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“Warum und wie sollte Folterung strafbar gemacht werden?” Kimmo Nuotio Professor im Strafrecht, Helsinki Universität Bern, 5. Oktober, 2009

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“Warum und wie sollte Folterung strafbar gemacht werden?”

Kimmo Nuotio

Professor im Strafrecht, Helsinki Universität

Bern, 5. Oktober, 2009

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Warum?

Folter als eine Straftat gegen die Menschenwürde? Eine

Beeinträchtigung eines sehr elementären Rechtsguts Folter: die Einmischung des öffentlichen Gewalts

(Staatsmacht) ist wesentlich Es wäre ganz unmöglich, eine normative Theorie von

Rechtsstaat ohne eine effektive und absolute Folterverbot

zu rekonstruieren. Folterung ist ein Zeichen von brutaler,

illegitimer Staasgewalt Mr. Cock(1949):”it would be better for the society to

perish than for it to permit this relic of barbarism to

remain.” Jeremy Waldron, Jurisprudence for the White House Geschichte; Strafprozess. PJA Feurbach, Pihlajamäki.

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Warum?

Folterverbot beinhaltet das Recht des Einzelnen, nicht

gefoltert zu werden. Foltern um Erkenntnisse zu bekommen, Foltern um

Geständnisse zu erlangen als paradigmatischer Beispiel Folterverbot: besonders wichtig während eines

bewaffneten Konflikts oder einen Ausnahmezustand.

especially needed. Nicht derogierbar. Eine absolute

Verbot. Völkerrecht und internationales Recht sind zwei

unterschiedlichen Kontexte. Folter als

Menschenrechtsverletzung oder als eine Verletzung des

humanitären Völkerrechts. Unterschiedliche Definitionen.

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Wie? UNO-Anti-Folterkonvention von 1984

Eigentlich die erste und die wichtigste Definition. Artikel 1 Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der

Ausdruck "Folter" jede Handlung, durch die einer Person

vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen

oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr

oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu

erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von

ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder…

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UNO Konvention 1984

„.. um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu

nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von

Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese

Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des

öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher

Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung

oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem

Einverständnis verursacht werden.“ „Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die

sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen

ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind.“

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UNO-Konvention

Artikel 4 (1) Jeder Vertragsstaat trägt dafür Sorge, dass nach

seinem Strafrecht alle Folterhandlungen als Straftaten

gelten. Das gleiche gilt für versuchte Folterung und für

von irgendeiner Person begangene Handlungen, die eine

Mittäterschaft oder Teilnahme an einer Folterung

darstellen. (2) Jeder Vertragsstaat bedroht diese Straftaten mit

angemessenen Strafen, welche die Schwere der Tat

berücksichtigen.

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Folterung als Straftat?

Was bedeutet diese Verpflichtung zu kriminalisieren

eigentlich? Muss man eine besondere Folterungsstraftat einführen? Die Überwachungsorgane haben dies gefordert, aber

viele Staaten behaupten, dass eine solche Verpflichtung

nicht von Völkerrecht abgeleitet werden kann. Z.B. die nordischen Staaten: Norwegen, Dänemark,

Schweden, Finnland.

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Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten

Artikel 3 – Verbot der Folter Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder

erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen

werden.

Eine sehr breite Judikatur im EGMR. Seit Mitte-Ende 1990 Folterung gesondert behandelt

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EMRK

Im System der EMRK ist Folter die grobe Form

unmenschlicher Behandlung. Die erste Entscheidung, in der ein Vertragsstaat

ausdrücklich des Folterns schuldig befunden wurde, ist

vom Jahr 1996 (Aksoy v. Türkei). Der Fall hatte mit den Handlungen der kurdischen

Organisation PKK im Nordosten der Türkei zu tun. Die

türkische Regierung verteidigte sich, indem sie die

außergewöhnlichen Zustände betonte. Der EMGR

akzeptierte dies nicht, sondern unterstrich die

Grundsätzlichkeit der im Artikel 3 der EMRK

ausgedrückten Werte für eine demokratische

Gesellschaft.

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Das Unterscheidungskriterium

Ein wesentliches Kriterium ist die absichtliche

Verursachung von besonders schlimmen Leiden. Dass

man ausdrücklich von Folter spricht, enthält ein

besonderes Stigma. Die Grenzziehung ist oft von Fall zu

Fall unterschiedlich wegen der Vielfältigkeit der

Situationen und dem speziellen Charakter der Definition

von Folter. Die Tendenz in der Interpretation der

Menschenrechtskonvention ist die Ausweitung, nicht die

Einschränkung, der Definition von Folter. Die Rechtspraxis des EGMR ist umfangreich. Der EGMR

hat u.a. die spezielle jus cogens-Stellung des

Folterverbots im internationalen Recht hervorgehoben.

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Internationales humanitares Recht

Neben dem Menschenrechtsreglement gehört das

Folterverbot zum internationalen humanitären Recht. Foltern kann eine Tatform des Verbrechens gegen die

Menschlichkeit darstellen. In diesem Zusammenhang wird

die Folter in den internationalen Konventionen nicht

definiert. Die Genfer Abkommen aus dem Jahr 1949 legen fest,

dass Foltern als schwerer Verstoß gegen das humanitäre

Recht zu betrachten ist, der strafbar sein muss.

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Rom-Statut

Im Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs

(IStGH) werden das Verbrechen gegen die

Menschlichkeit und das Foltern als dessen Teil dagegen

definiert. In diesem Zusammenhang ist Folter laut Artikel 7 Punkt

(e) des Statuts „intentional infliction of severe pain or

suffering, whether physical or mental, upon a person in

the custody or under the control of the accused; except

that torture shall not include pain or suffering arising only

from, inherent in or incidental to, lawful sanctions”. Keine besondere Absicht erforderlich.

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Kriegsverbrechen

Auch die in Artikel 8 des IStGH enthaltenen Merkmale für

Kriegsverbrechen beinhalten bestimmte schwere

Verstöße aus den Genfer Abkommen von 1949, nämlich

„Folterung oder unmenschliche Behandlung,

einschließlich biologischer Experimente“.

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Rom-Statut

Im Rom-Statut wird die Folterung nicht mit der offiziellen

Stellung des Täters verknüpft. In den Auslegungsnormen

zu den Straftatsdefinitionen des Statuts – Artikel 7, Kapitel

1, Abschnitt f, 2. Kennzeichen – wird Foltern im

Zusammenhang mit einem Verbrechen gegen die

Menschlichkeit jedoch auf Situationen begrenzt, in denen

die betroffene Person Gefangener des Täters war oder

seiner Kontrolle unterstand.

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Ad hoc Tribunale

In der Rechtspraxis der ad hoc Kriegsverbrechertribunale

wurden aus den Menschenrechtsbestimmungen folgende

Lehren auf Verstöße gegen das humanitäre Recht

angewendet und in den Inhaltsbereich des internationalen

Strafrechts eingeführt. Das internationale humanitäre

Recht wird angewendet, wenn es um einen bewaffneten

Konflikt geht. Die Zuständigkeit der

Kriegsverbrechertribunale beschränkt sich auf die

Verhältnisse während eines bewaffneten Konflikts. In

Friedenszeiten werden die für die Staaten verbindlichen

Menschenrechtsbestimmungen angewendet, etwa die

Antifolterkonvention der VN und die Strafgesetzgebung,

die deren Bestimmungen auf nationaler Ebene umsetzt.

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Ad hoc Tribunale

Die Rechtspraxis der Kriegsverbrechertribunale hat

klargestellt, dass das Folterverbot zu den besonders

wichtigen Normen des internationalen Rechts gehört, die

selbst unter Ausnahmebedingungen nicht dehnbar sind

und keine Abweichungen zulassen. Auch Individuen tragen Verantwortung für Verstöße

gegen das Folterverbot, was darin zum Ausdruck kommt,

dass Einzelne nach internationalem Recht für

Folterverbrechen strafrechtlich zur Verantwortung

gezogen werden können.

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Ad hoc Tribunale

In der Rechtspraxis hat sich auch eine gewisse

Entwicklung vollzogen. In der älteren Rechtspraxis ging

man davon aus, dass es sich um Folterung nur handeln

konnte, wenn ein Vertreter der öffentlichen Gewalt an den

Ereignissen beteiligt war. Zur älteren Praxis s. die Fälle

Furundžija (IT-95-17/1), Akayesu (ICTR-96-4-T), und

Semanza (ICTR-97-20-T). Einen Richtungswechsel

wiederum vertrat die Entscheidung Kunarac et al. (IT-96-

23 und IT-96-23/1), Berufungsinstanz, Absätze 149-152,

468-489, 496. In der Kunarac-Entscheidung wurde

hervorgehoben, dass der Staat im

Menschenrechtssystem eine andere Rolle hat als im

Bereich des humanitären Rechts.

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Ad hoc Tribunale

In der Kunarac-Entscheidung wurde festgelegt, dass der

Schmerz und das Leiden, die eine Folterung beinhaltet,

nicht exakt klassifiziert werden können und dass man

keine Grenze definieren kann, weshalb mittels der

Rechtspraxis keine absolute quantitative Grenze für die

Definition des Folterns gezogen werden kann. Schmerz

und Leid bei einer Vergewaltigung erreichen jedoch das

Maß, das für die Charakterisierung als Folterung

notwendig ist. Bestätigt wurde dies auch in der

Entscheidung Naletilic und Martinovic (IT-98-34),

Berufungsinstanz.

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Die nationalen Rechtsordnungen

In den nordischen Ländern vertraten die Gesetzgeber bis

in unsere Tage die Linie, dass eine separate

Kriminalisierung des Folterverbrechens nicht in die

Strafgesetzgebung aufgenommen wird. Dies betrifft neben Finnland Schweden, Dänemark und

Norwegen. Der UNO-Ausschuss gegen Folter hat die

nordischen Länder wiederholt darauf aufmerksam

gemacht, dass eine solche Kriminalisierung vollzogen

werden sollte.

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Die nordischen Ländern

Unter den nordischen Ländern hat nur Norwegen eine

spezielle, das Foltern betreffende Strafvorschrift (§ 117 a

des Strafgesetzes), die im Jahr 2004 den Vorschriften

über Amtsverbrechen des norwegischen Strafgesetzes

hinzugefügt wurde (Ot.prp. nr. 8; 2007-2008), obwohl das

Strafgesetzkomitee (NOU 2002:4) eine separate

Folterstrafvorschrift nicht für notwendig gehalten hatte.

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Norwegen

Die Definition der Folter im Strafgesetz entspricht der

Definition in der Antifolterkonvention, ist jedoch in einigen

Punkten weiter gefasst. Täter bei Folterungen können nur

Beamte sein. Amtsdelikt. Den Beamten gleichgestellt sind diejenigen, die im

Namen des Staates oder der Kommune öffentliche

Gewalt ausüben, sowie unter gewissen Voraussetzungen

diejenigen, die in bestimmten staatlichen oder

kommunalen Funktionen arbeiten.

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Dänemark

In Dänemark kennt man kein spezielles Folterverbrechen.

erfüllen. Dagegen wird Foltern bei der Strafbemessung

innerhalb der für einzelne Verbrechen erlassenen

Strafrahmen berücksichtigt, so dass der Folteraspekt der

Tat als strafverschärfender Umstand berücksichtigt

würde.

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Schweden

In der schwedischen Strafgesetzgebung gibt es kein

spezielles Folterverbrechen. Im schwedischen

Strafgesetz (Brottsbalken) begegnet der Begriff Folterung

nur im Zusammenhang mit den Regelungen über

gesetzwidrige Erzwingung. Nach Brottsbalken 4:4.2 gilt gesetzwidrige Erzwingung

vor allem dann als schwer, wenn das Vorgehen

Drangsalierung zum Geständnis oder andere Folter

einschließt (pinande till bekännelse eller annan tortyr).

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Finnland

Im Moment keine besonderen Strafbestimmungen Ein Gesetzesvorschlags im Parlament Folterung soll als Amtsdelikt nach dem Modell des Anti-

Folter strafbar gemacht werden Jedoch die Bestimmung wird im Kapitel 11 über

internationale Verbrechen plaziert

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Deutschland

In Deutschland findet sich in Artikel 1 (1) des Grundgesetzes eine

Bestimmung über die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Zusätzlich

zu den Grundrechtsbestimmungen wird der Schutz festgenommener

Personen vor Misshandlung in Artikel 104 (1) geregelt. In § 136 a der Strafprozessordnung sind Folterung betreffende

Verbote im Zusammenhang mit Strafprozessen erlassen. Mit dieser

Verordnung wird die Freiheit der Willensbildung von Personen

geschützt, die eines Verbrechens verdächtig sind. Es werden

zahlreiche verbotene Vernehmungsmethoden aufgezählt, wie etwa

Misshandlung, Verabreichung von Medikamenten, Schlafentzug,

Drangsalierung, Lüge und Hypnose. Mittel, die sich auf das

Erinnerungsvermögen oder das Verständnis auswirken, dürfen nicht

eingesetzt werden. Es wird ausdrücklich verordnet, dass selbst die

Zustimmung des Vernommenen nicht zur Übertretung dieser Verbote

berechtigt.

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Deutschland

In § 136 a der Strafprozessordnung sind Folterung

betreffende Verbote im Zusammenhang mit

Strafprozessen erlassen. Mit dieser Verordnung wird die

Freiheit der Willensbildung von Personen geschützt, die

eines Verbrechens verdächtig sind. Es werden zahlreiche verbotene Vernehmungsmethoden

aufgezählt, wie etwa Misshandlung, Verabreichung von

Medikamenten, Schlafentzug, Drangsalierung, Lüge und

Hypnose. Mittel, die sich auf das Erinnerungsvermögen

oder das Verständnis auswirken, dürfen nicht eingesetzt

werden. Es wird ausdrücklich verordnet, dass selbst die

Zustimmung des Vernommenen nicht zur Übertretung

dieser Verbote berechtigt.

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Deutschland

Ein der deutschen Strafprozessordnung zuwiderlaufendes

Verfahren bei einer Vernehmung wird hauptsächlich

aufgrund der Verordnung über Aussageerpressung

(Strafgesetzbuch § 343) geahndet. Es handelt sich um

ein Amtsverbrechen, bei dem die Strafandrohung von

einem bis zehn Jahren Gefängnis reicht. Auf der Ebene

der Bundesländer wird die Behandlung von

Festgenommenen aus der Sicht des Polizeirechts

geregelt. Diese Gesetze enthalten bisweilen Verweise auf

die Bestimmung in § 136 a der Strafprozessordnung.

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Deutschland

Das polizeirechtliche Folterverbot betrifft auch

Maßnahmen zur Gefahrabwehr. In der Fachliteratur

wurde der Gedanke geäußert, die Kriminalisierung der

Folter biete keinen ausreichenden Schutz; daher wurde

eine Ergänzung der Bestimmungen vorgeschlagen.

Daschner-Fall. Entführung eines Kindes, Nothilfe?– Die

Absolutheit der Verbot?

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Holland

In Holland ist Foltern lediglich als Verbrechen gegen die

Menschlichkeit definiert. Im Zusammenhang mit der

Ratifizierung der Konvention über das Statut des

Internationalen Strafgerichtshofs wurde im Jahr 2003 ein

separates Strafgesetz über Kriegsverbrechen und

Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlassen („Het

Internationale Misdrijven“). Die Definition des Folterns folgt weitgehend dem Muster

von Artikel 7 des Statuts.

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Grossbritannien

In Großbritannien wurden die Bestimmungen der

Antifolterkonvention national in Kraft gesetzt, indem man

in das Strafgesetz von 1988 (Criminal Justice Act) im

Paragraphen 134 eine separate Kriminalisierung des

Folterverbrechens einfügte. Angewendet wird die

Verordnung nach Punkt (1) auf Beamte und in offizieller

Position Tätige. Nach Punkt (2) wird die Verantwortung auf

Privatpersonen ausgedehnt, wenn die Tat oder die

Unterlassung in einem bestimmten Zusammenhang mit

der öffentlichen Aufgabe eines Beamten oder in offizieller

Position Tätigen geschieht. Auf Folterung steht lebenslängliche Gefängnisstrafe.

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Schweiz

Wahrscheinlich keine besonderen Vorschriften im StGB Amtsmissbrauch, Körperverletzung, Erzwingung Die normalen Straftatbestände werden angewandt. ??