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Nina Susanna Häring Abteilung für Dermatologie und Venerologie Akademisches Lehrkrankenhaus Feldkirch [email protected] What‘s your Diagnosis? - Dermatologische Blickdiagnosen an Hand von Fallbeispielen

What‘s your Diagnosis? - vgam.at · Diagnose Pyoderma gangraenosum (PG) • Ursache: Seltene, torpide, solitäre oder multiple, chronisch-progrediente, spontan- oder druckschmerzhafte,

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Nina Susanna Häring

Abteilung für Dermatologie und Venerologie

Akademisches Lehrkrankenhaus Feldkirch

[email protected]

What‘s your Diagnosis? -

Dermatologische

Blickdiagnosen an Hand von

Fallbeispielen

Diagnose

Erysipel

•Ursache: bakterielle Infektion der Lymphspalten und

Lympgefäße der Dermis

•ß-hämolysierende Streptokokken, Staphylokokken,

gramneg. Erreger

•Klinik: Inkubationszeit: 3-5 Tage, asymetr., meist von

Bagatelltraumen ausgehende, größenprogrediente

erythematöse, scharf begrenzte HV

•Begleitet von Allgemeinsymptomen: Fieber, Schüttelfrost,

Lyphadenopathie, allg. Unwohlsein

Therapie

• Antibiose

• Schmerztherapie

• Thromboseprophylaxe

• Sanierung von Eintrittspforten

• Rezidivprophylaxe

• Lymphödembehandlung

(Kompression, Lymphdrainage)

Diagnose

Onychomykose

• Ursache: chron. Infektion des Nagelorgans mit Pilzen,

v.a. Dermatophyten, seltener Schimmel- oder Hefepilze

(eher bei Paronychien)

• Erreger: Trichophyton rubrum, Trichophyton

mentagrophytes, Aspergillus flavus, Aspergillus fumigatus

• Klinik: von der Nagelspitze zur Matrix wandernde

Infektion, die zu Verfärbung, Verlust der Durchsichtigkeit

sowie Verdickung und Brüchigkeit der Nagelplatte führt

Therapie

• Mikrobiologische Untersuchung und

Bestimmung des Erregers (Darstellung der

Pilze im Nativpräparat, Pilzkultur)!

• Ziel der Therapie: vollständige Ausheilung

• Systemische Therapie indiziert bei >50%

Befall der Nagelplatte und >2 Nägeln

• Antimykotische Therapie z.B. mit Itraconazol,

Terbinfain oder Fluconazol über 3-6 Monate

unter regelmäßiger LFP-Kontrolle

• Zusätzlich sollte eine atraumatische

Nagellösung erfolgen (mit Salicylhältigen

Salben)

Diagnose

Skabies

• Ursache: parasitäre Hautinfektion

• Erreger: Sarcoptes scabiei hominis (Krätzmilbe)

• Klinik: 3-6 Wochen nach Infektion beginnender, starker,

v.a. nächtlicher Juckreiz, sicht- und tastbare, gewundene,

millimeterlange Milbengänge, papulovesikulöse HV,

Ekzematisation und sek. Superinfektion

Therapie

• Erwachsene und Jugendliche:

– Permethrin 5% Creme Tag 1 und Tag 8 über Nacht

einwirken lassen

– Auch in der Schwangerschaft Therapie der 1. Wahl!

• Neugeborene und Säuglinge

– Permethrin 2,5% Creme Tag 1 und Tag 8,

Behandlung inkl. Capillitium!

• Babys und Kleinkinder

– <2 Jahre: Permethrin 2,5% Creme

– >2 Jahre: Permethrin 5% Creme

• Bei Nicht-Ansprechen ev. Systemische

Therapie mit Ivermectin 200µg/kg KG p.o. als

ED

Diagnose

Psoriasis vulgaris

• Ursache: genetisch disponierte, durch exogene und

endogene Stimuli provozierbare, chronisch-stationär oder

chronisch-aktiv verlaufende entzündliche Hauterkrankung

mit läsional gestörter Reifung der Epidermis

• Klinik: unterschiedlich große, entzündlich gerötete, scharf

begrenzte, zumeist von silbrigen Schuppen bedeckten

Plaques

Therapie

• Vit D3-Analoga (z.B. Calcipotriol, Tacalcitol)

• Retinoide (Acitretin, Isotretinoin)

• Glukokortikoide

• Dithranol

• Steinkohleteer

• Phototherapie (UVB-NB 311nm)

• Balneo-Photo-Therapie (UVA)

• Systemisch Therapie (> 10% der KOF, min. 2

Vortherapien)

– Fumarsäureester

– MTX

– CsA

– Biologika

Diagnose

Atopische Dermatitis (Neurodermitis)

• Ursache: chronisch persistierende bzw. chronisch

rezidivierende, entzündliche Hauterkrankung

unterschiedlicher Akuität und mit unterschiedlich

starkem Juckreiz

• Klinik: unterschiedliche Stadien und Ausprägungen

des Ekzem, von nässenden roten Plaques bis hin zur

blassen, trockenen, evtl. kleieförmig schuppenden, meist

zerkratzten Haut. Typischerweis begleitet von

anfallsartigem, quälendem Juckreiz

• Ggf. sekundäre Superinfektion

Weitere Atopiemerkmale – Weißer Dermographismus (Strichtest an der Haut

wird weiß)

– Hertoghe-Zeichen (dünne, lichte äußere

Augenbrauen)

– Dennie-Morgan-Falte (Querfalte (oder zwei) parallel

zum Unterlid)

– Pityriasis alba (trockene, feinschuppige helle

Flecken)

– Ekzemherde

– Palmare/Platare Hyperlinearität

– Pulpitis sicca (trockene ekzematöse

Finger/Zehenkuppen)

– Dyshidrose (Hände/Füße)

– Perleche (eingerissene Mundwinkel)

– Ohrrhagaden (eingerissene Ohrläppchen)

Therapie

Diagnose

Impetigo contagiosa

• Ursache: hochinfektiöse, nicht folliculär gebundene

Pyodermie

•Erreger: Staphylokokken, Streptokokken, häufig

Schmierinfektion

• Klinik:

– Beginn meist nach Bagatelltrauma

– Zunächst juckende 0,5-3cm große rote Maculae

– Später in diesen Erythemen auftretende schlaffe Blasen

mit klarem Inhalt

– Putride Eintrübung

– Nach Platzen der Pusteln starke Exsudation

– Eintrocknen zu typischen honiggelben bis braunen

borkigen Krusten

Therapie

• Strikte Hygiene oberstes Gebot! Ggf. Quarantäne!

• Desinfizierende Externa

– Poyvidonjod (Betaisodona)

– Lokale Antibiotika (Fusidinsäure)

• Wenn möglich Abdecken der befallen Gebiete mit

Schlauchverbänden

• Entfernung der Krusten mit Olivenöl

• Bei ausgeprägtem Befall systemische Antibiose

(Penicillin)

• Bei Juckreiz ggf. (sedierende) Antihistaminika

– Dimetinden (Fenistil)

– Desloratadin (Aerius)

Diagnose

Herpes zoster

• Ursache: Reaktvierung einer latenten Varizella-Zoster-Infektion

• Klinik:

– Inkubationszeit 7-18 Tage

– Brennend/stechend/juckende Missempfindungen

– Meist einseitig, selten doppelseitiger Befall eines oder

mehrerer Dermatome

– Auftreten gruppiert stehender Papeln auf erythematösem

Grund

– Umwandlung der Papeln in Vesikel mit klarem Inhalt

– Eintrübung der Bläschen, Pustel und Krustenbildung

Therapie

• Bei schwerem Verlauf:

– Aciclovir 5-10mg/kg KG 3xtgl. i.v.

• Bei mildem Verlauf:

– Aciclovir 800mg 5xtgl. p.o. für 7-10 Tage

– Valaciclovir 1000mg 3xtgl. p.o. für 7 Tage

– Brivudin 125mg 1xtgl. p.o. für 7 Tage

• Ggf. Antibiotische Therapie bei Superinfektion

• Lokal abtrocknende/desinfizierende Maßnahmen

• Schmerztherapie!

Diagnose

(akute) Urticaria

• Ursache: stark juckende, polyätiologische, kutanvaskuläre Hautreaktion

• Klinik:

– Flüchtige, schubweise auftretende disseminiert stehende bis

großflächig konfluierende oder exanthematische Quaddeln

(bestehen <12h!)

– Ggf. Schwellungen im Gesichtsbereich (periorbital, perioral) –

Qunicke Ödeme

– Angioödeme an Handflächen und Fußsohlen (tw. Schmerzhaft!)

– Quälender Juckreiz

Bei Bestehenbleiben der Beschwerden trotz Therapie >6 Wochen:

Chronisch (Spontane) Urticaria

Zweistufige Diagnostik

Maurer et al., Allergo J. 2013

Therapie

• Akute Urticaria:

– Symptomatische Therapie

– Antihistaminika

– Ggf. kurzzeitige Kotisonstoßtherapie

Aktueller Therapiealgorithmus der

CsU - internationale Leitlinie

Level 1

• Nicht sedierendes H1-Antihistaminikum

Level 2

• Nicht sedierendes H1 Antihistaminikum hochdosiert (bis 4x)

Level 3

• Zusätzlich Omalizumab, CsA, Montelukast

wenn nach 2 Wochen noch Beschwerden

wenn nach 1-4 Wochen noch Beschwerden

Maurer et al.: Allergo J 2013, 22(5),

ev. kurzer Steroidstoß bei Exazerbation

Diagnose

(leukozytoklastische) Vasculitis

• Ursache: Entzündung kleiner Gefäße (small vessel vasculitis), durch

Ablagerung von zirkulierenden Immunkomplexen oder

Bakterienendotoxinen in Gefäßwänden mit nachfolgender

Komplementaktivierung ausgelöst

• Histologisch: leukozytäre Vaskulitis postkapillärer Venolen mit

fibrinoider Verquellung der Gefäßwand und/oder Thromben in den

Lumina (die Synonyme beschreiben meist nur Teilaspekte)

• Klinik:

– Palpable, nicht wegdrückbare Purpura (Leitsymptom!)

– Abhängig von Organbeteiligung weitere Symptomatik:

• Arthralgien

• Myalgien

• Abdominalgien

• Nachweis von Blut im Harn/Stuhl

Abklärung

• Anamnese:

– Infekt? Medikamente? Mal. Vorerkrankungen? …

• Histo, ev. DIF

• Labor: BB, CRP, LFP, NFP, BSG, ASLO, ASTA, EW, EW

Elphor, C3, C4, ANA, ENA, ANCA, HIV, Lues, Hep Serologie

(A,B,C), Kälteagglutinine, Kryoglobuline, ev.

Gerinnungsdiagnostik, ev. Virusserologie (Parvovirus B19,

Mycoplasmen…)

• Weitere Diagnostik:

– Bakt Abstiche Nase und Rachen

– Stuhlkulturen

– Urin Sticks, Analyse, Sediment

– Sono Abdomen

– Rö Th, NNH, OPTG

– HNO und Kieferchir. Konsil

– Gyn/Uro Konsil

Therapie

• Meist selbstlimitierender Verlauf!

• Externe Therapie:

– Phasengerechte Steroidexterna

• begleitende Kompressionstherapie

• körperliche Schonung, Bettruhe

• bei schwerem Verlauf (nur Hautbeteiligung)

– Glukokortikoide als Stoßtherapie

– Ggf. z. Steroidsparen Azathioprin (beg. 100-150mg/d, auf

niedrigst mögliche Erhaltungsdosis reduzieren)

– Alternativ: IVIG Gabe (0,5-1,0 g/kg KG alle 28 Tage i.v)

• Systembeteiligung:

– Systembeteiligung: Glukokortikoide (Prednison 60-150 mg/Tag),

evtl. in Kombination mit Cyclophosphamid (100 mg/Tag), evtl.

Cyclophosphamid als Stoßtherapie (1 g als Kurzinfusion + 3 l

Flüssigkeit/Tag + Mesna (Uromitexan) 200 mg i.v. oder oral.

Insgesamt 3 Zyklen in 2-4 Wochen Abstand).

Diagnose

(makulopapulöses)

Arzneimittelexanthem

• Ursache: In den meisten Fällen spezifische Reaktion des

Immunsystems gegen ein Medikament oder dessen Metaboliten,

nicht selten in Kombination mit einem "banalen" Infekt

auftretend.

• Klinik:

– Hauterscheinungen treten meistens zwischen dem 7. und

12. Tag nach Therapiebeginn auf, aber auch erst nach

mehreren Wochen oder nach Absetzen des

Medikamentes

– Generalisiertes, stamm- und extremitätenbetontes,

unterschiedlich dichtes Exanthem

– meist mit Juckreiz kombiniert

– Juckreiz kann auch komplett fehlen

Risikofaktoren für

Arzneimittelreaktion • Geschlecht

• Genetische Prädisposition

• Gleichzeitig bestehende Infekte

• Komorbiditäten

• Summationsfaktoren

• Medikamente mit höherem Risikopotential AMR

auszulösen

– Anaphylaxien auf AB, Analgetika, KM, monoklonale

AK

– AME auf AB, Antikonvulsiva und Kinaseinhibitoren

– Bullöse AMR auf Allopurinol und Sulfonamide

• Applikationsschema

Häufigste Auslöser

©Dermatologie und Venerologie. Peter Fritsch, Springer Verlag, 2. Auflage 2004

Therapie

• Absetzen des auslösenden Medikamentes

• Systemische Therapie: bei ausgeprägter klinischer

Symptomatik Behandlung mit systemischen

Glukokortikoiden: Initial Prednisolon 50-150 mg/Tag

p.o./i.v., im weiteren Verlauf Dosis krankheitsadaptiert

reduzieren

• Externe Therapie: topische Glukokortikoide, später

forcierte Körperpflege (z.B. mit Urea-hältigen Externa)

bis zum Abklingen der Hauterscheinungen

Fall 11

Diagnose

Erythema exsudativum multiforme

(EEM)

• Ursache:

Akut auftretendes, selbstlimierend verlaufendes Exanthem

mit charakteristischen schießscheibenförmigen

(kokardenförmigen) Effloreszenzen

Vorangehende HSV 1-Infektion (kann aus läsionaler Haut

nachgewiesen werden)

Seltener: HSV 2 Infektion, EBV, Streptokokken, Orf-Virus,

Mycoplasmen

Auch nach Medikamenteneinnahme mit/oder Infektion

Erythema exsudativum multiforme

(EEM)

• Klinik:

– Plötzlicher Beginn ohne wesentliche Prodormi

– Innerhalb von 48-72 auftretendes disseminiertes, im

Bereich von Ellenbogen oder Knie auch gruppiert

auftretenden, symptomlosen oder leicht brennendes bis

juckendes Exanthems

– innerhalb von 24h Entwicklung zu (nahezu

pathognomischen) schießscheibenförmigen (Kokarden)

Plaques

– Farbe ist rötlich-livid, auch hämorrhagisch, im Zentrum

der Plaques ist Blasenbildung möglich

Therapie

• akute, selbstlimierte Erkrankung

• symptomatische Therapie ausreichend

• Antihistaminika bei Juckreiz,

phasengerechte Steroidexterna

• Nur bei ausgeprägtem Befall

systemisch Glukokortikoide

Vorsicht!

Fall 12

Diagnose

Pyoderma gangraenosum (PG)

• Ursache: Seltene, torpide, solitäre oder multiple, chronisch-

progrediente, spontan- oder druckschmerzhafte,

großflächige, häufig die Grenzen des Hautorgans zur Tiefe

überschreitende, polyzyklische, ulzerierende, neutrophile

Dermatitis ungeklärter Ätiologie und Pathogenese.

• Häufig assoziiert sind diverse Systemerkrankungen • Colitis ulcerosa

• Chronische Polyarthritis

• Monoklonale Gammopathien

• Plasmozytom

• Malignome

• HIV Infektion

• …

Pyoderma gangraenosum (PG)

• Klinik:

• Einzelne oder mehrere, primär aus Blasen, Pusteln, Papeln oder

flachen Knoten bestehende, bereits initial sehr schmerzhafte,

hochentzündliche Hautveränderungen

• häufig nach Bagatelltraumen (Insektenstiche, kleinere

Verletzungen)

• Innerhalb weniger Tage Ausbildung flächenhafter, zunächst

flacher, im Laufe weniger Wochen tiefreichender, das Hautorgan

überschreitender (Subkutis, evtl. Muskulatur und Sehnenlager

betreffend)Ulcerationen

• Durch Apposition und randwärtige Progredienz permanente

Vergrößerung

• Charakteristisch und damit von diagnostischer Bedeutung:

äußerst schmerzhafte Randzone mit wallartigem,

düsterrotem oder auch grauem, unterminiertem Saum

Therapie

• Behandlung der nachgewiesenen

Grunderkrankung!

• Stadiengerechte Wundtherapie

• Systemisch: initial Steroid-Stoßtherapie

• Später: Azathioprin, CsA, IVIG

Fall 13

Diagnose

Verruca seborrhoica

Therapie

• Benigne Läsion

• Curettage mit scharfem Löffel oder

Ringcurette bei Bedarf

Diagnose

Basaliom

Therapie

• Exzision in LA

• histologische Analyse

(Schnittrandkontrolle!)

• Jährliche sorgfältige GKU beim

niedergelassenen Dermatologen

Diagnose

Malignes Melanom

Therapie

• Exzision sowie Nachexzision mit stadiengerechtem

Sicherheitsabstand

• Histologische Analyse

• Bei TD > 1,0mm oder TD 0,75mm-1mm + Ulceration,

>1 Mitose/mm2 +/- Patientenalter <40a: Sentinelbiopsie

• Labordiagnostik: S100, LDH

• Bildgebung zur Ausbreitungsdiagnostik Th-Rö, Sono

Abdomen, Sono LK Stationen, FDG-18-GF-PET-CT,

MRT Cerebrum

• Stadiengerechte Therapie

• Regelmäßige GKU durch Fachärzte

Danke für Ihre

Aufmerksamkeit!