Warum ist die Thermodynamik wichtig · PDF file30 Thermodynamik für Dummies Systeme grenzen Prozesse ab Nur in definierten Systemen werden thermodynamische Prozesse aller Art untersucht

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    Warum ist die ThermodynamikwichtigIn diesem Kapitel ...

    j Was ist Thermodynamik?

    j Wodurch unterscheiden sich Festkrper, Flssigkeiten und Gase?

    j Exakte Grundgleichungen der Thermodynamik

    j Die Stellung der Thermodynamik in der Ingenieurwissenschaft

    ie Thermodynamik ist deshalb wichtig, weil nur sie Auskunft ber die Energiebeteili-gung eines Vorgangs in Natur und Technik geben kann. Nur Energie bringt Dinge in

    Bewegung. Zum Beispiel knnen Sie mit der Thermodynamik die Energie untersuchen, diebei der Verbrennung eines Benzin-Luft-Gemisches im Verbrennungsmotor Ihres Autos inArbeit und Wrme umgewandelt wird. Die gewnschte Arbeit sorgt dafr, dass sich die Rderam Auto drehen. Die auerdem freigesetzte Wrme ist zum Teil unerwnscht. Nur mit derThermodynamik knnen Sie den fr Ihre Zwecke maximal nutzbaren Arbeitsanteil einesProzesses berechnen. Kein anderes Wissenschaftsgebiet ist dazu in der Lage.

    Was genau ist Thermodynamik?Die Thermodynamik befasst sich mit allen Prozessen, die in Natur und Technik, Physik undChemie hauptschlich durch Temperatur, Druck, Volumen und Geschwindigkeit oder vonderen nderungen beeinflusst werden. Da alle Prozesse Energie bentigen, behandelt dieThermodynamik auch die Umwandlungen der Energieformen und den hierzu notwendigenEnergietransport. Dazu gehren die Beschreibungen der Energietrger und die nderungendes Aggregatzustands, wenn ein Medium zum Beispiel zuerst flssig und whrend einesProzesses gasfrmig wird.

    Mit thermodynamischen Verfahren werden Durchfhrbarkeit, Gte und Effizienz von Bewe-gungs- Arbeits- und Wrmeprozessen geprft und optimiert. Die Gesamtheit dieser Mecha-nismen wird in wissenschaftlichen Gesetzen zusammengefasst, die man in der Ingenieurwis-senschaft und auch in anderen Wissenschaftsdisziplinen wie Biologie, Chemie und Physiknutzt.

    Zum Beispiel wird in Maschinen Wrme in mechanische Energie umgewandelt, dabei ist einZiel, den Wirkungsgrad zu maximieren. In der Chemie werden Reaktionen durch Erhhungder Reaktionstemperatur beschleunigt und mithilfe der Thermodynamik kann vorausgesagtwerden, welche chemischen Vorgnge nicht stattfinden knnen. Andererseits knnen gns-tige Reaktionsbedingungen errechnet werden, damit eine gewnschte chemische Reaktionerfolgt.

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    Thermodynamik fr Dummies

    Systeme grenzen Prozesse abNur in definierten Systemen werden thermodynamische Prozesse aller Art untersucht.

    Was ist ein System? Ein System ist ein abgegrenzter rumlicher Bereich ausgasfrmigen, flssigen oder festen Stoffen. Im System luft zum Beispiel einAbkhlungsprozess ab, und der hierfr notwendige Wrmetransport wird ander Systemgrenze registriert. Wenn Wrme, Arbeit oder Masse die System-grenze berschreiten, so werden diese thermodynamischen Gren erfasstund bilanziert.

    Selbstverstndlich wird beim Austausch von Energie zwischen den angrenzenden Systemender Einfluss von Temperatur, Druck und Volumen in Verbindung mit den Eigenschaften derverwendeten Materie und deren mglichen Umwandlungen in gasfrmige, flssige und festePhasen bercksichtigt.

    Ein Massenaustausch ist mit einer Bewegung von Materieteilchen verbunden, deshalb ist inder Thermodynamik die Mechanik und vor allem die Strmungsmechanik zum Teil miteinbezogen. Mit den daraus resultierenden Gesetzen lassen sich zum Beispiel Transportpro-zesse oder Gleichgewichtszustnde der Materie beschreiben. Dabei werden keine konkretenVorstellungen ber die innere Struktur der Materie bentigt. Es gengen oberflchlicheBetrachtungen der beteiligten Materie, um mit den Gesetzen der Thermodynamik die ver-schiedenen Energieformen genau beschreiben zu knnen.

    Wie die Temperatur die Eigenschaftender Materie verndertBei der klassischen Betrachtung der Materie kann die Masse eines Krpers in drei Aggregat-zustnde eingeteilt werden: gasfrmige, flssige und feste Materie, wie Abbildung 1.1 zeigt.Die feste Phase kann weiter unterteilt werden in amorphe und kristalline Festkrper. Kri-stalline Festkrper besitzen ein Kristallgitter, bei denen die Atome auf geordneten Gitter-pltzen sitzen und sie nicht verlassen knnen. Amorphe Festkrper haben kein Kristallgit-ter; sie sind einer Flssigkeit sehr hnlich. Bekannte amorphe Stoffe sind: Teer, Kautschukund Glas. Die moderne Physik kennt neuerdings zwei weitere allgemeine Zustnde, denPlasmazustand bei sehr hohen Temperaturen und die Bose-Einstein-Kondensation bei tief-sten Temperaturen. Ein Plasma ist ein ionisiertes Gas, das aus Atomkernen und freien Elekt-ronen im elektrisch neutralen Zustand besteht. Ein Bose-Einstein-Kondensat besteht aussehr tief unterkhlten Teilchen (Bosonen), die sich im quantenmechanischen Zustand be-finden.

    Es sind oft nur Temperatur- und/oder Drucknderungen notwendig, um aus festen Stoffenflssige entstehen zu lassen. Es ist klar, dass zum Beispiel durch Wrmezufuhr Eis schmilztund zu Wasser wird. Dabei ndern sich die Eigenschaften der Stoffe betrchtlich. Mit derThermodynamik knnen auch Fluide (zum Beispiel in der Gasdynamik) oder feste Krper(zum Beispiel das Ausdehnungsverhalten von Metallen) in Abhngigkeit der Temperaturuntersucht werden. Dabei sind die Materialeigenschaften der einzelnen Stoffe in ihren Pha-sen zu bercksichtigen. In der Strmungsmechanik oder in der technischen Mechanik wirdin der Regel die Temperatur konstant gehalten.

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    Die Strmungsmechanik beschreibt die Bewegungen von Flssigkeiten undGasen und das allgemeine Verhalten der Strmung infolge von Reibungsein-flssen. Sind die strmungsmechanischen Gren wie Druck, Geschwindig-keitsvektor, Dichte und Zhigkeit bekannt, so knnen im Strmungsfeld dieBahnen aller strmenden Teilchen berechnet werden. Damit lassen sich Aus-sagen ber das Strmungsverhalten in technischen Rohrleitungen, bei denUmstrmungen von Objekten in der Atmosphre, bei Meeresstrmungen undbeim Wetter machen.

    Die technische Mechanik untersucht das statische und dynamische Verhaltenvon Festkrpern infolge von Krafteinwirkungen und Kraftsten bei Schwin-gungsbetrachtungen. Es werden Festigkeit, Elastizitt, Verformungen undSpannungsverteilungen in Festkrpern bestimmt.

    Energieumwandlung ist ThermodynamikWird einem Festkrper Energie in Form von Wrme zugefhrt, so kann der Festkrperschmelzen. Aus Eis wird Wasser, das nur in einem bestimmten Temperaturbereich existierenkann. Dieser Temperaturbereich hngt vom Druck des Wassers ab. So kann Wasser bei einemDruck von 1 bar nur innerhalb des Temperaturbereiches von 0,01 C bis 99, 63 C als Flssig-keit bestehen. Unter 0,01 C ist H2O ein Festkrper (Eis) und oberhalb von 99,63 C ist es einGas (berhitzter Wasserdampf). Diese unterschiedlichen Phasen werden durch Energieber-tragung mglich gemacht, und sie sind wichtig, da im Wasser oder im Wasserdampf viel Ener-gie gespeichert werden kann. In Kraftwerken nutzt man diese besondere Eigenschaft des

    Gas Flssigkeit Festkrper

    In einem Gas bewegen sich dieeinzelnen Molekle oder Atomefrei durch den zur Verfgung ste-henden Raum. Sie berhren sichnicht gegenseitig, auer wenn siezusammenstoen. Nach jedemZusammensto prallen sie vonein-ander ab.

    EC = 0 N/m2

    = O(105 kg s1 m1)Kc = O(1 bar

    1)tP = O(10

    10 s)

    Die Molekle oder Atome einerFlssigkeit berhren sich kaumgegenseitig. Sie knnen leicht an-einander vorbeigleiten und dabeiihre Positionen ndern. Der statis-tisch mittlere Abstand zu Nachbar-teilchen ist kleiner als bei Gasen.

    EC = O() = O(103 kg s1 m1)Kc = O10

    9 bar1)tP = O(10

    8 s)

    Alle vorhandenen Atome in einemkristallinen Festkrper sind ineinem regelmigen Muster dichtgepackt. Sie knnen aus dieserOrdnung nicht ausbrechen und aufeine andere Position wechseln.

    EC = O(1011 N/m2)

    Kc = O(10

    11 bar1)tP

    Abbildung 1.1: Vergleich der Eigenschaften von Gasen, Flssigkeiten und Festkrpern.EC = Elastizittsmodul in N/m

    2, = Viskositt in kg/(m s), KC = Kompressibilitt in bar1.

    tP = Platzwechselzeiten der Teilchen in Sekunden, O() = Ordnung , mit > 0 und ! 1

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    Thermodynamik fr Dummies

    Wasserdampfs. In einer Dampfturbine wird die Enthalpie des zugefhrten Frischdampfs, dieein Ma fr den Dampfdruck, die Dampfdichte und die Dampftemperatur ist, whrend derDurchstrmung abgebaut auf eine kleinere Enthalpie des Abdampfes am Ausgang derDampfturbine. Der Fachbegriff fr diesen Vorgang heit Dampfentspannung. Die entstan-dene Enthalpiedifferenz wird mit einem hohen Wirkungsgrad in der Turbine in mechanischeWellenarbeit umgewandelt. Die Welle der Dampfturbine treibt die Welle eines elektrischenGenerators an, der schlielich elektrische Energie liefert.

    In Abbildung 1.1 knnen Sie in einer Gegenberstellung vergleichen, wie unterschiedlich dieallgemeinen Eigenschaften der Festkrper, Flssigkeiten und Gase sind. Neben der Zhig-keitseigenschaft, wie schwer ein Stoff zerflieen kann, und der Kompressionseigenschaft, wieleicht ein Stoff durch Druck verdichtet werden kann, sind auch die Platzwechselzeiten zwi-schen Atomen oder Moleklen der Stoffe angegeben. Als Platzwechselzeit bezeich-net man die Zeitspanne, die im Mittel vergeht, bis zwei Nachbarteilchen (Atome, Molekle)ihre Pltze infolge einer thermischen Bewegung getauscht haben. Festkrperteilchenknnen ihre Pltze nicht tauschen. Mit dem Symbol O() ist die Grenordnung einer Vari-ablen gemeint. So ist bei Gasen die Kompressibilitt etwa 1 bar1. Gase lassen sich sehr leichtverdichten, Flssigkeiten O(109 bar1) und Festkrper O(1011 bar1) dagegen nur sehr schwer.

    Die Stellung der Thermodynamikin der IngenieurwissenschaftIn diesem Abschnitt wird gezeigt, dass sich das groe Wissenschaftsgebiet Thermodyna-mik aufbauend auf der technischen Mechanik und der Strmungsmechanik entwickelt hat.Als besondere Errungenschaft der Thermodynamik wird spter im Kapitel 11 der Begriff derEntropie eingefhrt, der in keinem anderen Wissenschaftsgebiet begrndet ist.