124
Watchman Nee TE LOS Bücher Freiheit für den Geist

Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

WatchmanNee

TE LOSBücher

Freiheitfürden Geist

Page 2: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Dieses Buch ist eine Veröffentlichungder TELOS-Verlagsgruppe. TELOS-Taschenbücher und TELOS-Paperback-Ausgaben sind „zielbewußt", wegwei-send und biblisch orientiert.TELOS-Bücher können Sie unbedenk-lich weitergeben, sie wurden verant-wortlich ausgewählt.

Page 3: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Watchman Nee

Freiheitfür den Geist

Hänssler-Verlag7303 Neuhausen b. Stuttgart

Page 4: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

© Copyright 1965 by Sure FoundationIndianapolis, Indiana USAOriginaltitel: The release of the spiritAus dem Englischen übersetzt von Karl Frei

I.Auflage Juni 19692. Auflage November 19693. Auflage Oktober 19704. Auflage Januar 1972

© Copyright der deutschen Ausgabeby Evang. Schriften-Verlag Schwengeler, WinterthurUmschlagentwurf von Daniel DolmetschSatz und Druck: Hans Eugster, Heiden

Page 5: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Inhaltsverzeichnis

Seite

Vorwort 7Einleitung 9

1 Die Bedeutung der Zerbrochenheit 132 Vor und nach der Zerbrechung 253 Das «Ding in der Hand» erkennen 384 Wie wir den Menschen erkennen 475 Die Gemeinde und das Werk Gottes 616 Zerbrochenheit und Erziehung 727 Trennung und Offenbarung 828 Welchen Eindruck hinterlassen wir? 959 Demut in der Zerbrochenheit 105

10 Zwei sehr verschiedene Wege 113

Page 6: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf einefundamentale Lektion, die jeder Diener Gottes zu ler-nen hat: dass auch die geringste Fruchtbarkeit dieZerbrechung des äussern Menschen erfordert. Dasallein ermöglicht...

Freiheit fur den Geist

Ober den Autor:

Nee To-sheng, oder besser bekannt unter dem Na-men Watchman Nee, ist in Futschou, in der südchine-sischen Provinz Fukien geboren. 1920 fand er wäh-rend seiner Studienzeit Jesus Christus als seinen Hei-land und Herrn, dem er alsbald sein Leben übergab.Von diesem Tag an wurde er ein hervorragenderZeuge und begabter Dieneram Wort.

In diesem Buch enthüllt er im besondern eines derGeheimnisse des christlichen Dienstes, das uns zwei-fellos erklärt, warum so viele Mitarbeiter in China im-stande waren, einen Dienst zu erfüllen, der die Auf-merksamkeit der ganzen evangelischen Welt der jüng-sten Vergangenheit auf sich zog.

Als leitender Bruder mit einer ungewöhnlichen Schauund als Autor vieler chinesischer Bücher hatte Watch-man Nee zusammen mit vielen andern während derletzten Jahre um seines Glaubens willen viel Not zuleiden.

Page 7: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Vorwort

Beim Lesen dieses Manuskriptes haben wir den Ein-druck bekommen, dass wir hier eine hochwichtigeBotschaft vor uns haben, die alle kennen sollten, dieden Herrn suchen und ein Kanal seines Lebens seinmöchten. Sie sollte daher auch allen zugänglich ge-macht werden. Kaum hat man zu lesen begonnen, soentdeckt man, dass es Watchman Nees Verlangenund Gebet ist, die Gemeinde möge den Herrn völligerkennen und Gottes Volk in zunehmendem Massefruchtbar sein, der Herr möge möglichst wenig anHindernissen (Widerstand) in uns finden und durchunsern belebten und geleiteten Geist völlig freien Laufhaben.

Das ist zweifellos die Stunde, da unsere Seele zumKampffeld wird. Während der Herr durch den beleb-ten Geist zu wirken sucht, trachtet auch der Satan,durch das natürliche, seelische, nicht unter die Kon-trolle des Heiligen Geistes gebrachte Leben seinWerk auszuführen.

In den vielen Jahren, die Bruder Nee mit Mitarbeiternzusammenarbeitete, hat er die absolute Notwendig-keit der Zerbrochenheit erkannt. Es scheint fast, alsob er sich auf dem religiösen Schauplatz hier in Ame-rika befände und das grosse Bedürfnis der Zerbro-chenheit unter den Dienern Christi empfände. Es gibtvielleicht auch welche, die nicht bereit sind, solcheine bittere Dosis geistlicher Medizin einzunehmen;wir glauben aber dennoch, jeder Einsichtige undHungrige sei damit einverstanden, dass das Zerbre-chen der Macht der Seele dringend notwendig ist,wenn der menschliche Geist das Leben des HerrnJesu zum Ausdruck bringen soll.

Geliebte, wir sind überzeugt, dass diese Angelegen-heit des wahren Zerbrochenseins vor dem Herrn die

Page 8: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

grosse Not dieser letzten Zeit ist. Es hat einer sehrrichtig gesagt, dass der Herr zu seiner HerrlichkeitDiener braucht, die möglichst völlig zerbrochen sind.Hat nicht auch Jesaja dies gemeint, da er ausrief:« . . . Und Lahme erbeuten Beute!» Sicher wird auchder Wohlgeruch des Salböls erst dann zur Erfrischungund Belebung des Hauses frei, wenn die schöne Ala-basterflasche den zertrümmernden Schlag erhaltenhat.

So sehen wir nun diese Botschaft mit grosser Freudehinausgehen. Wir hoffen, dass sie alle Teile des Lei-bes Christi erreicht und durch viele Kanäle in denMenschen, die gerade auf dieses notwendige Wortgewartet haben, Seinem Leben zum Durchbruch ver-hilft. Möge es zu Seiner ewigen Herrlichkeit und Ehresosein!

Dean Baker

Schriftstellen: Jon. 12,24Hebr.4,12—13Joh. 4,23—241. Kor. 2,11—142. Kor. 3,6Rom. 1,9; 7, 6; 8,4—8Gal. 5,16,22—23,25

Page 9: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Einleitung

Es mag dem Leser zum besseren Verständnis der fol-genden Abschnitte dienen, wenn wir einige vorberei-tende Erläuterungen geben.

Zuerst müssen wir uns mit den von Bruder Nee ver-wendeten Ausdrücken vertraut machen. Er nennt denGeist des Menschen den inneren Menschen, die Seeleden äusseren Menschen und den Leib den äusser-sten Menschen. Das ist in der folgenden Zeichnungbildlich dargestellt.

der äusserste Mensch

der äussere Mensch

der innere Mensch

Es wird uns auch zum Verständnis helfen, dass ge-mäss Gottes ursprünglichem Plan der Geist des Men-schen das Heim oder die Wohnstätte Gottes seinsollte. Der Heilige Geist sollte sich mit dem mensch-lichen Geist vereinen und die Seele regieren undGeist und Seele sich des Leibes bedienen, um sichzum Ausdruck zu bringen.

Wenn zweitens Watchman Nee vom Zerstören derSeele spricht, so mag uns dieses Wort zu stark schei-nen, als ob es um die Vernichtung der Seele gehe.In Wirklichkeit aberweist der ganze Inhalt seiner Bot-schaft darauf hin, dass die Seele, statt unabhängigzu wirken, ein Organ oder Gefäss des Geistes werdenmuss. Es ist also das unabhängige Handeln der Seele,

Page 10: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

das zerstört werden muss. T. A. Sparks hat weislichdarauf hingewiesen:

«Wir müssen uns hüten, die Seele, die durch unsereeigensüchtigen Interessen verführt, gefangen genom-men, verdunkelt und vergiftet worden ist, als etwaszu betrachten, das vernichtet und zerstört werdenmuss. Das wäre Askese, eine Form des Buddhismus.

Das Resultat jedes Verhaltens dieser Art ist gewöhn-lich nur eine andere Form des Seelischen in übertrie-benem Grade, vielleicht Okkultismus. Unsere ganzemenschliche Natur hat ihren Sitz in der Seele, undwenn die Natur in der einen Richtung unterdrücktwird, so rächt sie sich in einer anderen. Darin liegtgerade bei vielen die Schwierigkeit; wenn sie das nurerkennen würden! Es ist ein Unterschied zwischeneinem Leben in Unterdrückung und einem Leben desDienens. Abhängigkeit, Unterwerfung und Dienstbar-keit war im Falle Christi in seinem Verhältnis zum Va-ter nicht ein Leben, das die Seele zerstört, sonderndas ihr Ruhe und Freude verschafft. Sklaverei imschlechten Sinne ist das Teil derer, die ihrer eigenenSeele leben. Wir müssen unsere Ansichten über dasDienen gründlich revidieren, denn es wird mehr undmehr zur Gewohnheit, dass man im Dienen nurKnechtschaft und Sklaverei sieht, während es doch inder Tat etwas Göttliches ist. Geistliches Leben istnicht ein Leben in Unterdrückung; das wäre negativ.Geistliches Leben ist positiv, ist ein neues, ausserge-wöhnliches Leben, nicht das alte des Kampfes um dieHerrschaft über sich selbst.»

Drittens müssen wir erkennen, dass die Seele, wasihre eigene Kraft und Herrschaft betrifft, durch ChristiTod den Todesstreich bekommen muss, so wie Ja-kobs Hüfte bis zu seinem Lebensende lahm blieb,nachdem Gott ihn darauf geschlagen hatte. Das sollteuns die Tatsache klar vor Augen führen, dass die

10

Page 11: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Quelle ihres Handelns nicht in der Seele selbst liegenkann und darf. T. A. Sparks wiederum schreibt dazu:«Die Seele muss als Werkzeug für die höheren undanders gearteten Wege Gottes gewonnen, beherrschtund geführt werden. Die Schrift spricht häufig von derSeele als von etwas, worüber wir Macht zu gewinnenund auszuüben haben. Zum Beispiel:

«Gewinnet eure Seelen durch euerAusharren.»«Nachdem ihr eure Seelen im Gehorsamgegen die Wahrheit geheiligt habt.»«Indem ihr das Ziel eures Glaubens,die Seligkeit der Seelen, davontragt.»Luk.21,19LPetr. 1,221.Petr.1,9

Endlich müssen wir erkennen, warum Watchman Neein diesen Botschaften darauf besteht, dass die Seele(der äussere Mensch) zerbrochen werden, gemeistertund erneuert werden muss, um dem Geiste dienstbarzu sein. T. A. Sparks hat gesagt:

«Ob wir dies gelten lassen oder nicht, Tatsache ist,dass, wenn wir völlig mit Gott wandeln wollen, alleKräfte und Fähigkeiten der Seele, Wissen und Ver-stand, Empfinden und Tun, zu einem Ende kommenwerden und dass wir in dieser Hinsicht verwirrt, be-stürzt, erstarrt und unfähig stillestehen. Dann kannnur ein neues, anderes, göttliches Verständnis, gött-licher Drang und Kraft uns weiterführen oder sen-den. Dann werden wir zu unserer Seele sagen: «ZuGott allein sei stille, meine Seele.» Ps. 62, 6; und«Meine Seele, komm mit mir, wir wollen dem Herrnfolgen.» Welche Freude und Kraft wird uns aber zu-teil, wenn sich die Seele dem Drängen des Geistesergeben hat, die höhere Weisheit und Herrlichkeitwahrgenommen wird und zu ihrem Recht kommt.

11

Page 12: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Dann wird das Wort wahr: «Meine Seele erhebt denHerrn, und mein Geist hat frohlockt in Gott, meinemHeiland.» Luk. 1, 46—47. Der Geist hat frohlockt,die Seele erhebt — beachten wir die Zeitform.

So ist also die Seele zur Fülle der Freude unent-behrlich, muss aber durch Dunkelheit und Tod umihre eigene Fähigkeit kommen, um die hohem undtiefern Wahrheiten zu erfahren, deren Lehrmeisterund Werkzeug der Geist ist.» (Auszüge aus «Whatis man» von T. A. Sparks).

Am Schiuss der ganzen Schrift angelangt, werden wirdas Geheimnis eines für Christus fruchtbaren Lebensgefunden haben. Geht nicht, wie so viele, in die Falle,dass ihr versucht, eure Seelen zu unterdrücken oderzu verachten; seid aber stark im Geist, damit eureSeelen gewonnen, erlöst und zu Seiner völligstenFreude dienstbar werden. Der Herr Jesus möchte,dass unsere Seelen Ruhe finden, was uns nach Sei-nem Wort durch Sein Joch zuteil wird — dem Symbolder Einheit und des Dienstes. Dann werden wir ge-wahr, dass unsere Seele nicht im Herrschen, son-dern im Dienen ihren grössten Wert findet. Es istwahr: bis sie zerbrochen ist, will die Seele herrschen.Durch das Kreuz jedoch kann sie ein überaus nützli-cher Diener werden.

12

Page 13: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

1 Die Bedeutung der Zerbrochenheit

Jeder, der Gott dient, wird früher oder später entdek-ken, dass das grösste Hindernis in seiner Arbeit nichtdie andern sind, sondern dass er es selber ist. Erwird entdecken, dass sein äusserer Mensch mit deminnern nicht im Einklang ist, da beide in gegenteiligeRichtung streben. Er wird auch inne werden, dass deräussere Mensch unfähig ist, sich der Leitung des Gei-stes zu fügen und sich untüchtig erweist, dem höch-sten Gebot Folge zu leisten. Er wird bald entdecken,dass die grösste Schwierigkeit im äussern Menschenliegt, da dieser ihn hindert, seinen Geist zu gebrau-chen.

Viele Arbeiter im Werk Gottes sind unfähig, auch nurden einfachsten Dienst zu tun. Normalerweise solltensie durch die Schulung ihres Geistes befähigt sein,Gottes Wort zu verstehen, die geistliche Verfassunganderer zu erkennen, als Gesalbte Gottes Botschaftenweiterzugeben und Gottes Offenbarungen zu empfan-gen. Aber infolge der Ablenkungen des äussern Men-schen scheint ihr Geist nicht richtig zu funktionieren.Das kommt im Grunde genommen daher, dass ihräusserer Mensch noch nie auf den ihm allein zukom-menden Platz verwiesen worden ist. Daher sind dennauch Erweckung, Eifer, Bitten und alle Geschäftigkeitnur Zeitverschwendung. Es gibt, wie wir bald sehenwerden, nur ein Verfahren, das den Menschen für Gottbrauchbar macht: Zerbrechung.

Der innere und der äussere Mensch

Beachtet, dass die Bibel den Menschen in zwei Teileteilt: «Denn nach dem inwendigen Menschen habe ichLust an dem Gesetz Gottes.» Rom. 7, 22. Unser inne-rer Mensch hat Lust am Gesetz Gottes. «... Durch sei-nen Geist mit Kraft gestärkt zu werden am inwendigenMenschen.» Eph. 3,16. Sodann sagt uns auch Paulus:

13

Page 14: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

«Daher werden wir nicht mutlos, sondern, ob auchunser äusserer Mensch zerstört wird, so wird dochunser innerer von Tag zu Tag erneuert.» 2. Kor. 4,16.Wenn Gott kommt, um durch Seinen Geist, Sein Le-ben und Seine Kraft in uns zu wohnen, dann kommter in unsern Geist, den wir den innern Menschen nen-nen. Ausserhalb dieses inwendigen Menschen ist dieSeele, in der sich unsere Gedanken, Gefühle und un-ser Wille äussern. Der äusserste Mensch ist unserleiblicher Körper. So wollen wir vom innern Menschenals dem Geist sprechen, vom äussern als der Seeleund vom äussersten als dem Leib. Wir dürfen nie ver-gessen, dass unser innnerer Mensch der geistlicheMensch ist, in dem Gott wohnt und in dem Sein Geistsich mit dem unsern vereint. Genauso wie wir in Klei-der gekleidet sind, so «trägt» unser innerer Menscheinen äussern Menschen: der Geist «trägt» die Seele.Und ebenso «tragen» Geist und Seele den Leib. Es istganz offensichtlich, dass sich die Menschen mehr desäussern und äussersten Menschen bewusst sind undihren Geist überhaupt nicht wahrnehmen noch ver-stehen.

Wir müssen aber erkennen, dass nur der für Gottarbeiten kann, dessen innerer Mensch sich zu äus-sern vermag. Die grundlegende Schwierigkeit einesDieners Gottes liegt darin, dass es dem innerenMenschen misslingt, den äussern Menschen zu durch-brechen. Wir müssen daher vor Gott erkennen, dassdie erste Schwierigkeit in unserer Arbeit nicht in denandern, sondern in uns selbst liegt. Unser Geistscheint in eine Hülle eingewickelt zu sein, so dass ersich nicht so leicht zu äussern vermag. Wenn wir nochnie gelernt haben, wie wir unserm innern Menschenim Durchbrechen des äussern Menschen freie Bahnverschaffen können, dann sind wir zum Dienst unfä-hig. Nichts vermag uns so zu hindern wie dieser äus-sere Mensch. Ob unsere Arbeit fruchtbar ist odernicht, hängt davon ab, ob unser äusserer Mensch

14

Page 15: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

durch den Herrn zerbrochen wurde, so dass der in-nere Mensch durch diese Zerbrochenheit zu gehenund hervorzutreten vermag. Das ist die grundsätzlicheFrage. Darum möchte der Herr unsern äussern Men-schen zerbrechen, damit dem innern Menschen derWeg nach aussen offen ist. Wenn der innere Menschfreie Bahn hat, dann wird dies Ungläubigen und Chri-sten gleichermassen zum Segen gereichen.

Die Natur hat ihre Zerbrechungsweise

Der Herr Jesus sagt uns in Joh. 12: «Wenn das Wei-zenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt esallein; wenn es aber erstirbt, trägt es viel Frucht.» DasLeben ist im Weizenkorn, aber es ist vorerst noch ineiner Schale, und zwar in einer recht harten. Solangediese nicht aufgespalten ist, kann der Weizen nichtwachsen. «Wenn das Weizenkorn nicht in die Erdefällt und erstirbt...» Was ist dieser Tod? Er ist das inder Erde vorsieh gehende Zusammenwirken von Tem-peratur, Feuchtigkeit usw., das zum Aufbrechen derSchale führt. Sobald die Schale offen ist, beginnt derWeizen zu wachsen. Es geht also nicht darum, obLeben im Korn ist, sondern darum, ob die äussereSchale aufgebrochen wird oder nicht.

Die Schrift fährt dann weiter und sagt: «Wer sein Le-ben liebt, verliert es, und wer sein Leben in dieserWelt hasst, wird es ins ewige Leben bewahren.» DerHerr zeigt uns hier, dass unser Leben (unser seeli-sches Leben) die äussere Schale ist, während das in-nere Leben das ewige Leben ist, das er uns gegebenhat. Damit aber dieses innere Leben hervorbrechenkann, gilt es zuerst das äussere Leben zu verlieren.Bleibt das äussere ungebrochen, dann besteht für dasinnere keine Möglichkeit hervorzubrechen.

Was wir hier schreiben bedingt allerdings, dass wirzu jenen gehören, die das Leben des Herrn haben. Bei

15

Page 16: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

diesen finden wir zwei verschiedene Zustände. Dasind die einen, deren Leben eingeschränkt, gefangenund daher ausserstande ist, nach aussen zu dringen;da sind aber auch die andern, in denen der Herr sicheinen Weg gebahnt hat, daher geht Leben von ihnenaus.

Es geht somit weniger darum, wie man das Lebenempfängt, als vielmehr darum, wie wir ihm ermögli-chen hervorzubrechen. Wenn wir sagen, dass derHerr uns zerbrechen muss, dann ist das nicht nur eineRedensart, auch nicht nur eine Lehrmeinung. Es istfür uns lebenswichtig, dass der Herr uns zerbricht. Esist nicht so, dass das Leben des Herrn sich nicht überdie ganze Erde erstrecken würde, sondern vielmehr,dass sein Leben in uns eingeschlossen ist. Es ist auchnicht so, dass der Herr die Gemeinde nicht segnenkönnte, aber sein Leben ist in uns so sehr gefesselt,dass es nicht weiterzufliessen vermag. Wenn der äus-sere Mensch unzerbrochen bleibt, können wir der Ge-meinde nie zum Segen sein und dürfen auch nicht er-warten, dass Gott das durch uns gesprochene Wortsegnen wird!

Die Alabasterflasche muss zerbrochen werden

In der Bibel ist vom reinen Nardenöl die Rede. Gottverwendet das Wörtchen «rein» mit der bestimmtenAbsicht, uns zu zeigen, dass dieses öl wirklich etwasGeistliches ist. Wenn aber die Alabasterflasche nichtzerbrochen wird, kann auch das reine Nardenöl nichtausfliessen. Seltsamerweise halten viele die Alaba-sterflasche immer noch für sehr wertvoll und schätzenihren Wert höher ein als den des Salböls. Viele haltenihren äussern Menschen für wertvoller als den innern.Das schafft viele Probleme in der Gemeinde. Der einehat eine hohe Meinung von seiner Klugheit und glaubtetwas vorzustellen; ein anderer hält es ebenso mit sei-nen Gefühlen und kommt sich nicht minder wichtig

16

Page 17: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

vor; wieder andere sind von sich selber eingenommenund meinen besser zu sein als andere, überzeugt,dass ihre Redegewandtheit, ihre Entschlusskraft undihr Urteilsvermögen hoch erhaben sei, usw. Wie demauch sei, wir sind weder Antiquitätensammler nochVasenbewunderer; wir sind solche, deren einzigesVerlangen der Wohlgeruch des Salböls ist. Ohne dieZerbrechung des Äussern kann jedoch das Innerenicht ausfliessen. So fliesst vom Einzelnen kein Le-ben, und auch die Gemeinde ist ausserstande, Lebenzu vermitteln. Warum sollten wir uns da noch so wert-voll halten, wenn unser Äusseres doch nur den Wohl-geruch zurückhält, statt ihn ausströmen zu lassen?

Der Heilige Geist hat nicht aufgehört zu wirken. EinEreignis folgt dem andern, eins nach dem anderntrifft uns. Jedes züchtigende Wirken des Heiligen Gei-stes hat nur das eine Ziel, den äussern Menschen zuzerbrechen, damit der innere freie Bahn habe. Geradeda liegt aber unsere Schwierigkeit: wir ärgern unsüber Kleinigkeiten und murren über den kleinstenSchaden, den wir erleiden. Der Herr schickt uns aufWege, auf denen wir zum Dienst zubereitet werden,aber kaum hat Seine Hand uns berührt, sind wir un-glücklich und vergehen uns so weit, mit Gott zu ha-dern und eine negative Haltung einzunehmen. Seitunserer Bekehrung hat der Herr uns auf mancherleiWeise berührt und immer nur in der Absicht, unsernäussern Menschen zu zerbrechen. Ob wir uns dessenbewusst sind oder nicht, des Herrn Absicht ist es, die-sen äussern Menschen zu zerschlagen.

So ist also der Schatz im irdenen Gefäss, aber werkann ihn sehen, wenn das Gefäss nicht zerbrochenist? Was will denn des Herrn Wirken in uns erreichen?Es soll das irdene Gefäss zerbrechen, die Alabaster-flasche aufbrechen, die Schale aufsprengen. Der Herrmöchte sich einen Weg bahnen, um durch die Seinendie Welt zu segnen. Zerbrochenheit ist der Weg des

17

Page 18: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Segens, des Wohlgeruchs und der Fruchtbarkeit, aberauch ein Weg, der mit Blut besprengt ist. Ja, auf ihmfinden wir das Blut vieler Wunden. Wenn wir uns demHerrn zum Dienst anbieten, können wir es uns nichtleisten, uns durch Milde zu schonen. Wir müssen eszulassen, dass der Herr unsern äussern Menschenvöllig zerbricht, um sich so einen Weg nach aussenzu bahnen.

Jeder muss selbst herausfinden, was der Herr mit ihmim Sinn hat. Es ist eine äusserst beklagenswerte Tat-sache, dass viele nicht wissen, was der Herr in ihnenerreichen will. Wie sehr haben sie nötig, dass der Herrihnen die Augen öffnet, damit sie sehen, dass alles inihrem Leben eine Bedeutung hat. Der Herr hat nichtsumsonst getan. Seine Absicht verstehen, heisst klarerkennen, dass Er nur ein Ziel hat: den äussern Men-schen zu zerbrechen.

Und doch geraten allzuvieie schon ausser sich, bevorEr nur die Hand erhebt. Oh, wir müssen endlich erken-nen, dass alle Erfahrungen, Schwierigkeiten und Prü-fungen, die der Herr uns schickt, nur zu unserm Be-sten dienen. Wir können vom Herrn nichts Bessereserwarten, denn sie sind Sein Bestes. Sollten wir unsvielleicht dem Herrn nahen und bitten: «Oh, Herr, lassmich das Beste wählen!»? Ich glaube, dass der Herruns antworten würde: «Ich habe dir nur das Bestegegeben; deine täglichen Prüfungen sind dir zumgrössten Gewinn.» So ist der Beweggrund hinter allemHandeln Gottes, dass der äussere Mensch zerbrochenwird. Wenn das einmal geschehen ist und der Geistfreie Bahn hat, dann werden wir langsam tüchtig, un-sern Geist zu gebrauchen.

Die Zeitdauer unserer Zerbrechung

Der Herr braucht zwei verschiedene Arten, um unsernäussern Menschen zu zerbrechen; die eine ist stufen-

18

Page 19: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

weise, die andere plötzlich. Die einen zerbricht derHerr zum grossen Teil plötzlich, um darauf noch einestufenweise Zerbrechung folgen zu lassen. Andernschickt Er fortwährend, Tag für Tag, Prüfungen, umso eines Tages die völlige Zerbrechung zu vollenden.Auf die eine oder andere Weise bringt es der Herr zu-stande, wobei Er, wie uns scheinen möchte, normaler-weise einige Jahre braucht, um das Werk der Zerbre-chung an uns zu vollenden.

Er bestimmt die Zeitdauer. Wir können sie nicht ver-kürzen, wohl aber verlängern. Bei den einen bringt esder Herr in wenigen Jahren zustande, bei andern istes auch nach zehn oder zwanzig Jahren offensichtlichnoch nicht vollendet. Das ist eine sehr ernste Ange-legenheit! Nichts ist betrüblicher, als Gottes Zeit zuverschwenden. Wie oft wird dadurch auch die Ge-meinde gehindert! Wir können verstandesmässig pre-digen; Zuhörer mögen durch unsere gefühlsbetonteArt gerührt sein, und doch, wenn wir unsern Geistnicht zu brauchen wissen, so vermag Gottes Geistdurch uns niemand anzusprechen. Es ist ein grosserVerlust, wenn wir die Zeit der Zerbrechung unnötiger-weise verlängern.

Daher, falls wir uns nie zuvor völlig und bewusst demHerrn geweiht haben, lasst es uns jetzt tun und sa-gen: «Herr, um der Zukunft der Gemeinde und desEvangeliums willen, um Deiner Sache und auch ummeines Lebens willen, lege ich mich bedingunglosund vorbehaltlos in Deine Hände. Herr, ich freue mich,mich Dir zu übergeben und bin willig, Dich völligdurch mich wirken zu lassen.»

Die Bedeutung des Kreuzes

Wir hören oft vom Kreuz. Vielleicht ist uns dieses Wortsogar zu geläufig geworden. Was aber ist der eigent-liche Sinn des Kreuzes? Wenn wir das Kreuz richtigverstanden haben, sehen wir, dass es das Zerbrechen

19

Page 20: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

des äussern Menschen bedeutet. Das Kreuz bringt denäussern Menschen in den Tod; es bricht die mensch-liche Schale auf. Das Kreuz muss alles zunichte ma-chen, was unserm äussern Menschen angehört, un-sere Ansichten und Wege, unsere Klugheit und Eigen-liebe, alles was von uns ist. Der Weg ist klar, sogarkristallklar.Sobald unser äusserer Mensch zerbrochen ist, ver-mag sich unser Geist leicht zu äussern. Nehmen wirzum Beispiel einen Bruder. Alle die ihn kennen, bestä-tigen, dass er einen scharfsinnigen Verstand, einenmachtvollen Willen und ein feines Empfinden hat. Stattnun aber durch diese Charaktereigenschaften beein-druckt zu sein, erkennen sie, dass sie seinem Geistbegegnet sind. Wenn immer Leute mit ihm Gemein-schaft haben, begegnen sie dem Geist, und zwareinem reinen Geist. Warum das? Weil alles, was zuseiner Seele gehört, zerbrochen worden ist.Nehmen wir noch ein anderes Beispiel, eine Schwe-ster. Wer sie kennt, weiss, dass sie ein rasches We-sen hat, schnell im Denken und Sprechen, schnell imBekennen, eine schnelle Briefschreiberin, die ebensoschnell wieder zerreisst, was sie geschrieben hat. Unddoch, wer mit ihr zusammenkommt, begegnet wenigerihrem schnellen Wesen, als ihrem Geist. Sie ist alsMensch völlig zerbrochen und daher offen. Diese Zer-störung des äussern Menschen ist eine grundwichtigeAngelegenheit. Wir sollten uns nicht an unsere schwa-chen seelischen Charaktereigenschaften klammernund, obschon sich der Herr schon fünf oder zehnJahre um uns bemüht hat, immer noch den gleichenGeruch ausströmen. Nein, wir müssen den Herrn inuns eine Bahn brechen lassen.

Zwei Ursachen des Nichtzerbrochenseins

Warum sind manche, auch nach Jahren voller Zer-brechungswege, dennoch dieselben geblieben? Esgibt Menschen mit einem starken Willen; andere ha-

20

Page 21: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

ben ein ausgeprägtes Gefühl. Wenn der Herr mit bei-dem fertig zu werden vermag, warum sind dann dochmanche auch nach Jahren noch dieselben? Wir glau-ben, dass es dafür zwei Hauptgründe gibt.

Erstens erkennen viele, die in Finsternis leben, GottesHand nicht. Während Gott wirkt und sie zu zerbrechensucht, erkennen sie nicht, dass alles von ihm ist. Siehaben kein Licht und sehen nur die ihnen widerste-henden Menschen. Sie halten ihre Umgebung für zuschwierig und geben in allem den Umständen schuld.So verharren sie in Finsternis und Hoffnungslosigkeit.Möge Gott uns eine Offenbarung schenken, dass wirSeine Hand erkennen und niederknien, um Ihm zu sa-gen: «Du bist es ja, darum will ich es annehmen.» Wirmüssen wenigstens einmal erkennen, WER bei unsdie Hand im Spiel hat. Es ist keine menschliche Hand,weder die unserer Familien noch die der Brüder undSchwestern in der Gemeinde, es ist Gottes Hand. Ler-nen wir doch, niederzuknien und die Hand, die an unswirkt, zu küssen und zu lieben, wie dies MadameGuyon tat. Dieses Licht müssen wir haben, damit wires annehmen und glauben können, dass, was immerder Herr getan hat, Er nichts Falsches tut.

Zweitens ist die Eigenliebe ein anderes grosses Hin-dernis für die Zerbrechung des äussern Menschen.Bitten wir daher Gott, dass Er uns unser Herz voll vonEigenliebe wegnehme. Beginnt Er dann als Antwortauf unser Gebet zu wirken, so lasst uns anbeten undsagen: «Oh Herr, wenn das Deine Hand ist, so lass esmich von ganzem Herzen annehmen.» Lasst uns da-ran denken, dass die eine Ursache aller Missverständ-nisse, allen Verdrusses und aller Unzufriedenheit da-rin liegt, dass wir uns insgeheim doch selber lieben.Darum schmieden wir Pläne, um all dem zu entfliehen.Vielfach entstehen uns gerade daraus Probleme, weilwir einen Ausweg suchen — einen Ausweg, um demWirken des Kreuzes zu entrinnen.

21

Page 22: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Der ans Kreuz ging und den mit Galle vermischtenEssig zurückwies — Er ist es, der Gott kennt. Vielegehen nur mit Widerwillen ans Kreuz und gedenkenimmer noch den mit Galle vermischten Essig zu trin-ken, um die Schmerzen zu lindern. All jene aber, diesagen: «Soll ich den Kelch, den mir der Vater gege-ben hat, nicht trinken?» werden den Kelch mit demmit Galle vermischten Essig nicht trinken. Sie könnennur einen Kelch trinken, nicht zwei. Bei diesen istkeinerlei Eigenliebe mehr zu finden. Die Eigenliebeist ein Grundübel. Möge der Herr heute so zu unssprechen, dass wir beten können: «Oh Gott, nun habeich erkannt, dass alles von Dir kommt. All meine We-ge in den letzten fünf, zehn oder zwanzig Jahren sindvon Dir. Du hast alles so gefügt, mit dem einzigen Ziel,dass Dein Leben durch mich ausgelebt werden möge.Ich aber war töricht. Ich erkannte das nicht. Ich unter-nahm vieles, um mich zu retten, und erreichte nur,dass Deine Zeit aufgehalten wurde. Nun sehe ichDeine Hand und bin bereit, mich Dir zu übergeben.So befehle ich mich aufs neue in Deine Hände.»

Mit Wunden rechnen

Es gibt nichts Schöneres als einen zerbrochenenMenschen! In einem von Gott zerbrochenen Menschenmüssen Halsstarrigkeit und Eigenliebe dieser Schön-heit weichen. Wir sehen im alten Testament, wie Ja-kob schon im Mutterleibe seinen Bruder stiess. Er warhinterlistig, durchtrieben und falsch. So war denn seinLeben voller Trübsal und Kummer. Als junger Mannfloh er von zu Hause. Zwanzig Jahre wurde er von La-ban betrogen. Die Frau seines Herzens, Rahel, starbfrühzeitig. Der Sohn seiner Liebe, Josef, wurde ver-kauft. Jahre später wurde Benjamin in Ägypten zu-rückgehalten. So verfuhr Gott ein übers andere Malmit ihm, er erlebte Unglück auf Unglück. Er wurde vonGott heimgesucht, einmal, zweimal, ja sein ganzes Le-ben kann als ein Leben der Heimsuchung bezeichnet

22

Page 23: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

werden. Aber am Ende vieler Prüfungen war Jakobumgestaltet. In seinen letzten Lebensjahren war er völ-lig licht. Wie würdevoll war seine Antwort an Pharao!Wie eindrucksvoll war sein Ende, da er über seinemStab Gott anbetete! Wie klar waren seine Segens-sprüche für seine Nachkommen! Nach dem Lesen derletzten Seiten seiner Geschichte verlangt es uns, dasHaupt zu neigen und Gott anzubeten. Hier ist einer,der die Reife erlangt hat, der Gott kennt. Die jahr-zehntelange Schule führte bei Jakob zur Zerbrochen-heit des äussern Menschen. Darum ist in seinem ho-hen Alter das Bild so schön.

Wir alle haben viel von dieser Jakobsnatur in uns. Un-sere einzige Hoffnung besteht darin, dass der Herrsich einen Durchbruch zu bahnen vermag, dass Erden äussern Menschen in einem solchen Masse zer-bricht, dass der innere Mensch in Erscheinung tretenund offenbar werden kann. Das ist etwas Köstliches,es ist der Weg derer, die Gott dienen. Nur so könnenwir dienen, und nur so können wir andere zum Herrnführen. Alles andere hat nur beschränkten Wert. Lehr-meinungen nützen nicht sehr viel, dasselbe kann vonder Theologie gesagt werden. Was nützt alle verstan-desmässige Bibelerkenntnis, wenn der äussereMensch nicht zerbrochen wird? Nur der Mensch, indem und durch den Gott sich zu äussern vermag, istIhm von Nutzen.

Nachdem unser äusserer Mensch entscheidend ge-troffen und durch verschiedene Prüfungen geführtwurde, haben wir Wunden, daher kann der Geist nunhervortreten. Uns bangt, Brüdern und Schwestern zubegegnen, deren ganzes Wesen intakt geblieben ist,das nie getroffen und umgestaltet wurde. Möge Gottsich unser erbarmen und uns diesen Weg klar erken-nen lassen und offenbaren, dass dies der einzige mög-liche Weg ist. Möge Er uns auch den Blick für dasZiel schenken, das am Ende dieser wenigen, vielleicht

23

Page 24: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

zehn oder zwanzig Jahre Seines Handelns steht. Ach-ten wir daher des Herrn Führungen nicht gering. MögeEr uns in Wahrheit offenbaren, welche Bedeutung dieZerbrechung des äussern Menschen hat. Wenn deräussere Mensch ganz bliebe, dann hätten wir allesnur in unsern Köpfen und wären unbrauchbar. Erwar-ten wir daher vom Herrn, dass Er uns völlig zerbreche.

24

Page 25: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

2 Vor und nach der Zerbrechung

Die Zerbrechung des äussern Menschen ist dasgrundlegende Erlebnis aller, die Gott dienen. Dasmüssen wir hinter uns haben, bevor Gott uns wirksambrauchen kann.

Wenn einer für Gott arbeitet, kann zweierlei gesche-hen. Erstens ist er, wenn der äussere Mensch nichtzerbrochen wurde, träge im Geist und daher zur Ar-beit unfähig. Ist er intelligent, dann bestimmt der Ver-stand seine Arbeit; empfindet er Mitleid, so lässt ersich von seinen Gefühlen leiten. Solche Arbeit magerfolgreich scheinen, bringt aber die Leute Gott nichtnäher. Zweitens kann er das, was der Geist sagen will,in seine eigenen Gedanken und Gefühle kleiden. DasResultat ist dann dementsprechend vermischt und un-rein und bringt den Menschen auch nur vermischteund unreine Erfahrungen. Beide Zustände schwächenunsern Dienst für Gott.

Wenn wir Resultate unserer Arbeit sehen wollen, dannmüssen wir erkennen, dass es grundsätzlich «derGeist ist, der lebendig macht». Diese Tatsache müs-sen wir früher oder später erkennen, wenn nicht amTage unserer Bekehrung, so vielleicht zehn Jahre spä-ter. Viele müssen dahin kommen, da sie weder ausnoch ein wissen, damit sie einsehen, wie wertlos ihreArbeit ist und wie unnütz ihre vielen Gedanken undihre verschiedenen Gefühle sind. Ob man durch seineGedanken und Gefühle auch noch so viele Menschenauf sich zu lenken vermag, der Erfolg wird doch aus-bleiben. So müssen wir schliesslich doch bekennen,dass es «der Geist ist, der lebendig macht». Alleindurch den Geist kommen die Leute zum Leben. Eurebesten Gedanken und Gefühle vermögen da nichts.

Das vermag einzig der Geist. Viele, die dem Herrn die-nen, erkennen diese Tatsache erst nach viel Schmerz

25

Page 26: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

und Misserfolg. Am Ende wird das Wort des Herrnauch ihnen bedeutungsvoll, dass es DER GEIST IST,DER LEBENDIG MACHT. Wo der Geist freien Lauf hat,werden Sünder wiedergeboren und zu Heiligen. Wodurch den Kanal des Geistes Leben verkündigt wird,werden jene, die es annehmen, wiedergeboren. Wennden Gläubigen durch den Geist Leben vermittelt wird,erhält das neue Leben Nahrung. Ohne den Geist gibtes weder Wiedergeburt noch Auferbauung.

Erstaunlich ist nun, dass Gott Seinen Geist nicht klarvon unserm Geist unterscheidet. Wir haben viele Bi-belstellen, bei denen es unmöglich ist zu bestimmen,ob das Wort Geist auf unsern menschlichen Geistoder auf den Geist Gottes hinweist. Bibelübersetzer,von Luther bis zu den heutigen Gelehrten, die an derenglischen Obersetzung arbeiteten, waren nicht in derLage zu sagen, ob das Wort Geist, so wie es im NeuenTestament oft gebraucht wird, sich auf den mensch-lichen Geist oder auf den Geist Gottes bezieht.

Das 8. Kapitel des Römerbriefes dürfte in der ganzenBibel dasjenige sein, in dem das Wort «Geist» am mei-sten vorkommt. Wer will nun dahinter kommen, wieoft sich das Wort «Geist» in diesem Kapitel auf denmenschlichen Geist und wie oft auf den Geist Gottesbezieht? In verschiedenen englischen Obersetzungenwird das Wort «pneuma» (Geist) manchmal gross (inbezug auf Gott) und manchmal klein (in bezug auf denMenschen) geschrieben. Es ist offensichtlich, dassdiese Obersetzungen nicht übereinstimmen und dasshier niemandes Ansicht endgültig sein kann. Es istschlechthin unmöglich zu unterscheiden. Wenn wir mitder Wiedergeburt unsern neuen Geist erhalten, so er-halten wir damit auch den Geist Gottes. Im Augen-blick, da unser menschlicher Geist aus seinem Todes-zustand gehoben wird, erhalten wir den HeiligenGeist. Wir sagen oftmals, dass der Heilige Geist inunserm Geist wohne, finden aber schwerlich heraus,

26

Page 27: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

welches der Heilige Geist und welches unser Geist ist.Beide wurden so miteinander verflochten, dass sie nurschwer zu unterscheiden sind, obschon beide für sichbestehen.

Befreiung des Geistes ist also sowohl Befreiung desmenschlichen Geistes als auch des göttlichen Geistes,der im Menschen ist. Da nun der Heilige Geist so mitdem unsern verbunden ist, können wir sie wohl demNamen nach, nicht aber in Wirklichkeit voneinandertrennen. Da nun die Befreiung des einen die Befreiungbeider bedeutet, so kommt jeder, der mit unserm Geistin Kontakt kommt, zugleich auch mit dem HeiligenGeist in Kontakt. Dankt Gott, denn wenn ihr die Leutemit eurem Geist in Verbindung treten lasst, ermöglichtihr ihnen, auch Gott zu begegnen. So bringt euerGeist den Menschen den Heiligen Geist.

Um wirken zu können, bedarf der Heilige Geist desmenschlichen Geistes als Träger. Der elektrischeStrom fährt nicht wie ein Blitz in die Glühlampe. Ermuss durch den elektrischen Draht zugeführt werden.Wer also Strom brauchen will, bedarf einer Zuleitung.Genauso bedient sich Gottes Geist des menschlichenGeistes als Träger, um andere Menschen zu errei-chen.Jeder, der Gnade empfangen hat, hat auch den inseinem Geist wohnenden Heiligen Geist. Ob ihn derHerr brauchen kann, hängt weniger von seinem Geistab, als von seinem äussern Menschen. Bei vielen liegtdie Schwierigkeit darin, dass ihr äusserer Menschnoch nicht zerbrochen wurde. Man findet bei ihnenweder den blutgezeichneten Pfad noch Wunden oderNarben. Daher liegt Gottes Geist im Geist des Men-schen gefangen und vermag nicht hervorzubrechen.Manchmal ist unser äusserer Mensch aktiv, aber derinnere Mensch bleibt gleichwohl untätig. Der äussereMensch tritt hervor, während der innere Mensch zu-rückbleibt.

27

Page 28: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Ein paar praktische Fragen

Lasst uns das Gesagte an ein paar praktischen Fra-gen nachprüfen. Nehmen wir z. B. das Predigen. Wieoft können wir ernstlich predigen — eine gut vorbe-reitete, einwandfreie Botschaft — und innerlich docheiskalt bleiben. Es verlangt uns, andere aufzurütteln,wir selbst aber bleiben unbewegt. Es fehlt an der Har-monie zwischen dem äussern und dem innern Men-schen. Der äussere Mensch trieft vor Hitze, währendder innere vor Kälte erschauert. Wir erzählen andern,wie gross die Liebe des Herrn sei und bleiben per-sönlich davon unberührt. Wir sprechen von der Tragikdes Kreuzesleidens, um dann, kaum auf dem Heim-weg, wieder zu lachen. Wie können wir das ändern?Unser Verstand arbeitet, unsere Gefühle kommen zumAusdruck, und doch haben wir immer das Empfinden,dass der innere Mensch alle dem nur zuschaut. Deräussere und der innere Mensch sind nicht eins.

Betrachten wir eine andere Situation. Der innereMensch brennt vor Eifer und möchte rufen, kommtaber nicht zum Ausdruck. Nach langem Reden scheinter immer noch im Kreise zu gehn. Je grosser dieinnere Last des Predigers ist, desto kälter wird er nachaussen. Er möchte sprechen, kann sich aber nichtausdrücken. Trifft er einen Sünder, so scheint seininnerer Mensch zu weinen, aber er kann keine Tränevergiessen. Er fühlt einen innern Drang, und doch,wenn er auf die Kanzel steigt und auszurufen versucht,was ihn bewegt, verliert er sich in einem Labyrinthvon Worten. Das ist eine äusserst unangenehme Situa-tion. Das Grundübel ist wiederum das gleiche, es istdie äussere Schale, die ihm immer noch anhaftet. Deräussere Mensch folgt nicht dem Gebot des innern.Innerlich weinend, äusserlich aber unbewegt; inner-lich leidend, äusserlich jedoch unberührt; innerlichvoller Gedanken, äusserlich aber scheint er das Ge-dächtnis verloren zu haben. Der Geist sucht immer

28

Page 29: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

noch nach einer Möglichkeit, die Schale durchstossenzu können.

Für jeden, der lernen möchte, wie man Gott dienenkann, ist daher die Zerbrechung des äussern Men-schen die erste Lektion. Nur der kann von Gott wirk-lich gebraucht werden, der keine unabhängig wirken-den äusseren Gedanken und Gefühle mehr hat. Wennwir diese Lektion noch nicht gelernt haben, ist unsereWirksamkeit sehr beeinträchtigt. Möge Gott uns dahinbringen, wo der äussere Mensch völlig zerbrochenist.

Wo dies der Fall ist, hat die mit äusserer Aktivität ge-paarte innere Passivität ein Ende; es hat ein Endedamit, dass es im Innern schreit, während aussender Mund gleichsam zugenäht ist; es ist nicht mehr so,dass die Fülle innerer Gedanken sich nicht zu äussernvermag. Da ist man nicht mehr arm an Gedanken.Da braucht man nicht mehr zwanzig Sätze, um dasauszudrücken, was ebensogut in zwei Sätzen gesagtwerden kann. Nun kommen unsere Gedanken unsermGeist zu Hilfe, statt ihn zu hindern.

Genauso bilden auch unsere Gefühle eine sehr harteSchale. Viele, die glücklich sein möchten, vermögenkeiner Freude Ausdruck zu geben, oder sie möchtenweinen und vermögen es doch nicht. Wenn der Herrunsern äussern Menschen heimgesucht hat, ob durchZüchtigung oder durch die Erleuchtung des HeiligenGeistes, dann vermögen wir sowohl unserm Leid alsauch unserer Freude Ausdruck zu geben, so wie wires aus unserm Innersten tun möchten.

Die Befreiung des Geistes ermöglicht uns, in zuneh-mendem Masse in Gott zu bleiben. Wir begegnen inder Bibel dem Geist der Offenbarung. Wir können unsohne Mühe unseres Geistes bedienen, um göttlicheOffenbarungen zu empfangen. Ob wir ein Zeugnis ab-

29

Page 30: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

legen oder predigen, so geben wir durch unsern GeistGottes Wort weiter. Überdies kommen wir durch un-sern Geist fast wie von selbst mit dem Geist unsererMitmenschen in Verbindung. Wenn immer jemand inunserer Gegenwart spricht, können wir uns über ihnein Bild machen und erkennen, was für ein Menschvor uns steht, welches seine Einstellung ist, welcherGattung Christen er angehört und worin seine Not be-steht. Unser Geist kommt mit seinem Geist in Kontakt.Und was wunderbar ist, auch andere finden mit un-serm Geist leicht Kontakt. Bei gewissen Leuten kommtman nur mit ihren Gedanken, Gefühlen oder ihremWillen in Berührung. Da hat man auch nach stunden-langem Gespräch noch immer keine Begegnung mitihrem eigentlichen Wesen, obschon wir beide Christensein können. Die äussere Schale ist zu dick, als dassandere dem innern Menschen begegnen könnten. Mitder Zerbrechung des aussern Menschen beginnt derGeist zu fliessen und ist auch für andere immer offen.

Abschweifen und umkehren

Wenn der äussere Mensch einmal zerbrochen ist, sobleibt des Menschen Geist ganz natürlicherweise un-unterbrochen in Gottes Gegenwart. Zwei Jahre, nach-dem ein gewisser Bruder sein Vertrauen auf Gott ge-setzt hatte, las er «Die Praxis der Gegenwart Gottes»von Bruder Lawrence. Nachdem er es gelesen hatte,war er betrübt, dass er nicht, wie Bruder Lawrence,unaufhörlich in Gottes Gegenwart zu bleiben ver-mochte. Er traf sich damals stündlich mit jemandem,um zu beten. Warum das? Nun, die Bibel sagt: «Be-tet ohne Unterlass»; sie aber änderten das in «Betetjede Stunde». So trafen sie sich bei jedem Stunden-schlag zum Gebet. Sie machten äusserste Anstren-gungen, um sich zu Gott zurückzuziehen, denn siefühlten, dass sie aus sich selbst nicht in GottesGegenwart zu bleiben vermochten. Es war, als wären

30

Page 31: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

sie während der Arbeit abgewichen, so dass siesich schnell wieder zu Gott zurückzuziehen hatten.Oder sie hatten sich, während sie studierten, selbst inden Vordergrund geschoben und mussten daherschnell wieder vor Gott zurücktreten. Wenn sie dasnicht taten, wähnten sie sich den ganzen Tag ausser-halb der Gegenwart Gottes. Sie beteten auch oft denhalben Samstag und den ganzen Sonntag hindurch.Aber obschon sie es zwei oder drei Jahre so hielten,kamen sie doch nicht aus der Sackgasse heraus. Zu-rückgezogen, erfreuten sie sich der Gegenwart Got-tes, vermissten sie aber gleichwohl, sobald sie weg-gingen. Mit diesem Problem stehen sie allerdingsnicht allein, sehen sich doch viele Christen vor diegleiche Frage gestellt. Es deutet darauf hin, dass wiruns mit unserm Gedächtnis in Gottes Gegenwart be-wahren wollen. So unstet wie unser Gedächtnis ist da-her auch das Empfinden Seiner Gegenwart. Denkenwir daran, so sind wir Seiner Gegenwart gewiss, wonicht, fehlt uns diese Gewissheit. Das ist reine Torheit,denn Gott ist im Geist gegenwärtig und nicht im Ge-dächtnis.

Um dieses Problem zu lösen, müssen wir zuerst dieFrage der Zerbrechung des äussern Menschen regeln.Da weder unsere Gefühle noch unsere Gedankengöttlicher Natur sind, können sie sich auch nicht mitIhm verbinden. Das vierte Kapitel des Johannesevan-geliums zeigt uns die Natur Gottes. Gott ist Geist. Ein-zig unser Geist ist göttlicher Natur und kann daherewig mit Gott vereint werden. Versuchen wir durchAusrichten unserer Gedanken in die Gegenwart Got-tes zu gelangen, dann scheint sie uns entschwundenzu sein, sobald wir uns nicht mehr konzentrieren. Ge-nau so geht es uns, wenn wir die Gegenwart Gottesmit unsern Gefühlen zu fassen suchen, denn sobaldunser Gefühl abklingt, scheint uns auch Seine Gegen-wart weg zu sein. Wenn wir ab und zu glücklich sind,so schliessen wir daraus, dass wir uns in Gottes Ge-

31

Page 32: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

genwart befinden. Findet dann unser Glück ein Ende,so entflieht uns auch Seine Gegenwart! Wir mögenauch auf Seine Gegenwart schliessen, wenn wirtrauern und weinen, aber wir können doch nicht zeit-lebens Tränen vergiessen. Sobald aber die Tränenvertrocknet sind, scheint uns auch Gottes Gegenwartwieder entschwunden zu sein. Beide, unsere Gedan-ken und unsere Gefühle, sind menschliche Kräfte. Alleeigene Geschäftigkeit muss zu einem Ende kommen.Wenn wir uns Gottes Gegenwart durch Geschäftig-keit bewahren wollen, dann entschwindet sie uns, so-bald wir unsere Tätigkeit einstellen. Gottes Gegenwarterfordert die Gleichheit der Natur. Nur der innereMensch hat Gottes Natur. Einzig durch ihn kann SeineGegenwart offenbar werden. Die Geschäftigkeit desäussern Menschen kann den innern Menschen stören.So wirkt also der äussere Mensch nicht helfend, son-dern behindernd. Ist jedoch der äussere Mensch zer-brochen, dann erfreut sich der innere vor Gott desFriedens.

Gott hat uns unsern Geist gegeben, damit er für Ihnempfänglich sei. Der äussere Mensch aber ist immerauf äussere Dinge eingestellt und beraubt uns so derGegenwart Gottes. Wir können zwar all die äussernDinge nicht zerstören, aber wir können den äussernMenschen abbrechen. Wir können all das, was vonaussen auf uns eindringt, nicht aufhalten; diese Millio-nen und Billionen Dinge der Welt befinden sich völligausserhalb unserer Kontrolle. Wenn immer etwas ge-schieht, so nimmt es der äussere Mensch wahr; soaber können wir uns nicht im Frieden der GegenwartGottes erfreuen. Daraus ist zu schliessen, dass dasLeben in Gottes Gegenwart von der Zerbrechung desäussern Menschen abhängig ist.

Wenn unser äusserer Mensch durch Gottes Gnadezerbrochen wurde, so können wir wie folgt charakteri-siert werden: Gestern waren wir voller Eigenheiten,

32

Page 33: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

heute aber ist es uns unmöglich, uns sonderlich zu be-nehmen. Früher konnten unsere Gefühle leicht erregtwerden, ob es das zarteste, die Liebe, war oder dasroheste, der Zorn. Jetzt aber, und wenn uns auch nochso viele Dinge bestürmen, bleibt der innere Menschunbewegt, bleibt Gott ungetrübt gegenwärtig und derinnere Friede ungestört.

Damit ist klar, dass die Zerbrechung des äussern Men-schen die Grundvoraussetzung ist, dass wir uns derGegenwart Gottes erfreuen können. Bruder Lawrencewar mit Küchenarbeit beschäftigt. Die Leute schrienlaut nach Dingen, die sie benötigten. Trotz ständigemGeklirr von Schüsseln und Geschirr blieb sein innererMensch ruhig. Er spürte Gottes Gegenwart in diesemLärm und Betrieb in der Küche ebensogut wie im stil-len Gebet. Warum wohl? Er hatte gelernt, in Verbin-dung mit seinem Geist zu bleiben und seine Seele zuverleugnen.

Manche glauben, dass ihre Umgebung von Ablenkun-gen wie dem Geklirr von Schüsseln frei sein müsse,wenn Gott gegenwärtig sein solle. Je weiter sie vonandern Menschen weg sind, umso besser glauben siedie Gegenwart Gottes zu verspüren. Welch ein Irrtum!Die Schwierigkeit liegt weder in den Schüsseln nochin ihren Mitmenschen, sondern in ihnen selbst. Gottwird uns nicht von den Schüsseln erlösen, wohl aberdavon, wie wir darauf reagieren! Da spielt dann deräussere Lärm keine Rolle mehr, denn das Inwendigereagiert nicht darauf. Da der Herr den äussern Men-schen zerbrochen hat, ist es einfach, als ob wir all dasnicht hörten. Der Herr sei gepriesen, denn wir könnenein sehr feines Gehör haben und doch, aufgrund des-sen, was die Gnade an uns gewirkt hat, nicht im ge-ringsten von dem beeinflusst werden, was den äus-sern Menschen bestürmen mag. Wir können bei sol-chen Ereignissen ebensogut vor Gott bleiben, wiewenn wir allein beten.

33

Page 34: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Wenn der äussere Mensch einmal zerbrochen ist,dann müssen wir uns nicht immer wieder zu Gott zu-rückziehen, dann sind wir allezeit in Seiner Gegen-wart. Bei denen aber, deren äusserer Mensch noch in-takt ist, trifft dies nicht zu. Hat einer einen Auftragerledigt, muss er sich wieder zurückziehen; denn ernimmt an, dass er sich von Gott entfernt hat. Selbst imWirken für den Herrn weicht er von Gott ab, dem erdient. So dünkt es ihn das Beste zu sein, überhauptnichts mehr zu tun. Die aber Gott kennen, brauchennicht zurückzukehren, da sie sich nicht von Ihm ent-fernt haben. Sie erfreuen sich der Gegenwart Gottesgenauso, ob sie einen Tag im Gebet verbringen oderangestrengt einer alltäglichen Arbeit nachgehen. Esmag die normale Erfahrung sein, dass wir Gottes Ge-genwart spüren, wenn wir uns Ihm nahen; sind wiraber irgendwie beschäftigt, so haben wir trotz allerWachsamkeit das Gefühl, etwas von Ihm abgetriebenworden zu sein. Nehmen wir z. B. an, wir predigendas Evangelium oder suchen andere zu erbauen. Nacheiner Weile drängt es uns, niederzuknien und zu be-ten. Wir haben aber das Gefühl, erst wieder zu Gottzurückkehren zu müssen. Irgendwie hat uns das Ge-spräch etwas von Gott weggeführt, und so müssenwir uns zuerst wieder im Gebet Gott nahen. Wir sindder Gegenwart Gottes verlustig gegangen und müs-sen sie daher zuerst wieder zurückerlangen. Oder wirtun eine Alltagsarbeit, vielleicht den Fussbodenscheuern. Wollen wir nun nach Beendigung der Arbeitbeten, so ist es uns wiederum, als ob wir uns weit ent-fernt hätten und nun zurückkehren müssten. Was istdazu zu sagen? Die Zerbrechung des äussern Men-schen macht solch fortwährendes Zurückkehren über-flüssig. Wir sind uns der Gegenwart Gottes genausobewusst, ob wir ein Gespräch führen oder ob wirkniend im Gebet verharren. Alltagsarbeit vermag unsnicht von Gott wegzuziehen, somit haben wir auchnicht nötig zurückzukehren.

34

Page 35: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Lasst uns nun zur Erläuterung einen extremen Fallbetrachten. Der Zorn ist die heftigste aller mensch-lichen Erregungen. Dennoch verbietet die Bibel dasZürnen nicht; denn es gibt einen bestimmten Zorn,der mit Sünde nichts zu tun hat. So steht geschrieben:«Mögt ihr zürnen, nur sündiget nicht.» Nichts destoweniger ist der Zorn so heftig, dass er an Sündegrenzt. «Liebet, nur sündiget nicht» oder «Seid sanft-mütig, nur sündiget nicht» finden wir nicht im WortGottes; denn Liebe und Sanftmut sind von der Sündeweit entfernt. Zorn und Sünde aber sind nahe beiein-ander.Es ist möglich, dass einer unserer Brüder einenschweren Fehler begangen hat und hart getadelt wer-den muss. Das ist aber gar nicht so leicht. Viel lieberwürden wir unser Gefühl des Mitleids zum Ausdruckbringen als das unseres Zornes, denn dieses kann beider geringsten Unvorsichtigkeit in etwas anderes um-schlagen. Es ist also gar nicht leicht, so zu zürnen,wie es Gottes Willen entspricht. Dennoch, wer die Zer-brechung des äussern Menschen erfahren hat, kannsich auch mit der nötigen Strenge mit einem andernBruder befassen, ohne dass er im Geist beunruhigtoder Gottes Gegenwart unterbrechen würde. Er bleibt,wenn er sich so mit andern befassen muss, genausoin Gott wie im Gebet. Er kann daher, nachdem er sei-nen Bruder zur Rede gestellt hat, alsbald beten, ohnezuerst mühsam zu Gott zurückkehren zu müssen. Wirgeben zu, dass dies recht schwierig ist, wenn aber deräussere Mensch zerbrochen ist, darf auch das sehrwohl wahr werden.

Die Trennung des äussern und des Innern Menschen

Wenn der äussere Mensch zerbrochen ist, bleibenäussere Dinge draussen; der innere Mensch aberlebt ununterbrochen vor Gott. Bei vielen ist das dieSchwierigkeit, dass der äussere Mensch mit dem in-nern verbunden ist; was daher den äussern Menschen

35

Page 36: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

beeinflusst, trifft gleichsam auch den innern. Gottesgnädiges Wirken muss den äussern Menschen vominnern trennen. Dann vermag das, was auf den äus-sern Menschen einwirkt, den innern nicht mehr zuerreichen. Obschon der äussere Mensch ein Gesprächführt, hat der innere Gemeinschaft mit Gott. Den äus-sern mag das Geklirr von Schüsseln belasten, aberder innere bleibt gleichwohl in Gemeinschaft mit Gott.Man kann seine Tätigkeit weiterführen, auch wird deräussere Mensch stets mit der Welt in Berührung kom-men; das berührt aber den innern Menschen nicht,denn er bleibt in Gott.

Betrachten wir das an zwei Beispielen. Ein Bruder ar-beitet an der Strasse. Ist nun sein äusserer Menschvom innern getrennt worden, so wird der letzteredurch die äussern Dinge nicht gestört. Er kann mitdem äussern Menschen bei der Arbeit sein und in sei-nem Innern gleichzeitig Gott anbeten. Oder da ist einVater. Sein äusserer Mensch lacht und spielt mit sei-nem kleinen Kind. Plötzlich steht eine geistliche Notvor ihm. Da er sich gar nicht aus der Gegenwart Got-tes entfernt hat, vermag er dieser Situation mit seineminnern Menschen augenblicklich zu begegnen. Es istdaher wichtig, dass wir erkennen, dass die Trennungdes äussern vom innern Menschen eine äusserst ent-scheidende Wirkung auf unser Werk und Leben hat.Nur so vermögen wir zu arbeiten, ohne abgelenkt zuwerden.Wir können Gläubige als «einfache» oder als «zwie-fache Menschen» bezeichnen. Bei manchen bildender innere und der äussere Mensch noch eine Ein-heit, bei andern sind sie getrennt. Solange der Menscheine «einfache» Person ist, muss er stets sein ganzesWesen einsetzen, sei es zur Arbeit oder zum Gebet.Geht er an die Arbeit, so lässt er Gott zurück. Will erdann später beten, so muss er sich von der Arbeit ab-wenden. Da sein äusserer Mensch noch nicht zerbro-chen wurde, ist sein Leben ein stetes Abschweifen

36

Page 37: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

und Zurückkehren. Der «zwiefache» Mensch hingegenvermag mit seinem äussern Menschen zu arbeiten,während sein innerer Mensch gleichwohl ununterbro-chen vor Gott steht. Wenn immer nötig, kann sein in-nerer Mensch hervorbrechen und sich andern kund-tun. Er freut sich der ungetrübten Gegenwart Gottes.Fragen wir uns daher ernstlich: «Bin ich noch eine«einfache» Person, oder bin ich eine «zwiefache» Per-son geworden?» Ob der äussere Mensch vom innerngetrennt wurde, darin liegt der ganze Unterschied.

Wenn ihr durch Gottes Gnade diese Trennung erlebthabt, dann wisst ihr, dass in euch ein Mensch ist, derruhig bleibt, ob ihr nun arbeitet oder sonstwie äusser-lich rege seid. Obschon der äussere Mensch mit äus-serlichen Dingen beschäftigt ist, vermögen diese nichtin den innern Menschen einzudringen.

Das ist das wunderbare Geheimnis! Wo diese zwei ge-trennt werden, erfährt man die Gegenwart Gottes.Bruder Lawrence schien sehr mit Küchenarbeit be-schäftigt zu sein, dennoch war in ihm ein andererMensch, der vor Gott stand und sich der ungestörtenGemeinschaft mit Gott erfreute. Diese innere Tren-nung bewahrt unsere Reaktionen vor der Verunreini-gung durch Fleisch und Blut.

Lasst uns abschliessend daran denken, dass die Fä-higkeit, unsern Geist gebrauchen zu können, von die-sem zweifachen Wirken Gottes abhängig ist: der Zer-brechung des äussern Menschen und der Trennungvon Geist und Seele, d. h. dem Trennen des innernMenschen vom äussern. Nur wenn Gott diese beidenProzesse vollzogen hat, sind wir fähig, unsern Geistzu gebrauchen. D e r ä u s s e r e M e n s c h w i r din d e r S c h u l e d e s H e i l i g e n G e i s t e sz e r b r o c h e n u n d d u r c h d i e O f f e n b a -r u n g d e s H e i l i g e n G e i s t e s v o m i n n e r nM e n s c h e n g e s c h i e d e n . Hebr.4,12.

37

Page 38: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

3 Das «Ding in der Hand» erkennen

Zuerst eine Erklärung zum Thema. Angenommen, einVater heisst seinen Sohn etwas tun. Der Sohn antwor-tet: «Ich habe gerade etwas in der Hand; sobald ichdamit fertig bin, will ich deinen Auftrag ausführen.»«Das Ding in der Hand» ist das, womit sich der Sohnvor dem Auftrag des Vaters beschäftigt. Wir erkennennun alsbald, dass wir alle derlei «Dinge in unsernHänden» haben, die uns im Wandel mit Gott hinder-lich sind. Es kann irgendetwas sein, das uns in An-spruch nimmt: gute, wichtige und anscheinend nötigeDinge. Solange der äussere Mensch nicht zerbrochenist, haben wir höchst wahrscheinlich unsere Händevoller Dinge. Unser äusserer Mensch hat seine eige-nen religiösen Interessen, Neigungen, Angelegenhei-ten und Verrichtungen. Wenn sich nun Gottes Geistin unserm Geist regt, so ist der äussere Mensch aus-serstande, dem Ruf Gottes zu folgen. So verhält essich mit «dem Ding in der Hand», es blockiert uns denWeg zur geistlichen Brauchbarkeit.

Die begrenzte Kraft des äussern Menschen

Unsere menschliche Kraft hat ihre Grenzen. Wennein Bruder höchstens 50 Pfund zu tragen vermag, soist es ihm einfach unmöglich, sich zehn weiterePfund aufladen zu lassen. Seine Kraft ist begrenzt, da-her vermag er nicht unbeschränkt zu arbeiten. Diefünfzig Pfund, die er bereits trägt, sind das «Ding inseiner Hand». So wie die Muskelkraft des äusserstenMenschen begrenzt ist, so verhält es sich auch mitdem äussern Menschen.

Weil viele diese Grundregel nicht erfasst haben, ver-brauchen sie unbedacht die ganze Kraft ihres äussernMenschen. Wenn z. B. einer all seine Liebe an die El-tern verschwendet, so bleibt ihm keine Kraft mehr,auch seine Brüder zu lieben, geschweige denn noch

38

Page 39: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

andere. Wer seine Seelenkraft so aufbraucht, hat fürandere nichts mehr übrig.

Genau so ist es auch mit unserer Geisteskraft. Werseine ganze Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Sa-che richtet und seine ganze Zeit daran verwendet,darüber nachzudenken, dem bleibt keine Kraft mehr,auch noch andern Dingen nachdenken zu können.Gott hat uns unser Problem in Seinem Wort verständ-lich gemacht: «Das Gesetz des Geistes, der da leben-dig macht in Christo Jesu, hat mich frei gemacht vondem Gesetz der Sünde und des Todes.» Rom. 8, 2.Warum aber ist dieses Gesetz des Geistes, der da le-bendig macht, dennoch in gewissen Menschen un-wirksam? Wir lesen wiederum: «Auf dass die Gerech-tigkeit, vom Gesetz erfordert, in uns erfüllt würde, diewir nun nicht nach dem Fleische wandeln, sondernnach dem Geist.» Rom. 8, 4. Mit andern Worten wirktdas Gesetz des Geistes, der da lebendig macht, nurin denen, die geistlich sind, d. h. in denen, die aufdie Dinge des Geistes achten. Wer aber sind diese?Es sind jene, die sich nicht viel aus den Dingen desFleisches machen. Man kann statt «achten auf etwas»auch sagen «eifrig damit beschäftigt oder darauf be-dacht sein.» Ein Beispiel: Eine Mutter geht aus undüberlässt ihr Kleinkind einer Freundin. Ein Kind be-treuen heisst, sich aufmerksam mit ihm beschäftigen.Wenn man euch die Obhut eines Kleinkindes anver-traut, dann dürft ihr euch nicht durch andere Dingeablenken lassen. Genauso kann nur auf geistlicheDinge aufmerken, wer nicht mit weltlichen Dingen be-schäftigt ist. Wer eifrig auf geistliche Dinge bedachtist, kommt unter die Macht des Gesetzes des HeiligenGeistes. Unsere Geisteskraft ist begrenzt. Verbrau-chen wir sie an fleischliche Dinge, so erweisen wiruns als unzulänglich für die Dinge des Geistes.

Wir erkennen nun, dass die seelische Kraft des äus-sern Menschen genauso begrenzt ist wie unsere Kör-

39

Page 40: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

perkraft. Solange wir «Dinge in unsern Händen» ha-ben, haben wir sie nicht frei für das Werk Gottes. Jenach der Anzahl Dinge, die wir in Händen haben,nimmt unsere Kraft zum Dienst für Gott ab oder zu. Sowird das Ding in der Hand tatsächlich zu einem nichtgeringen Hindernis.

Ferner: es mag einer viele gefühlsmässige Dinge inHänden haben, abwechselnde und widerstreitende Zu-neigungen und Abneigungen, Anlagen oder Erwar-tungen. All dies zieht ihn wie eine magnetische Kraftan. Mit so vielerlei in Händen kann er Gott seineLiebe nicht erzeigen, wenn Er danach verlangt; dennall seine Gefühle sind bereits aufgebraucht. Wenn ereine Zweitagesration an Gefühlskraft verbraucht hat,geht es lange, bis er wieder angemessen zu fühlenund zu sprechen vermag. Wenn also die Gefühle anminderwertige Dinge verschwendet werden, so stehensie für Gott nicht mehr ungeschmälert zur Verfügung.

Ein anderer mag einen eisernen Willen zum Ausdruckbringen, eine starke Persönlichkeit also, deren Wil-lenskraft unbegrenzt scheinen mag. Wo es aber umGottes Sache geht, scheint er zu Entscheidungen un-fähig zu sein; wie oft ist doch der stärkste Wille un-schlüssig, wenn er vor Gott eine Entscheidung treffensollte. Warum wohl? Bevor wir antworten, wollen wirnoch jemand betrachten, der voller Ideen ist. Obschones ihm nie an neuen Ideen zu fehlen scheint, so ge-bricht es ihm völlig an Licht, wenn es darum geht, Got-tes Willen in geistlichen Dingen zu erkennen. Warumdas?

Während der äussere Mensch so sehr durch die Dingein der Hand beschwert und ausgepumpt ist, bleibt fürirgendwelchen geistlichen Gebrauch kaum mehr Kraftübrig. Wie sehr bedürfen wir doch der Erkenntnis,dass die Kraft des äussern Menschen begrenzt ist.Selbst wenn er zerbrochen ist, bedarf es doch der

40

Page 41: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Weisheit im Gebrauch seiner Kraft. Wie nötig ist esdaher, dass wir «leere Hände» haben!

Wie der Geist einen zerbrochenen äusserenMenschen gebraucht

Im Umgang mit Menschen wird Gottes Geist den Geistdes Menschen nie umgehen. Ebensowenig kann un-ser Geist den äussern Menschen umgehen. Mit die-sem wichtigen Grundsatz müssen wir uns unbedingtvertraut machen. Wie der Heilige Geist den mensch-lichen Geist nicht übergeht, wird auch unser Geistden äussern Menschen nicht missachten, um direkt zuwirken. Um andere zu erreichen, muss sich unserGeist des äussern Menschen bedienen. Wenn nunaber dessen Kraft durch die vielen «Dinge in derHand» verbraucht ist, kann Gott durch uns nicht wir-ken. Da ist der Weg weder dem menschlichen nochdem Heiligen Geist offen. Der innere Mensch vermagsich nicht zu äussern, da er durch den äussern Men-schen aufgehalten wird. Darum haben wir auch schonwiederholt darauf hingewiesen, dass der äussereMensch zerbrochen werden muss.

Das «Ding in unserer Hand» ist schon da, ehe Gott zuwirken beginnt. Es stammt nicht von Gott und brauchtweder Sein Gebot, noch Gottes Kraft und Entschei-dung, um ausgeführt zu werden. Es steht nicht unterGottes Hand, es tritt vielmehr unabhängig in Aktion.Bevor euer äusserer Mensch zerbrochen ist, seid ihrvon euren eigenen Dingen in Beschlag genommen,geht eure eigenen Wege und liebt die Leute, die euchpassen. Will aber Gott eure Liebe dazu brauchen, dieBrüder zu lieben, so muss er vorerst euren äussernMenschen zerbrechen. Dadurch wird eure Liebe um-so grosser. Der innere Mensch muss lieben, kann dasaber nur durch den äussern Menschen tun. Wenn die-ser aber schon mit andern Dingen beschäftigt ist, so

41

Page 42: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

fehlt dem inneren Menschen der Kanal seiner Liebenach aussen.Ebenso geht es dem inneren Menschen, wenn er denWillen gebrauchen will, denn er findet ihn bereits un-abhängig in Aktion, mit irgend einer Sache beschäf-tigt. Um unsern Willen zu brechen, muss uns Gott miteinem schweren Schlag treffen, so dass wir uns inden Staub niederwerfen und bekennen: «Herr, ichwage weder zu denken noch zu fragen noch selbstetwas zu entscheiden. Ich brauche Dich auch in denkleinsten Dingen.» Was uns auch treffen mag, so giltes zu lernen, dass unser Wille nicht selbständig zuhandeln hat. Nur dann ist unser Wille bereit, vom in-nern Menschen gebraucht zu werden.

Ohne die Zusammenarbeit des äussern Menschen istder innere sehr beeinträchtigt. Angenommen, ein Bru-der geht zu einem Predigtdienst. In seinem Geist hater eine Last ( = Botschaft des Herrn). Gleichwohl fin-det er nicht die richtigen Gedanken, um dieser LastAusdruck zu verleihen, so wird sie dann bald abklin-gen. Obschon sein ganzer Geist von dieser Lastdurchdrungen ist, ist doch alles nutzlos, wenn seinVerstand dies nicht mitzuteilen vermag. Durch dieLast in unserm Geist wird keine Seele errettet, es seidenn, sie komme durch unsern Verstand zum Aus-druck. Die innere Last bedarf der Mitwirkung desMundes. Ohne dass es zum Ausdruck gebracht wird,ist es unmöglich, andere mit Gottes Wort bekannt zumachen. Die menschlichen Worte sind nicht GottesWort, und doch muss dieses durch jenes vermitteltwerden. Hat der Mensch Gottes Worte, dann kannGott sprechen; hat er sie nicht, dann kann auch Gottnicht sprechen. Die gegenwärtige Schwierigkeit be-steht darin, dass der innere Mensch Gott zugänglichist und Gottes Last zu empfangen vermag, währendder äussere Mensch von Morgen bis Abend so sehrder Getriebene unzähliger, verwirrender Gedankenist, dass unser Geist nicht durchzudringen vermag.

42

Page 43: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

So bleibt Gott nichts anderes übrig, als unsern äus-sern Menschen zu überwältigen. Er bricht unsern Wil-len dadurch, dass er uns das, was unser Wille «in derHand» hat, wegnimmt, so dass er nicht mehr unabhän-gig wirken kann. Nicht dass wir keinen Verstand ha-ben sollen, aber dass wir nicht fleischlich denken undunsern unsteten Vorstellungen folgen. Nicht dass wirkein Gefühl haben sollen, aber dass all unsere Ge-fühle unter der Kontrolle und Beherrschung des in-nern Menschen stehen. So werden Wille, Verstandund Gefühle dem innern Menschen brauchbar. Es istGottes Wille, dass unser Geist den äussern Menschenbrauchen kann, sei es zum Lieben, zum Denken oderzum Treffen von Entscheidungen. Während Gott un-sern äussern Menschen keineswegs zu vernichten ge-denkt, müssen wir doch ja sagen, wenn Er ihn zer-bricht, sofern wir Gott wirklich zu dienen trachten.

Bis wir das hinter uns haben, sind der äussere undder innere Mensch uneins, und jeder wirkt unabhän-gig vom andern. Sind wir aber zerbrochen, dann istder äussere Mensch unter die Kontrolle des innerngekommen und unsere Persönlichkeit zu einer Einheitgeworden und damit auch der zerschlagene äussereMensch zu einem Kanal für den innern Menschen.

Wir müssen aber auch wissen, dass eine geeinte Per-sönlichkeit oftmals charakteristisch ist für einen uner-lösten Menschen, aber in diesem Fall steht der innereMensch unter der Kontrolle des äussern. Wohl ist dannder menschliche Geist auch da, aber er wird so vomäussern Menschen unterdrückt, dass er bestenfallsmanchmal einen Protest des Gewissens zu erhebenvermag. Der innere Mensch ist völlig vom äussernMenschen beherrscht.

Es ist indessen Gottes Absicht, dass ein Mensch,nachdem er die Erlösung angenommen hat, eine völ-lige Veränderung dieses Zustandes erfahren soll. So

43

Page 44: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

sehr auch sein äusserer Mensch zuvor den innernbestimmte, so soll nunmehr sein innerer Mensch dieabsolute Herrschaft über den äussern Menschen ha-ben.

Das Radfahren kann uns als Illustration dienen. In derEbene treten wir die Pedale, und dadurch rollen dieRäder auf der Strasse. Geht es aber bergab, so dre-hen sich die Räder, ohne dass wir zu treten brauchen;es ist, als ob uns die Strasse vorwärtstreibe. Gleicher-weise, wenn unser innerer Mensch stark und der äus-sere zerbrochen ist, dann «treten» wir, damit die «Rä-der» rollen. Wir bestimmen, ob wir weiterfahren oderanhalten wollen, auch wie schnell wir fahren wollen.Ist jedoch unser äusserer Mensch hart und ungebro-chen, dann ist es, wie wenn man einen Abhang hinun-ter fährt und die Kontrolle über das Fahrrad verlorenhat. Möge der Herr in Seiner Gnade uns durch die Zer-brechung des äussern Menschen so ausgeglichenmachen, dass hinfort nicht mehr dieser unser Bera-ter ist und Entscheidungen trifft, sondern dass wirsolche sind, die ihren Geist richtig zu gebrauchenwissen.

Ein zerbrochener Mensch, nicht Theorie

Keiner ist nur deshalb schon zum Werk gerüstet, weiler sich gewisse theoretische Kenntnisse erworben hat.Die grundlegende Frage bleibt stets die gleiche, näm-lich, zu welcher Gattung Menschen er gehört. Kanneiner, dessen innerer Zustand zwar falsch ist, der aberdoch richtig lehrt, die Bedürfnisse der Gemeinde be-friedigen? Die grundlegende Lektion, die wir zu lernenhaben, ist, dass wir uns zu einem Gefäss umgestaltenlassen, das dem Meister dienlich ist. Das aber ge-schieht nur durch die Zerbrechung des äussern Men-schen.

44

Page 45: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Gott wirkt unaufhörlich an uns. Jahre des Leidens, derPrüfungen und der Hindernisse — so wirkt GottesHand, die an uns das Werk der Zerbrechung täglichweiterführt. Seht ihr nicht, was Gott durch diese end-losen Schwierigkeiten schaffen will? Wenn nicht, dannsolltet ihr Ihn bitten: «Oh Gott, öffne mir die Augen,dass sie Deine Hand sehen.» Wie oft sind doch dieAugen eines Esels schärfer als die eines «Möchte-gerne-Propheten»!

Obschon der Esel den Engel des Herrn bereits gese-hen hatte, sah ihn sein Herr noch nicht. Der Esel er-kannte die wehrende Hand Gottes, aber Bileam, dersich als Prophet ausgab, gewahrte sie nicht. Wir soll-ten endlich erkennen, dass es die Zerbrechung ist,durch die sich Gott in uns einen Weg bahnt. Wie be-trüblich ist es doch, dass sich einige immer noch vor-stellen, sie seien mit grösserem Wissen und Aufspei-chern von Predigtunterlagen sowie Aneignung vonmehr Bibelauslegungen Gott nützlicher. Das ist grund-falsch. Gottes Hand wirkt an euch, um euch zu zer-brechen — nicht nach euren, sondern nach SeinenGedanken, nicht nach eurem Willen, sondern nachSeinem; nicht wie ihr entscheidet, sondern wie Er be-schliesst. In unserm Unverstand beschuldigen wir an-dere, wenn Gott uns widersteht. Wir reagieren wiejener Prophet, der, blind für Gottes Hand, den Eselbeschuldigt, wenn er nicht mehr vorwärts will.

Alles, was uns begegnet, ist von Gott. Für einen Chri-sten gibt es keinen Zufall. Bitten wir daher Gott, dassEr uns die Augen öffne, dass wir in allen Angelegen-heiten und auf allen Gebieten sehen, dass Er es ist,der uns treffen will. Eines Tages dann, wenn wir durchdie über uns waltende Gnade Gottes Fügungen in un-serer Umgebung anzunehmen vermögen, ist unserGeist befreit und bereit zu wirken.

45

Page 46: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Ein Gesetz, das kein Gebet zu ändern vermag

In uns wirkt ein unwandelbares Gesetz Gottes. Es istSeine bestimmte Absicht, uns zu zerbrechen und un-sern Geist zu freiem Wirken zu befreien. Wir müsseneinsehen, dass kein Beten, Flehen oder Versprechenunsrerseits diese Absicht zu durchkreuzen vermag.Es ist Sein Gesetz, in uns Zerbrochenheit und Be-freiung herbeizuführen; daran kann auch all unserBeten nichts ändern. Wenn du freiwillig deine Handins Feuer streckst, wird dich dann dein Gebet, abge-sehen von einem Wunder, für Schmerzen unempfind-lich machen? Wenn du nicht versengt werden willst,dann tust du besser, wenn du deine Hand nicht insFeuer streckst in der Annahme, dass dich das Gebetschon bewahren werde. Gott handelt mit uns nichtanders als nach seinem Gesetz. Um sich äussern zukönnen, muss der innere Mensch durch den äussernhindurch gehen. Das aber ist ihm einfach unmöglich,solange der äussere Mensch nicht zerbrochen ist.Wer dieses Gesetz missachtet, bittet umsonst um Se-gen. Gebet vermag Gottes Gesetz nie zu ändern.Das muss uns ein für allemal klar werden. Die Mög-lichkeit geistlichen Wirkens besteht darin, dass sichGott durch uns zu äussern vermag. Das ist die einzigeMöglichkeit, die Gott geschaffen hat. In einem Unzer-brochenen bleibt das Evangelium blockiert und ver-mag nicht von ihm auszufliessen. Wir wollen uns da-her tief vor Gott beugen. Gottes Gesetz zu befolgenist weit besser als viele Gebete. Es ist viel besser, wirhören auf zu beten und bekennen: «Herr, ich werfemich Dir zu Füssen.» Ja, wie oft erstehen doch durchunsere Gebete um Segen in Wirklichkeit nur neueSchranken. Wir sehnen uns nach Segen und findenhöchstens Gottes Mitleid. Wenn wir einzig Erleuch-tung suchten und uns Gottes Hand auslieferten undSeinem Gesetz Folge leisteten, so fänden wir alsFrucht davon bald den Segen, nach dem uns so sehrverlangt.

46

Page 47: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

4 Wie wir den Menschen erkennen

Den Menschen erkennen ist in unserer Arbeit imReiche Gottes von höchster Wichtigkeit. Wenn jemandzu uns kommt, so gilt es, seinem geistlichen Zustandauf den Grund zu kommen, ebenso seinem Charakterund dem Stand seines geistlichen Fortschrittes. Wirmüssen herausfinden, ob das, was er sagt, wirklichaus dem Herzen kommt, und wieviel er uns zu sagenunterlassen hat. Ferner sollten wir seinen Charaktererkennen, ob er hartherzig oder demütig ist und obseine Demut echt oder falsch ist. Unsere Wirksamkeitim Dienst ist eng mit unserm Urteilsvermögen für diegeistliche Stellung des Menschen verbunden. WennGottes Geist uns befähigt, durch unsern Geist denZustand der vor uns stehenden Person zu erkennen,so vermögen wir auch das passende Wort weiterzu-geben.

In den Evangelien entdecken wir, dass unser Herr,wenn immer Menschen zu ihm kamen, das rechte Wortfür sie hatte. Das ist etwas Wunderbares. Zur Samari-terin sprach der Herr nicht über die Wiedergeburt,noch sprach er zu Nikodemus vom lebendigen Was-ser. Die Wahrheit von der Wiedergeburt war für Niko-demus, während die Wahrheit vom lebendigen Was-ser für die Samariterin war. Und wie treffend dieseWahrheiten waren! Wer Ihm noch nicht nachfolgte,wurde dazu eingeladen; wer Ihm aber nachzufolgenwünschte, wurde ermutigt, das Kreuz auf sich zu neh-men. Den, der Ihm freiwillig folgen wollte, forderte erauf, die Kosten zu überschlagen; dem, der zögerte,sagte er: «Lass die Toten ihre Toten begraben.» DieWorte unseres Herrn trafen ins Schwarze, denn ERKANNTE ALLE MENSCHEN. Er wusste, ob sie alsernste Sucher zu Ihm kamen oder nur, um Ihn anzu-speien, und was Er ihnen dann sagte, traf den Nagelauf den Kopf. Möge Gott uns gnädig sein, dass auchwir von Ihm lernen, wie wir die Menschen erkennen

47

Page 48: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

können und auch unser Umgang mit den Leuten eineWirkung hinterlässt.

Ohne dass ihm solche Erkenntnis geschenkt ist, ver-mag ein Bruder andern Seelen nur seiner eigenenVernunft gemäss zu dienen. Hat er an einem bestimm-ten Tag ein besonderes Gefühl, so wird er allen die-sem Gefühl entsprechend antworten, ganz unbeküm-mert, wer ihn aufsuchen mag. Hat er ein Vorzugsthema,so spricht er zu allen, die zu ihm kommen, nur darü-ber. Wie aber kann solche Arbeit Früchte zeitigen?Kein Arzt wird all seinen Patienten die gleiche Medi-zin verschreiben. Aber manche, die Gott dienen wol-len, haben nur ein Rezept. Obschon sie nicht festzu-stellen vermögen, was den Leuten fehlt, versuchen siedennoch, diese seelsorgerlich zu betreuen. Trotz ihrerUnwissenheit in bezug auf die Verworrenheit des Men-schen und ihrem Mangel an Einsicht für deren geist-lichen Zustand scheinen sie nur allzubereit zu sein,jedem Leiden begegnen zu wollen. Wie töricht ist esaber, mit nur einem Rezept all den vielerlei geistli-chen Leiden begegnen zu wollenI

Habt ihr etwa gedacht, dass der Dumme ausserstandesei, den Menschen zu erkennen, während der Intelli-gente das sehr wohl vermag? Nein, zu dieser Arbeitist der Kluge ebenso unfähig wie der Dumme. Der un-abhängige Verstand und das Gefühl taugen nicht, umdie Menschen zu erkennen. Wie scharf auch euer Ver-stand sein mag, ihr könnt doch nicht in die Tiefe desMenschen eindringen, um seinen geistlichen Zustandaufzudecken.

Wenn er einem Menschen begegnet, muss jeder Ar-beiter im Reiche Gottes zuerst herausfinden, was vorGott die wirkliche Not dieses Menschen ist. Ihr könnteuch oftmals nicht darauf stützen, was jemand sagt.Obschon er vielleicht mit Recht darauf besteht, dasser «Kopfweh» habe, so kann dies doch nur ein Sym-

48

Page 49: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

ptom eines tiefer liegenden Zustandes sein, dessenWurzeln anderswo zu suchen sind. Dass es ihm warmmacht, heisst noch nicht unbedingt, dass er «hohesFieber» hat. Er wird euch sehr wahrscheinlich vieleDinge sagen, die in keiner Weise mit seiner Lage inBeziehung stehen. Ein kranker Mensch erkennt dieeigentliche Störung selten selber; er ist daher daraufangewiesen, dass ihr das eigentliche Übel erkenntund ihm das entsprechende Heilmittel nennt. Ihr er-wartet vielleicht, dass er euch sage, was ihm fehlt,aber er kann sich sehr wohl selber irren. Nur ein ge-übter Diagnostiker, der geistliche Leiden zu erkenneneine Begabung hat, vermag die wirkliche Not des«Patienten» zu erkennen. Ihr müsst in jedem Fall vonder Richtigkeit eurer Diagnose überzeugt sein. Wervoreingenommen ist, wird die Leute sicherlich betrü-ben; denn er dichtet ihnen seiner Vorstellung gemässeine Krankheit an und besteht hartnäckig darauf, dasses dies oder jenes sei, was ihnen fehle.

Wir werden manchmal auch entdecken, dass eine be-sondere Not unsere Fähigkeiten übersteigt. Ihr dürftnicht so töricht sein und annehmen, dass ihr jederSituation gewachsen seid und in jedem Fall helfenkönnt. Wo ihr helfen könnt, sollt ihr euch ausgebenund die letzte Kraft aufwenden. Wo ihr nicht helfenkönnt, solltet ihr zum Herrn sagen: «Das geht übermein Vermögen, ich komme nicht dahinter, was ihmfehlt. Das ist etwas, das zu lernen ich noch keine Ge-legenheit hatte. Oh Herr, erbarme Dich meiner.» Lasstuns nie denken, wir seien jeder geistlichen Arbeit ge-wachsen, oder gar, wir könnten diese Fähigkeit füruns allein in Anspruch nehmen. Hier haben wir Gele-genheit, die gegenseitige Ergänzung der verschiede-nen Glieder des Leibes kennen zu lernen. Wo ihr da-für haltet, dass dieser Bruder oder jene Schwesterdieser Not zu begegnen vermöchte, dann sucht sieauf und sagt: «Das geht über meine Fähigkeiten, viel-leicht ist das ein Dienst für dich.» Wo wir so als Leib

49

Page 50: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

zusammenarbeiten, lernen wir in gegenseitiger Ab-hängigkeit und nicht unabhängig voneinander zu wir-ken.

Wir müssen nochmals betonen, dass jeder Arbeitervor dem Herrn zu lernen hat, wie man den MenschenERKENNEN kann. Wie vieler Leben wurde doch durchübereifrige Brüder verdorben, weil sie dies nichtgelernt hatten und daher mit ihrer persönlichen An-sicht vergeblich einer bestehenden Not zu begegnensuchten! Belasten wir doch niemand, indem wir ihmLeiden andichten, die nur unserer Einbildung entsprin-gen. Unsere erste Aufgabe besteht darin, dass wirihren wahren geistlichen Zustand erkennen. Wie kön-nen wir ohne dieses geistliche Verständnis je hoffen,den übrigen Gotteskindern helfen zu können?

Wir sind Werkzeuge des Herrn

Um eine Krankheit festzustellen, stehen dem Arzt vie-lerlei medizinische Instrumente zur Verfügung. Das ha-ben wir nicht. Wir haben weder Thermometer nochRöntgenapparat noch andere Instrumente, um dengeistlichen Zustand der Menschen herauszufinden.Wie können wir aber dennoch feststellen, ob und waseinem Bruder geistlich fehlt oder welcher Art seineSchwierigkeiten sind? Es ist wunderbar, dass unsGott dazu ausersehen hat, so etwas wie ein «Fieber-thermometer» zu sein. Durch sein Eingreifen in unserLeben rüstet er uns aus, dass wir zu erkennen vermö-gen, was einem Menschen fehlt. Als des Herrn geist-liche «Ärzte» bedürfen wir einer gründlichen innernZubereitung. Wir müssen uns der Grosse unserer Ver-antwortung völlig bewusst werden.

Angenommen, der Thermometer wäre noch nicht er-funden, dann müsste ein Arzt lediglich durch Berüh-ren des Patienten feststellen, ob dieser Fieber hat.

50

Page 51: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Seine Hand müsste also als Thermometer dienen. Wieempfindlich und zuverlässig müsste da seine Handsein! Das ist es aber gerade, worauf es in der geist-lichen Arbeit ankommt.

Wir sind die Thermometer, die Instrumente. Wir müs-sen uns einer gründlichen Ausbildung und einemstrengen Unterricht unterziehen, denn was in uns nichtzurechtgebracht wurde, bleibt auch in andern uner-ledigt. Zudem sind wir ausserstande, andere etwaszu lehren, was wir vor Gott nicht selbst erst gelernthaben. Je gründlicher unsere Zubereitung, destobrauchbarer werden wir im Werk Gottes. Je nachsich-tiger wir gegen uns sind, gegen unsern Stolz, gegenunsere Engherzigkeit oder gegen unser Glück, destounbrauchbarer sind wir. Was wir uns nicht aufdeckenlassen, vermögen wir auch in andern nicht aufzudek-ken. Wer selber stolz ist, vermag auch andern nichtaus ihrem Stolz zu helfen, und ebensowenig ein Eng-herziger den Engherzigen; ein Heuchler vermag auchnicht an die Heuchelei anderer zu rühren, noch kanneiner, der es in seinem eigenen Leben nicht genaunimmt, positiv auf einen andern einwirken, der amgleichen Übel leidet. Wie gross auch unser Wissensein mag, wir werden, wo solches noch in uns zufinden ist, diese einzelne Sünde nicht verurteilen undsie auch in andern schwerlich zu erkennen vermögen.Ein Arzt vermag andern sehr wohl zu helfen, obschoner sich selbst vielleicht nicht zu heilen vermag; imgeistlichen Bereich hingegen ist dies kaum möglich.Der geistliche Arbeiter ist zuerst einmal selber Patientund bedarf der Heilung, bevor er andere heilen kann.Was er nicht gesehen hat, kann er auch andern nichtzeigen. Wo er nicht durchgegangen ist, kann er auchandere nicht hindurchführen. Was er nicht gelernt hat,kann er auch andere nicht lehren.

Wir müssen erkennen, dass Gott uns als Werkzeugedazu zubereitet, dass wir den Menschen zu erkennen

51

Page 52: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

vermögen. Wir müssen daher verlässlich sein, befä-higt, eine genaue Diagnose zu stellen. Damit meineWahrnehmungen zuverlässig werden, muss ich beten:«Oh Herr, lass mich nicht unberührt, ungebrochenund unvorbereitet erfunden werden.» Ich muss Gott inmir Dinge wirken lassen, die ich mir nie hätte träumenlassen, um so zu einem Gefäss zubereitet zu werden,das Ihm dienlich ist. Kein Arzt wird ein mangelhaftesThermometer verwenden. Wieviel gefährlicher ist esaber, an geistliche Zustände zu rühren als an körper-liche Leiden, solange wir noch unsere eigenen Ge-fühle, Meinungen und Möglichkeiten haben. Wenn wirimmer noch dies tun wollen und dann plötzlich wiederjenes, sind wir wankelmütig. Wie kann man unsbrauchen, solange wir noch so unverlässlich sind?Wir müssen Gottes Behandlung an uns geschehenlassen, sonst sind all unsere Bemühungen umsonst.Dann aber muss er mit Seiner Behandlung wieder neubeginnen.

Sind wir uns der Grosse unserer Verantwortung wirk-lich bewusst? Der Geist Gottes wirkt nicht direkt anden Leuten; Er tut sein Werk durch Menschen. Wasden Menschen nottut, ist einerseits Ordnung schaffenin ihrer Umgebung, ein Erziehungswerk des HeiligenGeistes, anderseits der Dienst und die Wortverkün-digung. Ohne die Versorgung durch Verkündigungdes Wortes kann das geistliche Problem der Gläubi-gen nicht gelöst werden. Welche Verantwortung fällthier auf Gottes Arbeiterl Das ist eine äusserst ernsteAngelegenheit. Die Versorgung der Gemeinde ist da-von abhängig, ob einer in der Wortverkündigung vonGott gebraucht werden kann oder nicht.

Angenommen, ein Fieber von 39,4° sei charakteri-stisch für eine bestimmte Krankheit. Wenn ihr aberdiese Temperatur nicht kennt, kann eure Diagnosenicht zuverlässig sein. Nur durch Befühlen des Patien-ten mit der Hand werdet ihr nicht feststellen können,

52

Page 53: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

ob er wirklich 39,4° Fieber hat. Genau so gefährlichist es im geistlichen Bereich, andern helfen zu wollen,solange wir ein falsches Empfinden, falsche Ansich-ten und ein unzureichendes geistliches Verständnishaben. Gottes Geist kann nur dann durch uns zu sei-nem Recht kommen, wenn wir zuverlässig und ver-trauenswürdig sind.

Der Anfang geistlichen Wirkens ist dadurch gekenn-zeichnet, dass vieles vor Gott in Ordnung gebrachtwird. Ein Thermometer wird nach einer bestimmtenNorm gefertigt und sorgfältig geprüft, damit es denstrengen Bedingungen entspricht. Wenn wir nun Ther-mometer sein sollen, wie streng muss da unsere Er-ziehung sein, damit wir der göttlichen Norm der Zu-verlässigkeit entsprechen! Im Werk Gottes sind wirsowohl «Ärzte» als auch «medizinische Instrumente».Wie wichtig ist es da, dass wir Gottes Prüfung beste-hen!

Der Schlüssel,um den Geist des Patienten zu erkennen

Um den Zustand eines Patienten zu erkennen, solltenwir sowohl den Patienten als auch unsere Seite be-trachten. Um zu erkennen, was einem Menschen fehlt,gilt es zuerst sein hervorstechendstes Merkmal zu er-kennen. Es wird so deutlich hervortreten, dass er esnicht zu verbergen vermag, so sehr er es auch ver-sucht. Bei einem stolzen Menschen kommt der Stolzunweigerlich zum Ausdruck. Bei einem melancholi-schen Menschen wird selbst das Lachen ein Anzei-chen von Traurigkeit haben. Der Zustand eines Men-schen bewirkt unweigerlich einen ganz bestimmten,fühlbaren Eindruck.

Die Bibel enthält viele Hinweise über die Verschieden-artigkeit des Geistes. Es gibt Leute mit einem voreili-

53

Page 54: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

gen Geist; andere sind verhärtet in ihrem Geist, undwieder andere haben einen betrübten Geist. Beimeinen kann man von einem überheblichen Geist re-den, bei einem andern von einem niedergeschlagenenGeist, und so weiter. Wie entstehen diese verschie-denartigen Geisteszustände? Woher kommt z. B. dieHärte eines verhärteten Menschen? Was ist die Ur-sache des Stolzes bei einem stolzen Geist? Oder diedes Hochmutes in einem überheblichen Geist? Sicherweist menschlicher Geist im Normalzustand keinederartigen Eigenschaften auf. Er ist einzig dazu be-stimmt, Gottes Geist zu offenbaren. Wie kommt esnun aber, dass man von einem Geist sagt, er sei hart,stolz, überheblich, unversöhnlich oder eifersüchtig?Es kommt daher, dass der äussere und der innereMensch nicht getrennt sind, daher überträgt sich derZustand des äussern Menschen auch auf den innern.Der Geist ist hart, weil er in die Härte des äussernMenschen eingehüllt ist, oder stolz, weil ihn der Stolzdes äussern Menschen einhüllt, oder eifersüchtig auf-grund der Eifersucht des äussern Menschen. Ur-sprünglich kennt der Geist keinerlei solche Färbun-gen, kann aber durch den äussern Menschen so ge-färbt werden, wenn dieser nicht zerbrochen ist.

Unser Geist ist von Gott ausgegangen. Er ist daherursprünglich rein, solange er nicht vom unreinen Zu-stand des äussern Menschen angegriffen ist. Wirder aber stolz oder unbarmherzig, so nur deshalb, weilder äussere Mensch nicht zerbrochen ist. So wie derZustand des äussern Menschen auf den Geist ab-färbt, so wird der Geist auch zutage treten! Um denGeist zu reinigen, muss man sich daher nicht mit demGeist, sondern mit dem äussern Menschen befassen.Wir müssen erkennen, dass die Schwierigkeit nichtim Geist, sondern im äussern Menschen liegt. Die«Färbung», die mit dem Geist zum Ausdruck kommt,lässt uns augenblicklich erkennen, worin ein Menschnoch nicht zerbrochen ist. Der eigentliche Zustand

54

Page 55: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

des äussern Menschen liegt in der Art des Geistes,mit dem wir in Berührung kommen, offen vor uns.

Haben wir einmal gelernt, mit dem Geist des Men-schen in Verbindung zu treten, so wissen wir genau,was seine Not ist. Das Geheimnis, Menschen zu er-kennen, besteht darin, dass wir durch die Verbindungmit ihrem Geist erkennen, worin er eingehüllt ist. Lasstes uns mit Nachdruck wiederholen, dass wir einenandern Menschen grundsätzlich dadurch erkennen,dass wir seinen Geist wahrnehmen und von ihm ge-wissermassen kosten oder trinken. Sobald sich derGeist äussert, offenbart er die Natur des äussernMenschen; denn unser Geist nimmt die Farbe desäussern Menschen an, da er durch den äussern Men-schen zutage tritt.

Wenn jemand in bezug auf einen bestimmten Charak-terzug besonders ausgeprägt ist, so ist es, als ob et-was vorstehe. Man stösst schon beim ersten Kontaktdarauf. Sobald man es fühlt, weiss man auch, was esist und erkennt daran den ungebrochenen Menschen.Wenn man so seinen Geist wahrzunehmen vermag,dann kennt man auch seinen Zustand. Man weissdann auch, was er offen sagt oder was er zu verheim-lichen sucht. Wir sagen es daher nochmals: Wenn ihrwissen wollt, wie es um einen Menschen steht, somüsst ihr ihn an seinem Geist erkennen.

Unsere eigene Schulung In Menschenerkenntnis

Wir wollen nun sehen, was unser Teil ist, um den Men-schen zu erkennen. Die Massnahmen, die der HeiligeGeist trifft, uns zu erziehen, sind Lektionen Gottes,durch die wir ein ums andere mal zerbrochen werden.Es braucht in manchen Bereichen unseres Lebensviele Zerbrechungen, bis wir einen brauchbaren Standerreichen. Wenn wir sagen, dass wir durch den Geist

55

Page 56: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

an andere herankommen, so heisst das noch nicht,dass wir gleicherweise an jede einzelne Person heran-kommen, noch dass wir den geistlichen Zustand einesandern in vollem Umfang wahrzunehmen vermögen.Es ist ganz einfach so, dass wir in jedem einzelnenPunkt, in dem uns der Heilige Geist erzogen hat undin dem uns der Herr zerbrochen hat, auch andernzu begegnen vermögen. Wo uns der Herr noch nichthat zerbrechen können, und sei es in einer noch sokleinen Sache, sind wir in diesem Punkt einfach aus-serstande, andern in der gleichen Not zu helfen. Indiesem speziellen Punkt ist unser Geist unempfindlichund unfähig.

Das ist eine geistliche Tatsache, die nicht zu ändernist! Unser Geist ist nur in dem Masse frei, in dem wirzerbrochen wurden. Wer am meisten Züchtigung an-genommen hat, vermag auch am besten zu dienen. Jemehr Verlust einer erlitten hat, umso mehr hat er zugeben. Worin auch immer wir uns selbst erhalten wol-len, darin werden wir geistlich unfruchtbar. Wo immerwir uns bewahren und rechtfertigen wollen, werdenwir gerade in diesem Punkt des geistlichen Empfin-dens und damit der Möglichkeit zu helfen beraubt.Es soll sich keiner vormachen, dass er diesen Grund-satz missachten und dennoch fruchtbar sein könne.

Nur wer etwas gelernt hat, kann dienen. Ihr könnt dasPensum von zehn Jahren in einem Jahr lernen, oderaber zwanzig oder dreissig Jahre brauchen, um eineJahreslektion zu lernen. Jeder Rückstand im Lernenbedeutet Rückstand im Dienen. Wenn Gott euch denWunsch zu dienen ins Herz gelegt hat, so müsst ihrauch erkennen, was das in sich schliesst. Die Mög-lichkeit des Dienstes liegt in der Zerbrochenheit undin der Annahme der Zucht des Heiligen Geistes. DerGred unserer Zubereitung und Zerbrochenheit be-stimmt die Grenzen unseres Dienstes. Dass mensch-liches Gefühl und Intelligenz uns keine Hilfe sind,

56

Page 57: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

dürft ihr für sicher annehmen. Wieviel ihr wirklich be-sitzt, beruht darauf, wie weit Gott in euch zum Rechtgekommen ist. Je mehr dies der Fall ist, desto feinervermögt ihr zu erkennen, was im Menschen ist. Jemehr euch der Heilige Geist geschult hat, desto leich-ter kommt euer Geist an andere heran.

Es ist von grosser Wichtigkeit zu bedenken, dass,wenn auch der Heilige Geist dem Gläubigen ein fürallemal geschenkt ist, unser Geist dennoch zeitlebensweiter zu lernen hat. Je mehr wir also lernen, destoklarer vermögen wir zu erkennen. Es ist uns Anlasszu Trauer, dass so viele Brüder und Schwestern imHerrn nicht wissen, wie man sich in geistlicher Ein-sicht übt. Zu viele vermögen nicht zu unterscheiden,was vom Herrn ist und was der menschlichen Naturentspringt. Nur wo wir selber erlebt haben, dass derHerr in einem bestimmten Punkt streng mit uns ver-fahren ist, vermögen wir selbst den Anfang einer Ent-wicklung in andern schnell zu entdecken. Wir brau-chen nicht erst auf die daraus entstehende Frucht zuwarten. Wir erkennen sie lange vor der Erntezeit. Da-durch, dass wir erfahren, dass Gottes Hand uns an-fasst, gelangen wir stufenweise zu einem geistlichenEmpfindungsvermögen. So mag einer z. B. den Stolzverurteilen, ja vielleicht gar dagegen predigen unddennoch der Sündhaftigkeit seines eigenen Stolzesnicht bewusst sein. So wird dann auch, wenn bei sei-nem Bruder Stolz in Erscheinung tritt, sein Geist nichtbetrübt; ja es kann ihn sogar sympathisch berühren.Aber der Tag wird kommen, da Gottes Geist so anihm wirkt, dass er wahrhaftig erkennt, was Stolz ist.Gott wird so mit ihm verfahren, dass sein Stolz ver-zehrt wird. Wenn nun auch seine Predigt gegen denStolz noch genau gleich tönen mag wie zuvor, empfin-det er nunmehr dessen Widerwärtigkeit und wird be-trübt, wo immer bei einem Bruder Stolz zum Vorscheinkommt. Was er von Gott gelernt und erlebt hat, lässtihn empfinden und betrübt werden. (Betrübnis ist wohl

57

Page 58: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

das zutreffendste Zeugnis für das Vorhandensein die-ses innern Empfindens.) Nun, da er das Leiden seinesBruders erkennt, vermag er ihm auch zu dienen. Frü-her litt er am gleichen Übel; nun aber ist er geheilt.(Das heisst nun aber nicht, dass er sich schon alsvöllig geheilt betrachten soll, sondern einfach, dassihm ein gewisses Mass an Heilung zuteil gewordenist.) Das ist der Weg, um geistliche Erkenntnis zu er-langen.

Geistliches Empfindungsvermögen erlangen wir nurdurch viele Heilungsprozesse. Haben wir überhaupteinen Vorteil, wenn wir uns zu erhalten suchen? «Wersein Leben zu erhalten sucht, der wird es verlieren.»Bitten wir daher den Herrn, dass er Seine Hand nichtvon uns zurückziehe. Wie unselig ist es doch, wennwir nicht erkennen, was der Herr an uns tut. Wir kön-nen seiner Hand auch widerstehen, ohne uns dessenbewusst zu sein. Wenn das geistliche Verständnisfehlt, so deshalb, weil uns geistliche Schulung man-gelt. Lasst uns daher klar bewusst werden, dass wirMenschen und Zustände umso besser erkennen, dasswir andern umso besser zu helfen vermögen, je mehruns Gott in seine Schule nimmt. Es gibt keine andereMöglichkeit, unsem Dienstbereich zu erweitern; wirmüssen Gottes Handeln möglichst weiten Raum ge-ben.

Lernen, wie man dies in die Tat umsetzt

Haben wir diese Lektionen einmal gelernt, dann istunser Geist befreit und befähigt, den Zustand ande-rer genau anzuvisieren. Wie können wir dies nun prak-tisch anwenden?

Um dem Geist des Menschen begegnen zu können,müssen wir warten, bis er seinen Mund öffnet und zusprechen anfängt. Nur wenige sind je imstande, anden Geist eines Menschen heranzukommen, ohne zu-

58

Page 59: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

erst hören zu müssen, was er sagt. Gottes Wort sagt:«Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.»Matth. 12, 34. Was auch immer seine Absicht seinmag, sein Geist offenbart sich in seinen Worten. Ist erüberheblich, so offenbart sich ein überheblicher Geist;ist er heuchlerisch, so tritt ein heuchlerischer Geist inErscheinung; oder neidisch, dann stossen wir aufeinen neidischen Geist. Während ihr ihm zuhört, könntihr an seinen Geist herankommen. Achtet nicht nurauf seine Worte, sondern hauptsächlich auf seinegeistliche Verfassung. Tatsächlich erkennen wir denMenschen nicht nur an seinen Worten, sondern an sei-nem Geist.

Als der Herr Jesus auf dem Weg nach Jerusalem war,sahen zwei seiner Jünger, dass ihn die Samariternicht aufnahmen. Sie fragten ihn: «Herr, willst du,dass wir Feuer vom Himmel fallen und sie verzehrenheissen, wie auch Elia getan hat?» Luk. 9, 54. Wäh-rend sie sprachen, wurde ihr Geist offenbar. Der Herraber antwortete: «Ihr wisst nicht, welches GeistesKinder ihr seid.» 9, 55. Hier zeigt uns der Herr, dasswir an den Worten eines Menschen seinen Geist er-kennen können. Sobald die Worte ausgesprochensind, ist der Geist offenbar, denn: «Wes das Herz vollist, des geht der Mund über.»

Wir haben aber noch einen andern Punkt zu berück-sichtigen. Wenn ihr einem Gespräch zuhört, so dürftihr euch nicht durch das Thema vom Geist ablenkenlassen. Angenommen, zwei Brüder befinden sich imStreit und jeder beschuldigt den andern. Wie müsstihr nun vorgehen, wenn sie mit dieser Sache zu euchkommen? Obschon keine objektive Möglichkeit be-steht, die Tatsachen zu prüfen, solange nur diese bei-den anwesend sind, so wisst ihr, dass sich ihr Geistoffenbart, sobald sie ihren Mund öffnen. Unter Chri-sten wird Recht und Unrecht nicht nur der Tat nachbeurteilt, sondern auch nach dem Geist. Wenn ein

59

Page 60: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Bruder zu sprechen beginnt, so könnt ihr augenblick-lich feststellen, dass sein Geist nicht in Ordnung ist,obschon euch wahrheitsgemässe Angaben über denFall fehlen. Der eine mag klagen, dass ihn der anderegescholten habe; dessen ungeachtet merkt ihr sofort,dass mit seinem Geist etwas nicht stimmt. Der wahreSachverhalt lässt sich am Geist erkennen.

Vor Gott wird Recht und Unrecht weniger nach derTat als nach dem Geist beurteilt. Wie oft ist in derGemeinde eine falsche Handlung von einem falschenGeist begleitet. Beurteilen wir nun aber einzig nachder Tat, so haben wir die Gemeinde in einen andernBereich hineingezogen. Wir sollten im geistlichen Be-reich bleiben und uns nicht in den Bereich der blos-sen äussern Tat begeben.

Sobald unser Geist befreit ist, vermögen wir den Zu-stand des Geistes bei andern aufzudecken. Begegnenwir einem verschlossenen Geist, so haben wir unsernGeist darin zu üben, dass wir den Sachverhalt beur-teilen und den Menschen erkennen können. Möchtenwir mit Paulus sagen können: «Somit kennen wir vonjetzt an niemand nach dem Fleisch.» 2. Kor. 5, 16.Wir erkennen den Menschen nicht nach dem Fleisch,sondern nach dem Geist. Wenn wir diese Grundlek-tion gelernt haben, so wird es Gott möglich, durch unsseine Absichten zu verwirklichen.

60

Page 61: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

5 Die Gemeinde und das Werk Gottes

Wer das Wesen des Werkes Gottes recht versteht, hatkeine Mühe einzugestehen, dass der äussere Menschein schreckliches Hindernis ist. Es ist nur allzu wahr,dass Gott durch uns Menschen sehr eingeschränktwird. Gottes Volk sollte das Endziel der Gemeindekennen und ebenso die Zusammenhänge zwischenGemeinde, göttlicher Macht und Gottes Werk.

Gottes Offenbarung und Gottes Einschränkung

Es kam die Zeit, da Gott menschliche Gestalt annahm— im Menschen Jesus von Nazareth. Bevor das WortFleisch wurde, kannte Gottes Fülle keine Einschrän-kungen. Als jedoch die Menschwerdung Wirklichkeitwurde, waren Gottes Werk und Macht auf diesesFleisch beschränkt. Wird nun dieser Mensch, ChristusJesus, Gott einschränken oder offenbar werden las-sen? Die Bibel zeigt uns, dass, weit entfernt von Ein-schränkung, Jesus im Gegenteil Gottes Fülle in wun-derbarer Weise offenbarte. Gottes Fülle ist auch dieFülle dieses Menschen.

In unsern Tagen anvertraut sich Gott der Gemeinde.Gottes Macht und Werk finden sich nun in der Ge-meinde. So wie wir in den Evangelien all sein Werkdem Sohn übergeben finden, so hat Gott heute all seinWerk der Gemeinde anvertraut und unternimmt nichtsohne sie. Seit Pfingsten bis in unsere Gegenwartwurde Gottes Werk durch die Gemeinde ausgeführt.Besinnt euch daher auf die riesige Verantwortung derGemeinde! Gott hat sich der Gemeinde gegenübergenauso verpflichtet wie zuvor dem einen MenschenChristus — ohne Vorbehalt und Einschränkung. DieGemeinde kann aber ihrerseits Gottes Werk undOffenbarung einschränken.

61

Page 62: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Jesus von Nazareth ist Gott selbst. Sein ganzes We-sen, von innen bis aussen, offenbart Gott. Sein Emp-finden gibt Gottes Empfinden wieder; seine Gedan-ken offenbaren Gottes Gedanken. Während er hier aufder Erde war, konnte er sagen: «Nicht damit ich mei-nen Willen tue, sondern den Willen dessen, der michgesandt hat . . . Der Sohn kann nichts von sich austun, er sehe denn den Vater etwas t u n . . . Denn ichhabe nicht von mir aus geredet, sondern der Vater,der mich gesandt hat, er hat mir Auftrag gegeben,was ich sagen und was ich reden soll.» Joh. 6, 38; 5,19; 12, 49. Hier sehen wir einen Menschen, dem sichGott anvertraut. Er ist das Wort, das Fleisch wurde. Erist der Mensch gewordene Gott. Er ist vollkommen.Als der Tag kam, da Gott den Menschen sein Lebenzu geben wünschte, konnte dieser Mensch erklären:«Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und er-stirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, trägt esviel Frucht.» Joh. 12, 24. Genauso hat Gott die Ge-meinde erwählt, heute sein Gefäss zu sein — Gefässseines Wortes, damit seine Macht und sein Wirkenoffenbar werde.

Die grundlegende Lehre der Evangelien ist die Gegen-wart Gottes in dem einen Menschen, während dieApostelbriefe von Gott in der Gemeinde sprechen.Möchten doch unsere Augen diese herrliche Tatsachesehen: Zuerst wohnte Gott im Menschen Jesus Chri-stus, nun aber einzig in der Gemeinde, in keiner an-dern Organisation sonst.

Wenn dies Licht in uns aufzugehen beginnt, erhebenwir von selbst unsere Augen zum Himmel und sagen:«Oh, Gott! Wie oft haben wir Dich gehindert!» In Chri-stus war der allmächtige Gott noch allmächtig, da gabes weder Einschränkung noch Einengung. Was Gottheute erwartet, ist, dass diese gleiche Macht unver-sehrt bleibe, da er in der Gemeinde wohnt. Er möchtesich in der Gemeinde ebenso ungehindert offenbaren

62

Page 63: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

können, wie dies in Christus der Fall war. Irgendwel-che Vorbehalte oder Unzulänglichkeiten in der Ge-meinde werden Gottes Wirken unweigerlich Schran-ken setzen. Das ist eine äusserst ernste Angelegen-heit; wir erwähnen dies nicht unbesonnen. Die Hinder-nisse in einem jeden von uns sind auch Hindernissefür Gott.

Warum ist die Zucht des Heiligen Geistes so wichtig?Warum das Scheiden von Geist und Seele so drin-gend? Doch nur darum, dass Gott durch uns freienLauf habe. Es soll doch keiner denken, dass wir annur persönlichen geistlichen Erfahrungen interessiertwären. Unser Anliegen ist Gottes Weg und GottesWerk. Wie steht es mit unserm Leben, ist da Gott frei?Es sei denn, dass sich Gott mit uns befasst und unsdurch Züchtigung zerbrochen hat, so werden wir Gottstets nur ein Hemmschuh sein. Ohne die Zerbrechungdes äussern Menschen bietet auch die Gemeinde Gottkeine Möglichkeit zu wirken.

Zerbrechung — Gottes Wirkungsweise

Wir wollen nun dazu übergehen und sehen, wie dieZerbrechung des äussern Menschen unser Lesen imWort Gottes, unsere Stellung als Diener am Wort unddie Verkündigung des Evangeliums beeinflusst.

1. Das Bibellesen: Es ist keine Frage: was wir sind,entscheidet zugleich darüber, was wir aus der Bibelerhalten. Wie oft stützt sich der Mensch in seiner Ein-bildung auf seinen unerneuerten und verwirrten Ver-stand, wenn er die Bibel liest. Die Frucht davon istnichts anderes als seine eigenen Gedanken. Er kommtmit dem Geist des Heiligen Wortes nicht in Berührung.Wenn wir im Wort dem Herrn begegnen wollen, dannmuss Gott zuerst unsere eigenen Gedanken zerbre-chen. Wir mögen unsere Intelligenz noch so hoch ein-

63

Page 64: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

schätzen, für Gott ist sie ein grosses Hindernis. Sievermag uns Gottes Gedanken nie zu erschliessen.

Es gibt zum mindesten zwei grundlegende Vorausset-zungen für das Bibellesen: erstens müssen sich un-sere Gedanken in die Gedanken der Bibel hineinden-ken, und zweitens muss unser Geist in den Geist derBibel eindringen. Ihr müsst so denken, wie der Schrei-ber dachte, als er das Wort niederschrieb, ob es Pet-rus, Paulus oder Johannes war, der es geschriebenhatte. Eure Gedanken müssen dort beginnen, wo seineGedanken begannen, und sich so entwickeln, wiesich die seinen entwickelten. Ihr müsst fähig sein, soklar zu überlegen, wie er überlegte, und so zu ermah-nen, wie er ermahnte. Mit andern Worten, eure Ge-danken müssen sich mit den seinen treffen. Das er-möglicht dem Geist, euch die genaue Bedeutung desWortes zu vermitteln.

Denkt euch einen Menschen, der mit einer vorge-fassten Meinung die Bibel zur Hand nimmt. Er liest dieBibel nur, um seine vorgefassten Lehren biblisch zuuntermauern. Wie tragisch! Eine erfahrene Personwird schon nach fünf oder zehn Minuten erkennen, obsolch ein Sprecher die Bibel seinen eigenen Zielendienstbar machen will oder ob dessen Gedanken mitdenen der Bibel im Einklang stehen. Das ist ein gros-ser Unterschied. Der eine mag aufstehen und eine ge-fällige, anscheinend schriftgemässe Botschaft weiter-geben, und doch können seine Gedanken in Wirklich-keit im Gegensatz zu denen der Bibel stehen. Einenandern hören wir predigen, dessen Gedanke sich mitdem der Bibel deckt, der also mit der Bibel eine har-monische Einheit bildet. Obschon diese Stellungeigentlich die normale ist, erlangen sie nicht alle. Da-mit unsere Gedanken mit denen der Bibel einig gehen,bedürfen wir der Zerbrechung des äussern Menschen.Denkt nicht, dass unser Bibellesen unfruchtbar sei,weil es an der Unterweisung fehle. Der Mangel liegt

64

Page 65: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

vielmehr bei uns, weil sich Gott unsere Gedankennoch nicht hat unterwerfen können. Zerbrochenseinheisst also mit der eigenen Geschäftigkeit aufhörenund ebenso mit unserm voreingenommenen Denken,um anzufangen, stufenweise den Sinn des Herrn an-zunehmen und dem Lauf der Gedanken der Bibel zufolgen. Erst wenn unser äusserer Mensch zerbrochenist, vermögen wir in die Gedanken des Wortes Gotteseinzudringen.

So wichtig dies ist, so müssen wir doch noch auf dieHauptsache zu sprechen kommen. Die Bibel enthältmehr als nur Worte, Ideen und Gedanken. Das hervor-stechendste Merkmal der Bibel ist, dass durch diesesBuch Gottes Geist hervorzubrechen vermag. Wenn einVerfasser, ob Petrus oder Johannes, Matthäus oderMarkus, durch den Heiligen Geist erleuchtet ist, sofolgt sein erneuerter Sinn den eingegebenen Gedan-ken und kommt sein Geist mit dem Heiligen Geist zumDurchbruch. Die Welt kann nicht verstehen, dass Got-tes Wort Geist ist und dass dieser Geist so hervorzu-brechen vermag, wie es uns der prophetische Dienstaufzeigt. Wenn ihr heute eine prophetische Botschafthört, so wird euch bewusst, dass da etwas Geheimnis-volles gegenwärtig ist, das mehr ist als nur Worte undGedanken. Das könnt ihr klar spüren und ihr könnt essehr wohl den Geist in Gottes Wort nennen.

Es sind nicht nur GEDANKEN in der Bibel; der GEISTSELBST tritt in ihr zutage. Daher könnt ihr nur dannverstehen, was die Bibel sagt, wenn euer Geist her-vorbrechen und mit dem Geist der Bibel in Verbindungkommen kann. Nehmen wir zur Illustration einen un-gezogenen Buben, der absichtlich eines NachbarsFenster einschlägt. Der Nachbar kommt heraus undüberschüttet ihn mit Scheltworten. Wie die Mutter desJungen von diesem Unfug hört, tadelt sie ihn eben-falls ernstlich. Aber irgendwie besteht da ein Unter-schied im Geist der beiden Strafpredigten. Die eine

65

Page 66: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

kommt aus einer schlechten Laune und entspringteinem zornigen Geist, die andere aber bringt dennochLiebe, Hoffnung und Erziehung zum Ausdruck. Das istnur ein einfaches Beispiel. Der Geist, der die Schrifteingab, ist der ewige Geist, der in der Bibel immergegenwärtig ist. Wenn unser äusserer Mensch zerbro-chen ist, dann ist unser Geist frei und vermag mit demGeist, der die Schrift eingegeben hat, in Verbindungzu treten. Andernfalls bleibt die Bibel für uns ein totesBuch.

2. Dienst am Wort: Gott möchte, dass wir sein Wortverstehen; denn das ist der Ausgangspunkt des geist-lichen Dienstes. Er ist auch darauf bedacht, sein Wortals eine Last in unsern Geist zu legen, damit wir eszum Dienst an der Gemeinde brauchen. In Apg. 6, 4lesen wir: «Wir jedoch wollen beim Gebet und beimDienst des Wortes verharren.» So bedeutet also Wort-verkündigung den Menschen mit Gottes Wort dienen.Worin liegt nun die Schwierigkeit, wenn wir in derWortverkündigung das Wort, das in unserm Innerstenlebendig ist, nicht zum Ausdruck bringen können? Esgeschieht oft, dass ein Wort schwer auf einem Bruderlastet, und er glaubt, er müsse es den Geschwisternweitergeben. Doch während er Satz für Satz hervor-bringt, bleibt diese innere Last so schwer wie je zuvor.Obschon bereits eine Stunde verstrichen ist, fühlt ersich keineswegs erleichtert, und so zieht er am Endemit der gleichen Last von dannen, mit der er gekom-men war. Warum das? Nur deshalb, weil sein äussererMensch noch nicht zerbrochen wurde. Statt dass diemenschlichen Anlagen dem innem Menschen eineHilfe sind, sind sie ihm ein Hindernis.

Ist jedoch der äussere Mensch einmal zerbrochen,dann wird es uns nicht mehr zum Problem, etwas zumAusdruck zu bringen. Wir finden dann auch die rech-ten Worte, um unserm innersten Empfinden Ausdruckzu verleihen. Durch das Freiwerden des Wortes wer-

66

Page 67: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

den wir von der innern Last erleichtert. Das ist die Artund Weise, um der Gemeinde mit Gottes Wort zu die-nen. Darum wiederholen wir nochmals, dass der äus-sere Mensch das grösste Hindernis für die Wortver-kündigung ist.

Viele sind der irrigen Ansicht, dass intelligente Men-schen am besten dazu befähigt sind. Wie verkehrt!Wie klug du auch sein magst, der äussere Menschkann den innern Menschen nie ersetzen. Erst nach-dem der äussere Mensch zerbrochen ist, findet derinnere die passenden Gedanken und die trefflichenWorte. Gott muss die Schale des äussern Menschenzerschlagen. Je mehr sie zerbrochen ist, desto freie-ren Lauf hat das Leben im Geiste. Solange die Schaleganz bleibt, vermögen wir uns von der Last im Geistenicht zu befreien, noch können wir der Gemeinde Got-tes Leben und Kraft zufliessen lassen. Gottes Lebenund Kraft wird weitgehend durch die Wortverkündi-gung vermittelt. Solange unser innerer Mensch nichtbefreit ist, hören die Leute nur unsere Worte, spürenaber nichts vom Leben. Wir hätten zwar vielleicht einWort weiterzugeben, aber die andern vernehmen esnicht, weil wir es nicht zum Ausdruck bringen können.Die Schwierigkeit besteht also darin, dass das innereLeben keinen Ausfluss hat. Das Wort ist in euch, aberihr könnt es nicht aussprechen. Das Werk Gottes gehtim Innern weiter, aber es wird nicht offenbar, weil esvom äussern Hindernis noch aufgehalten ist. Der Wegfür Gott ist noch nicht offen in euch.

3. Das Predigen des Evangeliums: Es gibt eine weitverbreitete, falsche Auffassung, dass die Leute demEvangelium glaubten, weil sie entweder vernunftsmäs-sig von der Richtigkeit der Lehre überzeugt seien oderdurch sie gefühlsmässig aufgerüttelt worden seien.Tatsache ist aber, dass da, wo durch einen dieser bei-den Gründe Zustimmung erfolgt, diese von kurzerDauer ist. Wohl müssen auch Verstand und Gefühl er-

67

Page 68: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

reicht werden, aber das allein genügt nicht. Verstandmag Verstand und Gefühl mag Gefühl erreichen, dieErrettung aber geht tiefer. Geist muss den Geist errei-chen. Nur wenn der Geist des Predigers hervorbrichtund leuchtet, fallen Sünder nieder und ergeben sichGott. Dies ist der richtige Geist, und er ist unerlässlichzur Verkündigung des Evangeliums.

Ein Bergarbeiter, den Gott wunderbar brauchte,schrieb ein Buch «Gesehen und gehört», in welchemer über seine Erfahrungen im Predigtdienst berichtet.Als wir es lasen, waren wir tief berührt. Obschon erein ganz gewöhnlicher Bruder war, ohne höhere Schu-lung oder besondere Begabung, übergab er sich ganzdem Herrn, um dann von ihm mächtig gebraucht zuwerden. Eines aber war bezeichnend an ihm: er warein zerbrochener Mensch und hatte einen lauternGeist. Während er einem Prediger zuhörte, empfander eine solche Last für die Menschen, dass er denPrediger bat, sprechen zu dürfen. Er ging zum Pult,brachte aber kein Wort heraus. Sein innerer Menschbrannte aber so leidenschaftlich für die Menschen,dass seine Tränen in Strömen flössen. Alles, was ersagen konnte, waren nur ein paar unzusammenhän-gende Sätze. Dennoch erfüllte Gottes Geist diesenVersammlungsort, und die Leute wurden ihrer Sündenüberführt und ihr verlorener Zustand wurde ihnen be-wusst. Hier war ein junger, zerbrochener Mann, dernur wenige Worte sprach, aber als sein Geist hervor-brach, wurden die Leute mächtig ergriffen. Beim Lesenseiner Autobiographie erkannten wir, dass hier einerwar, dessen Geist völlig frei war. So war er zeitlebensvielen das Werkzeug zur Errettung.

So muss das Evangelium verkündigt werden. Wennimmer ihr einem Unerlösten begegnet, so treibt eseuch, ihm die Frohbotschaft weiterzugeben. Ihr müssteuren Geist durchbrechen lassen. Das Predigen derFrohbotschaft ist einzig eine Angelegenheit des Zer-

68

Page 69: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

brochenseins des äussern Menschen; denn dann kannder innere Mensch weiterfliessen und andere anspre-chen. Wenn euer Geist den Geist eines andern trifft,dann belebt Gottes Geist diesen sich in Finsternis be-findenden Geist, sodass er auf wunderbare Weise er-rettet werden kann. Wenn aber euer Geist durch denäussern Menschen gefangen gehalten ist, hat Gott ineuch nicht freien Lauf, und die Frohbotschaft ist blok-kiert. Das ist der Grund, weshalb wir dem Verfahrenmit dem äussern Menschen soviel Beachtung schen-ken. Fehlt uns diese Behandlung, dann sind wir un-tüchtig, Seelen zu gewinnen, wie gut wir auch alleLehrsätze auswendig kennen mögen. Eine Errettungkommt erst zustande, wenn unser Geist mit dem Geisteines andern in Kontakt kommt. Dann geschieht es,dass jene Seele nicht anders kann, als sich Gott zuFüssen zu werfen. Oh, Geliebte, wenn unser Geistwirklich frei ist, dann werden sicherlich auch Seelenerrettet.

Sind die Menschen einmal errettet, so will Gott nicht,dass sie noch lange zuwarten, bis sie ihre Sünden inOrdnung bringen, um dann wiederum Jahre zu warten,bis sie sich ihm weihen und nochmals länger warten,bis sie seinem Ruf zur Nachfolge nachkommen. So-bald die Leute glauben, sollten sie sich sogleich vonihren Sünden abwenden, sich völlig dem Herrn wei-hen und die Macht des Mammons brechen. Ihr Le-benslauf sollte nicht anders sein, als uns die Evange-lien und die Apostelgeschichte von Christi Nachfol-gern berichten. Damit das Evangelium wieder seineHerrlichkeit erhält, muss der Herr im Leben der Evan-geliums-Boten freie Bahn haben.

In den letzten Jahren wurden wir völlig überzeugt,dass der Herr auf diese Wiederherstellung hin arbei-tet. Die Botschaft der Gnade muss wieder mit der Bot-schaft des Königreiches vereinigt werden. In denEvangelien finden wir diese Botschaften nie getrennt.

69

Page 70: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Erst in spätem Jahren scheint es, dass jene, die dieBotschaft der Gnade gehört hatten, nur wenig odergar nichts von der Botschaft des Reiches wussten. Sokam es zur Trennung der beiden. Es ist aber an derZeit, dass sie wieder vereint werden, damit die Leutevöllig errettet werden, alles verlassen und sich unein-geschränkt dem Herrn hingeben.

Lasst uns vor dem Herrn das Haupt neigen und zu-geben, dass sowohl das Evangelium als auch die Bo-ten des Evangeliums der Wiederherstellung bedürfen.Wenn die Botschaft Menschen erfassen soll, dannmüssen wir es zulassen, dass Gott sich durch unsoffenbaren kann. Da das wirkungsvolle Predigen desEvangeliums mehr Kraft erfordert, müssen auch dieEvangeliums-Boten einen höhern Preis bezahlen. Wirmüssen alles auf den Altar legen. Lasst uns daherbeten: «Herr, ich lege mein Alles auf den Altar. Schaffein mir einen Weg, damit auch die Gemeinde in mireinen Weg finden möge. Ich möchte nicht einer sein,der Dich und die Gemeinde blockiert.»

Der Herr Jesus hat Gott nie auf irgend eine Weise ge-hindert. Während bald zweitausend Jahren arbeitetGott in der Gemeinde auf den Tag hin, da sie ihn nichtmehr einschränkt. So wie Christus völlig Gott offen-barte, so soll es auch mit der Gemeinde sein. Schrittum Schritt lehrt Gott seine Kinder und müht sich umsie; immer und immer wieder spüren wir Seine Hand.So wird es sein bis zu dem Tag, da die GemeindeGott in Wahrheit völlig offenbart. Lasst uns heute vorden Herrn treten und bekennen: «Herr, wir sind be-schämt. Wir haben Dein Werk verzögert und Dein Le-ben gehindert; wir haben die Ausbreitung Deiner Bot-schaft aufgehalten und Deine Herrschaft einge-schränkt.» Lassen wir uns jeder für sich in unsernHerzen aufs neue ihm ausliefern und sagen: «Herr, Dirleg ich mein Alles auf den Altar, damit in mir ein Wegfür Dich frei werde.» Wenn wir die völlige Wiederher-

70

Page 71: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Stellung des Evangeliums erwarten, dann müssen wiruns ebenso vollkommen Gott weihen wie die Gliederder ersten Gemeinde. Damit das Evangelium wieder-hergestellt wird, muss der Entschluss, sich Gott zuweihen, in die Tat umgesetzt werden. Beides mussvöllig geschehen. Möge Gott durch uns als geöffneteKanäle wirken können.

71

Page 72: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

6 Zerbrochenheit und Erziehung

Soll der äussere Mensch zerbrochen werden, müssenwir uns Gott unbedingt völlig weihen. Es muss unsaber klar sein, dass dieser entscheidende Akt alleindas gesamte Problem unseres Dienstes nicht zu lösenvermag. Sich weihen ist einzig Ausdruck der Bereit-schaft, in Gottes Hand sein zu wollen, und das kannin wenigen Minuten geschehen. In so kurzer Zeit aberwird Gott mit unserer Erziehung nicht fertig. Wenn wirwillig sind, uns Gott ganz zur Verfügung zu stellen, sosind wir erst am Anfang der geistlichen Strasse. Esist, wie wenn wir ein Tor durchschreiten. Nachdem wiruns geweiht haben, muss uns der Heilige Geist erzie-hen — das ist der Weg. Es braucht also sowohl das«sich Weihen» als auch die Erziehung des HeiligenGeistes, damit wir Gefässe werden, die der Meisterbrauchen kann. Wenn wir uns nicht weihen, stösst derHeilige Geist in unserer Erziehung auf Schwierigkei-ten. Dennoch kann das «sich Weihen» nie als Ersatzfür diese Erziehung dienen.

Es besteht hier also ein wichtiger Unterschied, dennwenn wir uns weihen, so tun wir dies nur nach demMass unserer geistlichen Erkenntnis und Einsicht; derHeilige Geist aber erzieht uns seinem Licht entspre-chend. Wir wissen wirklich nicht, was das alles in sichschliesst, wenn wir uns weihen. Unser Licht ist be-grenzt und ist auch dann, wenn es uns am hellsten zusein scheint, in Gottes Sicht doch nur wie ein dunk-ler Punkt. Gottes Anforderungen übersteigen bei wei-tem, was wir möglicherweise zu weihen haben, näm-lich unserm beschränkten Licht entsprechend. Ander-seits wird uns die Erziehung des Heiligen Geistes sozugemessen, wie Gott es in seinem Licht notwendigerachtet. Er weiss, wo es uns besonders mangelt undordnet durch seinen Geist unsere Verhältnisse so,dass die Zerbrechung des äussern Menschen zuwege

72

Page 73: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

gebracht wird. Ihr seht also, wie weit die Erziehungdes Heiligen Geistes über unser Weihen hinausführt.

Da der Heilige Geist dem Lichte Gottes gemäss wirkt,ist seine Erziehung dementsprechend gründlich undvollkommen. Wir wundern uns oftmals über das, wasuns zustösst; wäre die Entscheidung aber uns über-lassen, so könnten wir uns doch leicht irren, obschonwir für uns die Wahl aufs beste zu treffen glaubten.Was Gott zu unserer Erziehung vorsieht, übersteigtunser Fassungsvermögen. Wie oft trifft uns etwas un-vorbereitet und lässt uns zum Schluss kommen, soetwas Drastisches wäre für uns nicht nötig gewesen.Oftmals setzt Gottes Erziehung auch plötzlich ein,ohne dass wir auch nur eine Vorahnung davon haben.Wir mögen darauf bestehen, «im Lichte» zu wandeln,aber der Heilige Geist handelt mit uns nach GottesLicht. Seit wir ihn empfangen haben, hat Er unsereVerhältnisse nur zu unserm Besten geordnet, denn Erkennt uns.

Das Wirken des Heiligen Geistes hat auf unser Lebensowohl seine positive als auch seine negative Seite,d. h. es führt durch aufbauende und durch zerstö-rende Entwicklungsstufen. Nachdem wir wiedergebo-ren sind, wohnt der Heilige Geist in uns, aber unseräusserer Mensch beraubt ihn nur allzuoft seiner Frei-heit. Es ist, wie wenn man in neuen, aber schlechtsitzenden Schuhen zu gehen versucht. Weil unseräusserer und innerer Mensch widereinander streiten,muss Gott jedes Mittel anwenden, das Ihm wirksamerscheint, um jedes Bollwerk in uns zu zerbrechen,das noch nicht unter der Kontrolle des innern Men-schen steht.

Der Heilige Geist zerbricht den äussern Menschennicht dadurch, dass er dem innern Gnade verleiht.Natürlich möchte Gott, dass der innere Mensch starkist, aber Seine Methode besteht darin, in Anwendung

73

Page 74: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

äusserer Mittel dafür zu sorgen, dass der äussereMensch abnimmt. Dies zustande zu bringen wäre wohlauch dem innern Menschen kaum möglich, sind dochdiese beiden in ihrem Wesen zu verschieden, als dasssie einander auch nur verwunden könnten. Da hin-gegen der äussere Mensch und die äussern Dingegleich geartet sind, ist jener durch diese leicht zuverwunden. Äussere Dinge vermögen den äussernMenschen sehr schmerzlich zu treffen. Daher verwen-det auch Gott in seinem Verfahren mit unserm äus-sern Menschen äussere Dinge.

Ihr wisst aus der Bibel, dass zwei Sperlinge um einenPfennig, Matth. 10, 29, und fünf Sperlinge um 2 Pfen-nige verkauft wurden, Luk. 12, 6. Das war gewiss bil-lig, zudem war der fünfte Sperling gratis. Aber «nichteiner von ihnen fällt auf die Erde ohne euren Vater;an euch aber sind selbst die Haare des Hauptes allegezählt.» Matth. 10, 29—30. Das gibt uns die Gewiss-heit, dass es Gott ist, der all unsere Verhältnisse be-stimmt. Da gibt es keinen Zufall.

Gott schickt uns nur, was nach Seiner Erkenntnis zurZerbrechung unseres äussern Menschen nötig ist. Erweiss, dass uns im Blick auf dieses Ziel gewisse äus-sere Dinge zu entkräften vermögen, daher lässt Eruns dasselbe einmal, zweimal, ja wo nötig mehrereMale zustossen. Erkennt ihr nun, dass es Gott war,der, um euch zu erziehen, euch all die Geschehnisseder letzten fünf oder zehn Jahre geschickt hat? Werunter euch gemurrt und geklagt hat, hat Seine Handnicht erkannt. Wer einfach annahm, dass er Unglückhabe, war blind für die Erziehung des Heiligen Gei-stes. Denkt daran: was immer uns begegnet, wird unsvon Gott nur zu unserm Besten zugemessen. Obschonwir uns selbst wohl etwas anderes ausgesucht hätten,so weiss Gott sehr wohl, was für uns das Beste ist.Wo wären wir heute, wenn uns Gott nicht in den Ver-hältnissen, die Er uns bereitet hat, erzogen hätte?

74

Page 75: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Das ist es ja gerade, was uns rein hält und in SeinenWegen wandeln lässt. Wie töricht ist es, immer wie-der zu murren und sich im Herzen dagegen aufzuleh-nen, was doch der Heilige Geist nur zum Guten zu-gemessen hat.

Sobald wir errettet sind, setzt der Heilige Geist mitder Erziehung ein, aber Er kann dies nicht ungehin-dert, solange wir uns nicht völlig übergeben haben.Wenn einer errettet ist, sein Leben aber noch nichtdem Herrn übergeben hat, während er also sich selbstnoch mehr liebt als den Herrn, beginnt der HeiligeGeist dennoch dahin zu wirken, ihn unter Seine Füh-rung zu bringen und seinen äussern Menschen ab-zubrechen, damit Er ungehindert zu wirken vermag.

Schliesslich kommt dann eine Zeit, da man erkennt,dass man AUS sich selbst und FÜR sich selbst nichtleben kann. Im schwachen Licht, das man hat, kommtman zu Gott und sagt: «Ich weihe mich Dir. Ob esLeben oder Tod bedeutet, ich übergebe mich ganzDeinen Händen.» Das wird das Werk des HeiligenGeistes an uns sehr fördern. Darin liegt der Wert,wenn wir uns Ihm weihen: es erlaubt dem HeiligenGeist, uneingeschränkt zu wirken. Lasst euch dahernicht befremden, wenn euch vielerlei unerwarteteDinge begegnen, nachdem ihr euch dem Herrn ge-weiht habt.

Ihr habt zum Herrn gesagt: «Herr! Lass mir widerfah-ren, was immer Dir für mich gut erscheint.» Nun,nachdem ihr euch bedingungslos Seinen Händenübergeben habt, kann der Heilige Geist ungehindertin euch wirken. Um euch rückhaltlos zu entschliessen,dem Herrn nachfolgen zu wollen, müsst ihr dem erzie-herischen Werk des Heiligen Geistes eure ganze Auf-merksamkeit schenken.

75

Page 76: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Das grösste Gnadenmittei

Gott hat uns vom Tag an, da wir errettet wurden,Gnade erwiesen. Die Möglichkeiten, durch die unsvon Gott Gnade zuteil wird, nennt man «Gnadenmit-tel». Gebet und der Wortverkündigung lauschen sindzwei Beispiele, denn durch sie kommen wir Gott nä-her und empfangen Gnade. Der vielsagende Ausdruck«Gnadenmittel» war der Gemeinde all die Jahrhun-derte hindurch geläufig. Wir empfangen Gnade durchVersammlungen, Botschaften, Gebete usw. Das grös-ste Gnadenmittel aber, auf das zu achten wir nie ver-säumen sollten, ist die Erziehung des Heiligen Gei-stes. Nichts sonst kann mit diesem Gnadenmittelverglichen werden, weder Gebet, Bibellesen, Ver-sammlungen, Botschaften, Andacht noch Lobpreis.Von allen Gnadenmitteln Gottes scheint dies daswichtigste zu sein.

Der Nachweis dieses Gnadenmittels kann uns zeigen,wie weit wir bereits mit dem Herrn gegangen sind.Was wir täglich erleben, ob zu Hause oder in derSchule, in der Fabrik oder auf der Strasse, ist uns vomHeiligen Geist zu unserm höchsten Gewinn verordnet.Wenn uns dieses Gnadenmittel keinen Gewinn bringt,dann erleiden wir schrecklichen Verlust. Keines derandern Gnadenmittel kann dieses ersetzen, so köst-lich sie auch sind. Die Botschaft nährt uns, das Gebetstärkt uns, Gottes Wort erfrischt uns, andern helfenschafft unserm Geist Befreiung. Wo aber unser äus-serer Mensch stark bleibt, hinterlassen wir bei allen,die uns begegnen, einen verwirrten, unklaren Ein-druck. Die Leute sehen wohl unsern Eifer, aber siesehen auch unsere unklaren Beweggründe; sie sehenunsere Liebe zum Herrn, stossen aber auch noch aufunsere Eigenliebe. Wir sind ein wertvoller Bruder,aber auch ein schwieriger, sofern unser äussererMensch noch nicht zerbrochen wurde. Wohl werdenwir auch durch Predigt, Gebet und Bibellese aufer-

76

Page 77: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

baut; aber wir wollen nicht vergessen, dass die Er-ziehung des Heiligen Geistes das grösste Auferbau-ungs-Mittel ist.

Es bedarf daher unsererseits einer völligen Ober-gabe, damit wir uns dem, was der Heilige Geist unsverordnet, unterziehen. Solcher Gehorsam bringt unsSegen. Wenn wir statt dessen mit Gott streiten undunsern eigenen Neigungen folgen, dann kommen wirvom Weg ab. Wenn wir einmal erkannt haben, dass al-les, was Gott schickt, uns zum höchsten Gewinn ge-reicht, gerade auch die unangenehmen Dinge, undwir diese willig als Erziehungsmassnahme aus SeinerHand annehmen, dann werden wir sehen, dass sichder heilige Geist alle Dinge dienstbar macht, um unsumzugestalten.

Verschiedene Behandlungs-Arten

Woran ihr auch immer gebunden seid, Gott wird einsums andere in Seine Behandlung einbeziehen. AuchNebensächlichkeiten wie Kleidung, Essen oder Trin-ken werden der exakten Hand des Heiligen Geistesnicht entrinnen. Er wird nicht ein einziges Gebieteures Lebens auslassen. Ihr mögt euch auch des Han-ges zu einer gewissen Sache gar nicht bewusst sein,aber Er weiss es und wird auch da gründlich durch-greifen. Bis der Tag kommt, da all diese Dinge zer-schlagen sind, seid ihr nicht völlig frei. An diesenHandlungen könnt ihr die Gründlichkeit des HeiligenGeistes erkennen. Dinge, die wir längst vergessen ha-ben, bringt uns der Herr wieder in Erinnerung. GottesWerke sind vollkommen, darum kann Ihn auch nichtsGeringeres als Vollkommenheit zufriedenstellen. Erkann nicht eher aufhören. Manchmal will Er in euchdurch andere etwas erreichen und fügt es so, dassihr mit jemand zusammen sein müsst, über den ihrzornig oder eifersüchtig seid oder den ihr verachtet,sehr oft aber auch durch solche, die ihr liebt. Vorher

77

Page 78: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

wusstet ihr nicht, wie unrein ihr gewesen und aus wievielerlei zusammengesetzt, hernach aber erkennt ihr,wieviel «Plunder» in euch ist. Ihr habt angenommen,völlig auf des Herrn Seite zu sein; sobald aber derHeilige Geist seine Erziehungsarbeit beginnt, erken-nen wir mehr und mehr, wie sehr äussere Dinge aufuns einzuwirken vermögen.

Alsdann wird sich Gott auch mit unserm Gedanken-leben befassen. Wir entdecken, wie verwirrt, ichbezo-gen und unkontrolliert unsere Gedanken sind. Wirgaben vor, weiser zu sein als andere. Nun aber ge-schieht es, dass uns Gott in eine Wand rennen undLuftstreiche ausführen lässt, um uns durch all dieszu zeigen, dass wir unsere Gedanken nicht ungezü-gelt gebrauchen dürfen. Einmal erleuchtet in diesenDingen, fürchten wir unsere eigenen Gedanken wiedas Feuer. So wie sich die Hand sofort von einerFlamme zurückzieht, so sollten wir uns augenblicklichzurückziehen, wenn wir auf unsere unkontrolliertenGedanken stossen. Wir sollten uns selbst mahnen:«So sollte ich nicht denken; ich scheue mich, meineneigenen Gedankengängen zu folgen.»

Des weitern wird Gott unsere Verhältnisse so ordnen,dass auch unsere Gefühle auf ihren rechten Platzverwiesen werden. Es gibt Leute, die äusserst gefühls-mässig reagieren. In gehobener Stimmung könnensie sich nicht mehr zügeln; sind sie aber niederge-schlagen, so sind sie nicht zu trösten. Ihr ganzes Le-ben dreht sich um ihre Gefühle und Stimmungen, indenen sie sich beinahe auflösen oder in Niederge-schlagenheit in Untätigkeit verfallen. Wie schafft Gotthier Ordnung? Er bringt sie in Situationen, in denensie in gehobener Stimmung nicht überglücklich undin gedrückter Stimmung nicht zu betrübt sein können.Nun können sie sich nur noch auf Gottes Barmherzig-keit stützen und leben kraft Seiner Gnade und nichtmehr nach ihren wandelbaren Gefühlen.

78

Page 79: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Obschon Schwierigkeiten, die uns durch unsere Ge-danken und Gefühle erwachsen, etwas ganz Alltäg-liches sind, so erstehen uns doch die grössten undweit überwiegenden Schwierigkeiten durch unsernWillen. Unsere Gefühle geraten nur deshalb durch-einander, weil unser Wille noch nicht untergeordnetist. Das Grundübel liegt in unserm Willen. Ebensoverhält es sich mit unsern Gedanken. Wir mögen wohlsagen: «Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe»,aber lassen wir auch wirklich den Herrn walten, wennsich etwas ereignet? Je weniger wir uns selber ken-nen, umso leichter gehn uns solche Worte über dieLippen. Je weniger wir erleuchtet sind, umso leichterscheint es uns, Gott Untertan zu sein. Wer billigeWorte macht, verrät damit, dass er den Preis nochnicht bezahlt hat.

Nur wenn Gott in uns zum Recht gekommen ist, se-hen wir, wie hart wir in Wirklichkeit sind und wiegerne wir unsere eigene Ansicht haben. Gott mussuns hart anfassen, wenn unser Wille zerbrochen undgefügig werden soll. Eigenwillige Leute sind über-zeugt, dass ihre Ansichten, Methoden und Urteilerichtig sind. Beachtet, wie Paulus diese Gnade er-langte, so dass er im Philipperbrief schreiben konnte:« . . . und nicht auf Fleisch vertrauen.» 3, 3. Auch unsmuss Gott dazu bringen, dass wir es nicht mehr wa-gen, uns auf unser eigenes Urteil zu verlassen. Gottwird es zulassen, dass wir Fehler auf Fehler machen,bis wir erkennen, dass dies auch unser Vorbild für dieZukunft ist. Dazu bedürfen wir wahrhaftig der Gnadedes Herrn. Oftmals lässt er uns die ernsten Folgenunserer eigenen Urteile auskosten.

Am Ende seid ihr von eurem Versagen so getroffen,dass ihr sagt: «Ich fürchte mein eigenes Urteil, wie ichdas Feuer der Hölle fürchte. Herr, ich mache dochnur einen Fehler über den andern. Wenn Du mir nichtGnade schenkst, wenn nicht Du mich trägst, wenn

79

Page 80: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Deine Hand mich nicht zurückhält, dann irre ich im-mer wieder.» Die Zerbrechung des äussern Menschenfängt damit an, dass ihr es nicht mehr wagt, euch aufeuch selbst zu verlassen. Bevor euch Gott geheilt hatund ihr viele Fehlschläge erlitten habt, sind eureMeinungen meist bald gebildet. Dann aber ergebt ihreuch und sagt: «Gott, ich wage es nicht, mir eineeigene Meinung zu bilden und selbst Entscheidungenzu treffen.» Das ist die Zucht des Heiligen Geistes, obuns auch alle möglichen Angelegenheiten und allenoch so verschiedenen Leute von allen Seiten be-drängen.Denkt nicht, dass diese Schule jemals nachlassenwerde! Die Wortverkündigung mag oftmals fehlenoder ein anderes Gnadenmittel mangeln, die Erzie-hung des Heiligen Geistes, dies aussergewöhnlicheGnadenmittel, wird trotzdem immer da sein. Ihr sagtvielleicht, dass ihr keine Gelegenheit habt, das Wortzu hören und zu empfangen, aber von der Erziehungdes Heiligen Geistes werdet ihr das nie sagen kön-nen. Er schafft uns täglich reichlich Gelegenheit zumLernen.Sobald man sich Gott übergibt, kommt diese Erzie-hung unsern persönlichen Bedürfnissen in weit grös-serem Umfange nach als das Wort. Das gilt nicht nurfür Geschulte, Intellektuelle und Begabte; nein, dasist der Weg eines jeden Gotteskindes. Weder dieWortverkündigung noch die Gnade des Gebetes nochdie Gemeinschaft der Gläubigen vermag die Erzie-hung des Heiligen Geistes zu ersetzen. Dies darum,weil wir nicht nur auferbaut werden müssen, sondernauch zerbrochen und erlöst von all den vielen Dingenunseres Lebens, die wir nicht in die Ewigkeit hinüber-nehmen können.

Das Kreuz in seiner Wirksamkeit

Das Kreuz ist mehr als eine Theorie, es muss prak-tisch verwirklicht werden. Denkt nicht, dass der Weg

80

Page 81: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

zur Demut darin besteht, dass wir uns ständig daranerinnern, dass wir nicht stolz sein sollen. Es muss unsimmer und immer wieder schwer treffen, wo nötigzwanzig Mal, bis wir uns ergeben und unser Stolz da-hin ist. Lasst uns nie annehmen, dies geschehe ledig-lich, indem wir der Lehre des einen oder andern Bru-ders folgen. Nein, sondern deshalb, weil Gottes Wegeunsern Stolz zerbrochen haben.

Durch die Wirksamkeit des Kreuzes lernen wir, unsnicht mehr auf unser Gedächtnis zu verlassen, son-dern auf Gottes Gnade. Ob es uns gerade gegenwär-tig ist oder nicht, Tatsache bleibt, dass Er ein Werkvollendet, das zuverlässig und bleibend ist. Vorherwaren der äussere und der innere Mensch ausser-stande, sich zu verbünden; nun aber wartet der äus-sere Mensch demütig, in Furcht und Zittern vor Gott.

Jeder von uns bedarf der Erziehung durch den Herrn.Wenn wir auf unser Leben zurückblicken, so könnenwir nicht anders, wir müssen Gottes Hand erkennen,die der Unabhängigkeit, dem Stolz und der Selbst-sucht unseres äusseren Menschen zu Leibe rückt. Wirentdecken den Sinn all dessen, das uns bisher be-gegnet ist.

81

Page 82: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

7 Trennung und Offenbarung

Gott wünscht den äussern Menschen nicht nur abzu-brechen, sondern auch abzusondern, so dass er sichnicht länger in die Tätigkeit des innern Menschenverstrickt. Oder sagen wir es einfacher, Gott will Geistund Seele trennen.

Ein vermengter Geist

Wie selten trifft man doch in unsern Tagen einen rei-nen Geist an. Wenn unser Geist hervorbricht, machtsich gewöhnlich auch die Seele bemerkbar, da beidemiteinander vermengt sind. Erste Bedingung im ReichGottes ist nicht ein mächtiger Geist, sondern ein rei-ner Geist. Wer dies missachtet, wird schliesslich seinWerk doch zerstört finden; er mag es wohl mit Machtgetan haben, aber es fehlte ihm die Reinheit. Obschoner wirklich im Besitz der Kraft Gottes ist, so wird erdennoch, weil sein Geist vermengt ist, wieder zerstö-ren, was er gebaut hat. Wir wollen zu verstehen su-chen, wie es dazu kommt.

Vielleicht denken einige, solange sie von Gott Krafterhalten, wären auch ihre natürlichen Fähigkeiten imBesitz Gottes. Dem ist jedoch nicht so! Je besser wirGott kennen, desto besser kennen wir einen reinenGeist und lieben ihn — eine Reinheit, die keine Ver-mengung des innern und äussern Menschen erlaubt.Wo der äussere Mensch nicht auf den einzigen, ihmzustehenden Platz verwiesen wurde, kann einer nichterwarten, dass die von ihm fliessende Kraft rein sei.Geistliche Kraft, die, wenn sie sich äussert, mit demeigenen Ich vermengt ist, wird vor Gott zur Sünde,wie gut auch die Resultate scheinen mögen.

Viele junge Brüder, wohlwissend, dass das Evange-lium eine Kraft Gottes ist, bringen dennoch langsam

82

Page 83: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

ihre eigene Klugheit, ihre Scherze und ihre persön-lichen Empfindungen in ihre Predigt, womit die Leutesowohl mit ihnen selbst als auch mit Gottes Kraft inBerührung kommen. Ob sie es selbst auch nicht mer-ken, so werden doch andere, die reinen Geistes sind,solch fremde Bestandteile augenblicklich entdecken.Wie oft ist unser Arbeitseifer mit unserm eigenen Ver-gnügen vermengt. Wir tun Gottes Willen, weil er sichzufällig mit dem unsern deckt. Scheinbar entschlossenfür Gott dastehend, bringen wir doch nur unsereeigene, starke Persönlichkeit zum Ausdruck.

Da diese Unreinheit unser grösstes Problem ist, mussGott an uns wirken, bis dieser äussere Mensch zer-brochen und wir von unserer Unreinheit rein gewor-den sind. Während Gott unsere harte Schale zer-bricht, vollzieht er auch das Werk der Reinigung. Wirsehen darin Sein zweifaches Wirken: die Zerbrechungdes äussern Menschen und dessen Trennung vomGeiste. Jenes geschieht durch die Züchtigung desHeiligen Geistes, dieses durch die Offenbarung desGeistes.

Die Notwendigkeit des Zerbrochenwerdensund der Trennung

Der äussere Mensch muss zerbrochen werden, damitder Geist frei wird. Wenn dann aber der Geist hervor-bricht, darf er nicht durch den äussern Menschenverdunkelt werden. Das führt uns über das Problemder Befreiung des Geistes hinaus, es berührt die Sau-berkeit oder Reinheit des Geistes.

Wer nicht erleuchtet ist, was das Wesen des äussernMenschen betrifft, wen Gott nicht streng gerichtethat, dessen äusserer Mensch wird sich automatischzusammen mit seinem Geist äussern. Während er vorGott am Wort dient, erkennen wir, dass auch er selbst

83

Page 84: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

sich äussert. Er mag uns Gott nahe bringen, aber erenthüllt auch sein eigenes, ungerichtetes Ich. Ist esnicht merkwürdig, dass unser hervorstechendstesMerkmal, unsere ausgeprägteste Eigenschaft andernimmer auffällt? Unser noch nicht gerichteter aussererMensch will sich andern immer von seiner stärkstenSeite zeigen. Wir können das nicht verbergen. Wiewollt ihr auf der Kanzel geistlich erscheinen, wenn ihres nicht einmal in euern vier Wänden seid? Könnt ihreuch vielleicht in Gedanken in die geistliche Naturversetzen? Wie sehr ihr es auch zu verhindern sucht,so verratet ihr euch doch, sobald ihr nur den Mundöffnet.

Wenn ihr wirklich befreit zu werden wünscht, dannmuss sich Gott nicht nur oberflächlich, sondern vonGrund auf mit eurer stärksten Seite befassen. Erstnachdem Er euch in diesem Punkt zerbrochen hat,bekommt euer Geist freien Lauf, ohne den andern zu-gleich auch Eigenes zu vermitteln.

Unreinheit ist das grösste Problem im Leben der Die-ner Gottes. Oft entdecken wir in unserm Brudergleichzeitig beides, Leben und Tod. Wir begegnenGott, aber auch seinem Ich; einem demütigen Geist,aber auch Halsstarrigkeit; dem Heiligen Geist, aberauch dem Fleisch, alles im gleichen Menschen. Wenner aufsteht und zu sprechen beginnt, erhalten die Zu-hörer den Eindruck eines unreinen, vermengten Gei-stes. Damit euch aber Gott in der Wortverkündigungals Sein Mundstück brauchen kann, müsst ihr SeineGunst suchen und beten: «Oh Gott, wirke du in mir,brich und sondere meinen äussern Menschen ab.»Ohne dies leidet der Name des Herrn Schaden. Wäh-rend ihr am Wort dient, gebt ihr euer Eigenes weiter.Der Name des Herrn leidet nicht darum, dass ihr zuwenig Leben hättet, sondern wegen der Verunreini-gung eurer Worte. Aus dem gleichen Grunde leidetauch die Gemeinde.

84

Page 85: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Wir haben nun das Erziehungswerk des Heiligen Gei-stes betrachtet. Wo aber hat das Offenbarungswirkendes Heiligen Geistes seinen Platz? Die Erziehung desGeistes mag der Offenbarung vorausgehen, kann ihraber ebensogut folgen. Es gibt hier keine starre Re-gel; bei den einen beginnt er mit Erziehung, bei an-dern mit Offenbarung. Wie dem auch sei, eines istsicher, die Erziehung des Heiligen Geistes nimmt dengrössem Raum ein als die Offenbarung. Damit stüt-zen wir uns natürlich nicht auf eine Lehrmeinung,sondern auf die Erfahrung von Gotteskindern. Denmeisten scheint es, dass die Erziehung eine viel grös-sere Rolle spiele als die Offenbarung.

Wie das lebendige Wort trennt

«Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam undschärfer als jedes zweischneidige Schwert und durch-dringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, so-wohl der Gelenke als auch des Markes, und ein Rich-ter der Gedanken und Gesinnungen des Herzens,und kein Geschöpf ist vor ihm unsichtbar, sondernalles bloss und aufgedeckt vor den Augen dessen,mit dem wir es zu tun haben.» Hebr. 4, 12—13.

Beachten wir zuerst, dass das Wort lebendig ist. SeinWort ist in der Tat lebendig, wenn wir es erkennen.Wenn wir es nicht lebendig finden, so einfach des-halb, weil wir es nicht erkannt haben. Wenn wir in derBibel lasen und nichts vom Leben verspürten, dannhaben wir Gottes Wort nicht erkannt.

Joh. 3, 16 sagt: «Denn also hat Gott die Welt geliebt,dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass je-der, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondernewiges Leben habe.» Wenn einer, nachdem er dieseWorte gehört hat, niederkniet und betet: «Herr, ichdanke Dir und preise Dich, dass Du mich geliebt underlöst hast,» so erkennen wir augenblicklich, dass

85

Page 86: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

dieser Gottes Wort begegnet ist, denn das Wort istihm lebendig geworden. Ein anderer, der ihm zur Seitesitzt, hört die genau gleichen Worte, ohne jedochGottes Wort wirklich wahrzunehmen. Von ihm verneh-men wir kein lebendiges Echo. Das lässt nur den einenSchluss zu: da Gottes Wort lebendig ist, hat der, derzuhört, ohne Leben zu empfangen, das Wort Gottesgar nicht wahrgenommen.

Das Wort Gottes ist aber nicht nur lebendig, es istauch wirksam. «Lebendig» bezeichnet sein Wesen,während «wirksam» sich auf seine Fähigkeit bezieht,das Werk am Menschen durchzuführen. Gottes Wortkehrt nicht leer zurück, es wird den Sieg davontragenund sein Ziel erreichen. Es sind nicht nur Worte, son-dern Worte, die so wirken, dass sie Resultate zeitigen.Was wirkt Gottes Wort in uns? Es dringt durch undscheidet. Es ist schärfer als jedes zweischneidigeSchwert. Seine Schärfe ist daran zu erkennen, dasses «durchdringt bis zur Scheidung von Seele undGeist, sowohl der Gelenke als auch des Markes.»Beachten wir hier die Ähnlichkeit: das zweischneidigeSchwert wider Gelenke und Mark, das Wort Gotteswider Seele und Geist. Gelenke und Mark sind tief immenschlichen Körper eingebettet. Um die Gelenkezu trennen, muss man zwischen den Knochen hin-durchschneiden; um das Mark auszuscheiden, müs-sen die Knochen zerspalten werden. So vermag daszweischneidige Schwert in unserm geheimnisvollenLeib zu wirken. Nur zwei Dinge sind noch schwererzu scheiden als Gelenke und Mark: Seele und Geist.Kein noch so scharfes Schwert vermag sie zu schei-den. Ebenso sind auch wir unfähig, zwischen Seeleund Geist zu unterscheiden. Die Schrift aber sagt uns,dass das lebendige Wort dies vermag, da es schärferist als jedes zweischneidige Schwert. Gottes Wort istlebendig und wirksam und vermag durchzudringenund zu scheiden. Seele und Geist eines Menschenwerden so durchdrungen und geschieden.

86

Page 87: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Vielleicht mag nun jemand einwenden: «Es machtnicht den Anschein, dass Gottes Wort in mir etwas Be-sonderes bewirkt hat. Ich habe Gottes Wort oft gehörtund auch Offenbarungen empfangen, aber was durch-dringen ist, verstehe ich nicht und ebensowenig wasscheiden bedeutet. Ich kann nur soviel sagen, dassmir beide Prozesse fremd sind.»

Was hat uns die Bibel dazu zu sagen? Sie spricht vom«Durchdringen zur Scheidung von Seele und Geist,sowie der Gelenke und des Markes,» fährt aber aus-serdem weiter: «und ist ein Richter der Gedanken undGesinnung des Herzens.» «Gedanken» bezieht sichauf das, was wir in unsern Herzen überlegen, «Gesin-nung» hingegen auf unsere Beweggründe. Das WortGottes vermag also beides zu beurteilen, was wir den-ken und was uns so zu denken veranlasst.

Sehr oft können wir leicht feststellen, was vom äus-sern Menschen kommt. Wir bekennen bereitwillig:«Das war seelisch, es kam aus mir selber.» Was aberunsere Seele oder unser Ich ist, vermögen wir nichtwirklich zu «erkennen». Wenn uns aber eines TagesGottes Gnade zuteil wird und Sein Licht auf uns fällt,dann sagt uns Seine Stimme mit aller Strenge undallem Ernst: «Was du oftmals als Eigenes bezeichnethast, IST dein Ich! Du hast das Fleisch leicht undoberflächlich erwähnt. Du musst aber «erkennen», wiesehr es von Gott gehasst wird und dass Er nicht will,dass es so weiter gehe.»

Bevor wir so «erkannten,» konnten wir scherzweisevom Fleisch sprechen; sobald aber Sein Licht auf unsfällt, werden wir bekennen: «Ah, das ist es! Darüberhabe ich also jeweils gesprochen.» Das ist mehr alsnur vernunftmässiges Scheiden. Es ist Gottes Wort,das auf uns kommt und uns zeigt, was wir im Herzendenken und vorhaben. Wir empfangen eine zweifacheErleuchtung, nämlich, dass unsere Gedanken dem

87

Page 88: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Fleisch entspringen und dass unsere Absichten ledig-lich selbstsüchtig sind.

Wir wollen zur Illustration zwei unbekehrte Menschenbetrachten. Der eine ist sich bewusst, dass er ein Sün-der ist. Er hat oft Versammlungen besucht und vielüber die Sünde zu hören bekommen. Klare Wortver-kündigung brachte ihn dazu, sich als Sünder zu er-kennen. Wenn er aber davon spricht, erwähnt er dieslachend, als ob da weiter nichts dabei wäre. Ein an-derer hört die gleichen Botschaften und wird vomLicht Gottes getroffen. Der Geist überführt ihn so,dass er sich zu Boden wirft und betet: «Oh, so bin ich— ein Sünder!» Er hat vom Wort Gottes nicht nur ver-nommen, dass er ein Sünder ist, er hat auch seinenwahren Zustand «erkannt.» Er bekennt sich schuldig.Er ist zu Boden geschlagen. So erleuchtet, bekennter seine Sünden und erfährt vom Herrn Vergebung.Er wird sicher nicht leicht oder scherzend von seinenSünden sprechen, da er sie in Wahrheit «erkannt»hat. Jener aber, der sich scherzweise als Sünder be-zeichnet, hat nicht «erkannt» und ist daher auch nichterlöst.

Wie reagiert ihr nun auf die Botschaft, dass euer äus-serer Mensch Gott so sehr hindert, dass Er ihn zer-brechen muss? Wer von euch noch leicht und unbe-kümmert darüber sprechen kann, den hat es nochnicht ernstlich getroffen. Wem aber anderseits Er-leuchtung zuteil geworden ist, wird sagen: «Oh, Herr,jetzt fange ich an, mich zu erkennen. Bisher wussteich nichts von meinem äussern Menschen.» Und wäh-rend Gottes Licht euch umgibt und den äussern Men-schen aufdeckt, fallt ihr zu Boden, da ihr nicht mehrzu stehen vermögt, denn ihr habt augenblicklich «er-kannt», was ihr seid.

Wer einmal sagte, er liebe den Herrn, sieht nunmehrim Lichte Gottes, dass dem gar nicht so ist, dass er

88

Page 89: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

in Wirklichkeit sich selbst liebt. Dies Licht bringt einewirkliche Scheidung und stellt euch auf die Seite. Ihrseid innerlich abgesondert, nicht durch euern Ver-stand noch durch blosse Lehre, sondern durch dasLicht Gottes. Früher glaubtet ihr für den Herrn zueifern, nun aber erkennt ihr im Lichte Gottes, dasseuer Eifer einzig dem eigenen Fleisch und Blut ent-sprang. Ihr glaubtet, die frohe Botschaft aus Liebe zuden Sündern zu verkündigen, nun aber entdeckt ihrim Lichte Gottes, dass euer Predigen hauptsächlicheurer Liebe zur Geschäftigkeit, Freude am Sprechenund der natürlichen Neigung entspringt. Je tiefer dasgöttliche Licht dringt, desto klarer offenbart es dieGedanken und Absichten unserer Herzen. Wenn ihrfrüher dafür hieltet, eure Gedanken und Beweggründevom Herrn zu haben, so erkennt ihr in diesem durch-dringenden Licht, dass sie ohne Ausnahme ihren Ur-sprung in euch selbst haben. Dieses Licht aber bringteuch dazu, euch vor Gott niederzuwerfen.

Allzuoft erweist sich als unser Eigenprodukt, was wirvom Herrn zu haben glaubten. Obschon wir verkün-digten, die Botschaft vom Herrn empfangen zu haben,nötigt uns nun das Himmelslicht zu bekennen, dassder Herr nicht zu uns gesprochen hatte, oder wenn Ergesprochen hatte, wie wenig es war. Wie vieles, wasWerk des Herrn genannt wird, erweist sich nunmehrals fleischliche Geschäftigkeit. Diese Enthüllung derwahren Natur der Dinge lässt uns in Wahrheit erken-nen, was VON UNS und was VOM HERRN ist, wievielaus DER SEELE und wieviel aus dem GEIST ist. Wiewunderbar, wenn wir sagen können: «Sein Licht istuns geworden; unser Geist und unsere Seele sind ge-schieden, und die Gedanken und Absichten unseresHerzens sind gerichtet.»

Ihr, die ihr dies erfahren habt, wisst, dass dies weitmehr ist als blosse Lehre. Alles Mühen herauszufin-den, was von uns und was vom Herrn ist, und die

89

Page 90: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Dinge des äussern Menschen von denen des innernMenschen zu scheiden, selbst ihre schriftliche Auf-zeichnung, um sich ihrer wieder zu erinnern, hat sichals grosse, unnütze Anstrengung erwiesen. Ihr be-nehmt euch weiterhin genauso wie zuvor, denn aufdiese Weise wird man den äussern Menschen nichtlos. Ihr könnt wohl euer Fleisch untauglich erklärenund stolz sein, dass ihr erkennt, dass dies und jenesvom Fleisch ist, erlöst von ihm seid ihr aber damitnicht.

Erlösung kommt durch das Licht Gottes. Wenn diesesLicht scheint, so erkennt ihr augenblicklich, wie ober-flächlich und fleischlich eure Verleugnung des Flei-sches war, und wie natürlich, menschlich ihr euchselbst beurteilt habt. Jetzt aber hat der Herr euch dieGedanken und Absichten eures Herzens aufgedeckt,und zwar so, dass ihr vor ihm niederfallt und sagt:«Oh Herr! Nun erkenne ich, dass diese Dinge in Wirk-lichkeit meinem äussern Menschen entstammen. Ein-zig Dein Licht vermag meinen äussern Menschenwirklich vom innern zu scheiden.»

So hilft uns also weder unsere Verleugnung des äus-sern Menschen noch unsere Entschlossenheit, ihn zuverschmähen. Ja selbst das Bekennen unserer Sündeist umsonst, und auch unsere Reuetränen bedürfennoch, im Blut gewaschen zu werden. Wie töricht, sichvorzustellen, dass wir unsere Sünden selbst aufdek-ken könnten! Nur in Seinem Licht vermögen wir zu«erkennen» und sind wir aufgedeckt. Sein Werk musses sein, durch Seinen Geist, nicht durch die Anstren-gung unserer Seele, z. B. unseres Verstandes. Gotthat keine andere Möglichkeit.

Darum sagt Gott: «Mein Wort ist lebendig und wirk-sam. Mein Schwert ist das schärfste, das es gibt.Wenn mein Wort den Menschen trifft, vermag es Seeleund Geist genauso zu scheiden, wie ein zweischnei-

90

Page 91: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

diges Schwert Gelenke und Mark zu scheiden ver-mag.»

Wie scheidet es? Indem es uns die Gedanken und Be-weggründe unseres Herzens offenbart. Wir kennenunser Herz nicht. Geliebte, nur wer im Licht ist, er-kennt sein eigenes Herz. Das kann sonst keiner, nichtein einziger! Wenn aber Gottes Wort hereinbricht,dann «erkennen» wir. Dann sind wir als egoistischaufgedeckt, als solche, die nur Befriedigung, Ruhm,Vorrang und Ansehen für sich selbst suchen. Wiesegensreich ist dies Licht, das uns dem Herrn zu Füs-sen fallen lässt.

Was ist eine Offenbarung?

Die Schriftstelle, die wir betrachtet haben, fährt dannweiter: «Und kein Geschöpf ist vor ihm unsichtbar,vielmehr ist alles entblösst und aufgedeckt vor seinenAugen, dem wir Rede zu stehen haben.» Hier gibt unsder Herr die Regel oder den Massstab für die Schei-dung. Worin besteht eine Offenbarung des HeiligenGeistes? Wieviel müssen wir sehen, bis es eine Offen-barung ist? Vers 13 kann uns hier zur Antwort helfen.DURCH OFFENBARUNG SIND WIR IMSTANDE ZUSEHEN, WAS GOTT SIEHT. Alles liegt nackt undbloss vor Ihm. Was irgend verdeckt sein mag, ist nurvor unsern Augen verdeckt, nicht aber vor Gott. WennGott uns die Augen öffnet, erkennen wir die Gesin-nung unseres Herzens und unsere innersten Gedan-ken im gleichen Mass wie Er sie kennt — das istOffenbarung. So, wie wir vor Ihm nackt und aufge-deckt sind, sehen auch wir uns, wenn uns Offenba-rung zuteil wird. Sehen, wie der Herr sieht, das istOffenbarung.

Wenn Gott uns gnädig ist und uns nur ein kleinesMass an Offenbarung schenkt, damit wir uns sehen

91

Page 92: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

wie Er uns sieht, so wird es uns augenblicklich zu Bo-den schlagen. Da müssen wir uns nicht mehr anstren-gen, um demütig zu sein. Wer sich im Licht befindet,kann nicht stolz sein. Nur während wir uns in der Fin-sternis befinden, können wir stolz sein. Ausserhalbdes Lichtes Gottes können die Menschen unver-schämt und hochmütig sein, unter dem Licht derOffenbarung können sie nicht anders, als sich vor Ihmniederwerfen.

Während man weiterschreitet, wird es immer offen-sichtlicher, dass es äusserst schwierig ist, die Schei-dung des Natürlichen vom Geistlichen, des Äussernvom Innern zu erklären. Nur Offenbarung vermag diesProblem zu lösen. Wenn immer ihr die Gedanken undAbsichten eures Herzens zu erkennen vermögt, könntihr sicher sein, dass Seele und Geist geschieden wer-den.Wenn ihr den Wunsch habt, von Gott gebraucht zuwerden, werdet ihr früher oder später das Licht aufeuch scheinen lassen. Ihr werdet euch Ihm zuwendenund sagen: «Oh Gott, ich bin absolut unzuverlässig.Ich weiss nicht, wen ich anklage, noch welche Sündeich bekenne. Einzig Dein Licht lässt es mich erken-nen.» Bevor ihr erleuchtet seid, könnt ihr wohl sagen,dass ihr Sünder seid, aber es fehlt euch die Reueeines Sünders; ihr glaubt euer Ich zu hassen, empfin-det aber keine wahre Selbstverabscheuung; ihr meinteuch selbst zu verleugnen, aber da ist nichts von Ver-leugnung zu fühlen. Sobald das Licht hereinbricht,wird die oberflächliche Rinde weggezogen und das«Wahre» oder «Ursprüngliche» wird offenbar. Welcheine Enthüllung zu sehen, dass ich nur mich selbstliebe; dass ich mich täuschen lasse und den Herrnbetrüge; zu sehen, dass ich Ihn nicht liebe. In diesemLicht erkennt ihr, was ihr seid und was ihr getan habt.Fortan habt ihr die innere Schau zu erkennen, wasdem eignen Ich angehört. Ohne diese Einsicht durchdas Licht seid ihr nicht einmal einer Nachahmung fä-

92

Page 93: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

hig, nun aber, da das Licht Gottes richtet, werdenGeist und Seele geschieden; dies nachahmen zu wol-len, ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Der Herr unternimmt es, mit einem durchdringendenLicht bis zu unserm innern Menschen durchzudringen.Das kann geschehen, ob wir einer Predigt zuhörenoder ob wir allein beten; in Gemeinschaft mit andernoder wenn wir allein einen Weg gehen. Dies unver-gleichliche Licht zeigt uns, wieviel zu unserm eigenenWesen gehört. Es offenbart uns, dass fast nichts vorsich geht, das vom Herrn wäre. Im Gespräch, in Ge-schäftigkeiten, im Arbeiten, im Eifer, im Predigen, inder Hilfe für andere — in allen Lebensbereichen istalles von unserm eigenen Ich durchdrungen. Sobaldaber unser verborgenes Ich ans Licht gebracht wird,erklären wir unsern äussern Menschen von selbst alsuntauglich. Wo immer er bei spätem Gelegenheitenzum Ausdruck kommt, bedauern wir das augenblick-lich und verurteilen ihn. Aber einzig eine solche Er-leuchtung befähigt uns Geist und Seele zu scheiden.Fortan wollen wir dem Herrn leben mit unserm freigewordenen Geist, der nun rein ist und dem Herrnkeine Schwierigkeiten mehr bereitet.

Die Scheidung von Geist und Seele ist also von derErleuchtung abhängig, das heisst davon, dass wir sosehen, wie Gott sieht. Was aber sieht Gott? Er sieht,was wir nicht sehen. Wir sind blind für das, was vonuns ist und halten dafür, es sei von Gott, obschon esnicht der Wahrheit entspricht. Was wir für gut erklär-ten, müssen wir nun in diesem Licht verurteilen. Waswir für recht hielten, verwerfen wir nun. Was uns bis-her geistlich schien, erkennen wir nun als seelisch.Was wir von Gott zu haben glaubten, erweist sich nunals vom eigenen Ich. Da bekennen wir: «Herr, nunfange ich an, mich selbst zu erkennen. Ich war dieletzten zwanzig oder dreissig Jahre blind und wusstees nicht. Ich sah nicht, wie Du es gesehen hast.»

93

Page 94: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Solche Sicht befreit uns von der schweren Last unse-res eigenen Ichs. So sehen zu können, muss Gott wir-ken. Sein Wort ist kräftig, denn es erleuchtet uns, da-mit wir den äussern Menschen ablegen können. Es istnicht so, dass man sich, nachdem man Gottes Wortgehört hat, stufenweise ändert, dass Erkennen einSchritt wäre und Ablegen der nächste. Nein, Erleuch-tung ist Erkennen und zugleich Ablegen, beides ge-schieht gleichzeitig. Sobald uns das Licht trifft, istunser Fleisch tot. Kein Fleisch vermag in diesem Lichtzu leben. Sobald ein Mensch Licht empfängt, wirft ersich nieder. Das Licht hat sein Fleisch ausgetrocknet.Geliebte, das ist Wirksamkeit. Wahrhaftig, das WortGottes ist lebendig und kräftig. Gott spricht nicht, umdann zu warten, was ihr daraus macht. Sein Wort istwirksam in euch.

Möge euch der Herr die Augen öffnen, die Wichtigkeitder Erziehung durch den Heiligen Geist und SeinerOffenbarung zu erkennen. Beide handeln gemeinsam,um sich wirksam mit unserm äussern Menschen zubefassen. Lasst uns zu Gott aufblicken, dass wir unsdurch Seine Gnade unter Sein Licht stellen, um soerleuchtet zu werden, dass wir uns vor Ihm beugenund bekennen: «Herr, wie töricht und blind war ichdoch all die Jahre, dass ich von meinem Eigenenfälschlicherweise meinte, es wäre von Dir. Herr, seimir gnädig!»

94

Page 95: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

8 Welchen Eindruck hinterlassen wir?

Ob wir des Herrn Werk auszurichten vermögen, hängtnicht so sehr davon ab, was wir reden oder tun, alsviel mehr davon, was von uns ausgeht. Wir werdenandere nicht erbauen, wenn das, was wir reden, mitdem, was wir leben, nicht übereinstimmt, wenn unserLeben eine andere Sprache spricht, als was wir zusein vorgeben. Was von uns ausstrahlt, ist von gros-ser Wichtigkeit.

Wir sagen oft, dass wir von einer Person einen gutenoder schlechten Eindruck haben. Wie kommen wir zudiesem Eindruck? Er entsteht nicht nur durch seineWorte oder Taten. Es ist ein geheimnisvolles Etwas,das sich zum Ausdruck bringt, während er sprichtoder sich betätigt. Das ist es, was uns den Eindruckvermittelt.

Was andere an uns wahrnehmen, ist unser am stärk-sten ausgeprägter Wesenszug. Wenn unser Verstandnoch nie zurückgebunden worden ist und keine Zuchtkennt, dann brauchen wir ihn natürlicherweise, um mitandern in Kontakt zu kommen und so werden sie vonseiner ungestümen Wucht getroffen. Wenn wir für et-was eine übermässige Vorliebe haben, wenn wir zuwarm oder zu kalt sind, dann merken es die andernan dem Eindruck, den wir auf sie machen. Was immerunser stärkster Charakterzug ist, er macht sich unwei-gerlich bemerkbar und beeindruckt unsere Mitmen-schen. Wir sind vielleicht in unserm Reden und Tunsehr beherrscht, aber den Eindruck unserer Natur ver-mögen wir nicht zu verwischen. Es wird unweigerlichoffenbar, was wir sind.

2. Kön. 4 berichtet, wie die Sunamitin Elisa aufnahm.«Eines Tages begab es sich, dass Elisa nach Sunemhinüber ging. Dort wohnte eine reiche Frau, die nö-

95

Page 96: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

tigte ihn, bei ihr zu essen. So oft er dann vorbeikam,kehrte er bei ihr zum Essen ein. Da sprach sie einstzu ihrem Manne: «Sieh, ich habe gemerkt, dass es einheiliger Gottesmann ist, der da immer bei uns vorbei-kommt.» Beachtet, dass Elisa weder gepredigt nochein Wunder gewirkt hat. Er kam einfach zum Essen,so oft er dort vorbeikam. An der Art und Weise wieer ass, erkannte diese Frau in ihm den Mann Gottes.Das war der Eindruck, den Elisa bei andern hinter-liess.

Wir sollten uns daher fragen, welchen Eindruck wirauf andere machen. Wie oft haben wir schon betont,dass der äussere Mensch zerbrochen werden muss.Wenn diese Zerbrechung nicht vollständig ist, stossendie andern unweigerlich auf unsern äussern Men-schen. Wenn immer wir mit ihnen zusammen sind,verursacht ihnen unsere Eigenliebe, unser Stolz, un-sere Unbeugsamkeit oder Klugheit oder unsere Be-redsamkeit Unbehagen. Vielleicht ist der Eindruck,den wir hinterlassen auch einmal günstig. Aber obdas Gott zufriedenstellt? Vermag dieser Eindruck dieBedürfnisse der Gemeinde zu stillen? Wenn Gott nichtzufrieden und der Gemeinde nicht geholfen ist, dannist jeder Eindruck, den wir hinterlassen, nichtig.

Geliebte, es ist Gottes feste Absicht, dass unser Geistbefreit werde. Wie dringend ist es daher, dass der äus-sere Mensch zerbrochen wirdl Ohne diese Zerbre-chung vermag unser Geist nicht hervorzutreten; somitist der Eindruck, den wir bei andern hinterlassen,auch nicht geistlich.

Angenommen, ein Bruder spricht über den HeiligenGeist. Trotz des Themas sind seine Worte, sein Be-nehmen und seine Beispiele voll seines eigenen We-sens. Ohne vielleicht zu wissen warum, leidet die Zu-hörerschaft, während sie ihm zuhört. Sein Mund istvoll von Worten über den Heiligen Geist, und dennoch

96

Page 97: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

hinterlässt er bei der Zuhörerschaft bloss seinen eige-nen Eindruck. Was ist der geistliche Wert solch einesleeren Vortrages? Er ist wertlos.

Lasst uns daher, statt die Lehre zu betonen, liebermehr Nachdruck darauf legen, was von uns ausgeht.Gott achtet nicht so sehr darauf, dass unsere Lehrevertieft wird, als dass Er von uns Besitz ergreifenkann. Wenn unsere Natur nicht gründlich kuriert wor-den ist, so können wir wohl einen sogenannt geist-lichen Vortrag halten, aber das ist keine Mitteilungdes Geistes. Wie tragisch ist es doch, wenn wir nurden äussern Menschen zum Ausdruck bringen, stattetwas von dem mitzuteilen, was für den innern Men-schen Leben bedeutet!

Noch und noch sorgt Gott für Verhältnisse, die unserestärkste Charakterseite zerbrechen sollen. Es hat dichvielleicht schon ein- oder zweimal getroffen, aber esist noch ein dritter Schlag nötig. Gott lässt dich nichtfahren. Seine Hand wird nicht ruhen, bis Er diese her-vorstechendste Charaktereigenschaft zerbrochen hat.

Was der Heilige Geist zustande bringt, wenn er unszüchtigt, ist völlig verschieden von dem, was ge-schieht, wenn wir einer Botschaft zuhören. EineBotschaft mag oft während Monaten oder gar Jahrenin unserm Sinn bleiben, bis ihre Wahrheit endlichin uns wirksam wird. So liegt das Hören oftmalsweit vor der praktischen Verwirklichung im Leben.Durch die Erziehung des Heiligen Geistes erkennenwir die Wahrheit schneller, und damit besitzen wirsie. Wie sonderbar, dass wir uns blosses Wissendurch eine Botschaft viel schneller aneignen, als dieErziehung durch den Heiligen Geist sie in uns zuverwirklichen vermag! Was wir einmal gehört haben,bleibt uns in Erinnerung. Wir können hingegen zehn-mal gezüchtigt werden und uns immer noch fragenwarum. Dies ist der Tag, an dem die Züchtigung ihr

97

Page 98: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Ziel erreicht hat, wenn ihr die Wahrheit wirklich «er-kennt» und in ihr lebt. Das Werk des Heiligen Geistesist also einerseits, dass er euch abbricht, anderseitsaber auch, dass er euch aufbaut. Daher wird euer Herzsagen: «Dank sei dem Herrn. Nun weiss ich, dassSeine züchtigende Hand während der vergangenenfünf oder zehn Jahre einzig dazu über mir war, umgerade diese starke Charakterseite in mir zu zerbre-chen.»

Zerschlagung geschieht erstaunlicherweiseauch durch Erleuchtung

Nachdem wir das erzieherische Wirken des HeiligenGeistes betrachtet haben, wollen wir nun ein anderesMittel ins Auge fassen, das Er ebenfalls braucht, ummit unserm äussern Menschen fertig zu werden. Ne-ben der Zucht gibt es die Erleuchtung. Manchmal ar-beiten beide gleichzeitig, manchmal abwechslungs-weise. Zuweilen zeigt sich die Züchtigung in Verhält-nissen, die dazu dienen sollen, dass unsere hervor-stechendsten Eigenheiten eingeebnet werden; einander Mal schenkt uns Gott in Seiner Gnade SeinLicht, um uns zu erleuchten. Wir wissen, dass sich dasFleisch in Finsternis befindet. Viele Werke des Flei-sches können nur deshalb existieren, weil wir sienicht als solche erkennen. Sobald aber durch SeinLicht das Fleisch offenbar wird, erschrecken wir undwagen uns nicht mehr zu bewegen.

Wir haben dies besonders dann beobachtet, wenn dieGemeinde reich ist an Gottes Wort. Wo der Wort-dienst kraftvoll ist und der prophetische Dienst nichtfehlt, bricht das Licht klar und mächtig herein. Indiesem Licht erkennt ihr sogar, dass auch eure Ver-urteilung des Stolzes noch Hochmut ist. Tatsächlichist selbst euer Reden gegen euern Stolz prahlerisch.Darum, sobald ihr im Lichte seht, was Stolz ist, werdet

98

Page 99: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

ihr sicherlich sagen: «Oh weh! Das also ist Stolz —wie widerlich ist er doch und unrein!» Stolz, wie manihn im Lichte der Offenbarung sieht, ist völlig ver-schieden vom Stolz, über den man so leichtzüngigspricht. Erleuchtung bringt den wahren Zustand anden Tag. Augenblicklich wird euch bewusst, dass ihrzehntausendmal schlechter seid, als ihr es euch jezuvor vorgestellt habt. Im Nu vergeht euer Stolz, euerIch und euer Fleisch und stirbt ohne Hoffnung auf einOberleben.

Was immer im Lichte offenbar wird, wird von ihmzerschlagen. Das ist höchst erstaunlich. Wir werdennicht erleuchtet, um dann im Laufe der Zeit stufen-weise in den Tod gebracht zu werden. Wir fallen viel-mehr augenblicklich nieder, sobald das Licht herein-bricht. Sobald der Heilige Geist uns aufdeckt, was wirsind, ist es um uns geschehen. So schliesst die Offen-barung beides in sich, dass wir sehen und dass wirerschlagen werden. Es ist Gottes einzige möglicheBehandlungsweise. Sowie das Unreine wirklich ansLicht kommt, kann es nicht mehr bestehen. Daherwirkt die Offenbarung beides: sie enthüllt uns und sieerschlägt uns.

Vom Licht erschlagen werden, dies ist eine der not-wendigsten Erfahrungen eines Christen. Paulus eiltenicht erst an den Strassenrand, um niederzuknien, daihm das Licht erschien. Er fiel auf der Stelle zu Boden.Obschon von Natur fähig und voller Selbstvertrauen,reagierte er auf das Licht, das ihn innerlich entblössthatte, indem er bestürzt niederfiel. So wirksam wardas Licht, dass es ihn zu Boden schlug! Beachten wir,dass dies alles gleichzeitig geschah. Man könnte an-nehmen, dass uns Gott erst einmal unsern Verstanderleuchtet, um es dann uns zu überlassen, es in dieTat umzusetzen. Das ist nicht Gottes Art. Er zeigt unsimmer, wie abscheulich und verdorben wir sind, sodass wir augenblicklich antworten: «Oh weh! So ein

99

Page 100: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Wrack bin ich — so unrein und jämmerlich!» Gottweiss, dass wir wie tot niederfallen, wenn Er uns un-ser wahres Wesen offenbart. Wenn ein stolzer Menscheinmal wirklich erleuchtet wird, wagt er nicht einmalmehr einen Versuch, stolz zu sein. Die Wirkung dieserErleuchtung hinterlässt ihre Spur in ihm, solange erlebt.

Anderseits ist diese Zeit der Erleuchtung auch dieZeit zu glauben — nicht um zu bitten, sondern umsich tief zu beugen. Gott folgt dem gleichen Grund-satz, wenn Er uns errettet und wenn Er nachher inuns wirkt. Wem die Strahlen seines Evangeliumsleuchten, wird nicht beten: «Herr ich bitte Dich, seiDu mein Erlöser.» So zu beten, und wenn es tagelangwäre, brächte niemandem Heilsgewissheit. Wir sageneinfach: «Herr, ich nehme Dich als meinen Heilandan.» Damit ist die Errettung augenblicklich Tatsachegeworden! Genauso sollten wir später, wenn Gottwirkt und Sein Licht auf uns fallen lässt, augenblick-lich niederfallen und sagen: «Herr, ich nehme DeinUrteil an. Ich gehe mit Deinem Richterspruch einig.»Das macht uns auch bereit, noch mehr Licht zu emp-fangen.

In dieser Stunde der Enthüllung verlieren selbst gross-mütige Taten, die wir in Seinem Namen und aus Liebezu Ihm vollbrachten, irgendwie ihren Glanz. Selbst inder besten Absicht entdeckt man die erbärmlichsteNeigung. Was wir völlig für Gott zu tun glaubten, er-scheint nunmehr von unserm eigenen Ich durch-löchert. Ach! Das Eigene scheint jeden Rest unseresWesens zu durchdringen und Gott die Ehre zu rauben.

Es schien keine Tiefe zu geben, die der Mensch nichtergründen konnte. Es erfordert jedoch Gottes Offen-barung, unsern wahren Zustand aufzudecken. Gottwird nicht eher ruhen, bis Er uns entblösst hat undwir uns so sehen, wie wir sind. Zuerst kennt uns allein

100

Page 101: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Er, denn vor Ihm waren wir schon immer nackt undbloss. Sobald uns aber Gott die Gedanken und Ab-sichten unseres Herzens aufgeschlossen hat, sindwir auch vor uns selbst blossgelegt. Wie dürfen wirda je wieder unser Haupt erheben? Die Nachsicht unsselber gegenüber gehört der Vergangenheit an. Ob-schon wir dafür hielten, besser zu sein als andere,wissen wir nun, was wir in Wirklichkeit sind und schä-men uns unser selbst. Wir suchen vergeblich nacheinem passenden Wort, das unsere Unreinheit undVerächtlichkeit wiederzugeben vermöchte. UnsereSchande lastet auf uns, als ob die Schande der gan-zen Welt auf uns gekommen wäre. Wir fallen wie Hiobvor dem Herrn nieder und bekennen reuevoll: «Herr,ich verabscheue mich und tue Busse in Staub undAsche. Für mich gibt es wohl keine Heilung mehr.»

Solche Erleuchtung, solche Selbstverabscheuung, sol-che Schande und Demütigung, solche Busse erlöstuns aus jahrelanger Knechtschaft. Wenn der Herr er-leuchtet, erlöst Er. Erleuchtung ist Erlösung, und werso sieht, ist frei. Nur so hört das Fleisch auf zu wirken,und nur so wird unsere äussere Schale zerbrochen.

Erziehung verglichen mit Offenbarung

Lasst uns nun als nächstes die Erziehung und dieOffenbarung des Heiligen Geistes miteinander ver-gleichen. Die Erziehung des Heiligen Geistes ist ge-wöhnlich ein langsamer Prozess, der sich möglicher-weise über Jahre hinzieht, bis endlich sein Ziel er-reicht ist. Zudem geht dieser Prozess oftmals ohnedie Hilfe der Wortverkündigung vor sich. Anders ver-hält es sich mit der Offenbarung des Heiligen Geistes.Sie bricht oft schnell herein, innert einigen Tagenoder gar wenigen Minuten. Im Lichte Gottes erkennenwir unsern wahren Zustand in sehr kurzer Zeit, undwir sehen, dass wir unbrauchbar sind. Sodann wird

101

Page 102: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

uns Offenbarung auch oftmals unter der Wortverkün-digung zuteil. In einer starken Gemeinde mit reich-licher Wortverkündigung mehren sich daher auch dieOffenbarungen des Heiligen Geistes.

Es soll aber deshalb keiner denken, dass da, woreichliche Wortverkündigung und fortlaufende Offen-barung fehlen, er frei sei, nach seinem äussern Men-schen zu leben. Es ist wichtig, daran zu denken, dassauch dort die Erziehung des Heiligen Geistes den-noch im Gange ist. Obschon einer jahrelang der Ver-bindung mit andern Gläubigen beraubt sein mag, soverbürgt ihm doch die Gegenwart des Heiligen Gei-stes die Erreichung einer guten geistlichen Stufe, so-lange er nur für die Erziehung des Heiligen Geistesoffen ist. Wenn auch die Schwachheit der Gemeindedazu führen kann, dass gewisse Glieder keine Wort-verkündigung haben, so müssen sie dennoch dieSchuld einzig sich selbst anrechnen, wenn sie die Be-deutung der Erziehung durch den Geist nicht verste-hen. Wenn sie also versagen, so heisst das nicht,dass der Heilige Geist sie nicht hätte erziehen wollenoder sie nicht stets noch erziehen möchte. Es zeigtvielmehr, dass die Jahre der Züchtigung ohne Fruchtgeblieben sind. Obschon der Herr sie immer und im-mer wieder schlug, so erkannten sie dennoch denSinn dieser Erziehung nicht. Ohne Verständnis, wieein widerspenstiges Pferd oder Maultier, scheinen sieselbst nach zehnjährigem Bemühen Gottes nicht zuerfassen, was die Absicht des Herrn ist. Wie erbärm-lich sind solche Menschen! Wir können daraus nurden einen Schluss ziehen: Züchtigung geschieht beiVielen im Obermass, doch nur Wenige vermögendarin die Hand des Herrn zu erkennen.

Wie oft sehen wir nur die Menschen, obschon es derHerr ist, der sich durch sie mit uns befasst. Da irrenwir uns gewaltig. Wir sollten uns die Einstellung desPsalmisten zu eigen machen, der in Psalm 39, 9

102

Page 103: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

spricht: «Ich bin verstummt, will meinen Mund nichtauftun; denn du hast es gefügt.» Wir müssen immerbedenken, dass es Gottes Handeln ist und nicht dasHandeln unseres Bruders, unserer Schwester oderirgend eines Menschen.

Hat der Herr am Ende auch uns während Jahren ge-züchtigt und haben auch wir, statt Seine Hand zu er-kennen, andere oder das Schicksal beschuldigt?Möchten wir doch immer daran denken, DASS ESGOTT IST, DER UM UNSERETWILLEN ALLES SOFÜGT. Er hat in allem Zeit, Grenzen und Einfluss vor-ausbestimmt, um unsere so schwer zu behandelndenEigenheiten zu zerbrechen. Wenn wir doch nur dieGnade hätten, den Sinn Seines Handelns zu erken-nen, das doch nur diesen äussern Menschen zu zer-brechen sucht. Bis das geschehen ist, stossen dieLeute, die mit uns zusammen kommen, nur auf unserherrisches Ich. Bevor diese Zerbrechung vollzogen ist,vermag unser Geist nicht ungehemmt auf sie über-zufliessen.

Es ist unser ernstes Gebet, dass die Gemeinde Gotterkennen möchte wie nie zuvor, dass Gottes Kinderin stets zunehmendem Mass Ihm Frucht bringen. Esist die Absicht des Herrn, uns dahin zu bringen, danicht nur unsere Evangeliums-Botschaft und unserLehramt in Ordnung sind, sondern auch wir selbst. Esgeht darum, ob sich Gott durch unsern Geist völligund frei zu äussern vermag.

Nachdem der Geist befreit ist, begegnet er den Be-dürfnissen der Welt. Kein Werk ist wichtiger unddurchgreifender als dieses, und es kann durch nichtssonst ersetzt werden. Es geht dem Herrn weniger umeuer Lehren und Predigen als um den Eindruck, denihr vermittelt. Was ist es, das von euch ausgeht? —das ist der entscheidende Massstab. Beeindruckt ihrdie Leute mit euch selbst oder mit dem Herrn? Das

103

Page 104: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

ist wirklich von hoher Wichtigkeit; denn es bestimmtden Wert all eurer Mühe und Arbeit.

Geliebte, dessen könnt ihr sicher sein, dass der Herrdem, was von euerm innern Leben ausgeht, viel mehrAufmerksamkeit schenkt als dem, was über eure Lip-pen geht. Vergesst nicht, dass bei jedem Kontakt mitandern etwas von euch ausgeht. Es ist entweder euereigenes Ich oder Gott, entweder der äussere Menschoder der Geist. So möchte ich euch zum Schluss fra-gen: was geht von euch aus, wenn ihr vor den Leutensteht? Damit wir aber nicht zu schnell sind mit unse-rer Antwort, lasst uns bedenken, dass diese grund-legende Frage nur «in Seinem Licht» richtig beant-wortet werden kann.

104

Page 105: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

9 Demut in der Zerbrochenheit

Gottes Methode, unsem äussern Menschen zu zer-brechen, ist der Zielscheibe entsprechend verschie-den. Bei den einen ist die Eigenliebe die Zielscheibe,bei andern der Stolz. Wiederum bei andern sollSelbstsicherheit und Klugheit zerstört werden; sie be-finden sich ein übers andere Mal in misslicher Lage;immer wieder werden sie zu Fall gebracht, bis siesagen: «Wir leben nicht in fleischlicher Weisheit, son-dern in Gottes Gnade.» Wer alles nur durch seineeigene Brille anschaut, wird gerade in solchen Ver-hältnissen zu leben haben, die ihm seine besondereNot klar machen. Wieder andere übersprudeln nur sovon Ideen und Meinungen. Obschon die Bibel sagt:«Ist für Jehova irgend eine Sache zu wunderbar?»,gibt es dennoch Brüder, die behaupten, dass ihnennichts zu schwierig sei! Sie prahlen, alles tun zu kön-nen, und versagen seltsamerweise doch bei jedemneuen Unterfangen. Selbst Dinge, die ganz einfachschienen, missraten in ihren Händen. In Bestürzungfragen sie dann: «Warum das?» Es ist die Art undWeise, wie der Heilige Geist sie angreift, um auch mitihnen zum Ziele zu gelangen. Diese Beispiele zeigen,wie verschiedenartig die Zielscheibe ist, die der Hei-lige Geist anvisiert, entsprechend der Person, mit derEr sich befasst.

Es gibt im Handeln des Heiligen Geistes auch zeit-liche Unterschiede. Zu gewissen Zeiten fallen dieSchläge pausenlos aufeinander; es kann aber auchruhigere Perioden geben. Der Herr züchtigt alle, dieEr lieb hat. Daher haben Gotteskinder Wunden, dieihnen der Heilige Geist geschlagen hat. Das Leid magverschiedenartig sein, die Folgen aber sind die glei-chen: das eigene Ich ist verwundet. So greift Gott anunsere Eigenliebe, unsem Stolz, unsere Intelligenzoder Unsachlichkeit, was immer gerade das äussere

105

Page 106: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Ziel ist, das Er verfolgt. Er will uns im Hinblick auf dasZiel mit jedem Stoss weiter schwächen, bis wir zer-brochen und Ihm gefügig sind. Ob Er an unsere Ge-fühle oder Gedanken rührt, das Endziel ist ein zer-brochener Wille. Wir alle sind von Natur aus eigen-sinnig. Dieser halsstarrige Wille stützt sich auf unsereGedanken und Meinungen, auf unsere Eigenliebe, un-sere Gefühle oder unsere Intelligenz. Daraus erklärtsich die Verschiedenheit der Wege, deren sich derHeilige Geist bedient, um mit uns fertig zu werden. Esgeht Gott letzten Endes um unsern Willen, denn die-ser verkörpert unser eigenes Ich.

Alle, die erleuchtet und gezüchtigt worden sind, ha-ben ein gemeinsames Merkmal — sie sind demütiggeworden. Demut ist das Zeichen der Zerbrochenheit.Vordem machten wir uns nichts daraus, wenn wireigensinnig waren; wir glichen einem Haus, das vonvielen Säulen getragen wird. Wenn aber Gott eineSäule um die andere wegnimmt, kommt das Hauszum Einsturz. Wenn die äussern Stützen niedergeris-sen sind, bricht das eigene Ich unweigerlich zusam-men.

Echte Demut zu erkennen will aber gelernt sein. Lassteuch nicht durch die Annahme täuschen, dass einemilde Stimme auch auf einen sanften Willen schlies-sen lasse. Oft verbirgt sich ein eiserner Wille hinterder sanftesten Stimme. Halsstarrigkeit ist eine Ange-legenheit des Charakters und nicht der Stimme. Leute,die milder zu sein scheinen als andere, sind vor Gottgenauso eigensinnig und selbstsüchtig. So bleibt auchfür diese nur das strenge Handeln Gottes, bis auchsie es nicht mehr wagen, anmassend zu handeln.Gott bestimmt scheinbar äussere Vorgänge, um unsim Kern so zu treffen, dass wir in dieser besondernSache nie mehr das Haupt erheben werden. Es ist un-widerruflich abgeklärt, dass wir in diesem einenPunkt dem Herrn nicht mehr ungehorsam sein können

106

Page 107: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

und nicht mehr wagen, auf unserer Meinung zu be-stehen. Die Furcht vor Gottes Hand hält uns davon ab.Gottes Furcht macht uns demütig. Je mehr wir durchGottes Wege zerbrochen sind, desto demütiger wer-den wir. Wahre Sanftmut sehen heisst so viel wieinnere Zerbrochenheit schauen.

Dazu ein Beispiel. Ihr kommt mit einem gewissen Bru-der in Kontakt und werdet gewahr, dass er wirklichbegabt ist, findet ihn aber nichtsdestoweniger unzer-brochen. So gibt es viele Begabte, aber Unzerbro-chene. Ihre Unzerbrochenheit ist nicht schwer zu ent-decken. Sobald ihr ihnen begegnet, nehmt ihr einengewissen Unterton wahr — ihr Starrsinn ist fühlbar.Ein Zerbrochener hingegen besitzt geistgewirkteSanftmut. Worin einer von Gott gezüchtigt worden ist,es mag sein, was es will, damit wagt er nicht mehr zuprahlen. Er hat gerade darin Gott fürchten gelerntund ist demütig geworden.

Achtet bitte darauf, dass die Schrift zur Beschreibungdes Heiligen Geistes verschiedene Ausdrücke braucht.Er ist wie ein Feuer und ist wie das Wasser. DasFeuer deutet auf Seine Kraft hin, das Wasser auf Seinereinigende Wirkung. Bezüglich Seines Wesens aberwird er mit der Taube verglichen: sanft und mild. Sowill der Geist Gottes uns Seine Natur Stück um Stückeinverleiben, bis auch wir der Taube verglichen wer-den können. Demut, geboren aus der Furcht Gottes,ist das Zeichen des Heiligen Geistes für die Zerbro-chenheit.

Die Eigenschaften der Demut

Wer vom Geist zerbrochen worden ist, ist naturge-mäss auch im Besitz der Demut. Seine Kontakte mitden Leuten sind nicht länger durch Halsstarrigkeit,Härte und Schärfe gekennzeichnet, welches Merkmale

107

Page 108: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

des unzerbrochenen Menschen sind. Es wurde in ihmgewirkt, dass sein Benehmen nun genau so sanft undmild ist wie seine Stimme. Die Gottesfurcht seinesHerzens findet naturgemäss auch Ausdruck in seinenWorten und seinem Verhalten.

1. Zugänglich

Ein demütiger Mensch ist durch verschiedene Eigen-schaften gekennzeichnet. Er ist zugänglich — es istleicht, mit ihm in Verbindung zu treten, mit ihm zusprechen und von ihm Auskunft zu erhalten. Er be-kennt seine Sünden bereitwillig und bekommt leichtTränen. Wie manchen fällt es doch schwer, Tränen zuvergiessen. Nicht dass Tränen an sich einen besonde-ren Wert hätten, wer aber mit seinen Gedanken, sei-nem Willen und seinen Gefühlen durch die SchuleGottes gegangen ist, bei dem deuten Tränen auf seineBereitschaft, seine Fehler zu sehen und einzugeste-hen. Es ist leicht, mit ihm zu sprechen, denn seineäussere Schale ist zerbrochen worden. Offen für dieAnsicht anderer, begrüsst er Belehrung und kann indiesem neuen Zustand in allen Dingen gefördert wer-den.

2. Hoch empfindsam

Wer demütig ist, ist auch wachsam seiner Umgebunggegenüber; denn sein Geist vermag leicht hervorzu-treten und mit dem Geist in seinen Brüdern in Berüh-rung zu kommen. Die geringste Bewegung im Geisteines Mitmenschen bleibt von ihm nicht unbeachtet.Beinahe augenblicklich entdeckt er die wahre Bedeu-tung einer Situation, was an ihr recht oder falsch ist.Wie immer die Umstände beschaffen sein mögen, seinGeist reagiert schnell. Seine Handlungen sind wohl-bedacht; er wird auch nicht unbesonnen die Gefühleanderer verletzen.

108

Page 109: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Allzuoft bestehen wir darauf, irgend etwas zu unter-nehmen, was andere bereits im Geist verurteilt haben.Unser äusserer Mensch ist nicht zerbrochen. Anderenehmen es wahr, wir selbst aber nicht. Überlegt eucheinmal, wie sich dies in Gebetsversammlungen äus-sert, wenn Brüder und Schwestern unsere Gebetewiderlich empfinden. Dennoch leiern wir weiter undweiter. Ihr Geist tritt hervor und schreit: «Hör auf zubeten!» Wir aber gewahren es nicht. Wir haben keinEmpfinden für die Gefühle der andern. Wo der äus-sere Mensch zerbrochen wurde, ist das anders; dennda hat der Geist ein feines Empfinden gewirkt, undso kommt er von selbst mit dem Geist der andern inKontakt und ebenso umgekehrt. Ein solcher ist denReaktionen der andern gegenüber nicht mehr taub.

3. Bereit zu einem gemeinsamen Leben

Nur Zerbrochene erkennen, was der Leib Christi ist.Sie fangen an, den Geist des Leibes wahrzunehmenund werden empfindsam für die Gefühle der andernGlieder. Ohne Demut wären sie schwerlich bereit, aneinem gemeinsamen Leben teilzunehmen. Wem die-ses Zusammengehörigkeitsgefühl abgeht, der ist wieein falsches Glied, wie eine künstliche Hand; sie be-wegt sich zwar mit dem Leib, vermag aber nicht mitihm zu fühlen. Der ganze Leib merkt das, nur er nicht.Er kann auch Belehrung oder Zurechtweisung nichtdemütig annehmen. Der Zerbrochene hingegenkommt mit dem Gewissen der Gemeinde in Berührungund kennt auch ihr Empfinden; denn sein Geist istoffen für den Geist der Gemeinde, irgendwelche Mit-teilungen durch ihn zu empfangen.

Wie köstlich ist doch dieses Empfindungsvermögen!Wenn immer wir etwas Falsches tun, merken wir esaugenblicklich. Wenn wir auch nicht frei sind von fal-schem Tun, so besitzen wir nichtsdestoweniger eine

109

Page 110: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Fähigkeit, die uns alsbald einen Stich gibt. Eure Brü-der und Schwestern erkennen, dass ihr unrecht tut,aber bevor sie nur ihren Mund öffnen, wird es euchdurch den blossen Kontakt mit ihnen bewusst. Ihr seidmit ihrem Geist in Berührung gekommen, was euchalsbald erkennen Hess, ob sie euer Tun billigen odernicht. Es wird offensichtlich, dass Demut, die Fruchtder Zerbrochenheit, eine Grundvoraussetzung ist,ohne die ein geniessbares Leben unmöglich ist.

Der Leib Christi lebt genau gleich wie unser mensch-licher Leib. Er braucht keinen Verwaltungsrat anzu-rufen, um zu einem Entschluss zu kommen. Es sindauch keine langen Diskussionen nötig; alle Gliederhaben ein gemeinsames Empfinden, das die Gesin-nung des Leibes zum Ausdruck bringt. Und was nochmehr ist, es ist auch Ausdruck der Gesinnung desHauptes. So erkennen wir also die Gesinnung desHauptes in der Gesinnung des Leibes. Nachdem un-ser äusserer Mensch zerbrochen ist, beginnen wir indiesem gemeinsamen Bewusstsein, als voneinanderabhängige Glieder Seines Leibes zu leben, die sichleicht zurechtweisen lassen.

4. Leicht zu belehren

Dass das Falsche in uns korrigiert wird, ist aber nichtder grösste Vorteil der Zerbrochenheit. Er besteht viel-mehr darin, dass sie uns dazu befähigt, von allenempfangen zu können. Unser Geist ist dann befreitund offen, geistliche Hilfe zu empfangen, woher im-mer sie kommen mag. Einem Unzerbrochenen istschwerlich zu helfen. Nehmen wir beispielsweiseeinen Bruder mit einem scharfen, aber unzerbroche-nen Verstand. Er kommt wohl zur Versammlung,bleibt aber unberührt. Es sei denn, er begegne jeman-dem mit noch schärferem Verstand, so wird ihm nichtbeizukommen sein. Er zerlegt die Gedanken des Pre-

110

Page 111: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

digers, um sie dann als unnütz und sinnlos zu verwer-fen. So können Jahre vergehen, ohne dass sein We-sen getroffen würde. Sein Verstand umgibt ihn wieeine Mauer, und es will scheinen, dass ihm nur überseinen Verstand zu helfen ist. In diesem Zustand ister unfähig, geistliche Belehrung anzunehmen. Den-noch, wenn der Herr ansetzt und diese Mauer ein-reisst und ihm die Nichtigkeit seiner eigenen Gedan-ken zeigt, wird auch er aufmerksam wie ein Kind füralles, was andere sagen mögen. Er wird nicht längerLeute verachten, deren Fähigkeit und Tüchtigkeit un-ter der seinen zu sein scheinen.

Hört er nun einer Botschaft zu, so braucht er seinenGeist lieber, um mit dem Geist des Predigers Verbin-dung zu bekommen, als dass er sein ganzes Augen-merk auf die Aussprache der Worte oder die Darstel-lung von Lehrsätzen richtet. Wenn der Geist des Pre-digers ein bestimmtes Wort vom Herrn weitergibt, sowird sein Geist erfrischt und erbaut. Wenn der Geisteines Menschen frei und offen ist, wird ihm geholfen,wann immer der Geist seiner Brüder zum Vorscheinkommt. Bedenkt aber, dass diese Hilfe nicht die glei-che ist wie diejenige, die lehrmässig vermittelt wird.Je mehr sich Gott mit eines Menschen Geist befassthat, desto völliger ist der äussere Mensch zerbrochenworden, desto grössere Hilfe kann er dementspre-chend empfangen. Es ist zudem wahr: wenn GottesGeist in einem Bruder wirksam wird, dann wird dieserandere nie mehr nur nach ihrer Lehre oder Beredsam-keit beurteilen. Sein Verhalten hat sich völlig geän-dert. Es ist ein unabänderliches Gesetz: das Mass,nach dem einem geholfen werden kann, ist abhängigvon der Geisteshaltung.

Nun müssen wir aber auch klar erkennen, was esheisst, erbaut zu werden. Es hat weder mit einer er-weiterten Gedankenwelt noch mit einem bessern Ver-ständnis oder grösserer dogmatischer Bereicherung

111

Page 112: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

zu tun. Es bedeutet ganz einfach, dass mein Geist ein-mal mehr mit Gottes Geist in Verbindung gekommenist. Dabei tut es nichts zur Sache, durch wen GottesGeist wirkt, ob in der Versammlung oder in persön-licher Gemeinschaft: es ist für mich Nahrung und Wie-derbelebung. Mein Geist ist wie ein Spiegel, der im-mer wieder aufpoliert wird.

Wir wollen es einmal so erklären: was immer vomGeist ausgeht, erleuchtet alles, was davon berührtwird. Wir Menschen sind wie Glühlampen —verschie-den gefärbte Glühlampen. Der Durchfluss des Stro-mes wird jedoch durch die Farbe in keiner Weise be-einträchtigt.

Sobald ihr Strom zufliesst, leuchtet sie auf. Genausoist es mit unserm Geist; wenn Gottes Geist fliesst,dann vergessen wir die Iehrmässig angeeignete Theo-logie. Alles, was wir wissen, ist, dass der Geist ge-kommen ist. Statt blossem Wissen haben wir nun ein«inneres Licht.» Seine Gegenwart ernährt und belebtuns. Vordem machte es uns unsere Intelligenz un-möglich, Hilfe anzunehmen, jetzt aber fällt es unsleicht. Nun verstehen wir auch, warum es andernschwer fällt, Hilfe anzunehmen. Wir erkennen, dasswir viel Zeit an das Gebet verwenden müssen, bevorwir sie im Geist zu treffen vermögen. Das ist der ein-zige Weg, einem eigensinnigen Menschen zu helfen.Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, gibt eszur Erlangung wahrhaftiger Wirksamkeit einen vonGott vorgezeichneten Weg.

112

Page 113: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

10 Zwei sehr verschiedene Wege

Es gilt nun zwei sehr verschiedene Möglichkeiten derHilfe zu erkennen, die vor uns liegen. Erstens «gibtes einen Weg, der recht zu sein scheint», auf dem unsHilfe von aussen — durch den Verstand, durch Lehr-sätze und ihre Auslegung —zuteil wird. Viele werdenauch bekennen, dass ihnen auf diesem Weg sehr ge-holfen wurde. Dennoch ist diese «Hilfe» grundver-schieden von jener wirklichen Hilfe, die Gott vorge-sehen hat.

Zweitens müssen wir erkennen, dass Gottes Weg da-rin besteht, Geist mit Geist in Verbindung zu bringen.Statt unsere Denkweise entwickeln zu müssen oderein gewaltiges Wissen zu erlangen, wird unser geist-liches Leben durch diese Verbindung aufgebaut. Dasssich doch keiner täuschen lasse! Ehe wir diesen Weggefunden haben, haben wir auch das wahre Christen-tum nicht. Das ist der einzige Weg, unsern Geist zuerbauen oder zu entwickeln.

Lasst uns das etwas näher erläutern. Wenn ihr regel-mässig zur Predigt geht, würde es euch zweifellosstören, dieselbe Predigt vom gleichen Prediger zwei-mal zu hören. Ihr seid überzeugt, dass es genügt,wenn ihr diese Botschaft einmal gehört habt. Daskommt daher, dass das Christentum in eurer Vor-stellung einfach eine Lehre ist — ein verstandesmäs-siges Aufspeichern von richtigen Erkenntnissen.Leuchtet es euch nicht ein, dass Erbauung eine An-gelegenheit des Geistes ist und nicht der Lehre?Wenn euer Bruder durch den Geist spricht, werdetihr jedesmal gewaschen und gereinigt, sobald seinGeist sich kundtut und mit euch in Verbindung tritt,unbekümmert darum, wie vertraut euch der Ge-sprächsstoff bereits sein mag, oder wie oft ihr schonüber dieses Thema habt sprechen hören. Lehren und

113

Page 114: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Grundsätze, die den Geist nicht neu beleben, könnennur als tote Buchstaben gewertet werden.

Es ist etwas Besonderes um einen zerbrochenen Men-schen. Ihr seid nicht nur imstande zu helfen, aucheuch selbst wird dadurch gleichzeitig geholfen. Wennman euch eine Frage stellt, wird mit eurer Antwortwiederum auch euch selbst Hilfe zuteil. Während ihrmit einem den Herrn suchenden Sünder betet, werdetauch ihr innerlich gestärkt. So ihr geführt seid, ernst-lich mit einem abgeirrten Bruder zu sprechen, so wirdnicht nur sein Geist wieder erneuert, ihr werdet auchselbst innerlich gefördert. So wird euch aus jedemgeistlichen Kontakt Hilfe zuteil. Ihr staunt, wie derganze Leib euch als Glieder versorgt. Irgendein Gliedkann eurer Not so begegnen, dass euch geholfen ist.Ihr werdet Empfänger all dessen, was der ganze Leibzu geben hat. Wie kostbar muss das sein! Da könntihr freudig sagen: «Die Fülle des Hauptes ist die Fülledes Leibes, und des Leibes Fülle ist die meinige!»Wieviel mehr ist das als blosse Erweiterung vernunft-mässigen Wissens!

Die Fähigkeit, Hilfe empfangen zu können — denGeist eines andern mit unserm Geist in Verbindungtreten zu lassen — ist der Beweis, dass jemand zer-brochen ist. Klugheit an sich macht es nicht schwie-rig, Hilfe annehmen zu können; sie ist vielmehr Be-weis dafür, dass die Schale härter ist als bei andern.Mit klugen Menschen muss der Herr in Seiner Gnadegründlich verfahren, sie oftmals und auf mancherleiArt zerbrechen, bis sie eines Tages anzunehmen ver-mögen, was ihnen von der ganzen Gemeinde zuzu-kommen hat. Wir wollen uns daher fragen, ob wir im-stande sind, von andern anzunehmen, was uns not tut.Wenn wir das nicht können, dann ist es wahrschein-lich unsere harte Schale, die uns hindert, dem Geistunseres Bruders zu begegnen, wenn er etwas weiter-zugeben hat. Sind wir aber zerbrochen, dann ist uns

114

Page 115: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

geholfen, sobald sein Geist sich regt. Es geht alsonicht darum, wie mächtig der Geist ist, sondern dar-um, ob Geist mit Geist in Verbindung gekommen ist.Dieser Kontakt ist es, der neu belebt und auferbaut.Wie wichtig ist es daher, dass der äussere Menschzerbrochen wird. Es steht ausser Frage, dass dies dieGrundbedingung ist, Hilfe empfangen und andern hel-fen zu können.

Gemeinschaft Im Geist

Während viele verschiedene Arten der Gemeinschaftgepflegt werden, gibt es eine geistliche Gemeinschaft,die weit mehr ist als ein Austausch von Gedankenund Meinungen. Sie besteht in der Wechselwirkungvon Geist zu Geist, ist aber nur möglich, wenn unseräusserer Mensch zerschlagen ist. Damit ist unserGeist frei, um mit dem Geist anderer in Verbindungzu treten. In diesem Austauschen des Geistes erlebenwir die Gemeinschaft der Heiligen und verstehen, wasdie Schrift mit «Gemeinschaft im Geist» meint. Es istwirklich eine Gemeinschaft im Geist, das ist kein Mei-nungsaustausch. Durch diese Geistesgemeinschaftvermögen wir einmütig miteinander zu beten. Weilviele vom Geist unabhängig nach ihrem Verstand be-ten, finden sie schwerlich einen zweiten, der gleichenSinnes wäre, um einmütig mit ihnen beten zu können.Jeder, der wiedergeboren ist und den Heiligen Geistin sich wohnen hat, kann Gemeinschaft mit uns ha-ben. Das ist möglich, weil unser Geist für die Gemein-schaft offen ist, bereit zu empfangen und bereit auch,vom Geist unseres Bruders empfangen zu werden.Auf diese Weise haben wir Verbindung mit dem LeibChristi, denn wir sind der Leib. Können wir es fassen,wenn wir sagen, dass unser aller Geist den Leib Chri-sti ausmacht? Wahrlich, «Tiefe ruft der Tiefe». Ps.42, 7. Die Tiefe eures Wesens ruft nach einer Begeg-nung mit meiner Tiefe; und ich rufe nach einer Be-

115

Page 116: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

gegnung mit der Tiefe der ganzen Gemeinde. Hier istdie Gemeinschaft der Tiefen, des gegenseitigen Ru-fens und Antwortens. Das ist das Allernotwendigste,um dem Herrn brauchbar zu werden und richtig mitdem Geist der Gemeinde in Berührung zu kommen.

Eine Demut, die nicht nachgeahmt werden kann

Wenn wir zu verstehen geben, dass wir demütig seinmüssen, so versuchen wir euch nicht einzureden, inDemut zu wirken. Wer das selbst tun will, wird baldinne werden, dass auch diese selbstfabrizierte Demutzunichte gemacht wird. Wir müssen es ein für alleMal lernen, dass jedes menschliche Bestreben, dieDemut nachahmen zu wollen, zwecklos ist. Alles mussvom Heiligen Geist gewirkt werden; denn Er alleinweiss, was uns not tut, und gestaltet unsere Verhält-nisse so, dass sie zur Zerbrechung unseres äussernMenschen führen.

Es ist jedoch an uns, Gott um Licht zu bitten, damitwir die mächtige Hand des Heiligen Geistes erkennen,uns ihr willig fügen und dankbar anerkennen, dassalles, was Er tut, richtig ist. Lasst uns nicht Pferdeund Maultiere sein, die kein Verständnis haben. Über-geben wir uns lieber dem Herrn, damit Er in uns wirke.Sowie ihr euch dem Herrn übergebt, werdet ihr ent-decken, dass Sein Werk schon vor fünf oder zehn Jah-ren begonnen hat, obschon es in euch scheinbar kei-nerlei Frucht gewirkt hat. Nun ist das anders gewor-den. Endlich könnt ihr beten: «Herr, ich war blind, icherkannte nicht, dass Du mich führtest. Nun versteheich, dass Du mich zerbrechen möchtest, und so willich mich Dir ausliefern.» Darauf beginnt alles, waswährend der letzten fünf oder zehn Jahre fruchtlosblieb, Früchte zu tragen. Wir erkennen auf einmal, wiegeschickt der Herr eingreift, um vieles zu zerstören,von dem wir gar nicht wussten, dass es existierte. Es

116

Page 117: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

ist Sein Meisterstück, uns Stolz, Eigenliebe undSelbsterhöhung zu rauben, damit unser Geist befreitund zum brauchbaren Werkzeug zubereitet wird.

Zwei sich aufdrängende Fragen

Hier erheben sich zwei Fragen, die wir nun betrach-ten wollen. Die erste lautet: Da es also das jedermenschlichen Nachahmung spottende Werk des Hei-ligen Geistes ist, den äussern Menschen zu zerbre-chen, sollen wir also jede fleischliche Regung, diewir erkennen, zu unterbinden versuchen, oder müssenwir untätig zuwarten, bis der Heilige Geist, der diesWerk tun muss, uns mehr Licht schenkt?

Es ist sicher richtig, jedem fleischlichen Handelneinen Riegel zu schieben; wir müssen aber erkennen,dass dies nicht im entferntesten einer Nachahmungdes Wirkens des Heiligen Geistes gleichkommt. EinBeispiel: Obschon ich stolz bin, muss ich jeden Hoch-mut ablehnen; aber demütig zu sein kann ich trotz-dem nicht vorgeben. Oder: ich werde über Leute wü-tend, kann mich jedoch beherrschen, aber ruhig binich deswegen noch nicht. Solange das Negative sichdurchsetzen will, sollte ich ihm unaufhörlich widerste-hen. Dennoch sollte ich nicht darauf Anspruch erhe-ben, das Positive schon zu besitzen. Stolz ist negativ,daher muss ich mich mit ihm befassen; Demut istpositiv, folglich kann ich sie nicht nachahmen. Ob-schon ich allen fleischlichen Regungen, die ich er-kenne, einen Riegel schieben muss, so brauche ichdoch die positive Tugend nicht nachzuahmen. Alles,was ich zu tun habe, ist, mich dem Herrn zu überge-ben und zu sagen: «Herr, es gibt keinen Grund, allmeine Kraft dafür aufzuwenden, etwas nachahmen zuwollen. Ich vertraue Dir, dass Du das Werk tun wirst.»Äussere Nachahmung ist menschlich und nicht vonGott. Alle, die den Herrn suchen, müssen von innen

117

Page 118: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

her lernen und nicht nur sich äusserlich anpassen.Wir müssen Gott Sein Werk in uns vollenden lassen,VORHER können wir nicht erwarten, dass sich diesnach aussen kundtut. Was immer äusserlich fabriziertwird, ist unecht und dem Untergang geweiht. Einer,der unbewusst eine Kopie besitzt, betrügt sowohl an-dere als auch sich selbst. Wenn sich nachahmendesBenehmen mehrt, kommt der Mensch immer mehr da-zu, zu glauben, dass dies sein wahres Ich sei. Einensolchen zu überzeugen, dass sein Wesen unecht ist,hält oft schwer, denn er vermag das Echte nicht vomUnechten zu unterscheiden. Versuchen wir also nicht,äusserlich nachzuahmen. Es ist weit besser, sich na-türlich zu geben; das öffnet Gott den Weg, in uns zuwirken. So lasst uns denn ungekünstelt sein undnichts nachahmen, im Vertrauen, dass der Herr selbstuns seine Tugenden hinzu tun wird.

Und nun die zweite Frage: Einige sind von Natur ausmit Tugenden, z. B. Sanftmut, ausgestattet; besteht daein Unterschied zwischen ihrer natürlichen Sanftmutund jener, die durch Züchtigung gewirkt wird?

Um dies zu beantworten, müssen wir zwei Punkte be-achten. Erstens ist alles, was natürlich ist, vom Geistunabhängig, während alles, was durch die Erziehungdes Heiligen Geistes gewirkt wurde, unter der Füh-rung des Geistes steht und sich nur rührt, wenn derGeist sich rührt. Natürliche Sanftmut kann für denGeist ein wirkliches Hindernis bilden. Wer gewohn-heitsmässig sanft ist, ist es in sich selbst und nicht«im Herrn». Angenommen, der Herr will, dass er auf-steht und ein sehr gestrenges Wort reden soll, so wirdihn seine natürliche Milde daran hindern, dem Herrngehorsam zu sein. Statt dessen wird er sagen: «Ach,das kann ich nicht. Ich habe nie im Leben solch harteWorte gebraucht. Das mag ein anderer tun. Ich kannes einfach nicht.» Da seht ihr, dass seine natürlicheSanftmut nicht unter der Kontrolle des Geistes steht.

118

Page 119: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Alles Natürliche hat seinen eigenen Willen und ist vomGeist unabhängig. Durch Zerbrechung gewirkte Sanft-heit hingegen lässt sich vom Geist brauchen, dennsie widersteht nicht, noch will sie ihre eigene Mei-nung anbieten.

Zweitens ist ein von Natur aus milder Mensch nur solange mild, als ihr seinem Willen folgt. Wenn ihr ihnaber zu etwas nötigt, das er nicht gerne tut, so verän-dert sich sein Benehmen. Den sogenannt menschli-chen Tugenden fehlt das Element der Selbstverleug-nung. Sie haben unverkennbar nur das eine Ziel, un-ser Eigenleben zu fördern und durchzusetzen. Wo im-mer dieses Ich verletzt wird, verschwindet jede Tu-gend. Anderseits besitzen wir die durch Züchtigunggewirkten Tugenden erst, wenn unser hässlichesEigenleben zerbrochen wurde. Wenn Gott euer Ichzerstört, treten echte Tugenden zutage. Je mehr daseigene Ich verwundet ist, desto strahlender leuchtetwahre Sanftmut. Natürliche Sanftheit und geistlicheFrucht der Sanftmut sind somit grundsätzlich ver-schieden.

Eine abschliessende Ermahnung

Lasst uns nun, nachdem wir die Wichtigkeit der Zer-brechung des äussern Menschen betont haben, aufder Hut sein, dass wir dies nicht künstlich herbeifüh-ren wollen. Wir müssen uns unter die allgewaltigeHand Gottes beugen und alle nötigen Wege aus Sei-ner Hand annehmen. Während der äussere Menschzerbrochen wird, erfährt der innere Stärkung. Einigemögen den innern Menschen immer noch schwachfinden. Bittet nicht um Kraft, damit dieser Mangel be-hoben werde, denn die Bibel gebietet uns: «Seidstarkl» Proklamiert, dass es euer Ziel ist, stark zusein. Das wunderbare ist, dass ihr stark sein könnt,wenn immer ihr es nötigt habt, nachdem der äussere

119

Page 120: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

Mensch zerbrochen ist. Das Problem der Kraft ist mitdem Problem des äussern Menschen ebenfalls gelöst.Im Verlangen, stark zu sein, seid ihr stark. Niemandkann euch den Weg versperren. Der Herr sagt: «Seidstark.» So sagt auch ihr im Herrn: «Seid stark!», undihr findet, dass ihr es seid.

Der innere Mensch ist erst frei, nachdem der äussereMensch zerbrochen ist. Das ist der grundlegende Wegzum Dienst für Gott.

120

Page 121: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

In der TELOS-Paperbackreiheerscheinen folgende Titel

1001 Oswald Smith, Sieg des Gebets1002 Wilhelm Busch, Gottes Auserwählte1003 Douglas Hall, Fackel für die Welt

(Oswald-Smith-Biographie)1004 A. E. Wilder-Smith, Ist das ein Gott der Liebe?1005 Fritz Hubmer, Im Horizont leuchtet der Tag1006 Anny Wienbruch, Alle Geschichten der

fröhlichen Familie1007 L v. Winterfeld-Platen, Und nicht müde werden!1008 Fritz Hubmer, Weltreich und Gottesreich in

Prophétie und Erfüllung1009 Elli Kühne, Kraft für zwei1010 Karl-Erich Wilken, Auf den Spuren biblischen

Geschehens1012 Watchman Nee, Freiheit für den Geist1013 Anny Wienbruch, Der Leibarzt des Zaren1014 Watchman Nee, Zwölf Körbe voll — Band 1

121

Page 122: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

In der TELOS-Taschenbuchreiheerscheinen folgende Titel

1 Werner Penkazki, Wo ist Gott?2 Dale Rhoton, Die Logik des Glaubens3 Fritz Schmidt-König, Gib acht auf diesen

hellen Schein!4 Anna Lawton, Frauen dienen Christus5 W. McDonald, Wahre Jüngerschaft6 Ernst Modersohn, Sieghaftes Leben7 John Meldau, Der Messias in beiden Testamenten8 K. H. Caspari/Jörg Erb, Nichts kann uns

scheiden von der Liebe Gottes9 Otto Riecker, Ruf aus Indonesien

10 Anton Schulte, Es gibt einen Weg zu Gott11 Konrad Zeller, Dorothea Trudel von Männedorf13 Watchman Nee, Der normale Mitarbeiter14 Watchman Nee, Sitze, wandle, stehe!17 Elisabeth Seiler, Berufen und geführt18 Elisabeth Seiler, Tut seine Wunder kund19 Elisabeth Seiler, Wunderbar sind seine Wege20 Wilhelm Gottwaldt, Wissenschaft contra Bibel?

122

Page 123: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale
Page 124: Watchman Freiheit Nee den Geist - bitimage.dyndns.orgbitimage.dyndns.org/german/WatchmanNee/Freiheit_Fuer_Den_Geist... · Watchman Nee legt besondern Nachdruck auf eine fundamentale

WatchmanNee

Nee To-sheng, oder wie erbesser bekannt ist, WatchmanNee, ist in Foochow, in dersüdchinesischen Provinz Fu-kien geboren. 1920 fand erwährend seiner StudienzeitJesus Christus. Sofort wurdeer ein hervorragender Zeugeund besonders bevollmächtig-ter Diener des lebendigen Got-tes.

Als Leitender mit einer unge-wöhnlichen geistlichen Schauund als Autor vieler chinesi-scher Bücher muss WatchmanNee um seines Glaubens wil-len seit Jahren viel leiden. Inder bis jetzt über 17jährigenHaft blieb er im Glauben anseinen Herrn standhaft. DieseTreue im Leiden gibt seinenBotschaften ein besonderesGewicht.

TE LOSBücher

In diesem Buch schildert Needie hohen Anforderungen, dieGott an alle stellt, die ihm die-nen wollen. Eine echte Hilfesowohl für vollamtliche Diener,als auch für alle weniger inErscheinung tretenden Gliederder Gemeinde.