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Hallo Roman, was sollte man über dich wissen? Von Beruf eigentlich Maurermeister, war ich bis 1999 selbstständiger Unternehmer, habe mich dann aber vor 13 Jahren für den Tourismus entschieden, als mein Schwiegervater uns anbot, die Pension zu übernehmen. 48 Jahre alt, seit 25 Jahren mit derselben Frau verhei- ratet und zwei fantastische Töchter, die uns immer toll unterstützen. In der Freizeit habe ich so einiges auspro- biert und bin meist auch dabei geblieben: Skifahren, Mo- torradfahren, Schlagzeug und natürlich Mountainbiken. Organisieren war und ist wohl aber mein größtes Hobby, auch wenn es sehr zeitaufwendig ist. Leidenschaftlich politisch aktiv, bin ich zusätzlich als Vizepräsident des Tourismusvereins und des Sportvereins Latsch an allen möglichen Aktionen beteiligt. Zieleinlauf Transalpine Run, Trail Trophy, Junioren Rodel-WM 2012, Berglauf St. Martin, und auch das Mountainbike-Testival war im- mer eine Herausforderung, was aber nicht mehr ist. Das ist ja einiges. Kannst du uns einige Dinge nen- nen, die du an deinem Job magst? Den Kontakt mit Menschen Helfen zu können, den Urlaub durch unsere Tipps schöner und leichter zu machen Bei den geführten Wander- oder MTB-Touren alles Mögliche über unser Land zu erklären Anerkennung der Gäste für unsere Leistungen und sie als Freunde zu gewinnen Strahlende Gesichter nach einer schönen, von mir empfohlenen Tour Lob für die Kochkünste meiner Frau Und Dinge, die du an deinem Job nicht magst? Die kurzen Nächte Die Woche ohne Ruhetag Gäste, die statt guten Morgen „Roman hast du weiche Eier?“ sagen. Das ist echt passiert! Meine Ant- ROMAN SCHWIENBACHER IM INTERVIEW HISTORIE – WIE ALLES BEGANN. 2001 kam Roman mit Martin Gru- ber aus Goldrain zur Neugestal- tung seiner Homepage in Kontakt. Dieser erzählte ihm von seinen Plänen, mit GPS-Touren Gäste zu gewinnen. Die Faszination war da, doch der Preis der Geräte war zu diesem Zeitpunkt einfach noch zu kostspielig. Doch einmal infiziert, beschäftigte sich Roman immer mehr mit dem Thema, und die Idee von Martin erschien weniger abwegig. Als Gründungsmitglieder von www.mountainbiker.it kauften sie sich das erste GPS-Gerät, wurden anfänglich aber eher belä- chelt und als Spinner angesehen. Langsam kamen aber die Biker, und ein GPS-Gerät war zu wenig … ein zweites und ein drittes kamen dazu. Die Entwicklung verlief rasant, und von anfänglich einigen Mountainbikern wuchs die Anzahl der Bikegäste auf mittlerweile 60 Prozent der gesamten Über- nachtungen. Martin Pirhofer und Werner Kiem, beide Hoteliers und Herzblut-Mountainbiker, traten an Roman heran und fragten, ob er nicht bei Biker Eldorado mitma- chen möchte, einer Kooperation von Beherbergungsbetrieben und Bikeshop, der jeder beitreten kann. Voraussetzung: Der Chef oder die Chefin des Betriebes führen selbst eine Biketour die Woche. 2009 machte Roman die Ausbildung zum Trailscout bei der DIMB, der Fahrradkeller wurde immer voller und die bikenden Gäste immer mehr. WENN DER TAG ZU WENIG STUNDEN HAT Interview Norman Bielig Fotos Marco Felgenhauer 140 World of MTB

Wenn der Tag zu wenig Stunden hat

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Interview von Roman schwienbacher mit der World of Mountainbike

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Page 1: Wenn der Tag zu wenig Stunden hat

Hallo Roman, was sollte man über dich wissen?Von Beruf eigentlich Maurermeister, war ich bis 1999 selbstständiger Unternehmer, habe mich dann aber vor 13 Jahren für den Tourismus entschieden, als mein Schwiegervater uns anbot, die Pension zu übernehmen. 48 Jahre alt, seit 25 Jahren mit derselben Frau verhei-ratet und zwei fantastische Töchter, die uns immer toll unterstützen. In der Freizeit habe ich so einiges auspro-biert und bin meist auch dabei geblieben: Skifahren, Mo-torradfahren, Schlagzeug und natürlich Mountainbiken. Organisieren war und ist wohl aber mein größtes Hobby, auch wenn es sehr zeitaufwendig ist. Leidenschaftlich politisch aktiv, bin ich zusätzlich als Vizepräsident des Tourismusvereins und des Sportvereins Latsch an allen möglichen Aktionen beteiligt. Zieleinlauf Transalpine Run, Trail Trophy, Junioren Rodel-WM 2012, Berglauf St. Martin, und auch das Mountainbike-Testival war im-mer eine Herausforderung, was aber nicht mehr ist.

Das ist ja einiges. Kannst du uns einige Dinge nen-nen, die du an deinem Job magst? Den Kontakt mit Menschen Helfen zu können, den Urlaub durch unsere

Tipps schöner und leichter zu machen Bei den geführten Wander- oder MTB-Touren

alles Mögliche über unser Land zu erklären Anerkennung der Gäste für unsere Leistungen

und sie als Freunde zu gewinnen Strahlende Gesichter nach einer schönen, von mir

empfohlenen Tour Lob für die Kochkünste meiner Frau

Und Dinge, die du an deinem Job nicht magst? Die kurzen Nächte Die Woche ohne Ruhetag Gäste, die statt guten Morgen „Roman hast du

weiche Eier?“ sagen. Das ist echt passiert! Meine Ant-

ROMAN SCHWIENBACHER IM INTERVIEW

HISTORIE – WIE ALLES BEGANN.

2001 kam Roman mit Martin Gru-ber aus Goldrain zur Neugestal-

tung seiner Homepage in Kontakt. Dieser erzählte ihm von seinen

Plänen, mit GPS-Touren Gäste zu gewinnen. Die Faszination war da, doch der Preis der Geräte war zu diesem Zeitpunkt einfach noch zu kostspielig. Doch einmal infi ziert,

beschäftigte sich Roman immer mehr mit dem Thema, und die

Idee von Martin erschien weniger abwegig. Als Gründungsmitglieder von www.mountainbiker.it kauften

sie sich das erste GPS-Gerät, wurden anfänglich aber eher belä-

chelt und als Spinner angesehen. Langsam kamen aber die Biker,

und ein GPS-Gerät war zu wenig … ein zweites und ein drittes kamen

dazu. Die Entwicklung verlief rasant, und von anfänglich einigen Mountainbikern wuchs die Anzahl

der Bikegäste auf mittlerweile 60 Prozent der gesamten Über-

nachtungen. Martin Pirhofer und Werner Kiem, beide Hoteliers und Herzblut-Mountainbiker, traten an

Roman heran und fragten, ob er nicht bei Biker Eldorado mitma-chen möchte, einer Kooperation

von Beherbergungsbetrieben und Bikeshop, der jeder beitreten

kann. Voraussetzung: Der Chef oder die Chefi n des Betriebes

führen selbst eine Biketour die Woche. 2009 machte Roman die

Ausbildung zum Trailscout bei der DIMB, der Fahrradkeller wurde immer voller und die bikenden

Gäste immer mehr.

WENN DER TAG ZU

WENIG STUNDEN HAT

Interview Norman Bielig Fotos Marco Felgenhauer

140 World of MTB

Page 2: Wenn der Tag zu wenig Stunden hat

wort war: „Nein, meine Eier sind steinhart vom Biken.“ Wenn ich von einer Tour abrate und die dann

doch gefahren wird Nie selbst entscheiden zu können, wann ich ins

Bett gehe

Wie sieht ein normaler Tagesablauf bei dir aus bzw. gibt es so etwas überhaupt?Normal ist da nichts. Aufstehen um ca. 6 Uhr, vorbereiten fürs Frühstück, kurz die Online-Ausgabe der Tageszeitung durchfl iegen, und schon kommen die ersten Gäste. Ein biss-chen plaudern und dann geht das Organisieren für Spätent-schlossene los. Shuttle, Tourenempfehlungen, Infos über Zugverbindungen, Gehzeiten, Ruhetage, Einkehrtipps, Fahr-radverleih, usw. Um 11 Uhr in die City, Bank, Post, Einkau-fen, Tourismusbüro, die ein oder andere Besprechung und vielleicht einen Espresso mit Freunden. Mittagessen, falls ich dazu komme und nicht einen Gast irgendwo abholen muss wegen eines Sturzes oder technischen Problemen.

Die Pension Sachsalber ist Mitglied/Mitgründer des Bike Eldorado. Was ist das Besondere an eurem Zu-sammenschluss?Das Besondere ist, dass jeder von uns selbst auch Touren führen muss (darf). Wer selbst mit dem MTB unterwegs ist, kennt die Strecken besser und kann deshalb auch genauere Infos geben. Der Gast mag es, mit dem Chef oder der Chefi n unterwegs zu sein. Auf den Touren entstehen Freundschaften, man lernt sich besser kennen und erfährt so mehr über Land und Leute.

Ihr seid ein Familienunternehmen, macht also so gut wie alles selbst. Was sind deine Aufgaben und Tätig-keiten, und hast du die Möglichkeit, manche Sachen zu delegieren?Ja, wir machen fast alles selbst. Meine Frau ist das Herzstück des Betriebs. Sie kümmert sich um die Bestellungen bei unse-ren Lieferanten, legt die Menüs fest, macht die Buchhaltung und Rechnungen, Wäsche, Kochen und so vieles mehr. Doch zurzeit muss sie allerdings etwas zurückstecken, weil sie eine Rücken-OP hatte. Ich bin der Barmann und mache den Groß-teil am Computer, GPS-Touren, Website, Blog etc. Ich bedie-ne unsere Gäste beim Abendessen und Frühstück, helfe in der Küche und wo man mich halt braucht.Unsere Tochter Sabrina ist seit letztem Jahr, aufgrund der Probleme mit Marthas Rü-cken, fest in unserem Betrieb. Sie hat die Hotelfachschule in Meran besucht und ist nun Hotelkauffrau, was eine optimale Ausbildung für unseren Tätigkeitsbereich ist. Sie unterstützt uns in allen Bereichen, und es ist wie ein 6er im Lotto. Unsere Kleine macht die gleiche Ausbildung und hat im Juli Abitur.

Welche Verpfl ichtungen kommen von Seiten des Bike Eldorado noch dazu?Zwei geführte Touren die Woche (Ausnahme war letztes Jahr wegen der Krankheit von meiner Frau), Wochenprogramm ge-führte Touren, Hilfestellung bei der GPS-Software und orga-nisatorische Tätigkeiten (Spezialwochen mit Promis, Strom-berg, Prof. Harald Philipp usw.).

Wie du anfangs erwähntest, bist du auch im Latscher Tourismusverband tätig. Ihr habt für dieses Jahr ein neues Streckenkonzept erarbeitet. Welche Notwen-digkeit gab es dafür, und wie sieht es konkret aus?Auf Einladung der Forstbehörde hatten wir letztes Jahr ein Treffen, in dem es darum ging, dass mittlerweile überall Mountainbiker unterwegs sind und einige Grundeigentümer und die Jäger nicht gerade erfreut darüber waren. Daraufhin wurde eine Arbeitsgruppe auf die Beine gestellt, die sich damit befassen sollte. Die Nutzung der Wege sollte geklärt werden.

Wie kann man sich die Erarbeitung eines solchen Streckenkonzeptes konkret vorstellen? Und wie viele Eigentümer und Interessengruppen sind bei euch zu berücksichtigen? Eigentümer sind in erster Linie die Orte Latsch, Goldrain, Morter, Tarsch und St. Martin im Kofel. Während die ersten vier durch die Eigenverwaltungen der Bürgerlichen Nutzungs-rechte vertreten sind, haben wir in St. Martin ca. 25 private Grundeigentümer (Bergbauern).

Wie oft kommst du selbst überhaupt noch zum Biken? Denn nach deinen Tätigkeitsfeldern zu urteilen scheint der Tag zu wenige Stunden und die Woche zu wenige Tage zu haben.Momentan kaum, bis dato habe ich jede freie Stunde am Sonnenberg verbracht, wo wir alte Wege freigelegt und neue für Mountainbiker gebaut haben. Detail am Rande: Für einen neuen Trail haben wir ca. 245 Stunden mit freiwilligen Helfern benötigt. Nun steht der Austausch von 277 Wanderschildern an, die nicht den Zweisprachigkeitsbestimmungen entspre-chen. Irgendwie ist das ein Witz, wenn der Italiener St. Martin nicht fi ndet, wenn am Schild nicht S. Martino steht, oder? Zum Glück haben wir da Unterstützung. Es werden Wander-wege und Trails gepfl egt und die Schilder ausgetauscht. Ich bin für die Arbeitseinteilung zuständig und koordiniere das Ganze. Sobald die Freigabe für die neue Beschilderung der Mountainbike-Strecken vom Land Südtirol kommt, werden auch diese endlich angebracht.

Wie würdest du den Vinschgau beschreiben, und was gefällt dir daran besonders?Der Vinschgau ist einzigartig, man könnte fast das ganze Jahr Mountainbiken – wo sonst gibt es so etwas außer bei uns? Im Februar war die Rodel-WM auf der Nörderseite, und am Sonnenberg tummelte sich eure Test-Crew. Anfang März war die Marmotta Trophy, ein Skitourenweltcup im Martelltal, und ich hatte das Haus voller Mountainbiker. Es gibt einen alten Werbespruch, der immer noch aufs Vinschgau zutrifft: „Vom Gletscher bis zur Rebe.“ Ich weiß es nicht genau, aber im Vinschgau gibt es ca. 30 Berge über 3.000 Meter, laut Auf-zeichnungen im Schnitt 315 Sonnentage, im Martelltal wer-den Erdbeeren bis auf 1.700 Meter Meereshöhe angebaut, im Schnalstal ist ein Ganzjahres-Skigebiet. Kulturell ist auch einiges geboten, und nicht zu vergessen die absolut geniale Mischung aus traditioneller und italienischer Küche.

Wo fährst du, der für viele Außenstehende im Paradies wohnt, eigentlich in den Urlaub hin?Urlaub? Die schönsten Urlaube waren früher mit unseren Mä-dels am Meer von Italien. Bis vor fünf Jahren haben wir immer Ende Juni eine Woche geschlossen und sind einmal um den Bodensee geradelt, wollten den Donau-Radweg fahren, sind aber abgesoffen (nur Regen). Wir haben auch mal Wanderur-laub in Kärnten gemacht, bei noch mehr Regen. Mittlerweile kommen wir im Sommer nicht mehr weg, höchstens mal eine Wanderung oder eine kurze Radtour. Meistens gehen wir nun immer im November für eine Woche in die Sonne; unsere letzten beiden Urlaube waren zum Baden in Ägypten.

Noch irgendwelche letzen Worte?Danke fürs Interview, danke an meine Familie und an alle, die uns unterstützen, diesen wunderschönen Ort unseren Gästen präsentieren zu dürfen.

WEGGESTALTUNG

Das Thema der Wegeregelung wurde im Interview schon ange-sprochen. Da sich die Gegend um Latsch immer größerer Beliebt-heit erfreut, wurde es nötig, die Nutzung der Wege zu regeln, um alle Interessengruppen zufrieden-zustellen. Im Frühjahr schon wur-den Trails auf die Vorlieben von Bikern hin bearbeitet. Der eine Weg stellt eine Alternative zum Lottersteig dar, der aufgrund der hohen Wanderfrequenz und ge-ringen Breite aus dem Wegenetz genommen wurde. Am Nörders-berg wurde mit dem Holy Hansen ein Flow Trail angelegt, der seitdem ausschließlich grinsende Gesichter wieder ausspuckt. Im Laufe des Jahres soll das Mountainbike-Netz beschildert und an einigen Stellen auch auf besondere Rücksicht von Seiten der Wanderer und Mountainbiker hingewiesen werden. Im Gegen-satz zu anderen Gebieten fi nden sich weiterhin hauptsächlich Trails im Wegenetz, sodass momentan das bisherige Netz eher erweitert als beschnitten wird. Weitere Trails sollen am Nördersberg im Verlauf des Jahres freigelegt werden, und auch hinsichtlich der GPS-Nutzung möchte man sich weiterentwickeln. Nächstes Jahr soll es möglich sein, sich auf der Tour Umfahrungen, Hütten und interessante Infos zu gegebenen Stellen anzeigen zu lassen.

Infos:www.pension-sachsalber.comwww.latsch-martell.itwww.bikereldorado.com

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