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6 MÜNCHEN ABENDZEITUNG MONTAG, 7. 3. 2016 WWW.AZ-MUENCHEN.DE Wenn der große Hunger kommt: Betriebseigene Casinos haben oft einen schlechten Ruf. Bei diesen Mittags mal biologisch? Logisch! Von Sophie Anfang M ünchen isst mittags nicht daheim. Für die Ernährungsindustrie ist der sogenannte Außer- Haus-Markt der zweitwich- tigste nach dem Einzelhandel – laut Crest-Verbraucherpanel mit rund 69,4 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland. Ein wichtiger Teil bei der Mittagsversorgung sind Kanti- nen. Ihr Ruf ist meistens schlecht: überteuert, geringe Qualität und fettig. Das muss aber nicht sein. Die Verant- wortlichen für die Mitarbeiter- verpflegung beginnen ver- mehrt, umzudenken. Kanti- nenessen soll gesünder werden und attraktiver für die Mitar- beiter. Da ist es wichtig, Bio-Lebens- mittel zu verwenden. So wol- len Firmen auch ein Zeichen für nachhaltigen Konsum setzen. Die AZ hat mit dem Bund Na- turschutz Münchner Kantinen besucht, die Öko anbieten. Das Beste: Viele sind für jeden zu- gänglich. Sie wollen ökologisch essen? Die AZ stellt fünf Münchner Kantinen mit nachhaltigen Speiseplänen vor Frisches Gemüse auf den Teller: Immer mehr Kantinen setzen auf fleischlose Küche in biologischer Qualität. Fotos: Jens Büttner/dpa, anf, AZ-Archiv, VC Vollwertkost CASINO DES TECHNISCHEN RATHAUSES Die veganen Erneuerer E ines der ersten Erlebnisse mit Bio, das Günter Fleisch- mann in der von ihm geführten Kantine des Baureferats hatte, war leicht absurd. Fleischmann erzählt es trotzdem gern: Es war Bio-Aktionswoche, sein Team wollte einen Bio-Kaiser- schmarrn anbieten. „Ich dachte, da haben wir schon fast alles im Haus“, erzählt Fleischmann. Milch, Eier und Mehl bot Fleischmann schon damals nur in Bioquali- tät an. Doch das mit den Mandeln und Rosinen hatte er nicht bedacht. Die gibt es im Großhandel nicht Bio. „Also bin ich selbst in die kleinen Biogeschäfte gefah- ren und habe dort eingekauft.“ Bio, das weiß der Pächter der Kantine im Technischen Rat- haus, macht Arbeit. Aber es kann funktionieren. Fleischmann konzentriert sich darauf, einzelne Zutaten in Bioqualität anzubieten. Von der Stadt ist ein Anteil von zehn Prozent vorgeschrie- ben. Butter, Kaffee, Tee und Eier sind im Baure- ferat biologisch. „Vor al- lem bei Eiern ist es mir ein persönliches Anlie- gen“, sagt Fleischmann. Im konventionellen Bereich laufe da einfach viel schief. Fleischmann mischt: Da gibt es mal Senfeier mit Biokartof- feln, dann Bio-Gulasch mit Spätzle ohne Öko-Siegel. Fleischmann geht aber auch Wege, die mancher riskant fände: Er setzt auf Vegan. Vier Gerichte stehen täglich auf der Karte, Montag bis Don- nerstag ist eines davon ohne tierische Produkte. Frei- tag kommt ein indischer Koch, der Exotisch-Veganes anbietet. „Das ist der Renner. Viele Be- amte, die gerne schon Freitag- mittag heimgehen, bleiben ex- tra da“, sagt Fleischmann. Sein nächstes Projekt: eine Ausgabe nur für Bioessen. Aber ein ganz bestimmtes. Gemüse soll es sein, dazu ein Ökobrot mit Ökobutter drauf. Zwei neue Leute hat er dafür angestellt. Kosten: 3,50 Euro für Stadt- angestellte. Wer 1,50 Euro draufzahlt, be- kommt noch einen Bio- Riegel und ein Tafelwas- ser dazu. Nach Ostern startet die neue Bio-Ausgabe. „Ich bin mir sicher, dass ich dadurch ganz neue Gesichter in der Kantine sehen werde.“ Friedenstraße 40, nicht-städti- sche Mitarbeiter dürfen zwi- schen 13 und 14 Uhr dort essen. Essen ab 3,35 Euro, Externe zahlen 20 Prozent Aufschlag. MITARBEITERVERPFLEGUNG BEI LINDE Der Pionier in Sachen Öko W eiß-grauer Beton schraubt sich in die Höhe, dazwischen große Fens- terfronten, runde Formen, hohe Decken. Architektoni- scher Einheitsbrei ist das Be- triebsrestaurant bei Linde in Pullach nicht. Eher sieht es so aus, als sei ein Ufo direkt neben der Bahntrasse der S7 gelandet. In den Kochtöpfen der Kantine schmort aber nicht Galakti- sches, sondern Regionales. Rind aus Freising oder Gemüse aus Augsburg. Seit fast 15 Jahren bietet der Technologiekonzern Bio in sei- nem Betriebsrestaurant an. Da- mit ist es eines der ersten Un- ternehmen, das auf ökologi- sche Verpflegung gesetzt hat. 60 Prozent der Ware ist Bio, für Firmenverpflegung ist das ein sehr hoher Wert. Wer sich das Menü ansieht, findet kein reines Bio-Gericht, dafür im- mer wieder ökologische Zuta- ten. „Ganz Bio packen wir nicht“, sagt Küchenchef Maik Uster. Etwa 2100 Essen werden hier pro Tag zubereitet. „Schweinefleisch bekommt man in den Mengen nicht in Bio-Qualität her.“ Das Geflügel ist hingegen Bio. Weil die Hal- tung aufwendig ist, war es an- fangs nicht einfach im Einkauf. „Aber inzwischen haben sich die Erzeuger umgestellt.“ Ge- müse ist fast ausschließlich Öko, genauso wie Reis, Nudeln oder Beilagen wie Spätzle. Das kommt an: „Die Leute merken, dass sie durch das Es- sen bei uns nicht nur satt, son- dern auch gesund werden.“ Seit zwei Jahren bietet die Lin- de-Kantine auch eine vegane Linie an, einmal pro Woche wird an einer der Essensausga- ben ein Mittagmenü frei von tierischen Produkten angebo- ten. Etwa eine vegane Paella mit mariniertem Tempeh aus Soja- bohnen. „Das essen 200 Leute, das ist schon enorm für ein ve- ganes Angebot“, sagt Uster. Das Soja ist bayerisch, die Gewürze kommen aus Japan. Wo es geht, soll’s regional sein. Bei den Mitarbeitern, Exter- ne dürfen hier leider nicht es- sen, ist die Kantine beliebt – so sehr, dass sich manche das Es- sen sogar mit heimnehmen. Ziemlich futuristisch: das Casino bei Linde in Pullach. Küchenchef Maik Uster. KANTINE DES LANDWIRTSCHAFTSMINISTERIUMS Die Netzfreunde W er wissen möchte, wie es in der Kantinenküche des Landwirtschaftsministeri- ums ausschaut, geht einfach ins Internet. Jeden Tag stellen San- dra Benke und ihr Team Fotos auf Fa- cebook, vom Speiseplan, den Hauptge- richte, Des- serts oder den Köchen am Herd, die Fleischpflan- zerl formen. Benke ist Geschäfts- führerin von VC Vollwert- kost, seit 2013 betreibt sie die Minis- teriumskanti- ne am Fi- nanzgarten. Die Fotoidee entspringt ei- nem unschö- nen Erlebnis: Einmal hatte einer der Kö- che in mühe- voller Kleinstarbeit Lachsrollen angefertigt und die noch einmal in Ge- müse gewi- ckelt. Bei der Ausgabe sag- ten die Gäste: Die sind zu perfekt, die sind ge- kauft. Der Koch war frustriert. „Deshalb haben wir gesagt, wir geben einen Einblick in die Kü- che“, erklärt Benke. Den Gästen zeigen, was auf den Teller kommt, ist ihr wich- tig. Rind, Schwein und Geflügel kommen von Partnerhöfen, die Benke besucht, bevor sie mit den Landwirten Verträge schließt. Ist alles abgemacht, schickt sie ein Filmteam auf den Hof, die kurzen Clips kön- nen Gäste auf ihrer Websei- te ansehen. Von den fünf Gerich- ten täglich ist eines regio- nal, mindes- tens zwei Mal die Woche gibt es ein Menü mit ausschließ- lich Bio-Zuta- ten. „Vergan- gene Woche waren es so- gar vier“, sagt Benke. Dabei wa- ren ein Bio- Rindergu- lasch mit Kar- toffeln und ein Bio-Blu- menkohl- Kräuterrisot- to. Fans von Süßem beka- men einen Bio-Himbeer- Auflauf. Wenn es nach Benke ginge, könnte ruhig noch mehr Öko auf die Karte: „Ich würde am liebsten alles Bio ma- chen.“ Soweit sind die Gäste aber nicht, zumindest noch nicht. Ludwigstraße 2, Montag bis Frei- tag 7-15 Uhr, Essen ab 2,90 Euro, Barzahler zahlen 20 Prozent Auf- schlag. Für zehn Euro Pfand gibt es eine Auflade-Karte, mit der Externe bei jeder Bestellung ein- malig 50 Cent Aufschlag zahlen. Mit Fotos ihrer Gerichte... ...und ihrer Mitarbeiter... ...wirbt die Kantine auf Facebook. 8A6LniQo

We nn der große Hunger kommt: Betriebseigene Casinos ... · PDF fileKonzep tfin den. Ein Bio-Anteil vo nzeh nbis 20 Prozent lässt sic hhäufig sehr erfolgreic hin-te grieren. Wie

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Page 1: We nn der große Hunger kommt: Betriebseigene Casinos ... · PDF fileKonzep tfin den. Ein Bio-Anteil vo nzeh nbis 20 Prozent lässt sic hhäufig sehr erfolgreic hin-te grieren. Wie

6 MÜNCHEN ABENDZEITUNG MONTAG, 7. 3. 2016 WWW.AZ-MUENCHEN.DE

Wenn der große Hunger kommt: Betriebseigene Casinos haben oft einen schlechten Ruf. Bei diesen

Mittags mal biologisch? Logisch!

Von Sophie Anfang

M ünchen isst mittagsnicht daheim. Für dieErnährungsindustrie

ist der sogenannte Außer-Haus-Markt der zweitwich-tigste nach dem Einzelhandel –laut Crest-Verbraucherpanelmit rund 69,4 Milliarden EuroUmsatz in Deutschland.

Ein wichtiger Teil bei derMittagsversorgung sind Kanti-nen. Ihr Ruf ist meistensschlecht: überteuert, geringeQualität und fettig. Das mussaber nicht sein. Die Verant-wortlichen für die Mitarbeiter-verpflegung beginnen ver-mehrt, umzudenken. Kanti-nenessen soll gesünder werdenund attraktiver für die Mitar-beiter.

Da ist es wichtig, Bio-Lebens-mittel zu verwenden. So wol-len Firmen auch ein Zeichen fürnachhaltigen Konsum setzen.Die AZ hat mit dem Bund Na-turschutz Münchner Kantinenbesucht, die Öko anbieten. DasBeste: Viele sind für jeden zu-gänglich.

Sie wollen ökologischessen? Die AZ stellt fünfMünchner Kantinenmit nachhaltigenSpeiseplänen vor

Frisches Gemüse auf den Teller: Immer mehr Kantinen setzen auf fleischlose Küche in biologischer Qualität. Fotos: Jens Büttner/dpa, anf, AZ-Archiv, VC Vollwertkost

CASINO DES TECHNISCHEN RATHAUSES

Die veganen ErneuererE ines der ersten Erlebnisse

mit Bio, das Günter Fleisch-mann in der von ihm geführtenKantine des Baureferats hatte,war leicht absurd. Fleischmannerzählt es trotzdem gern: Eswar Bio-Aktionswoche, seinTeam wollte einen Bio-Kaiser-schmarrn anbieten.

„Ich dachte, da haben wirschon fast alles im Haus“,erzählt Fleischmann.Milch, Eier und Mehlbot Fleischmann schondamals nur in Bioquali-tät an. Doch das mit denMandeln und Rosinen hatteer nicht bedacht.

Die gibt es im Großhandelnicht Bio. „Also bin ich selbst in

die kleinen Biogeschäfte gefah-ren und habe dort eingekauft.“

Bio, das weiß der Pächter derKantine im Technischen Rat-haus, macht Arbeit. Aber eskann funktionieren.

Fleischmann konzentriertsich darauf, einzelne Zutaten inBioqualität anzubieten. Von

der Stadt ist ein Anteil vonzehn Prozent vorgeschrie-

ben. Butter, Kaffee, Teeund Eier sind im Baure-ferat biologisch. „Vor al-lem bei Eiern ist es mir

ein persönliches Anlie-gen“, sagt Fleischmann. Im

konventionellen Bereich laufeda einfach viel schief.

Fleischmann mischt: Da gibt

es mal Senfeier mit Biokartof-feln, dann Bio-Gulasch mitSpätzle ohne Öko-Siegel.

Fleischmann geht aberauch Wege, die mancherriskant fände: Er setztauf Vegan. Vier Gerichtestehen täglich auf derKarte, Montag bis Don-nerstag ist eines davonohne tierische Produkte. Frei-tag kommt ein indischer Koch,der Exotisch-Veganes anbietet.„Das ist der Renner. Viele Be-amte, die gerne schon Freitag-mittag heimgehen, bleiben ex-tra da“, sagt Fleischmann.

Sein nächstes Projekt: eineAusgabe nur für Bioessen. Aberein ganz bestimmtes. Gemüse

soll es sein, dazu ein Ökobrotmit Ökobutter drauf. Zwei neue

Leute hat er dafür angestellt.Kosten: 3,50 Euro für Stadt-

angestellte. Wer 1,50Euro draufzahlt, be-

kommt noch einen Bio-Riegel und ein Tafelwas-ser dazu.Nach Ostern startet die

neue Bio-Ausgabe. „Ich bin mirsicher, dass ich dadurch ganzneue Gesichter in der Kantinesehen werde.“

Friedenstraße 40, nicht-städti-sche Mitarbeiter dürfen zwi-schen 13 und 14 Uhr dort essen.Essen ab 3,35 Euro, Externezahlen 20 Prozent Aufschlag.

MITARBEITERVERPFLEGUNG BEI LINDE

Der Pionier in Sachen ÖkoW eiß-grauer Beton

schraubt sich in dieHöhe, dazwischen große Fens-terfronten, runde Formen,hohe Decken. Architektoni-scher Einheitsbrei ist das Be-triebsrestaurant bei Linde inPullach nicht. Eher sieht es soaus, als sei ein Ufo direkt nebender Bahntrasse der S7 gelandet.In den Kochtöpfen der Kantineschmort aber nicht Galakti-sches, sondern Regionales.Rind aus Freising oder Gemüseaus Augsburg.

Seit fast 15 Jahren bietet derTechnologiekonzern Bio in sei-nem Betriebsrestaurant an. Da-mit ist es eines der ersten Un-ternehmen, das auf ökologi-sche Verpflegung gesetzt hat.

60 Prozent der Ware ist Bio,für Firmenverpflegung ist dasein sehr hoher Wert. Wer sichdas Menü ansieht, findet keinreines Bio-Gericht, dafür im-mer wieder ökologische Zuta-ten. „Ganz Bio packen wirnicht“, sagt Küchenchef MaikUster. Etwa 2100 Essen werden

hier pro Tag zubereitet.„Schweinefleisch bekommtman in den Mengen nicht inBio-Qualität her.“ Das Geflügelist hingegen Bio. Weil die Hal-tung aufwendig ist, war es an-fangs nicht einfach im Einkauf.„Aber inzwischen haben sichdie Erzeuger umgestellt.“ Ge-müse ist fast ausschließlichÖko, genauso wie Reis, Nudelnoder Beilagen wie Spätzle.

Das kommt an: „Die Leutemerken, dass sie durch das Es-sen bei uns nicht nur satt, son-dern auch gesund werden.“Seit zwei Jahren bietet die Lin-de-Kantine auch eine veganeLinie an, einmal pro Wochewird an einer der Essensausga-ben ein Mittagmenü frei vontierischen Produkten angebo-ten.

Etwa eine vegane Paella mit

mariniertem Tempeh aus Soja-bohnen. „Das essen 200 Leute,das ist schon enorm für ein ve-ganes Angebot“, sagt Uster. DasSoja ist bayerisch, die Gewürzekommen aus Japan. Wo es geht,soll’s regional sein.

Bei den Mitarbeitern, Exter-ne dürfen hier leider nicht es-sen, ist die Kantine beliebt – sosehr, dass sich manche das Es-sen sogar mit heimnehmen.

Ziemlich futuristisch: das Casino bei Linde in Pullach. Küchenchef Maik Uster.

KANTINE DES LANDWIRTSCHAFTSMINISTERIUMS

Die NetzfreundeW er wissen möchte, wie es

in der Kantinenküchedes Landwirtschaftsministeri-ums ausschaut, geht einfachins Internet.Jeden Tagstellen San-dra Benkeund ihr TeamFotos auf Fa-cebook, vomSpeiseplan,den Hauptge-richte, Des-serts oderden Köchenam Herd, dieFleischpflan-zerl formen.

Benke istGeschäfts-führerin vonVC Vollwert-kost, seit2013 betreibtsie die Minis-teriumskanti-ne am Fi-nanzgarten.Die Fotoideeentspringt ei-nem unschö-nen Erlebnis:Einmal hatteeiner der Kö-che in mühe-vollerKleinstarbeitLachsrollenangefertigtund die nocheinmal in Ge-müse gewi-ckelt.

Bei derAusgabe sag-ten die Gäste:Die sind zu perfekt, die sind ge-kauft. Der Koch war frustriert.„Deshalb haben wir gesagt, wirgeben einen Einblick in die Kü-che“, erklärt Benke.

Den Gästen zeigen, was aufden Teller kommt, ist ihr wich-tig. Rind, Schwein und Geflügelkommen von Partnerhöfen, dieBenke besucht, bevor sie mit

den Landwirten Verträgeschließt. Ist alles abgemacht,schickt sie ein Filmteam aufden Hof, die kurzen Clips kön-

nen Gäste aufihrer Websei-te ansehen.

Von denfünf Gerich-ten täglich isteines regio-nal, mindes-tens zwei Maldie Wochegibt es einMenü mitausschließ-lich Bio-Zuta-ten. „Vergan-gene Wochewaren es so-gar vier“, sagtBenke.

Dabei wa-ren ein Bio-Rindergu-lasch mit Kar-toffeln undein Bio-Blu-menkohl-Kräuterrisot-to. Fans vonSüßem beka-men einenBio-Himbeer-Auflauf.

Wenn esnach Benkeginge, könnteruhig nochmehr Öko aufdie Karte:„Ich würdeam liebstenalles Bio ma-chen.“ Soweitsind die Gäste

aber nicht, zumindest nochnicht.

Ludwigstraße 2, Montag bis Frei-tag 7-15 Uhr, Essen ab 2,90 Euro,Barzahler zahlen 20 Prozent Auf-schlag. Für zehn Euro Pfand gibtes eine Auflade-Karte, mit derExterne bei jeder Bestellung ein-malig 50 Cent Aufschlag zahlen.

Mit Fotos ihrer Gerichte...

. . .und ihrer Mitarbeiter...

. . .wirbt die Kantine auf Facebook.

8A6LniQo

Page 2: We nn der große Hunger kommt: Betriebseigene Casinos ... · PDF fileKonzep tfin den. Ein Bio-Anteil vo nzeh nbis 20 Prozent lässt sic hhäufig sehr erfolgreic hin-te grieren. Wie

7ABENDZEITUNG MONTAG, 7. 3. 2016 WWW.AZ-MUENCHEN.DE MÜNCHEN

5-GÄNGE MIT WEINBEGLEITUNG

59,- EURO

01.-31. MÄRZ 2016

Von-Kahr-Straße 87 · 80999 München

Nur telefonische Reservierung unter:089 /81010

hier kommt Gutes in ökologischer Qualität auf die Teller. Die AZ hat in die Kochtöpfe geschaut.

„Bio muss sich rechnen“M it Bio kennt sie sich aus:

Elisabeth Peters vomBund Naturschutz berät imRahmen des Projekts „BiostadtMünchen“ Firmen, die ihreKantine biologischer ausrich-ten möchten. Gefördert wirddie Stelle vom Umweltreferat.Der AZ hat sie verraten, woraufes dabei ankommt.

AZ: Frau Peters, warum sollteeine Kantine Bio anbieten?ELISABETH PETERS: Für Unter-nehmen kann die Qualität derMitarbeiterverpflegung ein Be-standteil sein, um die Attrakti-vität des Arbeitsplatzes zu stei-gern – Stichwort Fachkräfte-mangel. Bio ist da ein Baustein.Manchen Betrieben ist es auchwichtig, einen Beitrag zurNachhaltigkeit zu leisten.Gibt es in einer Bio-Kantinenur noch Bio?Es geht nicht darum, einen Be-trieb zu 100 Prozent auf Bioumzustellen. Das wäre nichtsinnvoll, da ja viele Bio-Pro-dukte teurer sind. Nur wennBio sich rechnet, wird es auchlangfristig Bestandteil im Spei-

senangebot sein. Ich möchtefür jeden Betrieb das passendeKonzept finden. Ein Bio-Anteilvon zehn bis 20 Prozent lässtsich häufig sehr erfolgreich in-tegrieren.Wie kann das aussehen?Es gibt vor allem zwei Strate-gien. Die erste kommt dortzum Tragen, wo es enge Preis-vorgaben gibt. Dort konzen-triert man sich darauf, Bio ein-mal die Woche anzubietenoder Beilagen in Bioqualität zukochen. Andere Unternehmensagen: Bei uns gehört Bio zumQualitätsstandard in der Mitar-beiterverpflegung und setzeneinen höheren Bio-Anteil um.Ist das wirtschaftlich über-haupt machbar?Wichtig ist, in der ersten PhaseProdukte einzusetzen, die gutverfügbar sind und bei denender Preisabstand zu konventio-neller Ware nicht so groß ist.Das sind zum Beispiel Milch-produkte, Nudeln oder Mehl.Im Winter haben Gurken undTomaten bei uns keine Saisonund die Auswahl an regiona-lem saisonalem Gemüse ist re-lativ gering: Möhren, Kraut,Kartoffeln. Da ist Kreativitätgefragt, zum Beispiel ein Karot-tencurry mit roten Linsen. Manmuss nicht neu kochen, son-dern neu denken lernen. Abernatürlich muss ich in der Groß-küche dann auch auf Tiefkühl-gemüse zurückgreifen.Schreckt so etwas exotischeswie Curry nicht viele ab?Am Anfang empfehle ich, Ge-richte in Bio-Qualität anzubie-ten, von denen ich weiß, dassmeine Gäste sie mögen, wiezum Beispiel Lasagne oder Kar-toffelgratin, also in der erstenZeit beginntmanmit einfachenvegetarischen Gerichten.

Welche Produkte sollte ich zu-erst umstellen?Milchprodukte, Nudeln undsaisonales Gemüse bietet sichan. Fleisch ist schwierig. VieleKöche wollen mit Fleisch be-ginnen. Aber bei Biofleisch istder Preisabstand besondershoch, weil die Tiere ja mit Bio-Futter gefüttert werden, Aus-lauf haben und länger leben.Der erste Schritt sind die einfa-chen vegetarischen Gerichte.Als zweiten Schritt kann manein Hackfleischgericht anbie-ten oder Würstel mit Sauer-kraut. Das Edelteilfleischkommt erst nach zwei bis dreiJahren.Aber ist Fleisch nicht das, wasviele Gäste erwarten?Wenn man sich die Strukturder Kantinengäste anschaut,sieht man, dass es fünf Ziel-gruppen gibt. Manchen ist eswichtig, dass sie für wenig Geldviel auf dem Teller haben. Aber20 Prozent der Gäste sind qua-litäts- und gesundheitsbe-wusst, das sind diejenigen, diebioaffin sind. Mein Ziel ist im-mer, diese Gruppe glücklich zumachen.Deshalb ist Fleisch am An-

fang gar nicht so wichtig, weiles dieser Zielgruppe nicht sowichtig ist. Da ist es besser, einschönes Kartoffelgratin mitRohkostsalat anzubieten.Und das funktioniert?Einmal habe ich einen Koch be-raten, der sehr skeptisch war.Er sollte von der Betriebslei-tung aus Bio anbieten. Ich habezur Anregung einen Speiseplanmitgebracht. Es wurden dannOfenkartoffeln mit Kräuter-quark angeboten. Um halb einswar alles ausverkauft. Übrigwar noch die Currywurst.

Interview: Sophie Anfang

AZ-INTERVIEWmit

Elisabeth Peters

Die 54-Jährige leitet beimBund Naturschutz die Abtei-lung „Ökologisch Essen“

DIE KANTINE IM KVR

Pasta, bastaD er Viehhof ist nicht weit,

nur ein paar hundert Me-ter, doch in der Kantine desKreisverwaltungsreferats ste-hen die Zeichen auf fleischloseKost. 80 von 400 Essen werdenim Schnitt vegan bestellt. „Dasist schon sehr viel“, sagt JensRiedel von Dias-Catering, derdie Kantine gepachtet hat.

Wo vegan ist, istmeist Bio. Soauch hier. Die Stadt schreibtzehn Prozent Bio-Anteil vor,Riedel erfüllt ihn durch denEinsatz einzelner Lebensmittelwie Milch, Kaffee und Tee. Aneiner Pasta-Station wird Bio-Mehl zu Teig verarbeitet, durchdie Pasta-Maschine gedrehtund frisch in heißesWasser ge-worfen.Rindfleisch ist Bio oder aus

artgerechter Haltung, Fisch ausnachhaltigem Fang. Natürlichhat das seinen Preis. Die Öko-

Anteile habendie Essen teu-rer gemacht,bei Fisch undRindfleischgingen diePreise um dieHälfte nachoben. Gerich-te gibt es zwi-schen 3,35und 6,50 Euro. Externe Gästezahlen 20 Prozent mehr.

Beschwert hat sich aber nie-mand, sagt Riedel, zumindestnicht über den Preis. „Es ist malder Reis zu hart oder dasFleisch zu zäh, aber wir hattennicht einen, der gesagt hat: Mirist das zu teuer.“ Beim Rind-fleisch verkauft er sogar mehrals zu der Zeit, als er konventio-nelles Fleisch angeboten hat.

Das liege daran, dass er sei-nen Gästen erklärt, woher die

Lebensmittel kommen, sagtRiedel. „Transparenz ist wich-tig, damit die Leute den Geld-beutel aufmachen.“Natürlich war die Umstel-

lung auf Bio Arbeit. Sie brauch-ten neue Lieferanten. Aber daslief gut, sagt der Kantinen-Chef: „Es ist ein Prozess, dernicht abgeschlossen ist. Aberdas ist er nie.“

Ruppertstr. 11, Montag bisFreitag, 7-14.30 Uhr.

Der Koch Richard Pozgaj an der Nudel-Station. Die Bio-Pasta wird vor Ort frisch hergestellt. Fotos: anf

Jens Riedel von Dias-Catering leitet die KVR-Kantine.

DAS CASINO DER VERSICHERUNGSKAMMER BAYERN

Tierischer GenussA ls die Versicherungskam-

mer Bayern vor zwölf Jah-ren ihre neuen Bürogebäude inGiesing bezog, inklusive mo-derner Kantine, da gehörte Bioschon fest zum Konzept dazu.Am Standort Lehel hatteman

zwei Jahre früher mit Bio ange-fangen. Es war nur logisch, inGiesing weiterzumachen. „Wirstreben nach Qualität und Re-gionalität“, sagt KüchenchefHubert Bittl, „da ist Bio eine lo-gische Konsequenz.“ ChristianFeist, Leiter des Casinos, drücktes so aus: „Es ist die Sozialleis-tung, die am meisten wahrge-nommen wird.“ Natürlich gebees auch noch Fitnessräume undein Hallenbad für Mitarbeiter:„Aber in die Kantine geht maneben immer.“Essen gibt es bei der VKB ab

2,45 Euro. Das geht, weil derArbeitgeber etwas zuschießt.Ein Viertel aller eingesetzten

Waren sind in der VKB-KantineBio. Anfangs gab es einzelneBio-Menüs, inzwischen wirdder Bio-Anteil vermischt. Dasist einfacher zu kalkulieren.Dafür setzen Bittl und Feist

eigene Schwerpunkte. Etwabeim Fleisch. Mit zwei Bauernaus dem Ilmtal und dem Fünf-seenland gibt es Verträge. DieBauern sind im Speisesaal so-gar präsent: Ihre Fotos sind aufFlyer gedruckt, die im Casinoausliegen.Bittl und Feist kaufen von

den Landwirten ganze Tiereund verarbeiten diese kom-plett. „Am Anfang hat das dieLeute überfordert“, sagt Bittl.Bei einem ganzen Tier gibt eseben nur ein paar Steaks, dafürviele andere Fleischstücke, die

man braten und kochen kann.Der Gast bekommt so verschie-dene, unterschiedlich zuberei-tete Stücke auf seinen Teller.Inzwischen kommt das an.Für die Köche hat das einen

weiteren Vorteil: Wer das gan-ze Tier, also auch Knochen hat,kann seine Soßen selber ma-chen. Fertigprodukte aus Kü-beln gibt es nicht. „Unsere Kü-che ist komplett eimerfrei“,sagt Bittl. Auf lange Sicht spartdas sogar Geld, selbst wenn der

Aufwand freilich höher ist, alswenn man kocht, wie Stan-dard-Kantinen. Bittl: „Grund-sätzlich sind die Preise bei Biohöher. Aber es kommt eben im-mer darauf an, eine guteMischkalkulation zu machen.“

Warngauer Str. 30, Firmen in derNachbarschaft können mit derVKB eine Kooperation vereinba-ren, damit ihreMitarbeiter einenZugang zur Kantine bekommen(Aufschlag: 50 Prozent).

Küchenchef Hubert Bittl (l.) mit Casino-Leiter Christian Feist. Foto: anf

CATERER IN BIO-QUALITÄT

Diese Bauernhöfe liefern EssenRottenburg, ☎ 08781 3350● Benediktiner-AbteiPlankstetten, Klosterplatz 1,Berching, ☎ 08462 206200● Bioland-Hof Braun, Fei-ern, Tagen, Catering, Dür-neck 23, Freising,☎ 08161 4965547● Herrmannsdorfer, Glonn,☎ 08093 909451

● Bio-Event, Michael XaverGrassl, Krähenweg 140a,München, ☎ 8643270● Lorenz Huber, Au 1 beiReisach, Wasserburg amInn, ☎ 08071 1892● Hofbäckerei Steingraber,Neuburgstr. 2, Vagen,☎ 08062 1233● Biohof Butz, Viehausen 2,

8A6LniQo