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Ein Qualitätsmanagementsystem
wurde in Ihrem Pflegedienst
aufgebaut (oder befindet sich
noch in der Implementierungspha-
se) und ist noch nicht zertifiziert?
Dann wird die Auditplanung und
-durchführung in nächster Zeit ein
wichtiges Thema für Sie sein, denn:
ein wesentlicher, unverzichtbarer
Bestandteil eines Qualitätsmanage-
mentsystems ist die systematische
Planung und Durchführung von
internen Audits. Deren Nachweis ist
unabdingbare Voraussetzung für
die Zertifizierungsfähigkeit eines
QM-Systems.
Audits sind bei Mitarbeitern, aber
oft auch bei Leitungskräften mehr
oder weniger angstbesetzt. Das
hängt zu einem großen Teil damit
zusammen, dass die Auditierten
sich nicht von der (teilweise sub-
jektiven) Vorstellung lösen können,
sich nun einer umfangreichen Prü-
fung unterziehen zu müssen, und
zwar einer Prüfung, die die Fähig-
keiten und scheinbaren Unzuläng-
lichkeiten der jeweiligen Person mi-
nutiös unter die Lupe nimmt.
Tatsächlich jedoch geht es bei ei-
nem Audit in erster Linie nicht um
die jeweilige Arbeitsweise einzelner
Mitarbeiter, sondern darum, die au-
ditierte Organisation, das System
zu betrachten und festzustellen, ob
die Forderungen an ein bestimmtes
Qualitätsmodell erfüllt sind. Die
folgenden Ausführungen sollen die-
se Ängsten nehmen, indem geschil-
dert wird, was ein Audit tatsächlich
ist, wie es abläuft, welche Voraus-
setzungen für die Planung und die
Durchführung wichtig und im Sin-
ne der Norm auch erforderlich sind.
Prozesse auf Zweckmäßig-keit hin überprüfenAudit kommt von „audire“, also
von „hören“. Damit wird schon
deutlich, dass es sich in einer Au-
ditsituation immer um einen kom-
munikativen Prozess handelt. Eine
wesentliche Aufgabe der Auditoren
besteht darin, zuhören zu können,
auch „zwischen den Zeilen“, um in
einer echten Interaktion mit den
Auditierten Verbesserungspotenzia-
le aufspüren zu können. Nur, wenn
diese Voraussetzungen erfüllt sind,
hat ein Pflegedienst auch die Mög-
lichkeit, ein Audit als einen wert-
schöpfenden Prozess betrachten zu
können, der das Unternehmen auf
dem Weg der Qualitätsentwicklung
weiterbringt.
Was ist ein internes Audit?
• Ein Audit ist ein offener Informa-
tionsaustausch. Die Aufgabe des
Auditors besteht darin, fehlende
Informationen zu erhalten und
gemeinsam mit dem Auditierten
Verbesserungspotenziale aufzu-
decken.
• Ein Audit ist also ein Verbesse-
rungsgespräch, in dem Prozes-
se und Ziele, die in der QM-
Dokumentation (Qualitätsmana-
gementhandbuch, Mitgeltende
Unterlagen, Hygienehandbuch
etc.) auf Zweckmäßigkeit und
Wirksamkeit geprüft werden.
• Ein Audit dient dazu, Verbesse-
rungspotenziale festzustellen und
entsprechende Maßnahmen im
QMS einzuleiten.
• Ein Audit soll Verständnispro-
bleme und Informationsdefizite
Qualitätsmanagement
Häusliche Pflege_Dezember 2007 _31
Wie interne Audits helfen, die Qualität im Pflegedienst zu verbessern
Prozesse verbessern –Potenziale erkennen
Ein Audit ist einoffener Informa-tionsaustausch.Die Aufgabe desAuditors ist es,gemeinsam mitdem AutidiertenVerbesserungs-potenzial aufzu-spüren.Foto: Werner Krüper
Gezielt eingesetzte interne
Audits dienen der Stabili-
sierung, Verbesserung und
Qualitätsentwicklung Ihres
QM-Systems. Ein Audit ist kein
Kontrollintrument, das
Mitarbeiter disziplinieren soll.
Vielmehr kann es als wert-
schöpfendes Instrument ein-
gesetzt werden. Die Planung
und Durchführung in der
Übersicht.
Von Gisela Florstedt-Borowski
Qualitätsmanagement
32_ Dezember 2007_Häusliche Pflege
innerhalb des Pflegedienstes, der
Leitungen und allen Mitarbeitern
verringern.
• Audits bilden eine (nicht die ein-
zige) Grundlage für die regel-
mäßige Qualitätsmanagement-
Bewertung (früher: Management-
Review).
• Ein Audit dient keinesfalls dazu,
Mitarbeiter zu disziplinieren, zu
sanktionieren oder Druck auf
Mitarbeiter auszuüben. Ein Audit
ist kein Mitarbeiterführungsin-
strument!
Interne Audits lassen sich in un-
terschiedliche Durchführungsarten
aufteilen:
11.. DDiiee SSyysstteemmaauuddiittss überprüfen
(vergleichbar dem externen Zer-
tifizierungsaudit) das gesamte
Qualitätsmanagementsystem,
also die schriftliche Dokumenta-
tion und die Einhaltung der im
Qualitätsmanagementhandbuch
festgelegten Regeln. Es ist von
der Norm vorgegeben, regelmä-
ßige Qualitätsaudits durchzufüh-
ren. In der Regel wird das ge-
samte Qualitätsmanagementsys-
tem jährlich betrachtet. Je nach
Größe des Pflegedienstes ist es
auch möglich, statt eines großen
Sytemaudits mehrere kleine Pro-
zessaudits durchzuführen.
22.. DDiiee VVeerrffaahhrreennssaauuddiittss (oder
auch Prozessaudits) überprüfen,
ob eine bestimmte schriftliche
Verfahrensanweisung (eine
schriftliche Regelung aus dem
Qualitätsmanagementhandbuch)
- aktuell ist,
- ob sie inhaltliche und/oder
formale Schwachstellen hat und
welche Möglichkeiten der Ver-
besserung zu finden sind,
- ob sie die Abläufe inhaltlich,
formal und chronologisch kor-
rekt beschreibt und
- ob sie bei den Mitarbeitern be-
kannt ist und auch regelmäßig
angewendet wird.
Qualitätsbeauftragte nichtals Auditoren einsetzenUm ein Audit durchführen zu kön-
nen, benötigen Sie Auditoren. Für
einen Pflegedienst gilt es vorab, die
folgenden Überlegungen anzustel-
len:
• Lohnt es – auch finanziell – eige-
ne Auditoren qualifizieren zu las-
sen?
Gerade in einem ambulanten
Pflegedienst stößt diese Frage oft
auf Probleme bei der Realisie-
rung. Wegen der oft geringen Mit-
arbeiterzahl und der Tatsache,
dass viele Mitarbeiter in der Pfle-
ge tätig sind, ist diese Forderung
häufig schwer zu erfüllen.
Es ist auch zu bedenken, dass die
Auditoren nicht jene Bereiche
auditieren dürfen, in denen sie
selbst arbeiten. Konkret bedeu-
tet das, mehrere Auditoren aus
unterschiedlichen Funktionsbe-
reichen qualifizieren zu lassen,
die sich dann wechselseitig audi-
tieren können.
Die Durchführung erfolgt in der Re-
gel von betriebsinternen Auditoren
ohne direkte Verantwortung in den
auditierten Bereichen. Es sollten
keinesfalls die jeweiligen Qualitäts-
beauftragten mit der Durchführung
der Audits beauftragt werden, ob-
wohl die Norm hierzu keine expli-
ziten Aussagen trifft. Hintergrund
ist folgender: Die Qualitätsbeauf-
tragten sind verantwortlich für die
Implementierung und Verwirkli-
chung des Qualitätsmanagement-
systems und es macht wenig Sinn,
wenn sie dieses selbst auditieren.
Zudem sind gerade in Auditsitua-
tionen die Qualitätsbeauftragten
aufgrund ihrer herausgehobenen
Position für das Qualitätsmanage-
mentsystem vor allem Auditierte.
Führen sie die Audits selbst durch,
ist nicht mehr sichergestellt, wer ei-
gentlich die Qualitätsbeauftragten
auditiert.
• Sollen regelmäßig interne Audits
durch externe Auditoren durch-
geführt werden?
Auch interne Audits dürfen von
externen Auditoren durchgeführt
werden. Es ist – sofern der Pfle-
gedienst sich für diesen Weg ent-
scheidet – zu empfehlen, gegebe-
nenfalls externe Berater (sofern
sie die entsprechende Qualifika-
tion haben) mit dieser Aufgabe
zu beauftragen. Bei ihnen ist in
der Regel sichergestellt, dass sie
mit einem professionellen Blick
von außen das System realistisch
betrachten und Verbesserungspo-
tenziale aufdecken, die Mitarbei-
tern, die in die Arbeitsprozesse
involviert sind, häufig verborgen
bleiben.
Bevor Sie eine Entscheidung tref-
fen, wägen Sie Kosten und Nutzen
gegeneinander ab und vergleichen
Sie Angebote externer Auditoren
und Schulungsanbieter. Als Faustre-
gel gilt: Je größer der Pflegedienst
ist, desto eher lohnt sich die Quali-
fizierung eigener Auditoren.
Vielfältige Anforderungenan AuditorenOb Auditoren wirklich wertschöp-
fend und konstruktiv im Sinne ei-
ner positiven Weiterentwicklung für
den Pflegedienst arbeiten, ist von
vielfältigen (Verhaltens-)Faktoren
der Auditoren abhängig. Allerdings
gilt: Auditoren können lediglich
Verbesserungspotenziale aufzeigen;
für deren Verwirklichung sind sie in
ihrer Auditorenfunktion weder zu-
� Problem + Lösung
Problem: Audits werden häufigvon Mitarbeitern, aber auch vonLeitungskräften als Prüfungenmissverstanden, die ihre Fähig-keiten und Unzulänglichkeitengenau betrachten.
Lösung: Hier sind vor allem dieQualitätsbeauftragten gefragt.Ihre Aufgabe ist es in diesem Zusammenhang vor allem, denMitarbeitern Sinn und Zweckdes bevorstehenden Audits zuvermitteln.
� Ziele interner Audits
• Eine Stabilisierung, Verbesse-rung, Entwicklung des eigenenQualitätsmanagementsystemsherbeiführen. Dazu bedarf es einer regelmäßigen Durch-führung im Auftrag der Leitung,(Maßstab ist das Qualitätsma-nagement-Handbuch).
• Aus den Audit-Ergebnissen wer-den die Entwicklung von (Verbesserungs-)Maßnahmenabgeleitet.
Es geht
darum, das
gesamte
System zu
betrachten.
ständig noch verantwortlich. Wenn
eigene Auditoren qualifiziert wer-
den, müssen sie unter anderem
• objektiv bewerten können (und
zwar nur auf der Basis von Fak-
ten),
• Einfühlungsvermögen in die Si-
tuation/Gepflogenheiten der au-
ditierten Personen zeigen,
• sich bewusst sein, dass es in der
Regel nicht Ziel eines Audits ist,
die Zahl der Abweichungen zu
ermitteln, sondern die Wirksam-
keit von schriftlichen Regelungen
zu untersuchen, also das Suchen
nach Konformitäten,
• stichprobenartig untersuchen
können,
• sich bewusst sein, dass ein Audit
kein Verhör ist, es ist ein Arbeits-
gespräch,
• die Gesprächspartner ausreden
lassen, aber trotzdem das Ge-
spräch straff führen,
• standfest, verbindlich und
freundlich bleiben,
• sich klar, verständlich und präzi-
se in Wort und Schrift ausdrü-
cken können,
• sachlich und fair bleiben,
• auf Stress-/Konfliktsituationen
angemessen reagieren und Fin-
gerspitzengefühl zeigen,
• Verschwendung (von Zeit und
Mitteln) vermeiden.
Ein Audit bringt wenig Erfolg für
den Pflegedienst, wenn zum Bei-
spiel
• Auditoren als Kontrolleure miss-
verstanden werden,
• ein Audit mit Rationalisierung/
Stellenabbau verwechselt wird,
• die Auditziele/das Wesen des Au-
dits nicht verstanden werden
(hier sind die jeweiligen Quali-
tätsbeauftragten gefordert; ihre
Aufgabe ist es, unter anderem
das Verständnis für und die
Kenntnis über Audits in die Mit-
arbeiterschaft zu tragen),
• Auditoren nur Schwachstellen su-
chen, aber nicht auf Lösungen
hinarbeiten,
• das Audit eine Systematik in Vor-
bereitung, Durchführung und
Nachbereitung vermissen lässt.
(Das gilt sowohl für die Audito-
ren als auch für die Auditierten.
Bei Letzteren zeigt sich mangeln-
de Vorbereitung zum Beispiel
darin, dass die geforderten Doku-
mente nicht vollständig vorgehal-
ten oder nicht gefunden werden.)
Die erforderlichenMaterialien vorhalten Unabhängig davon, ob die internen
Audits durch eigene oder externe
Auditoren durchgeführt werden,
benötigt der Pflegedienst zur Erfül-
lung der Normforderungen, zur
adäquaten Planung und Durchfüh-
rung schriftliches Material als Be-
standteil des Qualitätsmanagement-
handbuches und der Mitgeltenden
Unterlagen:
11.. DDaass AAuuddiittpprrooggrraammmmDieses sollte einmal jährlich
vom Qualitätsbeauftragten er-
stellt werden und – neben ande-
rer Faktoren – die Grobtermine
für die Audits sowie die zu audi-
tierenden Bereiche festlegen.
22.. DDeerr AAuuddiittppllaannDieser wird detailliert vom Audi-
tor erstellt. Er regelt die zeitliche
und inhaltliche Durchführung
des jeweiligen Audits.
33.. DDiiee AAuuddiittcchheecckklliisstteeDabei handelt es sich um einen
Fragenkatalog, der alle Aspekte
der Normforderungen enthält
und den Auditoren als Leitfaden
bei der Auditdurchführung dient.
Die Checkliste sollte auch
Bewertungsmaßstäbe enthalten
und dient als Auditprotokoll.
44.. DDeerr AAuuddiittbbeerriicchhttAus den Ergebnissen der Check-
liste erstellt der Auditor einen
Bericht, der die Feststellung von
Fehlern/Nichtkonformitäten im
Qualitätsmanagementsystem be-
einhalten soll. Er soll ein Urteil
des Auditteams zur Erfüllung
von Normen enthalten und dar-
über hinaus beurteilen können,
ob das Qualitätsmanagementsys-
tem geeignet ist, die vom Pflege-
dienst festgelegten Qualitätsziele
zu erfüllen. Dabei ist grundsätz-
lich auch zu berücksichtigen, ob
der – nicht nur von der ISO
9001, sondern auch vom MDK
geforderte – PDCA-Zyklus Be-
rücksichtigung findet.
55.. DDeerr MMaaßßnnaahhmmeennppllaannDies ist kein vorgeschriebenes,
aber ein außerordentlich hilfrei-
ches Arbeitsdokument, weil es
dazu dient, allen am Audit Be-
teiligten in zusammengefasster
Form aufzulisten, wer was wann
womit zu erledigen hat. Ein
Maßnahmenplan kann also als
schriftlicher Ausdruck eines Ver-
besserungsgespräches verstan-
den werden.
Mit der Erstellung des Maßnah-
menplanes ist für die Auditoren die
Arbeit getan. Die Verantwortung für
die Umsetzung liegt nun bei den
Auditierten. Hier ist es sinnvoll, die
Koordination in die Hände des Qua-
litätsbeauftragten zu legen.
Gezielt eingesetzt, zeigt sich die
Planung und Durchführung inter-
ner Audits als praxiserprobtes In-
strument. Trotz seines prüfungs-
ähnlichen Charakters dient es der
Qualitätsentwicklung des Pflege-
dienstes und kann als wertschöp-
fendes Instrument der Betriebsfüh-
rung genutzt werden. ❚
Häusliche Pflege_Dezember 2007 _33
Kontakt zur Autorin: [email protected] oder Tel.: (0 56 71) 50 09 31
Ein Erfahrungsbericht zumNutzen interner Audits bei denMalteser Pflegediensten inDeutschland mit dem Titel „Qualität zum Leben erweckt!“von Elisabeth Wetzel ist in HÄUSLICHE PFLEGE 10_2007 erschienen.
�
Audit über-
prüft Forde-
rungen an
QM-System
Dr. Gisela
Florstedt-
Borowski
ist Sozialwis-senschaftlerin,TQM-Auditorin,EFQM-Assesso-rin und Berate-rin für Qua-litäts- undOrganisations-entwicklung.