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1 KAPITEL/ RUBRIK THEMA TITEL WOJ 18. JG. - 3/2012 JULI/AUGUST/SEPTEMBER 2012 ISSN 0947-5273 Nach oben, alles zieht den Blick des Ein- tretenden nach oben. Ein Mensch mit wachen Sinnen, der eine dieser Kirchen betritt, kann sich dem Sog der lichten Höhe, die sich nach dem Durchschrei- ten des Portals jenseits der Orgelempo- re jäh öffnet, gar nicht entziehen. Alles hier strebt himmelwärts, will sich lösen von der Erde. Will Abglanz sein des Pa- radieses, Verheißung. Nicht alle errei- chen die schwindelerregende, .... SEITE 03 03 BERICHT Entscheidend geprägt ist das Bild des Ersten Weltkrieges im »kollektiven Gedächtnis» der Deutschen zweifellos durch die Erinnerung an die Westfront. Stichworte wie »Verdun» und »Gra- benkrieg» werden mit Sicherheit spon- tan genannt werden. Die Erinnerung an die Ostfront hingegen – ganz im Unterschied zu ihrem Stellenwert im kollektiven Gedenken an den Zweiten Weltkrieg – ist kaum präsent. SEITE 09 09 VORTRAG Ein Film über Heimat, Krieg, über das Überleben in der Fremde, darüber wie die große Geschichte in das Dasein der Menschen hineinblitzt und die Lebensbahnen durcheinanderwirbelt. Der Film erzählt sehr privat ein jahr- zehntelanges besonderes Kapitel in den deutsch-polnischen Beziehungen. Kommentarlos kommen die Frauen zu Wort und lassen den Betrachter Anteil nehmen an ihrer subjektiven Sicht der Ereignisse. SEITE 17 17 KINEMATHEK Ein zusammenhängender Kulturraum: Mittelalterliche Backsteingotik an der Ostsee WEST-OST-JOURNAL 3 2012 JULI AUGUST SEPTEMBER WWW.GERHART-HAUPTMANN-HAUS.DE

West-Ost-Journal 3/2012

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Quartalsprogramm der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus

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1 KAPITEL/ RUBRIK

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Nach oben, alles zieht den Blick des Ein-tretenden nach oben. Ein Mensch mit wachen Sinnen, der eine dieser Kirchen betritt, kann sich dem Sog der lichten Höhe, die sich nach dem Durchschrei-ten des Portals jenseits der Orgelempo-re jäh öffnet, gar nicht entziehen. Alles hier strebt himmelwärts, will sich lösen von der Erde. Will Abglanz sein des Pa-radieses, Verheißung. Nicht alle errei-chen die schwindelerregende, ....

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03 BERIchT

Entscheidend geprägt ist das Bild des Ersten Weltkrieges im »kollektiven Gedächtnis» der Deutschen zweifellos durch die Erinnerung an die Westfront. Stichworte wie »Verdun» und »Gra-benkrieg» werden mit Sicherheit spon-tan genannt werden. Die Erinnerung an die Ostfront hingegen – ganz im Unterschied zu ihrem Stellenwert im kollektiven Gedenken an den Zweiten Weltkrieg – ist kaum präsent.

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09 VoRTRAg

Ein Film über Heimat, Krieg, über das Überleben in der Fremde, darüber wie die große Geschichte in das Dasein der Menschen hineinblitzt und die Lebensbahnen durcheinanderwirbelt. Der Film erzählt sehr privat ein jahr-zehntelanges besonderes Kapitel in den deutsch-polnischen Beziehungen. Kommentarlos kommen die Frauen zu Wort und lassen den Betrachter Anteil nehmen an ihrer subjektiven Sicht der Ereignisse. seite 17

17 KInEmAThEK

Ein zusammenhängender Kulturraum: Mittelalterliche Backsteingotik an der Ostsee

WEsT-osT-JoURnAL 3 2012 Juli AugusTsEpTEMbEr

WWW.gerhArt-hAuptmANN-hAus.de

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Friedrich II. sprechen. Noch mehr zu dieser umstrittenen historischen Figur folgt dann im letzten Quartal des Jah-res. Ähnliches gilt für Gerhart Haupt-mann, dessen 150. Geburtstag ebenfalls mit weiteren Veranstaltungen gewür-digt wird. Schließlich wird der Erste Weltkrieg in unterschiedlicher Form beleuchtet werden – dies im Zusam-menhang mit der Ausstellung »Tout le monde kaputt», die noch bis Mitte September in unserem Haus zu sehen sein wird.Auch nach der sommerlichen Pro-grammpause bieten wir Ihnen also ab Ende August wieder ein attraktives Pro-gramm. Näheres dazu finden Sie wie immer auf den folgenden Seiten. Wir freuen uns darauf, Sie erholt und neu-gierig wieder in unserem Haus begrü-ßen zu dürfen.Vielleicht haben Sie ja Lust, unser Jour-nal mit in den Urlaub zu nehmen und den einen oder anderen Artikel ganz entspannt zu lesen. Gleich hier auf den nächsten Seiten finden Sie einige Re-flexionen zu unserer Studienreise »Auf den Spuren der Backsteingotik», die im April 2012 stattgefunden hat. Auf dieser Reise habe ich das Foto auf der Umschlagvorderseite aufgenommen – es zeigt im Hintergrund den nach der weitgehenden Zerstörung im Zwei-ten Weltkrieg wieder erstandenen St. Marien-Dom zu Kolberg/Kołobrzeg. Es scheint mir als kleines Sinnbild der deutsch-polnischen Gegenwart keines Kommentars zu bedürfen.Mit allen guten Wünschen für einen schönen und erholsamen SommerIhr

Liebe Leserinnenund Leser,

02 EdIToRIAL

es ist Zeit, ein wenig zu verschnaufen. Die Ferienzeit rückt heran und damit auch unsere alljährliche Programmpau-se im August. Seitdem wir im Januar in das große »Friedrich II.»-Jahr einge-stiegen sind, liegen rund 40 Veranstal-tungen hinter uns, die freilich längst nicht alle dem großen preußischen Kö-nig gewidmet waren. Auch an Anderes, nicht minder Wichtiges galt es zu erin-nern. Sehr viele von Ihnen haben uns wieder in vorbildlicher Weise die Treue gehalten und unsere Veranstaltungen eifrig besucht. Dafür ein – vorläufiger – Dank!So ganz in die Ferien entlassen kön-nen und wollen wir Sie jedoch noch nicht. Zuvor gibt es noch wichtige Pro-grammpunkte, die Sie nicht versäumen sollten. Welche Bedeutung das Internet heute für die Kommunikation im All-gemeinen hat, bedarf keiner Erläute-rung. Dass eine modern gestaltete und technisch moderne Präsenz »im Netz» unverzichtbar ist, insbesondere wenn man junge Leute für etwas interessieren und ihnen etwas vermitteln möchte, liegt ebenso auf der Hand. Daher wol-len wir Ihnen am 5. Juli 2012 das neue »Kulturportal West-Ost» vorstellen. Es bietet übersichtlich und höchst infor-mativ einen raschen und unkomplizier-ten Zugang zu vielen Institutionen und deren Internetangeboten, die sich mit Kultur und Geschichte des historischen deutschen Ostens beschäftigen. Etwas Vergleichbares existierte in dieser Form bisher nicht. Falls der Sommer so blei-ben sollte, können Sie immer auf diese Seite »surfen» und Sie werden stets In-teressantes, oft gewiss Neues erfahren. Und dann können Sie Ihre Kinder und/oder Enkelkinder dazu anregen, eben-falls vom neuen Kulturportal West-Ost zu profitieren.Auch Friedrich II. darf noch nicht so-fort in den Sommerurlaub, vielmehr folgt zuvor noch ein weiterer Teil der Vortragsreihe anlässlich des 300. Ge-burtstages des preußischen Königs. Am 17. Juli 2012 wird mit Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll (TU Chemnitz) ein wei-terer herausragender Fachmann über

Inhalt

3 Von lübEck übEr sTET-Tin und sTolp nAcH dAnzig – und wEiTEr zur MAriEnburg

06 »kulTurporTAl wEsT-osT» - EinE nEuE inTErnETprä-sEnTATion

07 »dAs isT Ein nArr! dEr MEnscH isT VErrückT!» könig FriEdricH ii. Von prEussEn in dEr dEuTscHEn und dEr Euro-päiscHEn gEscHicHTskulTur

08 »TAugT Er wAs, soll Er in bErlin EingEsETzT wErdEn, TAugT Er nicHTs, soll Er nAcH klEVE.» könig FriEdricH ii. und prEussEns wEsTEn

09 dEr kriEg, dEr nicHT VErgEHEn will? wEsTFronT und osTFronT -1914-1918 in dEr EuropäiscHEn ErinnErungs-kulTur

12 »dAs FEld dEr EHrE - pAsscHEndAElE«

12 »wEgE zuM ruHM«

13 EinsTAMpFEn? liTErA-Tur in dEr nATionAlsoziAlisTi-scHEn dikTATur. Ein bEispiEl

15 FriEdricH ii. isT ToT- Es lEbE FriEdricH dEr grossE

16 »gErHArT HAupTMAnn zuM 150. gEburTsTAg »

17 »AbEr dAs lEbEn gEHT wEiTEr«

18 diE sTAdT rEicHsTAdT/zákupy ErricHTET Ein gEdEnk-krEuz

19 iM nobEl-MusEuM sTockHolM - gErHArT HAupT-MAnn An dEr »sEilbAHn»

20 »´s isT so Ein sTillEr HEil´gEr TAg.« AucH Ein gErHArT-HAupTMAnn-AbEnd

21 »däMonEn - zwEisAM, drEisAM, ViErsAM odEr kriEg und FriEdEn AM HEiMiscHEn HErd«

21 4. pro rok-FEsTiVAl

22 »iHrE ElTErn kAMEn Aus MAsurEn»

23 scHon wiEdEr: bAck-sTEingoTik (und MEHr) – in bErlin

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bAcksTEingoTik An dEr osTsEE: EinE gEscHicHTE Von EinHEiT, TrEnnung und AndAuErndEr zusAMMEngEHörigkEiT

Von Lübeck über Stettin und Stolp nach Danzig – und weiter zur Marienburg

Fürsten »geschenkt» bekamen).Keineswegs zufällig waren die Städ-te, die wir im Verlauf unserer Reise »Auf den Spuren der Backsteingotik» besucht und deren architektonische Prunkstücke wir bewundert haben, nahezu allesamt einstmals Hansestäd-te. Angefangen natürlich mit Lübeck, der zeitweilig wohl mächtigsten aller Hansestädte, über Rostock, Stralsund, Greifswald, Stettin, Cammin, Kolberg, Stolp bis hin nach Danzig, das nach Reichtum, Macht und Pracht hinter Lü-beck gewiss nicht zurückstand. Schon das Band der Hanse verknüpfte also die Städte miteinander, man machte Ge-schäfte und auch Politik miteinander – und man ließ Reichtum und Macht in ähnlicher Weise nach außen hin sicht-bar werden.Die Errichtung der gewaltigen Back-stein-Kirchen der Gotik ist in den ein-zelnen Städten nicht zufällig in zeitli-cher Nachbarschaft betrieben worden: Der Bau von St. Marien in Lübeck, der »Mutterkirche der Backsteingotik», wurde um 1250 in Angriff genom-men und ein Jahrhundert später in der Hauptsache abgeschlossen. Das war die Vorgabe für die nicht minder stolzen

Bürger Danzigs, die den Bau ihrer Marienkirche ver-anlassten, als in Lübeck die Errich-tung von St. Mari-en noch nicht ganz vollendet war. Die »Krone Danzigs» erreichte nicht die Gewölbehöhe des Lübecker Vorbilds (»nur» 30 Meter), dafür übertrifft sie ihre Lübecker S c h w e s te r k i rc h e mit einer Gesamt-länge von 105 Me-tern um etwa 2,5 Meter. St. Marien in Stralsund wiede-rum, begonnen in

den letzten Jahren des 13. Jahrhunderts, ist »nur» 100 Meter lang, dafür ist ihr Gewölbe aber etwa 2,5 Meter höher als das der »Krone Danzigs». Aber es ging ihren hauptverantwortlichen (und in der Hauptsache bezahlenden) Bauher-ren aus der Gilde der Gewandschneider

freilich der Abgrund der Moderne, in dem zwar nicht der Glaube als Ganzes, wohl aber ein Großteil seiner Bildhaf-tigkeit versunken ist. Daher fehlt uns die Selbstverständlichkeit dieser Bau-ten und unserem Blick muß geholfen

werden.Das beginnt eben schon bei den G r ö ß e n v e r h ä l t -nissen. Vielleicht erweist sich uns da der stolze über-kommene Name der Danziger St. M a r i e n k i r c h e als hilfreich: die »Krone Danzigs». Vielleicht hilft es, diese Kirche zu-erst aus der Ferne zu erblicken: Da krönt sie die Stadt in der Tat noch immer, da wird ihre überragende (wir nehmen das Wort wieder wört-lich) Bedeutung

deutlich. Oder wir scheuen nicht die mehr als 400 Stu-fen und besteigen den Turm der St. Marienkirche und werden in rund 80 Metern Höhe von einem wahrhaft krönenden Blick über die Stadt be-lohnt.Diese Kirchen waren in den alle sonstigen Grenzen der Baukunst ihrer E n t s t e h u n g s z e i t sprengenden Di-mensionen Glau-b e n s z e u g n i s s e – und, natürlich, Prest igeprojekte. Vermutlich konn-ten nicht einmal die Bauherren selbst beide Motivsträn-ge eindeutig voneinander scheiden. Klar ist: Diese Kirchen waren Zeichen, Zeichen für die Überzeugungsmacht des christlichen Glaubens, aber auch Zeichen für die ökonomische Macht der Städte, die sie sich selbst schenkten (und nicht etwa von einem mächtigen

Nach oben, alles zieht den Blick des Ein-tretenden nach oben. Ein Mensch mit wachen Sinnen, der eine dieser Kirchen betritt, kann sich dem Sog der lichten Höhe, die sich nach dem Durchschrei-ten des Portals jenseits der Orgelem-pore jäh öffnet, gar nicht entziehen. Alles hier strebt himmelwärts, will sich lösen von der Erde. Will Abglanz sein des Paradieses, Verheißung.Nicht alle erreichen die schwindelerre-gende, von keiner anderen gotischen Kirche je übertrof-fene Gewölbehöhe der Lübecker St. Marienkirche von 38,5 Metern, doch viel fehlt da zumeist nicht. Rund 30 Meter lichtdurch-strömte Luft über den Häuptern der Besucher erreichen sie alle, die Kirchen auf unserem Weg. Welch ein architektonischer Wagemut, welch ein entschlossener ästhetischer Wille hinter dem Bau dieser gewaltigen Bethäuser stand, können wir Heutigen nur schwer ermessen. Denn unser Blick ist verstellt durch die Höhenrelationen und technischen Möglichkeiten der modernen Architektur. Wir müssen uns erst klarmachen, dass die meisten profanen Zweck- und Wohnbauten, die zeitlich nah zu diesen Kirchen entstan-den sind, ohne weiteres auch in deren Innenraum gestellt werden könnten – ohne dass ihre Dachtraufen auch nur in die Nähe der Stern- oder Kreuzrippen-gewölbe kämen.Überhaupt sind wir Gegenwärtigen, gewissermaßen, Analphabeten was die unglaubliche Fülle der Zeichen- und Bildersprache dieser Kirchen angeht. Wir müssen sie uns erst erarbeiten, übersetzen, und wahrscheinlich gelingt das nur sehr unvollkommen, wenn man weniger als ein Leben daran setzt. Denn sie sind ja Werke von Generationen von Menschen, von denen die nächste selbstverständlich (man muss dieses Wort beim Wort nehmen) weiterschuf, was sie von der vorangehenden über-nahm. Zwischen uns und ihnen liegt

sT. MAriEnkircHE, lübEck

sT. MAriEnkircHE, dAnzig

FOrtsetzuNg AuF seite 4

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steine als Ballast in den Bäuchen ihrer Handelsschiffe aus Schweden über die Ostsee schaffen, eine praktische und kostengünstige Lösung. Oder sie entwi-ckelten nicht zuletzt für die naturgemäß auch finanziell höchst anspruchsvollen Bauvorhaben kreative Abwicklungs-formen. So bezahlten die Stralsunder Gewandschneider den Darlehensge-bern für den Bau »ihrer» Marienkirche Leibrenten; manch einer sicherte also sein Alter durch die Unterstützung des frommen Werks in klingender Münze. Und die Trauer der Gewandschneider mag sich insgeheim in Grenzen gehal-ten haben, als eine Pestepidemie sie unerwartet rasch von einem Teil ihrer Verpflichtungen befreite …

Die Kirchen der Backsteingotik waren mithin anspruchsvolle Gemeinschafts-unternehmungen differenzierter und leistungsfähiger, auch in enge Kom-

erste Turm 1382 – vermutlich aufgrund von Konstruktionsmängeln – einstürz-te und dabei Teile des bereits fertigen Langhauses zerstörte. Der unverdros-sen und unerschrocken sofort danach erfolgende Neubau des Turmes hat in seiner Wucht und Stärke keine Paralle-le in der Backsteingotik. Der Eindruck, den der Eintretende nach dem Durch-schreiten des Portals in der dem ei-gentlichen Kirchenschiff vorgelagerten Turmhalle erhält, ist wahrhaft atembe-raubend. Die heute sichtbare, nach ei-nem Brandschaden 1708 fertiggestellte barocke Turmhaube erreicht allerdings auch nur noch 102 Meter Höhe.Der Bau dieser gigantischen Kirchen war nicht zuletzt eine logistische Meis-terleistung: Die »Bauhütten», Gemein-

schaften hochspezialisierter und -qua-lifizierter Bautechniker und –künstler, welche im Auftrag der Bauherren die Errichtung vornahmen, mussten nicht nur – gut – bezahlt, sondern auch stän-dig mit ausreichenden Materialmen-gen versorgt werden. Das Formen und Brennen von vielen Hunderttausenden qualitativ hochwertiger Backsteine, ein technisch durchaus komplizierter Pro-zess, musste zeitgerecht durchgeführt und koordiniert werden, das notwen-dige Bauholz (dessen Qualität nicht minder entscheidende Bedeutung für die Beständigkeit der Bauten hatte) musste besorgt werden. Wären da nicht versierte Verwaltungs-, Handels- und Finanzfachleute am Werk gewesen, wä-ren diese Bauten wohl kaum zustande gekommen. Aber gerade hierin lagen ja die Stärken der hansischen Kaufleute. So ließen sie zuweilen die für den Bau der Fundamente erforderlichen (weil im Unterschied zum Backstein gegen die aus dem Boden aufsteigende Feuch-tigkeit unempfindlicheren) Natur-

auch in erster Linie darum, die Dimen-sionen von St. Nikolai in der eigenen Stadt in den Schatten zu stellen. Denn die sich »vornehmer» dünkenden pat-rizischen Handelsherren, die St. Nikolai als »Ratskirche» (dementsprechend in unmittelbarer Nähe des Rathauses) seit etwa 1270 errichten ließen (nach dem Vorbild von St. Marien in Lübeck, was sonst?) saßen in ihrem prächtig ge-schnitzten Gestühl unter einem Gewöl-be von »nur» 29 Metern Höhe, mehr als drei Meter niedriger als das der nur wenige Fußminuten entfernten St. Ma-rienkirche der Gewandschneider. Die sorgten auch dafür, dass »ihre» Turm-

spitze sich mit 151 Metern in für dama-lige Verhältnisse ungeheuerliche Höhe reckte und dementsprechend den nur etwas mehr als 102 Meter erreichen-den Wetterhahn des Südturmes von St. Nikolai klein erscheinen ließ. Die ehr-geizigen Bauherren von St. Marien be-zahlten dies allerdings damit, dass der

sT. nikolAi, sTrAlsund

FOrtsetzuNg vON seite 3

sT. MAriEn, sTrAlsund

sT. nikolAi, grEiFswAld

sT. MAriEn, kolbErg

sT. JoHAnnEs, cAMMin

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munikations- und Wirtschaftsbezie-hungen mit anderen, ähnlichen Kom-munen eingebundener städtischer Gesellschaften. Sie sind Wahrzeichen hansestädtischen Selbstbewußtseins und Bürgerstolzes. Welcher Fürst weit und breit hatte eine Kirche wie St. Ma-rien in Danzig? Sie sind Zeugnisse der Tatsache, dass der Ostseeraum im hohen und späten Mittelalter ein, mo-dern gesprochen, boomender Wirt-schaftsraum war. Die Entwicklung der Schiffstechnik (Erhöhung der Seetüchtigkeit und Ladekapazität), die Verbreitung der Schrift (die Kauf-leute waren die ers-ten, die ihre Kinder, nein: ihre Söhne Lesen und Schrei-ben lernen ließen, und hatten dabei ganz und gar nicht die Absicht, sie aus-schließlich auf eine geistliche Laufbahn vorzubereiten), die Durchsetzung bar-geldloser Zahlungsmethoden (unge-mein praktisch war es, unbelastet von zentnerschweren Münzgeldmengen reisen zu können, darüber hinaus un-gleich sicherer), die Annäherung der Rechtssysteme (Ausbreitung des lübi-schen Rechts beinahe im ganzen süd-lichen Ostseeraum), die Verbesserung der Sicherheitslage (die Hanse konnte, wenn sie mußte, auch Krieg führen, lästige Störenfriede wie Klaus Störtebe-cker wirkungsvoll beseitigen, und sogar mächtige Fürsten wie den König von Dänemark in die Schranken weisen), die Herausbildung überterritorial orga-nisierter (und gerade nicht »national-staatlich» begrenzter) Gemeinschafts-formen (eben der Hanse und anderer Städtebünde) mit Koordinierungs- und Schlichtungsmechanismen für gleich-gerichtete oder konfliktträchtige Inte-ressen: All dies und einiges mehr an »modernen», zuvor hinderliche Be-grenzungen des frühen Mittelalters sprengenden Faktoren steht auch hinter den imposanten Zeugnissen der Back-steingotik.Es fährt also jede Menge Geschich-te mit, politische, Sozial- und Wirt-schafts-, Kulturgeschichte zumal, auf unserem Weg von Lübeck durch Meck-lenburg, Vor- und Hinterpommern und Westpreußen nach Danzig und weiter noch ein Stückchen hinein nach Ost-

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preußen beziehungsweise ins Ermland. Geschichte, die deutlich werden läßt, dass der durchmessene geographische Raum durch viele historische Fäden verbunden ist, Fäden einer geschicht-lichen und kulturellen Zusammenge-hörigkeit, die erst das verhältnismäßig

junge, unglückse-lige Trugbild des Nationalstaates als vermeintlich ge-schichtlich allein legitimierter und idealer Form der Ve rg e m e i n s c ha f -tung von »Völ-kern» (schon die Fiktion angeblich nachweisbarer eth-nischer Abgren-zungen und Eigen-arten konnte der Realität Europas niemals wirklich gerecht werden), erst dieses Trug-bild schnitt diese Fäden ab oder ver-deckte sie zumin-dest. Wir wollen sie wieder aufnehmen

und ihnen folgen, den Fäden der histo-risch begründeten, den Schrecken und Verbrechen des 20. Jahrhunderts zum Trotz noch immer vorhandenen his-torischen Zusam-m e n g e h ö r i g k e i t . Und staunend ste-hend im Angesicht all der prachtvollen Kirchen und ande-rer Zeugnisse der Backsteingotik ist das gewiß leichter als nur in der The-orie.Die Reise hat in Lübeck begonnen. Auf dem Boden des Südturms lie-gen noch heute die geborstenen Reste zweier Glocken des ursprünglichen Geläuts. Sie hingen mehrere Jahrhun-derte dort in 60 Meter Höhe und riefen zum Gottesdienst. Im März 1942 fielen Bomben auf die Kirche – ausgerechnet von oben herab kam die Zerstörung, von oben, wohin die ganze Kirche ge-richtet war und Segen erflehte seit so langer Zeit. Die mächtigen Eichenbal-ken, welche die Last der Glocken seit der Errichtung der Kirche sicher gehalten hatten, vergingen rasch im Feuer. Mit ei-

nem letzten dröhnenden Klang stürzten die Glocken, umloht vom Funkenregen des brechenden Gebälks, herab. Dort liegen sie, zerschmettert und stumm ge-worden, unverändert als Mahnung zum Frieden. Und eine solche Mahnung stellt auch die letzte Backstein-Kirche dar, die wir auf dieser Reise besuchen: St. Marien in der Marienburg. Anstelle der prächtigen, hoch aufragenden und Ehrfurcht einflößenden Gewölbe bietet sich dem in die Höhe gerichteten Blick hier nur eine glatte Betondecke dar. Die ist notwendig, sie schützt den Rest der Kirche, deren Innenraum erhalten, aber von schwerer Verwüstung geprägt ist. Die Gewölbedecke, einst – wie alte Ab-bildungen zeigen – auch aufwendig be-malt, ist verschwunden. Auch hier kam die Zerstörung von oben, während des Kampfes um Stadt und Burg zwischen Wehrmacht und Roter Armee seit Ende Januar 1945, durch Bomben und Gra-naten, gleichviel.Die insgesamt schwer zerstörte Mari-enburg ist seit 1945 durch die verant-wortlichen polnischen Instanzen in vorbildlicher Weise wiederaufgebaut worden. Deutsche Hilfe hat strecken-weise dazu beigetragen. Die vollstän-dige Wiederherstellung der Marienkir-che in der Burg steht indessen aus. Wir hoffen, dass sie als polnisch-deutsches Gemeinschaftsunternehmen vollzogen

werden wird, damit auch dieses Zeug-nis der Backstein-gotik (wie so viele andere zerstörte, aber wiedererstan-dene Kirchen, die wir besuchten) sei-ne alte Form wie-dergewinnen mag. Joseph von Eichen-dorff, der große schlesische Dich-ter, hat als preußi-scher, zeitweilig in Danzig tätiger Be-amter wesentlich mitgeholfen, die vom vollständigen Verfall bedrohte Marienburg zu retten und deren erste Wiederher-

stellung im 19. Jahrhundert in die Wege zu leiten. Im Jahre 1844 schrieb er, die Bemühungen um die Rettung dieses architektonischen Kleinods seien so wichtig, »damit wir an der großen Ver-gangenheit die Bedeutung erkennen, welche seine Wiederherstellung für die Gegenwart hat.»Dem ist nichts hinzuzufügen.

WiNFrid hAlder

sT. MAriAE HiMMElFAHrT und sT. AndrEAs , FrAuEnburg

sT. MAriEn, MAriEnburg

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06 VoRTRAg

do, 05.07. 16.00 Uhr

»Kulturportal West-Ost»- Eine neue Internetpräsentation

diE kulTursTiFTung dEr dEuTscHEn VErTriEbEnEn und diEsTiFTung dEuTscHE kulTur iM ösTlicHEn EuropA - okr

in zusAMMEnArbEiT MiT dEr kulTursTiFTung dEr dEuTscHEn VErTriEbEnEn

Versteht man die Pflege der Kultur der Deutschen im östlichen Europa als wichtige Zukunftsaufgabe, die dazu beitragen kann, das gegenseitige Ver-stehen der Nachbarn zu fördern, so gilt es, zeitgemäße Formen der Vermitt-lung zu finden. Die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Bonn, und die Stiftung deutsche Kultur im östlichen Europa – OKR, Königswinter haben zu diesem Zweck gemeinsam die neue Internet-Plattform »Kulturportal West-Ost» erstellt.Das »Kulturportal West-Ost» soll einen Zugang zu dem in der Öffent-lichkeit weitgehend unbekannten oder gar verkann-ten Reichtum der deutscher Kultur des öst-lichen Europa bieten – einen Zugang, der sich angesichts der unüber-sichtlichen Vielfalt der zuständigen Ein-richtungen oft nur schwerlich finden lässt. Es wendet sich an einen breiten Kreis von Nutzern – von im Bereich der ostdeutschen Kulturarbeit engagierten Personen, über Lehrende und Lernen-de, Journalisten und Publizisten, poli-tische Entscheidungsträger bis hin zu in der Wissenschaft Tätigen und bietet eine wichtige und effiziente, weil leicht zugängliche Orientierungshilfe. Zentraler Bestandteil des Kulturportals ist eine Datenbank zu den Trägern ost-deutscher Kulturarbeit. Sie bietet die aktuellen Adressen von zurzeit ca. 2.500 Institutionen und Ansprechpartnern, die in einer späteren Ausbaustufe durch detailliertere Angaben ergänzt werden sollen. Die betreffenden Institutionen sind sowohl über Volltext- bzw. Stich-wortsuche als auch über interaktive Karten der Standorte auffindbar.Als weitere Datenbank wurde die von der Kulturstiftung der deutschen Ver-triebenen seit einigen Jahren betreute »Ostdeutsche Biographie» integriert, die Tausende von Lebensbildern be-deutender im historischen deutschen Osten beheimateter oder dort wirken-der Persönlichkeiten bietet. Auch hier erleichtern umfangreiche Suchfunkti-onen die Benutzung. Eine besondere Rolle ist der von der Stiftung deutsche Kultur im östlichen Europa – OKR herausgegebenen »Kulturpolitische Korrespondenz» als eines überregio-nalen Presseorgans zuzuweisen, das im

Kulturportal sowohl mit seinen aktuel-len als auch mit den älteren Ausgaben abrufbar bzw. nach Themen und Perso-nen durchsuchbar gemacht wird. Wesentlicher Inhalt des Kulturportals ist zudem das Angebot an alle Träger der Kulturarbeit gemäß § 96 BVFG, dort ihre anstehenden Veranstaltun-gen anzuzeigen, gegebenenfalls auch auf aktuelle Presseberichte, TV- und Radiosendungen und Beiträge zu Einzelthemen zu ver-weisen. Damit das »Kulturportal West-Ost» erfolgreich arbeiten kann, sind die Betreiber auf die freundliche

Mithilfe der betref-fenden Institutionen selbst angewiesen. Sie laden daher herz-lich dazu ein, ihnen regelmäßige Infor-

mationen über anstehende Veranstal-tungen und über Neuerscheinungen zukommen zu lassen, die dann gerne anzeigt werden. Besonders wertvoll sind ferner Mitteilungen über Änderun-gen von Adressen, Vorständen etc. der Institutionen. Ebenso sind Hinweise fehlerhafte bzw. zu korrigierende Anga-ben ausdrücklich erwünscht.Die bestehenden Internetauftritte der

beiden Stiftungen, zu denen man von der Seite des »Kulturportals West-Ost» aus gelangt, wurden neugestaltet bzw. mit gleichartigem, dem Kultur-portal angepassten Design versehen. Beide Institutionen weisen dort auf ihre jeweiligen auf Aktivitäten und Projekte hin, bieten Publikationen in einem On-

line-Shop an und stellen eigene aktuelle Beiträge in Form von Downloads zur Verfügung.Das neue »Kulturportal West-Ost» versteht sich nicht als Kon-kurrenz, sondern als Ergänzung zu den Angeboten der anderen

Einrichtungen mit eigenen Internetauf-tritten. Angestrebt wird, es um weitere »Bausteine» in Form von Datenban-ken, Downloadmöglichkeiten etc. zu er-gänzen. Auch hierfür sind Anregungen herzlich willkommen.Es soll den Nutzern Freude machen, mit dem neuen attraktiv gestalteten, professionell erstellten und betreuten, »Kulturportal West-Ost» den – für viele noch fremden – Reichtum, den die Kultur der Deutschen im östlichen Europa bietet, zu entdecken. Die Frei-schaltung des neuen Portals wird vor dem Sommerfest des Gerhart-Haupt-mann-Hauses am 5. Juli 2012 erfolgen.

erNst gierlich

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07 VoRTRAg

di, 17.07. 19.15 Uhr

»Das ist ein Narr! Der Mensch ist verrückt!» König Friedrich II. von Preußen in der deutschen und der europäischen Geschichtskultur

VorTrAg Von proF. dr. FrAnk-loTHAr kroll (TEcHniscHE uniVErsiTäT cHEMniTz)

Ludwig XV., König von Frankreich, schüttelte entschieden den Kopf, als er die Nachricht erhielt, dass der frisch-gebackene, erst 28 Jahre alte König von Preußen – zwei Jahre jünger als er selbst – schon wenige Monate nach seiner Thronbesteigung einen Krieg mit einer europä-ischen Großmacht vom Zaun brach. Friedrich II. war im De-zember 1740, kein halbes Jahr nachdem er die Nachfolge sei-nes verstorbenen Vaters, König Friedrich Wilhelms I., angetreten hatte, in der habsburgischen Provinz Schlesi-en einmarschiert – ein nur äußerst vor-dergründig verbrämter Gewaltakt, den die Wiener Mächtigen um die ebenfalls noch junge Herrscherin Maria Theresia auf gar keinen Fall würden hinnehmen können. Schlesien war zu reich, zu be-deutend und Friedrichs Handlungswei-se war eine allzu dreiste Provokation. Als Ludwig XV. davon erfuhr, rief er aus: »Das ist ein Narr! Der Mensch ist verrückt!»Ludwig XV. glaubte nicht, dass der nach seinen eigenen Worten mit dem An-griff auf Schlesien zu einem »Rendez-vous mit dem Ruhm» aufgebrochene Preußen-König sich über das Ausmaß des von ihm herbeigeführten Konflik-tes im Klaren war. Und demnach auch keine realistische Vorstellung von dem Risiko hatte, das er einging, von der Ge-fahr, in die er sein Land und – schlim-mer noch – seine Untertanen mutwil-lig stürzte. Die Habsburgerin Maria Theresia mochte mit ihren 23 Jahren noch unerfahren sein, zumal sie nach dem Tod ihres Vaters, Kaiser Karls VI., noch keine zwei Monate an der Spitze des Hauses Habsburg stand, als Fried-rich II. ihr Land überfiel. Dennoch war Habsburg ein mächtiger Koloss, eine Großmacht ganz anderen Gewichts als das noch verhältnismäßig kleine Preußen. Friedrich Wilhelm I. moch-te eine beachtliche Armee aufgebaut haben – Krieg geführt hatte er damit allerdings so gut wie gar nicht. Den ein-zigen größeren militärischen Konflikt, an dem der zweite Preußen-König be-teiligt gewesen war, die Beteiligung am »Großen Nordischen Krieg», hatte er gewissermaßen »geerbt», als er seinem eigenen Vater Friedrich I. 1713 auf den Thron folgte. Das Königreich Schwe-den, der Hauptgegner Preußens in diesem Konflikt, wurde allerdings mi-

litärisch vor allem vom russischen Za-renreich geschlagen. Friedrich Wilhelm I. heimste zwar durch den Frieden von Stockholm Anfang 1720 bedeutende Territorialgewinne ein (insbesondere

das strategisch wichtige Stettin wurde preußisch), danach blieb der sprichwörtliche »Soldaten-könig» aber ein entschiedener Friedensherrscher. Wohl gerade weil er wusste, was Krieg bedeu-tete – im September 1709 hatte er als 21-jähriger Kronprinz im

Rahmen des Spanischen Erbfolgekrie-ges an der Schlacht von Malplaquet (nahe dem heute belgischen Mons) teilgenommen. Auf dem Schlacht-feld, auf dem französische auf britische, österreichische und preußische Truppen trafen, blieben mehrere Zehn-tausend Tote und Verwundete zu-rück. Und weil er wusste, dass der enorm teure Auf-bau einer A r m e e d u r c h deren all-zu risikofreudigen Einsatz sehr schnell zum politi-schen und finanziellen Debakel werden konn-te.Dergleichen Vorsicht ging dem Sohn Friedrich II. 1740 gänz-lich ab – und daher hielt ihn Lud-wig XV. für einen Narren, wie wohl nicht wenige andere Zeitgenossen auch. Wäre es Friedrich II. – wider die berechtigten Erwartungen des franzö-sischen Königs und anderer – nicht ge-lungen, die selbst ausgelöste Kriegsära politisch und militärisch zu überstehen (begünstigt von manch unverdientem Glücksfall), dann stünde das Urteil der Nachwelt über den bedenkenlosen Hazardeur von 1740 wohl noch heute im Einklang mit dem Ludwigs XV. (der selbst glücklos agierte, aber ein durch-aus kluger Mann war). Indes hat wohl kaum ein anderer deutscher Herrscher eine derartige Karriere in der Sicht der Nachlebenden wie Friedrich II. ge-macht. Lange Zeit blieb er der Heros Preußens schlechthin – während er im Ausland von vornherein deutlich zwie-spältiger betrachtet wurde. Im 20. Jahr-

hundert, in dem die Katastrophen deut-scher, teilweise (ob nun zu Recht oder zu Unrecht) mit preußischer Tradition identifizierter Großmachtpolitik ihre grauenhaften Tiefpunkte durchmaßen, geriet auch der »große König» wieder verstärkt ins Visier kritischer Betrachter. Heute, 300 Jahre nach seiner Geburt, wird man schwerlich von einer einheit-lichen Meinung über Friedrich II. spre-chen können.Der Vortrag von Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll richtet sich auf die Konjunkturen des historischen Bildes, das von König Friedrich II. von Preußen, dem »Gro-ßen», entworfen wurde. Prof. Kroll, Lehrstuhlinhaber für Europäische Ge-

schichte an der TU Chemnitz, der in unserem Haus schon mehr-

fach als Referent zu Gast war, zählt zu den derzeit

führenden Experten für die Geschich-

te Preußens. Im Verlauf

s e i n e s w i s s e n -s c h a f t -

l i c h e n Werdegangs

hat er sich intensiv mit den Hohenzollern und ih-

rer historischen Leistung beschäftigt. Schon in sei-ner Doktorarbeit (1987)

setzte er sich mit König Friedrich Wilhelm IV.

auseinander. Seither hat er zahlreiche einschlägige Publikatio-

nen vorgelegt, darunter den Band »Die Hohenzollern» beim renommierten Münchner C. H. Beck-Verlag (2008). 2009 erschien in zweiter Auflage eben-falls bei C. H. Beck der von Kroll her-ausgegebene Band »Preußens Herr-scher». Unlängst veröffentlichte er die Studie »Geschichtswissenschaft in po-litischer Absicht. Hans-Joachim Scho-eps und Preußen» (2010), die sich mit einem der wichtigsten Interpreten der preußischen Geschichte in jüngerer Zeit befasst. Frank-Lothar Kroll nimmt zahlreiche wissenschaftliche Ämter wahr, er ist nicht zuletzt seit 2006 Vor-sitzender der Preußischen Historischen Kommission. Außerdem gehört er dem Wissenschaftlichen Beirat der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin an.

WiNFrid hAlder

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08 VoRTRAg

»Taugt er was, soll er in Berlin eingesetzt werden, taugt er nichts, soll er nach Kleve.» König Friedrich II. und Preußens Westen

VorTrAg Von proF. dr. HorsT cArl(JusTus-liEbig-uniVErsiTäT giEssEn)

iN zusAmmeNArbeit mit dem düsseldOrFer ge-

schichtsvereiN e. v.

mo, 03.09. 19.00 Uhr

Nein, angenehm waren die Erinnerun-gen wahrhaft nicht, die Friedrich II. mit der Festung Wesel verband, dem wich-tigsten militärischen Stützpunkt im damaligen Herzogtum Kleve. Es hatte nicht viel gefehlt, und Wesel wäre die letzte Station im damals erst 18 Jahre andauernden Leben Friedrichs gewesen. Denn am 12. August 1730 traf der preußische Kron-prinz dort mit seinem Vater, König Friedrich Wilhelm I., zu-sammen. Eine Woche zuvor war im kurpfälzischen Steinsfurt der unglückselige Fluchtversuch Friedrichs gescheitert, anschließend war der Prinz als Gefangener in die sichere preußi-sche Festung Wesel verbracht worden. Friedrich Wilhelm I., der »Soldatenkö-nig», längst über das Gebaren und die weltanschaulichen und künstlerischen Neigungen seines ältesten Sohnes und voraussichtlichen Nachfolgers höchst aufgebracht, betrachtete diesen nun als »ehrlosen Deserteur». Außer sich vor Zorn gegen den ungehorsamen Sohn, der nun auch noch beim Verhör in Wesel versuchte sein Tun zu rechtfer-tigen, zog der König den Degen gegen Friedrich. Nur das energische Dazwi-schentreten des Festungskommandan-ten, General Konrad Heinrichs von der Mosel, soll dem Kronprinzen das Leben gerettet haben. Bald darauf ließ der noch immer wutentbrannte König

Friedrich in die weitaus näher an der Re-sidenz Berlin gelegene Festung Küstrin bringen, wo er bis auf weiteres in Haft gehalten wurde.War die gewiss peinigende Erinnerung an jenen düsteren Tag von Wesel mit-verantwortlich dafür, dass Friedrich II.

eine entschiedene Abneigung gegen das Herzogtum Kleve und seine Bewohner hegte? Ob dies so war, darüber könnte man in-des allenfalls spekulieren. Sein abschätziges Wort über minder befähigte Staatsdiener, die nach

Kleve versetzt werden sollten, zeugt al-lerdings deutlich genug vom geringen Stellenwert, den der preußische Besitz im Westen des damaligen Alten Reiches aus der Sicht des Monarchen scheinbar hatte. Dass sich die Aufmerksamkeit des preußischen Königs seit 1740 auf Schlesien und nicht auf die hohenzol-lernschen Besitzun-gen im Westen kon-zentrierte, liegt auf der Hand. Die Oder also und nicht der Rhein stand im Mittelpunkt des Interes-ses Friedrichs II. – freilich konnten die westlichen Herrschaftsgebiete der Ho-henzollern nicht unberührt bleiben von der gewalttätigen Expansionspolitik des dritten preußischen Königs.Dabei waren diese weitaus länger in Händen der Landesherrn in Berlin.

Schon 1609 war das Herzogtum Kleve – nach Auffassung des damaligen bran-denburgischen Kurfürsten Johann Si-gismund jedenfalls – auf dem Erbweg an Brandenburg gefallen. Tatsächlich dem Herrschaftsgebiet der Hohen-zollern einverleibt wurde das nieder-rheinische Herzogtum jedoch erst seit 1666 durch Friedrich Wilhelm, den »Großen Kurfürsten» und Urgroß-vater Friedrichs II., nach langwierigen und zum Teil kriegerischen Auseinan-dersetzungen. Kleve hatte immerhin den Rang einer Residenz der Landes-herrn – geriet jedoch mit dem ganzen Herzogtum in den Windschatten der ostwärts orientierten Territorialpolitik Friedrichs.War »Preußens Westen» also gänzlich unwichtig aus der Sicht Friedrichs II.? Oder hat er sich doch der westlichen Territorien angenommen? Welche

Folgen hatte die S c h l e s i e n -Po l i t i k Friedrichs am und für den Nieder-rhein? Mit diesen

und damit verknüpften Fragen be-schäftigt sich der Vortrag von Prof. Dr. Horst Carl. Prof. Carl ist seit 2001 Lehrstuhlinhaber für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Bereits in seiner Tübinger Dissertation (1989) beschäf-tigte er sich mit der Entwicklung der

preußischen Westprovin-zen während des Siebenjäh-rigen Krieges (1756-1763). Neben zahlreichen anderen Veröffentlichungen legte er 2011 in dem Sammelband »Rheinland, Westfalen und Preußen» (hg. von Georg Mölich, Veit Veltzke und Bernd Walter, erhältlich bei der Landeszentrale für poli-tische Bildung NRW; www.p o l i t i s c h e -b i l d u n g . n r w.de) einen längeren Aufsatz zur Geschichte der preu-ßischen Besitzungen im Westen im 18. Jahrhundert vor. Horst Carl ist Mitglied zahlreicher wissenschaftli-cher Gremien. Vom Herbst 2011 bis zum Juli 2012 ist Prof. Carl Forschungssti-pendiat am Freiburg Insti-tute for Advanced Studies.

WiNFrid hAlderprEussEn 1763

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09 VoRTRAg

Entscheidend geprägt ist das Bild des Ersten Weltkrieges im »kollektiven Gedächtnis» der Deutschen zweifel-los durch die Erinnerung an die West-front. Stichworte wie »Verdun» und »Grabenkrieg» werden mit Sicherheit spontan genannt werden, wenn man nach dem Krieg von 1914 bis 1918 fragt – und nicht von ungefähr handelt es sich in beiden Fällen um Bezüge zum Geschehen auf dem westlichen Kriegs-schauplatz. Die Erinnerung an die Ost-front hingegen – ganz im Unterschied zu ihrem Stellenwert im kollektiven Ge-denken an den Zweiten Weltkrieg – ist kaum oder doch allenfalls sehr bruch-stückhaft präsent.Das ist sicherlich auch ein Ergebnis des medialen Umgangs mit dem Ersten Weltkrieg. Schon in den 1920er Jahren ist eine Reihe von Büchern erschienen, die nicht nur großes Aufsehen unter den Zeitgenossen erregten, sondern die auch langfristige Wirkungen ent-falteten. Da ist etwa Ernst Jüngers »In Stahlgewittern» (die erste Ausgabe erschien bereits 1920) oder – schon unmittelbar nach dem Erscheinen noch weit-aus heftiger und kontro-verser diskutiert – Erich Maria Remarques »Im Westen nichts Neues». Remarques Werk ist Ende Januar 1929 erst-mals in Buchform pub-liziert worden; bis zum Jahresende waren in Deutschland schon weit mehr als 900.000 Ex-emplare verkauft, ferner waren bereits Überset-zungen in alle europäi-schen Hauptsprachen erschienen. Die englische Version war in Großbritan-nien und den USA ebenfalls bereits in mehreren Hunderttausend Exemplaren über die Ladentische der Buchhand-lungen gegangen. Bis Ende 1930 waren weltweit rund 3,5 Millionen Stück ab-gesetzt. Der bis dahin gänzlich unbe-kannte Remarque, gerade 30 Jahre alt und zuvor als Lehrer, Werbetexter und (Sport-)Journalist tätig , war schlagar-tig der international bekannteste und erfolgreichste deutsche Autor. Selbst Thomas Mann, der im gleichen Jahr 1929 den Literaturnobelpreis erhielt, erreichte bei weitem nicht die Auflagen-zahlen Remarques. Im Falle der »Bud-

denbrooks» (1901) hatte es mehr als anderthalb Jahrzehnte gedauert, bis die ersten 100.000 Exemplare verkauft waren. Manns 1924 publizierter Ro-man »Der Zauberberg» hatte erst kurz vor dem Erscheinen von »Im Westen nichts Neues» die 100.000er Marke überschritten.Remarques Buch war mithin ein gi-gantischer Erfolg. Zum Weltstar wurde der junge Autor vollends, als sein Buch bereits 1930 verfilmt wurde. Carl La-emmle, Gründer und Chef der Univer-sal Pictures, der Mann, der als einer der ersten ein Filmstudio im kalifornischen Hollywood errichtet hatte, erwarb schon im Sommer 1929 die Filmrechte. Der 1867 im oberschwäbischen Lau-pheim geborene Laemmle war 1884 als 17-Jähriger in die USA ausgewandert, hatte schon vor dem Ersten Weltkrieg das geschäftliche Potential des neuen Mediums Film erkannt und stieg seit-her rasch zu einem der bedeutendsten Filmunternehmer weltweit auf. La-emmle kam – bis das aufgrund seiner jüdischen Abstammung im Zeichen

der NS-Diktatur unmög-lich wurde – häufig nach Deutschland. Er förderte diverse caritative Projek-te in seiner Heimatstadt, zugleich sah er sich nach geeigneten Filmstoffen um. Dass es sich bei Re-marques Buch um einen solchen handelte, er-kannte er sofort.Schon am 30. April 1930 hatte der Film »Im Wes-ten nichts Neues» Pre-miere in Los Angeles, am 4. Dezember 1930 fand

die deutsche Erstaufführung in Berlin statt. Das Medienecho war gewaltig , nicht nur weil es sich um die bis dahin aufwendigste, filmtechnisch spektaku-lärste Produktion in der brandneuen Tonfilmtechnik handelte. Die National-sozialisten, angesichts der grassieren-den Weltwirtschaftskrise erst in jüngs-ter Zeit zur Massenpartei aufgestiegen, machten Film und Autor zu bevorzug-ten Hassobjekten, da sie angeblich die »Ehre» der »Frontsoldaten» beleidig-ten. Das hatte der eigentlich bis dahin eher unpolitische Remarque, der bald schon emigrierte, weder getan noch be-absichtigt, gleichwohl wurde sein Werk zum paradigmatischen Fall im Streit um

die »richtige» Erinnerung an den Ers-ten Weltkrieg. Unnötig zu sagen, dass Buch und Film in Deutschland 1933 sofort verboten wurden.Im Anschluss an Erich Maria Re-marques Bestseller ist noch eine Viel-zahl weiterer Bücher über den Ersten Weltkrieg erschienen, literarische wie auch wissenschaftliche. Bei aller Un-terschiedlichkeit im Einzelnen haben sie eines gemein: Die große Mehrheit beschäftigt sich mit dem Geschehen an der Westfront. Auch das Kino ist den Spuren der sogleich Oscar-prämierten Spielfilmproduktion von »Im Westen nichts Neues» treu geblieben – eine Auswahl einschlägiger Filme (darunter Stanley Kubricks grandioser Streifen »Wege zum Ruhm» von 1957 am 13. September 2012, 18 Uhr) zeigen wir in unserem Programm. Dass die Dar-stellung des Grauens an der Westfront noch immer geeignet ist, ein Massen-publikum ins Kino zu ziehen, hat un-längst der Film »Gefährten» gezeigt, der im Dezember 2011 Premiere hatte. Regie führte mit Steven Spielberg einer der erfolgreichsten Hollywood-Regis-seure aller Zeiten. Wie erfolgsträchtig der Erste Weltkrieg an den Kinokassen noch immer ist, zeigt der Umstand, dass »Gefährten» seine Entstehungskosten in Höhe von beachtlichen 66 Millionen Dollar rasch wieder eingespielt hatte.Bezeichnenderweise war schon Erich

dEr ErsTE wElTkriEg - Ein THEMA, zwEi AspEkTE

Der Krieg, der nicht vergehen will? Westfront und Ostfront 1914-1918 in der europäischen Erinnerungskultur

FOrtsetzuNg AuF seite 10

erich mAriA remArque 1929

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di 11.09. 19.15 Uhr

VorTrAg Von pd dr. winFrid HAldEr

Tannenberg, und dann? Die Ostfront imErsten Weltkrieg 1914-1918: Ein anderer Krieg?

mi, 12.09. 19.15 Uhr

Der Krieg, der nicht vergehen will? Die Westfront 1914-1918 in der europäischen Erinnerungskultur

VorTrAg Von pd dr. cHrisTopH JAHr

10 VoRTRAg

do, 17.11. 19.15 Uhr

Maria Remarques Buch ein riesiger Er-folg nicht nur in Deutschland, sondern vor allem auch im westeuropäischen Ausland, zumal den Ländern der frühe-ren Kriegsgegner des Deutschen Rei-ches seit 1914. Und zuletzt reüssierte Steven Spielbergs »Gefährten» nicht zufällig eben auch in Großbritannien und Frankreich. In der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg gibt es natürlich nicht von ungefähr Parallelen zwischen den nationalen kollektiven Gedächt-nissen. Mit diesen, aber auch mit Un-terschieden setzt sich der Vortrag von Privatdozent Dr. Christoph Jahr aus-einander. Er hat sich bereits in seiner an der Berliner Humboldt-Universität entstandenen Dissertation (1997) mit dem Schicksal von deutschen und bri-tischen Soldaten im Ersten Weltkrieg beschäftigt. Seither hat sich Christoph Jahr zu einem der führenden jüngeren Experten für die Geschichte des Krie-ges zwischen 1914 und 1918 entwi-ckelt. Derzeit vertritt er an der Düssel-dorfer Heinrich-Heine-Universität die Professur für Neuere und Neueste Ge-schichte, an der von den früheren Lehr-stuhlinhabern Wolfgang J. Mommsen und Gerd Krumeich der bedeutendste Forschungsschwerpunkt zur Geschich-te des Ersten Weltkrieges in Deutsch-land geschaffen wurde.Die verwüstete Kraterlandschaft des Stellungskrieges im Westen ist also

auch heute noch vielen Menschen op-tisch gegenwärtig, sei es auch in Form mehr oder weniger überwältigender Leinwandeindrücke. Aber der Krieg an der Ostfront? Spontan fällt dazu dem deutschen Publikum – wenn überhaupt etwas – dann allenfalls das Stichwort »Tannenberg» ein. Der Name dieser Schlacht, die schon Ende August 1914, nicht einmal vier Wochen nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs stattfand, hat sich festgesetzt. Danach, nach dem unerwarteten, geradezu wundersam er-

scheinenden deutschen Sieg über die in die damalige preußische Provinz Ost-preußen eingedrungenen, zahlenmäßig weit überlegenen russischen Truppen, war der Krieg im Osten in der landläufi-gen Erinnerungskultur gewissermaßen »zuende».Die fortdauernde, merkwürdig verein-zelt in einem ansonsten weithin leeren Erinnerungsraum stehende Präsenz von »Tannenberg» hat auch damit zu tun, dass das öffentliche Gedenken ge-

rade daran gezielt gepflegt wurde. Der Sieg von 1914 wurde schon in der Zeit der Weimarer Republik instrumenta-lisiert, um die Niederlage von 1918 ein Stück weit zu verdecken – oder schlimmer noch, um die Legende vom »im Felde unbesiegten» deutschen Heer zu untermauern. Zur Erinnerung an die Schlacht in den letzten August-tagen des Jahres 1914 wurde unweit des Schauplatzes seit 1924 das größte Kriegsdenkmal Deutschlands errichtet – finanziert mit Spendengeldern aus

weiten Bevölkerungskreisen, und dies in einer Zeit, in der sich nach der so-eben mit knapper Not überwundenen Hochinflation die meisten »kleinen Leute» damit konfrontiert sahen, dass ihre mühselig zusammengetragenen Spargroschen vernichtet waren. Als das Denkmal dann am 18. September 1927 eingeweiht wurde, geschah dies durch Paul von Hindenburg. Hindenburg, als Sproß einer preußischen Offiziersfami-lie in Posen geboren, war nach Ansicht der meisten Deutschen der »Held von Tannenberg»; unter seinem Kom-mando hatten seinerzeit die deutschen Truppen den russischen Eindringlingen jene verheerende Niederlage zugefügt. Hindenburgs Siegernimbus, seine dar-aus resultierende anhaltende Populari-tät hatten ihm etwas mehr als zwei Jahre zuvor das Amt des Reichspräsidenten eingebracht. Er war im April 1925 als parteiloser Kandidat von den rechts-nationalen Kräften erst für den zweiten Wahlgang nominiert worden, nachdem im ersten Wahlgang keiner der Kandi-daten die erforderliche absolute Mehr-heit erreicht hatte. Für die Sozialdemo-kraten war der amtierende preußische Ministerpräsident Otto Braun angetre-ten, der beachtliche 29 Prozent der ab-gegebenen Stimmen erhielt. Gereicht hat dies freilich nicht, damit Braun die Nachfolge seines Ende Februar 1925 verstorbenen Parteifreundes Friedrich Ebert antreten konnte, der 1919 zum ersten Staatsoberhaupt der Weimarer Republik gewählt worden war.Hindenburg nun erreichte im zweiten Wahlgang aus dem Stand – obwohl sich der inzwischen 77-jährige pensionierte General weigerte, in Wahlkampfveran-staltungen aufzutreten – 48,3 Prozent der abgegebenen Stimmen und schlug

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nAHE VErdun 1916

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11 VoRTRAg

FOrtsetzuNg AuF seite 12

damit den gemeinsamen Kandidaten der demokratischen Kräfte, den Zent-rumspolitiker Wilhelm Marx, zu dessen Gunsten Otto Braun darauf verzichtet hatte, in der zweiten Wahlrunde noch einmal anzutreten.

So kam es, dass an jenem 18. September 1927 Paul von Hindenburg, gekleidet in die ordensbedeckte Uniform eines kaiserlichen Generalfeldmarschalls, als höchster Repräsentant der ersten deutschen Demokratie das Tannen-berg-Denkmal einweihte. Neben dem Oberhaupt der demokratischen Re-publik stand bei dieser Gelegenheit General a. D. Erich Ludendorff, einst Hindenburgs Stabschef während der Schlacht von Tannenberg und auch danach. Ludendorff bewegte sich ganz offen im völkisch-antisemitischen, an-tidemokratischen Milieu; nicht einmal vier Jahre zuvor hatte er sich von dem damaligen Münchner Lokalpolitiker Hitler für dessen gegen die demokrati-sche Republik gerichteten Putschver-such einspannen lassen. Zehntausende zelebrierten mit den kaiserlichen Ex-Generalen die Erinnerung an Tannen-berg, den scheinbar unvergänglichen Sieg – obwohl gerade Hindenburg und Ludendorff, welche 1916 die militäri-sche Führung des Deutschen Reiches insgesamt übernommen hatten, ent-scheidende Mitverantwortung für die Niederlage im Ersten Weltkrieg insge-samt trugen. Der Nimbus der »Rettung des Vaterlandes» vor den »russischen Horden» im August 1914 überstrahl-te indessen das desaströse Scheitern beider, die sich nicht zufällig hinter die böse Saat der »Dolchstoß-Legende» stellten, welche die Niederlage von 1918 angeblichem Verrat »in der Hei-mat» zuschrieb.»Tannenberg» blieb also bis in die Geschichte der Weimarer Republik hi-

nein wirkungsmächtig, zumal der im-mer noch von seinem Feldherrnruhm zehrende Hindenburg im April 1932 erneut in das Amt des Reichspräsiden-ten gewählt wurde. Seinen schärfsten Konkurrenten bei dieser Wahl, den

einstigen Münchner Putschisten Hitler, dessen Partei inzwischen stärkste Kraft im Reichstag war, berief Hindenburg wenig später in das Amt des Reichs-kanzlers. Hitler inszenierte sich fortan als der Weltkriegs-Gefreite, der nun Seite an Seite mit dem Weltkriegs-Feld-marschall angeblich für Deutschlands

Wiederaufstieg stritt. Hindenburg hatte ihm mit zur Macht verholfen; als der mittlerweile 86-jährige Reichspräsident im August 1934 starb, ließ Hitler ihn – gegen Hindenburgs ausdrücklichen testamentarischen Willen – im Tannen-berg-Denkmal beisetzen.Dabei hatte Hindenburg selbst bei je-ner Schlacht im August 1914 gar keine entscheidende Rolle gespielt. Er war bereits 1911 als 65-jähriger General der Kaiserlichen Armee in den Ruhe-stand verabschiedet worden. Nach dem

Beginn des Ersten Weltkriegs wurde er reaktiviert und am 22. August 1914 zum Oberbefehlshaber der in Ost-preußen stehenden 8. Armee ernannt. Ausgesucht worden war Hindenburg für diesen Posten, weil die militärische Führung des Deutschen Reiches davon ausging, dass der allgemein als nicht eben herausragender Kopf bekannte Hindenburg seinen zugleich berufenen Stabschef Ludendorff am wenigsten stören werde. Ludendorff selbst konn-te nicht zum Armeeoberbefehlshaber ernannt werden, da er nach dem im preußisch-deutschen Militär gelten-den »Anciennitäts»-Prinzip weder das erforderliche Alter noch die entspre-chende Dienstzeit hatte. So wurde der dynamische und innovativ denkende Ludendorff formal Hindenburg unter-geordnet, der seinem selbstbewußten Stabschef dann auch erwartungsgemäß weitgehend freie Hand ließ – insbeson-dere auch bei der Führung der Schlacht gegen die zwei in Ostpreußen einge-drungenen russischen Armeen, die nur vier Tage nach dem Führungswechsel an der Spitze der 8. Armee begann. General Max Hoffmann, unter Hin-denburg und Ludendorff Erster Gene-ralstabsoffizier der 8. Armee, schrieb später mit Blick auf Hindenburg: »Der Kerl ist ein zu trauriger Genosse, dieser große Feldherr und Abgott des Volkes

[…]. Mit so wenig eigener geistiger und körperlicher Anstrengung ist noch nie ein Mann berühmt geworden.» Und: Schon der Name der Schlacht war eine bewußte geschichtspolitische Fiktion. Denn der historische Schlacht-ort von 1410, auf den die Bezeichnung »Schlacht bei Tannenberg» anspielte, lag anfangs geographisch am Rande, im weiteren Verlauf außerhalb des Operati-onsbereiches der beteiligten Streitkräf-te. Bezeichnenderweise sprach Kaiser

TAnnEnbErg-dEnkMAl

TAnnEnbErg-dEnkMAl

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12 VoRTRAg

Wilhelm II. in seinem Glückwunsch-telegramm an Hindenburg unmittelbar nach dem Ende der Kampfhandlungen von der Schlacht bei Allenstein. Dass Hindenburg den Namen »Schlacht bei Tannenberg» anregte, war wohl sein nachhaltigster Beitrag dazu.Die – freilich reichlich verzerrte – Er-innerung an Tannenberg also blieb, das weitere Geschehen an und mehr noch die politische Bedeutung der Ostfront seit dem Herbst 1914 wurde weitest-gehend ausgeblendet. Es gab nicht nur kein literarisches Werk, das sich mit dem östlichen Kriegsschauplatz be-fasste und das sich auch nur entfernt mit der Wirkung von Remarques »Im Westen nichts Neues» vergleichen ließe, von anderen Medien ganz zu schweigen. Auch die Geschichtswissen-schaft hat die Ostfront lange Zeit sträf-lich vernachlässigt, so dass ein 2006 erschienener, einschlägiger Sammel-band den bezeichnenden Titel »Die vergessene Front – der Krieg im Osten 1914/18» erhielt. Seither tritt in deutli-cheren Konturen hervor, dass der Krieg auf dem östlichen Schauplatz nicht nur nach Tannenberg nicht »zuende» war, sondern dass ihm vielmehr anhal-tend enorme strategische Bedeutung zukam. Während etwa vor Verdun im Verlauf des Jahres 1916 Zehntausende deutsche Soldaten fielen, Hunderttau-sende durch Verwundung oder Gefan-genschaft ausfielen und Ersatz fehlte, um die blutige »Operation Gericht» vielleicht doch noch zum militärischen Erfolg zu führen, kämpften ebenfalls Hunderttausende deutsche Soldaten in neu aufgestellten Armeen im südlichen Teil der Ostfront, um einen vollständi-gen Zusammenbruch des Bündnispart-ners Österreich-Ungarn zu verhindern. Denn die k. u. k.-Armee hatte im Kampf gegen Russland und Serbien bis zum Jahresende 1914 bereits rund eine Mil-lion Mann an Gefallenen, Verwundeten und Gefangenen verloren. Ein Aderlass, von dem sie sich nie mehr erholte, der nur durch immer stärker ausgeweitete deutsche Hilfe vorerst ausgeglichen werden konnte. Die damit verbundene Überdehnung der Kräfte des kaiserli-chen Heeres wird selten in Rechnung gestellt – Hindenburg und Ludendorff wussten jedoch sehr gut darum, als sie die Operationsplanung auch an der Westfront übernahmen.Die »vergessene Front» verdient es, stärker als bisher in Erinnerung gerufen zu werden.

WiNFrid hAlder

HindEnburg und ludEndorFF bEi dEr EinwEiHung dEs TAnnEnbErg-dEnk-MAls 1916

do, 12.07. 18.00 Uhr

do, 13.09. 18.00 Uhr

Begleitfilme in der Kinemathek»Das Feld der Ehre - Passchendaele«

»Wege zum Ruhm«

Mit »Das Feld der Ehre – Pas-schendaele« ist Regisseur Paul Gross ein wahres Leinwand-Meisterwerk gelungen. Gespickt mit viel Realismus, großen Ge-fühlen und starken Bildern wird die packende Geschichte eines kanadischen Infanteristen in den Wirren des Ersten Weltkriegs ge-schildert. Der preisgekrönte Kriegsfilm »Das Feld der Ehre – Passchen-daele« ist die bisher teuerste ka-nadische Filmproduktion und ein Tribut an die Soldaten, die bei der Schlacht von Passchen-daele an vorderster Front kämpften und starben. Die Erlebnisse des eigenen Großvaters dienten Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller Paul Gross als historische Vorlage.

In »Wege zum« Ruhm prangert Stanley Kubrick auf eindrucks-volle Weise die Absurdität des Krieges an. Er kritisiert darin vor allem die Rolle der militärischen Führung. Sie wird durch General Mireau repräsentiert, der seine Untergebenen in der Hoffnung auf eine Beförderung sinnlos in den Tod schickt, und Gene-ral Broulard, der Mireau wider besseres Wissen zu dem Angriff überredet, sowie durch den Pro-zess gegen die drei Soldaten, der ohne Beweismaterial, Zeugen oder einen unabhängigen Rich-ter stattfindet und an dessen Ende die ausgewählten Soldaten vor dem angetretenen Regiment wegen angeblicher Feigheit vor dem Feind standrechtlich erschossen werden.

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13 LITERATUR Im FoyER

do, 30.08. 19.00 Uhr

Einstampfen? Literatur in der nationalsozialistischen Diktatur. Ein Beispiel

lEsung dEr ErzäHlung »MoHrEnlEgEndE» (1937) und gEspräcH MiT dr. HAJo bucH und pd dr. winFrid HAldEr

»Es mag Aberglaube sein, aber in mei-nen Augen sind Bücher, die von 1933 bis 1945 in Deutschland überhaupt gedruckt werden konnten, weniger als wertlos und nicht gut in die Hand zu nehmen. Ein Geruch von Blut und Schande haftet ihnen an. Sie sollten alle eingestampft werden. Es war nicht erlaubt, es war unmöglich ‚Kultur’ zu machen in Deutsch-land während rings um einen herum das geschah, wovon wir wissen: es hieß die Verkom-menheit beschönigen, das Ver-brechen schmücken. Zu den Qualen, die wir litten, gehörte der Anblick, dass deutscher Geist, deutsche Kunst sich beständig zum Schild und Vorspann des absolut Scheusäligen hergaben.»Thomas Mann schrieb diese unver-kennbar zornigen Zeilen im Herbst 1945. Der Literaturnobelpreisträger von 1929, der kurz zuvor seinen 70. Geburtstag gefeiert hatte, Autor der »Buddenbrooks» (1901), des »Zau-berbergs» (1924) und etlicher anderer Schlüsselwerke der deutschen Literatur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhun-derts, hatte im Februar 1933, wenige Tage nach der Berufung Hitlers zum Reichskanzler, Deutschland verlas-sen. Ende 1936 wurde ihm vom NS-Regime die deutsche Staats-bürgerschaft aberkannt, nach Stationen in Frankreich und der Schweiz emig-rierte Mann Anfang 1938 in die Verei-nigten Staaten von Amerika. Seit 1944 war er amerikanischer Staatsbürger.Die erregten obigen Worte stellten indes eine Reaktion auf Angriffe des Schriftsteller-Kollegen Frank Thiess dar. Thiess, geboren 1890 und damit eine Generation jünger als Thomas Mann, hatte zuvor in eine Debatte ein-gegriffen, die Walter von Molo (1880-1958), ebenfalls ein bekannter deut-scher Schriftsteller, schon kurz nach dem Kriegsende in Europa im Sommer 1945 ausgelöst hatte. Von Molo hat-te Thomas Mann in einem Offenen Brief aufgefordert, möglichst rasch aus der Emigration nach Deutschland zu-rückzukehren, um am unverzichtbaren geistigen Neuaufbau seines Heimat-landes teilzunehmen. Noch bevor der im fernen Kalifornien lebende Mann auf von Molos Schreiben reagieren konnte, veröffentlichte Frank Thiess

seinerseits einen Offenen Brief. Darin stellte er die Erfahrungen der »Inneren Emigration» – also der künstlerisch Schaffenden, die auch nach 1933 in Deutschland geblieben waren, obwohl sie nach Thiess‘ Lesart Gegner des NS-Regimes waren – über diejenigen derer,

die emigriert waren. So hieß es bei Thiess, er habe den Gedan-ken selbst zu emigrieren, sehr wohl erwogen, jedoch stets ver-worfen. Und zwar aus der Über-zeugung heraus, dass er durch sein Bleiben »reicher an Wis-

sen und Erleben daraus hervorginge, als wenn ich aus den Logen und Parterre-plätzen des Auslandes der deutschen Tragödie zuschaute.» Er, Thiess, sei im-mer überzeugt gewesen, »dass wir als deutsche Schriftsteller nach Deutsch-land gehörten, und was auch käme, auf unserem Posten ausharren sollten.» Er sei der Meinung, es sei schwerer gewe-sen, »sich hier eine Persönlichkeit zu bewahren, als von drüben Botschaften an das deutsche Volk zu senden, welche die Tauben im Volke ohnedies nicht vernahmen, während wir Wissenden uns ihnen immer um einige Längen vo-raus fühlten.»Keineswegs zufällig richtete sich hier

das Ressentiment eines im Land v e r b l i e b e n e n deutschen Autors

gegen Thomas Mann, den prominen-testen unter den Emigranten. Dessen internationale Reputation war zwei-fellos seit 1933 noch gewachsen. Und Thomas Mann war auch einem großen deutschen Publikum ständig präsent geblieben: Seit dem Herbst 1940 bis kurz nach der Kapitulation der Wehr-macht am 8. Mai 1945 war Mann über den britischen Sender BBC regelmä-ßig zu hören gewesen, wenn er sich in seinen berühmten monatlichen Rund-funkansprachen »Deutsche Hörer!» an die unter Hitlers Herrschaft stehen-den Landsleute wandte. Das Hören von »Feindsendern« war den Deutschen zwar bei Androhung (und auch Anwen-dung) bis hin zur Todesstrafe reichen-der Sanktionen als »Rundfunkverbre-chen» verboten, dennoch erreichten die Botschaften Thomas Manns zwei-fellos insgeheim viele Deutsche. Denn der »Deutsche Dienst» der BBC war nachweislich der am häufigsten emp-fangene Auslandssender. Es lag also auf

der Hand, wen Thiess meinte, wenn er die Botschaften »von drüben» er-wähnte.Die gegen ihn, den Emigranten und seine Schicksalsgenossen gerichte-te Attacke von Frank Thiess empörte Thomas Mann. Seine Reaktion bestand in den eingangs zitierten Worten von »Blut und Schande», bestand in der Generalverdammung all dessen, was seit 1933 in Deutschland veröffentlicht worden war. Kaum verwunderlich ist, dass im Gegenzug die Erregung über Manns pauschales Verdikt bei denen, die sich zur »Inneren Emigration» ge-hörig fühlten, nicht minder groß war. Dementsprechend entspann sich erst nach dem Bekanntwerden von Thomas Manns Äußerungen die »große Kon-troverse» zwischen »inneren» und »äußeren» Emigranten.Walter von Molo, Frank Thiess und an-dere Autoren, deren schriftstellerische Karriere erkennbar schon vor 1933 be-gonnen hatte, mussten dabei immerhin nicht ihr ganzes Schaffen diskreditiert sehen. Um wie viel mehr allerdings mussten sich diejenigen getroffen füh-len, die erst nach der Errichtung der NS-Diktatur als Autorinnen und Au-toren hervorgetreten waren – und die sich gleichwohl zur »Inneren Emigra-tion» rechneten oder wenigstens eine bereits vor 1945 distanzierte Haltung zu Hitlers Regime für sich in Anspruch nahmen?Da ist etwa Gertrud Fussenegger. Sie

gertrud FusseNegger ( pilseN 1912

liNz 2009)

zum 100. geburtstAg vON gertrud FusseNegger

FOrtsetzuNg AuF seite 14

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und München Geschichte, Philosophie und Kunstgeschichte studiert. 1934 wurde sie von dem Innsbrucker Histori-ker Harold Steinacker promoviert.Nachdem sie ihr »Lebensziel» in jun-gen Jahren erreicht hatte, wie verhielt sich Gertrud Fussenegger seit 1937 weiter? Zu einem Zeitpunkt, da, anders als viele Deutsche noch 1933 angenom-men hatten, ein rasches Ende der mitt-lerweile fest eingerichteten Herrschaft Hitlers und seiner Helfer keineswegs absehbar war? Noch im gleichen Jahr 1937 erschien – wiederum bei Ruetten & Loening – die Erzählung »Mohrenle-gende» als zweite Buchveröffentlichung Fusseneggers. Zweifellos mußte es das Bestreben der jungen Autorin sein, sich im Literaturbetrieb weiter zu etablieren – Erfolg oder Misserfolg des »zweiten Buches» gelten ja nicht zufällig noch heute als wichtige Etappe für Autorin-nen oder Autoren zwischen »Eintags-fliege» und »fester Größe» im Litera-turbetrieb.Hätte das schmale Bändchen »Mohren-legende» – Thomas Manns Sichtweise folgend – eingestampft werden müssen? Oder handelt es sich um ein noch heute lesbares – und lesenswertes – literari-sches Zeugnis? Diesen Fragen widmet sich die Veranstaltung: In ihr liest zu-nächst der bekannte Rezitator Dr. Hajo Buch die »Mohrenlegende». Dazu gibt es einige weitere Informationen zu Bio-graphie und Schaffen Gertrud Fussen-eggers, die im Mai 2012 100 Jahre alt geworden wäre. Auch das Publikum ist aufgefordert, seine Wahrnehmung und Sichtweise des Textes beizusteuern.Wir begründen damit das neue Veran-staltungsformat »Literatur im Foyer: Literarischer Abend im Dialog mit dem Publikum». Im neu gestalteten Bereich zwischen Eingang und Ausstellungs-raum laden wir das Publikum dazu ein, bei einem Glas Rotwein (oder einem anderen Getränk) in bequemer Atmo-sphäre Literatur zu hören, aber auch über Literatur zu sprechen. »Literatur im Foyer» soll keine »Einbahnstraße» sein, sondern offen für Meinungen und Anregungen. Wir laden herzlich ein!

WiNFrid hAlder

14 LITERATUR Im FoyER

wurde als Tochter eines k.u.k.-Offiziers am 8. Mai 1912 im böhmischen Pilsen ge-boren. Fussenegger war mithin zum Zeitpunkt der deutschen Kapitulation 1945 auf den Tag genau 33 Jahre alt. Acht Jahre zuvor, 1937, war das erste Buch der damals erst 25-Jährigen erschienen, und zwar der historische Roman »Geschlecht im Advent». Der Potsdamer Verlag Ruetten & Loening hatte das Manuskript angenommen und publiziert – damit gehörte die junge, vorerst noch bei ihrem Vater in Hall in Tirol le-bende Österreicherin zum Autorenkreis eines renommierten Literaturverlages, so wie zuvor etwa Romain Rolland oder die Norwegerin Sigrid Undset, Literaturnobelpreis-trägerin von 1928. Der langjährige Verlagsinhaber Wilhelm Oswalt hatte allerdings sein Unternehmen 1936 verkaufen müssen, da er aufgrund seiner jüdischen Herkunft in Deutschland nicht mehr verlegerisch tätig sein durfte. Gertrud Fussenegger hatte jedoch nach eigenen Aussagen den Eigentümerwechsel des Verlages gar nicht wahr-genommen, da ihr Manuskript ohne ihr direktes Zutun zu Ruetten & Loening gelangt war. Max Tau, seinerseits jüdischer Herkunft und Lektor beim Cassirer-Verlag, an den sich Fussenegger zunächst gewandt hatte, hatte das Manuskript unmittelbar vor der eigenen Emigration mit einer Empfehlung an die Kollegen in Potsdam weitergegeben. Entscheidend aus Fusseneggers Sicht war allerdings, dass sie mit dem ersten Buch, wie sie später schrieb, ihr »erstes und dauerhaftes Lebensziel erreicht» hatte, nämlich Schriftstellerin zu werden.Gertrud Fussenegger, deren frühe Kindheit von zahlreichen Versetzungen ihres Vaters innerhalb der Habsburger-Monarchie geprägt worden war, bevor sie nach dem Tod ihrer Mutter bei Verwandten in Pilsen aufwuchs und zur Schule ging (inzwischen als tschechoslowakische Staatsbürgerin), war auf historische Stoffe spezialisiert. Das über-rascht nicht, denn sie hatte nach dem noch in Pilsen abgelegten Abitur in Innsbruck

FOrtsetzuNg vON seite 13

gErTrud FussEnEggEr iM AlTEr

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Haus wiederholen. Der Vortrag ist damit ein logischer und sinnvoller Abschluss der Vortragsreihe zum 300. Geburtstag Friedrichs des Großen.

mArkus pAtzke

15 VoRTRAg

früh von seinem Vater, dem »Soldaten-könig», distanzierte; ein schillernder Intellektueller, der die besten Köpfe seiner Zeit umwarb; und ein ambitio-nierter Liebhaber der Künste. Im Hauptteil der Biografie des Preu-

ßenkönigs stellt Bendikowski die Rezeption und die Instrumenta-lisierung Friedrichs im Lauf der deutschen Geschichte einge-hend dar. Jede Generation und jedes Sys-tem hat sich den Friedrich ge-

schaffen, der ihr am nützlichsten war. Vom Wegbereiter der deutschen Eini-gung in der Zeit des Kaiserreiches, zum Nationalsozialisten in der Zeit des Drit-ten Reiches, bis hin zur DDR, die ihn für die sozialistische Geschichtsschrei-bung vereinnahmte. Bendikowski geht in seinem Werk deutlich über die reine und bekannte Lebensbeschreibung hinaus und stellt die unterschiedlichen historischen In-terpretation Friedrichs im Laufe der letzten 250 Jahre ausführlich dar und erläutert ihre Bedeutung. Dies wird er in einem unterhaltsamen und spannen-den Vortrag im Gerhart-Hauptmann-

Friedrich II. ist tot - Es lebe Friedrich der GroßeZum Nachleben des Preußenkönigs

VorTrAg Von dr. TilMAnn bEndikowski (HAMburg)

mi, 19.09. 19.15 Uhr

dr. Tillmann bendikowski ist gründer und leiter der Hamburger Medienagen-tur geschichte. Historiker und Journalist. nach einem journalistischen Volontariat, studium der geschichtswissenschaft an der ruhr-universität bochum. 1999 promotion mit einer Arbeit über die kirchliche ostsiedlung in der weimarer republik und im »dritten reich».die Medienagentur geschichte bildet ein bindeglied zwischen wissenschaftli-cher Forschung und der Vermittlung his-torischen wissens. dabei produziert sie selbst historisches wissen: sei es durch recherche in Archiven oder durch das interviewen von zeitzeugen.neues entdecken und vermeintlich be-kanntes spannend zu präsentieren ist ihr ziel. ihre überzeugung: Es gibt kei-ne langweilige geschichte – es gibt nur eine langweilige Vermittlung.

Auch dreihundert Jahre nach seiner Geburt polarisiert Friedrich der Große (1712–1786). Der legendäre Preußen-könig wird bewundert und verachtet, geliebt und gehasst. Auch die Film- und Vortragsreihe der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus in diesem Jahr hat das deutlich gemacht. Zum Abschluss dieser Reihe widmet sich die Stiftung vor allem der Rezeption des Preu-ßenkönigs. Tillmann Bendi-kowski folgt in seiner in diesem Jahr vorgelegten Biographie den Spu-ren des »Alten Fritz». Er entfaltet die fesselnde Biografie eines Multitalents: ein absolutistischer Herrscher, der die Folter abschaffte, Frömmelei verachte-te, als brillanter Analytiker Strukturen und Menschen durchschaute; ein risi-kofreudiger Kriegsherr, der sich doch

»In der wohl besten Veröffentlichung zum Friedrich-Jahr unternimmt Tillmann Bendi-kowski den unterhaltsamen Versuch, Friedrichs Leben und den Folgen gerecht zu wer-den.»

AbeNdzeituNg (07.01.2012)

Ob der König heute »weithin Geschichtsfolklore» ist, wie der Autor mutmaßt, möchte man lieber erst am Ende des kommenden Friedrich-Jahres entscheiden. Aber es trifft ei-nen Punkt, wenn Bendikowski die doppelte Optik der Überlieferung , die hier den mythi-schen Alten Fritz, dort den realen Friedrich anvisiert, ohne beide in einer Figur vereinen zu können, in ein Sprachbild fasst: »Friedrich. Der Große.» Sollten wir ihn fortan nicht immer so schreiben?

FrANkFurter AllgemeiNe zeituNg (05.10.2011)

Auch der Historiker und Journalist Tillman Bendikowski versteht es, sein Publikum zu packen. Wir erleben den Autor bei der Präsentation seiner Biographie »Friedrich der Große» im Hause Bertelsmann und könnten ihm stundenlang zuhören. So präsentiert, ist Geschichte einfach wohltuend entstaubt. Schnell wird klar, das die Beschäftigung mit dem 46 Jahre lang regierenden König sehr spannend ist. »Bei Friedrich dem Großen langweilt man sich nie» so Tillman Bendikowski. ... Bendikowski legt vielmehr den Schwerpunkt seines Buches vor allem auf die Zeit nach Friedrichs Tod. Schildert, wie die Nachwelt mit ihm umgegangen ist und wie Friedrich bis in unsere Zeit nachwirkte. Wie Nationalsozialisten ihn zum »ersten Nationalsozialisten» ernannten und auch die DDR ihn für sich passend machte. Zum Schluss erklärt Bendikowski Friedrich den Gro-ßen mit dem Begräbnis in Potsdam im Jahr 1991 auch politisch für tot. Er sei seitdem keine identitätsstiftende Figur mehr. Eine saubere Historisierung sei dadurch möglich.

http://WWW.berliN-AudiOvisuell.de

Aus den Medien

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AussTEllung MiT wErkEn Aus dEr priVATEn »osTdEuTscHEn sTudiEnsAMMlung«

manns in Schreiberhau lebte. Weitere schlesische Künstler wie Leonhard Sandrock, Hermann Völkering, Adolf Glatte, Paul Plontke, Friedrich Iwan, Ludwig Meidner und Heinrich Tischler beschrieben ihre Heimat in verschiede-nen Techniken und Sichtweisen.Die schlesische Hauptstadt ist u. a. mit der großformatigen Pinselzeichnung des »Breslauer Rathauses» von Hugo Ulbrich und durch Gerhard Neumanns verschneite »Oderkähne in Breslau» aus dem Jahre 1932 vertreten, die zu den wenigen erhaltenen Vorkriegsar-beiten des Künstlers gehört.

dirk urlANd

Die Ausstellung ist bis zum 30. Oktober 2012 geöffnet.

Eröffnung:Fr, 21. 09. 2012 – 18.00 UhrAusstellungsraum

Es sprechen:PD Dr. Winfrid HalderDirektor des Gerhart-Hauptmann-Hauses

Helmut ScheunchenKammermusiker, »Ostdeutsche Studiensammlung»

die Radierung Ivo Hauptmanns mit der Signatur von Vater und Sohn aus den 1920er Jahren, die Lithografie Emil Orliks zu den »Gerhart – Hauptmann – Festspielen in Breslau» oder die er-schütternde Zeichnung von Charlotte Pauly, die »Gerhart Hauptmann auf dem Totenbett» zeigt.

Autographe, Werkausgaben, Ka-taloge und Literatur über Ger-hart Hauptmann unterstreichen die Bedeutung des Werkes und seiner Persönlichkeit.Darüber hinaus wird Schlesien, die Heimat des Dichters, im ein-drucksvollen Kunstschaffen der

Gerhart-Hauptmann-Zeit dokumen-tiert.So zeigt etwa die Arbeit von Karl Lü-decke, zur Studienzeit Hauptmanns Direktor der Breslauer Kunst- und Gewerbeschule, den dramatischen »Thurmabsturz der Michaeliskirche in Breslau». Vertreten ist zudem Theodor Blätterbauer, der durch eine Vielzahl von Zeichnungen schlesischer Städte und Landschaften große Bekanntheit erlangte. Ansichten des Riesengebirges vermit-teln Werke von Richard Nitsch, Georg Trautmann und Georg Wichmann, der in unmittelbarer Nachbarschaft Haupt-

»Gerhart Hauptmann zum 150. Geburtstag und Schlesien in der Kunst der Gerhart-Hauptmann-Zeit«

16 AUssTELLUng

Fr, 21.09. 18.00 Uhr

Das Jahr 2012 ist zweifellos ein bedeu-tender Anlass an Gerhart Hauptmann, den Namenspatron des Düsseldorfer Hauses an der Bismarckstraße, zu erin-nern. Der heute weltbekannte Schrift-steller und Dramatiker wurde am 15. November 1862 – vor 150 Jahren – im schlesischen Ober Salzbrunn geboren.Am 10. Dezember 1912 – vor 100 Jahren – erhielt er in der Stockholmer Akademie aus den Händen des schwedischen Kö-nigs den Nobelpreis für Litera-tur.Die Ausstellung der privaten »Ostdeutschen Studiensamm-lung» von Kammermusiker Helmut Scheunchen präsentiert eine umfang-reiche Auswahl künstlerischer Dar-stellungen Gerhart Hauptmanns, der zu den meist porträtierten Persönlich-keiten seiner Zeit gehört. Zahlreiche prominente Künstler verewigten ihn in Büsten, Ölgemälden, in Druckgra-fiken und künstlerischer Fotografie. Hauptmann unterhielt einen weitaus größeren Freundeskreis unter bilden-den Künstlern als unter Schriftstellern. So zeugen u. a. die Radierungen »Gru-newaldsee» von Walter Leistikow und »Löwenbrücke im Tiergarten in Ber-lin» von Lovis Corinth, Willy Jäckels Lithografie »Kreidefelsen auf Rügen im Gewittersturm» sowie Hans Ba-luscheks »Das Tänzchen im Freien» von den engen Beziehungen des Dich-ters zu ostdeutschen Künstlern in der Hauptstadt Berlin.Weitere werkbezogene Exponate fin-den sich auch mit den Radierung von Ferdinand Staeger zu »Rautendelein» »Gabriel Schilling» und »Parsifal».Staeger illustrierte Hauptmanns Bücher »Lohengrin» und Parsifal», dem Sohn Benvenuto gewidmet, die 1913 / 14 in der Jugendbuchreihe des Berliner Ull-stein-Verlages erschienen.Die wohl bekannteste Illustrationsfolge schuf jedoch Käthe Kollwitz mit ihrem Zyklus »Weberaufstand», aus dem zwei Blätter präsentiert werden. Ivo Haupt-mann hielt die für seinen Vater bedeu-tenden Orte »Haus Wiesenstein» im Riesengebirge, den »Zweitwohnsitz» auf der Insel Hiddensee und den bevor-zugten Ferienort Rapallo in Lithografi-en fest.Darüber hinaus zeigt die Ausstellung natürlich auch Gerhart Hauptmann im künstlerischen Portrait. Beeindruckend

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17 KInEmAThEK

»Aber das Leben geht weiter«Ein Dokumentarfilm von Karin Kaper und Dirk Szuszies

FilMVorFüHrung und AnscHliEssEndEs gEspräcH MiT dEr AuTorin kArin kApEr

do, 27.09. 18.30 Uhr

Ein Film über Heimat, Krieg, über das Überleben in der Fremde, darüber wie die große Geschichte in das Dasein der Menschen hineinblitzt und die Lebensbahnen durcheinanderwirbelt. Der Film erzählt sehr privat ein jahrzehntelanges beson-deres Kapitel in den deutsch-polnischen Beziehungen. Kommentarlos kommen die Frauen zu Wort und lassen den Betrachter Anteil nehmen an ihrer subjektiven Sicht der Er-eignisse. Der Film berücksichtigt nicht nur die erschütternden Vorkommnisse in den Kriegswirren bis zur endgülti-gen Vertreibung der deutschen Fami-lie aus ihrem niederschlesischen Dorf Niederlinde im Sommer 1946. Er wirft auch ein Licht auf die Entwicklungen

der Nachkriegszeit sowie spätere Jahr-zehnte bis heute. Dem Schicksal der Deutschen, die später in Bremen und Umgebung eine zweite Heimat fanden, wird das der polnischen Familie gegen-übergestellt, die ihrerseits 1940 von der sowjetischen Armee aus Ostgebieten Polens nach Sibirien verschleppt wur-de. Nach einer unglaublichen sogar bis Kirgistan führenden Odyssee bekam sie schließlich im Sommer 1945 den Hof der Deutschen zugesprochen. Das ehemalige Niederlinde heißt heute Platerówka und liegt nur 25 km von Görlitz entfernt. Ein Film, der auch für die Debatte über aktuelle Flüchtlings-ströme und Migrationsbewegungen

von großer Bedeutung ist! Ein Film, der rein aus dem Blick der betroffenen Frauen Machtmissbrauch und Ver-letzung elementarer Menschenrechte bewegend veranschaulicht. Die Weltp-

remieren des Films fanden am 6. und 7. Mai 2011 auf dem 8. Neißefilmfestival in Zittau und Görlitz statt. Die beiden Vorführungen waren die meist-besuchten des Festivals. Der Film wurde von Publikum und Presse mit überaus großer Zu-

stimmung aufgenommen. Für die im Film mitwirkenden deutschen Frauen, Regisseurin Karin Kaper, ihre Mut-ter Ilse Kaper und ihre Tante Hertha Christ, war es eine besondere Freude, auf dem Festival die ebenfalls am Film beteiligten polnischen Frauen, Edwarda

Zukowska, Maria Wojewoda und Ga-briela Matniszewska, wiederzusehen und gemeinsam die Geburtsstunde des Films zu erleben. Am 17. und 19. Mai 2011 folgten dann die Kinopremieren in Bremen und Berlin sowie eine erste bundesweite Tour, die oft auch in Zu-sammenarbeit mit Deutsch-Polnischen Gesellschaften organisiert war. Stets ergaben sich äußerst warmherzige und anregende Gesprächsrunden mit dem Publikum. Der Film regt sehr zum of-fenen Meinungsaustausch an. Der Film stößt auf großes Echo nicht nur bei be-troffenen Vertriebenen und deren Kin-dern und Enkelkindern, sondern auch bei allen polnischen Verbänden und

EdwArdA zukowskA HEuTE AllEin AuF dEM EHEMAligEn HoF dEr FAMiliE QuEissEr

bAuErnFAMiliE QuEissEr in dEn 1920Er JAHrEn AuF dEM FEld

Vereinen sowie bei allen Menschen, die sich für die Folgen des Zweiten Weltkrieges interessieren und die das Thema Flucht/Vertreibung/ Migration auch in der gegenwärtigen Weltsituati-on bewegt. Karin Kaper und Dirk Szu-szies haben den Film selbst produziert, gefördert wurde die Dokumentation mit Mitteln der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit. Für den Eigenverleih des Films erhielten die Re-gisseure eine Zuwendung vom BKM. Inzwischen wird der Film ausdrück-lich darüber hinaus empfohlen von der Bundeszentrale für Politische Bildung, dem Bundesverband der Deutsch-Polnischen Gesellschaften und dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk.

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18 sTUdIEnFAhRT

sTudiEnFAHrT dEr sudETEndEuTscHEn lAndsMAnnscHAFTin diE TscHEcHiscHE rEpublik

Die Stadt Reichstadt/Zákupy errichtet ein »Kreuz der Versöhnung»Die gewählten Vertreter der Stadt Záku-py haben am 16. April 2012 einstimmig beschlossen, ein »Kreuz der Versöh-nung» auf der Brücke bei der Kapelle der hl. Anna »zur Erinnerung an das Zusammenleben von Tschechen und Deutschen in Reichstadt» zu errichten.Das Kreuz der Versöhnung wird im Rahmen des Reichstäd-ter Stadtfestes am 9. September 2012 von dem General-vikar der Diözese Leitmeritz Stanislav Přibyl eingeweiht wer-den. Zu diesem Ereignis sind alle ehemaligen deut-schen Bürger von Reichstadt so-wie deren Verwandte und Freun-de eingeladen.In Abstimmung mit ehemaligen deutschen Bürgern wird das Kreuz der Versöhnung folgen-de Form erhalten, die aus drei Entwürfen des Kunstschmieds Ondřej Mikulecký, Pardubitz, ausgewählt wurde; auf den Querbalken des 1,5 Meter ho-hen Doppelkreuzes sollen fol-gende Inschriften eingraviert werden:GOTT VERBINDET UNSBŮH NÁS SPOJUJEDie Idee für dieses Vorhaben stammt von dem Vorsitzenden der Kommis-sion für Denkmalpflege des Rates der Stadt, Herrn Ing. Zdeněk Rydygr, der die nach 1945 verstaatlichte Papierwa-renfabrik Eduard Held nach der poli-tischen Wende erworben hat und sie als »PVO Zákupy » in alter Tradition weiterführt. Er hat auch in den Fabrik-räumen am Marktplatz ein EDUARD HELD MUSEUM eingerichtet.Die Kosten für das Kreuz betragen ca. 2.000 Euro. Dazu werden von deut-scher Seite 1.000 Euro beigesteuert, und zwar 500 Euro vom Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde München und 500 Euro von einer Spendenaktion der Sudetendeutschen Landsmannschaft Düsseldorf.Sowohl der deutsche Name Reichstadt als auch der tschechische Name Zá-kupy sind seit der Gründung unseres Heimatortes zu Beginn des 14. Jahr-hunderts urkundlich belegt. Der Name Reichstadt ist aber vom 19. Jahrhundert an durch Napoleon II., den »König von Rom und Herzog von Reichstadt»,

in der ganzen Welt bekannt geworden. Bis zur Vertreibung der deutschen Be-völkerung in den Jahren 1945 und 1946 lebten in der Gemeinde über 600 Jahre lang eine deutsche Mehrheit und eine tschechische Minderheit friedlich zu-sammen.Im Jahre 1990 öffnete sich die Ge-

meinde Zákupy ihren ehemali-gen deutschen Bürgern. Durch Vermittlung des in der Heimat

verbliebenen deutsch-stämmigen Tierarztes

D r . Otto Daníček ließ die neue, d e m o k r a t i s c h gewählte Ge-meindever tre-tung zu, dass wir »deutschen L a n d s l e u t e » uns alljährlich in unserer Hei-matstadt trafen. Im Jahre 2006 gelang es uns, mit großer Un-terstützung des Sozialwerks der A c k e r m a n n -

Gemeinde und in enger Zusammenar-beit mit der Bürgermeisterin von Záku-py die Finanzmittel für die Kosten der Restaurierung der vom Verfall bedroh-ten Dreifaltigkeitssäule in Höhe von

fast 100.000 Euro zu beschaffen. An der Finanzierung waren die Bundesrepub-lik Deutschland mit 50.000 Euro, der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds mit 26.000 Euro und die Stadt Zákupy mit 10.000 Euro beteiligt. Weitere Mit-tel wurden aus Spenden tschechischer und deutscher Bürger und in Reichs-tadt ansässiger Firmen aufgebracht. Die bis ins letzte Detail gehende Sanierung führte der Restaurator Radomil Šolc jun. aus Dauba aus. Am 10. September 2007 wurde das wieder hergestellte Denkmal von europäischem Rang von dem Leitmeritzer Altbischof Dr. Jo-sef Koukl kirchlich gesegnet und von der Bürgermeisterin Miloslava Huda-ková gemeinsam mit dem Sprecher der deutschen Landsleute und dem Geschäftsführer des Sozialwerks der Ackermann-Gemeinde der Öffentlich-keit übergeben.Zu diesem feierlichen Akt hatte die Stadt Zákupy alle ehemaligen deut-schen Bürger von Reichstadt eingela-den, und viele von uns waren der Ein-ladung gefolgt.Mit dem »Kreuz der Versöhnung » will die Stadt an das einst friedliche Zusam-menleben von Deutschen und Tsche-chen über viele Jahrhunderte erinnern und auch ein Zeichen des Dankes für die Unterstützung von deutscher Seite setzen.

berNhArd kirschNer

die sudetendeutsche landsmannschaft düsseldorf führt eine begegnungsver-anstaltung in reichstadt/zákupy in der Tschechischen republik durch.Anlass ist die Errichtung eines Versöhnungskreuzes in reichstadt aufgrund ei-ner initiative von dr. zdeněk rydygr unter beteiligung der sudetendeutschen Ackermann-gemeinde und der sudetendeutschen landsmannschaft, kreis-gruppe düsseldorf.das kreuz soll die Aufschrift tragen: »gott verbindet uns» auf Tschechisch und deutsch. die Aufstellung erfolgt im rahmen eines stadtfestes am 9. september 2012.im rahmen des besuches wollen sich die Teilnehmer über die kulturelle Arbeit in reichstadt, Haida, Aussig und gablonz unterrichten, den denkmalschutz bei weltlichen und kirchlichen bauten, die Minderheitenpolitik der tschechischen gemeinden und die umweltmaßnahmen informieren.Ein weiterer schwerpunkt soll die glasherstellung und deren bedeutung für das nördliche sudetenland darstellen. dazu sind besuche in Haida und gablonz sowie einer glashütte vorgesehen.

prOgrAmm uNd Weitere iNFOrmAtiONeN uNter:Telefon: 0211/7005150 oder 02159/7375Termin: 4. september bis 10. september 2012Voraussichtliche kosten ca. 450,00 Euro (abhängig von der Teilnehmerzahl und der beantragten Förderung)

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19 BERIchT

Im Nobel-Museum Stockholm - Gerhart Hauptmann an der »Seilbahn»

Vor 100 JAHrEn: VErlEiHung dEs nobElprEisEs An gErHArT HAupTMAnn

Am 10. Dezember 2012 sind einhun-dert Jahre seit der Verleihung des No-belpreises für Literatur an Gerhart Hauptmann vergangen – Anlass, an dieses Ereignis zu erinnern!Besucht man heute das Nobelmuseum, das in einem der schönsten Stockhol-mer Bauwerke des 18. Jahrhun-derts untergebracht ist, so erfährt man mehr und bisher Unbe-kanntes über den Nobelpreis, die Nobelpreisträ-ger und na-türlich Alfred Nobel! Man » b e g e g n e t » auch Gerhart H a u p t m a n n und über 800(!) anderen Nobelpreisträgern, deren Portrait und die Preisbegründung auf großen Tafeln mit Hilfe einer an der Decke befestigten, ein-zigartigen »Seilbahn» über die Köpfe der Besucher transportiert werden!In diesem Beitrag soll besonders auf die »Verleihungsrede» für Gerhart Hauptmann und seine Dankesworte eingegangen werden. Dabei erscheint es dem Verfasser angebracht, zuvor an die Dankesrede des zu Lebzeiten von Ost und West hofierten, aber auch be-schimpften Literatur-Nobelpreisträgers 1972, Heinrich Böll, zu erinnern.Böll sagte damals:»(…) Mit Bangen denke ich an mei-ne deutschen Vorgänger hier, die in-nerhalb dieser verfluchten Dimension Eigentlichkeit keine Deutschen mehr sein sollten. Nelly Sachs, von Selma Lagerlöf gerettet, nur knapp dem Tod entronnen. Thomas Mann, vertrieben und ausgebürgert, Hermann Hesse, aus der Eigentlichkeit ausgewandert, schon lange kein deutscher Staatsbürger mehr, als er hier geehrt wurde. Fünf Jahre vor meiner Geburt, vor sechzig Jahren, stand hier der letzte deutsche Preisträ-ger für Literatur, der in Deutschland starb, Gerhart Hauptmann. Er hatte seine letzten Lebensjahre in einer Ver-sion Deutschland verlebt, in die er wohl trotz einiger Missverständlichkeiten nicht hineingehörte.»Seine Verleihungsrede für Hauptmann, auf die hier nur auszugsweise, in wich-

tigen Teilen, eingegangen werden kann, begann der Laudator Hans Hildebrand mit den Worten: »Ein altes Sprichwort sagt: Die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Menschen.» Die Ereignis-se der Vergangenheit bestätigen das durchaus. »… Soweit wir auch in der

Geschichte zurückgehen, immer sehen wir, wie Neues ent-

steht… mit der drama-tischen Dichtung

verhält es sich nicht anders.»

Er erinnerte an H a u p t m a n n s erstes Bühnen-werk, das er mit 27 Jahren vorgelegt hat-te und seine

mit 30 Jahren e n t s t a n d e n e n

»Weber». In den meisten seiner Werke

behandelt er die Lebens-bedingungen »… des kleinen

Mannes, die er an vielen Orten, aber besonders in seiner schlesischen Hei-mat studieren konnte.» Hildebrandt weiter wörtlich: »Wenn man von der Aufführung oder der Lektüre solcher Dramen gefesselt ist und sich ganz und gar in die so gut beschriebenen Lebens-bedingungen hineinversetzen kann, fühlt man sich gezwungen, wie-der Atem zu schöpfen und auf Mittel zur Abschaffung eines solchen Elends für die Zukunft zu sinnen. Der Realismus sei-ner Beschreibungen zwingt uns, neue und bessere Lebensbedin-gungen anzustreben und deren Verwirklichung zu wünschen.» Dieser Wunsch gilt auch noch heute, hundert Jahre nachdem er ausgesprochen wurde! An anderer Stelle schreibt er: »Das Leben hat seine dunklen Seiten; auch sie müssen in literarischen Werken in Erscheinung treten, um die Lebenden zur Weisheit zu führen…Ihre vielseitige literarische Tä-tigkeit hat uns auch noch an-dere wundervolle Dichtungen geschenkt: ‚Hanneles Him-melfahrt‘ und ‚Die versunkene Glocke‘, die sich in ihrem Va-terland der größten Beliebtheit erfreut;» das Textbuch, das

dem Nobel-Komitee der Schwedischen Akademie zur Verfügung stand, war in der 60. Auflage erschienen.»Sie haben durch eine gewissenhaf-te, aber niemals pedantische Arbeit an Ihren Werken, durch die Logik Ihrer Gefühle, Gedanken und Taten, durch die strenge Konstruktion Ihrer Stücke, die höchste künstlerische Meisterschaft erlangt. Die Schwedische Akademie hat den großen Künstler Gerhart Haupt-mann für würdig befunden, in diesem Jahr den Nobelpreis zu empfangen, den Seine Majestät der König ihm jetzt zu übereichen geruhen wird.»Unter »Der Sinn des Nobelpreises» stand die Dankesrede Hauptmanns bei dem Nobelpreis-Bankett am gleichen Tag. Dabei sprach er die Hoffnung aus, »…dass das der Stiftung zugrunde lie-gende Ideal seiner Verwirklichung im-mer näher geführt werde: ich meine das Ideal des Weltfriedens, das ja die letzten Ideale der Wissenschaft und der Kunst in sich schließt.» Er hoffte »… auf den großen, letzten und rein ideellen No-belpreis, den die Menschheit sich dann zusprechen wird, wenn die rohe Gewalt unter den Völkern eine verfemte Sache geworden sein wird…»Worte des Dichters, eineinhalb Jahre vor Beginn des 1. Weltkrieges – mit über 10 Millionen Toten – gesprochen!

kONrAd hüther

liTErATur-sEilbAHn in sTockHolM

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20 mUsIK/LITERATUR

Fr, 21.09. 19.00 Uhr

Der Abend rückt eine weniger be-kannte Seite aus dem Schaffen Gerhart Hauptmanns in den Blick: Im Mittel-punkt stehen hier seine Gedichte. Zei-len aus Hiddensee, kurze Notizen und Verse drücken Liebe zur Natur, zum Wein und zum Reisen aus. Weit ent-fernt vom gesellschaftskritischen Dra-ma, das sonst meist mit seinem Namen in Verbindung ge-bracht wird, zeigen diese Texte Gerhart Hauptmann als sen-siblen Naturbeobach-ter, der Stimmungen einfängt und mit Gemütszuständen verknüpft, einem romantischen Dichter nicht unähnlich. In diesem Sinne seelenverwandt und ähnliche Themen aufgreifend erscheint die Lyrik Joseph von Eichendorffs – wo also könnten diese Texte Gerhart Hauptmanns besser dargeboten wer-den als im Eichendorff-Saal?Der musikalische Bogen beginnt bei Liedern der Romantiker Carl Maria von Weber (1786-1826) und Franz Schu-bert (1797-1828), auch der mit Düssel-dorf so besonders eng verbundene Ro-bert Schumann (1810-1856) darf nicht fehlen. Er spannt sich dann weiter bis

»´s ist so ein stiller heil´ger Tag.« Auch ein Gerhart-Hauptmann-Abend

Ein MusikAliscH-liTErAriscHEs progrAMM AlExAndrA lAcHMAnn, ElkE JAHn, uli HocH

zu Komponisten des 20. Jahrhunderts wie John Duarte (1919-2004) und Benjamin Britten (1913-1976). Eine besondere Entde-ckung sind Vertonun-gen einiger Gedichte Hauptmanns durch Robert Kahn (1865-1951), der diese Lie-der schon kurze Zeit nach dem Erscheinen der Verse komponier-te. Kahn gehörte zum persönlichen Freun-deskreis Hauptmanns, sein Bruder Paul Kahn fungierte eine Zeit-lang als Privatsekretär des Dichters. Robert Kahn war seit 1894 Dozent an der Berli-ner Musikhochschule. Neben seinem eige-nen kompositorischen Schaffen unterrichtete er dort so bedeutende Musiker wie Wilhelm Kempff, Ferdinand Leitner oder Arthur

Rubinstein. Seit 1916 war Robert Kahn Mitglied der Preußischen Akademie der Künste.Die beiden Künstlerinnen und der Künstler des Abends, Alexandra Lach-mann (Sopran), Elke Jahn (Gitarre) und Uli Hoch (Rezitation) sind unse-rem Publikum schön durch mehrere stimmungsvolle und hochkarätige Pro-gramme bekannt. Auch diesmal erwar-tet Sie wieder ein außergewöhnlicher Abend!

WiNFrid hAlder

AlexANdrA lAchmANN, elke JAhN,

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21 ThEATER /mUsIK

4. Pro Rok-Festival

bEgEgnung dEr kulTurEniM gErHArT-HAupTMAnn-HAus

sa, 01.09. 18.00 Uhr

Aufstrebende russlanddeutsche Bands präsentieren einem breiten Publikum ihr Können. Mit von der Partie ist auch in diesem Jahr wieder die Band

des Gerhart-Haupt-mann-Hauses, »The Spiderpigs». Mit im-pulsivem Sound und heißer Show werden die Düsseldorfer Musiker die Bühne stürmen – Zuschauer

und Zuhörer können sich auf experi-mentellen Rock’n’Roll und die außer-gewöhnliche Stimme der Sängerin Lila

Dorn freuen.Außerdem mit dabei ist die Band »BriZ» aus Frankfurt am Main. Ihre Musik beschreiben die vier Musiker aus Russland, Kirgistan, England und Syrien als rockig, funky, melancholisch und melodiös. Ihre musikalischen Ein-flüsse und langjährige Erfahrung bringt die russischsprachige Band in dynami-schen und kompakten Arrangements auf den Punkt.

ProRok-Festival Eintritt: 6€ zu Gunsten der Musiker

»theaterconsortköln» präsentiert zum Thema »Krieg und Frieden» im Gerhart-Hauptmann-Haus Düsseldorf »DÄMONEN – ZWEISAM, DREI-SAM, VIERSAM oder KRIEG UND FRIEDEN AM HEIMI-SCHEN HERD» nach Textvor-lagen von Norén, Artaud, Dosto-jewski und anderen Autoren.Durch Umverteilen der Figuren und Hinzufügen eigener Texte, dramatischer, belletristischer oder auch aktuell politischer Natur, schreiben sich die Darsteller ihr »eigenes Stück».»Du musst Bussi sagen, bis wir ster-ben.» Zynisch klingt dieser Satz von Katarina. Aber der Adressat, ihr ebenso boshafter Mann Frank, lässt die Spit-ze an sich abprallen. Die verfeindeten Ehepartner halten es kaum allein mitei-nander aus. Und so laden sie sich kur-zerhand das fremde Nachbarpaar, die Gutmenschen-Neo-Hippies Jenna und Tomas, als Schutzschilde voreinander ein. In »Dämonen» (1984) von Lars Norén geht es um zermürbende Zwei-samkeit und den unwiederbringlichen Verlust der Liebe. Wobei das Zimmer-schlacht-Drama nicht ganz in die Schu-he von Albees »Wer hat Angst vor Vir-ginia Woolf» (1962) passt. Zu plakativ die Charakterhintergründe, zu dick auf-getragen die religiösen Anspielungen und zu banal die erniedrigenden Wort-gefechte, hieß es aus Kritikerreihen. Das junge Ensemble von Theaterconsort Köln allerdings bricht dieses Stück ge-konnt auf seinen dämonischen Kern herunter. Der ödipale Komplex von Frank wird nicht an die große Glocke gehängt, die Asche der Mutter bleibt in der Urne und Franks Kreuzigung durch Katarina wird ausgespart, so dass der Schluss von religiöser Bedeutsamkeit entlastet wird. »Dämonen» unter der Regie von Uli Hoch ist eine Werkstatt-arbeit von Schauspielschulabsolventen, die dem Text Auszüge anderer großer, nicht weniger pessimistischer Autoren wie Artaud oder Dostojewski hinzufü-gen. Am Ende entsteht so ein entblö-ßend abgründiges Psychogramm zwei-er Ehen: Die vereinsamte Jungmutter Jenna, verzweifelt hysterisch gespielt von Anna Spicher, jammert über ihre soziale Isolation und ihr Mann Tomas, bei Max Claus ein halbstarker Wasch-lappen, spricht endlich aus, was ihm auf der Seele brennt: »Ich hab dich so satt.» Die kinderlosen Frank und Ka-

»THEATErconsorTköln» präsEnTiErT zuM THEMA»kriEg und FriEdEn» iM gErHArT-HAupTMAnn-HAus:

tarina sind in den ehelichen Totalkrieg gezogen, über jede Hemmschwelle hin-aus. Angetrunken verraten sie peinliche Intimitäten. Romina Bursy überzeugt

vor allem in den fragilen Zwi-schentönen ihrer sonst so star-ken Katarina. Wenn die bitterbö-sen Angriffe ihres Mannes, kühl psychopatisch dargestellt von Benjamin Holland, doch ein we-nig schmerzen, wird geschluckt,

das Glas Gin gefüllt, die arrogant ver-bitterte Miene wieder hergestellt und zum verbalen Gegenschlag ausgeholt. Passend sind auch die Kostüme: Wäh-rend die stagnierte Jenna praktische Oversize-Pullis mit grauen Leggings

kombiniert, erscheint die provokati-onssüchtige Katerina ständig im neu-en Outfits. Das kurze Rote wird vom kürzeren Schwarzen abgelöst und nach einem Dessousauftritt folgt einer ganz oben ohne. Theaterconsort Köln lässt glaubhaft zwei Lebensentwürfe gegen-einander antreten. Man vermag kaum zu sagen, welche der Ehehöllen schlim-mer ist.

rOmy WeimANN

Darsteller: Romina Bursy, Max Claus, Benjamin Holland, Anna SpicherRegie: Uli HochRegieassistenz: Lisa HeckTechnik: Christian Polensky

»Dämonen - Zweisam, Dreisam, Viersam oder Krieg und Frieden am heimischen Herd«

mArkANte szeNe Aus »krieg uNd FriedeN Am heimischeN herd» FOtO: privAt

Fr, 28.09. 18.00 Uhr

Page 22: West-Ost-Journal 3/2012

22 RücKschAU

»Ihre Eltern kamen aus Masuren»FC Schalke 04 an Ausstellung maßgeblich beteiligt

kulTurzEnTruM osTprEussEn und sTiFTung gErHArT-HAupTMAnn-HAus zEigTEn scHAlkE AussTEllung

Die Verbindungen zwischen Ostpreu-ßen und dem Rheinland sind vielfältig. Einen Brückenschlag zwischen den Re-gionen bilden die Spieler verschiedener Fußballmannschaften. Welche Rolle der FC Schalke 04 hierbei spielt, konnte man in der Anfang April im Gerhart-Hauptmann-Haus eröffne-ten Ausstellung »Ihre Eltern kamen aus Masuren – Kuzorra, Szepan und das goldene Jahrzehnt des FC Schalke 04« erfahren.»Was Viele nicht wissen, ist die Tat-sache, dass die Eltern der Spieler der Schalke-Meistermannschaft von 1934 allesamt aus den Masuren kamen», erklärt Markus Patzke, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Gerhart-Hauptmann-Haus. Er war es, der die Schalke-Ausstellung vom Kulturzent-rum Ostpreußen in Ellingen in die Lan-deshauptstadt Düsseldorf holte. Die Ausstellung leistete einen wichtigen Beitrag zur Hauptaufgabe des Gerhart-Hauptmann-Hauses, die Kultur und Geschichte der Deutschen aus dem östlichen Europa zu pflegen und zu ver-mitteln.

Gegründet wurde der FC Schalke 04 am 4. Mai 1904 von einer Gruppe 14jähriger Lehrlinge und Jungbergleu-te, deren Eltern auf Grund des Bergbaus aus dem masurischen Teil Ostpreußens ins Ruhrgebiet gekom-men waren und sich auf der Gelsenkir-chener Steinkoh-lezeche »Con-solidation« eine neue Existenz aufbauten. Damals noch unter dem Na-men Westfalia Schalke war der Verein zunächst nur regional erfolgreich – bis er 1934 erstmals die deutsche Meisterschaft gewann. Das war der Auftakt des »gol-denen Jahrzehntes« des FC Schalke 04.Denn die ostpreußischen Wurzeln des Fußballvereins gaben allen Anlass, die Schalkeausstellung im Gerhart-Haupt-mann-Haus einer breiten Masse an in-teressierten Rheinländern zugänglich zu machen.Konzipiert und gezeigt wurde die Aus-stellung bereits 2006 von Wolfgang

Freyberg, Di-rektor des Kul-t u r z e n t r u m s Ostpreußen im m i t t e l f r ä n k i -schen Ellingen. Da durfte der b e k e n n e n d e S c h a l k e - F a n bei der Ausstel-lungseröffnung am 04. April im Gerhart-Haupt-m a n n - H a u s natürlich nicht fehlen und mit Sc ha l ke - Sc ha l um den Hals und informati-ver Rede sorgte er für einen ge-lungenen und unterhaltsamen A u s s t e l l u n g s -Auftakt. Neben den Worten von Kurator Wolfgang Frey-berg trugen die Begrüßungsre-de von Markus Patzke und die

Ansprache von Schalke-Vorstandsmit-glied Alexander Jobst zum runden Start in die Ausstellung bei. Und auch kulinarisch stand der Eröff-nungsabend ganz im Zeichen des Fuß-

balls: im Anschluss an den offiziellen Teil konn-

ten die Besucher bei Bratwurst und

Bier über Aus-stel lungsinhalte und Bundes-l i g a e r g e b n i s s e

diskutieren und fachsimpeln.

Zum Mitmachen und aktiven Erleben der Aus-

stellung regte ein Begleitprogramm an, welches von Praktikantin Lena Sapper (25) entwickelt und gestaltet wurde. So konnten interessierte Gäste ihr neu ge-wonnenes Ausstellungswissen in dem »Quiz zur Ausstellung« unter Beweis stellen und tolle Preise gewinnen. »Die Fragen sind gar nicht so leicht zu beant-worten», lacht eine Besucherin bei der Ausstellungseröffnung. Doch genau da-rum ging es der Studentin: »Die Leute sollen die Ausstellungstafeln genau lesen und sich mit den Inhalten be-schäftigen – und nicht einfach nur die Quizlösungen abschreiben», erklärt Lena Sapper. Von der Quizbegeisterung der Gäste am Eröffnungsabend war die 25jährige mehr als angetan: »Ich freue mich total, dass so viele Besucher mit vollem Eifer den Fragebogen ausfül-len!»Für all diejenigen, die sich schon im-mer mal wie ein Fußballstar fühlen wollten, bot das Rahmenprogramm der Ausstellung ein besonderes Extra: die eigens angefertigte Foto-Bildwand mit lebensgroßem, gemaltem Fußballspie-ler lud die Besucher dazu ein, der Fuß-ballfigur ihr Gesicht zu geben und sich fotografieren zu lassen. Das Foto gab es anschließend für den Fotografierfreudi-gen gratis zum Mitnehmen. Was bei einer Fußballausstellung auf keinen Fall fehlen darf, ist das Ausleben der eigenen Sportlichkeit. Die Möglich-keit hierzu bietet ein Kickertisch in den Schalkefarben, der schon bei der Aus-stellungseröffnung den Spieltrieb der Besucher förderte. Und für Liebhaber des sportlichen Kampfes organisierte die Studentin Lena Sapper im Zeitraum der Ausstellung Kicker-Turniere.

leNA sApper

wolFgAng FrEybErg VoM kulTurzEnTruM osTprEussEn und kurATor dEr AussTEllung, MArkus pATzkE, sTiFTung gErHArT-HAupTMAnn-HAus und AlExAndEr JobsT, s04-MArkETingVorsTAnd AlExAndEr JobsT

Page 23: West-Ost-Journal 3/2012

23 BERIchT

Ein bisschen abseits liegt sie schon, die Klosterstraße. Abseits jedenfalls der all-zu landläufigen Touristenmeilen Unter den Linden, Kurfürstendamm etc. Und

überhaupt: Wer denkt schon beim Stichwort Berlin an ein Kloster? Und an Gotik? In der preußisch-protestan-tischen Metropole par excellence?! So darf man also mit Fug und Recht ein wenig überrascht sein, wenn man die U-Bahn-Katakomben an eben jener Haltestelle „Klosterstrasse“ verläßt – und unversehens der Ruine der Kirche des einstigen Franziskaner-Klosters gegenübersteht. Selbst das Fragment des Gotteshauses, das nach 700-jäh-rigem Bestehen im Bombenhagel des 20. Jahrhunderts weitgehend zugrun-de ging, beeindruckt noch durch seine schlichte Eleganz. Vielleicht wird die-ser Eindruck noch verstärkt, wenn man den Blick vom einstigen Kirchenportal ein wenig nach links wendet, denn dort steht nicht allzu fern der massige Turm des klotzigen Roten Rathauses, dessen Rückseite auch nicht anheimelnder wirkt als der Anblick von vorn – Back-stein-Architektur ganz anderer Art.Da machen wir doch gerne den kleinen Schwenk weg vom Verwaltungsbau des 19. Jahrhunderts, den Berlin sich gab als das einstige Kleinstädtchen an der

Spree auf dem Sprung zur Millionen-stadt war, angetrieben von der gewalti-gen Schubkraft der Industrialisierung, die das oft über Jahrhunderte eini-

germaßen stabile Erscheinungsbi ld der meisten Städ-te in Deutschland grundlegend ver-ändert hat (bevor der Bombenkrieg nochmals radier-te). Das Nikolai-Viertel, in das wir dem Roten Rat-haus nach links ausweichend ein-treten, vermittelt noch einen vagen Eindruck vom Charakter des vor-modernen Berlin. Dies freilich zum Teil in gewollt-r e k o n s t r u i e r t e r , daher nur bedingt ü b e r z e u g e n d e r Form. Die Niko-lai-Kirche indes musste zwar nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg

auch wieder aufgebaut werden, doch ist sie noch immer oder wieder ein schö-nes Herzstück des alten Berlin, das sich hier einst auf den heute nur noch mit

Mühe erkennbaren Spreeinseln zusam-mendrängte. Es lohnt sich also hier vor-beizuschauen, bevor man eintaucht ins Getriebe auf dem Alexanderplatz.Natürlich sehen wir noch viel mehr in diesen drei viel zu kurzen Tagen; Ber-lin-Pflichtbesuche werden absolviert am Reichstag, dem Brandenburger Tor, dem Holocaust-Denkmal, am Potsda-mer Platz, an der Mauergedenkstätte in der Bernauer Strasse etc. Eher unge-wöhnlich dagegen unser Termin in der russischen Botschaft: Natürlich kennt man den wuchtigen Bau Unter den Linden vom einst mehr oder weniger befangenen Vorbeischlendern (das am Absperrgitter vor dem Brandenburger Tor sehr schnell beendet war). Aber sie betreten, Stalins feste Burg, gleich nach dem Krieg errichtet in der zerschlage-nen Hauptstadt des untergegangenen Reiches? Geht das wirklich? Es geht. Empfangen und geführt von sich zwei sich betont weltoffen gerierenden und smart wirkenden jüngeren Herren, die nebenbei die Bemerkung fallen lassen, dass interessierte Besuchergruppen (die keinerlei Kontrollen unterzogen werden) bei ihnen ja nichts Ungewöhn-liches seien – bei den Kollegen von der US-Botschaft wenige Minuten weiter dagegen … Ein wenig irritierend wirkt dann freilich doch der offenbar bislang völlig unangetastet gebliebene Prunk sowjetischer Staatssymbolik, heute,

MoMEnTAuFnAHMEn EinEr sTudiEnrEisE nAcH bErlin

Schon wieder: Backsteingotik (und mehr) – in Berlin

ruiNe der kirche des eiNstigeN FrANziskANer-klOsters

NikOlAi-kirche

FOrtsetzuNg AuF seite 24

Page 24: West-Ost-Journal 3/2012

24 BERIchT

mehr als zwanzig Jahre nach dem Un-tergang der UdSSR. Ist das (kunst-)his-torischer Bewahrungseifer, Nostalgie oder bewusst herausgestellte Kontinu-ität? Die freundlich lächelnden Nach-wuchs-Diplomaten sind wendig genug, derart heikle Fragen ohne eindeutige Antwort zu lassen … Am Ende unseres ambitionierten »Ber-lin-von-den-Anfängen-bis-heute«-Un-terfangens steht wieder, gottlob, eine Oase der Stille. Im Schlosspark von Charlottenburg ruht sie, die Königin von Preußen schlechthin, die schö-ne und allzu früh verstorbene Luise (1776-1810). Wer ausruhen mag vom Getriebe und Getöse der Hauptstadt, der besuche sie. Mit der Königin Luise liegen hier im Mausoleum ihr Mann, König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) und ihr jüngerer Sohn, Kaiser Wilhelm I. (1797-1888). Ein trefflicher Ort, um in aller Ruhe über Glanz und Elend Preußens zu räsonieren. Ein The-ma, das noch viele weitere Besuche in Berlin rechtfertigt.

WiNFrid hAlder

kAisEr wilHElM i, HinTEn rEcHTs sEinE MuTTEr, königin luisE

FOrtsetzuNg vON seite 23

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25 BIBLIoThEK

die zahl der neuerscheinungen zum 300. geburtstag von Friedrich ii. ist enorm. Mit seinem buch »Friedrich ii. zwischen deutschland und polen» liefert Hans-Jürgen bö-melburg erstmals in deutscher sprache einen überblick über die beziehungen Fried-richs ii. zu polen und das Verhältnis der polen zu ihm. der Aufstieg preußens zur europäischen großmacht, der mit einem erheblichen gebietszuwachs einherging, fand im osten insbesondere auf kosten polens statt: ca. 40 % der preußischen bevölke-rung sprach polnisch und nach berlin war warschau die zweitgrößte preußische stadt; heute liegen ca. 70 % des historischen fridericianischen preußen auf polnischem Ter-ritorium. Friedrich selbst war damit maßgeblich am niedergang polens beteiligt, wobei die polnische wahrnehmung Friedrichs erst mit dem sich in deutschland im 19. Jahr-hundert entwickelnden kult zunehmend kritisch wurde.der Autor hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Friedrich-bild von beiden seiten zu beleuchten, um damit den blick auf einen von deutscher seite bisher vernachlässigten Aspekt zu öffnen. sein um wesentliche Facetten bereichertes porträt Friedrichs des großen trägt nicht zuletzt dazu bei, das Verständnis der beiden Völker füreinander zu fördern.

buchvOrstelluNg: 12. NOvember 2012, 19 uhrim gerhArt-hAuptmANN-hAus

1901, im Jahr ihrer Aufnahme in die secession, fuhr die aus königsberg stammende käthe kollwitz (1867-1945) zum ersten Mal für eine kurze zeit nach paris. 1904 folgte eine längere reise dorthin. paris um die Jahrhundertwende – zentrum der Moderne, ort freien lebens und der Vervollkommnung eines künstlers. käthe kollwitz war begeistert von der französischen kunstmetropole. dort bewegte sie sich in dem anregenden bohèmekreis, zu dem berühmte künstler, kunstkritiker und schriftsteller wie ida gerhardi, camille pissarro oder Julius Meier-graefe gehörten. kollwitz be-wunderte die impressionisten, besonders Édouard Manet und Edgar degas, verehrte Auguste rodin, den sie zweimal persönlich aufsuchte. Auf ihren streifzügen durch die privatgalerien erwarb sie einen frühen pablo picasso und auf den großen künstler-ausstellungen sah sie werke der neoimpressionisten und der künstlergruppe nabis, etwa von georges seurat oder von Aristide Maillol. zum 25-jährigen Jubiläum des käthe kollwitz Museums, köln wird dieses bisher unbehandelte kapitel der rezeption moderner französischer kunst im deutschen kaiserreich grundlegend erarbeitet und in einem umfassenden katalog dargestellt.

FriEdricH ii. zwiscHEn dEuTscHlAnd und polEn

»pAris bEzAubErTE MicH...» käTHE kollwiTz und diE FrAnzösiscHE ModErnE

im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft in polen und in der ukraine erschien das buch »schwarze Adler, weiße Adler» von Thomas urban. darin beschreibt der lang-jährige polenkorrespondent der »süddeutschen zeitung» die besondere Fußballbe-ziehung, die deutschland mit dem polnischen nachbarland verbindet. An spannenden Einzelfällen schildert der Autor, wie die politische geschichte beider länder in den Fußball hineingewirkt hat. dabei räumt er unter anderem mit dem klischee des pola-ckenclubs schalke 04 auf und berichtet über Ernst willimowski, der zwischen 1934 und 1942 sowohl in der polnischen als auch deutschen nationalmannschaft gespielt hat. Auch die heutige nationalmannschaft drückt diese besondere Fußballverwandt-schaft aus: zwei ihrer stars, Miroslav klose und lukas podolski, wurden in polen geboren. bei der Europameisterschaft werden sie in polen für deutschland antreten - eine rückkehr, der sie auf ganz unterschiedliche weise entgegensehen.

scHwArzE AdlEr, wEissE AdlErdEuTscHE und polniscHE FussbAllEr iM rädErwErk dEr poliTik

thOmAs urbAN: schWArze Adler, Wei-

sse Adler. deutsche uNd pOlNische

FussbAller im räderWerk der pOlitik.

göttiNgeN, verlAg die WerkstAtt 2011.

hANs-JürgeN bömelburg: Friedrich

ii. zWischeN deutschlANd uNd pOleN.

ereigNis- uNd eriNNeruNgsgeschich-

te. stuttgArt, kröNer 2011.

»pAris bezAuberte mich...». käthe kOll-

Witz uNd die FrANzösische mOderNe.

müNcheN, hirmer, 2010.

Page 26: West-Ost-Journal 3/2012

26 chRonoLogIE

Mi JEwEils18.00 bis 20.30 uHrprobe der düsseldorfer chorgemein-schaft ostpreußen – westpreußen – sudetenlandleitung: radostina Hristova Eichendorff-saal

Mi 04.07., 12.09. JEwEils 15.00 uHrostdeutsche stickereiMit Helga lehmann und christel knackstädtraum

do 05.07. / 16.00 uHr»kulturportal west-ost« – Eine neue internetpräsentationEg (Foyer)(siehe s. 6)

do 12.07 / 18.00 uHrkinemathek»das Feld der Ehre – passchendaele«(kanada, 2008)konferenzraum (siehe s. 12)

di 17.07. / 19.15 uHr»das ist ein narr! der Mensch ist ver-rückt« – könig Friedrich von preußen in der deutschen und der europäischen geschichtskulturVortrag von prof. dr. Frank-lothar kroll,Technische universität chemnitzkonferenzraum (siehe s. 7)

do 19.07., 06.09. / JEwEils 19.30 uHroffenes singenMit barbara schochraum 312

do 30.08. / 19.00 uHr»Einstampfen? literatur in der national-sozialistischen diktatur. Ein beispiel«lesung der Erzählung »Mohrenlegende« und gespräch mit dr. Hajo buch und pd dr. winfrid HalderEg (Foyer) (siehe s. 13)

sA 01.09 / 18.00 uHr4. pro rok – Festival Eichendorff-saal (siehe s. 21)

Mo 03.09./ 19.00 uHr»Taugt er was, soll er in berlin eingesetzt werden, taugt er nichts, soll er nach kle-ve«. – könig Friedrich ii. und preußens westenVortrag von prof. dr. Horst carl, Justus-liebig-universität gießenkonferenzraum (siehe s. 8)

VoM 04.-10.0.9.2012studienfahrt der sudetendeutschen landsmannschaft in die Tschechische republik(siehe s. 18)

di 11.09. / 15.00 uHrkinemathek»Friedrich – Ein deutscher könig«(deutschland, 2011)konferenzraum

di 11.09. / 19.15 uHr»Tannenberg und dann? die ostfront im Ersten weltkrieg 1914 – 1918: Ein an-derer krieg?«Vortrag von pd dr. winfrid Halderkonferenzraum (siehe s. 9)

Mi 12.09. / 19.15 uHr»der krieg, der nicht vergehen will? die westfront 1914 – 1918 in der europäi-schen Erinnerungskultur«Vortrag von pd dr. christoph Jahrkonferenzraum (siehe s. 9)

do 13.09. / 18.00 uHrkinemathek»wege zum ruhm«(usA, 1957)konferenzraum (siehe s. 12)

sA 15.09. / 11.00 uHr»Tag der Heimat«konferenzraum

Mi 19.09. / 19.15 uHrVortrag»Friedrich ii. ist tot – Es lebe Friedrich der große. zum nachleben des preu-ßenkönigs« Vortrag von Tillmann bendikowskikonferenzraum (siehe s. 15)

Fr 21.09. / 18.00 uHrAusstellungseröffnung»gerhart Hauptmann zum 150. geburts-tag und schlesien in der kunst der gerhart-Hauptmann-zeit“Ausstellungsraum (siehe s. 16)

Fr 21.09. / 19.00 uHr»´s ist so ein stiller heil´ger Tag.«Auch ein gerhart-Hauptmann-AbendMusikalisch-literarisches programm mit Alexandra lachmann, Elke Jahn, ulli HochEichendorff-saal (siehe s. 20)

do 27.09. / 18.30 uHrkinemathek»Aber das leben geht weiter«Filmvorführung und anschließendes gespräch mit der Autorin karin kaper konferenzraum (siehe s. 17)

Fr. 28.09. | 18.00 uHrTheateraufführung»dämonen - zweisam, dreisam, Viersam oder krieg und Frieden am heimischen Herd«Eichendorff-saal(siehe s. 21)

Page 27: West-Ost-Journal 3/2012

27

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Wohl kein anderer König von Preußen erfreut sich heutzutage eines ähnlichen Bekanntheitsgrades in der deutschen Öffentlichkeit, auch und gerade jenseits der fachwissenschaftlichen Kreise wie Friedrich II., dessen Geburtstag sich am 24. Januar 2012 zum dreihundertsten Mal jährt. Das Porträt des »Alten Fritz« hat hohen Wiedererkennungswert, er gilt wohl noch immer Vielen als die Ver-körperung Preußens schlechthin.

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03 VORTRAG

Als Wilhelm Matull im Jahre 1973 sein umfangreiches Werk »Ostdeutschlands Arbeiteiterbewegung. Abriß ihrer Ge-schichte, Leistung und Opfer« vorlegte, steuerte der amtierende Bundeskanzler Willy Brandt ein Geleitwort bei. Darin verlieh er der Hoffnung Ausdruck, das Buch möge dazu beitragen, »dass die ostdeutsche Arbeiterbewegung die ihr zukommende historische und politi-sche Würdigung findet.«

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09 VORTRAG

Die Dönhoffs, ursprünglich aus Westfalen stammend, stiegen im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts im Dienst der polnisch-litauischen Krone zu einer bedeutenden Mag-natenfamilie auf. Ein Zweig des Hau-ses ließ sich 1640 in Preußen nieder, wo sie sich zu einer der angesehens-ten Adelsfamilien entwickelten. De Bodt, schuf mit der Schlossanlage ein eindrucksvolles Zeugnis ... SEITE 11

11 AUSSTELLUNG

Zum 300. Geburtstag eines großen Königs mit neuer Veranstaltungsreihe

WEST-OST-JOURNAL 1 2012 JANUAR FEBRUARMÄRZ

WWW.GERHART-HAUPTMANN-HAUS.DE

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kriEgsnAcHwirkungEn…ANAlytische gesprächsgruppe Für kriegs- uNd NAchkriegskiNder

Etwa 16 Millionen kinder haben in deutschland den krieg erlebt. bomben, Flucht, Vertreibung, Vaterlosigkeit, Hunger und gewalt haben in ihren seelen tiefere spuren und Verletzungen hinterlassen, als man früher vermutete. Meist blieben sie unaufgearbeitet und unausgesprochen. um weitermachen zu können, hatte man früh gelernt, die eigenen gefühle und bedürfnisse zurückzustellen, sich das weinen abzugewöhnen und die Angst zu vergraben. der dialog zwischen den generationen war schwierig und versagte oft. Heute weiß man, dass die unverarbeiteten, teilweise traumatischen kriegs- und gewalterlebnisse weiterwirken, auch noch in die nachfolgenden generationen hinein. sie prägen lebens- und beziehungsmuster. im Alter, wenn die Verpflichtungen aufhören, der körper gebrechlicher und der »sichere lebensrahmen» brüchiger wird, kommen oft die alten Erinnerungen wieder stärker hoch.die gruppe ist ein Angebot für betroffene aus diesen generationen, die ihre gedanken, Erfahrungen und gefühle mit anderen teilen und austauschen wollen. sie können die gruppe nutzen, um ihre biographie näher anzuschauen und besser zu verstehen. Es können aber auch aktuelle Fragen und probleme angesprochen werden, die vielleicht noch eine nachwirkung ihrer besonderen Erlebnisse sind. regelmäßig, einmal in der woche, immer zur selben zeit, können sie im vertraulichen und geschützten rahmen frei und offen über alles sprechen, was sie zu diesem Thema beschäftigt und bewegt.Für rückfragen stehe gerne zur Verfügung. Eine Teilnahme ist nur mit Anmeldung möglich. in diesem Fall werde ich mich wegen eines Vorgesprächs mit ihnen in Verbindung setzen.Ab 5. september 2012 - Jeden mittwoch, 10.30 – 12 Uhr - (nur mit Anmeldung !)gerhart-Hauptmann-Haus, raum 311 kosten: 10 Euro pro gruppentreffen, leitung: doris TaschnerAnmeldungen können sie per mail, Fax, Fon oder post tätigen unter: bitte dabei name, Adresse, kontaktdaten und das geburtsjahr (!) angeben. [email protected], Fon/Fax: 0211 – 68 61 22