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€¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

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Ch aj im B l o c h

Hersch Os ropo er

Ein jüdischer Till-Eulenspiegeldes 1 8. Jahrhunderts

S e i n e G e s c h i c h t e n u n d S t r e i c h e

1 9 2 1

B e n jam i n H a r z V e r l a g B e r l i n W i e n

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Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung,Dramatisierung oder Verfilmung auch e inzelnerTe ile und Kapitel des Buches , vorbehalten.

Copyright 1 921 be i Benjamin Harz Ver lag Berlin Wien

Gedruckt bei G. Kreysing in Le ipzig

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Dem Freunde und Führer

Ad o l f S tand

gestorben in Wien am 22. Dezember

30. Kislév 5680

in wehmütiger Erinnerung

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Vorbemerkung .

Daß ich Weltkriege fas t dreieinhalb Jahre des

Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil ,daß ich meine Volksbrüder aus Ost und Wes t, Nord

und Süd, aus Europa und teilweise auch aus Asien,

kennen lernte . Meine in vi elfacher Berührung mit Ju

den aus verschiedenen Ländern gewonnenen Eindrücke

und Erfahrungen von ihrem Füh len und Denken,

ihren Sitten und Gebräuchen , geben mir für längere

Zeit den S toff zu umfassenden Arbeiten nach vielen

Richtungen , übe r ihre Licht und Schattenseiten .

Zunächst wi ll ich vom polnischen Judén erzählen ;

er ist m ir nahe an Geist und Blut, an Lebensart und

Anschauung, und ich konnte ihn eher begreifen, in

seine Seele tiefer und klarer schauen als di es bei den

Juden anderer Länder der Fal l war .

Der polnische Jude is t heute trotz , oder besser gesagt gerade wegen, des vielen Fremdartigen an ihm ,

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der Liebling des westjadischen Lesekreises gewordenf

Man wehrt sich gegen ihn . Aber dieser Abwehr ent

strömt Liebe, entspringt Achtung .

Die polnischen Juden haben nicht nur ihre Heiligen

und Gelehrten, weltabgewandte Denker und Deuter

der Schrift, sie haben sind sie j a eine Welt für

sich auch ihre eigenen Char latans, ihre Witzbo lde

und ihre Narren .1 )

Da drängt es mich aber mit echt polnisch- j üdischer

Vermessenheit, zuvor an meineW es tbrüder eine Frage

zu richten : Welcher gute Deutsche und die Juden

sind es stets kennt nicht den Namen Till Eulen

spiegels? Darstellungen seiner Geschichten.

und

Streiche sind bisher in taus enden und aber tausenden

Exemplaren verbreitet worden, in vielen j üdischen

Häusern befindet s ich „Till Eul enspiegel“

im Lieb

haberexemplar .

Kennt aber j emand von euch den Namen Hersch

Ostropolers?

Er war in seinem köstlichen und ergreifendenSpott

Till Eulenspiegel ebenbür tig, vi elleicht sogar über

legen, nur sind seine Streiche mit den Begriffen von

1 ) In Vorberei tung befinden s ich noch : 1 . Froim Greidiger ,

2. Nechemje Kul ikower , 3 . S imcbe Plachte , 4 . Schajke Fei t'

er ,

5. „Chojsek“, 6. D ie „Ghelmar

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Wohlanständigkeit eher vereinbar . Und das ist vi el

leicht die Ursache seines Verkanntseins .

Schriftliches zu seiner Lebensgeschichte is t nicht

vorhanden . Die polnischen Juden, denen er en t

stammte und unter welchen er lebte , machen aus sol

chen persönl ichen Dingen keinen Kul tus . Man ist da

her be züglich Hersch Ostropoler au f mündl iche Über

lieferungen angewiesen .

“ Im Folgenden s telle ich di ese Lebensdaten wie auch

seine Geschichten so dar, wie ich sie von meinem Ge

währsmann Eljukim Götz Krummfuß (Krzywynogy)aus Radom überliefert bekam . Für die „Richtigk

'

eit“

übernahm derselbe die Haftung, mi t dem Hinweis ,

daß er mir das wi edergab, was er von seinem Groß

vater gesegneten Andenkens , einem Zeitgenossen

‚Hersch Ostropolers , gehört .

H er sch Ostr 0pol er .

Hersch Ostropoler war ein Urenkel des bekannten

Kabbalisten Rabbi S imson von Ostropo le‚ des Verfas

sers des seltsamen Buches „Er (Gott) werde Ge richt

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halten Ihn besuchte nach einer Sage taglich e in

Engel , der ihm die Geheimnisse der Lehre mittei l te

und der im Jahre 540 8 zur Zei t der Verfolgungen des

Chmielnicky sein Name werde ausgetilgt den

von ihm vorausgesagten und mit Sehnsucht erwarteten

Märtyrertod fand . Dessen Urenkel Hersch zeigte in

seiner Jugend außerorden tl iches Talent zum Studium

und wie sein Großahne den Hang zur Kabbala . Man

setzte auf ihn Erwartungen , daß auch er ein großer

Mann in Israel sein werde . Doch die Zeit, da er zur

Welt kam ,war hi efür nicht geeignet . Auch war Hersch

früh verweist, bald au f sich selbs t angewiesen und di e

Aristokratie des Geistes die in dem von ihm ererb

ten Blute steckte, schlug einen Sei tenweg ein : Hersch

wurde ein Leez , ein Witzbold . Er muß jedenfalls eine

mystisch- rätselhafte Natur gewesen sein. Die Leute,

die ihn kannten, stellten ihm das Zeugnis aus , daß er

zwischen seinen Schädelwänden statt eines Gehirns

deren zwei hatte : ein frommes und ein schelmisches ,

doch so, daß das fromme Hirn bei ihm erhabener war

als das schelmische . Er war einMann von zwerghaftem

W uchs mit außerorden tl ich zarten schmalen Händen

und Füßen . Aber u nter dem von kohlenschwarzen ge

lockten Haar und langen Bar tumrahmten Kopf hatteeine Seele ihre Wohnung gefunden , für welche seine

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Or ts leu te kein Vers tändn is hatten . Denn s ie bildeten

ihn zum rituellen Schächter heran , ein Beruf, der sei

nem Gemüte vollkommen widersprach .

Man weiß , daß der bekannte Rabbi Baruch von

Miedziborz, ein Tochtersohn des Baal—Schem-Tow , die

Seele des Königs Saul in sich schwängerte . Und als er

noch m i t der Gewal t seines Willens den Messias

herabzwingen ,die Zeit in den „Sabbat der Sabbate

umwandeln wollte, und dafür einen harten Verweis

von „oben erhielt, fiel er einem schrecklichen Trüb

sinn anheim . Er war ste ts traurig und kam zu seiner

eigenen Lehre : Man hüte sich vor Traurigkeit in

Gegensatz . Andere Gute Juden“

, die Zadikim des

Zeital ters, die davon erfuhren , gaben den Rat , sich

um einen tüchtigen Narren umzusehen , der durch

dumme Streiche und närrische Witze den Geist der

Traurigkeit des Rabbi vertreiben solle .

1 ) Und als des

Rabbis Anhänger von Hersch erfuhren und über ihn

Erkundigu ngen eingehol t hatten , begeiben sie sich

nach Ostropole und brachten ihn nach Miedziborz.

Neben dem ungemein strengen und ste ts melahcholi

schen Rabbi Baruch nahm Hersch durch seine Da

1 ) Verg l . 1 . Buch Samuel K ap. 1 8,Vers 1 0.

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seinsf reudigkei t einen hohen Rang ein . Er wurde zum

Liebling der nach Tausenden zählenden Chassidim,

die nach Miedzibor z kamen , um des Rabbis Wort zu

hören, er neckte sie und scherzte mit ihnen , sagte

ihnen allerlei Bosheiten ins Gesicht, spottete über sie

und dies alles in angeborener Gutmütigkeit und er

erbter Volksfreundschaft, ohne daß er es einmal gar

zu böse meinte . Sehr oft war selbst der Rabbi die Ziel

scheibe seines boshaften Witzes und se iner sarkas ti

schen Bemerkungen , wodurch er seinem schmerz

über fu ll ten Herzen Lust machte, wie er s ich über

haupt j eder Handlung mit einer ironischen Bemer

kung entledigte . Hersch ging noch eine S tufe „höher“

.

Er wurde auch zum Trunkenbold . Hatte er einmal

nichts zum Trinken , so geriet er außer Rand und

Band und sein Räsonnier en war ganz fürchterlich .

Hersch von Ostropole war , ohne es selbst zu ahnen,

das Sprachrohr des tiefgekr änkten und in einem Meer

von Leid tränkenden Golusjuden, der sich sonst über

al le ihm zuteil werdende Ungerechtigkeiten durch

Gottvertrauen hinwegsetzt, nur in seltenen Fällen sei

nen Schmerz äußert und‘

seine grimmige Wehklage

erhebt

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Her sch al s Dieb.

Als Hersch noch ein Knabe war, führte er einen

S treich aus , der ihn schon damal s berühm t machte .

Als einst seine Mutter „Kindlech“

, die be l ieb tes te

Mehlspeise, zubereitete, sorgte Hersch dafür, daß sie

für eine Weile vom Hause wegging . Indes plünderte

er einen großen Teil der K indlech . Die Mutter kam

nach Hause und entdeckte zu ihrem Entsetzen , daß

die Hälfte der Mehlspeise fehl te . Sie stell te Hersch

zur Rede und klagte ihn auch vor ihrem Mann an .

Aber Hersch verteidigte sich : Steht doch in der

Thom : ‚Schicke weg die Mutter und die Kinder nimm

dir‘

. Und ich hatte Eile, dieses Gebot zu erfüllen , da

ich gestern im Talmud las : ‚Kommt dir eine gute

Handlung zur Hand , lasse sie nicht sauer werden‘

.

S tünden die Kindlech längere Zeit, wär en sie sauer

geworden .

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W i e H ersch mit seiner Mutter abrechnete.

Mit dem Gebe t s tand Hersch als Knabe auf schlech

tern Fuße und seine Mutter muß te ihn oft beschenken,

dam it er in ihr er Gegenwar t das Gebet verrichte . Da

für bekam er in der Regel ein gebratenes Fischchen ,

was eine se iner Lieblingsspeisen war .

Eines Tages hatte s ie einen größeren Fisch gekauft

und als er seinen Lohn erhal ten sollte, gab sie ihm

statt eines ganzen F isches nur den Kopf, dem sie, um

Hersch zu täuschen , den Schwanz angesetzt hatte .

Hersch stellte sich, als merke er den Betrug nicht.

Am nächsten Morgen aber sagte er nur den Anfang

des Gebe tes „Ma tobu“ und schloß gleich daran das

Schlußgebet „Olenu“

. Is t das das ganze Morgen

gebet?“ fragte ihn die Mutter befremdet . „Selbst

redend, erwiderte Hersch . „Wenn ein Kopf und ein

Schwanz ein ganzer Fisch ist, so ist ‚Ma tobu‘ und

‚Olenu‘

das ganze Morgengebetl

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Der Spei chel von „Ol enu“

Ein anderes Mal , er war damals schon Bar M izwah ,

befahl ihm S eine Mutter, in das Bethaus zu gehen , um

das Gebet mi t „Minjan in der Gemeinde zu ver

richten . Hersch ging aber nicht ins Bethaus, sondern

u n terhi elt sich auf der Wiese mit seinen Kameraden .

Als er nach Hause kam und se i ne Mutter an dem

schweißigen Antlitz erkannte, daß er beim Spiel ge

wesen war, s tell te sie ihn zur Rede . Hersch beteuerte

j edoch, daß er im Bethause gewesen , und sagte

Wenn du mir nicht glaubst, dann komm mit mir ins

Bethaus, ich zeig’

di r noch den Speichel vonOlenu .

“1 )

Der wi r r g emachte Hahn.

Einst war in Ostropole großer Mangel an Geflügel .

Besonders war der Mangel an Hähnen empfindlich .

Und daes vor Jom - Kipur war , waren die Leute außer

ordentlich besorgt, wo man Hähne für die „Kapo

1) E s is t B rauch beim S chlußgebet „O lanu“ auszuspucken

als Demons tration gegen den Götzendiens t , welcher in d iesemGebet erwähnt wi rd .

1 5

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r es “) bekommen werde . Am Erew- Jom-Kipur früh

morgens , da die Leute von dem Sl ichosgebe te ausd er

Synagoge heimgingen , trafen sie am Marktplatz einen

Bauer, der einen Hahn , und gar einen weißen feilbo t .

Er war bald von der ganzen Gemeinde umri ngt und

einer übet den anderen im Preise . Freilich war

auch Hersch dabe i . Er offerierte für den Hahn 1 0 0

Rubel, ohne ernstlich den Preis geben zu wollen . Der

Bauer, der erkannte , daß die Gemeinde in Verlegen

heit war, wollte die Situation ausnützen und erklärte

daher, er verkaufe den Hahn unter 1 50 Rubel nicht .

Darauf Sprach Hersch zu den Leuten : „Jeder nehme

den Hahn nochmal s in die Hand, als wolle er ihn

kaufen, schwinge ihn über den Kopf und spreche die

Formel : ,Enei Adam‘

, dann möge der Bauer das Tier

r uhi g nach Hause tragen . Der Einfal l gefiel den

R u ten sehr und alles folgte dem Rat . Die Runde

ging so, daß nur einer den andern um einen Rubel

überbot, ohne aber der Ziffer 1 50 nahe zu kommen .

Als alle Leute mit dem Hahnschwingen fertig war en,

gingen sie ihr es Weges . Zu spät wurde der Bauer

1 ) Sü hne . E s is t Si tte der Juden am Erew- Jom—K ippureinen H ahn die Frau eine H enne um den Kopf zu

schwingen , wobei man ein Gebet sprich t . Der weiße Hahnwi rd bevorzugt .

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des an ihn begangenen Betruges gewahr . Nun er s t

trug er den Hah n von Haus zu Haus , aber keiner

wollte einen Überpreis zahlen . Da wurde der Bauer

wütend und schrie : Die Juden haben mir den Hahn

wirr gemacht, j etz t wollen s ie ihn nicht kaufen .

Seither wur de Hersch als Witzbold weit und breit be

kannt .

Die „K aschje“und der „Ti raz

“.

Als Hersch in der Jeschiba lernte, beklagte sich ein

Genosse, daß die Hausfrauen , bei denen er „Tage 1 )aß , ihn immer nur mit bloßer „Kasche

“2) bewirteten .

Hersch erwiderte : „Mir geht's abe r noch schlimmer .

Dich bewirtet man wenigstens mi t ,Kasche‘

, mich

aber bewirtet man stets nur mit ‚Tiru zim‘

.3) Komme

ich zum Frühstück, so sagt die Hausfrau : ‚Heute war

1 ) D ie armen Jeschiba- (Talmudhochschu le) Junger bekommenin de n H äusern der Gemeindemi i g l ieder Tage zu essen.

2) E in Bräu aus Buchweizen, im H ebrä ischen aber „FrageAntwor t , Erklä rung einer schwier igen S tel le, das Gegen

s tück von Kaschef‘

rage , hier im Sinne von Ausrede.

2 B loc h , Hersch Ostr0poler

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ich krank und habe nichts gekocht‘

, beim Mittagessen

sagt sie einen anderen Tiruz und so fort .“

Hersch foppt einen Weinhändler .

Al s Herschs Weib den ersten Knaben gebar , war

Her sch außerordentli ch freudig gestimmt und trotz

seiner Armut bereitete er zum Beschneidungsf est ein

schönes Mahl vor . Er lud die vornehmsten Männer der

S tadt, die auch erschienen, weil sie mit Hersch auf

gu tem Fuß stehen woll ten . Bei Tisch sprachen die

Leute zu Hersch : „Du has t eine großartige Mahlzei t

vorbereitet, warum hast du es da an Wein fehlen

lassen?“ Hersch erklärte sich nun bereit, wenn sie

eine Weil e warten wollten , auch Wein zu bringen .

Außerhalb Ostropole wohnte ein W einhändler, der

erst vor kurzer Zeit dorthi n gekommen war, daher

Hersch noch nicht kannte . Hersch lief schnell außer

halb der Stadt, stellte sich vor das Haus des Wein

händl ers hin und machte eine Miene al s war te er auf

j emanden .

Der Weinhändler lud ihn in die Schankstube und

erkundigte sich wer und von wo er sei .

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H erschs Sorgen.

Hersch kam einmal nach Berdytschew . Er ging

durch die Gassen und stell te sich zu j eder Auslage

hi n, betrachtete sie und seufz te bitter . Ein Vorüber

gehender fragte ihn : „Vetter, was seufzt Ihr?“ Hersch

erwiderte : „ Ich habe mit diesen Geschäftsleuten

großes Mitleid ; ich berechne : ich habe zu Hause ein

kleines G%chäf tchen, das m ir furchtbar viel Sorgen

macht, wieviel Sorgen müssen nun diese .Geschäfts

leute haben? Und darum seufze ich !

W i e Chelm 1) abbrannte.

Hersch erhiel t Kunde, daß die Chelmer Juden

schrecklich an der Mäuseplage zu leiden hatten . Nun

fand er einen ausgezeichneten Anlaß, sich dorthin zu

begeben und durch einen S treich zu Geld zu kommen .

Als er in Chelm eintraf, begab er sich zum Ge

meindeäl testen und sprach : „ Ich habe vernommen,

daß ihr hier von den Mäus en schrecklich zu leiden

1 ) Chelm, Gouvernement Che lm os t lich Lublin , bekanntals die Chelmer Narren.

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habt, daher brachte ich euch ein kleines Wundertier,

vor dem die Mäuse, sobald sie es erblicken , sich in

ihre Löcher verkriechen .

Sprach’

s und ließ dabe i hinter dem Rock eine Katze

springen . Da sie hungrig war, heulte sie furchtbar .

Der Gemeindeäl teste erschrak heftig be im Anblick

des Tieres , hatte doch Chelm bis dahin keine Katze

gesehen doch als ihn Hersch beruhigte, daß das

harml ose Tierchen keinem Menschen Boses tue,

dankte er Hersch für seine Freundlichkeit . Er ver

ständig te im geheimen den Rabbiner und die Ge

meindevorsteher , ein unbekannter Mann habe einTier

gebracht, vor dem di e Mäuse sich verkriechen und

lud die Leute zu Ehren des Mannes zu sich ein .

Die Katze begann gleich ihres Amtes zu wal ten und

machte sich auf di e Jagd .

Schon am nächsten Tage war Hans und Hof des

Gememdeältesten mäuser ein . Die Katze wander te von

Haus zu Haus . Kein Wunder, daß Hersch von allen

Chelmer Juden wie ein Heiliger verehrt wurde, und

es muß nicht ers t gesag t werden , daß er genug zu

essen und zu trinken hatte .

Schließlich kam die Katze zum Rabbiner . Als die

Rebezin 1 ) an einem Freitag den für Sabbat bestimm

1) Die Gattin des R abbiners , Rabbiner in.

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ten KugeP) in den Ofen bringen wollte, ertappte sie

die Katze , wie sie aus dem Topf naschte und bereits

einen ansehnlichen Teil verzehrt hatte . Sie schlug

Lärm ; es erschien der Rabbiner in der Küche, und

als er hörte, was da geschehen war , war er voll Ent

setzen : „Solche Frechheit e ines unreinen Tieres,

schrie der Rabbi, „den Kugel anzurühren , der für

den Sabbat bestimmt ist .

Nun war es in der Chelmer Gemeinde Gepflogen

heit, daß bei j edem wichtigen Vorfal l gleich eine Be

ratung der Notabeln abgehal ten wurde . Daher l ieß

der Rabbiner unversäumt eine Sitzung einberufen,

um über di e Katze wegen Entweihung des Sabbats

Ger ich t zu halten . Das Urtei l lautete : „Tod durch

Steinigung“ . Der Gemeindeälteste stell te den Antrag,

die Katze noch am selben Tage zu steinigen , und an

der Exeku tion wollte sich j edes Gerheindemitglied be

teil igen . Nun „klopfte der Gemeindedi ener aus, daß

das ganze Volk sich um die Synagoge versammle, um

die Katze zu steinigen . Und sie kamen alle, Männer,

Frauen und Kinder . Freilich fehlte auch Hersch

nicht . Er verteidigte sich vergeblich damit, daß in

die Katze ein Teufel gefahren sei , und der, nicht die

Katze. habe eigentlich vom Kugel genascht . Bald

1 ) Die beliebte Sabbat-Mehlspeise der Os tjuden.

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j agte man die Katze au s der Stube und die Steinigung

begann . Doch sie sprang aufs Dach und vom Dach

auf den Schornstein, um so der heiligen Chalmer Ge

meinde zu entrinnen . Nun erst glaubten die Leute,

daß ein Teufel im Spiele sei . Die ganze Gemeindewar

darüber sehr verlegen . Hersch aber wußte, daß seines

Bleibens hier nicht länger sein könne und gab den

Rat : „Zündet das Haus an , damit die Katze hinunter

spr_inge . Schnell wurde das Haus angezündet, kein

Mensch blieb untä tig, und sie legten alle das Feuer

an . Doch die Katze kam nich t hinun ter, sondern

Sprang von Dach zu Dach , von Schornstein zu Schorn

s tein, und die Chelmer zündeten nacheinander alle

Häuser an , damit an der Katze das Urteil voll zogen

werden könnte . W enn nicht durch Steinigung, so

durch Verbrennen . Erst als es Sabbat wurde, ward

die Verfolgung eingestell t . Die Katze entkam ihrer

Verfolgung, indessen war ganz Chelm abgebrannt .

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H er sch al s Richter .

Im Laufe der Zeit, da Hersch in Chelm war , trug

sich dort ein schrecklicher Vorfall zu . An einem Frei

tag , als der Gemeindevorsteher wie s tets einen leben

digen Karpfen eingehandel t hatte und froh nach

Hause trug , gab ihm der Fisch m i t dem Schwanze

einen Schlag ins Gesicht, daß er erschrak und den

Fisch aus der Hand ließ . Und da er ihn fangen wollte ,

und der Fisch fortab wei terspr ang und sich den Hän

den des Gemeindevorstehers entzog ‚ wurde er bald

von allen Leuten verfolgt . Und als er endlich er

griffen war, l ieß der Vorsteher gle ich alle Gemeinde

tglieder versammeln, um über d en Fisch Gericht

zu hal ten . Die Beleidigung eines Gemeindevorstehers

wu rde dazumal streng bestraft . Da die Leute nicht

ei n i g werden konnten, welche Strafe der Fisch ver

di ene, wurde Hersch zur Beratung zugezogen . Er ent

schi ed : „Da der F isch den Gemeindevors teher schlug,

muß er ertränkt werden, und zwar sei das Urteil

gleich zu voll ziehen . So wurde der Fisch in Beglei

tung der ganzen Gemeinde zum Fluß getragen, wo

man ihn elendiglich ertränkte

Page 24: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H ersch al s Engel .

Die Gattin eines Dorfjuden hörte von ihrem Gatten,

daß bald Sabbatnachmu “) kommen werde . Sie

glaubte , Sabbatnachmu ser i rgendein Heiliger. von der

„ anderen Wel t“

, der Prophet Elijahu oder gar der

Messias . Sie erwartete ihn daher mit großer Sel m

sucht .

Nach einigen Tagen passierte Hersch Ostropole

dieses Dorf: Er trat in die Schankstube ein , um sich

durch einen Schluck Branntwein zu leben . Die Wirts

frau , der nun einmal Sabbatnachmu im Kopfe lag,

gab ihm einen starken Branntwein und fragte ihn

„Freund ! Man sagt, Sabbatnachmu is t au f demW eg ;

war er schon be i Euch?

Hersch begriff gleich , daß er ein törichtes Weib

vor sich habe . Er erwiderte daher : Was für eine

Frage? Bin ich doch selbst Sabbatnachmu ?

„ Ihr seid Sabbatnachmu?“

sprach das Weib f as

sungslos, „dann seid Ihr j a von der anderen Welt,

und Ihr werdet doch wissen , wie es meinen E l tern

dort ergeht?“

„Schöne Frage ! erwiderte Hersch , „ob ich weiß ,

1 ) „Trostsabbat“an dem man den Abschnit t 40 aus J esaja

Trös te t , trös tet mein Volk vor lies t.

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Page 25: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

wie es Euren E ltern geht? Sie sind sehr arm , gehen

ganz nackt und sind ganz heruntergekommen

Nun bitte ich Euch , Rabbi Sabbatnachmu , sprach

die Dor fjüdin ganz traurig, „hab t die Güte und nehmt

für meine Eltern einige Kleider und etwas Geld mi t .

„Sehr gern , sprach Hersch .

Nun packte das W eib ein Bündel Kleider, s teckte

Hersch einige Rubel f ür seine Mühe in die Hand und

bat ihn, j edesmal , wenn er hinüberkomme , sich bei

ihr sehen zu lassen , damit sie ihm etwas für ihre El

tern mitgeben könnte .

Selbstredend machte sich Hersch gleich auf den

Als er sich e inige Schritte vom Hause entfernt hatte,

fiel ihm ein, daß der Dorfjude , wenn er bei seiner

Heimkunft von dem Betrug erführe, ihn verfolgen

werde . Hersch begab sich daher in den nah eliegenden

W ald, versteckte dort das Kleiderbündel , entkleidete

sich , kehrte dann zurück und stell te sich am Rande

des W aldes zu einem dicken Baum, den er fes t um

faßte .

W irkl ich kam der Mann bald nach Hause, und als

ihm seine Gattin von dem wunderbaren Gast und se i

ner Auskunft übe r die traurige Lage ihrer Eltern er

zähl te, begri ff er, daß ein Betrüger sich di e Dumm

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Page 27: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

zuliebe tun, ihm nachzul aufen , ich werde ihn be-4

stimmt einholen und zurückbringen . Ihr müßt mir

nur Euer Pferd und Eure Gewänder geben und hi er

an meine S telle treten , um den Baum festzuhal ten .

Aber bedenkt ! Kaum lasset Ihr ihn einen Augenblick

los , so stürzt die Welt zusammen .

Der Dorfjude zog schnel l seine Gewänder aus , die

Hersch gleich anlegte . Nun eilte er davon , ging von

der anderen Seite aus in den Wal d, holte seine Sachen

und ri tt davon auf Nimmerwiedersehen .

Ein Racheakt.

Au f seinen Wanderungen kam Hersch einem

Freitagnachm ittag zu einemDorfjuden , einem großen

Knicker . Dieser lud Hersch ein , trotzdem den Sabbat

bei ihm zu bleiben . Bei der Abendmahlzei t brachte di e

Hausfrau eine große Schüssel mit Suppe und stell te

sie vor ihren Mann, damit er die Tischgenossen be

te ile . Der Mann nahm sich die obere Suppe undsprach

dabei das talmudi sche W ort : „Jeder ist sich selbst

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der Nächste .1 ) Er schüttete seiner Fran ihren Teil

in den Tel ler und sprach : „Mann und Weib sind ein

Le ib .2) Nun teilte er von der Suppe auch seinen

Kindern zu und murmel te : „Ein Vater hat Erbarmen

mit seinen Kindern .

“3) Schl ießlich gab er Hersch den

schalen Rest der Suppe , ohne dazu ein Wort zu

Sprechen .

Al s Hersch die Suppe gekos tet hatte , die wie bloßes

Wasser war , fragte er : „Und fürmich habt Ihr keinen

Vers in der Heiligen Schrift gefunden?“ Nahm die

Suppe , schüttete sie dem Hausherrn über den Kopf

und sprach : „ Ich werde Euch mit reinem Wasser

b%prengen .

4)

H ersch al s Tauf kand idat .

Hersch war einmal in großer Geldnot . Es waren

Tage vergangen, da er mit Weib und Kindern nichts

zu essen gehabt . Da hörte er, daß ein reicher Guts

1 ) Trak tat Sanhedrin F. 9a.

2) 1 . Buch Moses Kap . 2, Vers 24.

3 ) Psalmen K ap. 1 03,Vers 1 3.

J echeskiel , Kap, 36, Vers 28 .

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Page 29: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

besitzer j edem Juden, der sich tarifen lasse , 1 00 Rube l

adszahle . Hersch dachte, er werde sich zum Scheine

taufen lassen , um die Prämie herauszuschwindeln .

Er kam zum Geistlichen , und dieser fing an , ihn in

dem neuen Glauben zu unterrichten . Er zählte Hersch

jeden Heiligen mit Namen auf . Uni ihm aber die

vielen Namen der Heiligen ins Gedächtnis gut einzu

prägen, gab er ihm j edesmal einen Hieb mit einer

Peitsche . Da schrie Hersch seinem W eihe , die in der

Nähe war, zu : „0 weh t die Familie ist zu groß,es is t

zum Zugrundegehen .

H ersch al s Bräut igam.

Hersch kam in ein Dorf . Als er Hunger spürte,

begab er sich ins W irtshaus und bat den Juden, ihn

über Sabbat zu Gas t zu nehmen . Jener hiel t Hersch

für einen Junggesellen, und weil er eine heiratsfähige

Tochter hatte, nahm er ihn freundlich auf . AmSabbat

ausgang, da Hersch sich verabschieden wollte, rückte

der Gastgeber mit seinem Antrage heraus, Hersch

möge seine Tochter heiraten . Hersch willigte ein und

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bald darauf, nachdem die übrigen Dorfjuden geladen

waren, wurde Verlobung gefeiert . Man beschloß,

schon in drei Wochen Hochzeit zu machen und hat

den Bräutigam , dem man ohnehin „ewige Kost“ ver

Sprach, zu bleiben . Er verbrachte einige sorgenlose

Wochen und aß und trank wie nie zuvor . Endl ich

rück te der Hochzeits tag heran, für den schon al le

Vorbereitungen getroffen waren . Vor der Trauung

sagte Hersch zu seinem Gastgeber, er habe mit ihm

Geheimes zu sprechen . Al s dieser mit ihm al lein war,

sagte Hersch : Mein Vater sel igen Andenkens hat mir

befohlen , wenn ich eins t heirate, so solle ich dem

Brautvater al le meine Fehler vorher mitteilen , damit

man mir später nicht Vorwürfe mache, daß ich auf

i rgendeine Weise ihn gefoppt habe . Daher sage ich

Euch : Mein Vater hat te vier Brüder, di e sich taufen

l ießen .

Diese Mitteilung machte den Brautvater sehr be

trübt . Er ließ auch sein Weib hereintreten , daß sie

davon Kunde haben solle . Aber nachdem er mit seiner

Frau kurz beraten hatte, sprach er zu Hersch :

Macht nichts, du bis t doch daran unschu ldig .

Höret nur weiter : Auch meine eigenen drei Brü

der und drei Schwestern haben sich taufen lassen .

Man kann sich nun die Trostlosigkeit der Brau t

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eltern vorstellen . Doch was konnten sie j etz t im letz

ten Augenblick tun?

Sie Sprachen daher : Auch das tut nichts ; man

nimm t den Ochs heraus und der S tall kann verbrannt

werden .

„Nun habe ich euch, sprach Hersch , „noch eine

Mitteilung zu machen : ich haha auch ein W eib und

elf Kinder !

Kaum daß die Brauteltern dies hörten, schlugen

sie Lärm , die Hochzeitsgäste stürmten herein , hörten

von der Bescherung, fielen übe r Hersch her und

wollten ihn erschlagen . Mit zerbrochenen Gliedern

kam er davon .

Seither pflegte er seinem W eihe , j edesmal wenn sie

ihn ärgerte, zu sagen : „Geh , du bis t mir gefährlicher

al s zehn Getaufte .“

H er sch auf dem Marktplatz.

In großer Geldverlegenheit, s tell te Hersch einmal

ein Tischchen au f dem Marktplatz auf und rief laut :

Ein großartiges Mi ttel gegen Flöhe ! “ Das Mitte l be

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Page 32: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

s tand aus gemahlenem Kalk . In ihrer Hast kauften

die vorbe igehenden Kaufleute die Pulver, ohne den

Inhal t zu prüfen oder nach der Gehrauchsanweisungsich zu erkundigen . Hersch hatte schon se ine Taschen

mit Geld vollgefüll t, als ein Dorfjude vorüberging,

ein Pulver kaufte und Hersch fragte, wie er denn mit

dem Mittel umzugehen habe . „Wenn Euch ein Floh

heißt, so soll t Ihr ihn schnell am Leib packen und ihn

kitzeln . Natürlich wird der Floh anfangen zu lachen

und den Mund öffnen , dann schüttel t gleich die Pul

ver in se i nen Mund und er wird sofort hin

Ei ne Abr echnunm

Hersch kam einmal zu Le ib, dem Mostverkäu f er ,

und hat ihn um einen Liter Most für den Sabbat ; die

sechs Groschen werde er ihm im Laufe der Woche

bezahlen .

Der Mostverkäu f er , ein alter zahnlose r Knicker,

wollte auf das Geschäft nicht eingehen . Darauf

1) H ierzu wird als For tsetzung erzti hl t : „W enn ich den

Floh gepackt habe , kann ich ihn doch gleich zerdr ixcken

Na fr ei lich , so geht es auch .

3 B l 0 c h Hersch Ostropoler 33

Page 33: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

machte Hersch di e Bemerkung : „Nicht umsonst heißt

Ihr Leib , welcher Name denselben Zahlenwert hat wie

das Wort Keleb , Hund .

“ Dieser wendete ein , daß dies

nicht stimme, da doch der Zahlenwert des Wortes

Keleb 52 sei, der Zahlenwert des Wortes Leib aber

nur mithin zehn fehl en . Darauf Hersch schlag

fertig : „Darum bist du doch ein Keleb ohne Zähn (e)

E in Geschäf t.

Hersch ging auf den Markt . Da rief ihm ein Krä

mer zu z „Kauft mir den Schrank ab , Rabbi Hersch ,

ganz billig ! “

Was soll ich hinein tun?

Eure Kleider doch !

Und i c h soll nackt umheflau fen? fragte Hersch

zornig .

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Schnorrer, um die Almosensammlung m ich bemuhen

werde, dann würden die Leute nur zu Kopeken geben ,

und es würde nicht ausreichen, um dir zu bezahlen ,

daher folge du meinem Rate , komme du mit mir . Da

du ein achtbarer angesehener Mensch bis t, werden die

Leute viel geben , so daß noch für ein zweites Mittag

mahl übrig bleiben Wird .

Di e Sintflut.

Hersch wurde einmal gefragt, ob er an eine zweite

Sin tflut glaube . „Sie ist schon längst da, an twortete

er . „Als Noah nach der ers ten Sintflut am Leben

blieb , pflanz te er einen Weingarten und hat au f diese

Weise den Wein entdeckt . Und durch diese Sintflut

durch den Wein sind schon viel mehr Menschen

umgekommen als durch die erste Sin tflut .

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H er sch und der Dieb.

Einmal verirrte sich em Dieb nachts zu Hersch ,

denn er wußte nicht, daß Hersch ein armer Mann

sei . Hersch lag auf dem Bett, und obwohl er nich t

schlief und auch in der Fins ternis sah , wie der Dieb

Schrank und Kas ten durchsuch te , rührte er sich nicht

und atmete stil l . Der Dieb mußte sich bald zu seinem

tiefsten Leidwesen übe rzeugen , daß diesmal seine

Mühe zwecklos sei . Im Schmerze ob seiner Enttäu

schung nahm er sei ne Schnupftabakdose au s der

Tasche , um durch e ine Prise seinen ! rger zu stil len .

Da entstieg Hersch leise seiner Sch lafstätte , ging au f

den Dieb zu und streckte gleichfalls die Hand aus , um

eine Prise an sich zu nehmen . Als de r Dieb spür te ,

daß j emand neben ihm s tehe, erschrak er sehr und

woll te entweichen . Doch Hersch ergriff seine Hand

und sprach : „Lieber Freund, bleib ruhig hier und

suche nur angstlos weiter . Am besten suchen wir

beide, vielleicht finden wir doch was und teilen mit

einander . Aber für al le Fälle bitte ich dich , erzähle

keinem Menschen , daß du bei m ir nichts fandes t . Die

Leute sollen nicht wissen , daß ich ein armer Mann

bin .

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Page 37: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

W i e si ch ein Menseli veränder n kann.

Hersch ging einmal in Gedanken versunken auf der

Gasse . Da begegnete er einem Menschen , stieß ihn an

und rief ihm freudig zu : „Ah , was macht Ihr, Reh .

Todres? Wie lange hab ’ ich Euch nicht gesehen ! Ihr

hab t Euch aber so verändert, daß ich Euch kaum er

kannt hätte .

Ihr seid im Irrtum, mein Lieber , ich heiße nicht

Todr es , sondern Jankel . Ach , wunderte sich

Hersch, „wi e der Mensch sich verändern kann ! Sogar

Eue'

r Name hat sich schon verändert .

H er sch ladet einen Gast zu si ch .

EinesAbends kamHer schinBeg lei tung einesMannes

nach Hause , dem er Nachtmahl und Nacht! uartier

versprochen hatte . Er s tellte den Mann seiner Fran

vor und sagte ihr auch den Zweck seines Kommens .

Die Frau wur de zornig , fluchte und schrie : Um

Gottes W i llen, du elender Schnorrer, nicht genug,

daß wir selber nichts zu essen haben, bringst du noch

einen Gast mit?“ Der Fremde fühl te sich beschämt

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Page 38: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

und schaute Hersch verlegen an . Hersch aber sprach

zu ihm : „Freund, macht Euch nichts aus dem Gerade

dieser bösen Frau . Wisset Ihr j a das Wort der Wei

sen : ‚Das Weib duldet keine Gaste‘

, daher tut Ihr

das Eurige . „W as sol l ich denn tun?“ fragte der

Gast verwu ndert . „Nehmet Euren Sack und Mantel

und legt Euch schlafen ! “ erwiderte Hersch .

Her sch und der Gei zhal s.

Einst ging Hersch eine Wette ein , er werde von

einem als Geizhal s bekannten Reichen , der niemal s

ein Almosen gab, eine Unterstützung bekommen .

Er begab sich zu dem Manne und trug sein Ver

langen vor . Der Reiche sprach verdrießlich : „Hast

du nicht gehört, daß ich keine Almosen gebe , weshalb

bist du dennoch gekommen?“

Hersch erwiderte : „Weil die Almosen , die ich von

Euch jetz t verlange, zu Eurem Vorteil sind .

Wieso?“ fragte der Geizhals .

Da hört mich an ! Ihr habt sicher gehört, daß die

Hölle durch eine Lawine zerstört worden ist . Und

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Page 39: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

nun bin ich dam i t betraut worden, unter j enen Per

sonen ,welche für die Hölle in Be tracht kommen ; für

den Wiederaufbau Geld zu sammeln . Da Ihr als e in

Kandidat für die Hölle in den Büchern verzeichnet

seid, l ieg t es in Eurem Interesse, den Wiederaufbau

zu fordern .

„Wenn die Holle zer stor t is t, wo werden jetzt die

Bosewichte gestraft?“ fragte der Geizhals ganz ver

legen .

Vorlä ufig hat man bei einem Bauer einen großen

Schweinestal l gemietet und hat den als Sammelstelle

für di e neu hinzukommenden Bösewich te eingerichtet .

Und nun frage ich Euch , wi rd es schön sein , wenn so

ein Reicher wie Ihr in einem Schwei nes tal l un ter

gebrach t werden sol l?“

Der Ge izhals mußte diesmal von seinem Grundsatz

abweichen, gab Hersch einen namhaften Betrag zum

Wiederaufbau der Hölle und erhiel t von Hersch die

Zusage , einen Ehrenplatz zu erhal ten .

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Hersch und der Dorfjude.

Ein al ter Dorfmann r ichtete einmal an Hersch die

Frage, was denn die Leute am Jom—Kipur be i „Ko

rem“1 ) tun .

Habt Ihr denn nich t gesehen ,“ erwiderte Hersch ,

daß die meisten Leute Kinder mit in die Synagoge

nehmen und jedes Kind ein Päckchen in der Hand

trägt? Wisset Ihr, die Leute nehmen Palatschinken

mit sich und die werden gegessen , während sie nieder

knien und sich bücken .

Der Dorfjude war mit dieser An twort sehr zu f r ie

den . Er fuhr nach Hause und erzählte seinem W e ihe ,

daß er nunmehr das Geheimnis vom Korem kenne

und befahl ihr , für den herannahenden Jom-Kipur

Palatschinken zu bereiten , um sie in di e Synagoge

mitzunehmen . Als es zu Korem kam , aß er die Pal at

schi nken .

Der gute Geru ch der fetten , frisch gebackenen Pa

latschinken wurde in der ganzen Synagoge fühlbar ,

aber kein Mensch ahnte , woher dieser an einem Fast

tage doppe l t wohl tuende Geruch kam .

1) Bei der „Ahoda einer Beschreibung des D iens tes des

Hohepr ies te rs im Tempe l zu J erusalem, kniet man bei dem

W or te „Kor im“ mehrmals nieder .

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Als sie sich schon erhoben h atten , sahen sie den

al ten Dorfmann noch immer zu Boden liegen , uhd

daß er was im Munde habe .

„Reh Todres,“

schrien sie ihn an , „ ist ja heute

Jom- Kipur?“

Räuberbande, schrie der Dorfmann aus voll

gestopftem Munde, „hab t Ihr denn gar kein Einsehen,

daß ich ein al ter Mann bin und daher keinen Zahn

mehr im Munde habe? Freilich, ihr j üngeren Leute

vermag t mit den Palatschinken schnell fertig zu wer

den nun geduldet eine Weile, bis ich auch den Bissen

bi nunter schlucke .

Man kann sich vors tellen , welche Heiterkeit der

Vorfall erregte . Doch fandensich ernste und fromme

Leute , die den Mann belehrten , was man be i Korem

tut . Und da wußte der Alte erst, daß Hersch seine Un

wi ssenheit zu seinen Witzen benützt hatte .

H er sch und die H ändler in.

An einem Wintertag mußte Hersch be i großem

Schneegestöber und knarrendem Frost auf die Straße

hinaus , weil se in W eib ihn drängte, Brot für die Kin

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Page 43: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

war es entsetzlich kalt . Bald darauf kam der Haus

herr aus der S tadt und seine Gattin drang in ihn, \in

versäum t das Mittagmahl zu s ich zu nehmen . Sie

stell te vor ihn ein hübsches frisches Brot und eine

volle Schüssel heißer Milch auf den Tisch . Hersch

verdr oß es sehr, daß die Frau mit seinem knurrenden

Magen kein Erbarmen hatte . Was ta t Hersch? Als

der Hausherr sich die Hände wusch und den ersten

Segen sprach, stell te sich Hersch zum Tisch und

rüttel te ihn , so , daß sich etwas von der Milch ver

schüttete . Der Hausherr schrie Hersch zu : Nu, nu“

durfte er doch zwischen dem Brotsegen und dem

Essen nichts reden damit sich Hersch in acht

nehme und die Milch nicht ausschütte . Hersch abe r

legte d ieses „Nu, nu“ so aus , als hätte ihn der Haus

herr zum Essen e i ngeladen . Er setz te s ich gleich zu

Tisch und aß vom Brot und trank die Milch . Die

Hausfrau konnte doch nich t so unverschäm t sein, ihn

dar in zu s tören und gab ihrem Menue anderes Essen .

Hersch bedankte sich sehr bei dem Hausherrn für

seine freundl iche Einladung . Als aber Hersch noch

mals durch das Dorf und in dieses Haus kam , gab

ihm die Haus frau das Mittagmahl , ohne die Ankunft

ihres Gatten abzuwar ten .

Page 44: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Di e Gräfin und die Komtessen.

Als Hersch den Ruf nach Miedziborz erhalten hatte ,

übe rlegte er nicht lange, lud se ine „sieben Sachen“

wie auch seinWeib undKinder er hatte unbeschr ien

deren elf auf einen Wagen und trat die Reise an .

Draußen war ein graus ig kal tes Wetter, denn es war

mitten im tiefen Winter, ein Dezembertag .

Der Weg von Ostropole nach Miedzibor z is t ziem

lich weit, so, daß , wenn man auch früh am Morgen

aufbricht,man e ine Nacht unterwegs sein muß .

Als es Nacht wurde, die Kinder den Hunger und

die Kälte nicht ertragen konnten , und durch Weinen

Konzert gaben , entschloß sich Hersch , in einemDor f

gasthause über Nacht zu bleiben und am folgenden

Tage die Reise fortzusetzen .

Als er vor das Gasthaus kam , fand er Tur und Tor

bereits geschlossen . Hersch mußte lange Zeit an die

Fenster pochen , bis die Eigentürher in seine Stimme

hörte und ihn nach seinem Verlangen fragte .

Hersch erwi derte au f ihre Fr ege in polnischer

Sprache

Es is t meine durchlauchtigs te Frau Graf in mi t

ihren durchlauchtigsten Komtessen öffnet sogleich

und geht ihnen Einlaß , denn das We tter draußen ist

furchtbar öffnet, oder daß Euch der Teufel hole !“

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Kaum hörte die Jüdin das Wor t Graf in als sie

schnel l auf den Beinen war , das Tor öffnete ui i d

Hersch, den s ie freilich für einen gräflichen Lakaien

hielt, ein warmes Z immer zuwies . Da sie nur dürftig

gekleidet war, zog sie sich gleich in das Schlafzimmer

zurück .

Nun brachte Hersch Weib und Kinder in das warme

Zimmer und machte es ihnen dar in ganz be! u em . Sich

selbst gönnte er keine Ruhe . Wieder pochte er an die

Tür der Eigentümerin . Die hochgnädige Gräfin‘

wünscht für sich und für die durchlauchtigsten Kin

der ein Nachtmahl . “

Mit einer Gräfin war dazumal nicht zu spaßen .

Schließlich , dachte die Frau, wurde sie j a auch auf

ihre Kosten kommen . Sie stand auf, richtete den nun

glu tlosen Herd w eder auf und bereitete e in gutes

Nachtmahl zu . Sie l ieß es an nichts fehlen , auch Wein

holte sie vom Keller . Hersch , der in des Gewand eines

gräflichen Kutschers gekleidet war, erregte kein Miß

trauen , und er bediente seine „gräfliche Herrin“

So verbrachte er die ganze Nacht be i Sans und

Breus

Als der Morgen kam, bereitete die Jüdin ein gutes

Frühstück zu und trug es aufs Z immer .

Man kann sich ihr Ents etzen vors tellen , al s sre der

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häßlichen schäbig angezogenen Gräfin und der in

Lumpen gehüllten Komtessen ansichtig wurde . Sie

sah, daß sie einem Betrüger zum Opfer gefallen, und

fing an zu schirnpf en undzu schelten . Sie schrie : „Das

sind die durchlauchtigste Gräfin und die Komtessen?“

Doch Hersch schrie noch lauter : „Mein Weib ist bei

mir so würdig wie eine Gräfin und meine Kinder wie

Komtessen .

Die Gastgeberin sah nun ein , daß j edes wei tere

Wort unnütz sein würde . Zumindest hat s ie um Be

zahlung für das kostspielige Nachtmahl .

Hersch wendete j edoch kal tblütig ein : „ Ich habe

keine Kopeken .

Da geriet die Gastgeberin in schrecklichen Zorn ,

gebärdete sich wie eine Wahnsinnige und erklärte,

die nette Sippe nicht au s dem Hause zu lassen , ehe ih r

die Rechnung bezahl t werde .

Als Hersch diese Drohung hörte , wu rde er sehr

froh . „Habe ich dir nicht gesagt, sagte er zu seinem

Weib , „Go tt wird uns nicht verlassen? Schau, da

haben wir für längere Zeit ! uartier und Kos t und

sind von jeder Nahrungssorge befreit . Oder war s t du

etwa mit der Kost unzufrieden?“

‚ Da überzeugte sich die Gastgeberin, daß sie dies

mal sehr schlecht hineingefal len war und hat Hersch,

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sich ihrer, einer unglü cklichen Witwe, zu erbarmen

und so rasch als möglich von ihr wegzuziehen . Frei

lich verlangte sie von ihm keineBe zahlung mehr .

Wenn Ihr so redet, sprach Hersch , „dann bin ich

e in Edelmann ich fahre sogleich von hier for t .

Er brach te nun seine Gattin und die Kinder auf den

Wagen und traf die Vorbereitung zur Wei terreise .

H er sch und der polni sche Edelmann.

Noch war Hersch im Vorhause des Gasthauses mit

den Vorbereitungen zur Abreise beschäftigt, als ein

polnischer Edelmann an dem Gasthaus vorbeifuhr .

Er blieb eine Weile stehen , um Futter für di e Pferde

zu kaufen . Hersch scherte sich um ihn nicht, freilich

un terließ er es auch, vor ihm die Mütze zu ziehen und

ihm durch den Knix die Ehre zu erweisen . Der Edel

mann wur de über die Unverschämtheit des Juden un

gehal ten und f r eg te_Her sch in barschem Tone : Wo

her bist du denn, Jude?“ Hersch erwiderte ruhig : „Aus

Ostropole ! Darauf der Edelmann : „A czapka?“1 )

1) „Und die Mu tze ! Der herrschende Ade l gewöhnte

die in seiner Sklaverei lebende Bauernschaf t angesichts eines

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Page 48: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Ebenso aus Ostropole ! erwiderte Hersch gelassen .

Da muß te der Edelmann über den dummen Juden

lachen . Hersch eher bes tieg den Wagen , und indem er

au f den Edelmann noch einen verächtlichen Blick

warf, fuhr er davon .

H ersch sucht des Rabbi s Nase.

Als Hersch am Abend in Mi edziborz ein traf, wu rde

er gewahr, daß Rabbi Baruch gerade an diesem Tage

außerordentlich traurig war . Er wollte den ganzen

E de lmanns rasch die Mu tze vom Kop i e zu nehmen und d ieseunter dem l inken A rm haltend , niederzuknien . Allmäh licheigneten s ich auch die Dorfjuden, die Pächter der Or enden

d iese Un terwii ri igkei t an. Sei ther sehen es die Ed el leu te füreine Frechhei t an ,

wenn ein Jude vor ihnen die Mütze nich thob und er pflegte angesch r ien zu werden „A czapka l

“Das

W ort is t auch sp'

r ichwört lich bekannt . Im Jahre 1 848 zur

Zei t der Bauernerhebung in Polen haben Ede l leute bei J udenSchu tz gesuch t und gefunden. E in Graf saß bei einem Ju denmehrere W ochen in „ Spodek und falschen Pejes , s ich uneut

h0rlich über einem Talmudfolianten schaukelnd. D er Judeaber mußte vor ihm entb lößten Haup tes s tehen. E in anderer

E delmann‘

v ers teckte sich bei einem armen Juden auf dem

Backofen . Und als er einmal erb l ickte , daß der Jude seine

Mütze auf dem Kopi e hatte, ermahnte er ihn barsch : Zyda,

czapka ! „ J ud’

, die Mütze !“

4 B l oc h , Hersch Ostropoler 49

Page 49: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Tag , außer seinen Meschamschim keinen Menschen

empfangen und keine Nahrung zu sich nehmen,‘

son

dern ging stundenlang in Gedanken vertieft, den Kopf

hi nabgebeugt, im Zimmer hin und her und gab auf

keine Frage eine Antwort .

Hersch erschien mi t seiner Reiselaterne im Hause

des Rabbi, und ohne von j emand die Erlaubnis zum

Betreten des heiligen Gemachs erhalten zu haben ,

ging er hinein . Jedem Fußtri tt des Rabbi folgend ,

schi en er etwas Verlorenes zu suchen . Da fragte einer

der Meschamschim den fremden Eindringling : „Was

hast du denn hier zu suchen?“ Hersch erwiderte : „ Ich

habe vernommen, daß der heilige Rabbi die Nas e

hi nun terl ieß , und da kam ich mit meiner Laterne, um

nach ihr zu suchen . Darauf lachten nicht nur die

Diener, die sofort begriffen , daß es der bestell te Hof

narr sein dürfte, sondern der Rabbi selbst hob den

Kopf höher, sah sich Hersch gründlich an und lachte

leise . Er sprach : „ Ich wünsche , daß der Man n in

meiner Nahe bleibe, denn er hat mich jetzt mit seinem

klugen Witz er! uickt .

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Der Rabbi lachte , denn er begriff, daß ihn Hersch

durch seine Frage aufmerksam machen wollte , daßer

kein Geld habe , Lebensm i ttel zu kaufen . Er gab ihm

daher fünf Rube l und sprach : „Nun hoffe ich , dir

au f deine Keschje einen guten Tir uz gegeben zu

haben .

Einige Tage nachher kam Hersch wieder mit der

selben „Kaschje“

. Da sprach der Rabbi : „Habe ich

dir doch ers t vor paar Tage auf die Keschje einen

Tiru z gegeben ? “

Hersch erwiderte : Vers teh t doch Rabbi—Leben !

Als ich nach Hause kam und Euren Tir u z gründlich

zerkaute, da blieb von ihm nichts und daher tauch te

die alte Keschje w ieder au f .

Eine Lüge an r i cht ig er Stel l e.

Ilersch kam e i nmal in das Gemach des Rabbi und

fand ihn in sehr düsterer S timmung . Hersch stellte

sich weinend . Da sprach der Rabbi : „Hersch , höre

au f zu weinen , denn ich kann das nicht ertragen .

Hersch stellte sich aber, als hätte er des Rabbis Worte

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nich t vernommen . Wieder sprach derRabhr : Hersch ,

du weißt, daß ich den Schmerz e i nes j eden Juden von

einem Weltende bis zum anderen Wel tende mitleide ,

daher me ine ewige Traurigke it . Nun stehst du in

meiner Nähe und weins t, um meine Traurigkei t noch

zu vergrößern? Sage mir, warum du weins t , und ich

gebe dir dafür zehn Rubel . Da erwiderte Hersch mit

weinender S timme : Hab t Ihr m ir doch vor einer

Weile zwanzig Rubel zugesagt, j etz t heiß t es bloß

zehn darum weine ich . Dem Rabbi gefiel der

Lüge Witz sehr und er gab Hersch zwanzig Rubel .

H ersch al s Teu fel .

Rabbi Baruch fuhr einmal nach Kozience , um sei

nem Freund, dem „Magid ‚ e inen Besuch abzustatten .

Wie s tets , begleitete ihn seine ganze Gefolgschaft .

Auch Hersch schloß sich ihr an . Als sie am Abend in

ein Dorf kamen, stell ten sich die Bauern des Dorfes ,

die em wenig angeheiter t waren , auf die Straße und

ließen die Wagen nicht passieren . Da es regnete, war

es höchst unangenehm , dort lange zu stehen . Als j edes

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Bitten und auch Geldangebo te vergehens war en , trat

Hersch vor den Rabbi und sprach : „Rabbi, gebt m ir

die Erlaubnis , e twas anzus tellen , und Ihr sollt nach

her ungehindert durchfahren können . Natürlich ver

sagte ihm der Rabbi die erbetene Bewilligung nicht .

Nun , was tat Hersch? Er entkleidete sich , beschm ier te

sich von Kopf bis Fuß mi t Kot und begab sich an die

S telle , wo die Bauern standen . Kaum hatten ihn die

Bauern erblickt, schrien sie Gitko“

, „ein Teufel“

und l iefen Kopf über Hals davon . Und da konnte der

Rabbi die Reise ungestört fortsetzen .

H ersch ver tr i tt di e Stel l e des Rabbi .

Eines Tages , de der Rabbi in der „Mikweh war ,

kam eine Frau in des Gemach des Rabbi und trug

Hersch,den sie für den „Heiligen

hielt, weinend die

Bitte vor,für ihre Tochte r zu Go tt zu beten , die sich

se i t einigen Tagen in Gebur tsnöten befände . Hersch

setzte sich au f des Rabbis S tuhl und gab der Frau den

Rat, ihrer Tochte r an den Nebel einen Kreuzer zu

legen,dann werde s ie bald das Kind gebären . Er ver

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Page 54: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

langte,daß man ihn gleich davon verstä ndigen solle ,

sobald das Kind komme . Die Frau ging nach Hause ,

befolgte den Rat , den ihr Hersch gegeben , meinte sie

doch , daß es der Rabbiner gewesen war . Der Zufall

wollte es , daß das junge Weib in der Tat bald nach

dem man ihr den Kreuz er auf den Nebe l gelegt hatte,

das Kind gebar . Da schickte ihre Mutter ihre Nichte,

um dem Rabbi davon Mitteilung zu bringen . Als sie

kam , hatte der Rabbi wieder seinen Sitz eingenommen .

Die Bo tin sag te : „Rabbi , ich wünsche Euch ,Masel

tow‘

, Euer Rat war gut, und das Weib hat gleich der

au f , al s ihr der Kreuzer aufgelegt wurde , das Kind

zurWelt gebracht .“ Da begriff der Rabbi , daß Hersch

in seiner Abwesenheit die Rabbi-Rolle gespiel t hatte .

Er fragte ihn lächelnd : Wie kamst du zu dem Ein

fal l, einen Kreuzer auf den Nebel zu legen?“

Hersch

antworte te : Ich habe ein Sprichwort gehört : ‚sobal d

man einem Juden einen Kreu zer zeig t, springt er aus

der Haut ‘ , nun empfahl ich der Frau, ihrer Tochter

einen Kreuzer auf den Nebel zu legen und wußte, daß

dann der Jud aus der Haut springen wird .

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Page 55: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H ersch 10ppt einen Für sten.

In Lu zk wohn te ein m äch tiger Fürst, ein kränk

l icher Mann von finsterer und schlechter Laune . Je

dermann für ch tete ihn

Einmal erfuhr der Furs t, daß in M iedziborz ein

Rabbi seinen Sitz habe,der ebenso wie er kränklich ,

j ähzornig und immer trau rig war . Da sprach er zu

seinen Leuten : Gewiß tut er es , um meiner zu

spotten ; ich will i hn eines Besseren belehren .

Er ließ seinen Wagen anspannen und reiste mi t

seinem ganzen Hofstaat nach Miedziborz, um sich an

Ort und Stelle zu überzeugen , ob die Kunde von des

Rabbis Führung wahr sei .

Al s er in Miedzibor z einlang te‚ l ieß er den Rabbi zu

sich rufen . Glücklicherweise war Rabbi Baruch seit

einigen Tagen abwesend und der Verwal ter des Rabbi

konn te sein Nichterscheinen entschuldigen .

Der Fürst aber l ieß dem Verwalter des Rabbi se

gen : „Wenn dein Herr von der Reise zurückkommen

wird, hat er innerhalb drei Tagen nach Luck zu rei

sen , um mir folgende Fragen zu beantworten : wie

groß ist der Boden , den ich mein eigen nennen darf?

Wieviel wieg t der Mond? Wieviel bin ich wert? W as

glaube ich? Wenn ich binnen dr ei Wochen keine

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Page 56: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Antwort au f meine Fragen haben werde , werde ich

eur en Rabbi und se in ganzes Ges inde in den Kerker

Man kann sich denken, wie be3 turzt die Leute wur

den . Aber sie beschl ossen , dem Rabbi darüber keine

Mitteilung zu machen . Gottes Hilfe werde schon

kommen .

Am folgenden Tage kehrte Rabbi Baruch heim .

Wieder beriet man , was da zu tun sei . Da sagte

Hersch : Ich werde nach Lu zk fahren und mich an

S telle des Rabbi dem Fürsten vorstellen ; ich werde

ihm Rede und Antwort s tehen .

Wie willst du es anstellen? fragten die Leute

ganz erstaun t .

Ganz einfach, geht m ir einen ,Chalat‘

und einen

Spodek‘

, ich s telle mich dem Fürs ten als der Rabbi

vor , und wenn es mir nicht gelingt , ihm zufrieden

s tehende An tworten zu geben , werde ich an S telle des

Rabbi in den Kerker kommen , dem Rabbi aber wird

kein Haar gekrümm t werden .

Man kannte Hersch und wußte, daß es ihm ge

lingen werde, dem Fürs ten treffende Antworten zu

geben .

Hersch tat einen Chal et und einen Spodek an und

reiste nach Luzk .

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Page 57: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Als er vor dem Fürsten erschien , l ieß er sich die

Fragen vorlegen .

Auf die Fr age , „wie groß ist der Boden , den ich

mein eigen nennen darf“

, antwor tete Hersch : „ Ich

könnte das leicht sagen , wenn ich wüßte, wieviel an

Wasserfläche dem Fürsten gehört : ich bitte daher,

mir genau anzugeben , wie groß di e Teiche und Bäche

in Eur en Ländere ien sind , ich werde dann die Frage

genau be antworten können .

Da sprach der Fürs t : Das ist ein judischer Kniff,

Ihr wollt Euch , Rabbi , der Bean twortung dieser Frage

entziehen . Nun , diese Frage sei Euch geschenkt . Nun

die zweite Frage : ‚Wie schwer is t der

Er wiegt genau ein Pfund, erwidert e Hersch,

wenn Ihr ’s aber nich t glaubt, dann geruht gnaden

voll, nachwiegen zu lassen .

Der Fürst lachte . „Nun, sprach er, „die dritte

Frege : Wieviel bin ich wert?

„Soviel ,“

antwortete Hersch, „als unser Erzvater

Ab raham .

Der Fürst fühlte sich darob sehr gehoben , doch

sprach er : Und das wäre?“

Hersch darauf : „Es steht in der heil igen"

Schrift,

daß Abraham zu Go tt sprach, er se i Erde und Asche ;

es steht zwar nicht wieviel Erde und wievi el Asche,

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Page 59: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

sprecht , da hab t Ihr an viele Dinge zu denken , an

Hof und Haus , Pferde und Wagen und dergleichen ,

ich hingegen bin ein armer Teufel , habe nichts an

Vermögen , als ein\Veib und eine Katze, da sinne ich :

‚Weib Katze , Katze Weib ‘ und schon bin ich

mi t dem Achtzehngebet fertig .

H ersch al s Einkäufer .

Rabbi Baruchs Gat tin geb Hersch einmal den Auf

trag , für die Kappores“ zehn Hähne und zehn Hüh

ner zu kaufen und übe rgab ihm das dazu nötige Geld .

Hersch verwendete das Geld für sich und brachte nur

e in mageres Hähnchen un d ein ebensolches Hühnchen .

Die Gattin des Rabbi stel lte ihn zur Rede indem s ie

sprach : „Sind denn das zwanzig Kappores?“

„ Selbst

redend, antwortete Hersch, „dies taugt auf zehn

Kappores und dies taugt au f zehn Kappores , nun sind

zusammen zwanzig .

Page 60: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

W i e sich H ersch Geld ver schatf te.

Hersch wußte sich einmal auf folgende Weise aus

großer Verlegenhei t zu helfen . Er begab sich zum

Vorstande der „heiligen Bruderschaft“ und meldete

ihm , seine Frau sei gestorben , und erhiel t von diesem

das nötige Geld zur Anschaffung der Totenkleider

und Leichenkosten . DerVorstand verständigte darauf

hin die Bruderschaft daß sie die Beerdigung vor

nehmen solle . Doch wre erstaun t waren die Leute , als

sie zu Hersch kamen und dessen Weib gesund an

trafen . Sie stellten Hersch zur Rede und sprachen

‚Du has t doch gesag t, deine Frau sei ges torben , nun

is t sie doch am Leben? Hersch erwiderte : „Beruhig t

euch, meine Freunde , ob heute oder nach 1 2 0 Jahren

sie is t euer ! “

Das „Chorbon“

.

Eine Jüdin ging sehr hastig in einem Gaßchen

herum , gebärdete sich wie eine Verzweifel te und

schrie wieder und wieder : 0 weh , ein Chorbon

(Ruin) is t auf mir ! Sie hatte bedauerlicherweise ihr

letztes Geld verloren und ging wehklagend h in und

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Page 61: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

her und suchte das Geld . Hersch ging hinter ihr und

hal f ihr das verlorene Geld suchen . Als die Frau sich

umdrehte und Hersch vor sich sah , fragte sie ihn :

Reh Hersch, geht Ihr schon lange hier herum ?“

Schon sehr lang , erwiderte Hersch , „noch vom

ersten Chorbon l ) an !

„Schneidet in die r echte Sei te.

Ein al ter Jude starb!‘ und ließ ein j unges Weib zu

ruck . Beim Leichenbegängnis fand sich auch Hersch

ein . Er hörte , wie die Frau wehklag te und begriff,

daß ihr nicht ernst damit sei . Er trat an sie heran

und sagte : „Verzeiht, an welcher Seite soll ich Euch

,K’riab ‘ schneiden?“ Die Frau erwiderte in ihrer Ver

zweif lung : „Schneidet, wo Ihr woll t !“ Hersch hier

auf : Ich sage Euch aber, wenn ich au f der linken

Seite den Schnitt machen sollte dürft Ihr nie mehr

einen Mann heiraten . Nun , sprach die Frau tief

verschämt, „dann schnei det in die rechte Seite !

1 ) Man sprich t vom ersten und zweiten Chorbon (Zer

s törung) des Tempe ls in Jerusalem.

Page 62: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H er sch und noch einmal H er sch .

Rabbi Baruch traf einmal Hersch . Er ermahn te

ihn : „Hersch , Hersch , warum trinkst du soviel

Branntwein?

Hersch : „Versteh t Ihr, heiliger Rebbe , wenn ich

Branntwein tr inke ,werde ich ein ganz andererMensch .

Und nun will auch der andere Mensch ein bißchen

Branntwein . Was sagt Ihr , Rebbe , soll ich ihm denn

nicht geben? Heißt es doch leben und leben lassen?

Und wie heiß t der andere Mensch?“

fragte Rabbi

Baruch lächelnd .

Er h eiß t Hersch nach m ir ! erwiderte Hersch .

Di e Totenbahre und der Trauhimmel .

Hersch, sprach einmal Chajkel , „du bis t doch

ein kluger Mann und wirs t mir auf eine al te ,Kaschje‘

antworten können : Warum hat eine Totenbahre zwei

Füße , ein Trauhimmel j edoch vier?“

Hersch erwiderte : Tor , kannst du es selber nicht

verstehen? Bei der Totenbahre wird e i n Mensch be

graben, be i demTrauzelt aber z we i Menschen . Bin

ich mit meinem W eihe nicht lebendig in der Erde?

Page 63: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H erschs Rache.

Hersch kam au f ein Beschneidungsf est , zuwelchem

di e vornehms ten Leute der Geme inde versammelt

w aren . Se lbstredend fehlte auch der Raw (Rabbiner)nicht .

Bei der Mahlzeit wurde der Raw beehrt, die zu Tisch

gebrachten Gerichte unter die Anwesenden zu ver

te ilen . Da er mit Hersch nicht auf gutem Fuße s tand,

verkürz te er ihn , und Hersch bekam vom Fische den

Schwanz . Hersch verdroß das und er beschloß , an

demRabbiner Rache zu nehmen . Bald wurde ein

fetter Indi en auf den Tisch gestell t . Hersch kam der

Saft in den Mund , aber er wußte , daß ihm nur der

schlech tes te Teil zufallen würde . Er klopfte an den

Tisch und sprach : „Raw, ei , ich habe Euch ein wich

tiges Ereignis zu erzählen . Gestern g ing ich au f eine

Hochzeit . Ich hat te übe r ein Was ser zu gehen . Bald

kam auch ein Indi an , der fur das Hochzeitsmahl be

s timm t war . Schließlich kam auch der Raw, und wir

standen alle drei , ich, der Indien und der Raw . Ich

woll te über den Steg gehen , aber der Indien und der

Raw hatten Angs t, übe r den S ieg zu gehen, weil sie,

be ide fettleibig , f urchteten, ins Wasser zu s türzen .

Endlich kam auch der Teufel dazu . Er packte den

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Page 64: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Raw und trug ihn übers Wasser hinü ber , ich aber er

gri ff den Indien und machte mich davon !“

Sprach’

s, efg rif f den Indien und nahm Reißaus .

Das ver tauschte K ind.

HerschsWeib sagte einmal ärgerlich zu ihm : Wenn

l Ch dich nich t genommen hätte, wer hätte e i nen so

häßlichen Mann geheiratet?“ Hersch darauf Glaube

mir, Ester l ‚ ich war ein sehr hübsches Kind gewesen ,

was kann ich dafür, daß mich eine Hexe mit einem

häßlichen Kinde vertauschte?

H ersch foppt eine K rämer in.

Die Tu chkrämer in Berdytschew hatten vereinbart ,

ihre Läden erst um acht Uhr zu öffnen , damit sie Zei t

hätten, das Morgengebe t innerhalb der Gemeinschaft

zu verrichten . Eine Krämerin widersetz te sich dieser

Abmachung und öffnete ihre Bude schon um sechs

Uhr .

5 B l 0 c h Hersch Ostropoler 65

Page 65: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Als Hersch einmal in Berdytschew war, sagte er zu

den Tuchhändlern : Wenn ihr mir Seide auf einen

Sabbatrock geht, so will ich der widerspens tigen Krä

merin eine Lehre geben , daß sie künftighin ihre Bude

vor acht Uhr ni cht öffnen soll . Selbs tredend er

klär ten di e Händler sich bereit, Hersch di e verlangte

Prämie zu gehen .

Am folgenden Morgen g ing Hersch an der Bude

vorbei . Die Krämerin stand au f der Schwelle und

frag te Hersch, ob er etwas kaufen möchte . Hersch

sagte, er sei nach Berdytschew gekommen, um für

seine Tochter Hochzeitskleider einzukaufen . Doch

habe er gehört, daß di e Krämer ers t um acht Uhr ihre

Läden öffnen , was ihm sehr ungelegen sei, da ermög

lichst rasch nach Hause fah ren müsse . Natürlich lud

ihn di e Krämerin e in, bei ihr die Kleider einzukaufen .

Hersch wählte für die Tochter um einige hundertHü

bel Stoffe und ließ sie einpacken . Nun fragte er, ob

er auch für sich und seine Gattin bessere S toffe für

Kleider bekommen könne und ließ nach längerer

Wahl auch solche abschneiden und einpacken . Als er

fertig war, sagte er, man müsse ihm di e Kleider aufs

Gasthaus bringen, wo er au ch das Geld bezahlen

werde . Die Frau nahm den gan zen Bund der ein

gekauften Sachen auf die Schu l tern , sperrte das Ge

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Page 67: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

ihm,der Rabbi habe befohlen , die Spreu tief einzu

treten .

Als Fedor den Befehl vollzog, sank er bis zum

Halse ins Wasser und rief in seiner Verzweiflung

Hersch zu Hilfe . Hersch lachte und sprach : „Nun

hast du des Nassen genug und wirst dich künftighin

hüten , überal l deine Nase hineinzustecken .

H er sch Inppt einen Gei zhal s .

In einem Dorfe bei Ostropole wohn te ein großer

Geizhals , der keinen Armen 1n sem Haus ließ . Hersch

beschloß , ihm eine Lektion zu geben . Als der Ge iz

hals eines Tages mit seinem Sohne in Berdytschew

war, kam ihm Hersch entgegen und begrüß te ihn wie

einen Al tbekannten freudig : „Schalom Ale ichen !“

Der Geizige fragte ärgerlich : „Wer bist du , der m ich

so freundl ich beg rußt?“ Hersch erwiderte : Gewiß

se id Ihr ein Kohen , daß Ihr gleich böse werdet !“Zu

fällig war der Mann wirklich ein Kohen und er sagte :

Nun , ich hin' ein Kohen , was willst du abe r von

mir?“

Hersch darauf : „Es is t heute ein ,Pidjen He

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Page 68: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

hen‘

be i einem reichen Menue, komm t mi t mir, Ihr

und der Knabe werde t essen und trinken , und viel

leicht werde t Ihr auch das ,Lösegeld‘

erhal ten . Der

Geizhals wurde versöhnlich u nd erklärte sich bereit,

Hersch zu folgen . Hersch fü hrte ihn in ein Gasthaus

und ließ den Wirt die besten Spe isen und Getränke

geben . Als er sich satt gegessen hatte, l ieß er den

Kohen und seinen Sohn unter einem Vorwande allein

und entfern te sich auf Nimmerwiedersehen . Als nun

der Ge i zhals und sein Sohn s ich entfernen woll ten ,

pack te sie der Wir t an den Schultern und sprach

Bezahle zuerst für die Speisen und Getränke ! “ Der

Kohen sagte : „ Ist doch hier ein ,Pidjen Haben‘

, und

wir wurden hierher geladen , an dem Festmah l teilzu

nehmen?“ Der Wir t sag te : Hier war kein Pidjen

Haben , hi er ist ein Gas thaus , wo di e Speise n gegen

Bezahlung verabreich t werden . Nun ers t verstand

der Geizhals , daß er einem Be truger zum Opfer ge

fallen war und mußte nicht nur für sein , sondern

auch für Herschs Mi ttagmahl be zahlen .

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Page 69: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

W ie H ersch sich ein Nachtmah l verschafite.

Bei grimmiger Käl te kam Hersch einmal abends

ermüdet und hungrig in ein Dorfwirtshaus . DerWirt

war nicht zu Hause und se i ne Frau beteuerte, sie

habe kein Nachtmahl zu gehen . H ersch hat s ie wenig

stens um ein Nachtlager, und siewies ihm in der Küche

neben dem Ofen einen Platz zur Nachtruhe an . Hersch

legte sich schlafen und s tell te sich bald so, als wäre

er im tiefs ten Schlummer . Indessen hörte er , w1e die

Kinder Essen verlangten , worauf i hnen die Mutter

be ruhigend ins Ohr flüs terte : Wartet eine Weile ,

bis der Gast fes t eingeschlafen ist , werde ich euch zu

essen gehen, indes werden die ,Krepl ich‘1 ) am Ofen

fertig sein .

“ Hersch wälz te sich unruhig auf seinem

Lager, öffnete die Augen und versicherte , er könne

vor Hunger nicht schlafen . Er hat die Wirtin , s ich

doch seiner zu erbarmen und ihm etwas Essen zu

geben , der Ofen sei ja noch warm und gewiß werde

etwas gekocht . Doch die Wirtin schwur bei aller

Treue, nichts gekoch t zu haben , nur Wasser für

Wäsche zum Auskochen .

Um Hersch zu täuschen, loschte sie di e Lampe

aus, gab vor , daß sie schon schlafen wolle und ging ,

die Türe hinter s ich schließend, ins Schlafzimmer .1) Tats chker l

“.

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Hersch wartete nich t lange , sprang vom Lager,

of fnete den Ofen , nahm den Topf mit die Kreplich

heraus , l eerte ihn und legte an dessen S telle seine Un

terhose . Zum Schein leg te er von oben einige Krep

lich und stell te gleich den Topf auf seinen Platz . In

dessen kam der Wir t heim . Er klopfte an di e Tür .

Die Frau, die doch nicht schlief, öffnete ihm gleich

und sagte : Sprich ni cht laut, irgendein armer

Schlucker schläft beim Ofen . Sie machte Tisch ,

nahm aus dem Ofen den Topf und kehrt ihn übe r die

Schüssel . Da fiel anstatt der Krepl ich eine schmutzige

Unterhose in die Schüssel .

Der Mann lärmte und schal t die Frau : Was be

deute t das?

Hersch erwachte , sprang vom Lager, um zu sehen ,

was da los sei und erkann te seine Unterhose

Warum habt Ihr das ge tan?“ fragte der Orender .

Euer Weib sagte,“ erwiderte Hersch , „daß sie

Wasser koche , so habe ich meine schmutzige Unter

hose auch dazu gegeben , dam i t dieselbe sich ebenfalls

auskoch t . Vielleicht würde Eure F ran di e Güte haben ,

mir noch ein Hemd rein zu kochen?“

Man kann sich denken , welches Gesich t derOrender

dabei gemacht hat, ein vergnügtes war es nicht !

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H er sch weckt den Rabbi auf .

Erew Pessach in der Früh . Es war höchste Zeit,

den Chumez zu verbrennen . Rabbi Baruch aber saß in

Gedanken versunken , und die Chassidim hatten nicht

die Dreis tigkeit, ihren Meister zu erinnern , daß die

Zei t des Betens gekommen sei . Indessen kam Hersch

ins Bet—Hamidrasch . Die Chassidim erzähl ten ihm ,

daß der Rabbi noch nich t gebe tet habe und die Zeit

bald vorüber sei . Hersch vers icherte sie, er werde das

schon machen ; man möge ihm das nur anvertrauen .

Er begab sich sogleich zum Rabb i und sagte : „Rebbi

ich will Euch eine Schaile 1 ) fragen : Ich ordn ete heute

pessachhalber den Schrank und fand die Ketuba2)unterklebt mit Sauerteig , und es ist schon die höchste

Zei t zu be ten und den Chumez zu verbrennen . Was

wäre da zu tun?“

Da erinnerte sich der Rabbi, daß er noch nicht ge

bete t und auch den Chumez nicht verbrannt habe .

Hersch kam in das Bet-Ham idrasch zurück und

berichtete, daß es ihm gelungen sei , den Rabbi aus

seinen Gedanken aufzurütteln ; schon bereitet er sich

zum Beten vor . Nun fragten ihn die Chassidim : Reh

Hersch, habt Ihr schon auf Pessach?“

1) Frage r i tuel ler Natur.2) H ebrä ischer T rauungsschein, Ehevertrag .

Page 72: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

„Einen halben Pessach , erwiderte Hersch , „hebe

ich schon fertig und für die zweite Hälfte wird Gott

auch helfen . Und er erläuterte seine Antwort in fol

gender Weise : Der Pessach besteht in der Haupt

sache aus zwei Dingen , in der W egräumung des

Bro tes und dem Hereinnehmen der Mazes . Nun , Brot

habe ich schon längst nicht im Hause die Mazes

aber wird Gott noch bescheren müssen , befahl er

doch : ‚Sieben Tage sol let ihr Mazes

Die Chassidim erbarmten sich seiner und gaben

ihm Geld für Mazes .

Her sch wi rd bestohlen.

In einer Nacht schlichen Diebe in Herschs Woh

nung . Sie suchten am Fußboden , sie tappten an den

Wänden , sie fanden aber nichts . Seine Frau hörte das

Geräus ch und weckte ihn leise : Hersch ! Hörs t du,

Diebe sind im Zimmer .

Hersch dar auf : Bleib stil l, mir flammt das Ge

sicht vor Scham, weil sie nichts be i mir finden und

du machs t dir nichts daraus ?“

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Page 73: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H er sch nimmt ein Brot ins Bett .

Seine Frau überhä ufte ihn stets mi t Vorwüf fen,

weil er ein Müßiggänger sei und für Fr an und Kin

der nicht sorge . Bei einem solchen S trei te sagte s ie

Einen Mann ohne Brot brauche ich nicht .

Abends, da sich Hersch schlafen legte , nahm er ein

Brot mit sich .

W as bedeutet das? frag te ihn die Frau , „wozu

nimmst du ein Brot ins Be tt?

Hersch darauf : „Sagtes t du doch heute , einenMann

ohne Brot brauchst du nicht ! “

Die Enkel kinder .

Rabbi Baruch befahl Hersch oft und oft und

schärfte es ihm ein , daß er ihn , wenn sie sich auf

Reisen befänden , nur in eine ruhi ge Herberge bringe .

Zuweilen tat Hersch gerade das Gegenteil , was ihm

der Rabbi befahl , und das war stets ein Anlaß , daß

der Rabbi lachen mußte . So brachte er ihn einmal in

ein ! uartier, wo ein kleines Kind war . Dasselbe wein te

die ganze Nacht hindurch . Natürl ich war der Rabbi

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Page 75: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Mose Chune gab ihm die zwei Silberscheine , hat

Hersch aber , ihm den Plan mitzuteilen .

Hersch sagte darauf : Komm mit mir !

Er führ te ihn au f denMarktplatz,undHer sch kaufte

fü nf Hühner .

Siehst du, Mose Chune, sprach Hersch , „diese

f unf Hühner eine j ede legt dreißig Eier, da hast

du zusammen 1 50 Eier . Auf diese Eier werden 1 50

Junge gebrütet , und sie werden ebenfalls zu dreißig

Eier l egen . Auch sie werden Junge brüten . Und so

weiter . E ines Tages werde ich ein reicher Mann sein

und dir die f unf zig Scheine bezahlen können .

Mose Chun e fing an zu lachen .

Hersch dar auf : Dich belustig t mein Plan , er ge

fal lt di r , und du wiegs t dich schon in der Hoffnung ,

ich werde dir dein Geld be zahlen . Eines hast du aber

verge ssen : wo nehm e ich das Geld, um so viele Hüh

ner zu füttern?“

H ersch al s Schemes.

Hersch kam einmal nach Uman , da wol lte man ihn

als Schemes anstellen , eine S telle, die Hersch sehr

1) Gemeindediener .

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Page 76: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

verachtete . Er erkundig te sich be im Vorstä nde, was

er als Schem es zu tun hätte . Dieser erwiderte : Eure

Arbeit w ird sein, täglich am frühen Morgen ‚m die

Schul ‘ zu klopfen .

Hersch sagte : „Wo zu jeden Tag ein wenig klopfen?

Wäre es doch besser, wenn ich einmal der Woche

einen ganzen Tag hindurch klopfe?“

Nein,will ihm der Vorstand zu verstehen geben ,

„Eure Aufgabe wi rd es sein , täglich früh bei j edem

Juden drei Klapp in die Fm ster laden zu geben , dami t

er eu f stünde und be ten gehe .

Bei Juden , denen man ers t dr ei Klapp geben muß,

daß sie zum Dienste Gotte s aufstehen , nehme ich

keine S telle an,

sprach Hersch und ging bös seines

Weges . 1 )

1 ) E s war ein hei liger B rauch in Polen, daß der Gemeinded iener vor

'

l‘

agesanbruch durch die Gassen zog und mi t einereigenen anziehenden melancholischen Melod ie sang : „ l srael ,

du hei li ges Volk , s tehe auf zum D ienste des H errn !“ BeimGehen tat er mi t dem Gemeindeklop l

’en in jedes zwei te oder

dr itte Haus am Tor oder Fens t er laden d rei wenn ein

Toter in der Gemeinde war nur zwei K lapp . Bei Aus

bruch des Krieges mußte d ieser B rauch , welche r den T ruppenverdächt ig vorkommen konnte , abgeschetl t

'

werden.

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E in Geschäf t .

Hersch kam einmal nach Berdytschew, und da er

zählten ihm seine Freunde, daß dort ein großer

Reicher mit Namen Eisig Kafka wohne, welcher

nie einen armen Menschen unterstü tze . Auch seine

Gattin Buchele gehe keinem Juden auch nur eine

Mahlzeit .

Da sprach Hersch : „ Ihr werdet sehen , daß ich al les

erwirken werde, Geld undSpeisen und ! uartier dazu .

Er erkundigte sich über Kafka und war nicht wenig

erfreut zu erfahr en , daß derselbe noch am selben

Tage fur eine ganze Woche abreise . Am folgenden

Tage borgte Hersch sich schöne Kleider aus , kleidete

sich wie ein vornehmer Kaufmann und begab sich zu

Eisig Kafka.

Au f die Frege des Dieners , was er eigentlich

wü nsche, erwiderte er : „ Ich habe in einer dringen

den geschäftlichen Angelegenheit mit Reh Eisig zu

sprechen .

Der Diener meldete di es seiner Herrin , und s ie ließ

den vornehmeh Kaufmann eintreten .

Sie fragte ihn : W as habt Ihr mit meinem Manne

zu sprechen?“

Darauf Hersch : Es handel t sich um ein sehr

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Page 78: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

großes Ge schä ft, be i welchem wir sehr viel verdi enen

können .

Die Frau sagte j edoch : Mein Mann ist ni cht da

heim und dürfte ers t Ende derW oche zurückkommen ,

wenn Ihr aber wollt, sagt mi r , um was es sich handel t,

dann werde ich Euch wenigstens sagen können, ob

Ihr auf meinen Mann war ten soll t oder nicht, viel

leicht gar werde ich ohne meinen Mann das Geschäft

mi t Euch abschheßen

Mit Euch selbst, erwider te Hersch , „werde ich

das Geschäft keinesfall s abmachen . Um was es sich

handelt, will ich Euch wohl erzählen , aber nur unter

der Bedingung, daß es s treng verschwiegen bleiben

soll .

Die Frau entschuldig te sich f ur einen Augenblick ,

ging ins Speisezimmer, brachte feinen Schnaps und

Backwerk und hat Hersch sich zu be dienen .

Hersch leiste te der Einladung reichlich Folge, aß

und trank mit vornehmen Allüren und ließ sich

Schnaps und Backwerk sehr gut schm ecken .

Endlich rückte er mit seinem Geheimnis heraus

Habt Ihr schon einen Diamanten , so groß wie dieses

Gläschen , gesehen?“ Dabei ergriff er das Gläs

chen , aus dem er den Schnaps trank „was wäre

ein solcher Diamant wer t? Wohl empfahl man mir

79

Page 79: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

noch einen anderen Händler und dabei nannte er

den Namen ihres g roßten Konkurrenten ich wollte

j edoch nur Euren Mann , den man mir als großen

Fachmann und vollkommen ehrlichen Menschen

rühmte , das Geheimnis vertrauen . Gewiß ist es aber

vom Himmel be schieden , daß ich ihn nich t zu Hause

treffe, und daß ich zu dem andern gehen so l l .

Als die Fran dies hörte , glaubte sie, er habe den

Diaman t in der Tasche, nur fürchtete er, ihn zu zeigen ,

und sie senn nach, ob es nicht besser wäre , Hersch

nicht aus dem Hause zu lassen , bis ihr Mann aus Kiew

zurückkommen werde, er würde doch sonst das Ge

schäf t mit ihrem Konkurrenten machen . Hersch be

griff dies und gerade darum erhob er sich und machte

Miene zum Gehen . Mit zitternde r Stimme sprach die

Frau : Folgt meinem Rate, war tet, bis mein Mann

von der Reise zurückkehrt, und ich wil l Euch gerne

Speise und Trank und ein behagliches Zimmergeben .

Alles wäre ganz recht, entgegnete Hersch , „ aber

ich muß zu Eurem Konkurrenten gehen , weil m ir das

Geld zu Ende geht und ich noch meiner Familie einige

hundert Rubel zu schicken habe .

Er sprach dies mi t so ernster Miene, daß die Frau

zu ihm noch größeres Vertrauen faßte . Sie bot ihm

das nötige Geld an, welches Hersch sogleich seinem

80

Page 80: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

W eihe uber sandte . Er blieb also in dem behaglichen

Zimmer, aß und trank , und seine ganze Tagesarbe i t

be stand darin , daß er fortwä hrend ans Fenster ging

und sprach : Wie hilft mir der Ewige, daß Reh

Eisig schon nach Hause käme ; m ir fehl t es hier wohl

an nichts , doch die Zeit is t zu teuer . Endlich half

der Em ge : Am Freitag nachm ittag, knapp vor Sabbat

eingang, kam Reh Eisig nach Hause .

Kaum daß er aus dem Wagen getreten war, eil te

ihm seine Frau entgegen und erzähl te ihm von dem

großen Glücke , das seiner harre . Eisig abe r Sprach :

Bleibe nur ruhig, es wird schon alles in Ordnung

kommen .

Er lud bald darauf Hersch in das Be t-Ham idrasch

zum Gottesdiens t, wo er ihm einen Platz an der Ost

wand zuwies . Bei Tisch lud er Hersch ein , neben sich

Platz zu nehmen und gab ihm viel al ten und starken

Wein , so daß Hersch ganz fröhlich wur de und die

Sabbathymnen nach sehr schönen Weisen sang . Das

selbe wiederholte sich am Sabbatmittag und auch bei

der „dri tten Mahlzeit“

. Eisig und seine Frau war teten

gespannt au f Ausgang des Sabbat , daman den Werk

tagssegen sprechen werde . Endlich kam der ersehn te

Zeitpunkt, wo das W erktagsleben wieder begann und

Eisig über geschäftl iche Dinge sprechen durfte . Er

6 B l o c h Hersch Ost ropoler 81

Page 81: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

begann nun mit Hersch uber den Diamant zu Sprechen

und gab demWunsche Ausdruck , den Edelstein sehen

zu wollen .

Hersch antwortete darauf schlicht undm it frommer

Miene : „Einen Diamant habe zwar ich nicht . Ich

wandere j edoch durch die Dörfer und kaufe alles zu

sammeh , und es kann mir vielleicht ein Diam ant so

groß wie ein Gläschen zur Hand kommen wie

werde ich dann wissen , was derselbe wert ist? Daher

bitte ich Euch , Reh Eisig, mir zu sagen , wieviel ich

für ihn geben soll und welche Summe ich von Euch

bekommen könnte . Ihr seid doch ein rechtschaffener

Jude und werdet mir doch die Wahrheit nicht vor

enthalten .

Oh dieser Worte sahen sich Eisig und seine Fr au

scharf an, sie ließen ihre Nasen hängen und sprachen :

Daß Euch be i diesen Worten die Seele aus dem Leib

gegangen wäre, heraus aus meinem Hause !

Am folgenden Morgen war in der ganzen S tadt be

kannt, wie Hersch Ostropole den Eisig Kafka und

seine Frau gefoppt hatte, und sie hatten zu ihremVer

lus te noch des schadenfrohen Spottes zu ertragen .

Page 83: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Schock . Der Bauer gab aber vor, seine Eier seien von

be sserer Gattung, und darum verlange er sechzig Gro

schen für ein Schock . Als die Leute Hersch au f dem

Markte erblickten , winkten sie ihm zu und be ten ihn ,

dem Bauer einen Denkze ttel zu geben , dam it er künf

tighin keine übermäßigen Preise verlange . Hersch

erklärte sich dazu unter der Bedingung bereit, daß

sie eine Stunde später zu ihm kommen und ihm in

russischer Sprache zurufen sollten : Hersch , schnell ,

deine Mutter is t gestorben ! “ Nun zerstreuten sich die

Leute , u nd Hersch trat an ihre S telle . Er bot dem

Bauer dreißig Kopeken für das Schock an und stei

gerte j edesmal den Preis um fü nf Kopeken . Als er

die Leute , die ihm die Trauerbotschaf t zu überbringen

hatten , von der Ferne erblickte, w illigte er in den

Preis von sechzig Kopeken für ein Schock ein , hob

seinen Rockschoß und ließ dem Bauer die Eier hinein

zählen . Die Leute kamen herbeigeeil t und schrien

Hersch,schnell

,deine Mutter is t ges torben ! Er

schrocken l ieß Hersch den Rockschoß fal len und

l ief eiligst davon . Der Bauer aber bl ieb vor den zer

brochenen Eiern fassungslos stehen und weinte : O

meine Dummheit, dreißig für ein Schock wollte i ch

nicht nehmen

Page 84: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Noch eine Abr echnung .

Ein andermal , be i ahn lichem Anlasse , ging Hersch

eine Wette ein , er werde dem Bauer eine Ohrfeige

geben , die dieser annehmen werde, ohne sie zu er

widern . Er ging au f den Bauer zu , machte wegen des

Preises keine großen Faxen , l ieß aber diesmal dem

Bauer se inen Rockschoß hoch halten , und er begann

die Eier hineinzuzählen . Als der Baue r denRockschoß

berei ts voll hatte, versetz te er ihm eine schal lende0hr

feige und ging seines Weges . Der Bauer aber blieb

verwirrt stehen u nd biß die Zähne zusammen .

H er sch l äßt si ch besteh len .

Ein bekannter Bauer kam zu Hersch und bot ihm

Honig an : zwanzig Kopeken der Liter . Um sich im

Zählen der Gläser nicht zu verrechnen , schlug ihm

Hersch vor, er werde für jeden Liter eine Kopeke in

eine Schüssel geben die Anzahl der Münzen werde die

Anzahl der Liter ergeben . Nachdem der Bauermehrere

Liter eingeschütte t hatte , entfernte sich Hersch unter

einem Vorwä nde für eine Weile . Der Bauer konnte

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Page 85: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Herschs Abwesenheit nicht nutzlos vorübergehen

lassen und s tahl einige Kopeken . Bal d kam Hersch

zurück und man setz te das Zählen fort . Hersch ent

fern ie sich nochmals , und der Bauer stahl abermal s

von den Münzen . Das wiederholte s ich einige Mal e .

Ers t beim Zählen der Münzen wurde der Bauer ge

wahr, daß er sich selbst bestah l . Aber er durfte von

seinem unglücklichen Irrtum keine Erwähnung tun

und ging beschämt und herzbrechend davon .

W i e es bei H er sch g emal en i st.

Hersch kam einmal zu einem reichen Juden , sah

sich dessen schön gemaltes Haus an u nd sagte : „Bei

Euch is t es wirklich außerordentlich schön gemalt,

doch bei mir ist es noch schöner gemalt . Dem Rei

chen verdroß es , daß ein so armer Mann das behauptete und zeigte ihm daher noch andere Wohnräume,

welche von Künstlerhand gemal t waren . Doch Hersch

blieb bei seiner Behauptung . Zornig fragte ihn der

Reiche : Und was ist es , was bei Euch so schön ge

mal t is t? Wisset Ihr es n icht?“ erwiderte Hersch,

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Page 86: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

bei m ir ist es gemal t, daß ich kein Brot im Haus ehabe .

“1 ) Der Reiche lachte und gab Hersch einen

großen Almosen .

H er sch al s Ratgeber .

Ein Dorfjude kam zu Hersch und beklagte sich ,

daß in seinem Hause so sehr die Mäuse zur Plage

würden , daß sie ihm al les auffressen , und er hat

Hersch um Rat, wie er diesem Übe l abhelfen könne .

„ Ich werde dir e in bewährtes Mittel geben , erwiderte

Hersch, „du legst vor j edem Mäuseloch ein Stückchen

Apikomen, das werden die Mäuse auffressen , und nun

weiß t du doch, daß man nach dem Apikomen nichts

mehr essen darf .

Und woher wissen es die Mäuse,

fragte der schlichte Dorfmann , „daß man nach dem

Apikomen nichts essen darf?“

Hersch darauf : „Sie

haben meinen Schu lchan-Aruch 2) aufgefressen , da

werden sie doch den Sinn von Apikomen gründlich

zerkaut haben .

1) „Gemal t“ ,

im J iddischen zuwei len, möglich ; es kommtv on Mal zu Mal vor .

2) R i tual -Kodex .

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Page 87: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Große Laden große Schu l den.

Hersch kam einmal nach Berdytschew . Vor einem

großen Laden blieb er s i eben , öffnete die Türe, guckte

hi nein und ging schweigend hinaus . Das wiederhol te

er fas t zehn Mal . Und j edesmal schüttel te er m i tleids

voll den Kopf . Der Geschäftsinhaber und seine Die

ner wähnten vore'rst, daß der Mann verrück t sei .

Schließlich fragten sie ihn : Vetter, wollt Ihr viel

leicht was kaufen? Wir geben unsere Ware zu ganz

billigen Preisen ab . Hersch darauf : „Kaufen will

ich nicht, nur staune ich ein so großer Laden und

unbeschri en so viel Ware .

„Ah ,

“ erwiderte der Inhaber , „ Ihr seid gewiß von

einem kleinen Städtchen , wo nur kle ine Läden s ind .

In größeren S tädten sind noch größere Geschäfte als

das meinige .

Das ist ganz richtig, erwiderte Hersch , „ ich bin

wi rklich aus einem kleinen S tädtchen und habe ein

kleines Lädchen ‚ das kaum fünfzig Rubel wert ist,

schuldig bin ich aber darauf vielleicht hundert Rubel .

Nun frage ich mich; wieviel könn t Ihr schuldig sein

au f einen so großen Laden?

Page 88: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Die W elt -Sprache.

Hersch wollte einmal eine Wette eingehen , er kenne

eine Sprache , die bei al len Völkern der Welt Umgang

habe . Die Leute geben ihm einige Groschen und beten

ihn , in dieser Sprache ein ige Worte zu sprechen .

Darauf stellte sich Hersch eine gute Weile stumm

und fragte nachher : „Und nun sagt ihr selbs t, hat

diese Sprache in der ganzen Wel t keinen Umgang?“

H er schs Seg en.

An einem kal ten Wintertag bei klirrendem Frost

kam Hersch ganz ermüdet in das Bet-Hamidrasch ,

worauf ihm einer der Jünger m i t einem Tee bewirtete .

Er segnete ihn : Gott möge dir eine Braut mi t drei

Vorzügen bescheren : sie sol l schön, reich und ver

rückt sein . Erstaunt fragte ihn der Jünger : Und

warum soll sie verrückt sein?“ Hersch erwiderte :

„Tepp , wenn sie schön und reich ist, muß sie doch

vorerst verrückt sein, dich zu nehmen !“

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Page 89: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H erschs T raum.

In Ostropole war eine reiche Witwe mit Namen

Sosobe , die sehr wohlgenährt war , aber keinem Juden

einen Groschen oder auch nur ei nen Schluck Wasser

gab .

Eines Tages kam Hersch tiefatmend zu ihr und

sprach : „ Ich habe Euch Neues zu erzählen, aber ich

bitte Euch, sich nicht zu erschrecken .

Die Frau lud ihn ein , Platz zu nehmen , bewirtete

ihn m it Essen und hat ihn , ihr die Neuigkei t zu er

zäh len .

Hersch : „Mir träumte vergangene Nacht, daß i ch

und Ihr gestorben seid, und man hatuns beide in eine

Gruft gelegt, und Ihr wißt doch gut , daß ein Traum

ein sechzigs tel Wahrheit enthält . 1 ) Nun , was mich

betrifft, ich bin ein armer Mann und gleiche ohnehin

einem Toten? ) so macht es nichts au s, wenn ich

früher ges torben bin . Ihr hingegen , wirklich ein ge

sundes, reiches Weib , glaubt mir, wie ich Euch im

Grab liegen sah, erfaßte mich ein Schauer, den ich

lieber nicht schildern wil l .

Die Er inrier ung an den Tod erschu tter te die Frai1 ,

1) Nach einer Aussprache im Talmud .

2) Nach e iner Aussprache im Talmud .

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Page 91: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

nach seinem Vater, und al s der Tag sich neigte und

die Dämmerung eingetreten war , wollte Hersch Min

che beten und Kadisch sagen , konn te aber ke inMinjen

zusammenhr ingen , weil j eder in seinem Gesc häft zu

tun hatte .

Was tat Hersch? Er ging in ein Haus , öffnete die

Fenster und schrie : Gewalt ! Gewal t ! “ Da kamen

viele Leute gelaufen , die geglaubt hatten , daß irgend

ein Unglück geschehen sei . Als be reits zehn Männer

be isammen waren , stell te s ich Hersch in ihre Mi tte

und sprach : „J isgadel w’

jiskadosch schme rabbo !“

Der gute und der hose Tr i eb.

An einem Donnerstag , an welchem Hersch kein

Geld für die Sabbatvorbereitung hatte, kam er zu

Rabbi Baruch und erzählte ihm folgende Geschichte :

„Hört, Rabbi ! Vor zwei Wochen hatte ich kein

Geld, um den Sabbat vorbereiten zu konnen . Ich ging

verstört umher und senn nach, wo ich das nötige Geld

hernehmen sol l te . Da begegnete mi r der ‚böse Trieh‘

,

‚Jezer Hora‘

, und er sprach zu mir : ‚Hersch, weshalb

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Page 92: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

bist du so in Gedanken versunken ?‘

Ich erwiderte

‚ Ich spekuliere , wo ich das nötige Geld für den Sabbat

hernehmen sol l .‘ Darauf sprach der Jezer Hora, einen

verachtenden Blick au f m ich werfend : ‚Du Tor , der

aus machs t du dir Sorgen? Wenn du kein Geld für

den Sabbat hast , so geh' zum Rabbi , er ist reich ge

nug , nimm einen S ilber lof f el und verkaufe ihn , so

wi rs t du einen vergnügten Sabbat haben .

Ich be

folgte seinen Rat und hatte tatsächlich einen sehr

guten Sabbat . Vorige Woche hatte ich wieder kein

Geld, und ich machte mich daran , nochmals in die

Küche zum Rabbi zu gehen , um einen Löffel zu neh

men . Auf dem Wege begegne te mir der ‚gute Trieb‘

,

,Jezer Tob‘

, und fragte mich : ‚Wohin gehs t du ,

Hersch?‘

Darauf erzähl te ich ihm das Ziel meines

Weges . ‚Ein Dieb wil ls t du sein?‘ sprach der Jezer

Tob zu m ir , ‚es steht doch in der Thora : ‚Du sollst

nicht stehlen !‘

‚Was soll ich tun?‘

wendete ich ein ,

‚wenn ich kein Geld für den Sabbat habe, bleibt mi r

doch nichts anderes übrig?‘

Darauf en tgegnete der

Jezer Toh : ‚Folge meinem Rat, stehle nicht, und Gott

wi rd dir helfen , du wirs t den Sabbat, ohne zum Diebe

zu werden , durchhal ten .

‘ Ich folgte seinem Rate und

habe den Sabbat wirklich du rchgehelten, nur hatte

ich nichts zu essen . Heute habe ich wieder kein Geld

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Page 93: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

fur den Sabbat und wandle so in Gedanken versunken ,

wessen Rat ich befolgen solle : ob j enen des Jezer

Hora oder den des Jezer Tob . Ich entschloß mich ,

dem Rate des Jezer Hora zu folgen . Schon war ich

auf dem Weg zum Rabbi , um noch einen Löffel zu

s tehlen , als mich wieder der Jezer Tob anpackte :

‚Nicht wahr, Hersch , du has t den vergangenen Sabbat

auch ohne Diebstahl überlebt? ‘

,Je ,‘

erwiderte ich ,

‚aber wie hat dieser Sabbat ausgesehen? Ich habemi t

W eib und Kindern gehungert . Heute werde ich den

Rat des Jezer Hora befolgen .

‘ Darauf ergriff er m ich

bei der Hand und fuhr mich an : ‚ Ich sage dir, es ist

verbo ten zu stehlen ! ‘ Ich wendete ein : ‚Wenn du so

fromm und redlich bist, dann bemühe dich zumRabbi

und rede ihm zu , daß er mir das Geld für Sabbat

geben soll .‘

Der Jezer Tob erwiderte : ‚Glaub mir,

Hersch, ich möchte gern deine Bitte erfüllen , doch

schwöre ich dir, d aß i ch n o ch n i e d i e S chw e l l e

d e s R ab b i b e t r e t e n h ab e .

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Page 94: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H ersch Pessach -Gäst e.

An einem Erew—Pessach kam Hersch zu Rabbi Ba

ruch und klagte , er habe kein Gebe tbuch , um daraus

die Geschichte des Auszuges der Juden aus ! gyp ten ,

Hagada, zu lesen , worauf ihm der Rabbi sein Gebe t

buch gab . Am zweiten Tag kam er wieder mi t der

selben Klage . Der Rabbi fragte : „ Ich habe dir doch

erst gestern mein Gebetbuch gegeben , warum sagst

du nun , du hast nichts, woraus die Hagada zu lesen

ist?“ Hersch erwiderte : Vers teht Ihr, Rabbi , der

Sachverhalt ist folgender : ‚Als ich ges tern nachts die

Hagada las und vor m ir die großen Weisen Rabbi

E lieser , Rabbi Akiba und Rabbi Tarfan erblickte,

nehm ich sie sehr schön au f , und wir tranken Wein,

bis der Morgen anbrach . Als der Wein zur Neige

ging, lud ich die vornehme Gesellschaft ins Schank

haus , wo wir dem Freiheitsfest angemessen Wein

tranken . Nun, ich, der das Trinken gewöhnt ist, kam

heil davon und konn te mich nach Hause begeben .

Meine Begleiter hingegen scheinen keine Trinker zu

sein , denn sie wurden vom Weine berauscht und blie

ben im Schankheuse,wo s ie sich jetz t noch befinden .

Rabbi Baruch begriff, daß Hersch das Gebetbuch

verpfändet hatte, er ließ es daher auslösen und gab

es ihm wieder .

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Page 95: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H er sch mi t der zerkratzten Nase.

Hersch kam einmal auf die Gasse mi t einer ‘

zer

kratzten Nase . Er schämte sich zu gestehen ; daß dies

von seinem W eihe herrüh rte und er gab auf viele

Fragen zur Antwort : „ Ich habe mich selbs t in die

Nase gebissen .

Man wendete ein : Das ist doch un

möglich? Du kanns t sie j a mi t dem Mund gar nicht

erreichen?“ Hersch erwiderte : Hat denn meine

zwei te Hälfte keine Zahne?“

H er sch und der Edelmann.

Als Hersch se inen Schächterposten in Ostropole

noch inne hatte, pflegte er oftmals in die naheliegen

den Dörfer zu gehen, um ein Kalb für den Sabbat zu

kaufen . Einmal , es war an einem Donnerstag , führte

er ein Kalb, welches für den Sabbat bestimmt war,

nach Hause . ‘ Ein Edelmann , der soeben von einem

lustigen Ball heimreiste, l ieß , als er Hersch ansichtig

wur de, seine Karosse halten, um sich wie gewöhnlich

an dem Judlein zu be lustigen . Selbstverständlich

wuß te er nicht, wem er vor sich habe ; er hätte es sich

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Page 96: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

vielleicht überlegt, mit Hersch von Ostropole anzu

fangen . Er fragte Hersch : „Judlein, was führst du

hier?“ Hochgeborner Herr,“ erwiderte Hersch , sich

tief verneigend, „ ich führe ein Kalb, ich wil l solches

schächten, um vielleicht einige Rube l zu verdienen .

Darauf wu rde der trunkene hochgeborne Herr zornig

und fuhr Hersch an : „Jüdischer Betrüger, Schwind

ler, ist das ein Kalb? Das ist doch ein Hund?“

Hersch

verneigte sich abermal s und erwiderte ruhig : „Ver

zeiht, hochgeborener Herr , des ist kein Hund, es ist

ein Kalb DerGraf rief mi t noch wütenderer Stimme

Du verfluchtes Jndlein‚ wie unterstehst du dich,

mi ch zum Lügner zu machen?“ Zu seinen beiden La

kaien schrie er : „Wal ek, Jenek, beginnt die Arbeit !“

Nun waren die be iden Lakai en genügend unterrichtet,

was sie, besonders beim Anblick eines Juden , unter

Arbeit“

zu verstehen hätten . Sie sprengen von derKa

rosse, warfen sich wie Wölfe auf Hersch und zerrten

ihn auf den Boden . Schließlich kommandierte der

Graf : Walek auf den Hals , Janek auf die Füße l“

Er selbst nahm eine Hundepeitsche und ließ sie auf

den wehrlosen Hersch niedersausen . Und bei j edem

Hieb wiederholte er : „ Ist das ein Kal b? Das ist doch

ein Hund ! Hersch wurde vom Blute überströmt und

er konnte kein Wort mehr sprechen , er mochte sonst

7 B lo c h , Hersch Ostr 0poler 97

Page 97: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

den Grafen durch einen Witz zur Gnade umstimmen .

Nun ließ der hochgeborene Herr Hersch den Kaftan

entkleiden und dem Kalbe anziehen, Bart und Locken

abschneiden und demKalbe,welches ernun Moschko

benann te, an die Ohren hängen . Selbst ein Spodek

wurde am Kopfe des Kalbes angebunden . Während

der Mensch—Moschko, unser Hersch , in einer Blut

lache liegen blieb , hoben die Lakai en das Kalb

Moschko in die Karosse, und nun fuhr der Graf im

schnellsten Tempo belustigt nach Hause . Er veran

staltete einen Bal l, zu dem er viele seiner Freunde lud,

damit sich dieselben an dem Kalbe ergötzen könnten .

Natürlich wurden be i dieser Gelegenheit gegen alle

Moschkos Beschimpfungen ausgestoßen .

Hersch lagmehrere S tundenbewuß tlos ,bis ihn einige

durchreisende Juden zum Bewußtsein brachten . Ererzählte ihnen

,von welchem Unglück er soeben heim

gesucht wurde,versprach ihnen j edoch , mit dem Gra

fen gründl ich abzurechnen , sie könnten sich schon

au f ihn verlassen .

Eines Tages erschien im gräflichen Palas t ein vor

nehmer Mann . Er gab sich als Holzhändler aus und

ersuchte um eine Unterredung mit dem Grafen . Die

sem gegenüber erklärte er, das ganze für die laufen

den zehn Jahre zur Abstockung bestimm te Holz der

98

Page 99: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

ihm , aber er hörte nur den Widerhall seiner eigenen

Stimme . Er begriff, daß das keine einfache Seches ei ,

kehrte um , und die beiden Lakaien reisten eiligst

nach Hause, wo sie dem Verwal ter den Sachverhalt

melde ten . Im gräflichen Hofe entstand ein Tumult .

Es wurden gleich alle Lakaien mobil gemacht und mit

Fackeln in den W ald gesandt . Sie mußten lange su

chen, bis sie ihren Herrn hinter einem Baume nackt

und bewußtlos gefunden hatten . Sie brachten ihn

nach Hause , doch er konnte vor Angst nichts er'

zählen , was geschehen war . Er wurde ernstlich krank

und lief den ganzen Tag schreiend umher : „So ein

verfluchter Jud ! Die bedeutendsten ! rzte, welche zu

ihm berufen wurden , fanden kein Heilmittel für ihn

sie erklärten , es sei ein schweres , unheilbares Nerven

leiden .

Es vergingen einige Monate, der Zus tand des Gra

fen hatte sich indes ein wenig gebessert, da fuhr

durch das Dorf ein vornehmer Mann, der vorgab , ein

großer Professor aus W ien zu sein und zu einem

schwer erkrankten Fürsten zu fahren . Der W irt, bei

dem der Professor einkehrte, l ief gleich ins gräfliche

Schl oß und meldete, daß ein berühmter W iener Pro

f essor im Orte sich befände . Die Gräfin ließ dur ch

ihren Verwal ter den Professor zu sich laden ; auf die

1 00

Page 100: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Höhe des Honorars käme_es ihr nicht an . Doch der

Professor weigerte sich und sagte , er wolle hier ruhen ,

da er noch sehr weit zu reisen habe und könne daher

keine Ordination vornehmen . Es erschien nun die

Gräfin und flehte weinend, er möge sich ihrer er

barmen und zu ihr em Manne kommen . Der Bitte

einer Frau konnte der Professor nicht widerstehen ,

und er ging zu dem Grafen . Als er dessen ansichtig

wurde, wendete er sich zur Gräfin m it der Bitte , man

möge ihn und seinen Gehilfen allein im Kranken

zimmer lassen , damit er den Kranken ruhig unter

suchen könne ; wenn sie aber Schmerzensschrei des

Kranken vernehmen würden , so solle sie das nicht

erschrecken . Als der Professor und se in Gehilfe mit

dem Grafen allein waren , begrüßte ihn der Professor

mit einem Schlag ins Gesicht, wobe i er sprach : Euer

Hochwohlgeboren , das ist kein Hund, es is t ein Kalb

Er gab ihm Prügel auf Prügel und wiederholte j edes

mal seinen Vers . Der Graf schr ie aus Leibeskräften

Du verfluchter Jud,“ aber seine Leute kamen nicht

hinein , weil sie doch dieses Schreien gewöhnt waren .

Schl ießlich stellte ihm derProfessorGläser am ganzen

Rücken , gab ihm ein Schlafgetränk und verließ mit

seinem Gehilfen das Krankenzimmer . Mit tränen

vollen Augen wer tete die Gräfin , um aus dem Munde

1 01

Page 101: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

des Professors ein Wort über den Zustand des Grafen

zu hören . Er trös tete sie, daß der Zustand des Kranken

nicht hoffnungslos sei ; man solle ihn bis morgen früh

nicht aus dem Schlafe wecken , damit die Arzneien

ihre Wirkung nicht verfehlen . Erst am folgenden

Morgen begriffen die Leute , wer denn der Professor

gewesen war .

Ein guter Rat.

Eines Tages , da der Rabbi sich fur eine W eile ent

fern ie, setzte sich Hersch an dessen Platz und Spiel te

die Rolle des Rabbi .

Indessen kam eine Frau und hat um Rat, sie habe

eine Tochter zu Hause , dreißig Jehre alt, häßlich und

überdies auch noch dumm , so daß keine Aussicht sei ,

daß sie j emand nehmen werde .

Hersch machte eine ernste Miene und sagte : W enn

du morgen früh aufstehst, so sollst du das unreine

Wasser nicht wie gewöhnlich in die Grube schütten ,

sondern lasse es durch deine Tochter auf die Reichs

straße‘

vor das Stadtrathaus ausschütten , dann wird

man sie noch an diesem Tage nehmen .

1 02

Page 103: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Die Frau wurde gesund .

Es verging einige Zeit, da kam Hersch wieder zu

Rabbi Baruch, sein W eib sei im Sterben , sie leide an

Verstopfung, und der Arzt vermochte ihr nicht zu

helfen .

„Beruhige dich, redete ihm der Rabbi zu

werde Psalmen sagen .

„Nein , Rabbi, is t doch von Eurem Psalmensagen

die Verstopfung gekommen?“

Hersch, der Stotterer .

Hersch kam einmal nach Bel ta auf den Jahrmarkt .

Ein bekannter Händler trat an ihn heran und ver

sprach ihm 2 5 Silberscheine, wenn er einen Händler

aus Stambul , der große Mas sen von verschiedenen

Galanteriewaren auf den Markt brachte und ihn da

durch Konkurrenz bie te, einen Denkzettel zu geben

imstande sei . „ Ich werde schon alles recht machen ,

versicherte ihn Hersch, „nur müßt Ihr mir 1 0 0 Sil

berscheine in die Hand geben und auch vornehme Ge

wender leihen , damit ich wie ein reicher Kaufmann

aussehe .“

1 04

Page 104: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Der Händler gab ihm die beanspruchten 1 00 Silber

scheine, l ieh ihm auch elegante Kleider und Stiefel ,

und Hersch ging daran, seine Aufgabe zu erfüllen .

Er entdeckte bald, wo der Konkurr ent des Auftrag

gebers seine Ware feilbot und erfuhr auch, daß der

selbe im Reden sehr stottere .

Hersch be trat seine Hütte, ging auf einen der Die

ner zu und fragte stotternd : W wwwwer i i i i st

dddder I l l l nhaaaabber ?“ Darauf zeigte ihm der

Diener seinen Herrn . Dieser reichte ihm die Hand

zum Grü ße und lud ihn zum Sitzen ein .

„I i i i hr haaabt, fragte Hersch , „K aaar e e l l een

zzzu v vveer kkkau f en ?“

„ I i i ch h a ab KKK aar e l le n u u u nd n u o ch a a e n

d e r e W W W W aaaren zzzu vvvverkkkau f en,

“ gab

derHändler zur Antwort .

Hersch sah sich den ganzen Tag alle Waren an . Er

fand, daß von einer Gattung ein sehr kleiner Vorrat

war . Diesen kaufte er gleich und be zahlte sechzigRu

bel . In derselben s totternden Weise sagte Hersch,er

wolle die übrige Ware ganz abkaufen , dam i t der In

haber keine Konkur renz zu fürchten habe .

Der Händler freute sich auf die Aussicht, die ganze

W are auf einmal an den Mann zu bringen und ver

sprach, Hersch billig und redlich zu bedienen .

05

Page 105: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Die Verhandlungen dauerten be inahe zwei Tage , da

es doch den be iden sehr schwer ankam, s ich zu ver

s tändigen . Inzwischen aber wurde keinem andern die

W are feilgeboten

Schließlich kamen sie im Preise überein Hersch

hatte den Kaufpreis im baren Gelde zu bezahlen . Er

besitze Geld im Überfluß und habe keinen Kredi t

nötig .

Nun begann man mi t dem Messen und Zählen . Das

nahm wieder zwei Tage in Anspruch . Am fünften

Tage wurde an der Zusammenstellung der Rechnung

gearbe i tet . Sie ergab , daß Hersch einige tau send Ru

bel zu bezahlen habe . Hersch sagte, er komme morgen

dieW aren verladen und. werde früher das Geld er

legen . Indes sen lud ihn der Händler in eine Restau

ration , wo sich di e be iden bei guten Speisen undTrank

vorzüglich unterhiel ten .

Der Jahrmarkt ging inzwischen zur Neige , die

Kauflust war verflogen , nachdem die fremden Hand

ler ihren Warenbedarf bereits gedeckt hatten und

zum großen Teil abreisten .

So etwa um 1 0 Uhr Vormittag erschien Hersch im

Geschäfte und ordnete an , daß man die Ware in die

Kisten packen solle ; seine Wagen werden bald an der

Stel le sein . Selbs t der Händler traf bereits die Vor

1 06

Page 107: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H ersch in seinem Pel z.

In einem trunkenen Zus tande glitt Hersch, das

Haus des Rabbi verlas send, auf der oberen Treppe

aus und fiel die Stiege hi nunter . Man hörte den

schweren Fall und kam nachzusehen , was geschehen

sei .

Hersch war indessen aufgestanden . „Hersch , was

ist dir passiert? wurde er befragt .

„Nichts ,“

erwiderte Hersch, „nur mein Pelz ist die

Sti ege heruntergefallen .

Das Auffal len des Pelzes

kann doch unmöglich so V i el Lärm gemacht haben ,

wendete man ein .

Das starke Geräus ch , erwiderte Hersch , „kam

daher, weil i ch in dem Pelzddrin s teckte !“

Herschs „Thor aerklärungen“

.

Hersch war einmal inK iew über Sabbat . Ein vor

nehmer und reicherMann, der aber ein großer Knicker

war, lud Hersch, den er als einen „schönen Juden"

hi el t, als Gast zu sich .

Auf den Tisch stellte man einen großen Teller

1 08

Page 108: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Fische . Vor dem Hausherrn lagen große Stücke

Fische, vor Hersch hingegen Fischschweife .

Hersch lehnte sich behaglich auf den Stuhl, s tell te

s ich so, al s wäre er in Gedanken versunken und rührte

die Fische nicht an . Der Hausherr fragte ihn : Vetter,

war um eßt Ihr nicht, an was denkt Ihr? Hersch er

widerte : „ Ich denke, wie die W elt sich dreht und rund

ist wie ein Teller wobei er flink den Teller so

umdr ehte, daß die großen S tücke Fische vor ihm

waren . „So dreht sich die Welt ,“

sprach er lächelnd,

und aß gemütlich die Fische des Hausherrn .

Denn brachte man die Suppe . Der Hausherr erhiel t

eine fette, während Herschs Suppe wie Wasser war .

Bei uns ist es Brauch, sagte Hersch , „bevor man

die Suppe ißt, Thora zu sagen : wollt Ihr sie hören?

Ich werde Euch Erkl ärung geben , wie die Juden über

das Meer zogen .

Es war gerade der „Gesang-Sabbat da man aus

der Thora den Übe rgang der Juden übers Schi lfmeer

vorlas , und da kam es demH ausherrn ganz erwü nsch t,

über das wunderbare Überschreiten Erklärungen zu

hören .

Hersch hob seine Untermu tze, Jarmelka, vomKopfe

und schlug sie übe r den Teller : Seht Ihr,“ sprach

er, „ so schlug Moses seinen Stab in das Meer .

1 09

Page 109: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Dem Hausherrn war nun der Appeti t vergangen ,

die Suppe , in die der Gast sei ne Untermütze tauchte ,

zu essen, er verzichtete auf dessen we itere Thora

erklärung und beehrte ihn mit der eigenen Suppe .

H er sch fei er t Gebur tstag .

Hersch erfuhr, daß in einem Dorfe be i Os tropole

ein Orender die Durchreisenden schlecht behandelte

und ihnen ubermäßige Preise für das Essen herech

nete . Hersch nahm sich vor , dem Orendereine Lehre

zu geben , damit er künftighi n wisse, seineGäste besse r

zu behandeln . Er lieh sich vornehme Gewänder, kam

zum Orender, gab sich ihm als ein bekannter reicher

Holzhändler aus und gab vor, er hätte im Dorfe wich

tige Geschäfte zu erledigen . Er war dort mehrere

Tage , aß und trank und unternahm täglich mehrere

Spaziergänge .

Eines Tages machte Hersch eine außerordentlich

besorgte, traurige Miene . Auf die Frage des Orenders ,

worüber er so traurig sei und was ihm fehle, erwiJ

der te Hersch :

1 1 0

Page 111: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

aus genommen . In seinem Zimmer ließ er einen

Zettel mit folgenden Worten zurück : Hier‘

hat

Hersch von Ostropole gewohnt .

Nun wußte der Orender, welchen noblen Gast er

bei sich hatte .

H ersch bauscht „Gomel“.

Hersch kam einmal in das Bet—Ham idrasch und

gab vor, er wolle den Dankessegen für eine wunder

bare Errettung Sprechen, „Gomel benschen“

W as ist dir geschehen? fragte man ihn von allen

Seiten . Hersch erwiderte : „ Ich ging heute über die

Brücke . Da hörte ich unten am Flusse ein starkes

Schlagen und Klopfen . Ich schaute hinunter, woher

das komme und sah, wie eine Bäuerin mit einem

großen Knüppel ein Hemd walkte . Nun sagt selber :

Ist es kein Glück, daß ich es nicht an hatte? Sie hätte

mich doch totgeschlagen , oder mindestens zum Krüppel gemacht . Deshalb will ich Gomel benschen .

1 1 2

Page 112: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H er sch bet rä gt seinen Vater .

Als Knabe saß Hersch bei Tisch mit seinem Vater.

Man brachte Gänsefleisch nebst Gänsefüßen . Der

Vater seh einen Augenblick vom Tisch weg, da hatte

Hersch ein Füßchen gegessen . Als der Vater zurück

schaute und nur ein Füßchen sah, fragte er Hersch

Warum hast du ein Füßchen gegessen?“

Hersch er

widerte : „Nein, Vater, ich habe das Füßchen nicht

gegessen, wahrscheinl ich hatte die Gans nur einen

Fuß .

„Gibt’

s denn, fragte der Vater ei ne Gans, die

nur einen Fuß hätte?“

Darauf Hersch : „O j a . Komm zum W asser , da

werde ich dir viele Gänse zeigen , die nur einen Fuß

haben .

Nach dem Essen ging der Vater mit ihm zumTeich,

und Hersch zeigte ihm viele Gänse , di e auf dem Eis

nur mit einem Fuße standen . „Nun siehst du, Vater,

sagte Hersch, „da hast du Ganse mit einem Fuß .

„Warte, entgegnete der Vater, „du wirst gleich

sehen, daß du dich im Irrtum befindest .“

Er machte

mi t der Hand eine Bewegung, worauf die Gänse auch

ihren zweiten Fuß herunterstellten . Hersch : „Da hast

du aber ers t die Hand heben müssen ; hättest du bei

8 B loc h . Hersch Ostropoler 1 1 3

Page 113: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Tisch deine Hand gehoben , hätte die Gans auch zwei

Füßchen .

Herschs Fragen.

Hersch hatte die Aufgabe, j eden Tag den Rabbi zu

fragen , welches Mittagmahl mein kochen soll .

Einmal kam Hersch mit der Fr ege : „Rabbi , was

soll man heute kochen?

An diesem Tage war der Rabbi sehr traurig ge

stimmt . Er antwortete gedankenlos : „Meinetwegen

soll man Späne kochen !

Hersch : Und was sol l f ur die Chassidim gekocht

werden?“

H er sch schi lt den Rabbi .

In se iner Trunkenheit lag Hersch auf der Schwelle

vor dem Hause des'

Rabbi ; er schal t und fluchte un

endlich . Die Chassidim fragten ihn : „Herscb, wem

beschimpfst du so sehr?

Hersch erwi derte : Ich schel te den Hausherrn , weil

1 1 4

Page 115: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

„ l ch bitte dich , Freund Konstantin , lasse mich

j etzt in Bub , sprach Hersch, „dr außen ist eine grim

mige Käl te, ginge ich j etz t, ich stell te mein Leben

aufs Spiel . Du spürst wohl nichts , weil du über deine

dicke Bauernkleidung noch einen Schafpelz has t .“

Dar auf bot der Bauer Hersch seinen Pelz an ; so gern

wollte er ihn vor den Richter bringen . Hersch zog den

Pelz an und ging mit ihm zu Gericht .

Hier brachte der Bauer di e Klage über den säumi

gen Zahler vor . Hersch wendete ein : Der Klage

führer is t verrückt . Ich bin ihm keinen Groschen

schuldig . Sei t e i n i ger Zei t bildet er sich ein , al les g e

höre ihm . Und er kennt darin gar keine Grenzen .

Fragt ihn Herr Richter be ispielsweise, ob nicht der

Pelz , den ich anhabe , ihm gehört, er bringt auch das

fertig und sagt, es is t sein Pel z .“

„Gewiß is t es mein Pelz ,“ schrie der Bauer, „erst

vor einer W eile lieh er ihn von mir .

Nun war der Bürgerr ichter von der Verrü ck theit

des Bauern überzeugt, wies die Klage ab und sprach

gleichzeitig Hersch den Pelz zu .

Page 116: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

H ersch al s Ratgeber .

Drei Männer Inden einmal Hersch in eine Wein

stube . Ein j eder von ihnen klagte ihm sein Leid, und

sie beten j eder um seinen Rat . Der eine klagte, er

habe im Laden große Losung, sein Lebensbedarf sei

mäßig und trotzdem verarme er von Tag zu Tag .

Hersch gab ihm den Rat, er solle einige Nächte

draußen vor dem Laden schlafen . Der zweite erhob

Klage , er habe keinen Appe ti t und werde darum Tag

für Tag magerer, und der Arzt sagte , er werde bal d

ganz dem Siechtum verfallen . Diesem riet Hersch ,

jeden Tag in den W ald zu gehen . Der dritte j ammerte ,

er habe ein böses Weib , di e ihn stets verfluche und

be leidige . Ihm empfahl Hersch, in die Mühle zugehen .

Die drei Männer konnten die Worte Herschs nicht

begreifen , verabredeten dennoch, seinen Rat zu be

folgen . Der Händler schlief neben dem Laden und

sah, wi e seine Diener nachts m it Nachsc hlüsseln ka

men , den Laden öffneten und wertvolle Sachen stah

len . Er en tließ sie und seither besserte sich seineLage .

Der zweite ging in den Wald und sah, wie ein Bauer

schwer dar an arbe i tete, gefällte Bäume auf den W a

gen zu bringen . Er half ihm , und als er ermüdet

beim kam, aß er mit großem Appetit . Nun verstand

1 1 7

Page 117: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

er, wenn man fest arbei tet, dann ißt man mit Appeti t .

Der dritte ging in die Mühle . Er beobachtete, al s*ein

Bauer einen Wagen Mehl schwer belud, so daß das

Pferd den Wagen nicht ziehen konnte . Als er abe r

einige Male die Peitsche schwang, setzte das Pferd den

Wegen in Bewegung . Nun verstand er, daß Herschs

Rat dahin ging, seine Fran , wenn sie ibri fluche und

schimpfe , zu prügeln, so werde sie künftighin folgsam werden . Schon der ers te Versuch brachte Erfolg .

H ersch pflegt zu tun,wie es sein Vater getan hat .

Au f seinen Wanderungen kam Hersch am späten

Abend hungrig zu einem Dorfjuden . Er hat um etwas

Essen, doch die Frau sagte , s ie habe nichts . Hersch

sprach darauf : „Nun , da Ihr m ir nichts zu essen

gehen wol let, werde ich das tun müssen , was mein

Vater getan hat . Er ging da im Zimmer auf und

ab , schüttelte den Kopf und sprach zu sich : „Es

bleibt mir doch nichts anderes ubr ig , ich werde ebenso

tun wie mein Vater .

1 1 8

Page 119: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Schnaps, du darfs t aber keines falls an j emanden ohne

Geld davon geben . Indes ging er ins Bethaus„ wo

er bis Mittag blieb . Als er nach Hause kam , sprach er

zu seiner Frau : „Hast du ein ,Dreier‘ und gib mir ein

Gläschen Schnaps .“

Sie nahm die Münze und gab ihm

den Schnaps . Sie wollte aber vor dem Mittagmahl

ebenfalls ein Schnäpschen trinken , sie „kaufte“

es

von ihrem Manne und zahlte mit derselben Münze .

So drehte sich die Münze einige Wochen, bis der

Schnaps zuneige ging . Nun trug er das leere Fäßchen

zum Händler, gab ihm den Dreier“ und verlangte

neuerlich Schnaps . Dieser schaute ihn befremdend an

und fragte : Was fäll t Euch ein , für ein Fäßchen

Schnaps ei nen Dreier?“

„ Ich schwöre Euch, antwortete Hersch , „daß ich

für den ganzen Schnaps, den ich von Euch kreditiert

bekam , nicht mehr als diesen ‚Dreier‘

Einnahme hatte .

Jedesmal , wenn ich einen Schnaps nahm , zahlte ich

meinem W eihe und ebenso zahlte mir mein W eib ,

wenn sie einen Trank an sich nahm .

Dem Händler gefiel der Einfall und er gab Hersch

neuerdings ein Maß Schnaps .

1 20

Page 120: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Herschs ! rger .

Hersch g ing e inmal auf dem Jahrmarkt in Berdy

tschew in Gedanken tief versunken . Und da rennt

ein Viehhändler seinem Genossen nach, ruft unau f

hör lich : Mendel, Mendel“ Hersch packt ihn an

den Arm und spricht ärgerlich : Wieso kennst du

mich, ich heiße doch gar nicht so?

Herschs Sch laf losigkei t.

Hersch kam einmal zum Rabbi und sprach : Rebbe ,

ich gehe an Schlaflosigkeit zugrunde erst diese Nacht

bin ich fest zwölfmal aufgewacht und konnte kein

einziges Mal wieder einschlafen .

Her sch und Kopernikus.

Hersch war gerade im Gemache des Rabbi, als ein

Gelehrt er diesem erzählte, er habe ein großartiges

1 21

Page 121: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Werk verfaßt, in welchem er des Kopernikus me

schugenen Einfall, daß die W el t um die Sonne und

nicht die'

Sonne um di e Welt sich drehe widerlegte,

und den Beweis führte, daß die Sonne geht und die

Welt s teht, wie es auch in der Heiligen Schrift heißt :

„Die Erde steht ewig“

. Hersch lachte und sprach

Lasse di e Welt gehen und beschäftige dich mit an

dere Dinge .

Her sch segnet einen Orender .

t eit von Miedziborz wohnte ein Orender . Trotz

dem , daß er kinderlos war, gab er keinem Armen

welche Unterstützung , und er pflegte die Chassidim,

die zum Rabbi wallfahr ten , einfach die Tür zu weisen .

Freilich durfte auch Hersch dessen Schwelle nicht

betreten . Hersch schwer ihm daher Rache .

Eines Tages kam er in di e Orenda und sprach de

speratis'

ch : Reh Götzel , ich bin ein Armer, gebt mir

was zu essen , weil ich hungrig bin .

Dieser fuhr ihn an : „Du Haderlump , kennst du

mich nicht und hat di ch di e Kunde nicht erreicht,

daß ich keinen Armen dul de?

1 22

Page 123: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Armen gut sein werdet, werde ich Euch sagen , was

ich mit meinen drei Segen meinte .

Als ihm der Oren

der die Hand gegeben hatte, sprach Hersch : „Nun

hört : Ich wünschte Euch , Ihr soll t nicht s terben , weil

so ein Hund, wie Ihr es gegen die Armen seid, lieber

krepieren möge . Soll tet Ihr aber dennoch sterben ,

dann wünschte ich , daß Ihr neben mir begraben sein

sollt, dami t me ine Würmer an Eurem fetten Körper

sich sättigen und schließlich r iet ich Euch , einen Fuß

boden zu machen , weil so ein Bösewicht nicht

sei , auf Gottes Erde zu treten .

Und nun lief er erst recht davon .

H ersch wi rd besieg t .

Ein andermal kam Hersch um dieselbe Zeit zu

einem Orender und hat um Nachtlager . Die Fr au

lehnte es ab mi t der Begrü ndung, daß ihr Mann n i cht

zu Hause sei und. erst in der Nacht des folgenden

Tages heimkehren werde .

Hersch stellte sich ganz erstaunt und sprach : W ie,

Euer Mann ist nicht zu Hause, heute am Pur im zur

Megulah?

1 24

Page 124: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Um Gottes wil len, sagte die Fran fassungslos ,

Rabbi Hersch, was sagt Ihr? Jetzt is t Purim? Und

mein Mann hat deren ganz vergessen? Wo wird er

nun die Megu lah hören? Wer wird mir und den Kin

dern die Megul ah vorlesen?“

Hersch trös tete sie , ihr Mann werde wohl in der

Stadt das Vorlesen der Megul ah hören können , was

aber sie betrifft, sei er bereit, ihr die Megulah vor

zul esen er sei im Vorlesen genug gewandt . Als er das

Vorlesen beendet hatte , trat Hersch an di e Frau heran

und begrüßte sie nach herkömmlicher Weise : Gut

Pur im !

Der Feier des Festes angemessen , erhi el t Hersch

feine Bäckereien und Getränke, und es wurde ihm

auch ein behagliches Nachtmahl berei tet .

A uch am folgenden Tage waltete Hersch seines

Amtes , er las die Megul ah voi und sang al lerlei lustigeLieder . Es war eine sehr fröhliche Stimmung, die

Frau war ganz zu f rieden ,amFesttage einen so schonen

Juden bei sich zu haben , nur war sie ihrem Menue

böse, daß er sie im Sticbe gelassen habe .

Nach dem am Spätnachmittag eingenommenen

Festmahl e‚ver ließ Hersch die Orenda, indem er vor

gab, er müsse an diesem Feier tegsabend noch einen

Bekann ten im nächs tl iegenden Dorfe besuchen . Er

1 25

Page 125: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

war bereits ziemlich weit, als der Orender zurückkam .

Jubelnd liefen ihm die Kinder entgegen und be

grüßten ihn : Guter Purim , Papa“

, sie umringten

ihn, und jedes verlang te das übliche Pur imgeschenk .

Die Frau aber fuhr ihn an : Das ist unerhör t, am

Pur im Weib und Kinder im S tich zu lassen .

Was ist los?“ fragte der Mann erstaun t, „woll t

Ihr m ich verrück t machen , oder seid Ihr verrückt ge

worden?“

Die Frau suchte ihm nun ruhig seinen Fehler vor

zuhal ten .

—Beinahe hätte sie nicht gewußt, daß Purim

sei , wenn nicht der lus tige Hersch , der durch Zufall

die Stadt nicht mehr erreichen konnte , zu ihr ge

kommen wäre ; er hehe die Megul ah vorgelesen und

ihnen di esen Tag zum bes ten gegeben . Der Mann

sprach zur Frau : Kennst du nicht Hersch Ostropole

mi t seinen Witzen und Foppereieu?“ Genau nach vier

Wochen war der Orender geschäftli ch in der Stadt ,

al s er zufällig Hersch gehen sah .

Seht da, Reh Hersch, habe Euch schon lange nicht

gesehen, wie geht's Euch

, was macht Ihr, und was

halb seid Ihr so in Gedanken versunken?“

„ Ich mache ,“ erwiderte Hersch traurig, „nichts

und bin traurig, weil ich heute noch keinen Schnaps

im Munde hatte .

1 26

Page 127: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Hersch hat es um ein bißchen Schnaps . Es reichte

ihm ein kleines Gläschen .

„Nein, sagte Hersch, „aus diesem Glas darf ich

nicht trinken weil es noch nicht in Wasser getaucht

worden ist .

Und von einem großen Glas dur f t Ihr trinken?

fragte das Mädchen . Hersch : „Ja, weil das große

Glas in Wasser getaucht ist . Nun war das Mädchen

keine dumme Gans . Es schüttete den Schnaps in ein

großesGlas und reichte es ihm . Darauf sprachHersch ?

„Nun sehe ich , daß schon klü gere Menschen als ich

auf der W elt sind . Wenn mich ein solcher Fratz

foppen kann, so habe ich auf dieser W el t nichts mehr

zu suchen . Se ither stellte er seine W anderungen ein .

H erschs Gattin und die Rebezin.

Einmal fü hl te sich Hersch durch ein Wort der

Rehazin“ stark getroff en und faßte bei sich den

Entschluß , sich an ihr zu rächen . Er ging diesmal

aus dem Hause des Rabbi mit hungrigem Magen nach

Hause, da ihm heute auch das tägl iche Mittagmahl

nicht verabreicht worden war . Daheim las ihm erst

noch seine Gattin die Leviten, we il er ihr keine K0

1 28

Page 128: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

peke brachte, für sich und die Kinder Nahrungsmitte l

zu kaufen . Hersch schwor auch ihr Rache . Nach einer

Stunde begab er sich wieder zur Rebezin, stellte sich ,

als wäre er von der ihm zugefügten Be leidigung nicht

berührt und kündigte ihr für den nächsten Tag einen

Besuch seines Weibes an . In ihrem Bemühen , Hersch

durch ein freundliches Wort für die Be leidigungen

Genugtuung zu verschaffen , sprach die Rebe zin :

„Wie unendl ich ich mich auf diesen seit langer Zeit

ersehnten Besuch frene l“

Hersch machte die Rebezin

nur noch aufmerksam, daß seine Gattin taub sei und

man mit ihr sehr laut sprechen müsse . Freilich erhiel t

er von der Rebezin nun auch einige Rubel Ver

zeihungsgeld“

. Hersch kam nach Hause, und als er

seiner Gattin die erhal tene Summe überreichte, zeigte

sich auch sie ganz versöhnt . Da sagte er : Heute erst

hat mir die Rebezin gesagt , wie sehr sie auf dich böse

ist, daß du sie bis nun nicht besuchtest . Ich habe ihr

daher versprochen, daß du morgen zu ihr kommen

wirst . Sie fühlte sich da überaus geschmeichelt und

versprach, morgen zur Rebezin zu gehen . Hersch

machte sie nun aufmerksam , daß die Rebezin schwer

hörig sei , und daß man sie fas t an schreien müsse,

sollte sie ein Wort vers tehen . Als daher tags darauf

Herschs Gattin bei der Rebezin erschien , schrie sie

9 B l oc h , Hersch Ost ropoler 1 29

Page 129: €¦ · Vorbemerkung. Daß ich Weltkriege fast dreieinhalb Jahre des Kaisers Rock trug, hatte für mich den einen Vorteil, daß ich meine Volksbr üder aus Ost und West, Nord und

Gott hilf ! so laut, daß al le Anwesenden erschraken .

Die Rebezin allein wußte, was für e i ne Bewandtnis

es ini t diesem Schreien habe und antwortete daher

mit noch lauterer Stimme „Willkommen !“ Und die

beiden Weiber führ ten ihr Gespräch so laut, daß der

Rabbi in seinem Gemache erschrak . Zu spät merkten

die be iden Frauen, daß sie von Hersch gefoppt waren .

Aber seither hütete sich die Rebezin, mit Hersch auch

den kleins ten Strei t anzufangen .

H er sch nach dem Tod.

Rabbi Baru ch ging einmal mit einer großen Ge

meinde auf den Haus des Friedens“ , suchte Herschs

Grab auf und schri e : „Hersch , war um liegst du so

vertrocknet?“ Er l ieß ein wenig Schnaps bringen , er

selbst machte am Grabe ein kl eines Grübchen und

schüttete darein ein Maß des Schnapses . Dabei sprach

er : „Er! uicke di ch ein wenig und liege nicht ver

trocknet

Darauf sagte er Kadisch und ging nach Hause .

Was der Rabbi dam i t be zwecken wollte, bliebbis zum

heutigen Tage ein Rätsel .

1 30

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nischen Did1 tern über Juden.

0 r z e s ko „Lich t in d er Finsternis“ in Leinen gebunden.

e in Judenroman aus Polen .

Ch aj im B l o ch „Di e Geme inde der Chassidim"in hat»

sd wm Einband.

C h at im B l o ch „D er Pr ager Golem" mit Umsd1 lagzelclv

nung von Joseph Budko , in hübsdmem Einband.

Ch aJlm B l 0 ch „Israe l d er Gotteskämp fer“ mit Umsdmlagc

ze idtnung von Joseph Budko. in Pappband.

5 omb a r t ‚J ud entau ten“, br. 20 . Auf lage .

Be r g e l s a h n'

„Am Bahnhof und ander e Nove ll en" über

tragen von Alexand er Bliasb er g in elegantem Pappbd.