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Sinn und Wesen der Tropen. veranschaulicht an den Introitustropen des Weihnachtsfestes Author(s): Heinrich Husmann Source: Archiv für Musikwissenschaft, 16. Jahrg., H. 1./2., Wilibald Gurlitt zum siebzigsten Geburtstag (1959), pp. 135-147 Published by: Franz Steiner Verlag Stable URL: http://www.jstor.org/stable/930124 . Accessed: 10/06/2014 01:57 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Franz Steiner Verlag is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv für Musikwissenschaft. http://www.jstor.org This content downloaded from 91.229.229.126 on Tue, 10 Jun 2014 01:57:16 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Wilibald Gurlitt zum siebzigsten Geburtstag || Sinn und Wesen der Tropen. veranschaulicht an den Introitustropen des Weihnachtsfestes

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Sinn und Wesen der Tropen. veranschaulicht an den Introitustropen des WeihnachtsfestesAuthor(s): Heinrich HusmannSource: Archiv für Musikwissenschaft, 16. Jahrg., H. 1./2., Wilibald Gurlitt zum siebzigstenGeburtstag (1959), pp. 135-147Published by: Franz Steiner VerlagStable URL: http://www.jstor.org/stable/930124 .

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Sinn und Wesen der Tropen veranschaulicht an den Introitustropen des Weihnachtsfestes

von

EEINRICII HUSMANS

So wichtig die Tropen sind, weil sie mit der Entwicklung des mittelalter- lichen liturgischen Dramas in Verbindung stehen, und so sehr man diesen Zu- sammenhang studiert hat, so wenig hat man sich andererseits mit ihnen um ihrer selbst willen beschaftigt. Leon Gautier mit seinem Werk Les tropes, W. H. Frere mit seiner Ausgabe des Wincester-Tropars und die unvollendet gebliebene Textausgabe in den Anatecta hymnica sind die drei groBen Lei- stungen, denen bisher nichts Gleichwertiges mehr zur Seite getreten ist. Aber die Erforschung der mittelalterlichen Musik ist seitdem auf anderen Gebieten ein groBes Stuck weiter fortgeschritten, und die Lucken, die zu fullen sind, fordern um so mehr, endlich sich eingehender mit den betreffenden Problemen abzugeben.

Was die Tropen anbelangt, so steht im Eintergrund aller Erorterungen stets die Fundamentalfrage, was sie ihrem Wesen nach sind, wann sie entstanden sind und wo sie ihre Heimat haben. Derart grundlegende Fragen lassen sich aber nur losen, wenn man das ganze vorliegende Material uberblickt. Das ist fur groBe Gebiete, etwa die orientalischen Liturgien, erst sehr unvollstandig der Fall-aber die prinzipiellen Dinge lassen sich doch in groBenUmrissen erkennen.

FaBt man zunachst die lateinischen Tropen ins Auge, so laBt ein Blick auf die Texte bereits Wesentliches erkennen. Als Beispiel diene zuerst ein Tropus zum Weihnachts-Introitus Puer natus est nobis (nach Jes. 9, 6): Hodie sal- vator nach der tiberlieferung von Nonantola. Tropus: Hodie salvator mundi per virginem nasci dignatus est. Gaudeamus omnes

de Christo domino, qui natus est nobis! Eia et eia! Introitus: Puer nabbe est nobis etfilius datus est nobis. Tropus: Quem virgo JIaria genuit. Introitus: Cuius imperium super humerum eius. Tropus: Somen eius Emmanuel vocabitur. Introitus: Et vocabitur nomen eius: Tropus: ,,]Iagni consilii anyelus", eia!, *ste vocabitur nomen Emmanuel. Psallite

domino! Jubilate dicentes: Introitus: ,,Magni consilii angelus."

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Der Tropus hat, allgemein gesprochen, den Zweck, den Sinn des jeweiligen Festtages zum Ausdruck zu bringen - da die Originaltexte der Messe wie der Stundengottesdienste sehr haufig nur ganz generell gehalten sind. Sieht man genauer hin, so zeigt sich, daB die einzelnen Teile des Tropus auch noch je- weils auf den zugehorigen Originaltext-Abschnitt speziell zugeschnitt,en sind? also als dem Original vorangehende Interpretationen aufzufassen sind. Die Erlauterung des Originaltextes ist dabei oft so primitiv, daB sie sich auf eine einfache Umschreibung reduziert, ja haufig sogar dieselben Worte benutzt. So verwendet der Tropus in V. 1 die Worte natus est nobis aus dem Original- te2rt, in V. 3 Somen eius vocabitur, in V. 4 Mayni consilfi anyelus (dies ubri- gens, wie haufig in den liturgischen Te2rten, nicht die Vulgata-Form? die hier admirabitis consiliari?s lautet).

Diese Prasis geht so weit, daB der Tropus in einigen Fallell uberhaupt nur eine Verdoppelung des Originalte2ztes ist. IIierin ist die Erklarung fur einige Erscheinungen zu suchen, die bisher falsch verstanden wurden. Am wichtig- sten ist der Fall der doppelten Alleluja-Rompositionen. Einige Alleluia sind in vielen Handschriften mit zwei verschiedenen Melodien uberliefert, wobei immer wieder dieselbe Kombination auftritt. Es hat dies also nichts damit zu tun, daB haufig ein bekannter Alleluiatext nochmals neu kompolliert wurde - in diesen Fallen haben die verschiedenen Alleluiamelodien stets nur regional genau begrenzbare Verbreitungsgebiete. In den hier gemeinten Doppelalleluia ist die Tropusnatur dadurch klar, daB in einigen Handschriften die beiden Alleluia versikelweise miteinander verschrankt sind ahnlich wie der obige Introitustropus. Es handelt sich hier vor allem um das Doppelalleluia Dies sanctificatus, dessen zweite Melodie, also eben der Tropus, auch mit dem grie- chischen Text Imera agiasmene vorkommt. Alle Spekulationen uber den by- zantinischen Ursprung des Atlel?ia Imera ayZasmene werden damit hinfallig - es handelt sich eben uberhaupt nicht um eill Alleluia, sondern um einen Tro- pus, und griechisch textierte Tropen gibt e.s noch mehrere zu zweifellos ori- ginallateinischen Stucken- also sind auch jene Tropen lateinischen Ursprungs. 80 der verbreitetste Os iereos kata tin taxin Melchisedech zum Commune-Sanc- torum-Introitus Statuit ei dominus.

Am obigen Introitus-Tropus laBt sich noch eine weitere Grundeigenschaft der Tropen erklaren. V. 1 enthalt die Aufforderung Gaudeamus oqnnes. .. '.. und V. 4 bringt die noch speziellere: Psalltte domino, ixbilate dicentes. Psal- lxte ist hier, wie Vergleiche zeigen, wortlich aufzufassen: i?4bilate dicentes bezieht sich auf Magni consilfi angel?4s, das ja ein Prophetentest ist, psallite domxno dagegen tatsachlich auf einen Psalm, namlich auf den auf die SchluBzeile des Introitus folgenden Psalmvers, in diesem Falle den Vers Cardate domxno.

Dieser Aufforderungscharakter des Tropus wird noch sehr viel deutlicher an anderell Stucken. Oft uberliefert ist der Gloria-Tropus Ctres s?4pernz. Der

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Sinn und Wesen der Tropen 137

Hauptvers lautet: Cives s?4perni hodie suam simut et nostram nunciant mundo festivitatem. ,,Gtorwam" deo resonemus omnes!

Cives superns sind die Engel, die dem Weihnachtskind das Gloria in excelsis (in der Vulgata ubrigens Gloria in altissimis deo) singen (Luc. 2, V. 14) und damit ,,verkunden sie auch unser Fest". Die Fortsetzung enthalt die direkte Aufforderung, daB auch wir ,,Gloria" singen.

Noch deutlicher ist ein anderer Gloria-Tropus, Sacerdos dei, der in fran- zosischen und englischen Handschriften weit verbreitet ist: Sacerdos dei er- celsi, veni ante sanctum et sacrum altare et in la?4de regis regum vocem tuam emitte. Supplzees te deprecamur-- eia! - dic domne: Gloria in excelsis... Dies ist also die direkte Aufforderung an den Priester, das Gloria zu intonieren.

Eine ahnliche Aufforderung steht heute noch an einer der eindrucksvoll- stell Stellen der Messe: die Prafation. Nach den beiden Aufforderungen Sur- sum corda und Gratias agamus domino deo nostro, die jeweils mit den ent- sprechenden Gesten der Gemeinde Habemus ad domin?4m (also sozusagen einer Mollzugsmeldung) und Dign?4m et i?4st?4m est (also einer Bestatigung) beant- wortet werden, folgt mit dem Gebet Vere dignum die Aufforderung, mit den Engeln das Sanctus zu singen (Gloria und Sanctus stehen eben schon beide

als Engelsgesange in direkter Parallele im folgenden Te2rt wird das Sanc-

tus sagar als hymnus gloriae bezeichnet): Vere dzgn?4m et i?4stum est, . . . Et ideo cum angelis et archanyelis,cum thronis et dominationib?4s c?4mq?4e omni militia cae- lestis exercitushymnumgtoriae t?4ae canim?4s,sinefi,ne dicentes:Sanct?4s,sanctus . . .

Damit kommen wir bereits auf den Ursprung des Tropus: Er ist die Auf- forderung, einen bestimmten liturgischen Gesang auBzufuhren. Dann aber ist er nur ein Spezialfall der allgemeineren Aufforderungen an eine liturgische Person, eine bestimmte liturgische Handlung vorzunehmen. So wendet sich etwa der Lektor mit den Worten I?4be, domne, benedicere an den Priester, der dann vor der folgenden Lesung des Lektors eine Segensforlnel spricht. Auch sor der Evangelienlesung der Messe steht dieselbe Formel, ehe der Diakon den Segen zur Lesung empfangt. Auch die anderen Riten kennen dieselben Aufforderungen zu Gesangen und Handlungen. Etwa das Gloria besitzt auch im Griechischen Aufforderungen oder Einleitungen. So beginnt es im Mor- gengottesdienst (der Morgen bringt ja das Licht) mit der Formel: ,,Ehre sei dem, der das Licht gezeigt hat - Ehre sei Gott in der Hohe...", oder mit der das Gloria patri auch noch hineinziehenden: ,,Ehre gebuhrt Dir, HerrS unser Gott, und Dir senden wir das Gloria empor, dem Vater, Sohn und Hei- ligen Geist, jetzt und immer und in der Ewigkeit der Ewigkeiten. Amen. Ehre sei Gott in der Hohe..." Und ahnlich gibt es entsprechende Einleitungs- und Aufforderungsformeln in den syrischen Liturgien, wiederum sowohl zu Ge- sangen wie zu Handlungen (Lesungen, Segen, Gebeten).

Es ergibt sich also, daB Bitten und Aufforderungen, bestimmte liturgische Funktionen zu vollziehen, der gesamten christlichen Welt gemeinsam sind.

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. C 5 w M w ^ S S = e e w _M w *w w - ^ * @ @

Tr. Ec-ce iam p - han-ncs ad-est ve-ne ran-da glo- ri - a cu- i Chri-stus un-pll - o - n do-na crbderxs my-sti - ca

w# o f f _ e t-t , t * t e S @

Ant. In me - di - o ec- cle - si - ae a - pe - ru-it os e - ius:

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7*r. Quem vir - gi - ne - o flo - re sa-cra-vit

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Fn. Et im^ple - vit e - undo-mi-nus spi-ri-tu S9 - pi - en-tl-ae et in - te1 - lec-tus:

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Tr. Pa -sto_rem nobis tri-bu - erLs

=_ Art. Sto-lamglo - ri - ae in - du-it e - um.

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td bTr. Sa-cro fon-te pec-to-ris su - - { de - bri-arzs Jo - han_nemdo-mi-nus

S ' S S S B

Ps. Bo-num est con-fl-te-ri do-mi-no et psal-le-re no-rni-ni tu-o z1-tis-si-me

IL < [' *, ,, . *= * X ,, , .M _

Gra ti - a cel - sa de - i Jobagnes pec-tus ad - im-plens

ht. In me - di-o ec-cle- si-ae a - pe - ru-it os e - ius:

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Tr. Un-de sa-lu-ti -fe -re flu- se-runt dog-m-ta vi-tae

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Ant. Et im-ple - vit e - um do-mi-nus spi-n-tu sa - pi - en - ti-ae et in - tel - 1ec-tus

+ + + +_- Tr. Hoc-que do - cen- te pa-tre do-cu- it ver-bum ca-ro fac-tum

_w w ww * w __

Ant. Sto-lam glo- ri - ac in- du-it e - um

- ^ -^ S 0 0 0 _ 0 0 0 0 0 0 0 0 0 **, * ' * -

Ps. JU-S Ut p£-maflo-R-bit si-tceX,qin Li-ba-noest,miqi-pli-ca-bi-

Die Tropen sind also insbesondere weder in Europa erfunden noch vom Orient oder von Byzanz nachtraglich importiert, sondern gehoren zu den Grund- elementen der christlichen Liturgie. Ob diese sie vom judischen Gottesdienst oder vom Zeremoniell der antiken Herrscher ubernommen hat, laBt sich nicht mehr entscheiden - denn zweifellos haben beide bereits ahnliche Formeln be- nutzt.

Nun besteht zwischen den liturgischen Aufforderungen und dem obigen Introitustropus aber ein Unterschied insofern, als eine liturgische Aufforde- rung nur einmal am Anfang der dann folgenden liturgischen Funktion steht, der Introitustropus aber in verschiedene Abschnitte geteilt ist, von denen jeder eingeleitet wird. Ge-wiB, letzteres ist eineWeiterentwicklung, eineVerfei-

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Sinn und Wesen der Tropen 139

III c }} ^ WM _ - - - - 0 0 @ ^ M @ @ XM _ @ _

Tr. Fons et o _ ri - go sa-pi - en - ti - ae ad pro- pa-lan-dam su-ae di-vi - ni - ts - tis ar - dla-na

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,tnt. In me - di- o ec-cle _ si - ac a - pe - ru-it os e _ ius

_ c c { S tw _ _ S B _Me, - @ 0

Tr. Qui flu-en_ta e -van- ge - li - i de ip - so sa-cro pec - to-re au-sit

-000w00S

Ant. Et im-ple - vit e - um do -mi-nus spl- ri-tu sa - pi - en- ti- ae et In - tel - Icc-tus:

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To. Vir gi - ni- ta tis quo-que me - ri - to ma - tri vir - gi - ni vir - gi-nem con - fe -rens

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Ant. Sto-lun glo - ri _ ac in - du-it c - um.

Glona Glo-ri - a pa-tri et fi-ll-o et spi-ri-tu-i san-cto

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Si-cut e-rzt inprinci-pi-o et et seoper,et In sae-cu-la sae-cu-lo-rum+Ji-men

IV. ' S ' ' '

Tr. ^ - - mor an-ge - lo-rum et gau - di- umChristxJo - han-nem di - - li-gens

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Snt. In me _ di-o ec-cle _ si-ae a - pa _ ru-it os e - lus:

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Tr. Quo pan-de - re-tur om - ni - bus lus gen tJ -bus ver - bi de - i

sAnt. Et im-ple - vit e - um do-mi nus spi- n -tu sa _ pi - en - ti- ae et in teJ - lec-tsu:

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Tr. Et hunc ad ae - ter-nusn su - um ho di - e vo cans con vi - vi - um

wo w w * @ @ S @

Aw2t. Sto-lam glo ri ae in- du-it e um.

nerung der ursprunglichen Einleitungstechnik. Dann wurde nur die Einlei-

tung zum 1. Abschnitt des Introitus der ursprunglichen liturgischen Auffor-

derung entsprechen, die Technik der Einleitung der weiteren Abschnitte

muBte vielleicht sogar einer spateren Epoche entstammen. Was nicht hindert,

daB man von dieser spateren Epoche ab dann geschlossene Tropen kompo-

nierte, die den ersten und die weiteren Abschnitte einleiteten. Ich will die

Einleitung des 1. Abschnitts als Einleitungstropus oder Introduktion bezeich-

nen, die Tropen zu den weiteren Abschnitten des Introitus als Mitteltropen.

Die Endtropen waren dann die Einleitungen zu dem oder (im Mittelalter) den

(zwei, vielleicht in einigen Fallen sogar mehr) folgenden Psalmversen sowie zu

Gloria patri und Sicut erat. Hinter jedein Psalmvers und zum SchluB nach

dem Sicut erat (das aber meist mit dem Gloria patri zu einem Gansen ver-

bunden ist) wird der Introitus wiederholt, wobei er untropiert bleiben kann,

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oft aber auch neu tropiert wird - das sind dann die sogenannten Tropen ,,ad repetendum" [introitum] oder ,,ad repetendam" [antiphonam]. Wir geben als Beispiel den fast vollstandig tropierten Introitus In medio eccleszae zum Fest des Apostels Johannes (sozusagell dem 3. Weihnachtstag) in der Anordnung des Winchester-Tropars (Beisp. S. 138 u. 139).

Das Winchester-Tropar weicht von dieser Rekonstruktion insofern ab, als es am Ende des Abschnitts II das Gloria pcltrz bringt, den 2. Psalmvers Justus ut palma am Ende von Abschnitt III. Die hier durch Umstellung erzielte regelmaBige Form ist die normale der franzosischen Handschriften.

Eine Analyse der hier vorliegenden Verhaltnisse zeigt nun zwei verschie- dene Ergebnisse, je nachdem man den GroBaufbau der ganzen Anlage oder aber den Feinaufbau innerhalb eines Introitus betrachtet. Was den GroB- aufbau betrifft, so befinden sich die meisten Handschriften bereits in einem Stadium der Auflosung. Sie bezeichnen noch in vielen Fallen die betreffen- den Tropen als ,,ad repetendum", aber es sind so viel weitere Tropen inzwi- schen hinzukomponiert worden, daB ein stets wechselndes Gemisch alter und neuerer Tropen entstanden ist, das in den meisten Fallen nicht mehr die ori- ginale logische Aufeinanderfolge der Stucke zeigt.

Es kommt hinzu, daB die Somposition der Repetendum-Tropen - ebenso wie die der zum 1. Introitus gehorigen - an verschiedenen Stellen unabhangig voneinander vor sich gegangen ist. Daraus ergibt sich, daB verschiedene Repetendum-Tropen an denselben Grundtropus treten konnen, andererseits aber auch dieselbenRepetendum-Tropen auf verschiederle Grundtropellfolgen .

Was das Weihnachtsfest betrifft, so ist hier noch aus einem weiteren Grund eine besondere Unordnung entstanden. Die \Meihnachtsliturgie oder wenig- stens groBe Teile, immer aber der Introitus, werden auch fur das Fest der Oktav von Weihnachten, also Neujahr, benutzt. Die Tropen sind hier andere, aber sie haben sich nun wieder mit denen von Weihnachten selbst gemischt.

Trotzdem ist philologisch die Rekonstruktion des ursprunglichen Zustands moglich, wenn man sich auf bestimmte Regionen beschrankt. Insbesondere ist das franzosische Tropenrepertoire sehr leicht wiederherzustellen, wenn man einen bestimmten besonderen Zusammenhang berucksichtigt. Das franzosi- sche Tropenkorpus hat ja den Weg nach England gefunden. Hier aber liegt in den beiden Handschriften des Winchester-Tropars eine sehr fruhe, noch in Neumen geschriebene Fassung vor. Die Handschrift Oxford, Bodleian 77S, laBt sich ziemlich gut datieren. Sie enthalt einmal nach der Depositio des H1. Swithun dessen Translatio, die am 15.Juli 971 stattfand, so daB die Handschrift sicher spater geschrieben wurde, andererseits enthalt sie in der Litanei der Osternacht den Namen des regierenden Herrschers: Ut Aethelre- dum reyem et exercitum anglorum conservare digneris te.

Ethelred wurde 979 gekront und starb 1016. Er wurde 1013 von den Danen vertrieben, und Inan kann vermuten, daB ein so kostbares Manuskript ge-

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wiB nicht in den Unruhen der Danenkriege geschrieben wurde. Es datiert also aus den Jahren 980 bis etwa 1010. Doch ist es noch nach einer erheblich alteren Handschrift geschrieben, da es noch die alte, nur bis 980 gultige Dedikation von Winchester benutzt. Demgegenuber enthalt die zweite Handschrift, Cam- bridge Corpus Christi College 473, schon das Fest des H1. Ethelwold, der 984 starb und 996 transferiert wurde. Die Handschrift liegt sicher betrachtliche Zeit nach diesem Datum.

B'enn man diese fur Winchester typischen Feste fortlaBt, so erhalt man ein Tropar, das das franzosische Tropenrepertoire der 2. Halfte des 10.Jahr- hunderts reprasentiert. Dabei ist freilich damit zu rechnen, daB einige Tropen auch fur allgemein ubliche Feste in Winchester nachkomponiert worden sind aber andererseits ware es genauso moglich, daB nur inWinchester uberlieferte Stucke trotzdem franzosisch sind, daB sie nur eben in spateren franzosischen Handschriften nicht weiter uberliefert wurden. Aber ein Vergleich des Win- chester-Tropars mit den franzosischen Handschriften zeigt, daB dieser Sorge keine groBe Bedeutung beizumessen ist: das Korpus der franzosischen Hand- schriften ist mit dem Inhalt der Winchester-Tropare groBtenteils identisch Die Winchester-Handschriften besitzen aber gegenuber den franzosischen Handschriften eben den unschatzbaren Vorteil, noch eme feste Ordnung der Tropen zu uberliefern.

Was das Weihnachtsfest anbelangt, so gibt hier Winchester die folgende Ar- ordnung.

I. Tropus: Ecce adest verbum de quo prophete cecinerunt dicentes: Introitus: Puer natus est nobis

Quem viryo Maria genuit Et fulius datus est nobis

Nomen eius Emmanuel vocabitur Cuius imperium super humerum eius

Rez lumen de lumine in iusticia Mayni consilii angelus

Ps.: Ps. Cantate domino canticum norum, quia mirabilia fecit.

II. Tropus: Quod prisco vates cecinerunt tempore sancti cernitis impletum psallentes dicite eia

Introitus: Puer natus est nobis Davitici stirpis genuit quem virgo Maria

Et fulius datus est nobis Perdita restaurans et restaurata gubernans

Cuius imperium super humerum eius Hodie natus est rew regum etc. [Zusatz von Winchester]

Gloria: Gloria patri etfblio et sptritui sancto, sicut erat in prtnctpio et nunc et semper et in saecula saeculorum amen.

III. Tropus: Deus paterfilium suum hodie misit in mundum de quo gratu- lantes dicamus cum propheta:

Introitus: Puer natus est nobis etfilius datus est nobis Qui sedebit super thronum david et in aeternum imperabit

Cuius imperium super humerum eius

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Ecce veniet deus et homo de domo david sederit in throno Et vocabitur nomen eius

Eo quod futura annunciabit lliag7ni consilii anyelus.

Fur das Fest der Weihnachtsoktav zeigt Winchester folgende Zusammen-

stellung:

I. Tropus: Gaudeamus hodie quia deus descendit de caelis et propter nos in terris

Introitus: Puer natus est nobis E Quem prop he te diu vaticinati sunt ; fehlt in Winch ester ]

Etfilius datus est nobis Hunc a patre iam novimus advenisse in mundum

Cuius imperium super humerum eis [Potestas et regnusl in manu eius; fehlt in Winchester]

Et vocabitur nomen eius Admircebtlis consiliarius deus fortts princeps pacis

Magni consilii angelus Ad Ps.: Ad eterne salutis gaudia et nos salvandi gratia

Ps.: Cantate domino canticum norum, quia mirabilia fecit.

II. Tropus: Quem nasci mundo docuere ez ordine vates Puer natus est nobis

Visceribus sacris quem gessit mater opima Etfilius datus est nobis

Et diadema cluens *n vertice scandet Cuius tmperium super humerum eius

Ad Gloria: Qui celestis etc. [Zusatz in Winchester] Gloria

III. ,,Quod prisco" ut supra [Ps. Notum fectt]

IV. ad repetendum: Rez celi etc. [Unicum in Winchester] Puer natus est nobts etfilius datus est nobis

ilrtorem etc. Cuius imperium super humerum eius

Sicut est propheta etc. Magni cons*lii angelus

Betrachten wir nunmehr den Kleinaufbau. Von diesen Texten ist der

erste, Ecce adest verbum in vielen Handschriften, und vor alletn auch in sehr

alten, uberliefert. Er ist tatsachlich fur Westeuropa einer der grundlegenden

Weihnachtstropen. Konsl;itutiv sind in ihm nur die ersten drei Versikel, Ecce,

Quern und Nomen. Der letzte Versikel variiert in den verschiedenen Hand-

schriften und ist anscheinend erst spater hinzugefugt worden. Der hier ein-

gesetzteVersikel Rex lumen erscheint no ch einm al in einem anderen Introitus-

Tropus: er steht als 2. Versikel in Ad eterna satutts gaudsa, der ihm folgende

Introitusabschnitt ist dort Cqbsus smpersum. Auch in den Mitteltropen gibt es also spatere Erganzungsteile. Diese sind,

wie das Beispiel Rex 1?4men zeigt, nicht unbedingt an den zugehorigen Teil

des Originaltextes gebunden. Das bedeutet, daB bei ihrer Komposition das

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Sinn und Wesen der Tropen 143

Gefuhl fur den Sinnzusammenhang des Tropus mit dem ihm folgenden Ori- ginaltext bereits verlorengegangen war.

Daraus folgt dann weiter, daB man in dieser Zeit auch altere, noch sinn- gebundenelzersikel aus ihrem Zusammenhang gelost und in anderemMerband benutzt hat. So ist das Hauptstuck Ecce adest ulit seinen beiden Mitteltropen Quem virgo und Nomen ef us in der Hs. Munchen lat 14 083 als dreiteilige Mittel- gruppe hinter der Einleitung Deus pater filtum suum verwendet worden, wo- bei Ecce adest, das bisher zum ganzen 1. Textabschnitt Puer natus est nobis et filius datus est nobis gehorte, nunmehr die Einleitung zu dessen zweiter Halfte Et filtus dcttus est nobis bildet - was keine \terschiebung des Sinn- zusammenhangs mit sich bringt. Die Versikel Quem viryo und tTomen efus bleiben dabei uberhaupt in ihrem alten Verband. Dieser selbe Wechsel findet sich auch in der deutschen Handschriftengruppe, wo der Introduktionstropus Absque nascentium ordine in den Handschriften St. Gallen 381 und 484 als 1. Mitteltropus zu Et filtus datus est nobis gebraucht wird.

Die beiden Mittelteile Quem viryo und Nomen eius sind das Bindeglied der franzosischen und der deutschen tSberlieferung. Sie folgen sowohl der fran- zosischen Introduktion Ecce adest wie der deutschen Hodie cantandus est. Da- bei ist innerhalb der franzosischen Handschriften aber schon eine Verschie- bung eingetreten: Wahrend die eine Gruppe, zu der auch das Winchester- Tropar gehort, Quem virgo zu Et filius und Nomen zu CU?,US setzt (siehe oben S. 141), stellt die andere, zu der etwa die italienische Handschrift Verona 107 zahlt, Quem virgo vor Cuius imperium und Nomen eius vor Et vocabitur - unddiesebensonach derIntroduktion Hodiesalvatormundi (sieheoben S. 135). Die Reichenauer Handschrift Bamberg Lit. 5 folgt der zentralfranzosischen Gruppe, wobei sie die beiden Versikel an die Introduktion Hodie cantandus anschlieBt. Betrachtet man den Sinnzusammenhang, so hat Nonantola (S. 135) offensichtlich den ursprunglichen logischen Zusammenhang bewahrt, wahrend die franz. Handschriften mit Reichenau eine sekundare Form uberliefern.

Nicht nur zwischen entfernteren Regionen (Italien-Frankreich) treten Ver- schiebungen auf, sondern auch innerhalh eines Repertoires. Der Tropusver- sikel Princeps pacis steht nach Hodie orta est stella vor Cuius imperium als 1. Mittelversikel, nach Veneranda trinitas dagegen als 3. Mittelversikel vor Magni consilii, und beides im sudfranzosischen Kreis, beide Stucke sogar zu- sammen in derselben Handschrift Bibl. Nat. lat. 1118 uberliefert.

Eine besonders auffallige Aterschiebung zeigt das (schon einmal angefuhrte) Deus pater filtum suum, das in der franzosischen Handschriftengruppe Ein- leitungstropus ist - und zwar ad repetendum (siehe S. 141, Abschnitt III) -, in Nonantola dagegen vor dem letzten Abschnitt Magni consslsi steht. DaB hier Frankreich die originale Form uberliefert, zeigt der Text: dicamus cum 7)ropheta bezieht sich auf Puer natus des Jesaja, wahrend auf Mayni consilti ein Psalmvers folgt.

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144 Eeinrich Husmann

Dieselbe Verschiebung zeigt auch der Versikel Hodte natus est salvator, so- gar innerhalb derselben Handschriftengruppe -: in Verona 107 ist er Intro- duktion, in Nonantola steht er vor Magnz consilti.

Verwandt liegen die Verhaltnisse bei Ad eterne salutts gaudta, das einerseits in den franzosischen Handschriften Introduktion ist (mit Rex lqzmen als 1. Mit- telversikel siehe oben), andererseits in Winchester vor dem Psalmvers Can- tate domino steht (siehe S. 142).

Noch groBer ist die Differenz bei dem franzosischen Versikel Glorietur pater in 721io suo unigentto, der eine GEloria-patri-Einleitung ist (zllsammen mit einem entsprechenden Sicut-erat-Teil), in Paris lat. 1118 aber nach der Introduk- tion Ante luciferum als 1. Mitteltropus vor Et fiilius steht - was dem Sinn- zusammenhang nach gar nicht schlecht ist.

Eine andere, noch entferntere Verschiebung la-Bt sich z. B. an den Tropen des Stephanus-Textes (2. 7'eihnachtstag) verfolgen. Etwa der Versikel Quam iste adeo ist in franzosischen Handschriften Gloria-patri-Introduktion nach Eia conlevite, in Kassel Q 25 Xallpttropus ad repetendum.

Pro qua venerandus steht in deutschen Handschriften nach Domine zesu chrtste als ad-repetendum-Einleitung, in der Mindener Handschrift Berlin Theol Q 11 aber vor dem Gloria nach Hodse beatus Stephanu,s. Nach dessen 2. Psalmvers setzt Q 11 Cutus hic zur Repetition, das hier in St. Gallen 381 schon vor dem Gloria patri steht.

Zur Beurteilung dieserVerhaltnisse muB man freilich bedenken, daB Introi- tus, Psalmvers und Gloria einander gleichgeordnete Stucke sind, wahrend die Mitteltropen auf einer zweiten, untergeordneten Stufe stehen, im Gegensatz zu den die eben angefuhrten Stucke einleitenden Tropen, die damit alle glei- chermaBen ,,Introduktions"-Tropen sind. Der Wechsel von Introitus-Einlei- tungen zu Psalmverseinleitungen und Gloria-patri-Introduktionen vollzieht sich also auf einer Ebene, wahrend die Verwendung von Introduktionen als Mitteltropen diese um eine Stufe tieferruckt.

Ein anderer Wechsel endlich ist noch auffallender: es gibt auch Versikel, die in die Stucke anderer Feste hinuberwechseln. So etwa steht in der sudfran- zosischen Handschrift Paris Bibl. Nat. lat. 1118 der Tropus

Tropus: Ante luctferum et mundi principium hx pater sancte tneffabKiltter genuistt ,4tium

Introitus: Puer natus est nobis Tropus: Glorietur pater tn filio suo unigenito Introitus: Etfilius datus est nobis Tropus: Ipse in trinitate manet cum paraclito Introitus: Cuius imperium super humerum eius

in dem Gloriet?lr pater, wie beschrieben, erst nachtraglich eingeschoben wor- den ist. Tatsachlich steht derselbe Tropus nur zweigliedrig in einer anderen Handschrift, namlich im Winchester-Tropar. Aber dort gehort er zum Introi- tus der weihnachtlichen Mitternachtsmesse:

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145 Sinn und Wesen der Tropen

Tropus: Ante [uciferum etc. Introitus: Dominus dixit ad me: flius meus es tu Tropus: Ipse in trinitate etc. Introitus: Ego hodie genui te

Der Wechsel einzelner Versikel in verschiedene Zusammenhange hinein ist eine interessante Erscheinung, die die Freizugigkeit der Versikel in der Zeit der Auflosung ihres Zusammenhanges hell beleuchtet. Fur die Beurteilung desWesens der Tropen wichtiger ist eine andere Erscheinung: derWechsel geschlossener Gruppen.

XVir haben schon gesehen, wie die Gruppe Ecce adest - Quern virgo - Nomen efus einmal selbstandig, weiter als Mittelgruppe an Deus pater angehangt ist. Weiter steht Quem virgo mit Nornen eius - und zwar ohne die oben geschil- derte Verschiebung zu CuXus irnperiurn und Et vocabitur - als Mittelstuck an Hodie salvator mundi, zusammen mit Magni consilfi (siehe S. 135), das ihm auch in Verona 107 hinter Ecce adest folgt - mit der Verschiebung stand es hinter Hodie cantandus, wie wir sahen.

Ein ahrllicher MEechsel findet sich bei der Gruppe Filius altissimus - Ad- mirabilis, die in Bobbio zu Et vocabitur bzw. Magni consilfi (hinter Ecce adest) gehort, wahrend sie in Verona 107 (hinter Hodie salvator) zu CuXus irnperiurn bzw. Et vocabitur steht, Filius allein in Paris lat. 1084 nach Ad eterne patris sogar zu Magni consilii triti.

Betrachtet man weitere Beispiele, so ergibt sich, daS die sich in diesen bei- den Beispielen vorfindende - ja geringfugige - Verschiebung nur hier begeg- net. Im allgemeinen behalten Gruppen ihre Stellung zu den Originalversikeln unverandert bei. So steht die Mittelgruppe

Preter omnium puerorum consuetudinem de virgine procreatus Etfilius datus est nobis

Ex tempore quidem matri sempiternitate vero consubstantialis deo patrz Cuius imperium super humerum eius

Crucis videlicet lignum ad debellandos invisibiles inimicos Et vocabitur nomen eius

sowohl nach der Einleitung Hodie cantandus, wie nach Laudemus omno8.

Die Mittelgruppe

IneJ%abilis fortis et mirabilis Etfilius datus est nobis

Ante natus quam mundus esset factus de patre Cuius imperium

Prectpuum sempiternum atque aupernum Super humerum

Qui creavit quicquid celis terrisque consistit Et vocabitur nomen eius

steht in Kassel Q 25 an Hodie cantandus est, an Laudemus omnes in St. Gallen 376 etc. und an Hodie natus est Christus in St. Gallen 381 etc.

10 Archiv fAr Musikwissenschaft 1959 112

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146 Eeinrich Husmann

Die als 2. Halfte einer groBeren Mittelgruppe fungierende G#ruppe Privtlegio patris Jilii superni

Nomen eius Judeis ac genttbus adnunttans se deum

Magni consilii angelus

steht in St. Gallen 376 etc. hinter Preter - Ex tempore - Crucis nach Hodie cantandus, nach Inegabilis usw. hinter Hodie natus est Christus in St. Gallen 381 etc. Die Gruppe

Et potestas et regnum tn man? eius Et vocabttur nomen etus

Admirabtlis consiltarius deus fortis prtnceps pacis Magni cons?lti angelus

steht hinter Ecce adest in Paris lat. 9448 (aus Prum/Eifel), hinter Ga¢deamus omnes dagegen in fast allen Handschriften der sudfranzosischen Gruppe.

Auch Einzelversikel von Mittelgruppen stehen beim Mrechsel in andere Ver- bande ebenso haufig an derselben Stelle. Magni consilfi steht sowohl nach Hodie salvator (Nonantola) wie nach Ecce adest (Verona 107) vor Mayns con- silfi. Zu diesem gehort auchMagnt4s et metz4endz4s sowohl nach Hodie cantandus (Bamberg Lit. 5 usw.) wie nach Hodie in terra (St. Gallen 381 etc.). Ebenso Pater futt4ri gehort nach Ecce adest (Paris lat. 1119), nach Qt4em nasci mundo (Paris lat. 1240) und nach Ad eterne (in Paris lat. 1240) stets zuMayni consilii.

ftberblickt man die Verhaltnisse im ganzen, so sieht man, daB Mitteltropen und Einleitung im allgemeinen voneinander unabhangig sind. Wir durfen dar- aus schlieBen, daB beide verschiedenen Epochen oder Zusammenhangen ent- stammen. Das geht auch noch aus einer anderen Tatsache hervor: Es gibt eine gesonderte tberlieferung von Anfangs- bzw. Mitteltropen.

Zum Introitus existiert eine sehr groBe Anzahl von Handschriften, die die bisher behandelten Einleitungen ohne die in den eben aufgezahlten Fallen mit ihnen verbundenen Mitteltropen uberliefert. So erscheinen allein ohne Mitteltropen Det4s pater in Paris lat. 9448, Ecce adest verbt4m im Aachener Arnolduscodes, das mit ihm identische Htc est de qt40 in Berlin Q 11, Godie ext4ltent in Bamberg Lit. 5, Hodie cantandt4s in Verona 107 etc., Hodse tn terra in Lit. 5. - Unrgekehrt steht die Reihe Inefabtlss usw. in Oxford Selden supra 27 ohne vorangehende Einleitung.

Weiter gibt es eine groBe Anzahl von Einleitungstropen, die in keiner Hand- schrift durch Mitteltropen erganzt werden. Zum Introitus Pt4er natus est seien folgende aufgezahlt (* = mit verschiedenen Haupttropen verbunden):

* Cuius potentissimus ad repetendum an Hodie cantandus est Q 11, 376/8/80182 II; ad repetendum an Ineffabilis Oxf Ss 27, Wien 1609 (= Hodie natus ohne Introduktion).

* Ex se natum ad repetendum nach Ecce adest Verona; ad repetendum nach Lau- damus omnes Q 11 Lit 5 376/378/380, 3811384 Ss 27 1609.

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Sinn und Wesen der Tropen 147

Gloria tibi Christe FIV 18, G V 20 hinter Quem queritis. Hodie eterni patris Oxf Ss 27 hinter Elodie cantandus est. Hodie lux vera Oxf Ss 27 hinter dem vorigen. Hodie super terram ad repetendum apn Ad eterne 1871; selbstandig 1118. Letaminz 1118 (ohne Noten) AItro modo ad repetenduIn nach Hodte cantandus est 376/8/80/82 II, 381/484.

* Omnium vobis ad repetendum nach Hodie cantandus est Ga 13; hinter Hodie ezal- tent Lit. 5.

Predtotus a prophete ad repetendum an laudemus omnes Lit. 5. Puer natus est nobisfilius det 1118. Quem queritis Verona, Verc, FIV 18, GV 20; 13252, 9449, 1235; 887, 1084, 1118,

1119, 1871, 903, 909/1121. Venite gentes apd repetendum an Quo prisco 1118.

Diese Zusammenstellung zeigt, daB die Introduktionen tatsachlich den eigentlichen Grundbestand der Tropen ausmachen. Zu ihnen sind offensicht- lich erst spater die Mitteltropen getreten. Wahrend die Introduktionen Ge- meingut aller christlichen Riten sind, besitzen die Mitteltropen nicht eine solche universelle Verbreitung. Aber immerhin haben sie eine Parallele im Byzantinischen. Hier heiBen die Psalmverse ,,Stichos", die vorangehenden Einschube ,,Stichiron", und zwar zum eis stichon, das ware lateinisch - auch syntaktisch genau entsprechend - versic?l?s in vers?m. Die Stichira sind dem Lauf des Kirchenjahres entsprechend gesammelt in Handschriften, die Stichirarion heiBen. Sie entsprechen also den lateinischen Troparien.

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