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Weitere Beobachtungen Bber Cysticercus am und im Auge. Von Dr. A. v. Grltfe. Seit meinen letzten Publicationen in diesem Archiv habe ich das Vorkommen yon cysticerct~s cellulosae an und im Auge wiederum bei 8 Individuen constatirt. Dreima[ war der Sitz des Entozoons unter tier Con- junctiva, einmal (zur Zeit der ersten Beobachtung) im GlaskSrper --und zwar diesmal untersehiedlieh zu den ti'iiheren F~illen vollkommen beweglieh --, die iibrigen 4 real zwischen retina und chorioidea, unter diesen 4 irat.iedoch w~ihrend unserer Beobaehtung einmal Durch- bruch der Netzhaut ein, so dass die Blase ebenfalls in den Glaskiirper stiirzte. I, Cysticercus unter der Conjunctiva. Da ein solcher Sitz bereits friiher ziemlich h~iufig, am iifiersten, so viel i(:h weiss, yon Sichel beobachtet worden ist, so theile ieh nut in der Kiirze Folgendes mit: Die 3 Individuen waren zwei M~idchen yon 4 und 8 Jahren und ein Knabe yon 2~/~.Jahren, alle vollkommen gesund, ohne sonstigc Wurmleiden. Nut in dem Falle des 2~/,j~ihrigen Knaben waren in der Familie mehrere Taenien. Bei dem Kuaben und dem 8.i~ihrigen Miidehen konnte die Diagaose ziemlich sicher vor der Operation gestellt

Weitere Beobachtungen über Cysticercus am und im Auge

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Weitere Beobachtungen Bber Cysticercus am und im Auge.

Von

Dr. A. v. Grltfe.

Seit meinen letzten Publicationen in diesem Archiv habe ich das Vorkommen yon cysticerct~s cellulosae an und im Auge wiederum bei 8 Individuen constatirt. Dreima[ war der Sitz des Entozoons unter tier Con- junctiva, einmal (zur Zeit der ersten Beobachtung) im GlaskSrper - - u n d zwar diesmal untersehiedlieh zu den ti'iiheren F~illen vollkommen beweglieh -- , die iibrigen 4 real zwischen retina und chorioidea, unter diesen 4 irat.iedoch w~ihrend unserer Beobaehtung einmal Durch- bruch der Netzhaut ein, so dass die Blase ebenfalls in den Glaskiirper stiirzte.

I, C y s t i c e r c u s u n t e r de r C o n j u n c t i v a .

Da ein solcher Sitz bereits friiher ziemlich h~iufig, am iifiersten, so viel i(:h weiss, yon S i c h e l beobachtet worden ist, so theile ieh nut in der Kiirze Folgendes mit:

Die 3 Individuen waren zwei M~idchen yon 4 und 8 Jahren und ein Knabe yon 2~/~. Jahren, alle vollkommen gesund, ohne sonstigc Wurmleiden. Nut in dem Falle des 2~/,j~ihrigen Knaben waren in der Familie mehrere

Taenien. Bei dem Kuaben und dem 8.i~ihrigen Miidehen konnte

die Diagaose ziemlich sicher vor der Operation gestellt

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werden, denn man gewahrte unter der etwas circumscript iniicirten Con.]unetiva eine stark durchscheinende often- bar mit Fllissigkeit gefiillte Blase, ungef~ihr yon der Griisse einer Erbse; bei dem M';idchen sogar auf der HShe der Promiaenz eine opaee, weissgelbe Stelle, welche sofort an den Kopfiheil eines Cystieersus denken liess.

Bei dem 4i~ihrigen M~dchen bildete das Entozoon eine gelbe, vollkommen undurehsiehtige subeonjunetivale Geschwulst, so (lass die Diagnose zwischen einer athero- matiisen Balggeschwulst und einem alten Cystieercus mit verdickter Blase sehwankend bleiben musste, bis die genaue Untersuchung des Pr~parates das Letztere best~itigte. Die G eschwulst war hier fibrigens etwas griisser, als in den andern beiden F~illen; sie sass uugef~ihr dem innern Rande des rectus inferior entsprechend, 2'/~'" yon der Hornhautgrenze, so dass sic, wenn das Auge in gewShnlicher Weise geiiffnet wurde, vollkommen ent- ging und sieh nur dutch eine leichte Hervorwiilbung des untern Lidos an der entsprechenden Stelle verrieth. So erki~irt es sich wohl auch, dass die Verwandten erst seit 14 Tagen die Existenz des Uebels bemerkt hatten. Seit dieser Zeit war ein leichter Reizzustand im untern Con.iunetivalsaek yon der Geschwulst erregt worden. Es umsehloss auch die C(mjunctiva den Sack nieht eng, sondern es war noch in einer gewissen Breite um das Entozoon herum die Conjunetiva durch eine che- motische Abhebung yon der Selera abgeliist.

Bei dem 8.j~ihrigen M~idchen lag der Cysticercus nach innen und unten, ungef:~ihr dem untern Rande des rectus internus entsprechend, in derselben Entfernung yon der Cornea wie jener. Derselbe erschien, sowie die Lider m~ssig geSftnet wurden, in der Lidspalte, war ohne Entziindung aufgetreten und hatte in seinem Ver- laufe niemals Entziindungen hervorgebracht, war 8 Wo- chen vor der Vorstellung ungef~ihr in der H~ilfte seiner

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spa[tern Gr~sse bemerkt worden und hatte die letztere angeblich seit 4--5 Wochen erreicht.

Bei dem 2V2.i~hrigen Knaben lag das Entozoon an der Grenze der Thr~inenkarunkel, ja zum Theil in deren Gebiet, ungef~ihr so, wie es in S i c h e l ' s Iconographie Livr. 28, Pl. LXXII, Fig. 1 abgebildet ist. Es hatte das Uebel mit ziemlich lebhafter Entzlindung der Con- junctiva angefangen, welche sich allmiihlig auf die Ge- gend des innern Winkels umschr~inkt und nach Aus- sage der Eltern hier die Gesehwulst zurilekgelassen hatte. Es bestand noch immer an diesen Stellen tin gewisser Grad yon Coniunctivalreizung, und die Bewe- gung nach innen sehien dem Kinde unangenehm zu seth, weil alsdann die kleine Geschwulst sich gegen die ge- sehwolIene Karunkel dr~ngte.

In allen 3 F/illen wurde die sofortige Exstirpation unternommen, welche begreiflieherweise ohne Mfihe ge- lang. In den 2 Fiillen, wo die Diagnose klar war, unternahm ich selbst die Untersuehung der exeidirten Massen, in dem 3ten etwas zweifelhaften Falle des vier- j~ihrigen M~idchens ~ibergab ich dieselben, um sicher Aufsehluss zu gewinnen, Herrn Professor V i r ehow, welcher in der Detritus-t~rmigen, den stark verdickten Balg ausfiillenden Substanz, Theile auffa:~d, dig er auf Grund ihrer Form fiir die Reste eines Cystieereus er- k]~irte, obwohl keine Haken mehr naehzuweisen waren.

In jenen beiden F~illen war die Blase offenbar yon ether membraniisen Schieht verdiehteten Bindegewebes umgeben, welche Schicht sogar bei dem 8j~ihrigenM~idchen noch durch eine gelbliehe Fliissigkeit yon der Blase getrennt war, so dass die letztere ein viel geringeres Volumen hatte, als wir es nach der Griisse der Ge- schwulst vermutheten. DasEntozoon kamvollkommen un- verletzt heraus, so dass unterm Mikroskop noch einige

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Zeit sehr deutliche Bewegungen an den Saugn~ipfen constatirt werden konnten. Bei dem 21/2.j'~ihrigen Knabcn schien die C ysticercus-Blase der herumliegenden Binde- gewebesschicht ziemlich dieht ailliegend, so dass auch bei der Operation eine Verlctzung des Entozoons nicht um- gangen werden konnte. Dassclbe hot, unter das Mi- kroskop gelegt, alle Formeharactere, abet keine Bewegungen mehr dar. W~ihrerld in den beiden andern F~illen binnen einigen Tagen die kleinen Wun- den vollkommen verharscht waren,trat hier an derWund- stelle eine ziemlich diinnc umsehriebene Eiterung auf; mit einem gewissen Grad yon Conjunctivitis, und es dauerte iiber 2 Wochen, his dic Heilung beendet war.

Die D i a g n o s e des subconjunctivalen Cystieercus unterliegt wohl im Allgemeinen keinen gt'ossen Sehwie- rigkeiten, sofern das Eutozoon seine typisehen Charak- tere darbietet. Verwechselungcn ktirmen nur eintreten mit einfachen serSsen Cysten (siehe S i c h e l , Figur: Icon. Livr. 18. P1. LXXI Fig. 1--2) und andercrseits mit atheromatiisen Balggeschwiilsten. Die h'aufig behaarten Dermoidgeschwiilste an der Grcnze der Hornhaut (auch unter dem Namen der tumeurs fibrellx fibro-graisseux beschrieben) kilnncn bei ihrem charakteristischen Sitz und Habitus keine Verwcchshmg veranlassen. Was nun die Unterscheidung yon den seriisen Cysten anbe- trifft, so mlichte ich auf Folgendes aufmerksam machen: Bei diesen Cysten ist die dariiber weggehende Con- junetiva, da s ic eigentlich direct mit zur Bildung der Blasenwand verwendct wird, verdiinnt, sehr stark durch- scheinend, die Gefiisse in derselben spllrlich, die Flfissigkeit vollkommen wasserhell. Bei:dem Qysticercus dagegen finder sich die Blase im subconjunctivalen Bindegewebe eingelagert und ist mit der Coniuactiva entweder verwachsen, oder noch dutch eine gelbliche Fliissigkeit yon derselben getrennt. Jedenfalls hedingt

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die Absetzung des Cysficercus einen gewissen Zustand der Reizung oder der mechanis(.hen Hypergmie in der dar~iber ]iegenden Con.junctiva, deren Gef~isse in der Rege] ziemlich reichlich und deren Gewebe nach riick- g~ngige, r Hyper~imie meist etwas getri'lbt oder verdickt erschien. Der Inhalt der Cystic,~reusblase ist auch trii- ber a]s der der seriis,m Cysten, so dass das Ganze zwar deutlich duechscheinend, aber doch in deeRegel nichtwas- serhell genannt werden kann. AmCysticereus konnte zuwei- len eine weissere, opake Stelle demHalsfheil entsprechend, dutch die Con.junctiva hindurchschimmernd, erkannt wet- den. Die serSsen Cysten sind, meinen Eri'ahrungen zufolge, h~iu[ig dutch Einsenkungen der Schleimhaut wie abge- sehnfirt:-- Balggeschwiilste unter tier Conjt, nctiva scheinen zu den ~iussersten Sehenheiten zu gehSren, undes wird yon derea Inhalt abh~ngen, ob vor der Abtragung eine Verwechshmg mit Cysticercus mSglich ist. Besonders diirfte in gewissen F~llen die Unterscheidung yon eiuem seit 1/inger abgestorbenen~metamorphosirten Cysticercus, wie bei dem 4j~hrigen M~idchen, sehwierig werden.

II. Ein Fa l l yon C y s t i e e r e u s im Glask~irper .

Dieser Fall unterscheid(~t sich, wie schon oben in de,' Uebersicht beme{'kt, yon de~ beid(m friiheren Ento- zoen im Glaskiirpe," (siehe A. f'. O. Band I, 2 L i e b r e i c h s Beschreibung sammt Zeiehnung, und Bd. II, 1. S. 263 meine Beschreibung) dadurch, dass hier die Cysticercus- blase vollkommen frei ohne jede sehlauchartige Umhlil- lung, wie sonst im Humor aqueus, im Glask~irper bin und her flottirte. Der Fall bekommt vollends da- dutch Werth, dass, zum ersten Malt flir tiefer gelegene Entozoen, ein operativer Eingriff versucht und glficklich ausgefiihrt w u r c t e . - Aus diesen Ur- saehen stehe ich nicht an, die ausfiihrliche Krank,~n- geschichte mitzutheilen:

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Ernst B. Bauor aus Wriezen, 56 J. alt, pr~isentirte sieh im Friihjahre I856 in meitler Ktinik. Patient, friiher

stats gesund und yon gl~tem Sehverm0gen, hatte sich

vor cinem Jahre zuerst zum Lesen eine Convexbrille an- gesehafft; vor 8 Monaten hatte er beim Bficken auf demFelde eineTrS})ung und einFlimmern vor dem linken Auge bemerkt, welches ihn sofi)rt hinderte, mit diesem

Auge zu lesen. Diese 'rrlibung versehwandjedoch nach 3monatliehem Bestehen, so dass Patient wiederum einige Monate hindurch mit dam linken Ange lesen konnte. Aut

einmal tauchte jedoch, und zwar wiederum beim Gehen, eine neue Tr(ibtang auf, welche nun mehrere Monate baste-

hen und seit ihrem Ursprunge vollkommen stationiir geblie-

ben sein sollte. - - Zur Zeit der Vorstellung sah Patient zu-

n~iehst einea gleichm/issigen Flor, welcher sich bet der ophthalmoskopischen Untersuehung durch allseitig im

GlaskSrper verbL'eitete Opacit~iten erkliirte. Nach oben und aussen ist das Gesichtsfeld beschriinkt, und der Defect stellt sich, mit runder Grenzlinie in der Form A dar (siehe die beistehende Figur).

('i

+

+ ----- Fixirpnnkt. A ~ Gesichtsfeld-Defect. B ~ Region sehr undeuflichen excentrischen Sehens. C --- 12" (das Gesichtsfeld auf 18" Abstand gemessen.

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Das beinahe gcrade nach oben gelegene Bereich B, welches sich dem Defect anschliesst, unterscheidet sich ausserdem yon dem ilbrigen Gesichtsfeld dutch eine bedeutend herabgesetzte, beinahe nur quantitative Lichtempfindung. Na~:h Angabe des Kranken sollte frfiher derselbe runde Defect, der .ietzt nach aussen und oben existirte, gerade nach oben (in B) existirt und sich sp'ater bis zur bezeich- neten Richtung verschoben haben, die er erst seit vier Wochen einhielt. Das centrale Sehen war dutch die GlaskSrperol)aeitiit schr beschrilnkt, so dass Patient Fin- ger bis auf 8' und Lettern der allergrSssesten Schrift (20 J~iger) nur mit grosset Mfhe erkennen konnte. Patient litt iibrigens seit unbestimmter Zeit an Band- wurm, der ihm vor 4 Wochen abgetrieben war. Ausser- dem waren periodisch wiederkehrende hehige Kopf- schmerzen, Brausen im Kopi'e und im linken Ohr und zuweilen Schwindel in den letzten Monaten bemerkt worden.

Das Ophthalmoskop zeigte ausser den oben bereits erw~ihnten rein vertheihen GlaskSrper-Opacitiiten sehr deutlich eine runde, nach innen und unten im GlaskSr- per flottirende, recht ansehnliche Cysticercus-Blase. Bet ruhig fixirendem Auge waren die eigenthfimlieh zu- sammenscbniirenden Bewegungen und auch ein weiss- lichcr in s, einer Form vergnderlicher knopfartiger Aus- wuchs ganz nach innen und unten erkenntlich. Dieser Auswuchs imponirte mir anfangs fiir den Koi)f des Thieres, es zeigte sich abet bald, dass er nur eine Um- hiegungsstelle des Halstheils darstellte, urid dass der noch iibrige, ziemlich lange Halstheil yon bier aus riick- wiirts in den Glaskiirper bog, so dass er nut bet be- sonders giinstigen Verh'altnissen und selbst dann in iiusserster Verkiirzung erschien. Nach heftigen Bewe- gungen gelang es jedoeh, zuweilen die Kopfanschwellung deutlich zu gewahren. Fiir gewShnlieh s~hien die Cy-

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sticercus-Blasc nur wcnige Linien welt hinter der Linse zu liegen, der vorderste Theil des Gaazcn war offenbar die vorhin erwRhnte knierOrmige Umbiegungsstelle des Halstheils, welche beinahe die hintere Linsenfl'aehc zu be- riihren sehien. Nach erweiterter Pupille konnte man iibri- gens den Cystic(~rcus mit blossem Auge ganz gut gewahren, besonders schien der Thei] des Lichtcs, welcher die untern Randtheile der Linse durchdrang, geeignet, das Entzooon sichtbar zumachen; dic Blase erschien so, yon graulicher Fiirbung~ in stark verwischten Conturen; letz- tere wurden nach inncn und unten zu deutlicher, und das Maximum von Deutlichkeit trat, theils auf Grund der grSsseren Opacit~it, thetis der vorderen Lage we. gen, in .]enem weissen Knopf ein, der den Anfang des Halstheiles darstellte. Es lag jedoch dieser Theil ganz an der innern- untern Grenze des durch die Pupille begrenzten Sehfeldes und verschwand aus demsclben bet den geringsten B e w e g u n g e n . - Patient bemerkte flit gewiihnlich den Schatten seines Cystieercus nicht, was sich besonders dadurch erkl~irte, dass derselbe zum grSssten Theil in die s oder undeutliche Par- tic des Gesichtsfeldes hineinfiel. Aus diescm Grunde konnte auch, wenn eine homoccntrische Bcleuchtung unter den, zur entoptischea Untersuchung geeig- neten Nebenumst~inden benutzt ward, kein com- pletes entoptisches Bild hervorgeru~hn werden. Bet ge- wissen Bewegungen dagegen, wenn der Cysticereus sich mehr gegen die Sehachse vorschob, erschien in dem an den ohern Defect angrenzcnden, nbch erhaltenen Theil des Gesichtsfeldes wenigstens ein hbschnitt des entop- tischen Bildes uad bet ether bcstimmten Umdrehung auch der Halsthei], welchen Patient als eine an ether dunk- len Schcibe haftende schwarze Locke beschrieb. Es musste jedoch wegen des herabgesetzten SehvermSgens

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zu diesen Versuchen ein ziemlich starker Liehteffect he- nufzt werden. - - Der Augenhintergrund konnte mit dem Ophthalmoskop der hochgradigen Glask/irpertriibungen wegen leider nur hSehst unvollkommen beurtheilt wer- den. Nach unten schi,men einmal die GlaskSrperopaci- tiiten gegen den Augenhintergrund mehr angeh~iuft, ausserdem wurden Choriodalver~inderungen constatirt. Ueber alas Verhalten der Netzhaut nach innez) und unten konnten wit zu keinem Sehlusse kommen, weil die Beobachtung in dieser Riehtung dutch die Blase selbst zu sehr behindert war.

Es handelte sich zuniichst um eine richtige Deu- tung de," Anamnese. Die vor 8 Monaten zuerst aufgetre- tene TrSbnug mit Flimmern war nffenbar eine Glas- kSrpertrlibung gewesen; sie war nach Angabe des Kran- ken ziemlich diffus (lurch das ganze Gesichtsfeld ge- gangen, hatte das centrale Sehen sehr besehriinkt und war nach mehrmonatliehem Bestehen wieder verschwun- den. Es ist ~usserst wahrseheinlich, dass eine Cystieercus- Absetzung schon damals bestand oder dass diese Effu- sion eben die Absetzung des Cysticercus bezeichnete, da wit wissen, dass sich an diesen Zeitpunkt gewShnlich umsehriebene Entzi:mdung,m, eechymotische Ver~inde- rungen etc. ankniipfen. Halten wit diese Annahme Fdr richtig, so muss nothwendig in den scheinbar fi'eien Intervallen zwischen den beiden Verdunkhmgen der Cysticercus bereits vorhanden gewesen und die Syrup- tome desselben iibersehen worden sein. Fiir einen frei im GlaskSrper flott~renden Cysticercus, der gewiss stets nach Analogie s~mmtlieher im GlaskSrper verweilender fremder KSrper Tr(ibung der GlaskSrpersubstanz her- vorruft, ist ein solches Uebersehen, da Patient einrnal dies Auge fib" sich beobaehtet, nicht annehmbar, wohl dagegen illr einen umschriebenen, subretinalen Cysti- cereus. Da die eine Partie des Gesichtsfeldes nach

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aussen und oben vollkommen fehit, d. h..ieder qnanti- tativen Lichtempfindung beraubt ist, so muss die Netz- haul an dieser Stelle abgeliist oder durch viillige Ent- artung der Function beraubt sein. Dic blosse Vorla- gerung des C ysticcrcus kann natOrlich, abgesehen davon, dass sie aus optischen 6riblden nie einen so seharfen und stabilen Schatten erzeugen k~nnte, eine g/inzliche Unempfindligkeit fiir Licht unm(~glich erkl~iren, ~ ist doch die Blase in ihrer grSssten Pattie durchschei- nend. Es bleibt somit am wahrscheinlichsten, dass frSher der Cysticerct,s der genannten Stelle entspreehend unter der Netzhaut gesessen, dann die Netzhaut perforirt und in den GlaskSrper bineingef'allen sei. Hiermit stimmt aNch die Analogie ~ihnlieher F~ille, z. B. eines, den ich gleich nachher mittheilen werde. Der Moment der zweiten GlaskSrperoffuscation war aber nicht etwa dem Durehbruch des Entozoons entsprechend, sondern fiel in eine frShere Periode, denn Patient bemerkte noch bei schon bestehender Verdunkelung die Verschiebung der schwarzen Scheibe yon oben nach oben-aussen, w/ihrend welcher Zeit ofYenbar ttoctt eine subretinale Lagerung Statt land, his dana in der letzteren Lage die Perfbration eintrat. Uebersehen hatte Patient die excentrische Beschr/iakung wahrscheiniich so lange sie sehr klein und sehr excentrisch gewesen oder so [ange die Integrit/it des centralen Sehens ihn nicht zu genauen Pri]fhngen der linksseitigen Sehsch/irt'e aui'gelbrdert batten. Ich bemerke hier, class auch jetzt der Defect ziemlich excentrisch i~illt; der Abstand der untern Grenz- linie betr~gt in miuimo 12" auf 18" Abstand, entspricht also einen Winkel vonmehr als 30 ~ Die zweite Glas- k~Srperverdunklung musste w/ihrend der Verschiebung des Entozoons unter der Netzhaut, vielleieht in Beglei- tung der vorw';i,'tsr~'tckenden und an Umfang zunehmen- den Netzhautabl;3sung eingetreteu sein. Hinsichtlich der

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GlaskSrperopacit~it muss ich hinzufdgen, dass um den Raum, in welchem sich der Cysticercus jetzt bewegte, aller- dings etwas mehr zusammenhiingend membranSse Opa- ciffiten gebildet schienen, w~iht'end die iibrigen mehr filzig, fiockig etc. waren. Eine eigentliche das Entozoon umschliessende Membran war aber sicher zur Zeit nicht vorhanden. Die Perforation selbst schien eine plStzliche Aenderung der sub.jectiv wahrnehmbaren Symptome nicht hervorgerufen zu haben und war deshalb der Zeitpunet derselben nieht zu bestimmen.

Nachdem ich den Fall einige Woehen hindurch beobachtet hatte, fiberzeugte ich reich, dass yon einem station~irem Verhalten, wie es der Kranke angegeben hatte, durehaus nicht die Rede set. Der GlaskSrper wurde entschieden triiber, besonders die membranSsen Opaeitfiten um den Cystieercus herum diehter, das Seh- vermSgen sank yon Woche aut' Woche, so dass Patient Finger nut noeh auf 3--4" und yon der grSssesten Schrift nichts mehr erkennen konnte. Ferner trat eine gewisse Neigung zur Subconjunctivalinjection ein. Aueh das Flimmern wurde hSchst l~istig, und eine sym- pathische Betheiligung des gesunden rechten Auges zeigte sich, wenn nicht an irgend einer Abnahme der Sehsch~irfe, doch an mangelnder Ausdauer und ether gewissen Schmerzhaftigkeit des Sehactes. Unter solchen Umst~inden hielt ieh einen Eingriff in das linke Auge indieirt, dean es schien aus dem vorriickenden GlaskSr- perleiden und aus der Analogie ~ihnlicher F~ille yon Cystieercus, welehe die innera Membranen betheiligen, f'dr dieses Auge auch nicht mehr das Mindeste zu hoffen. Ferner forderte die sympathische Reizung des gesunden Auges selbst auf die Gefahr ether ZerstSrung des linken Auges, zu ether Aenderung der Verh~iltnisse auf, und endlich erSffnete der Sitz des Entozoons in der vorderen GlaskSrperh~lfte die Hoffnung, des Thieres dureh Instru- mente laabhaft zu werden. Freilich thfirmten sieh gegen

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einen jeden bestimmten Heilplau die namhaftesten Schwierigkeiten auf; selbst bei ~iusserst erweiterter Pu- pille hatte man uuter gewOtmlicher Beleuchtung yon der Blase ein h~ichst diffuses Bild, und der leid- lieh scharf siehtbare Halstheil befand sich der- massen an der innern-untern Greaze des Gesichts- feldes, dass die Bef~irehtung vorlag, denselben bei der geringsten Verschiebung mit einem Instrumente vollends zu verlieren. Unter dem Ophthalmoskop stellten sich fi'eilich die Conturen der Blase vial deutlicher herraus, allein die Schwierigkeiten eiuer Operation unter ophthal- moskopischer Beleuchtung sehienen uniiberwindbar, wegeu der ungenauen Taxation der Entfernung bei Benutzung eim's einzigen Auges, der Nothwendigkeit, das Instrument selbst mit einerHand zu halten und damit den Operadonsbewegungen gehtirig zu iblgen, endlich wegen des Ungewohnten der ganzen Beleuchtungsweise. U meine Extraction des Entozoous bei ophthalmoskopischer Beleuchtung h~tte es sich jedenfalls nicht handeln ktinnen, sondern h6chstens um einen Versuch, mit einer Nadel die Blase anzustechen, resp. den Halstheil an dem mehrfaeh erw~hnten Knie zu durchschneiden. Letzteres W~ire aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls nieht gelungen, uud das blosse Anstechen des Thiers schien wiederum zur Abtiidtung ~iusserst unsicher. Eiue Abtiidtung des Entozoons hiitte ausserdem jeden- falls einer Entfernung desselben betr~ichtlich nachstehen miissen, da wit zur Zeit nicht wissen, in wie welt die Ueberreste solcher Entozoen noch Nachtheile stiften, durch Aufsaugung verschwinden u. s. w.

Naeh Abw~gung aller dieser Umstiinde gab ich den Plan einer ophthalmoskopischen Operation bald auf und wandte reich auf's Neue der Idee zu, bei tier gewohn- ten Tagesbeleuchtung zu operiren. So viel leuchtete ein, dass, um dieses thun zu kiinnen, zunilchst ein bes-

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seres optisches Verhalten des Entozoons herbeigefiihrt werden musste. Ich glaubte diesen Zweck am besten dadurch zu erreichen, dass ich die natiirliche Pupille dutch ein weites Colobom bis zur Cornea-Grenze hin vergriisserte. Es geschah ,lies auf' dem Wege der fib- lichen Iridectomie, nut schnitt ich ein sehr reichliches Irisstl]ck heraus, und digs nach unten-innen, so class gerade derienige Theil des Linsenrandes zu Tage kam. welcher i~ir das Sichtbarwerden des Entozoons am wirk- samsten schien. Ich gestehe auch, dass ich mit der Iridectomie bier die Idee ve,'band, die Gethhr sp~iterer operativer Eingriffe zu vermindern. I)er optische Effect der Iridectomie i]bertraf meine Erwartungen, das Ento- zoon war dadurch so schSn sichtbar gemacht, dass ich den Kranken bei gewShnlicher Lampenbeleuchtung dem hiesigen Vereine Ffir wissenscha ftliche Heilkunde vorstellen und in einem kurzen Vortrage dig Chancen der wei- teren Operationspl~ine besprechen konnte.

Zwei W'ege stellten sich hie," gegentiber, der eine darin bestehend, einen Bogenschnitt wie zur gew~hn- lichen Linsenextraction zu ~'ollf]ihren, die durchsichtige Linse zu entfernen, dann die telterFdrmige Grube anzu- steehen, um des Thieres, nat0rlich mit einem e t~tsprechen- den GlaskSrper-Verlust, habhait zu werden; der z~veite Weg abet der, mit einer feinen Pincette in eine ge- machte Scleralwunde einzugehen (ungef~ihr so, wie es friiher geschah und noch .jetzt yon Einigen zur Ent- fernung yon Nachstaaren geschieht) und alsdann mit Schonung der Linse das En/ozoon im Glask~,'per zu fassen und hervorzuziehen. Beide Wege batten nat~ir- lich sehr viel Bedenkliches. Der erste setzte in einem ohnehin schon tier erkrankten Auge einen ~iusserst um- fangreichen Eingriff, der bei der VerftSssigung des GlaskSrpers, den bestehenden Chorioidal-Ver~inderun- gen und der pr~isumi,'ten NetzhautablSsung, dutch intra-

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oculare Blutung leicht direct zerstiirend wirken konnte. Ausserdem war es sehr fraglich, wie nach dem Aus- tritt der Linse das Entozoon erseheinen und ob es sich dann iiberhaupt noch im Gesichtsi~lde befinden wiirde. Ein Uebelstand schreekte reich endlich yon diesem Wege definitiv zuriick, n~mlich der, dass bei der Riickenlage des Kranken gerade der Halstheil, auf den es mir vor Allem ankara, sich mehr in den Glas- k~irper hineinsenkte und darin verschwand. Die Blase aber wol[te ich nicht gem fassen, da deren zarte Tex- fur ein sofortiges Ausreissen des Instruments ]eicht m6glich maehen und selbst ein Abreissen der Blase yon dem .Halstheil bei der Reproductionsf~ihigkeit jener den Effect voilkommen vereiteln konnte. Ich schickte reich deshalb zu dem zweiten Wege, n~imlich zu einer Seleraloperation an. Dieselbe wurde unter ausserordentlich grossen Schwierigkeiten bei bestm(ig- licher Tagesbeleuclltung ausgefiilirt. Ich duldete nut die Gegenwart eines einzigen Assistenten, da die ge- ringste Ver~nderung des Lichtes, selbst des seitlich auf- fallenden, die ohnehin schwierige und ungewohnte Orien- tirung mit diesen diffusen Bildern Voilends z u stiiren drohte.

Ich machte mit einer geraden Reclinationsnadel yon etwas breiteren Fl~ichea eine senkrechte Punction durch die Umhlillungsh~ute, ungef~ihr wie zu einer Linsen- dislocation, nut 1�89 welter nach hinten, um die Ge- fahr einer etwaigen Linsenverletzung zu verringern. Beim Zuriickziehen der Nadel infiltrirte sich etwas ver- fliissigtes Corp. vitreum unter die Conjunctiva, welche deshalb, um die weitere Introduction der lnstrumente nicht zu behindern, an der betreffenden Stelle mit einer Cooper'schen Scheere etwas aufgeschlitzt wurde. Zu der kleinen Wunde brachte ich ebenfalls in senkrechter Richtung eine Lu6r"sche pince capsulaire geschlossen

Archly f~, Ophthalmologie. Bd. HI. 2. '21

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ein, und stiess dieselbe so welt in den Glask;Jrper vor, dass sie zwischen der hblteren Linsenfl~iche und der Blase des E~tezoons sichtbar wurde. Wenn man an den s(.harfen Anblick der Instrumente dicht hinter der Pupilh~ril':iche gewlihat ist, so haben diese in Zer- streuungskreisen gesehenen Bilder der Instrumente im GlaskSrper allerdings etwas T~iuschendes und Peinliches, und do(.h involvirt Gin jeder Versuch, durch Ann~ihern des Instrtlments an die Linse dasselbe deutlicher zu machen, die Gefahr einer Verletzung der so zarten hin- teren Linsenkapsel. Zwei DingG hielt ich mir bei der weiteren FShrimg des Instruments unausgesetzt vor Augen, n~mlieh erstens ,jede bedenkliche Ann~iherung an die hintere Linsenfliiche zu vermeiden, zweitens abet nicht die Blase, sonderx~ das Halstheil zu fassen. Hiitte ich .jene gei'asst, so w~ire sie, wie oben erw~ihnt, wegen ihrer Zartheit entweder gleich beim Fassen oder sp~iter beim Anziehen gegen die Scleralwunde gerissen, und der schmale uad mit viel geringerer Widerstands- fl';iehe im Glaskiirper subigirte Halstheil h~itte sich wahr- scheinlich den weiteren Versuehen entzogen. Die grosse Schwierigkeit den Halstheil zu fassen, lag nun eben darin, dass derselbe naeh irmen zu gelegen war, und dass man, um ihn zu erreichen, an tier vorliegenden Blase vorbei musste. Der einzige Punkt, der zug~ing- lich schien, war das oben erw/ihnte am meisten nach vorn gelegene Knie des Halses. Ich ging deshalb mit der Pincette auf dieses zu, dr:~ingte jedoeh, jemehr ich reich demselben n;,iherte, die :Gesammtmasse des Ento- zoons mit dem noch immer ,geschlossenen Instrumente etwas in den Glaskliri)er zuriick, damit ich das ohnehin der Linse am meisten benachbarte Knie nicht zu nahe an der hinteren Kapsel fassen, und (durch indirecte Wirkung der mit aagezogenen Glaskiirpertheile) die hintere Linsenkapsel erSffnen konnte. Am Kaie an-

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gelangt, ~3ffnete ich die Pineette, so dass die eine Bran che naeh oben, die andere naeh unten stand, und sehloss das Knie, soweit es zug~ingig war, zwisehen die Branchen ein. Als ieh nun mein Instrument gogen die Seleral- wunde anzog, trat eine optisch sehr auffallende Um- drehung des gesammten Entozoons ein. Es sehien sieh das Ganze um einen hinterer,, verhNtnissm~issig weni- ger bewegliehen Punkt der Blase zu drehen, so dass der Kopf und Halstheil, weleher frhher innen sass, bei vor- riiekender Anziehung gegen die Sehl~ifenseite hin zu lie- gen kam. Beinahe hatte mein Instrument wieder die Seleralwunde erreieht, und versehwand der Fundus der Blase etwa im ~iussersten Theile des Pupillarfeldes, als zu meinem grossen Leidwesen das Gefasste ausriss, mein Instrument leer zu Tage kam und bei der.jetzt stattfindenden mittleren Pupillareontraetion eine jede Spur der erhofften Beute aus dem 6esiehtsfeld ver- sehwuaden war. WSre dieselbe nieht unter giinsligen VerMhnissen yon selbst wieder ersehienen, so h~itte ieh wahrscheinlich einen jeden weiteren Versueh aufgegeben. - - Naehdem ieh die Augen ungef';ihr �89 Minute hatte schliessen lassen, erbliekte ieh zu meiner Freude das diffuse Bild des Entozoons, welches sieh, wie dutch die. Elastieit/it tier disloeirten Theile, wieder yon tier Seleral.wunde in den 61askiSrper zuriickzog. Die Blase lag jetzt naeh innea und vorn, der Halstheil, der sich naeh Ausgleiehung des Knies gestreekt zu haben sehien, lag, wie naeh erfolgter Umdrehung, naeh aussen und hinten, der Ansatz desselben an die Blase gab noeh ein leidlieh klares, abet der Kopf'theil ein sehr diffuses Bild. Die jetzige Lage ertiffnete die Aussieht, bei einer naehmaligen Introduction tier pinee eapsulaire die eine Branche tiber, die andere unter den tIals so vorstossen zu ktinnen, dass der Hals in seiner ganzen Die ke ein- gesehlossen wurde. Ieh wollte nun nicht, wie bei dem

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vorigen Versuche, einen dcr Blase benaehbal'ten Punkt des Halstheils, sonderKj we m0glich so dicht am Kopf als m0glir f'~ssen, well im ersteren Falle nothwendig vor dem 1)urc, htt'iLte dutch die Scleralwunde ein balken- artigcs Vorlegen des Halses und dann eine koief0rmige Umbcugung desselbcn stattfinden musste, wiihrend in dem zwciten Fa]le der Halstheil sich roche in die Achse des Iostrtlmcnts Icgcn und mit relativ geringstem Wi- dcrstande passircn konnte. Ungel'iihr am Kopfende des Thieres 5ffnete ich das Instrument und stiess classelbe mit einer etwas briisken Bewegung ge- gen den hinteren-inneren Theil des Glask0rpers :vor, bis ich sicher zu sein glaubte, dass die Spitzen das Fassob.ject iibcrragtea. Schoa brim Anziehen ge- wahrte ich nun, dass das Entozoon viel besser und sicherer gcfasst sei; es erschien brim Ausfiihren des Instruments in der Pincette se]bst liegend dcr Kopf, dann ein weisser, zicmlich strangf~rmiger Halstheil, und endlich stellte sich' die Blase ein. Diese letztere .jedoch konnte ihres zarten Baues und ihrer Anspannung mit Fliissigkeit wegcn den ihr an der Wunde erwachsenden Widerstand nicht intact 5berwinden sic borst und kam in gr~sseren, dem Halstheil anhiingenden Lappen zu Tage.

Das Entozoon, welches ich in mcincr Sammlung bewahre, hat cine Liinge yon 7 Millimetern, die Kopfanschwcllung misst in der Breite 1 Millim.~ alsdann folgt ziemlich rasch die gr~sste Verd~innung his au~" 0, 6 Millim.; hierauf tritt wieder eine eontinuirliche Ver- dickung ein, welche ihr Maximum yon 1, 1 Millim. da erreicht, we der Hals in ,lie Blase iibergeht. Ueber die Dimensionen der Blase liisst sieh, da sic s zerrissen war, nichts sagen; der Halstheil bestand im Ganzen aus 7 Gliedern, writhe zwischen ~- und 1~-Millimeter an Liinge massen; iibrigens ganz die gew~Shnlichen Gharak- tere des c:fsttcerc~s cellulosii. Trotz der unzarten Urn-

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armnng mit der pince eapsulaire wurden die Bewegun- gen an den Saugn~ipfen nach l~nger als einer Viertel- stunde eonstatirt. Das Zerreissen der Blase besffitigte racine Ansicht, (lass dieselbe zum Fassen hiichst unzweck- m~issige ist, und dass man in ~hnlichen Fi~llen stets den consistenteren Halstheil benutzen muss.

Fiir die Folgen der Operation war ieh allerdings nicht wenig besorgt, denn ich iXirchtc Scleraloperationen iiberhaupt, auch war das Manoeuvre schon seiner L~inge und Wiederhohmg wegen zu den eingreifenden zu rechnen. Femer flirchtete ich Wotz aller Vorsicht, dass ich durch das erstmalige Anzichen des Entozoon hart hinter der Linse und dutch die Verschiebung yon GlaskSrpertheilen die hintere Kapsel kiinnte er~iffnet haben, um so mehr, als ich reich yon solehen Even- tualii~iten bet ~ihnlichen Glaskiirperoperationen an Thie- ten vorher mehrmals iiberzeugt hatte. Endlich waren dutch die Priiexistqnz chronischer Chorioideitis die Chan- cen bier noch besonders gctriibt. Die Reaction fiel troiz dicser Bedenken nut m~issig aus, woran viel- leicht die Iridectomie cinch glficklichen Anthei[ hatte. Eine si(.htliche Injection der subeonjunctivalen Gef~isse und Reizbarkeit gegen das Licht hielt sich allerdings bet dem Kranken etliche Wochen, so dass derselbe erst nach Ablauf yon beinahe 5 Woehen aus derAnstalt entlassen werden konnte. Seitens der Iris trat nicht der rnindeste Zufall eta; die Linse war zu meiner gr~ssten Freude nicht verletzt, abcr im Glaskih'per hatte sich durch die Operation eine auffalleade Ver~inderung gebildet. Die feinen diffusen Opacitiiten batten sich gekl';irt, was offenbar auf" den Naehlass der dureh das Enlozoon erregten chronischen Chorioideitis zu beziehen war; aber an tier Stelle, wo alas Entozoon gesessen halte, beFaad sieh eine nur sehwach durchscheinende, gelbliche, mere-

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branfise Trfibung, welche wie eine Pr~ieipitation die Wand einer Glask~sperh~hle zu bedeeken schien. Von dieser kugelschalf~rmigen Membran war ein h~iutiger Cylinder durch den Glasktirper nach der Seleralwunde hin ausgespannt; derselb~ bezeichnete genau den Weg, den mein Instrument bei dem ersten Versuche, des Ento- zoons habhaft zu werden, eingeschlagen hat/e; .ia es ge- lang mir, einen zweiten h~iutigen Cylinder aufzufinden, der hinter dem ersten yon der Scleralwunde nach hinten und innen geriehtet verlief und den Gang meines Instru- mentes bei dem zweiten gliieklichen Versuch darstelhe. Der letztere m[indete in einen trSben Glask~rperraum, der sehr schwer abzugr~inzen war, well er yon dem erst- erw~ihnten verdeckt wurde; ieh glaube ohne Bedenken diesen Glask6rperraum anf' die Lagerung des Entozoons nach der Umdrehung (zwisehen b~qden Fassversuehen) beziehen zu kSnnen. Fremde KSrper, die im Glask~rper sich befinden, z. B. eingodrungene Metalltbeile, reclinirte Linsen, Cysticereen, Fdhren in ihrer n~chsten Umgebung zu einer eigenthSmlichen Tr[ibung und membran~isen Verdichtung der Glask~rpersubstanz, auf welche wir, obwohl wir wenig ErschSp~'endes dari~ber wissen, bei Gelegenheit der n~iehstfolgenden Notiz ~iber fi'emde KSr- per im Innern des Auges zurfickkommen werden. In- teressant bleibt auch in diesem Falle der genaue Ab- drnck des Ganges meines nur so flfichtig im Auge verwei- lenden Instruments. Der Augenhintergrund war der ge- nannten Glasktirpertdibungen wegen gerade an den wichti- gen Stellen immer noeh nieht zu controliren, w~ihrend er nach oben yon normalem Ansehen schien.

Das SehvermSgen blieb ungef~hr auf der frllheren H~he, oder in der H0he einer geringen Besserung stehen, so dass Patient Finger in 6 ~ 8 ' und Worte der grSssesten Schrift erkcnnen konnte. Eine sehr gSnstige Erscheinung war offenbar das Aufh~}ren aller Reiz-

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erseheinungen und der sympathischen Erregung des zweiten Auges, welches Patient wieder vollkommen fi'ei brauchen konnte.

Zu meinem Bedauem muss ieh hinzufligen, dass ich Patienten ein halb Jahr sp~iter rnit einer ziemlich vorgeri'lckten Cataract wiedergesehen. Ieh glaube, dass dieselbe auf einen traumatischen Ursprung durch die Operation sicher nieht bezogen werden kann, weil sie nothwendig einer genauen Untersuchung sich h~itte eher (bis 5 Wochen nach der Oper~ltion) darlegen m{~ssen. Ieh halte dieselbe flir Fotge des hochgradigen GlaskSr- perleidens, wofiir auch (lie Form und tier Ausgang yore hinteren Po lde r Linse, weleher solchen Conseeutiv- Staaren cigenthiimlieh ist, argumentirt. Die nun grSssere Sehst6rung entsprach dem Grade der Cataract; im Uebrigen war das Befinden des Patienten vollkommen nach Wunsch und nicht die mindesten Reizzustande vorhanden; Patient, mit dem Gebrauch seines zweiten Augcs vollkommen zufrieden, stellte sieh lediglich dem frliheren Geheisse gem~iss dar.

Die F~ille, wo die Entbindung yon Cystieereen aus den tieferen Theilen des Auges angezeigt ist, werden wohl stets zu den Seltenheiten gehSren, denn die ur- sprfinglich im Glask~3rper sitzenden Cystieercen seheinen, soweit unsere Beobachtungen bis jetzt reichen, yon h~iu- tigen Schliiuehen eingekapselt, welche eine naehtheilige Einwirkung auf das Innere des Auges absehneiden, und selbst die abgestorbenen Thiere auf unbestimmte Zeit, vielleicht ffir immer, einsehliessen. Hat ein Cysti- cereus, wie hier, urspriinglich seinen Sitz unter resp. in der Netzhaut, und gelangte secund~ir in den GlaskSrper, so wird diese Epoche meist an solehe StSrungen in der Netzhautfimction gebunden sein, dass ein operativer Ein- griff f'dr das Sehvermiigen des betroffenen Auges wenig

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verspricht Hierzu kommen die grossen Sehwierigkeiten der Ausi~ihrung, welche sich wohl nut unter ganz beson- ders gllicklichen Conjuncturen iiberwinden ]assen. Nur in dem Fa]le, dass die Gegenwart des Cysticercus sympa- thische Reizzust~inde des anderen Anges hervorruft, k6nnte statt der Zerst6rung des ersteren Auges auch ein verzweifelter Extractionsversuch gerechtfertigt er- scheinen.

III. C y s t i c e r c e n im A u g e n h i n t e r g r u n d e .

1. R.L., 23 Jahre alt, ein hiesiger Arbeiter, friiher stets gesund, hie yore Bandwurm behaftet, bemerkte am 14. August 1856, Morgens beim Aufstehen eine Seh- stiirung des linken Auges. Die Triibung, welche ~un allm~ihlig urid ohne Schmerzen zunahm, soll ziemlich diffus gewesen sein, nur nach uriten hatte Patient unter gewissen Umst~inden einen abgogrenzten schwarzen Fleck bemcrkt. - - Bet seiner Vorstellung in meiner Klinik im September 1856 sieht man ~iusserlich am Auge nichts Krankhaftes. Das Ophthalmoskop zeigt einea ziemlich grossen Cysticercus-Ba]g, unter der Netz- haut liegend, nach innen und oben, an demselben alle charakteristischen Kennzeichen: die zusammenschn/iren- den Bewegungen sehr ausgepr~igt, der Halstheil dutch eine weissere Stelle angedeutet. Die Netzhaut scheint nut so weir yon der Aderhaut abgel/ist, als der Cysti- cercus reicht, der Glaski}rper ziemlich rein. Dem ent- sprechend kann Patient noch gr~Jssere und selbst mitt- lere Schrift iesen, dagegen ist ein umschriebener Defect im Gesichtsfelde nach unten und. etwas nach aussen, ganz der Cysticercus-Lage entsprechend, nachweisbar. Derselbe ist in der bier beistehenden Figur dutch die schwarze Stelle A repr~isentirt. - - Nach mehrwSchent- licher Beobachtung, wiihrend der sich keine wesentliche Ver~inderung ereignete, kommt Patient eines Tages we-

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gen ether pllitzliehen Abnahme des SehvermSgens in die Klinik; er kann kaum noch Buchstaben der grSssten Schrift erkemmn, Bet der fimctionellen PrSfimg zeigt sich ausser dem friiheren Defect A ein zweiter, in der

oben

unten

A und B die belden Defecte im Gesichtsfelde, welches auf 181 Enffernung gemessen ist;

F----~Fixirpunkt. Abstand D betr~gt 6", Abstand C 12". Figur mit B bezeichnet, nach obea und etwas nach innen im Gesichtsfelde. hmerhalb d~'rselben ist jedoch die Wahrnehmung nicht vollst~indig aufgehoben, son- dern nut auf schw,qche quar~titalivc LichTereeption her- abgesetzt. Die Grenzen dieses Defects sind auch im Gegensatz zu dem Deflect A etwas schwankend, wie es dutch den Halbsehatten um B herum in der Figur angedeutet ist. Das Ophthalmoskop zeigt zun/ichst don GlaskSrper jetzt viel trSber, yell w)n feinen fetzig-mem. bran~sen Opacit/iten. Die Beobachtung wurde zun~iehst auf den anf~nglichen Ort des Cysticereus geriehtet; start des ~riihel" so deutlich in dem Glask~Jrperraum pro-

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minlrencten Sackes sahen wit jetzt an dieser S/elle lediglieh einen gr(Jnen Fleck im Augenhintergrunde, an welchem die Netzhaut entweder gfinzlieh fehlt oder dutch Triibung des Gewebes unkenndich geworden ist. Eine sp~tere Beobachtung, die ich gleich ant"dhren werde, entschied ~ir das letzt(.. Offenbar war an dieser Stelle kein Cystieercus mehr vorhanden. Dagegen zeigte sieh der Cystieercus-Balg, vim klarer als zuvor, in dem un- tern-'~ussern GlaskSrperraum, den innern Membranen, wie es sehien, anliegend, jedoeh sieh bet den Bewe- gungen etwas gegen dieseIben vorsehiebend. Eine ihn umhiillende membranSse Glask0rperverdiehtung war noeh nieht vorhanden, weshalb man Kopf und HMsthei[ gut beobaehten konnte. Es entspraeh der Oft des Cysti- cereus ganz dem Deieet B, die gr~;ssere Ausdehnung der Stelle B im Vergleieh mit A durtle vielleieht dem erfolgten Waehsthum des Entozoons zuzusehreiben sein. Die Existenz quantitativer L i e h t - W a h r n e h m u n g in diesem Gebiet erkl~rte sieh dadureh, dass das Emozoon an der Stelle lediglieh vor der Netzhaut lag, w~hrend innerhalb des Defects A die Netzhaut dutch Abl~3sung entartet war. Ueber die Dentung der Erseheinungen konnte kein Zweifel obwalten. Offenbar hatte eine Rup- tur tier Netzhaut stattgefunden, wonaeh das Entozoon sieh in den Glaskgrper gesenkt hatte. W~re dasselbe bet fortsehreitender Verfl6ssigung des Glask6rpers mehr naeh vorn gedrungen, so h~tte die Erscheinung des Falls dem zuletzt besehriebenen GlaskSrper-Cysticercus sich durehaus angeschlossen, auch hatte Patient scit der st~tskeren T,'abung etwas Empfiadlichkeit, Blendung und Subconiunktivalinjection; wahrseheinlieh auf Grund einer Reizung des Gefasssvstems, welche dutch den neuen Aufenthalt hervorgerufen worden war. Eine ein- geleitete Antiphlogose und Ruhe des Auges besserte das Sehverm0gen tempor~ir wieder so welt, dass Patient

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grSsserc Sehrift leidlieh sicher lesen konnte. Der Glas- kiirper hatte sich hierbei im Allgemeinen etwas gelich- tet und gestattete clue sch~iri'ere Beurtheilung des dem ursi)riinglichen C:Tstieereus-Sitze entsprechenden Flecks. Die Chot'ioidea war an .jener Stelle dureh eine i'eink~;rnige graugt'iine Gewebslage bedeekt, welehe einzelne liehter-graue Streifen darbietet, die be- reits an (lie Falten einer f'riiher abgel(isten Netzhaut erinnerten. Endlich konnle ieh bet ether am 2. JaImar 1857 gemaehten Beobaehttmg' aus der Substanz dies tr feink(irnigen Masse sp~irliehe dut~klere StrRnge hindurch- schimmern sehen, welehe sieh in die stark geschlRngel- ten und eben[alls dunklereu Venen der angrenzcnden Netzhauttheile mit Sieherheit verfolgen liessen. Es musste somit die ['eitlkiirnige Gewebslage wohl die ver- diekte und fi'iiher abgeliistc Netzhaut selbst darstellen. Die Gesichtsfeldde~'e(.te blieben bet de,' vorl~iufigen Lich- tung des SehvermSgens gat~z unver~ndert, iiberhaupt erhiclt sich der Ztlstand tempot'~irer Besserung mehrere Monate, his datm veto Fehruar d. J. an die gewSlm- liehe eontinuirliche Versehlechteru~lg des Sehverndigens eintrat. Um den Cystieereus-Balg entwiekehen sieh reiehliche GlaskSrpermembranen, welehe durch ihre Con- tinuitiit, wie sehon fi'iiher 5tiers erw~hnt, gegen die ge- wShnlichen 5'tzigen Membranetl abstaehen. Die Netz- hautgef~isse wurden immer geschi~inpjelter, das Gewebe der Netzhaut selbst, wahrscheinlich dureh ser;ise Infihration~ wie sie der AblSsuhg wohl hiiufig vorangeht, verwisch- ter das excentrisehe Sehen in der NRhe des Defects B immer undeutlicher, so dass bet schwacher Beleuch- tung die Figur B bedeutend erheblieher herauskam. Als ich ,den Patienteu im April d. J. sah, war bereits eine erhebliehe Netzhautabliisung nach aussen und unten vorhanden~ das Sehen beinahe Null, das Auge etwas weicher, und deutlithe Vorl:)otetl jener Irido~'horioideitis

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da, welche, wie es seheint, constant den Ver]auf des Uebels schliesst. Es s~'i bier in Erg~nzung meiner frfiheren Mittheihmgen gesagt, dass dieser Ausgang in allen F~llen yon urspriinglich subretinalen Entozoen schliesslieh gesehen wurde, wenn die Beobachtung ]i~ng'er als ein Jahr dauerte.

2. Clara G., 22 Jahr.e alt, aus der Umgebung yon Berlin vollkommen ,gesund mit Ausnabme eines Band- wurnls, der 14 Tage vor der Vorstellung abgelrieben wurde, wnrde vor 8 Monaten yon Flimmern vor dem linken Auge heimgesucht, woran sich eine allm~ihlig zunehmende Verdunkehmg" dieses Auges schloss. Zuerst soil vorwaltend der reehte Tbeil des Gesiehtsfeldes verdun- kelt gewesen sein, dann mehr und mehr, his nut noch ein Liehtsehe]n l~aeh anssen nnd unten (ibrig blieb, letzteres nun schon seit 5 Monaten angeblich in demselben Zu- stande. In don ersten 6 Wochen der Erkrankung ge- wabrte P~Jtientin b~sonders unter congestiven Veran- lassungen, z. B. beim B[icken, und mehr im dunk- len Zimmer und beim Schliessen der Augen als im Hellen, in dem bereits verdunkelten reehten Theil des Gesiehtsfeldes, naeh unten eine sehwebende runde Seheibe, die bald dunkler, bald etwas liehter war, immer abet sich dutch einen gelblichen Nebenschein yon den angren- zenden schw~rzliehcn Partien untersehied. Sic besehreibt sie wie ,ein gelbes rundes Auge, woran ein Ding wie ein Blutege] hing', welches bald l~ng'er, bald kfirzer ward, sich zusammenzog, krfimmte und sehl~ingelte." Jetzt hat sie seit etwa 6 Monaten diese Erscheinung, auf welche ieh sogleich zuriickkommen werde, nieht mehr gehabt. In tier ganzen Zeit ]itt Patientin an reissenden Schmerzen in Stirn und Schl/ife, welche periodiseh re- mittirteo, in den letzten Monaten auch an starken Kopi'- schmerzen, Schwindel, Tanmel - - Symptome, welehe nur bei etlichen derartigen Kranken vori'and, obwohl sit

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wahrscheinlich yon dem Augeniibel unabh'angig und m~3glicherweise aufei ne gleichzeitige Cystteereus-Ablag .- rung innerhalb der Sehg.delhiihle zu beziehen sind (?). - - Zur Zeit ihrer Vorstellm~g in meiner Klinik ist Patientin ant' dem linken kuge beiuahe blind, nur nach aussen und unten kann sie m(ihsam eine gut beleueh- tete, sieh bewegen&.' Hand wahrnehmen. Dis subeon- ,junetivalen Gef"asse sind etwas in jieirt, Pupille leieht er- weitert, h'is etwas gr(inlieh verf'arbt, humor aqueus sehwaeh diffus getr(ibt und der Bulbus bereits etwas weicher. Die fl'iiher bestehende Ciliarneurose ist seit 14 Tagen, wahrscheinlieh seitdem atrophia bulbi sich zu entwiekeln beginnt, verschwnnden, m Der Augenspiegel zeigt eine beinahe totale NetzhautablSsung; nut nach innen und oben, entspreehend tier nach aussen und un- ten erhaltenen Liehtperception, liegt die Netzhaut noch an. Der GlaskSrper enthiilt einige spiirliche rnembrang3s h'tzige OpaeitSten. Dutch die grauliche, stark durch- scheinende, abgelSste Netzhaut hin lurch gewahrt man nach aussen und oben die scharfe Contour einer gros- sen runden Blase, dcren Colorit in's Griinlie.he spieh, und in deren Bereieh etwas nach innen excentriseh sin starker weiss reflectirender Theil erscheint. Die Fdr Cysticercus characteristischen Bewegungen konnten an dieser Blase erst nach sehr m(ihsamer Beobachtung eonstatirt werdeu, weshalb die Diagnose bis zur dritten Sitzung zweifelhaft blieb. Ein}ge Monate spiiter besuehte reich die Patientin mit einem bereits hochgradigphthisi- sehen Auge; es war sehlei'chende Iritis, obwohl ohne erhebliehe RSthung und ohne Sehmerzen hinzugetreten.

Besonders interessant war mir bei dieser Patientin des Aufireten einer photoptischen Erscheinung, welche so genau die Gestalt der subretinalen Blast darstellte, denn als solche musste doch die fr~'Lher angegebene ,,gelbliche Scheibe mit ihrem blutegelfSrmigen Appcn-

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dix" gedeutet werden. Schon die Angabe, dass die Erscheinung gerade bei gesehlossenen Augen und im duakeln Zimmern am meisten hervortrat, deutete auf ihre Abhiingigkeit yon tier mechanischen Erregung der iiusseren Netzhautfl'ache dutch das En'tozoon bin. Ab- gesehen hiervon htitte seine anderweitige E,'kl~irung durch den Lichtreiz, sei es beim directen Auffall auf die betreffendc .Netzhautpartie, oder bei der Rfickstrahlung yon der Sclera und Chorioidea, optiscbe Schwierigkei- ten, um so mehr, als jedenfalls diese Gegend der Netz- haut fiir Licht bereits wenig Reizbarkeit besass. Dass functionell beinahe abgestorbene Netzh~iute auf I)ruek und electrische Erregung zuweilen relativ lebhaft re- agiren, ist .ja genfigend durch die Ert~hrung best/itigt. - - In der Kfirze seien noch fblgende F/ille erw/ihnt.

3. Carl K., Bauer aus Tornow bei Neustadt-Ebers- walde, pr~sentirte sich im verflossenen �9 in meiner Klinik mit einer rechtseitigen amblyopia amaurotica, als deren Grund sich ebenfalls ein subretinaler Cysti- cercus herausstellte. Die functionelle Pr['d'ung zeigte die centrale Sehsch'arfe so welt erhalten, dass Patient noeh Worte yon No. 14: und Buchstabell yon No. 11 (der Jiigerschen Schriftproben) erkennen konnte. Dicht unter dem Fixirpunkt ring ein keilf0rmiger Defect an, tier sich bis an dieuntere Grenze des Gesichtsfeldes ausdehnte. Das Aeussere des Auges und der Glaskiirper vollkommen normal; etwas fiber der macula lutea erhob sich die Netzhaut yore Augenhintergrunde; sic war hierbei so durchsichtig, dass dig Grenz'en der Abliisung nach man- chen Richtungen, wie so hiiufig, lediglich dutch das Verhalten der includirten Gef";issstiieke, n.amlich durch griissere Schliingelung, resp. Knickung, Wandelbarkeit der Figuren, optisch festzustellende vordere Lage, be- stimmbar waren. Nach anderen Richtungen markirten sich die Grenzen sehr auffallend durch eine grfinlich schillernde Substanz, welche eine, die Netzhaut yon der

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Aderhaut scheidende, solide Zwischensubstanz zu be- zeichnen schien. Ieh babe eine solche mehrmals bei Netzhautabiiisungen geschen und vermulhe darin eine zuweilen fiir die Begrenzung des Prozesses gliickliche Demarcation. Die Ausdehnung der NetzhautablSsung eatsprach ungef:~ihr dem Gesichtsfelddefect; sie war weit umfangreicher als die runde, alle typischen Kennzeichen bietende Cysticercus-Blase, welche gerade nach oben unter tier Netzhaut lag. Bei einer zweiten Beobachtung zeigten sieh besonders schlin die Bewegungen des seharf abgegrenzten und dutch dim Netzhaut nut wenig be- wiilkten Kopftheils. - - Patient hatte iibrigens frSher viel an Bandwurm gelitten. Als ich demsclben zum dritten- real 8 Wochen nach seiner ersten Vorstellung wieder- sah, war der Zusmnd noch unver'~ndert.

4. Madame A. aus Breslau, 32 Jahre nit, stellte sich am 4. Mai 1857 in meiuer Klinik vor. Das liake, jetzt erkrankte Auge soil his zum August vorigen Jah- res absolut gesund gewesen sein. Nach einer hefiigen Aufregung trat damals Funkensehen, Flimmern auf, doch konnte sic his zum October noch feine Druck- schrih lesen. AJsdann bemerkte sie zum erstenmal eine Wolke nach rechts, dabei eine~ gleichm~issigen feinen Flor vor dam Auge, die Wolke breitet sich immer mehr aus, seit 6 Wochen erkennt ale keine Ge- genstiinde mehr, jetzt hat sie nur noeh quantitative Lichtempfindung. Anamnestisch ist zu eruiren, dass sic yore zehnten zum clften Jahre an Taenia litt, welche mit dem Kopt' abgetrieben wurde. Naeh einem schon in den Miidchenjahren stattgefundenen Fall auf den Hinterkop[" hat sie einen fixen Schmerz am Scheitel zuriickbehalten. Nach ihrer ersten Entbindung waren Kr~impi'e mit Bewusstlosigkeit zuerst aufgetreten, welche sich seither in langen Intervallen yon 1--2 Jahren und nut auf besondere Veranlassung, namentlich Schreck,

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wiederholtea. In den letzten Jahrerl ist ausserdem h~iufig Ohrenbrausen~ Eingenommenheit des Kopfes und selbst Schwierig'keit zu sprechen eingetroten.

Aeusserlich war dcm Auge nichts Krankhaftes an- zusehen. Das Ophthalmoskop zeigte den GlaskSrper bereits etwas getriibt, eine sehr ausgedehnte Netzhaut- abl6sung und nach aussen liegend eine grosse sub- retinale Cysticercus-Blase mit allen typischen Charak- teren. Auch hier ist, wie ich aus einem neulichen Be- richte ersehe, der Ausgang in phthisis bulbi eingetreten.