3
130. C. Scheibler: VOrSChlFbg sur Nomenklatur der Euckerarten. (Vorgetragcn in der Sitzung vom Verfasser.) Diejenigen Kolilenhydi.ate , welche man unter der Bezeichnung ~ Z u c k e r a r t e n ezusamrnenfasst, lassen sich, soweit unsere lieutige Kenntniss derselben reicht, in zwei grosse wohlcharakterisirte Gruppen zerlegen: in solclie, welche, abgesehen von einem Gehalte an Krystall- wasser nach der Formel C~H1206 iiiid in solche, die nach der Formel C12H22011 zusammengesetzt siiid. Beide Gruppen sind ziemlicli gut durch eiii mehr oder weniger gemeinsames Verlialten von einander' unterscheidbar. aber diese Gruppeneintheilung llsst sich aus der bisher gebriiuchlichen Bezeichnung der Zuckerarten nicht erkennen. Die Narneii der Zuckerarten haben, gleichgiiltig ob letztere 6 c. adcr 12 C. im Molekiil haben, fast ausiiahinslos die Endigung ))osec erhalten. I. Zu der Gruppe Cg HI2 06 gehiireii vornehinlich die folgenden Zucker: D e x t r o s e (Traubeiizucker, Stiirkezucker etc.), Laerulose (Fruchteucker), A r a bi nose, Ce ras i nose, Lactose (resp. Galactose R. u.), Sorbin, E u cal y 11, In 0 sit , Darnbose, Maiinitosr und Aiidere mehr. 11. Zu der Griippe C19H22011 ziihleii: Sacc h arose (Robrzucker), T r e h a1 os e (Mycose), Melezitose, M e 1 it o s e (Raftiiiose?), Maltose, Galactose (resp. Lactose, Milchzucker). Bekanntlich zerfallen nun die Zucker dieser letzteren Gruppe bei der Einwirkung verdiinnter Sauren (Inversion), unter Aufnahme der Elemente des Wassers, in zwei gleiche Gewichtsmengen Zucker der Gruppe I, so zwar, dass der eine dieser Zucker stet3 Dextrose ist.') 1) Nur fur Melezitose ist diesor Nachweis noch nicht gefiihrt; firr Tmha- lose habe ich den Zerfall in zwei Molekule Dextrose neuerdings durch geuaue Versuche coostatirt, woriibcr ich dernniichst berichten werdo.

Vorschlag zur Nomenklatur der Zuckerarten

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Vorschlag zur Nomenklatur der Zuckerarten

130. C. Scheibler: VOrSChlFbg sur Nomenklatur der Euckerarten.

(Vorgetragcn in der Sitzung vom Verfasser.)

Diejenigen Kolilenhydi.ate , welche man unter der Bezeichnung ~ Z u c k e r a r t e n e zusamrnenfasst, lassen sich, soweit unsere lieutige Kenntniss derselben reicht, in zwei grosse wohlcharakterisirte Gruppen zerlegen: in solclie, welche, abgesehen von einem Gehalte an Krystall- wasser nach der Formel C ~ H 1 2 0 6 iiiid in solche, die nach der Formel C12H22011 zusammengesetzt siiid. Beide Gruppen sind ziemlicli gut durch eiii mehr oder weniger gemeinsames Verlialten von einander' unterscheidbar. aber diese Gruppeneintheilung l lss t sich aus der bisher gebriiuchlichen Bezeichnung der Zuckerarten nicht erkennen. Die Narneii der Zuckerarten haben, gleichgiiltig ob letztere 6 c. adcr 12 C. im Molekiil haben, fast ausiiahinslos die Endigung ))osec erhalten.

I. Zu der Gruppe Cg HI2 0 6 gehiireii vornehinlich die folgenden Zucker:

D e x t r o s e (Traubeiizucker, Stiirkezucker etc.), L a e r u l o s e (Fruchteucker), A r a b i n o s e , Ce ras i n o s e , L a c t o s e (resp. Galactose R. u.), S o r b i n , E u c a l y 1 1 ,

I n 0 s i t , D a r n b o s e , M a i i n i t o s r und Aiidere mehr.

11. Zu der Griippe C19H22011 ziihleii: S a c c h a r o s e (Robrzucker), T r e h a1 os e (Mycose), M e l e z i t o s e , M e 1 i t o s e (Raftiiiose?), M a l t o s e , G a l a c t o s e (resp. Lactose, Milchzucker).

Bekanntlich zerfallen nun die Zucker dieser letzteren Gruppe bei der Einwirkung verdiinnter Sauren (Inversion), unter Aufnahme der Elemente des Wassers, in zwei gleiche Gewichtsmengen Zucker der Gruppe I, so zwar, dass der eine dieser Zucker stet3 Dextrose ist.')

1) Nur fur Melezitose ist diesor Nachweis noch nicht gefiihrt; firr Tmha- lose habe ich den Zerfall in zwei Molekule Dextrose neuerdings durch geuaue Versuche coostatirt, woriibcr ich dernniichst berichten werdo.

Page 2: Vorschlag zur Nomenklatur der Zuckerarten

647

Wir haben: CiaHsaOii 4- Ha 0 = C6H1106 i- CsHiaOs

Saccharose + Wasber = Dextrose + Laevulose 'rrehalose + )) = 3 + Dextrose Melezitose + \) = + ? Melitose + >) = 3 + Eucalyn Maltose + 3 = P' + Dextrose Galactose + B = + Lactose

Beziiglich des Milchzuckers herrscht einige Verwirrung, indem derselbe von einigen Autoren Galactose, von anderen Lactose genannt wird, dementsprechend man dann das Inversionsprodukt aus demselben beziehungsweise einmal mit Lactose, das anderemal mit Galactose bezeichnet.

Es wiirde Liich nun empfehlen und mein Vorschlag geht dahin: f ir die Name11 der invertirbaren Zuckerarten mit Cia (Gruppe 11) die Endung ~ b i o a e a , welche aus dem Zahlwort ~ b i c und der Endung xosea zusammengesetzt iat, zu benutzen, um damit der Thatsache Ausdruck zu geben, dass diese Zucker in r 4 Zucker der Gruppe I zerlegbar sind. Wir wiirden d a m nur sech, -tamen zu iindern haben und setzen miissen:

Saccharohiose . . . fiir Saccharose Trc?h:ibiose (Mycobiose) n Trehalose (Mycose) Mvltlzibiose . . . . B Melezitose hlelibiose . . . . . n Melitose Maltobiose . . . . P Maltose Lactobiose . . . . Galactose (Lactose).

Die vorhin erwiihnte Verwirrung in der Bezeichnung des Milch- zuckers wiirde hierdurch beseitigt sein, indem man mit Lactobiose den Zucker ClzHaz011 + HaO, und mit Lactose den Zucker CsHaO6 bezeichriet .

Die Endung oosea wiirde hiernach den Zuckern der Formel CgHl2O6 verbleiben, deren Anzahl zur Zeit die grijssere ist. Man wiirde dann aber in Consequenz meines Vorschlages sagen miissen:

Sorbinose statt Sorbin Eucalose D Eucalyn u. 8 . w.

Nur fiir Arabinose wiirde man zweckmiissig fernerhin Arabose setzen miissen, um einem mijglichen Irrthum vorzubeugen, insofern die Sylbe 3bia in dem jetzt gebduchlichen Worte Arabinose beim Hiiren des Wortes dazu rerleiten kiinnte, den Zucker ale einen solchen der Gruppe 11 aufzufaasen.

Page 3: Vorschlag zur Nomenklatur der Zuckerarten

Durch meinen Vorechlag wiirde auch fir spiiterhin noch aufzu- findende Zucker der Gruppe I1 in einigen Fiillen der Name im Vorrrus schon gegeben sein; so z. B. ist es nicht unwahrscheinlich, daae noch ein Zucker ClaHmO11 gefunden wird, der bei der Inversion in Dex- trose und Arabose zerflillt und der dann deli Nirmeii Arabioae wiirde erhalten konneri.

181. C o n r a d Laar: Ueber die Mtigliohkeit mehrerer Struktur- formeln fIir dieee lbe chemieche Verbindung.

(Eingegangen am 10. Miirz.)

Gegeniiber der bewundernswiirdigen Uebereinstimmung, welche die Verhiiltnisse der Isornerie im grossen Ganzen mit der herrschenden Struhturtheorie zeigen , erregen diejenigen Flille ein um so griisseres Intereese, in welchen die Thatsachen die Theorie theils zu iibertreffen, theils hinter derselben zuriickzubleiben scheinen; jenes da, wo mehr isomere Verbindungen darstellbttr sind, als die Theorie erwarten liisst, dieses, wo die Theorie Isornerien vorauszusetzen gestattet, welche sich als nicht realisirbar erweisen. Van jenen Vorkommnissen , , welche bekanntlich zur Anntrhrne einer sogenannten g e o m e t r i s c h e n I s o - m e r i e gefiihrt haben, soll in den folgenden Zeilen nicht weiter die Rede sein, welche vielmehr den Zweck haben, die Moglichkeit einer gewissen Erkliirung der zweiten Art voii Ausnahmefiillen zu eriirtern.

Man nimmt bei diesen Fallen, in welchen es sich also um I d e n t i tiit statt erwarteter I s o r n e r i e handelt, bekanntlich l a b i l e A t o m g r u p p i r u n g e n an, welche im Momente des Entatehens durch U m l a g e r u n g in e t a b i l e iibergehen sollen, und pflegt neuerdings, nach dem Vorgange von B a e y e r I), diese hypothetischen labilen Ver- bindungen mit dem Priifix BPseudoo: zu bezeichnen. Gegen eine solche Erkliirung ist gewiss in manchen Fallen kaum etwas einzu- wenden; indessen ist sie doch nicht iiberall ganz befriedigend. Ab- gesehen dab-on, dass man sich keine Rechenschaft dariiber geben kann, warum iiberhaupt die eine Art der Gruppirung unbestiindig sein soll, ist es besonders als unwahrscheinlich auffallend, dass diejenige Bindungsweise, welche in dem einen Kiirper die labile zu sein scheint, in einem anderen umgekehrt sicb stabil erweist, wie beispielsweise einerseits die

Q 1.

*) Diese Berichte XVI, 2188.