platz gemacht hat. Zugleich ist aber das ehemalige «Breitenwachstum» staatlicher Funktionen und Aufgaben kontrovers geworden. 1st der Staat uberlastet? Sollen staatliche Aufgaben wieder <<privatisiert», der Losung durch den Markt oder soziale Privatorganisationen uberfuhrt werden? Kann der Staat jene Probleme uberhaupt Ibsen, die ihm bis heute ubertragen wurden [23]? Die Geschichte lehrt uns, dass es periodisch solche Phasen der Umorientierung gegeben hat und wie sehr staatliche Umwalzungen von den Erfordernissen der Erwerbswirtschaft diktiert waren. Die Schaffung des Bundesstaates 1848 entsprach der wirtschaftlichen Notwendigkeit, ein einheitliches Wirtschaftsgebiet zu schaffen. Die Wirtschaftkrise der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts war entscheidend fUr die Abkehr vom <<Manchesterliberalismus)) zugunsten eines fruhen Staatsinterventionismus. Die Weltwirtschaftskrise in den dreissiger Jahren war Ausgangspunkt fur die institutionelle Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft und die Auspragung des modernen Verbandsstaates, wie wir sie heute kennen. Aber die Geschichte wiederholt sich nicht: Wir finden neue Aspekte der Umorientierung, etwa derjenigen partieller Grenzen. Wachstum erscheint -angesichts spurbarer Umweltgrenzen- nicht mehr uberall sinnvoll; technisch-wirtschaftlicher Fortschritt wird nicht mehr in allen Bereichen als <<Fortschritt» empfunden. Jenseits der tagespolitischen ldeologiediskussionen kundigen sich Grenzen des heutigen Staatsinterventionismus ab: Aile politischen Gruppierungen drangen auf ein Wachstum jener offentlicher Guter, an denen sie selbst interessiert sind, aber keine ist mehr bereit, bei gleichbleibendem Einkommen hohere Steuern auf sich zu nehmen. Herkommliche staatliche Aufgabenprogramme verlieren an Wirksamkeit: Die Gleichungen <<Mehr Strassen = bessere Verkehrsverhaltnisse», <<Mehr Spitaler = mehr Gesundheit)) scheinen - wie viele andere - nicht mehr restlos zu stimmen. Der Grenznutzen der Spitzenmedizin nimmt ab, in der Politik werden negative Folgen des Verkehrsausbaus spurbarer als fruher. Wo lnfrastruktur im Oberfluss vorhanden ist, verliert sie an Wirksamkeit fur die Lenkung der raumlichen Gesamtentwicklung. Zentralisierte, burokratisierte, spezialisierte und professionalisierte Leistungsformen des Staates stossen auf Ablehnung. Was wir in den neuesten Entwicklungen der Regionalpolitik vorfinden, gilt generell: Staatliche Politik orien-
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tiert sich weniger an allgemeinen Wachstums- und Rahmentiitigkeiten, sondern steht vor der Aufgabe, partielle Grenzen zu beachten, selektive Anreize zu schaffen und auf ganz bestimmte Probleme des wirtschaftlich-sozialen Strukturwandels einzugehen. Das sind qualitativ veriinderte Steuerungsaufgaben, die auch zu vollig neuen Fragestellungen politischer Planung fuhren. Sie sind gleichermassen Neuland fur die wissenschaftliche Forschung, fur den Expertenmarkt wie fur die Politik [24).
b) Planung und gesellschaftlicher Wertwandel
Planung, als zusammenhiingende, ubergreifende, liingerfristige politische Strategie, erfordert ein ausserordentlich hohes Mass an gesellschaftlichem Konsens- gerade wei I sie viele organisationsfiihige lnteressen und konfliktfiihige Gruppen, viele lnstitutionen, wirtschaftliche und soziale Bereiche erreichen will. Diese Bedingung eines hohen gesellschaftlichen Grundkonsens ist heute am Abbrockeln. Politiker sprechen von geringerer Regierbarkeit, vom Verlust der Gemeinsamkeiten in unserem Konkordanzsystem, von der Krise der direkten Demokratie und von zunehmender Staatsverdrossenheit. Die Liste sogenannter nicht-konsensfiihiger Themenbereiche in der Politik hat sich verliingert; sie reicht vom Strafrecht (Schwangerschaftsabbruch), der Umwelt- und Bildungsgesetzgebung, von einfachen institutionellen Neuerungen (z. B. Neuordnung des lnitiativrechts) bis in die komplexen Bereiche der lnfrastrukturplanung im Strassenbau, im Kraftwerkbau, in der Stadtentwicklung und der Finanzpolitik hinein. Grundsiitzliche Wertkonflikte werden sichtbar: Wirtschaftlich-technischer Fortschritt oder Okologismus, hierarchisch-institutionelles Ordnungsdenken oder Suche nach Nischen ausserhalb der lnstitutionen, Integration in die Konsumgesellschaft oder Ablehnung von festgefUgten Berufslaufbahnen markieren Gegenpole. Das Besondere liegt in der Gleichzeitigkeit dieser gegensiitzlichen Werte, in der Tatsache, dass sie weder an traditionellen Einkommensgruppen, Generationen und Schichten festzumachen sind, und dass sie sich auch nicht eingrenzen lassen auf bestimmte Lebens- oder Sachbereiche. lm Umgang mit gegensiitzlichen Zeitstromungen, gegensiitzlichen Weltbildern sind Literatur, auch der Journalismus, soweit er uber den Tag hinaus geschrieben und gelesen wird, oft sensibler als wissenschaftliches Bemuhen. lhren bescheidenen Beitrag liefert Politikwissenschaft dart, wo sie Aspekte der schweizerischen politischen Kultur beleuchtet. Sie fUhrt uns vor Augen, dass von den soziolog·ischen Bedingungen der Kleingesellschaft und der kleingemeindlichen Gemeinschaft ein besonders hoher Anpassungsdruck auf die gemeinsame Losung der okonomischen Lebensprobleme und auf die Verpflichtung fUr gemeinsame Grundwerte ausgeht. Und sie zeigt uns gleichzeitig, wie - bisher - trotzdem Raum fUr kulturelle Vielfalt, regionale Besonderheiten und fur eine begrenzte Konfliktaustragung wirtschaftlich-sozialer lnteressengegensiitze bestand. Heute ist das Gleichgewicht zwischen Konflikten und verfugbaren Mechanism en ihrer Regelung, zwischen Kooperation und Konfrontation, zwischen lntegrationszwiingen und Moglichkeiten der Konfliktaustragung prekiir [25).
c) Planung und Demokratie
Dem Verfassungsgeber des 19. Jahrhunderts schwebte ein uberzeugendes Modell vor, die Komplexitiit der Staatsgeschiifte mit den Normen demokratischer Selbstbestimmung zu verbinden: wichtigste Entscheidungen durch das Volk, wichtige Entscheidungen durch das Parlament, untergeordnete Entscheidungen durch die Regierung, lautet die vereinfachte Faustformel. Nur: Die Gewal-
tenverschiebungen der letzten 100 Jahre stellen dieses Modell zum Teil fast auf den Kopf: Gesetz und Verfassung; die das Volk als hochst legitime Staatsgewalt beschliesst, sind nicht mehr immer Ausdruck des «Wichtigem' und «Grundlegendem1. Oft scheinen die Einzelentscheide der Regierung bedeutsamer als Volksabstimmungen. Planung - und datur kann sie nichts - operiert also auf einem Feld gestorter, reformbedurftiger lnstitutionen halb-direkter Demokratie. Zu Recht wird der Planer vermissen, dass die historischen Volksrechte des Referendums und der Initiative wenig geeignet sind fur Entscheidformen, die er in seiner Arbeit dringend benotigte: fur Grundsatz-, Vor- und Eventualentscheide, fur Alternativ- oder gar Konsultativabstimmungen [26). Und zu Recht werden Planer mude, wenn sie in das ungewisse Feld «oftener Planungen11 mit der Bevolkerung geschickt werden: Wo diese nicht in Formen verbindlicher offentlicher Meinungsbildung uberfuhrt Werden konnen, verbleiben sie in der Ambivalenz behordlicher Offentlichkeitsarbeit. Was indessen Aufgabe politologischer wie juristischer Unterrichtung gleichermassen sein muss, ist das Erkennen und Unterscheiden des materiel! Wichtigen vom weniger Bedeutsamen in der fachplanerischen Arbeit. Es kommt der Oberprufung der Planung auf das Grundsiitzliche, Normative, Wertgebundene gleich, und von dieser Oberprufung hiingt auch ab, welche Entscheidungen von Volk, Parlament oder Regierung zu treffen sind. Planung trifft aber auch auf ein grundlegendes und ungelostes Problem der Demokratie. Demokratie, als Herrschaft der Mehrheit, ist im Grunde nur deshalb ertriiglich fUr die Minderheit, weil sie dieser die Chance liisst, selbst Mehrheit zu werden, und weil sie das Recht hat, alte Entscheidungen jederzeit durch neue Mehrheitsentscheidungen abzuiindern, zu widerrufen. Darum durfen demokratische Entscheidungen - in Form des Rechts - unbedingte Geltung auch gegenuber Minderheiten beanspruchen, und gleichzeitig ist Recht stets vorliiufiger, revidierbarer Ausdruck des <<Richtigen11 oder <<Gerechten11. [27). Politikwissenschaft muss den Planer darauf aufmerksam machen, dass er auf einem Gebiet tiitig wird, wo die Legitimation staatlichen Rechts kritisch wird. Denn der Planer wird tiitig in langfristigen Entscheidungen, in denen eine Generation uber eine niichste entscheidet, die nicht repriisentiert ist. Under wird es gerade mit irreversiblen Entscheidungen zu tun haben, deren Folgen durch spiitere, andere Mehrheitsentscheidungen nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind. Kernkraftwerke sind Musterbeispiel fur diese Entscheidungsprobleme. Solange die Frage der Repriisentation spiiterer Generationen oder der lrreversibilitiit von Entscheidungen nicht aufgenommen wird, bleibt ein Spannungsfeld, das auch durch <<Demokratisierung'' von Kernkraft-Bewilligungsentscheiden nicht aufgelost wird.
In grundsiitzlich gleicher, wenn auch gemilderter Form finden wir diese Problematik in vielen liingerfristigen Planungsentscheidungen, etwa von Siedlung und Verkehr. Das Wissen, die Artikulations- und Konfliktfiihigkeit im demokratischen Auseinandersetzungsprozess sind zudem gerade fur langfristige Probleme ungleich verteilt. Konflikte werden darum typischerweise erst in spiiteren Vollzugsmassnahmen 'virulent. Der Planer wird darum der methodischen Regel des Offenhaltens moglichst vieler Entscheidungen eine neue Bedeutung zuerkennen. Das Offenhalten heisst fur ihn: Einsicht in die Tatsache, dass fehlender Konsens durch planerische Vorentscheide nicht erschlichen werden kann. Demokratie - als Staatsform der Geduld- mag oft muhselig sein. Aber es durfte auch seinen Sinn haben, wenn ihre Verfahrensregeln gerade jene Entscheidungen erschweren, die irreversibel sind oder die Lebenswelt der niichsten Generation fremdbestimmen.
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6. Klarung von Berufsperspektiven
a) Vom Expertenplan zur Planung a/s politischem Lernprozess
Die Ergebnisse der Politikwissenschaft scheinen dem Planer auf den ersten Blick oft ernuchternd. Er erfahrt namlich, dass bestimmte Misserfolge der Planung nicht bloss zufallig sind oder durch Ermittlung von Programm- und Massnahmefehlern zu beheben waren, sondern dass sie «strukturell)), d. h. von Eigenschaften unserer politischen lnstitutionen sowie der Konkurrenz um Gruppeninteressen und Machtanteile bedingt sind. So stosst insbesondere der «Expertenplan,,, welcher von Fachleuten inner- oder ausserhalb der Verwaltung relativ isoliert vom Tagesgeschehen der Politik als detailliertes Ziel- und Massnahmeprogramm entworfen wird, auf engste Schranken. Umfassende Programme bedeuten notwendigerweise eine Haufung von Konflikten. Sie konnen vom politischen Prozess nicht gleichzeitig verarbeitet werden. Planung tendiert darauf, Konflikte langfristig auszugleichen- die kurzfristigen und zahlreichen Gruppeninteressen reklamieren demgegenuber Besitzstandswahrung. Die verschlungenen Pfade politischer Entscheidung und die zahlreichen Entscheidstellen erganzen sich zu einem Entscheidungssystem, in welchem bremsende Elemente uberwiegen, lnr.ovationen nur in kleinsten Schritten und als nachtragliche Anpassung moglich erscheinen. Das alles sind strukturelle Bedingungen, die durch Planung nicht geandert werden konnen- wenigstens kurzfristig nicht. Politikwissenschaft verstarkt ambivalente Einstellungen zur Planung: ihre Ergebnisse verweisen auf die Notwendigkeit langerfristiger und umfassender programmatischer Orientierung der Politik - und zugleich auf deren enge Handlungsspielraume und begrenzte Moglichkeiten. Nun ist die negative Bilanz aller Raumordnungs-, Regional-, Stadtentwicklungs-, Verkehrs-, Bildungs-, Spitalkonzepte und sonstiger gescheiterter Programme gewiss beeindruckend, aber nicht erschutternd. Denn selbst wenn beispielsweise eine Gesamtverkehrskonzeption letztlich aus politischen Grunden nicht realisierbar sein sollte, so hat sie immerhin eines unabsehbar heute schon verandert: sie lasst Politiker mit andern Argumenten und Grunden uber Verkehrsprobleme sprechen. Die Frage der <<Eigenwirtschaftlichkeit der Verkehrsbetriebe)) hat sich zur Problematik der «Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen)) gewandelt oder erweitert. Der Verdrangungswettbewerb zwischen Schiene und Strasse ist politisch immerhin als Frage der «gleich Iangen Spiesse)) zwischen den Verkehrstragern thematisiert worden, deren Konsequenzen bis in Finanzierung und Zweckbindung durch offentliche Mittel auf der Traktandenliste stehen. Schliesslich sind letzten Herbst Schwerverkehrssteuer und Autobahnvignette zwar fast ausschliesslich unter kurzfristigen finanzpolitischen Erwagungen behandelt worden - aber eben nur fast, indem die Zusammenhange zur Verkehrspolitik nicht ganz unter den Tisch fielen, und auch noch nicht vom Tisch sind. Planung vermag die schwierigen Konflikt- und Konsensprozesse unserer Konkordanzpolitik also nicht strukturell zu verandern, aber sie vermag ihre Thematik auf Fragen zu lenken, denen in den taglichen Austausch- und Verhandlungsgeschaften sonst wenig Beachtung geschenkt wurde. Planung erreicht also nur dort und insoweit etwas, als sie soziales Lernen in lnstitutionen, in Gruppen und in Prozessen in Gang setzt. Die Beteiligten beginnen dabei, ihre eigenen lnteressen und die Mittel ihrer Durchsetzung anders zu interpretieren. Das mag der Sinn von Planen und Programmen sein, selbst wenn sie nicht «vollziehban, sind, und darin mag auch die Wahrheit jenes Satzes liegen, der sagt: «Wir machen Plane, um sie verwerfen zu konnem,.
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Das hat Konsequenzen fUr die Ausbildung. Sie darf den Planer nicht nur lehren, Plane zu machen, sondern hat darauf vorzubereiten, dass viele davon gemacht werden, um verworfen zu werden. Wenn die Funktion von Planung im lnitiieren sozialer Lernprozesse in den lnstitutionen besteht, so muss Ausbildung vermehrt auch soziale Fahigkeiten vermitteln: die Analyse sozialer Konflikte, soziale Handlungsfahigkeiten und -fertigkeiten, Umgang mit eigenen und fremden Konflikten, Gelostheit und Kreativitat in institutionellen Rollen sowie die Fahigkeit, Interessen anwaltlich zu vertreten. Dies und die wichtige Fahigkeit, zuhoren zu konnen, muss der Lernende auch beim Lehrer finden.[28]
b) Hinweis auf die Vie/fait von Berufsfeldern
Neigungen, Fahigkeiten und Stellenangebot mussen irgendwie zusammentreffen, wenn der Planerstudent Berufswunsche realisieren will. Ein Studium fur Raumplanung, das an eine akademische Fachausbildung anschliesst, verheisst als Doppelqualifikation ein weites Berufsfeld, besonders wenn der Student seine ursprungliche Grundausbildung mitkultiviert. Aber der weite Markt hat nicht immer allzu viele Abnehmer. Es gibt konjunkturelle Engpasse und strukturelle Veranderungen, in denen ehemals «interessante,, Posten uninteressiert erscheinen - und umgekehrt.
Politikwissenschaft erweitert den Horizont: sie macht darauf aufmerksam, in welch vielfaltigen institutionellen Positionen und in wie vielen Aufgabenbereichen planerische Funktionen gebraucht werden - uber die Raumplanung hinaus. Sofern der einzelne sich diesen personlichen «Technologietransfen, zumutet, sofern auch das Raumplanungsstudium auf allgemeine Problemlosungsfahigkeiten und problemorientiertes Arbeiten ausgerichtet bleibt, ist der NDS-Raumplaner durchaus in der Lage, sich auf Koordinationsaufgaben in Bildungs-, Gesundheits-, Wirtschafts- oder Finanzpolitik einzulassen. Die Praxis belegt dies, und ebenso bleibt Raum fur unterschiedliche Funktionen: der eine bevorzugt PragmatischHandfestes, eine Tatigkeit mit klarem Auftrag, der andere sucht solide Facharbeit, und der dritte strebt nach einem selbstandigen sozialen Handlungsfeld, das Kontaktfahigkeit, Vermitteln und lnteraktion erfordert. Politikwissenschaft fuhrt aber auch vor Augen, welche unterschiedlichen personlichen Konsequenzen mit der Wahl des Berufsfeldes verbunden sein konnen: die Tatigkeit fur ein privates Planungsburo, fur eine Kantonalverwaltung, fUr die freie Mitarbeit in Basisgruppen, alternativen Politikund Sozialbewegungen sind durchaus unterschiedliche Optionen, in denen nicht aile Wunsche gleichzeitig aufgehen.
7. Ausbildung im Zusammenhalt von In halt und didaktischer Form
Wir haben anzudeuten versucht, was Politikwissenschaft zum Verhaltnis von Politiker und Experte, zur Kenntnis politisch-demokratischer lnstitutionen, zum Umgang mit Politik und ihren veranderten Fragestellungen und zur Klarung einer Berufsperspektive auf einem Feld sozialen Lernens beitragen kann. In der Ausbildung kann Politikwissenschaft also bestimmte Berufsqualifikationen fur den Planer vermitteln. Sicherlich wird sie ihre lnhalte auf das vermutete Berufsfeld des Planers ausrichten, um diesem ein Bild des politischen Feldes zu vermitteln, das ihn in der Praxis erwartet. Gleichzeitig wird sie aber davon Distanz nehmen: Politikwissenschaft will reflektieren lernen, was auf dem politischen Feld vorgeht. Wo sie dem Studenten die Funktionsmechanismen politisch-administrativer Organisationen vorfuhrt, will sie gerade allgemeine Problemlosungs- und Handlungsfahigkeiten vermitteln. Sie mochte dazu beitra-
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gen, dass der Planerstudent auch fur Verwaltungspositionen befahigt ist. Die Vermittlung von Berufsqualifikationen, in denen Politikwissenschaft ihren besonderen Beitrag leistet, ist freilich nicht eine blosse Frage ihrer lnhalte und deren Anerkennung als Disziplin im Lehrplan. Denn so wenig wie eine verordnete Staatsburgerkunde den guten Demokraten ausmacht, so wenig triigt blosses Politologenwissen dazu bei, dass sich der Planer auf politischem Feld schon besser zu bewegen vermag. Politikwissenschaft, die von Bedingungen und Moglichkeiten der Demokratie spricht, muss solche auch erleben und nachvollziehen lassen. Sozialwissenschaft, die von konkurrierenden Theorien und der Methodenvielfalt zur Erkenntnis ihres Gegenstandes spricht, muss Moglichkeiten eroffnen, damit in konkreten Fragen umzugehen. Kritische Diskussion ist dabei unverzichtbar- freilich nicht auf Ebene des blossen Meinens, sondern in Auseinandersetzung mit Texten, Theorien, Begriffen, in Unterscheidung von Argumentationsebenen und nach Regeln, die die Moglichkeit wissenschaftlichen Gespriichs ermoglichen. Didaktische Formen problemorientierten Lernens, des Seminars, des gruppenbezogenen Lernprojekts sind daher nicht zu trennen von den lnhalten der Lehre[29).
Die Anmerkungen beschriinken sich auf weiterfOhrende Literaturhinweise.
[1 I Eine ausgezeichnete Auswahl klassischer Texte zur politischen ldeengeschichte und Staatsphilosophie findet sich in Rudolf Weber-Fas, Der Staat, Dokumente des Staatsdenkens von der Antike bis zur Gegenwart, Pfullingen 1977, 2 Bde. [2] Als einfuhrende Literatur in die Theoriebegriffe, Theorien und Methoden der modernen politischen Wissenschaft konnen empfohlen werden: W. Abendroth/K. Lenk (Hrsg.). Einfuhrung in die politische Wissenschaft, Munchen 1974 (UTB-Taschenbuch 35, 4. Aufl.); K. von Beyme, Die politischen Theorien der Gegenwart, Eine Einfuhrung, Munchen 1972; A. Brecht, Politische Theorie. Die Grundlagen politischen Denkens im 20. Jahrhundert, Tubingen 1961; K. W. Deutsch, Staat, Regierung, Politik. Eine EinfUhrung in die Wissenschaft der vergleichenden Politik, 1976; G. Lehmbruch, Einfuhrung in die Politikwissenschaft, Stuttgart 1973; K. Lenk, Politische Wissenschaft, Ein Grundriss, 1975; G. Kress/D. Senghaas (Hrsg.), Politikwissenschaft, Eine Einfuhrung in ihre Probleme. (Fischer-Taschenbuch 6150), Frankfurt 1975; W.-O. Narr/F. Naschold, Einfuhrung in die moderne politische Theorie (2 Bde., Stuttgart 1968). sowie: Theorie der Demokratie, Stuttgart 1971. (3] Vgl. dazu M. Werber, Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft sowie den Schlussabschnitt «Staatssoziologie» des Werks: Wirtschaft und Gesellschaft (5. Aufl. Tubingen 1976). beide abgedruckt in: M. Weber, Staatssoziologie, Berlin 1966 (2. Aufl.). [4] Weber grenzt das «kulturwissenschaftliche» vom «naturwissenschaftlichen» Erkenntnisinteresse wie folgt ab: «Fur die exakte Naturwissenschaft sind die «Gesetze» um so wichtiger und wertvoller, je allgemeingultiger sie sind; fur die Erkenntnis der historischen Erscheinungen in ihrer konkreten Voraussetzung sind die allgemeinsten Gesetze, weil die inhaltleersten, regelmiissig auch die wertlosesten. Denn je umfassender die Geltung eines Gattungsbegriffes- sein Umfang- ist, desto mehr fuhrt er uns von der Fulle der Wirklichkeit ab, da er ja, um das Gemeinsame moglichst vieler Erscheinungen zu enthalten, moglichst abstrakt, also inhaltsarm sein muss. Die Erkenntnis des Generellen ist uns in den Kulturwissenschaften nie um ihrer selbst willen wertvoll ... (Sinnlos ist eine) «Reduktion des Empirischen auf Gesetze ... nicht etwa ... desha lb. wei I die Kulturvorgiinge oder etwa die geistigen Vorgiinge «Objektiv» weniger gesetzlich abliefen, sondern weil 1. Erkenntnis von sozialen Gesetzen keine Erkenntnis des sozial Wirklichen ist, sondern nur eins von den verschiedenen Hilfsmitteln, die unser Denken zu diesem Behufe braucht, und weil 2. keine Erkenntnis von Kulturvorgiingen anders denk-
bar ist als auf der Grundlage der Bedeutung, welche die stets individuell geartete Wirklichkeit des Lebens in bestimmten einzelnen Beziehungen fur uns hat. In welchem Sinn und in welchen Beziehungen dies der Fall ist, enthullt uns aber kein Gesetz, denn das entscheidet sich nach den Wertideen, unter denen wir die «Kultur» jeweils im einzelnen Fall betrachten. «Kultur ist ein vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter endlicher Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens.» Aus «Die «Objektivitiit» sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: Gesammelte Aufsiitze zur Wissenschaftslehre (1904), 3. Aufl. 1968, 179f. [5] Als interessante Auseinandersetzung eines politischen Historikers mit den «Reduktionen» des verhaltenswissenschaftlichen, empirisch-analytischen Ansatzes: E. Gruner, Politik, Politische Okonomie und Neue Politische Okonomie, in: Schweiz. Zeitschrift fur Volkswirtschaft und Statistik, Heft 4/1979, 713ff. (6] Zu dieser generellen Problematik wissenschaftlicher Entwicklung: Th. Kuhn, Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt, 1967/1981. [7] Als Oberblick auf ihre Entwicklung in der Schweiz: E. Bollinger (Hrsg.), Politische Wissenschaft - Studium und Beruf, Bern 1980. [8] Einen guten Einblick in die jeweiligen Fragestellungen und den aktuellen Stand der schweizerischen Politikwissenschaft vermitteln die seit 1961 erscheinenden Schweizerischen Jahrbucher fur politische Wissenschaft (Bern), die zumeist thematisch gegliedert sind. Als Themenbiinde heben wir hervor: Foderalismus (1964). Aussenpolitik (1966, 1974 und 1979), Der schweizerische Bundesrat (1967). ParteienNerwaltung und Meinungstriigergruppen im politischen Entscheidungsprozess (1969). Methodenprobleme (1970). Verwaltung und Verwaltungswissenschaft/Referendum ( 1971). Wissenschaft und politische Entscheidung/ Offentlichkeit und Planung (1972), Offentliche Verwaltung in der Schweiz (1977), Politik der Kantone (1978). Kommunalpolitik (1980), Umweltschutzpolitik (1981). Eine wertvolle Chronik des politischen Lebens wird seit 1966 vom Forschungszentrum fur schweizerische Politik der Universitiit Bern (Annee politique suisse/Schweizerische Politik, Bern) jiihrlich publiziert. Als Nachschlagewerke empfehlenswert: Evangelisches Staatslexikon, (hrsgg. von H. Kunst/S. Grundmann). 1975 (2. Aufl.). Fischer-Lexikon Staat und Politik (hrsgg. von E. Fraenkei/K. Bracher). 1975; Grundbegriffe der politikwissenschaftlichen Fachsprache (hrsgg. von P. Noack!T. Stammen). 1976; Handlexikon zur Politikwissenschaft (hrsgg. von A. Garlitz), 1973; Staatslexikon, (hrsgg. von der Gorres-Gesellschaft), 8 Bde. 1957-1970, 6. Au fl. [9] Hier sind vor allem die Arbeiten E. Gruners lesenswert. Als wichtigste: Regierung und Opposition im schweizerischen Bundesstaat, Bern 1969; Die Schweizerische Bundesversammlung 1948--1920 (2 Bde.) und 192Q-1968, Bern, 1966 und 1970; Die Parteien in der Schweiz, Bern 1977 (2. Aufl.). sowie: Die Wirtschaftsverbiinde in der Demokratie, Zurich/Erlenbach 1956. [10] Als wichtigste: L. Neidhart, Plebiszit und pluralitiire Demokratie, Bern 1970, sowie: Reform des Bundesstaats, Bern 1970; G. Lehmbruch, Politisches System und politische Kultur in der Schweiz und in Osterreich, Tubingen 1967; R. Germann, Politische Innovation und Verfassungsreform, Bern 1975; K. Deutsch, Die Schweiz als ein paradigmatischer Fall politischer Integration, Bern 1976. Der Leser, dem es um einfuhrende Orientierung in die schweizerischen lnstitutionen der Politik und um einzelne ihrer gegenwiirtigen Probleme geht, ziehe zu Rate: E. Gruner/B. Junker, Burger, Staat und Politik in der Schweiz, 3. Aufl., Basel1977; J. F. Aubert, So funktioniert die Schweiz, Muri/Bern 1980; M. Imboden, Helvetisches Malaise, Basel 1964; H. Tschiini, Profil der Schweiz, Zurich 1969; sowie ders.: Demokratie auf dem Holzweg, Zurich 1975; R. Biiumlin, Lebendige oder gebiindigte Demokratie? Basel 1978; C. und F. Masnata, Macht und Gesellschaft in der Demokratie, Neuwied 1978; P. Gilg/G. Kappeler/W. Geissberger/R. Deppeler, Mehr Demokratie im Foderalismus, Basel 1982. [11] Zur Abstimmungsforschung vgl. vor allem die seit 1978 erscheinenden «VOX»-Analysen eidgenossischer Abstimmun-gen, welche uber Konfliktfronten, Motive, Ansichten und Meinungen des Stimmburgers zu den jeweils vorgelegten Sachfra-gen Aufschluss geben. Die Analysen werden gemeinsam von der schweizerischen Gesellschaft fur praktische Sozialforschung und dem Forschungszentrum fur schweizerische Politik an der Universitiit Bern herausgegeben. Bezugsort: VOX, Postfach 546, 28
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8027 Zurich. Als Beispiel fur den empirisch-analytischen Ansatz unter Verwendung soziologisch-quantitativer Methoden: H. Kriesi, Entscheidungsstrukturen und Entscheidungsprozesse in der Schweizer Politik, Frankfurt 1980, sowie H. Geser, Bevolkerungsgrosse und Staatsorganisation, Kleine Kantone im Lichte ihrer offentlichen Budgetstruktur, Verwaltung und Rechtsetzung, Bern 1981. [12] Zur Aufgabenentwicklung im schweizerischen Staat: E. Gruner (Hrsg.), Die Schweiz seit 1945, Bern 1971; W. Linder, Entwicklung, Strukturen und Funktionen des Wirtschafts- und Sozialstaats in der Schweiz, in: Handbuch des Schweiz. politischen Systems, Bd. 1, Bern 1983, im Ersch. [13] Sie geht zuruck auf J. Habermas, Verwissenschaftlichte Politik und offentliche Meinung (1963), in: Technik und Wissenschaft als cddeologie», Frankfurt 1968, und setzt sich vor allem mit H. Schelskys Thesen (Der Mensch in der wissenschaftlichen Zivilisation, Koln 1961) auseinander, die eine eindeutige Abhiingigkeit der Politik vom wissenschaftlichen Fachverstand als unausweichliche Entwicklung diagnostizierten. Als Obersicht uber die politische Problematik und Relevanz der lenkenden, leistenden und planenden Verwaltung: G. Schmid/H. Treiber: Burokratie und Politik, Munchen 1975, UTB 422. [14] Aufschlussreich die erste grossere empirische Untersuchung uber das Expertenwesen des Bundes: R. Germann, Ausserparlamentarische Kommissionen: Die Milizverwaltung des Bundes, Bern 1981. [15] Diese Problematik kommt in der Fallstudie S. Borner/ J. Sommer, Die AHV als Spielball von Experten und lnteressen, in: Schweiz. Jahrbuch fur politische Wissenschaft, 1977, deutlich zum Ausdruck. [16] Neben der in Anm. 8-11 bereits erwiihnten Literatur: Zur Kommunalpolitik: M. Bassand/J.-P. Fragniere, Les ambiguites de Ia democratie locale, St.Saphorin, 1976; sowie: Le pouvoir dans Ia ville, Vevey, 1978; U. Windisch, Lutte de clans - Lutte de classes, Lausanne 1976; W. Linder, Kommunalpolitik im Spiegel schweizerischer und deutscher Literatur, in: Schweiz. Jahrbuch fur politische Wissenschaft 1980. Zum Verhalten des Stimmburgers: L. Neidhart/J.-P. Hoby, Ursachen der gegenwiirtigen Stimmabstinenz in der Schweiz, Forschungsbericht im Auftrag der Justizabteilung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements, Bern/Zurich 1 977. [17] Als empirische Fallstudien zu politischen Planungsprozessen in der Schweiz bieten sich an: K. Wohnlich, Die Spitalkonzeption fi.ir den Kanton Aargau; G. Latzel, Schweizerische Forschungspolitik; B. Ern, Die Entwicklungsplanung Wiidenswil; B. Hotz, Kantonale Wirtschaftspolitik; H. Werder, Regierungsprogramme in Bund und Kantonen; aile in: W. Linder/B. Hotz/ H. Werder, Planung in der schweizerischen Demokratie, Bern 1979; M. Wemegah, L'amenagement du territoire et I' administration federale, St. Saphorin 1979. R. Germann/Ch. Roig/P. Urio/M. Wemegah, Federalisme en action: l'amenagement du territoire, Les mesures urgentes a Geneve, en Valais et au Tess in, St. Saphorin, 1 979; R. Sti.issi et al.: La mise en ceuvre de Ia politique des routes nationales, Typoskript, C.E.A.T., Lausanne, 1981. [18] Auf solche Aspekte politischer Planung im schweizerischen Regierungssystem verweisen: Ch. Lanz, Politische Planung und Parlament, Bern 1977; M. Lendi/W. Linder, Politische Planung in Theorie und Praxis, Bern 1979; W. Linder/B. Hotz/H. Werder, Planung in der schweizerischen Demokratie (systematischer Teil), Bern 1979; W. Linder, Regierung und Verwaltung vor den Anforderungen politischer Planung, in: Schweiz. Jahrbuch fur politische Wissenschaft, 1977. Zur Raumordnungspolitik: M. Lendi, lnnere und iiussere Gefahren fi.ir die Raumplanung, in: DISP Nr. 62, Zurich 1981.
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Aufschlussreich fi.ir Planer aus der politologischen ccVollzugsforschung»: W. Bussmann, Gewiisserschutz und kooperativer Foderalismus in der Schweiz, Bern 1980; C. Ackermann, Verordnungsrechtssetzung im Bereich des Umweltschutzes, in: Schweiz. Jahrbuch fi.ir politische Wissenschaft, 1981. Aus der breiten Planungs- und lmplementationsforschung in der BRD seien hervorgehoben: F. Scharpf, Planung als politischer Prozess, Frankfurt 1 973; F. Scharpf/B. Reissert/F. Schnabel, Politikverflechtung: Theorie und Empirie des kooperativen Federalism us in der Bundesrepublik, Kronberg 1976; R. Mayntz (Hrsg.), Implementation politischer Programme, Konigstein, 1980. Zur Raumordnungspolitik: U. Brosse, Raumordnungspolitik, Berlin 1975; F. Scharpf/F. Schnabel, Steuerungsprobleme der Raumplanung, Hannover 1 979; F. Naschold, Alternative Raumpolitik, Kronberg 1978. [19] Als Obersicht uber neuere Standpunkte zu einer diskursiven Ethik (angelsiichsische analytische Ethik, Baiers Analyse der moralischen Argumentation, Habermas Konsensustheorie der Wahrheit, konstruktive Ethik der Erlangener Schule): R. Alexy, Theorie der juristischen Argumentation, Frankfurt 1978. Vgl. auch die Materialien zur Normendiskussion, hrsgg. von W. 01-muller (Transzendentalphilosophische Normenbegrundungen, Normenbegrundung und Normdurchsetzung), 2 Bde., Paderborn 1978 (UTB 836 und 779). [20] Diesen Bedeutungswandel des Foderalismus haben G. Aprile und A. Rossi belegt in: L'imbrication de Ia gestion financiere des differents echelons des pouvoirs publics en Suisse, in: Schweiz. Jahrbuch fur politische Wissenschaft, 1980. [21 I Erhellend zu dieser Problematik: N. Luhmann, Zweckbegriff und Systemrationalitiit, Tubingen 1968. Als Gegenposition: J. Habermas, Oberlegungen zum evolutioniiren Stellenwert des Rechts, in: Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Frankfurt 1976. [22] lmmer noch aufschlussreich: G. Myrdal, Das Zweck!MitteiDenken in der Nationalokonomie (1933), neu abgedruckt in: Das Wertproblem in der Sozialwissenschaft, Hannover 1965. [23) Als guten Einstieg in die Kontroverse: Die Eroffnungsreferate von F. Scharpf (Die Rolle des Staates im westlichen Wirtschaftssystem) und W. Engels (Die Rolle des Staates in der Wirtschaftsordnung) zur Tagung des Vereins fur Socialpolitik 1978 in Hamburg, in: Schriften des Vereins fur Socialpolitik, Neue Folge Band 102, Staat und Wirtschaft, Berlin 1979. [24) Aus unterschiedlicher Perspektive: E. Matzner, Perspektiven des Staatsinterventionismus - Chancen des Wandels, in: Der offentliche Sektor, Forschungsmemoranden, Heft 1, Wien 1981; M. Lendi!R. Nef, Erfullung offentlicher Aufgaben ohne Staat, in: DISP Nr. 54, Zurich 1979. [25) K. Deutsch, Die Schweiz als paradigmatischer Fall politischer Integration, Bern 1976. [26) Zu ihrer juristischen Problematik: A. Kolz, Ausbau des Verwaltungsreferendums?, in: Schweiz. Juristenzeitung, Heft 4, 1981, sowie J. Muller/P. Saladin, Das Problem der Konsultativabstimmung im schweizerischen Recht, Berner Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1979, Bern 1979. [27) Zu dieser klassischen Formel staatlich-legaler Legitimation aus Sicht des Verfassungsrechtlers: M. Kriele, Legitimationsprobleme der Bundesrepublik, insbesondere Einleitung, Munchen 1977. [28] Praktische Hinweise dazu find en sich etwa bei H. v. Hentig, Die Wiederherstellung der Politik, Munchen 1973. [29) Ober den Zusammenhang von theoretischer Orientierung, Berufsfeldbezug, Lernziele, Lehrinhalte und didaktischen Formen am Beispiel politisch-administrativer Berufe: W. Linder/H. Treiber, Verwaltungsreform als Ausbildungsreform, Munchen 1976.
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