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Wenn der Spiegel zum Partner wird TANZ Viele Frauen finden keinen Tänzer. Der Choreograf Andreas Ippolito (38) hat dieses Defizit zum Programm gemacht – und den „Salsa Move“ entwickelt. Eine Bewegung, die auch in Forchheim ankommt. VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED EKKEHARD ROEPERT Forchheim — Es gibt eine Ge- schichte, die Andreas Ippolito immer wieder zu hören kriegt. Eine Frauengeschichte – und sie ist schnell erzählt: „Ich würde gerne, aber meine Mann möchte nicht.“ Den Tanzlehrer und Choreo- graf Andreas Ippolito (38), der seit 16 Jahren in Franken lebt, hat diese Geschichte inspiriert. Er hat aus dem Defizit ein Pro- gramm gemacht – und für Tän- zerinnen ohne Partner den „Sal- sa Move“ entwickelt. Es ist Freitagabend, 19 Uhr. Im kleinen Saal der Jahnhalle sind zwei Boxen aufgestellt, auf dem Tisch steht ein Laptop. An einer Wand hängt ein riesiger Spiegel. Der dient gewisserma- ßen als Partner. Andreas Ippolito hat einen Pulk von Tänzerinnen um sich versammelt. Und los geht’s: „Fünf, sechs, … und rechts und links, Chassé-Schritt, wir dre- hen nach rechts und sieben und acht.“ Die Salsa-Move-Tänzerinnen wiederholen die Choreographie der letzten Stunde. Und es stellt sich heraus, dass es noch eine kleine Geschichte gibt. Zwei Männer haben sich unter die 20 Tänzerinnen gemischt. Das Tanzen ohne Partner ist also nicht nur ein Frauenthema. „Ich bin Salsa-Fan“, erzählt ein 44-Jähriger Forchheimer. Eigentlich wollte er mit seiner Frau tanzen gehen, doch die hat- te keine Zeit. Für ihn kein Prob- lem, die „Lust an der Bewe- gung“ sei ihm wichtig, „das ist ein bisschen wie Sport“. Für Gundi aus Ebermann- stadt ist der Salsa-Move „ein echte Alternative zu Bauch-Bei- ne-Po-Gymnastik“. Sie hat den Flyer des Tanzstudios bei ihrem Friseur entdeckt und fährt nun jeden Freitag nach Forchheim. Außerdem sei es „einfach gut, nach 30 Jahren Ehe mal was an- deres zu machen“, sagt Gundi. Die Bewegung im 4/4-Takt vor dem Spiegel verbindet neu- erdings auch die Schwestern Christina und Wilma. Sie gehe auch mit ihrem Mann tanzen, sagt Wilma. Aber den Salsa er- probt sie für sich. „Fitness- und Gedächtnistraining in einem“ sei das, sagt Christina, die 20 Jahre versucht habe, ihren Mann zum Tanzen zu bewegen – „aber keine Chance“. Ähnliche Erfahrung machte Nancy mit ihrem Freund. „Zum Paartanz ist er nicht hinzubewe- gen, Salsa ist nichts für ihn.“ Sie sei von ihrer Tennispartnerin ge- fragt worden. Die choreografi- schen Elemente begeistern Nan- cy, „das gibt Sicherheit“. Beim Üben ist ihr die Idee gekommen, die Salsa-Choreografie „viel- leicht auch mal bei einem Fami- lienfest zu nutzen“. Andreas Ippolito ist mit seiner Frau Susanne in ganz Franken unterwegs. Das Tanzen ohne Partner ist nur ein Standbein im mobilen Tanzstudio der Ippoli- tos. Sie unterrichten so ziemlich alles, von Standard über Latein und Hip Hop bis hin zum Bolly- wood Bauchtanz. Männer bereiten sich vor Salsa Move, sagt Susanne Ippoli- to sei eine Alternative zum Paar- tanz, für viele aber auch ein Ein- stieg. In jedem Kurs fänden sich zwei oder drei Männer, die sich so zum Salsa mit einer Partnerin vorbereiten. Aber auch mit den Solo- Schritten lässt sich in der Praxis was anfangen, weiß Tanja. Sie hat es in der Diskothek auspro- biert: Die Choreographie, die sie in flachen Sportschuhen vor dem Spiegel einübt, „funktionieren auch auf hohen Absätzen in der Disco“. Unabhängig, welches Motiv die Tänzer zum Solo-Sal- sa antreibt; der 38-Jährige Italie- ner ist überzeugt, dass seine Schüler dreierlei immer lernen: „Koordination, Konzentration und Kondition“. Und offensichtlich lernt man auch, sich selbst nicht so ernst zu nehmen. Es wird viel gelacht in der Stunde; weil sich jemand falsch rum oder gar nicht oder zweimal gedreht hat. „Lasst euch nicht verwirren“, ruft ih- nen Andreas Ippolito zu: „Es ist immer das Gleiche, ihr kommt schon rein, nicht so viel denken, macht einfach.“ Zwei Mal pro Woche treffen sich die Tänzerinnen vor dem vierteiligen Spiegel in der Forchheimer Jahnhalle und erweitern ihre Salsa-Choreografie um einen Schritt. Foto: Ronald Rinklef Dirigiert den Tanz ohne Partner: Andreas Ippolito. Foto: Ronald Rinklef Andreas Ippolito Tanzlehrer Nicht so viel denken, macht einfach.

Wenn der Spiegel zum Partner wird Move November 2010.pdf · 2018. 4. 21. · Tanzen ohne Partner ist also nicht nur ein Frauenthema. „Ich bin Salsa-Fan“, erzählt ein 44-Jähriger

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Page 1: Wenn der Spiegel zum Partner wird Move November 2010.pdf · 2018. 4. 21. · Tanzen ohne Partner ist also nicht nur ein Frauenthema. „Ich bin Salsa-Fan“, erzählt ein 44-Jähriger

Wenn der Spiegel zum Partner wirdTANZ Viele Frauen finden keinen Tänzer. Der Choreograf Andreas Ippolito (38) hat dieses Defizit zum Programm gemacht –und den „Salsa Move“ entwickelt. Eine Bewegung, die auch in Forchheim ankommt.

VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED

EKKEHARD ROEPERT

Forchheim — Es gibt eine Ge-schichte, die Andreas Ippolitoimmer wieder zu hören kriegt.Eine Frauengeschichte – und sieist schnell erzählt: „Ich würdegerne, aber meine Mann möchtenicht.“

Den Tanzlehrer und Choreo-graf Andreas Ippolito (38), derseit 16 Jahren in Franken lebt,hat diese Geschichte inspiriert.Er hat aus dem Defizit ein Pro-gramm gemacht – und für Tän-zerinnen ohne Partner den „Sal-sa Move“ entwickelt.

Es ist Freitagabend, 19 Uhr.Im kleinen Saal der Jahnhallesind zwei Boxen aufgestellt, aufdem Tisch steht ein Laptop. Aneiner Wand hängt ein riesigerSpiegel. Der dient gewisserma-ßen als Partner.

Andreas Ippolito hat einenPulk von Tänzerinnen um sichversammelt. Und los geht’s:„Fünf, sechs, … und rechts undlinks, Chassé-Schritt, wir dre-hen nach rechts und sieben undacht.“

Die Salsa-Move-Tänzerinnenwiederholen die Choreographieder letzten Stunde. Und es stelltsich heraus, dass es noch einekleine Geschichte gibt. ZweiMänner haben sich unter die 20Tänzerinnen gemischt. DasTanzen ohne Partner ist alsonicht nur ein Frauenthema.

„Ich bin Salsa-Fan“, erzähltein 44-Jähriger Forchheimer.Eigentlich wollte er mit seinerFrau tanzen gehen, doch die hat-te keine Zeit. Für ihn kein Prob-lem, die „Lust an der Bewe-gung“ sei ihm wichtig, „das istein bisschen wie Sport“.

Für Gundi aus Ebermann-stadt ist der Salsa-Move „ein

echte Alternative zu Bauch-Bei-ne-Po-Gymnastik“. Sie hat denFlyer des Tanzstudios bei ihremFriseur entdeckt und fährt nunjeden Freitag nach Forchheim.Außerdem sei es „einfach gut,nach 30 Jahren Ehe mal was an-deres zu machen“, sagt Gundi.

Die Bewegung im 4/4-Taktvor dem Spiegel verbindet neu-erdings auch die SchwesternChristina und Wilma. Sie geheauch mit ihrem Mann tanzen,sagt Wilma. Aber den Salsa er-probt sie für sich. „Fitness- undGedächtnistraining in einem“sei das, sagt Christina, die 20Jahre versucht habe, ihren Mannzum Tanzen zu bewegen – „aberkeine Chance“.

Ähnliche Erfahrung machteNancy mit ihrem Freund. „ZumPaartanz ist er nicht hinzubewe-gen, Salsa ist nichts für ihn.“ Siesei von ihrer Tennispartnerin ge-fragt worden. Die choreografi-schen Elemente begeistern Nan-cy, „das gibt Sicherheit“. Beim

Üben ist ihr die Idee gekommen,die Salsa-Choreografie „viel-leicht auch mal bei einem Fami-lienfest zu nutzen“.

Andreas Ippolito ist mit seinerFrau Susanne in ganz Frankenunterwegs. Das Tanzen ohnePartner ist nur ein Standbein immobilen Tanzstudio der Ippoli-tos. Sie unterrichten so ziemlichalles, von Standard über Lateinund Hip Hop bis hin zum Bolly-wood Bauchtanz.

Männer bereiten sich vor

Salsa Move, sagt Susanne Ippoli-to sei eine Alternative zum Paar-tanz, für viele aber auch ein Ein-stieg. In jedem Kurs fänden sichzwei oder drei Männer, die sichso zum Salsa mit einer Partnerinvorbereiten.

Aber auch mit den Solo-Schritten lässt sich in der Praxiswas anfangen, weiß Tanja. Siehat es in der Diskothek auspro-biert: Die Choreographie, die siein flachen Sportschuhen vor dem

Spiegel einübt, „funktionierenauch auf hohen Absätzen in derDisco“. Unabhängig, welchesMotiv die Tänzer zum Solo-Sal-sa antreibt; der 38-Jährige Italie-ner ist überzeugt, dass seineSchüler dreierlei immer lernen:„Koordination, Konzentrationund Kondition“.

Und offensichtlich lernt man

auch, sich selbst nicht so ernst zunehmen. Es wird viel gelacht inder Stunde; weil sich jemandfalsch rum oder gar nicht oderzweimal gedreht hat. „Lassteuch nicht verwirren“, ruft ih-nen Andreas Ippolito zu: „Es istimmer das Gleiche, ihr kommtschon rein, nicht so viel denken,macht einfach.“

Zwei Mal pro Woche treffen sich die Tänzerinnen vor dem vierteiligen Spiegel in der Forchheimer Jahnhalle und erweitern ihre Salsa-Choreografieum einen Schritt. Foto: Ronald Rinklef

Dirigiert den Tanz ohne Partner: Andreas Ippolito. Foto: Ronald Rinklef

Andreas IppolitoTanzlehrer

Nicht so vieldenken,

macht einfach.