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Berufsdermatosen Wie erfolgreich ist die Sekundärprävention? Bei berufsbedingten Handekzemen besteht ein gesetzlicher Anspruch auf vorbeugende Maß- nahmen. Wie nützlich solche Präventionspro- gramme langfristig sind, sollte nun eine Studie der Universität Osnabrück klären [Wilke A et al. Contact Dermatitis 2012; 66: 79-86]: 209 Alten- pfleger mit Berufsdermatosen nahmen an der Untersuchung teil. Alle bekamen die übliche me- dizinische Behandlung. 102 Patienten wurden zusätzlich zu hautschützenden Maßnahmen be- raten. Sechs Jahre später arbeiteten noch 65,3 % der Beratungsgruppe als Altenpfleger – im Vergleich zu 56,8 % der Kontrollgruppe, die nicht beraten worden waren. 6,9 % bzw. 13,6 % hatten ihre Ar- beit wegen des berufsbedingten Handekzems aufgegeben. Der ebenfalls untersuchte Zustand der Haut besserte sich in beiden Gruppen. Die Ergebnisse waren zwar nicht signifikant, sprechen aber dennoch für anhaltende Effekte des Präven- tionsprogramms. Dr. Beate Schumacher Allergie auf Antibiotikum Fosfomycin im Fokus Das Antibiotikum Fosfomycin wird zuneh- mend – meist bei Harnwegsinfekten – eingesetzt, da es im Gegensatz zu den üblicherweise verord- neten Antibiotika eine günstige Resistenzlage aufweist. Auch die Verträglichkeit ist gut. Über systemische allergische Reaktionen war laut einer Medline-Recherche erst zweimal berichtet wor- den. Jetzt wurden zwei weitere Fälle publiziert, bei denen es unmittelbar nach oraler Gabe zu einem anaphylaktischem Schock kam [Gamboa PM et al. Ann Allergy Asthma Immunol 2011; 106: 260–1]. Beide Patienten waren Allergiker. Mittels Prick-Test (Testkonzentration 10 mg/ml) und bei negativem Ausfall mittels intradermaler Nach- testung (Testkonzentration 5 mg/ml) bestätigte sich der Verdacht einer Fosfomycin-Allergie. Es war auch möglich, einen Basophilenaktivierungstest mit dieser Substanz durchzuführen. In einer früheren Studie war die Diagnose bei negativem Hauttest mittels oraler Provokation gestellt worden. Fazit: Eine Allergie auf Fosfomycin ist offensichtlich selten. Bei Verdacht auf eine Allergie ist diagnos- tisch in erster Linie der Hauttest geeignet. Dr. Dieter Bruchhausen Tierhaarallergie Der hypoallergene Hund? Der angeblich hypoallergene Portugiesische Wasserhund der US-amerika- nischen Präsidentenfamilie hat einen Boom ausgelöst. Was ist dran an dem Gerücht vom hypoallergenen Hund? Eine Studie am Henry-Ford-Hospital in Detroit hat 60 Hunderassen daraufhin untersucht, wie stark sie Allergene in ihrer Umgebung verbreiten [Nicholas CE et al. Am J Rhinol Allergy 2011; 25: 252–6]. Die elf angeb- lich hypoallergenen Rassen, die be- teiligt waren, konnten keinen Vorteil verbuchen. „Wer gegen Hunde aller- gisch ist, muss sie auch in Zukunft meiden“, betont Prof. Dr. Torsten Zu- berbier, Vorstandsmitglied der Deut- schen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI): „Hypoallergene Hunderassen gibt es nicht. Das ist irreführend, und damit sollte bei Allergikern nicht mehr ge- worben werden.“ red Auch der Portugiesische Wasserhund ist nicht weniger allergen als andere Hunde. © Zottelhund / fotolia.com Aquagener Pruritus Propranolol lässt Symptome verschwinden „Nicht kratzen, sondern waschen!“ Diese Binsenweisheit hilft Menschen mit idio- pathischem aquagenen Pruritus (IAP) nicht weiter. Im Gegenteil: Kontakt mit Wasser verursacht bei ihnen – ohne sichtbare Hautveränderungen und ohne pathologische Ursache – einen starken Juckreiz. Bisherige Therapien wie die Zugabe von Natrium- bikarbonat ins Badewasser, Antihistaminika oder Phototherapie waren wenig effektiv. An einer französischen Klinik wurden jetzt sechs IAP-Patienten mit dem Betablocker Propranolol behandelt [Nosbaum A et al. J Allergy Clin Immunol 2011; 128: 111]. Die Ergebnisse machen Hoffnung: Bei vier Patienten verschwan- den die Symptome nach sie- ben Tagen komplett, bei einem reduzierten sie sich um 90 %. Dies passt zur Theorie, dass das autonome Nervensystem und die Ausschüttung von Neuro- transmittern wie Acetylcholin eine Rolle bei der Entstehung des IAP spielen. Die behan- delnden Ärzte empfehlen auf- grund der mangelnden Effek- tivität anderer Maßnahmen, die Propranolol-Therapie nicht zu verzögern. mwe Bei Menschen mit aquagenem Pruritus wird die Körperhygiene zur Qual. © Getty Images/iStockphoto Allergo J 2012; 21 (1) 9

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Berufsdermatosen

Wie erfolgreich ist die Sekundärprävention?

— Bei berufsbedingten Handekzemen besteht ein gesetzlicher Anspruch auf vorbeugende Maß­nahmen. Wie nützlich solche Präventionspro­gramme langfristig sind, sollte nun eine Studie der Universität Osnabrück klären [Wilke A et al. Contact Dermatitis 2012; 66: 79­86]: 209 Alten­pfleger mit Berufsdermatosen nahmen an der Untersuchung teil. Alle bekamen die übliche me­dizinische Behandlung. 102 Patienten wurden zusätzlich zu hautschützenden Maßnahmen be­raten. Sechs Jahre später arbeiteten noch 65,3 % der Beratungsgruppe als Altenpfleger – im Vergleich zu 56,8 % der Kontrollgruppe, die nicht beraten worden waren. 6,9 % bzw. 13,6 % hatten ihre Ar­beit wegen des berufsbedingten Handekzems aufgegeben. Der ebenfalls untersuchte Zustand der Haut besserte sich in beiden Gruppen. Die Ergebnisse waren zwar nicht signifikant, sprechen aber dennoch für anhaltende Effekte des Präven­tionsprogramms. Dr. Beate Schumacher

Allergie auf Antibiotikum

Fosfomycin im Fokus

— Das Antibiotikum Fosfomycin wird zuneh­mend – meist bei Harnwegsinfekten – eingesetzt, da es im Gegensatz zu den üblicherweise verord­neten Antibiotika eine günstige Resistenzlage aufweist. Auch die Verträglichkeit ist gut. Über systemische allergische Reaktionen war laut einer Medline­Recherche erst zweimal berichtet wor­den. Jetzt wurden zwei weitere Fälle publiziert, bei denen es unmittelbar nach oraler Gabe zu einem anaphylaktischem Schock kam [Gamboa PM et al. Ann Allergy Asthma Immunol 2011; 106: 260–1]. Beide Patienten waren Allergiker.Mittels Prick­Test (Testkonzentration 10 mg/ml) und bei negativem Ausfall mittels intradermaler Nach­testung (Testkonzentration 5 mg/ml) bestätigte sich der Verdacht einer Fosfomycin­Allergie. Es war auch möglich, einen Basophilenaktivierungstest mit dieser Substanz durchzuführen. In einer früheren Studie war die Diagnose bei negativem Hauttest mittels oraler Provokation gestellt worden.Fazit: Eine Allergie auf Fosfomycin ist offensichtlich selten. Bei Verdacht auf eine Allergie ist diagnos­tisch in erster Linie der Hauttest geeignet. Dr. Dieter Bruchhausen

Tierhaarallergie

Der hypoallergene Hund?

— Der angeblich hypoallergene Portugiesische Wasserhund der US­amerika­nischen Präsidentenfamilie hat einen Boom ausgelöst. Was ist dran an dem Gerücht vom hypoallergenen Hund? Eine Studie am Henry­Ford­Hospital in Detroit hat 60 Hunderassen daraufhin untersucht, wie stark sie Allergene in ihrer Umgebung verbreiten [Nicholas CE et al. Am J Rhinol Allergy 2011; 25: 252–6]. Die elf angeb­lich hypoallergenen Rassen, die be­teiligt waren, konnten keinen Vorteil verbuchen. „Wer gegen Hunde aller­gisch ist, muss sie auch in Zukunft meiden“, betont Prof. Dr. Torsten Zu­berbier, Vorstandsmitglied der Deut­schen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI): „Hypoallergene Hunderassen gibt es nicht. Das ist irreführend, und damit sollte bei Allergikern nicht mehr ge­worben werden.“ red

Auch der Portugiesische Wasserhund ist nicht weniger

allergen als andere Hunde. © Z

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Aquagener Pruritus

Propranolol lässt Symptome verschwinden

— „Nicht kratzen, sondern waschen!“ Diese Binsenweisheit hilft Menschen mit idio­pathischem aquagenen Pruritus (IAP) nicht weiter. Im Gegenteil: Kontakt mit Wasser verursacht bei ihnen – ohne sichtbare Hautveränderungen und ohne pathologische Ursache – einen starken Juckreiz. Bisherige Therapien wie die Zugabe von Natrium­bikarbonat ins Badewasser, Antihistaminika oder Phototherapie waren wenig effektiv. An einer französischen Klinik wurden jetzt sechs IAP­Patienten mit dem Betablocker Propranolol behandelt [Nosbaum A et al. J Allergy Clin Immunol 2011; 128: 111]. Die

Ergebnisse machen Hoffnung: Bei vier Patienten verschwan­den die Symptome nach sie­ben Tagen komplett, bei einem reduzierten sie sich um 90 %. Dies passt zur Theorie, dass das autonome Nervensystem und die Ausschüttung von Neuro­transmittern wie Acetylcholin eine Rolle bei der Entstehung des IAP spielen. Die behan­delnden Ärzte empfehlen auf­grund der mangelnden Effek­tivität anderer Maßnahmen, die Propranolol­Therapie nicht zu verzögern. mwe

Bei Menschen mit aquagenem Pruritus wird die Körperhygiene zur Qual.

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Allergo J 2012; 21 (1) 9