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Wie viel Mutter oder Vater braucht das Kind? Und was hat das mit Umgangsbegleitung zu tun? Heinz Kindler, Deutsches Jugendinstitut

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Page 1: Wie viel Mutter oder Vater braucht das Kind? Und was hat das mit Umgangsbegleitung zu tun? Heinz Kindler, Deutsches Jugendinstitut

Wie viel Mutter oder Vater braucht das Kind?

Und was hat das mit Umgangsbegleitung zu tun?

Heinz Kindler, Deutsches Jugendinstitut

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Überblick Eltern sind die wichtigste

Ressource Konflikte ≠ destruktive Konflikte Warum finden wir keine

Umgangseffekte? Lebbare Modelle getrennter

Elternschaft suchen Folgen für Konzepte und Praxis von

begleitetem UmgangElterntrennung, Umgang und Kindeswohl

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Eltern sind die wichtigste Ressource

Forschungsbeispiel: NICHD Längsschnitt, n=1.261 Kinder, elterliche und außerfamiliäre Tagesbetreuung in den ersten 3 LJ in verschiedenem Ausmaß (NICHD 2006)

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Ergebnisse am Ende des 3. Lebensjahres

Einfluss Qualität außerfamiliär

Einfluss Qualität familiär

Schulreife 0.27 (schwacher Effekt)

0.50 (starker Effekt)

Verhaltensprobleme -0.12 (schwacher Effekt)

-0.26(moderater Effekt)

Positive Beziehungen zuGleichaltrigen

0.01(kein Effekt)

0.17(schwacher Effekt)

Elterntrennung, Umgang und Kindeswohl

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Take-Home Botschaft:In der Kindheit sind

elterliche Einflüsse in fast allen Bereichen der

Entwicklung stärker als außerfamiliäre Einflüsse

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Elterliche Einflüsse sind freilich nicht immer

positiv Wie schädlich sind Trennung & Scheidung? (p&p) Die drei Relativierungen: Kohorte, Verlauf & Beginn schon vor der Trennung Hetherington-Studie: Sollen wir wegen der Kinder zusammen bleiben?

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7Elterntrennung, Umgang und Kindeswohl

Was macht Konflikte der Eltern in den Augen von Kindern

destruktiv?(Cummings) Vor allem destruktive Konflikte belasten

Was macht einen Konflikt destruktiv? Gefühle außer Kontrolle / Gewalt / Feindseligkeit /

Versteinern / Keine Versöhnung Kinder gewöhnen sich nicht an

destruktive Konflikte Sensitivierung: Stress früher & heftiger

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8Elterntrennung, Umgang und Kindeswohl

Emotionale Sicherheit

In der Beziehung jeweils zu Mutter und Vater

↕ In der Familie

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Take-Home Botschaft:

Destruktive Konflikte belasten auf Dauer die

emotionale Sicherheit von Kindern mit ihren Bindungspersonen

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10Elterntrennung, Umgang und Kindeswohl

Warum finden wir keine Umgangseffekte?

Neue Meta-Analyse von Adamsons & Johnson (2012) zu Ausmaß Vater-Kind Kontakten und Aspekten des Kindeswohls

Mittlerweile 52 Studien mit insgesamt mehr als 20.000 Kindern

Erneut nahezu kein Zusammenhang zu Kindeswohlkriterien: d=.05

Wie kann das sein?

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Teilerklärung: Zu wenig Kontakt zum getrennt lebenden

Elternteil um einen Unterschied im Leben von Kindern machen zu

können Hinweis 1: Meta-Analyse Vielfalt Aktivitäten – Kindeswohlaspekte

Hinweis 2: Vorteile Vaternachmittag unter der Woche (Kelly 2006)

Elterntrennung, Umgang und Kindeswohl

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Teilerklärung 2: Je nach der Qualität der Eltern-

Kind Beziehung kann viel Kontakt positiv und

negativ wirkenForschungsbeispiel: Kinder ab 9 Jahren (n=141), die vom Gericht als hochkonflikthaft angesehen wurden, Informationsquelle Kinder (Sandler et al., 2014)

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13Elterntrennung, Umgang und Kindeswohl

Ergebnisse Bei eher geringer Qualität der Vater-

Kind Beziehung: Überdurchschnittliche Belastung bei viel Kontakt

Bei eher geringer Qualität der Mutter-Kind Beziehung: Überdurchschnittliche Entlastung bei viel Kontakt zum Vater

Irrweg: Aus viel Kontakt wird automatisch eine gute Beziehung

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Take-Home Botschaft:

Mut zu einzelfallbezogenen

Lösungen

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Lebbare Modelle: Aus sehr konflikthaften

werden selten kooperative ElternForschungsbeispiel: 2-Jahres

Längsschnittstichprobe von Elternpaaren (n=585), die Scheidung beantragt haben (Maccoby & Mnookin 1992)

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16Elterntrennung, Umgang und Kindeswohl

Ergebnisse (Auswahl)

Konflikthaft → Kooperativ: 9% Konflikthaft → Disengaged: 33% Disengaged → Kooperativ: 26% Kooperativ → Kooperativ:

48% Kooperativ → Konflikthaft: 12%

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Take-Home Botschaft:Konflikthafte lösen sich eher in disengagierte Muster auf

als in kooperative, es ist richtig kooperative Muster zu fördern, erzwungen werden

können sie kaum

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18Elterntrennung, Umgang und Kindeswohl

Modelle von begleitetem Umgang Sicherer Rahmen für Kinder und Eltern

(Diskussion Ausschlusskriterien) sR plus konfliktreduzierende Beratung für Erwachsene

(Wissen aus Mediation, aber auch zu Hintergründen kindlicher Belastungssignale)

sR plus kB plus Beratung für Kinder (z.B. Konzept der bedingten Bindungsstrategien, Wissen um

Exploration von Kindern) sR plus kB plus BfK plus beziehungsfördernde Anleitung

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„Immer nach dem Umgang ist er völlig durcheinander“

Möglichkeit 1: Erwartbare Trennungs- und Umstellungsreaktion (Aufregung, Kummer, etwas Ärger)

Möglichkeit 2: Kind hat noch keine Sicherheitsbasis in der Pflegefamilie

Möglichkeit 3: Kind hat beim Umgang belastende Erlebnisse oder wird an solche erinnert

Möglichkeit 4: Kind agiert Konflikte oder eigene Unsicherheit oder Unsicherheit Bindungspersonen aus

Möglichkeit 5: Umgang triggert PTBS-Symptome

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Bedingte Bindungsstrategien Ziel des Bindungsverhaltenssystem:

emotionale Sicherheit Anhaltender Elternkonflikt untergräbt

die emotionale Sicherheit (Cummings et al. 2006)

Mary Main (90): Bedingte Bindungsstrategien sind Versuche von Kindern unter ungünstigen Bedingungen noch möglichst viel emotionale Sicherheit zu bewahren bzw. zu erreichen.

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Bedingte Bindungsstrategien

Bedingte Strategien im Trennungskonflikt häufig zunächst Versöhnen Anpassen bei jedem Elternteil

Je länger Kinder im elterlichen Konfliktfeld leben müssen desto häufiger wechseln sie auf die Strategien Disengagement Abbruch gegenüber einem Elternteil

Welche bedingten Bindungsstrategien haben Kinder nach Misshandlung, Vernachlässigung und sex. Missbrauch?

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Exploration zu Kindeswillen, Beziehungen und Widersprüchen

zwischen beobachtbaren Verhalten und Kindeswille

Kindeswille: Möglichkeitsraum, Abwägen, Challenge, Verständnis des Kindes

Beziehungserleben: Episodenebene Widerspruch beobachtbares Verhalten und Kindeswille:

Beim Verhalten und der Äußerungssituation bleiben (z.B. Du lachst oft, wie geht es dir dabei? Wenn du sagts .. Denkst Du dann auch …)

Immer auch normalisierend argumentieren

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Beziehungsentwicklung im begleiteten Umgang (LS)

Eltern: Spielfeinfühligkeit und Unterstützung

Kind: Spielfreude und emotionale Belastung

Bei der Mehrheit der Kinder abnehmende Belastung, mehr Freude und mehr Koordination

Aber: Bei etwa einem Drittel negativer Verlauf

Für beide Verläufe Feinfühligkeit wichtigster Einflussfaktor

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Take-Home Botschaft:

Begleiteter Umgang kann auf mehreren Ebenen eine

Chance sein. Nutzen wie sie alle!

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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