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Die Konsequenz ist Spezia- lisierung auf einige aus- gewählte Produktgrup- pen und Tausch mit an- deren Ländern, die sich auf andere Produkte spezialisiert haben. Kleine Volkswirtschaf- ten sind notgedrungen oen. REKORDÜBERSCHUSS. Das ist kein Nachteil, im Gegenteil. Letztes Jahr hat die Schweiz er- neut einen Rekordüber- schuss im Aussenhandel erwirtschaftet. Die Aus- fuhren übertrafen die Einfuhren um 13,9 Mil- liarden Franken. Daran hat Basel einen nen- nenswerten Anteil: Die wichtigste Exportbran- che der Schweiz ist die Chemie- und Pharmain- dustrie, die ein Drittel der gesamten Ausfuhren bestreitet. Mit einigem Abstand folgt die Ma- schinen- und Elektroni- kindustrie mit einem Fünftel der Exporte. Die Exportstärke der Basler Industrie zeigt sich besonders ein- drücklich im Vergleich der Exporte pro Kopf der Bevölkerung in den Kantonen: Auf jeden Stadtbasler, vom Baby bis zum Greis, entfielen 2006 Exportwaren im Wert von 226 733 Fran- ken (siehe Balkengra- fik). Dies ist knapp zehnmal mehr als der Schweizer Durchschnitt, der bei 24 831 Franken liegt. FREIHANDEL. Der grösste Handelspart- ner der Schweiz ist die Europäische Union (inklusive Efta), insbesondere Deutschland. Gut 80 Prozent der Im- porte und fast 70 Prozent der Exporte werden mit EU-Ländern abgewickelt. Grundlage des Handels mit den euro- päischen Nachbarn ist der Freihandels- vertrag zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) aus dem Jahr 1972 sowie die Bi- lateralen I und II. Derzeit laufen Ver- handlungen mit der EU über eine Er- weiterung des Freihandels auf land- wirtschaftliche Produkte und eine Re- gelung zum Stromtransit und -handel. Mit ausgewählten Ländern hat die Schweiz zudem Freihandelsabkommen (FHA). Das einzige rein bilaterale Ab- kommen besteht mit den Färöer (48 345 Einwohner). Alle anderen FHA wurden zwischen der Efta und dem jeweiligen Land abgeschlossen. Die 1960 gegrün- dete Efta, der neben der Schweiz heute nur noch Norwegen, Island und Liech- tenstein angehören, verfügt mittlerwei- le über ein Netz von 17 FHA. Der Anteil des Schweizer Aussenhandels, der durch diese Verträge abgedeckt wird, ist aber relativ klein (siehe Tabelle), al- lerdings mit wachsender Tendenz: Bis 2010 werden voraussichtlich weitere FHA mit Kanada, den Golfstaaten, Indi- en und Japan (bilateral) in Kraft treten (siehe Karte). Der Handel mit den meisten ande- ren Ländern von Australien bis zu den USA beruht auf den Regeln der WTO. Knapp ein Viertel der Exporte und gut zehn Prozent der Importe fallen in die- se Kategorie. Die WTO stellt sicher, dass Schweizer Unternehmen nicht diskri- miniert werden. Ausserdem bauen die meisten FHA auf den WTO-Regeln auf. Nach dem Freihandelsabkommen mit der EU, ist der WTO-Vertrag also die wichtigste Grundlage des Schweizer Aussenhandels. Am Hauptsitz der WTO in Genf wird zurzeit über eine Ausdeh- nung des WTO-Regelwerks auf Agrar- produkte und weitere Erleichterungen für Industriegüter verhandelt. WETTBEWERBSFÄHIG. Für die Schweiz ist eine weitere Liberalisierung des Welthandels eine Chance. Denn die Schweiz hat sich erfolgreich auf ein- zelne Produktgruppen spezialisiert, unter anderem Arzneimittel. Der An- teil des Aussenhandels am Bruttoin- landprodukt (BIP), die sogenannte Aussenhandelsquote, beträgt so 45 Prozent. Das Land fährt dabei nicht schlecht: Die Schweiz ist nach den USA die zweitwettbewerbsfähigste Volkswirtschaft der Welt. Zölle kosten mehr, als sie einbringen Die Konsumenten zahlen höhere Preise und die Firmen haben mehr Verwaltungsaufwand CHRISTIAN MIHATSCH 80 Prozent der Importe kommen zollfrei ins Land. Trotzdem fallen Zollformali- täten an. Das kostet. Für Ökonomen ist die Sa- che klar: Zölle sind schädlich, weil der Verlust, der den Kon- sumenten durch die höheren Preise entsteht, nicht durch die Zolleinnahmen kompen- siert wird. Doch man braucht nicht mal die Konsu- menten zu bemühen, um zu zeigen, dass Zölle volkswirtschaft- lich mehr schaden als nutzen, wie die Schweizer Ökonomen Peter Moser und Rudolf Minsch (heute Chefökonom der Econo- miesuisse) in einer Studie gezeigt haben. Wie ist das möglich? Einerseits erzielt die Schweiz Einnahmen. Der Staat nimmt jedes Jahr rund eine Milliarde Franken ein. Dies entspricht knapp zwei Prozent der Einnahmen des Bundes. Die Einfuhrzölle machen 0,67 Prozent des Werts der importierten Wa- ren aus. Andererseits verursachen Zölle aber auch Kosten: Die Ausgaben der Schweizer Zollverwaltung beliefen sich 2004 auf 792 Millionen Franken. Davon sind 200 bis 400 Millionen Franken der Zollabwick- lung zuzurechnen. VERWALTUNGSAUFWAND. Doch die Kosten, die den Unternehmen entstehen, sind um ein Vielfaches hö- her: Zoll- und Mehrwertsteuerabwicklung verursa- chen Kosten von 50 Franken pro Sendung bei Export- und 70 Franken bei Importlieferungen. Diese Kosten fallen auch an, wenn überhaupt kein Zoll zu entrichten ist. Für 80 Prozent der Importe gilt der Zollsatz Null. Trotzdem müssen aber alle relevanten Formulare ausgefüllt und alle Un- terschriften eingeholt werden. All das braucht Zeit. Und gearbeitet wird nur zu Bürostunden. Nachts und am Wochenende sind die Zollämter geschlossen. Wer Pech hat, wartet an der Grenze zwei Tage, um anschliessend gar keinen Zoll bezahlen zu müssen. Auch werden dadurch gewisse Dienstleistungen verunmöglicht: Etwa ein 24-Stun- den-Ersatzteillieferdienst über die Grenze hinweg. Unternehmen, die diesen Service anbieten wollen, brauchen ein Ersatzteillager in der Schweiz und eins in Europa, und sei es nur in Weil am Rhein. Minsch und Moser schätzen, dass Schweizer Fir- men so ein Schaden von 3,2 Milliarden Franken ent- steht, etwa je zur Hälfte beim Im- und beim Export. Den Zolleinnahmen von einer Milliarde stehen also Kosten von 1,6 Milliarden Franken gegenüber. Ein schlechtes Geschäft. SCHWEIZER AUSSENHANDEL NACH VERTRAGSTYP (2007) Vertragstyp Exporte in Mio. Fr. Anteil an Exporten Importe in Mio. Fr. Anteil an Importen EU und Efta* 135 017 68% 153 197 83% Freihandelsabkommen 10 619 5% 2 933 2% WTO-Abkommen 44 858 23% 23 135 13% Kein Abkommen** 7 039 4% 4 313 2% Total 197 533 100% 183 577 100% * inklusive Türkei ** unter anderen Russland, das noch nicht WTO-Mitglied ist Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung Die Schweiz ist kein Agrarland CHRISTIAN MIHATSCH Folgt man handelspoliti- schen Debatten, gewinnt man leicht den Eindruck, die Schweiz sei ein Agrar- land. Die mächtigste Lobby der Schweiz, die Bauern, verteidigt vehement ihre Pri- vilegien. Dabei ist die Landwirtschaft, mit einem Anteil am Bruttoinlandpro- dukt (BIP) von einem Prozent, volks- wirtschaftlich irrelevant. Statt auf der Landwirtschaft sollte das Hauptaugen- merk der Öentlichkeit darauf liegen, inwiefern Handelserleichterungen für die Pharma- und Maschinenindustrie erreicht werden können. Das bringt Geld. Denn natürlich gibt es bei den WTO-Verhandlungen einen Trade-o: Handelserleichterungen bei den Industriegütern gegen solche bei Agrarprodukten. Basel als Export- Schweizer-Meister muss also aufpas- sen, dass bei den aktuellen Verhand- lungen nicht die Interessen der hiesi- gen Industrie geopfert werden, weil die Gemüsebauern meinen, sie seien nicht konkurrenzfähig. Es steht nämlich nirgends geschrieben, dass Agrarfreihandel den Schweizer Bauern schadet. Ihre österreichischen Kollegen haben die EU-Integration überlebt. Und auch in Bayern gibt es noch Landwirtschaft. Wir reden beim Agrarfreihandel mit der EU also nicht über die Verwüstung der Schweiz. Und schliesslich ist es auch nichts als fair, ärmere Länder nicht ausgerech- net dort zu diskriminieren, wo sie zum Teil einen Vorteil haben. Auch Fair- Trade beginnt mit dem Abbau von Handelshemmnissen. Die Schweiz muss nur endlich begrei- fen, dass sie kein Agrarland mehr ist. [email protected] kommentar ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! 55100 35 828 18 426 1458 638 1849 3919 7497 5829 750 2225 2615 6006 4038 6881 8343 6361 3753 775 17 097 8308 18 255 15 255 15 914 FHA Abschluss bis 2010 vorgesehen kein Handelsvertrag Efta WTO DIE HANDELSABKOMMEN DER SCHWEIZ MIT DER WELT Freihandelsabkommen (FHA) Importe der Schweiz in Mio. Franken (2006) Sanktionen Exporte der Schweiz in Mio. Franken (2006) EU Grossbritannien Spanien Brasilien USA Frankreich Deutschland Deutschland Frankreich Italien Indien China Japan Russland Österreich Österreich Welthandel. Die Schweiz hat mit vielen Ländern Han- delsverträge. Grafiken Rebekka Heeb Basel ist klarer Export-Schweizer-Meister Freihandel mit der EU und der WTO-Vertrag sind die wichtigsten Grundlagen für den Aussenhandel CHRISTIAN MIHATSCH

w irtsc h a ft.ta g e sth e m a . b a z B a s e l is t k ... · d ergesam ten A u sfu h ren b estreitet. M it ein igem A b stan d fo lgt d ie M a-sch in en - u n d E lektro n i-kin

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wirtschaft.tagesthema. baz | Mittwoch, 28. Mai 2008 | Seite 32

Handelspolitik geniesst wieder öf-fentliche Aufmerksamkeit. Der Ag-rarfreihandel mit der EU und die Er-weiterung des Abkommens der Welthandelsorganisation (WTO) sor-gen für rote Köpfe. Besonders wich-tig wäre ein erfolgreicher Abschluss für Basel, den Export-Schweizer-Meister.

Ein kleines Land wie die Schweiz kann unmöglich alles selber herstellen. Es fehlt hierzulande nicht nur an den wichtigsten Rohsto!en von Öl bis Ei-

senerz. Der Markt ist schlicht zu klein. Die Schweiz kann etwa bei Autos, Computern, Arz-neimitteln, Maschinen nicht auf Weltklasseni-veau produzieren. Die Konsequenz ist Spezia-lisierung auf einige aus-gewählte Produktgrup-pen und Tausch mit an-deren Ländern, die sich auf andere Produkte spezialisiert haben. Kleine Volkswirtschaf-ten sind notgedrungen o!en.

REKORDÜBERSCHUSS. Das ist kein Nachteil, im Gegenteil. Letztes Jahr hat die Schweiz er-neut einen Rekordüber-schuss im Aussenhandel erwirtschaftet. Die Aus-fuhren übertrafen die Einfuhren um 13,9 Mil-liarden Franken. Daran hat Basel einen nen-nenswerten Anteil: Die wichtigste Exportbran-che der Schweiz ist die Chemie- und Pharmain-dustrie, die ein Drittel der gesamten Ausfuhren bestreitet. Mit einigem Abstand folgt die Ma-schinen- und Elektroni-kindustrie mit einem Fünftel der Exporte.

Die Exportstärke der Basler Industrie zeigt sich besonders ein-drücklich im Vergleich der Exporte pro Kopf der Bevölkerung in den Kantonen: Auf jeden Stadtbasler, vom Baby bis zum Greis, entfielen 2006 Exportwaren im Wert von 226 733 Fran-ken (siehe Balkengra-fik). Dies ist knapp zehnmal mehr als der

Schweizer Durchschnitt, der bei 24 831 Franken liegt.

FREIHANDEL. Der grösste Handelspart-ner der Schweiz ist die Europäische Union (inklusive Efta), insbesondere Deutschland. Gut 80 Prozent der Im-porte und fast 70 Prozent der Exporte werden mit EU-Ländern abgewickelt. Grundlage des Handels mit den euro-päischen Nachbarn ist der Freihandels-vertrag zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) aus dem Jahr 1972 sowie die Bi-lateralen I und II. Derzeit laufen Ver-handlungen mit der EU über eine Er-weiterung des Freihandels auf land-wirtschaftliche Produkte und eine Re-gelung zum Stromtransit und -handel.

Mit ausgewählten Ländern hat die Schweiz zudem Freihandelsabkommen (FHA). Das einzige rein bilaterale Ab-kommen besteht mit den Färöer (48 345 Einwohner). Alle anderen FHA wurden zwischen der Efta und dem jeweiligen Land abgeschlossen. Die 1960 gegrün-dete Efta, der neben der Schweiz heute nur noch Norwegen, Island und Liech-tenstein angehören, verfügt mittlerwei-le über ein Netz von 17 FHA. Der Anteil des Schweizer Aussenhandels, der durch diese Verträge abgedeckt wird, ist aber relativ klein (siehe Tabelle), al-lerdings mit wachsender Tendenz: Bis 2010 werden voraussichtlich weitere FHA mit Kanada, den Golfstaaten, Indi-en und Japan (bilateral) in Kraft treten (siehe Karte).

Der Handel mit den meisten ande-ren Ländern von Australien bis zu den USA beruht auf den Regeln der WTO. Knapp ein Viertel der Exporte und gut zehn Prozent der Importe fallen in die-se Kategorie. Die WTO stellt sicher, dass Schweizer Unternehmen nicht diskri-miniert werden. Ausserdem bauen die meisten FHA auf den WTO-Regeln auf. Nach dem Freihandelsabkommen mit der EU, ist der WTO-Vertrag also die wichtigste Grundlage des Schweizer Aussenhandels. Am Hauptsitz der WTO in Genf wird zurzeit über eine Ausdeh-nung des WTO-Regelwerks auf Agrar-produkte und weitere Erleichterungen für Industriegüter verhandelt.

WETTBEWERBSFÄHIG. Für die Schweiz ist eine weitere Liberalisierung des Welthandels eine Chance. Denn die Schweiz hat sich erfolgreich auf ein-zelne Produktgruppen spezialisiert, unter anderem Arzneimittel. Der An-teil des Aussenhandels am Bruttoin-landprodukt (BIP), die sogenannte Aus senhandelsquote, beträgt so 45 Prozent. Das Land fährt dabei nicht schlecht: Die Schweiz ist nach den USA die zweitwettbewerbsfähigste Volkswirtschaft der Welt.

Zölle kosten mehr, als sie einbringenDie Konsumenten zahlen höhere Preise und die Firmen haben mehr Verwaltungsaufwand

CHRISTIAN MIHATSCH

80 Prozent der Importe kommen zollfrei ins Land. Trotzdem fallen Zollformali-täten an. Das kostet.

Für Ökonomen ist die Sa-che klar: Zölle sind schädlich, weil der Verlust, der den Kon-sumenten durch die höheren Preise entsteht, nicht durch die Zolleinnahmen kompen-siert wird. Doch man braucht

nicht mal die Konsu-menten zu bemühen, um zu zeigen, dass Zölle volkswirtschaft-

lich mehr schaden als

nutzen, wie die Schweizer Ökonomen Peter Moser und Rudolf Minsch (heute Chefökonom der Econo-miesuisse) in einer Studie gezeigt haben.

Wie ist das möglich? Einerseits erzielt die Schweiz Einnahmen. Der Staat nimmt jedes Jahr rund eine Milliarde Franken ein. Dies entspricht knapp zwei Prozent der Einnahmen des Bundes. Die Einfuhrzölle machen 0,67 Prozent des Werts der importierten Wa-ren aus. Andererseits verursachen Zölle aber auch Kosten: Die Ausgaben der Schweizer Zollverwaltung beliefen sich 2004 auf 792 Millionen Franken. Davon sind 200 bis 400 Millionen Franken der Zollabwick-lung zuzurechnen.

VERWALTUNGSAUFWAND. Doch die Kosten, die den Unternehmen entstehen, sind um ein Vielfaches hö-her: Zoll- und Mehrwertsteuerabwicklung verursa-

chen Kosten von 50 Franken pro Sendung bei Export- und 70

Franken bei

Importlieferungen. Diese Kosten fallen auch an, wenn überhaupt kein Zoll zu entrichten ist. Für 80 Prozent der Importe gilt der Zollsatz Null. Trotzdem müssen aber alle relevanten Formulare ausgefüllt und alle Un-terschriften eingeholt werden.

All das braucht Zeit. Und gearbeitet wird nur zu Bürostunden. Nachts und am Wochenende sind die Zollämter geschlossen. Wer Pech hat, wartet an der Grenze zwei Tage, um anschliessend gar keinen Zoll bezahlen zu müssen. Auch werden dadurch gewisse Dienstleistungen verunmöglicht: Etwa ein 24-Stun-den-Ersatzteillieferdienst über die Grenze hinweg. Unternehmen, die diesen Service anbieten wollen, brauchen ein Ersatzteillager in der Schweiz und eins in Europa, und sei es nur in Weil am Rhein.

Minsch und Moser schätzen, dass Schweizer Fir-men so ein Schaden von 3,2 Milliarden Franken ent-steht, etwa je zur Hälfte beim Im- und beim Export. Den Zolleinnahmen von einer Milliarde stehen also Kosten von 1,6 Milliarden Franken gegenüber. Ein

schlechtes Geschäft.

SCHWEIZER AUSSENHANDEL NACH VERTRAGSTYP (2007)

VertragstypExporte

in Mio. Fr.Anteil

an Exporten Importe

in Mio. Fr.Anteil

an Importen

EU und Efta* 135 017 68% 153 197 83%Freihandelsabkommen 10 619 5% 2 933 2%WTO-Abkommen 44 858 23% 23 135 13%Kein Abkommen** 7 039 4% 4 313 2%Total 197 533 100% 183 577 100%

* inklusive Türkei ** unter anderen Russland, das noch nicht WTO-Mitglied istQuelle: Eidgenössische Zollverwaltung

Die Schweiz ist kein AgrarlandCHRISTIAN MIHATSCH

Folgt man handelspoliti-schen Debatten, gewinnt man leicht den Eindruck, die Schweiz sei ein Agrar-land. Die mächtigste Lobby der Schweiz, die

Bauern, verteidigt vehement ihre Pri-vilegien. Dabei ist die Landwirtschaft, mit einem Anteil am Bruttoinlandpro-dukt (BIP) von einem Prozent, volks-wirtschaftlich irrelevant. Statt auf der Landwirtschaft sollte das Hauptaugen-merk der Ö!entlichkeit darauf liegen, inwiefern Handelserleichterungen für die Pharma- und Maschinenindustrie erreicht werden können. Das bringt Geld. Denn natürlich gibt es bei den WTO-Verhandlungen einen Trade-o!: Handelserleichterungen bei den Industriegütern gegen solche bei Agrarprodukten. Basel als Export-Schweizer-Meister muss also aufpas-sen, dass bei den aktuellen Verhand-lungen nicht die Interessen der hiesi-gen Industrie geopfert werden, weil die Gemüsebauern meinen, sie seien nicht konkurrenzfähig.Es steht nämlich nirgends geschrieben, dass Agrarfreihandel den Schweizer Bauern schadet. Ihre österreichischen Kollegen haben die EU-Integration überlebt. Und auch in Bayern gibt es noch Landwirtschaft. Wir reden beim Agrarfreihandel mit der EU also nicht über die Verwüstung der Schweiz.Und schliesslich ist es auch nichts als fair, ärmere Länder nicht ausgerech-net dort zu diskriminieren, wo sie zum Teil einen Vorteil haben. Auch Fair-Trade beginnt mit dem Abbau von Handelshemmnissen.Die Schweiz muss nur endlich begrei-fen, dass sie kein Agrarland mehr [email protected]

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Freihandelsabkommen (FHA) Importe der Schweiz in Mio. Franken (2006)

Sanktionen

Exporte der Schweiz in Mio. Franken (2006)

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Welthandel. Die Schweiz hat mit vielen Ländern Han-delsverträge. Grafiken Rebekka Heeb

Basel ist klarer Export-Schweizer-MeisterFreihandel mit der EU und der WTO-Vertrag sind die wichtigsten Grundlagen für den Aussenhandel

CHRISTIAN MIHATSCH