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Wer steht vor den Schaufenstern und wer geht daran vorbei? Bedürfnisse, Interessen und Ansichten von Stadtbewohnern und -nutzern Prof. Dr. Gert Pickel Professur für Religions- und Kirchensoziologie Universität Leipzig; Theologische Fakultät Martin-Luther-Ring 3, D-04109 Leipzig Tel.: 0341-9735463 / Fax: 0341-9735460 Email: [email protected] http://www.uni-leipzig.de/~prtheol/relsoz/index.htm Vortrag anlässlich der 3. Akademietagung „Die Mitte pulsiert“ Ressourcen und Strategien für citypastorale Innovationen 2. November 2017 in Bochum

Wer steht vor den Schaufenstern und wer geht daran … · West Klos Ost Klos West Glaube Ost Glaube Mittelwert >500.000 200-499.000 20-200.000. ... und auf religiöse Gruppen bezogene

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Wer steht vor den Schaufenstern und wer geht daran vorbei?

Bedürfnisse, Interessen und Ansichten von Stadtbewohnern und -nutzern

Prof. Dr. Gert PickelProfessur für Religions- und KirchensoziologieUniversität Leipzig; Theologische Fakultät Martin-Luther-Ring 3, D-04109 LeipzigTel.: 0341-9735463 / Fax: 0341-9735460Email: [email protected] http://www.uni-leipzig.de/~prtheol/relsoz/index.htm

Vortrag anlässlich der 3. Akademietagung „Die Mitte pulsiert“

Ressourcen und Strategien für citypastorale Innovationen2. November 2017 in Bochum

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Was kann ich leisten?Rahmen + Globalsicht

Angebot und Nachfrage ist Anliegen der Marktforschung

Was sind die interessierenden Fragen

1) Voraussetzungen: Welche gesellschaftliche Situation ergibt sich heute aus welchen gesellschaftlichen Entwicklungen?

2) Denkmodell: Konkurrenzverhältnisse als Motivation zur Angebotsnutzung?

3) Übertragbarkeit: Wie ist ein Denkmodell von Angebot und Nachfrage auf Religion zu übertragen?

4) Fazit: Was können wir mit Blick auf kirchliche Angebote von all dem lernen?

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Voraussetzung: Gesellschaftlicher Wandel

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Erwerbstätige nach SektorenDienstleistungsgesellschaft!

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1852 1871 1885 1907 1925 1939 1950 1960 1970 1980 1989 2004 2012

primärer Sektor sekundärer Sektor tertiärer Sektor

Geißler 2006: 26; Datenreport 2013, 140.

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Man hat doch (fast) alles!Ausstattung an Konsumgütern

Westdeutschland Ostdeutschland

1962 1973 1990 2004 2011 1960 1970 1990 2004 2011

Telefon 14 51 93 99 99 6 16 99 99 Mobiltelefon (30) 72 90 (30) 74 90 Internetzugang 48 80 45 79

Pkw 27 55 68 77 80 3 16 52 71 71 Farbfernsehgerät 0 15 87 96 98 0 0 52 98 98 PC 64 82 61 80

Waschmaschine 34 75 86 95 98 6 54 66 99 99 Gefrierschrank 3 28 50 55 60 0 19 40 43 46 Wäschetrockner 44 22

Geißler 2006: 75: (in Prozent); Datenreport 2016; Ausstattung Haushalte in Prozent .

Wohlfahrtssteigerung und sozioökonomische Modernisierung

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Doch nicht alle!Wachsende soziale Ungleichheit

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Die Gesellschaft wird älter! Demographischer Wandel

Geißler 2006: 54.

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Problementwicklung Fortschreitende Urbanisierung

Prozesse: Landflucht + Suburbanisierung

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Gesellschaftlicher Wandel –Veränderungen sind global

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Struktureller Wandel = Modernisierung ?!

Wandel Arbeitsgesellschaft von Produktion zu Dienstleistungs-gesellschaft mit Entstandardisierung der Berufsverläufe

Kontinuierliche Steigerung gesellschaftlicher Wohlfahrt sozioökonomische Modernisierung

Demografischer Wandel mit Verschiebung zu einer älteren Gesellschaft (Konsequenz: Schrumpfung und/oder Migration)

Steigende Urbanisierung und Zuwachs an individuellerMobilität (auch Arbeitsmobilität)

Technischer Wandel und Kommunikationsausweitung

Pluralisierung der Lebensverhältnisse

Modernisierung(technisch forciert)

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Familienformen Immer mehr alleinerziehend!

Quelle: Statistisches Bundesamt 2016; Familienformen.

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5

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Ehepaare

Lebensgemeinschaften

Alleinerziehende Mütter

Aleinerziehende Väter

1996 2002 2009 2016

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Konfessionslose in Deutschland?Säkularisierung und Pluralisierung

Quelle: Zusammenstellung nach fowid 2015 und andere Quellen für Deutschland; in Prozent

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protestantisch katholisch muslimisch keine Zugehörigkeit

1990 2003 2014

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Gesellschaftlicher Wandel Ausgangspunkt der Situation

Gesellschaftlicher Wandel (sozial, politisch, ökonomisch, kulturell)

Kurzfristige Umbrüche + langfristige Modernisierung↓

Zusammenhang: Kultur + Struktur(Struktur = Institutionen, Gegebenheiten)

(Kultur = Einstellungen, Werte)↓

Auswirkungen auf Lebensverhältnisse und Einstellungen

Kernprozesse

Modernisierung = Technischer Wandel und Wertewandel

Individualisierung = stärkere Selbstbestimmtheit

Pluralisierung = größere gesellschaftliche Vielfalt

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Wertewandel zum Postmaterialismus?

Eigene Berechnungen: Allbus 1980-2012

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Postmaterialisten West Materialisten West Postmaterialisten Ost Materialisten Ost

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Wandel der Familienwerte- weniger traditionalistisch?

Eigene Berechnungen: Allbus 1980-2012.

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1980 1991 1996 2000 2002 2012

Heirat bei dauerndem Zusammenleben Frau nicht arbeiten bei Kind

Frau nach Heirat Arbeitsplatz freimachen Lieber Mann bei Karriere helfen

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Entwicklung Erziehungswerte(in Westdeutschland)

Quelle: Eigene Berechnungen European Values Surveys (gepoolt); Zeitraum 2008.

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Toleranz

Unabhängigkeit

Selbstverwirklichung

Gehorsam

Religiöser Glaube

2008

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1990

1981

1965

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Kultureller Wandel istWertewandel (+Individualisierung)

Wertewandel von materialistischen, traditionellen Werten hin zu (postmaterialistischen) Selbstentfaltungswerten…[allerdings von den Rahmenbedingungen abhängig]

Abnahme der Bindekraft früher als verbindlich geltender (traditionaler) Normen und Lebensmuster mit steigendem Wahlcharakter (aber auch Entscheidungszwang)

Individualisierung als gesamtgesellschaftlicher Trend, nicht zu verwechseln mit Egoismus Zwang zu Individualisierung

Diffusion von früher im eigenen Kulturkreis nicht bekannten Werten und Vorstellungen in die eigene Kultur (Globalisierung)

Pluralisierung gesellschaftlicher Vorstellungen, Lebensstile und Wertemuster Begrenzung der Individualisierung

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Pluralisierung der Nachfrage ?!

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Sozialmilieus - ErweiterungenDie Delta-Milieus

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Sozialmilieus nach SINUSForschungslandschaft

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Sozialmilieus nach SINUSForschungslandschaft

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Sozialmilieus nach SINUSForschungslandschaft

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Pluralisierung !Weitreichend, aber in Größe und Ausdehnung begrenzt

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Übertragbarkeit auf religiöse Angebote?

Ausgangspunkt für ein

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Das DenkmodellAngebot und Nachfrage

Ausgangspunkt für ein entsprechendes Denken ist die Akzeptanz eines Marktes mit Konkurrenz:

1) Ausgangspunkt: Diversifizierung des Angebotes und eine pluralisierte Nachfrage nach Produkten (auch bedingt durch Streben nach Individualisierung) !

2) Annahme: (Ungehemmte) Steigerung der Nachfrage aufgrund steigender Angebotsvielfalt !

3) Problem: Konkurrenzverhältnisse als Motivation zur Nutzung – aber auch für Monopolbildung !

4) Konsequenz: Hohe Wandelbarkeit der Verhältnisse bei relativ geringer Wertigkeit von Konsistenz !

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Übertragbarkeit auf religiöse Angebote?

Ausgangspunkt für ein

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Theoretische Überlegungen der Religionssoziologie

(Erweiterte)

Säkularisierungsthese

Individualisierungsthese Religiöses

Marktmodell

Vertreter Brian Wilson, Steve

Bruce, Detlef Pollack

Thomas Luckmann, Grace

Davie, Hubert Knoblauch

Rodney Stark, Roger Finke

Laurence Iannaccone

Grund-

annahme

Spannungsverhältnis

zwischen Moderne und

Religion

Individuelle religiöse

Grundorientierung als

anthropologische Konstante

Allgemeines, konstantes

Bedürfnis nach Religion in

Gesellschaft (Nachfrage)

Bezugs-

theorie

„klassische

Modernisierungstheorie“

Individualisierungstheorie Angebotsorientierte

(RC-)Markttheorie

Haupt-

hypothese

Genereller umfassender

Bedeutungsverlust von

Religion als sinnstiftender

und sozialer Instanz

Bedeutungsverlust von

institutionalisierter Religion;

Weiterbestehen privater

Formen von Religion

Vielfalt des Angebots auf

religiösem Markt bestimmt

Vitalität der Religiosität

und Kirchlichkeit

Konsequenz Relig. Gleichgültigkeit,

öffentliche Irrelevanz

Individualisierte

Bastelreligiosität

Religiöse Pluralisierung

Folgen ? Zunahme indifferenter

und nichtreligiöser

Menschen !

Starke individualisierte Re-

ligiosität, aber jenseits von

Kirche (Spiritualität)

Starke Pluralisierung +

Polarisierung säkular-

dogmatisch-freiwillig

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Kernmerkmale der Markttheorie des Religiösen

a) Verbindung von Religionssoziologie mit Kernannahmen der Wirtschaftswissenschaften

b) Kernfrage ist nach religiöser Vitalität = Verbreitung Religiosität und Kirchlichkeit in modernen Gesellschaften (Gegensatz

Individualisierungsthese)

c) starker Subjektbezug Individuen wählen sich Religion (Kirche) nach Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten

d) Es ist das Angebot und weniger die Nachfrage, welche religiöse Vitalität bedingt (Supply-Side-Ansatz)( Differenz zu klassischen RC-Modellen)

e) Annahme: Menschen sind grundsätzlich religiös und suchen entsprechend nach religiösen Anbietern

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Großstädte?

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Christliche MitgliedschaftIn Städten weniger

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Basis Stadtstrukturdaten

16,7

18,9

11,9

13,1

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56

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0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

LeipzigDresden

HalleMagdeburg

Ostdeutschland DurchschnittBremen

HannoverNürnberg

Frankfurt/MainKöln

StuttgartWestdeutschland Durchschnitt

Berlin

Konfessionsmitgliedschaft (christlich)

Konfessionsmitgliedschaft (christlich)

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Konfessionslosigkeit und Glaube … in den Städten

Quelle: Eigene Berechnungen auf der Basis Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (Allbus) 1998, 2004, 2008, 2014; EVS 2008.

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West Klos Ost Klos West Glaube Ost Glaube

Mittelwert >500.000 200-499.000 20-200.000

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Religiöse Pluralisierung…speziell in Großstädten

Ausgangspunkt: Seit den 1970er Jahren eine beginnende, in den

letzten Jahren sich beschleunigende religiöse Pluralisierung

Gründe:

* Immigration vorwiegend fremdreligiöser Gruppen

* Höhere Geburtenraten fremdreligiöser Gruppen

Folgen:

Neue soziokulturelle Situation speziell in Großstädten

Seit 2001 Verschärfung der öffentlichen Debatten („Kampf der Kulturen“, Minarettstreit) hin zu Polarisierung

Städtische Segregationsprozesse mit Problembehaftung

Auseinandersetzung des Christentums mit zunehmender religiöser Konkurrenz und religiösen Anbietern, aber auch und auf religiöse Gruppen bezogene Fremdenfeindlichkeit

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Religiöse Pluralisierungin den Großstädten

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Basis Stadtstrukturdaten

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32

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0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

Leipzig

Dresden

Ostdeutschland Durchschnitt

Bremen

Hannover

Nürnberg

Frankfurt/Main

Köln

Stuttgart

Westdeutschland Durchschnitt

Berlin

Muslimisch Konfessionslos

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Wahrnehmung religiöser Pluralisierung in Deutschland

Quelle: Bertelsmann Religionsmonitor 2013

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(Neue) Anforderungen in der Moderne für Großstädte

1) Verschärfte SäkularisierungKumulation verschiedener Prozesse der Säkularisierung tritt speziell in Großstädten verstärkt hervor!

2) Individualisierung und EnttraditionalisierungEntwicklung von Bastelreligion und Abwendung von den eher „konventionellen“ Formen des Religiösen ist leichter!

3) Höhere Konkurrenz für religiöse AnbieterSowohl auf dem Gebiet der Freizeit und Kultur als auch hinsichtlich der rituellen (heiligen) Zeit besteht eine gesteigerte Konkurrenz gegenüber dem ländlichen Bereich!

4) Pluralisierung und MultireligiositätReligiöse Pluralisierung greift vor allem in Großstädten Raum und schafft eine neue Gemengelage an Religiosität!

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Konkurrenz zum religiösenAngebot – Optionsvielfalt

Kirchen unterliegen in Großstädten einer erhöhten (religiösen und

säkularen) Konkurrenz mit vielen alternativen Möglichkeiten

des Verbringens ehemals „heiliger“ Zeiten

des gemeinschaftlichen Engagements

der kulturellen Angebotsbefriedigung

der Freizeitgestaltung

der psychosozialen Betreuung

Trotz oder wegen der gestiegenen Möglichkeiten, werden die

Angebote der Kirche immer weniger genutzt. „Vita activa“ nicht so

gut vereinbar mit kirchlichem Angebot wie „Vita passiva“ ?

Konkurrenz belebt scheinbar nicht kirchliches Angebot

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Spirituelle Wiederbelebung – oder doch eher Kulturdenkmal und Freiwilligengemeinschaft?

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Gewünschtes Engagement der evangelischen Kirche

Quelle: KMU V 2012; Frage: „Die evangelische Kirche sollte …“.

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74

75

83

83

17

24

38

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37

42

57

60

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

sich zu politischen Grundsatzfragen äußern

sich um Arbeit und Berufsalltag kümmern

kulturelle Angebote machen

für Werte eintreten, die für unserZusammenleben wichtig sind

die christliche Botschaft verkündigen

Raum für Gebet, Stille und persönlicheBesinnung geben

sich um Menschen in sozialen Notlagenkümmern

Arme, Kranke und Bedürftige betreuen

Konfessionslose Mitglieder

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AnknüpfungenKultur, Gemeinschaft, Soziales

Hohe Nachfrage nach Kirchlichen Kulturveranstaltungen und positive

Wertung der Kirchen als sozialen und kulturellem Träger

• Besuch von Kulturveranstaltungen in Kirchen (z.B. durch

Touristen) führt nicht zu einer religiösen Revitalisierung!

• Kirchen bleiben als soziokultureller Treffpunkt und ggf. als

Erinnerungsort gerade in Großstädten

• Als Vorbote eine kirchlichen Strukturwandels entwickelt sich in

den Großstädten eine andere Beteiligungskultur

Freiwillige Teilnahme statt passiver Teilhabe

Netzwerkartige Verankerung statt Kirchengemeinde

Funktionswandel von Kirchen beginnt in Großstadt

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Gründe für „faith based“Sozialgruppenteilhabe

Quelle: Kirchentagstudien 2011, 2015, eigene Berechnungen. Häufigkeiten in %; n = 3628.

0 20 40 60 80 100

Ich fühle mich durch meinen Glauben dazuverpflichtet

Es sollte einen konkreten Nutzen für michhaben

Es sollte etwas anderes sein, als was mansonst macht

Man muss aus dem Engagement aussteigenkönnen

Man muss mitbestimmen können

Es muss Spass machen

Man lernt nette Leute kennen

Ein Ziel muss erkennbar sein

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Fazit – Religiöse Ressourcen?Chancen bei sinkender Nachfrage

1) Christliche Kirchen unterliegen in Großstädten forcierten Verlust an Beteiligung, Säkularisierung, aber auch Diversifizierung !

2) Folge ist eine sinkende Nachfrage nach religiösen Angeboten und eine Pluralisierung bis Polarisierung der Nachfrage !

3) Die Differenzierung der sinkenden Nachfrage im religiösen Sektor wird begleitet von Nachfrage auf dem sozialen Sektor !

4) Gleichzeitig erwächst die Aufgabe des Umgangs mit weiteren religiösen Anbietern (religiöse Pluralisierung) und einer steigenden religiös-säkularen Konkurrenz !

5) Da Nachfrage in Moderne eher orientiert an Freiwilligkeit, bietet Pluralität auch Chancen zur Rekrutierung aktiver Interessenten !

6) Es bestehen Probleme auf der Angebotsseite: Zusammenführen von Form und Inhalt, Ethik, Inhalt und Image !

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit