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241 Berufspolitik Orthopädische Nachrichten 09/2004: Kostenausgleich erlaubt – Urteil zur Beteiligung des Anästhesisten bei ambulanten Operationen KÖLN Kostenpauschalen, die Anästhesisten für gemein genutz- te Einrichtungen zahlen, stuft der Bundesgerichtshof nicht als Ent- gelt für den Operateur ein. Diejenigen Ärzte, die ambulan- te Operationen durchführen, stel- len zumeist den Operationssaal nebst Personal bereit, während die hinzugezogenen Anästhesisten in der Regel (nur) die für die Anästhesie notwendigen Geräte, Materialien und Medikamente mitbringen. Der auf den Opera- teur entfallende Kostenanteil ist bei einer ambulanten OP wegen der bei ihm anfallenden Bereit- stellungskosten offensichtlich un- gleich größer als derjenige des Anästhesisten. Insofern erscheint es nur gerecht, wenn der Opera- teur von einem ständig mit ihm kooperierenden Anästhesisten, der regelmäßig bei den Eingrif- fen, die Anästhesieleistungen er- bringt, eine Beteiligung an diesen Kosten erhält, die etwa in Form einer vom Anästhesisten pro Fall zu entrichtenden Pauschale be- rechnet werden. Weit verbreitet ist in diesem Zusammenhang immer noch der Irrglaube, bei einer solchen Ver- einbarung würde der Operateur dem Anästhesisten Patienten „zu- schanzen“ und dafür vom Anäs- thesisten eine Vergütung bekom- men, obwohl in sämtlichen Berufs- ordnungen die Patientenzuwei- sung gegen Entgelt verboten ist. Mittlerweile hat der Bundes- gerichtshof aber geklärt, dass eine kostenmäßige Beteiligung des mitbehandelnden Anästhesisten an den für die Operation gemein- sam genutzten Einrichtungen kein dem Operateur gewährtes Entgelt ist: Das Verbot der Überweisung gegen Entgelt solle nur verhin- dern, dass sich der überweisende Arzt in seiner Entscheidung, wel- chem Kollegen er Patienten zu- weist, von vornherein wegen einer vom Kollegen versprochenen Vergütung bindet und medizi- nische Erwägungen bei der Über- weisung vernachlässigt werden. Vor diesem Hintergrund können aber nicht diejenigen Zahlungen verboten werden, die ihren Grund in der Behandlung selbst haben und als (pauschaler) Aufwen- dungsersatz sachlich gerechtfer- tigt sind, so die Richter am BGH. Denn bei einer engen ärztlichen Kooperation kommen die Auf- wändungen des überweisenden Arztes auch dem anderen zugute, weshalb es dem mit den Kosten Belasteten nicht verwehrt sein können, bei dem entlasteten Ko- operationspartner einen Kosten- ausgleich zu suchen. (BGH, Urt. v. 20. 3. 2003 – III ZR 135/02) Praxistipp: Achten Sie bei ei- nem solchen Kostenausgleich aber stets darauf, dass dieser nicht über eine anteilige Belas- tung hinausgeht und nicht etwa noch zu einem zusätzlichen Ge- winn des Operateurs (verdeckte Provision) führt; im entschiede- nen Fall hat der BGH eine Pau- schale von 25 Euro für eine am- bulante gynäkologische Operation nicht beanstandet. Quelle: Rechtsanwälte Wienke & Becker – Köln Bonner Str. 323, 50968 Köln Tel.: +49(0)221-37-65-30 Fax: +49(0)221-37-65-312 E-Mail: [email protected] Web: www.info.kanzlei-wbk.de Weiteres Urteil zur Aufklärungspflicht über alternative Behandlungsmöglichkeiten Wie wir bereits in den Heften 4/2003 und 3/2004 berichteten, hat das OLG Karlsruhe in einer Entscheidung vom 26. 6. 2002 (AZ 7U 4/00 (LG Heidelberg)) festgestellt, dass die Aufklärung über verschiedene Behandlungs- methoden nur dann notwendig ist, wenn andere Methoden eine echte Wahlmöglichkeit darstellen. In einem am 23. 10. 2003 vom OLG Dresden gefällten Urteil (4 U 980/03) hatte die dortige Kammer entschieden, dass die Behand- lungsmethode primär Sache des Arztes ist. Eine Pflicht zur Unter- richtung über nur theoretisch in Betracht kommende Therapie- möglichkeiten bestehen demnach nicht. Unterrichtet werden muss ein Patient aber dann, wenn un- terschiedliche Behandlungen, die gleichermaßen indiziert sind, mit wesentlichen Unterschieden hin- sichtlich der Risiken verbunden sind. Offensichtlich scheint sich in der Rechtsprechung die Ansicht durchzusetzen, dass eine, wie in der Vergangenheit zu beobachten- de, völlig realitätsferne, umfang- reiche Aufklärung nicht sinnvoll ist. Vor allem in der Fußchirurgie ist die Entwicklung zu begrüßen, da eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden zur Verfügung steht. Daniel Frank, Leverkusen

Weiteres Urteil zur Aufklärungspflicht über alternative Behandlungsmöglichkeiten

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241Berufspolitik

Orthopädische Nachrichten 09/2004:

Kostenausgleich erlaubt –Urteil zur Beteiligung des Anästhesisten bei ambulanten Operationen

KÖLN – Kostenpauschalen, dieAnästhesisten für gemein genutz-te Einrichtungen zahlen, stuft derBundesgerichtshof nicht als Ent-gelt für den Operateur ein.

Diejenigen Ärzte, die ambulan-te Operationen durchführen, stel-len zumeist den Operationssaalnebst Personal bereit, währenddie hinzugezogenen Anästhesistenin der Regel (nur) die für dieAnästhesie notwendigen Geräte,Materialien und Medikamentemitbringen. Der auf den Opera-teur entfallende Kostenanteil istbei einer ambulanten OP wegender bei ihm anfallenden Bereit-stellungskosten offensichtlich un-gleich größer als derjenige desAnästhesisten. Insofern erscheintes nur gerecht, wenn der Opera-teur von einem ständig mit ihmkooperierenden Anästhesisten,der regelmäßig bei den Eingrif-fen, die Anästhesieleistungen er-bringt, eine Beteiligung an diesenKosten erhält, die etwa in Formeiner vom Anästhesisten pro Fallzu entrichtenden Pauschale be-rechnet werden.

Weit verbreitet ist in diesemZusammenhang immer noch der

Irrglaube, bei einer solchen Ver-einbarung würde der Operateurdem Anästhesisten Patienten „zu-schanzen“ und dafür vom Anäs-thesisten eine Vergütung bekom-men, obwohl in sämtlichen Berufs-ordnungen die Patientenzuwei-sung gegen Entgelt verboten ist.

Mittlerweile hat der Bundes-gerichtshof aber geklärt, dass einekostenmäßige Beteiligung desmitbehandelnden Anästhesistenan den für die Operation gemein-sam genutzten Einrichtungen keindem Operateur gewährtes Entgeltist: Das Verbot der Überweisunggegen Entgelt solle nur verhin-dern, dass sich der überweisendeArzt in seiner Entscheidung, wel-chem Kollegen er Patienten zu-weist, von vornherein wegen einervom Kollegen versprochenenVergütung bindet und medizi-nische Erwägungen bei der Über-weisung vernachlässigt werden.Vor diesem Hintergrund könnenaber nicht diejenigen Zahlungenverboten werden, die ihren Grundin der Behandlung selbst habenund als (pauschaler) Aufwen-dungsersatz sachlich gerechtfer-tigt sind, so die Richter am BGH.

Denn bei einer engen ärztlichenKooperation kommen die Auf-wändungen des überweisendenArztes auch dem anderen zugute,weshalb es dem mit den KostenBelasteten nicht verwehrt seinkönnen, bei dem entlasteten Ko-operationspartner einen Kosten-ausgleich zu suchen.

(BGH, Urt. v. 20. 3. 2003 – IIIZR 135/02)

Praxistipp: Achten Sie bei ei-nem solchen Kostenausgleichaber stets darauf, dass diesernicht über eine anteilige Belas-tung hinausgeht und nicht etwanoch zu einem zusätzlichen Ge-winn des Operateurs (verdeckteProvision) führt; im entschiede-nen Fall hat der BGH eine Pau-schale von 25 Euro für eine am-bulante gynäkologische Operationnicht beanstandet.

Quelle:Rechtsanwälte Wienke & Becker –KölnBonner Str. 323, 50968 KölnTel.: +49(0)221-37-65-30Fax: +49(0)221-37-65-312E-Mail: [email protected]: www.info.kanzlei-wbk.de

Weiteres Urteil zur Aufklärungspflicht über alternative Behandlungsmöglichkeiten

Wie wir bereits in den Heften4/2003 und 3/2004 berichteten,hat das OLG Karlsruhe in einerEntscheidung vom 26. 6. 2002(AZ 7 U 4/00 (LG Heidelberg))festgestellt, dass die Aufklärungüber verschiedene Behandlungs-methoden nur dann notwendigist, wenn andere Methoden eineechte Wahlmöglichkeit darstellen.

In einem am 23. 10. 2003 vomOLG Dresden gefällten Urteil (4 U980/03) hatte die dortige Kammer

entschieden, dass die Behand-lungsmethode primär Sache desArztes ist. Eine Pflicht zur Unter-richtung über nur theoretisch inBetracht kommende Therapie-möglichkeiten bestehen demnachnicht. Unterrichtet werden mussein Patient aber dann, wenn un-terschiedliche Behandlungen, diegleichermaßen indiziert sind, mitwesentlichen Unterschieden hin-sichtlich der Risiken verbundensind.

Offensichtlich scheint sich inder Rechtsprechung die Ansichtdurchzusetzen, dass eine, wie inder Vergangenheit zu beobachten-de, völlig realitätsferne, umfang-reiche Aufklärung nicht sinnvollist. Vor allem in der Fußchirurgieist die Entwicklung zu begrüßen,da eine Vielzahl unterschiedlicherMethoden zur Verfügung steht.

Daniel Frank, Leverkusen