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Herr Kapitza, Sie beklagen, dass die Strahltechnik als ein „low interest product“ wahrgenommen wird. Wie kommen Sie darauf? Zunächst kann ich dazu sagen, dass das nicht nur meine Einschätzung ist, sondern auch die Wahrnehmung ver- schiedener Hersteller von Strahlanlagen, die im VDMA-Arbeitskreis Strahltechnik sind. Sicher ist, dass es eine der wesent- lichen Motivationen für die Gründung des Arbeitskreises war. Oftmals wird die Strahltechnik als ein staubiger, lauter Pro- zess empfunden. Das ist er auch, wenn Wartung und Betrieb der Anlagen ver- nachlässigt werden. Verkannt wird dabei, dass die Strahltechnik ein wichtiger Teil der Wertschöpfung ist und zwar häufig, weil die gestrahlten Werkstücke weiter be- und verarbeitet werden. Das ist ein wichtiger Zwischenschritt vor dem Endstadium des Werkstücks. Haben Sie mit den Herstellern gesprochen? Die Initiative für den Arbeitskreis ging vom VDMA aus. Das war vor zwei Jahren, da hatte Dr. Martin Riester (Referent für Oberflächentechnik im VDMA und Koor- dinator der Strahltechnikaktivitäten, Anm. d. Red.) auf der Hannover Messe einige Strahlanlagen-Hersteller angespro- chen und gefragt, ob man sich zusam- mensetzen könnte, um die Gründung eines solchen Arbeitskreises zu bespre- chen. Und in dieser Runde kamen die Teilnehmer zu der Überzeugung, dass es sinnvoll ist, einen solchen Arbeitskreis zu bilden, um die Strahltechnik aus dieser „low interest“-Ecke herauszuholen. Seit wann beobachten Sie diesen Trend? Das ist nichts Neues, sondern ein Umstand, mit dem sich die Branche nach wie vor befassen muss. Ich denke, dass Strahlanlagen in der Vergangenheit bei einer Vielzahl von Anwendern nicht als ein hochwertiges Markenprodukt, son- dern eher als eine notwendige Investition angesehen wurden. Das mag sich auch in verschiedenen Branchen unterschiedlich ausprägen. Klar ist, dass es bei einigen Betrieben eine hohe Wahrnehmung hat, aber bei der Vielzahl der Betriebe ist es nicht so. Worin sehen Sie die wertschöpfende Wirkung der Strahltechnik? Durch das Strahlen von Oberflächen reinige ich Oberflächen, kann sie aber Wertschöpfung durch Strahltechnik „Wir heben die Bedeutung des Strahlens hervor“ Anwender von Strahlanlagen zeigen nur wenig Interesse für die Wartung und Pflege ihrer Maschinen — so das Fazit einer VDMA-Presseerklärung vom April 2011. Doch wie begründet sich diese negative Einschätzung? Darüber sprach JOT mit Ulf Kapitza, Sprecher des VDMA-Arbeitskreis Strahltechnik. „Anwender von Strahl- anlagen senken War- tungs- und Ersatzteil- kosten drastisch, wenn sie wenige wichtige Regeln einhalten.“ Ulf Kapitza, Sprecher des VDMA- Arbeitskreises Strahltechnik, ist Leiter Marketing und Vertrieb bei Agtos 20 JOT 7.2011 strahlen DOI: 10.1365/s35144-011-0118-2

„Wir heben die Bedeutung des Strahlens hervor“

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Page 1: „Wir heben die Bedeutung des Strahlens hervor“

Herr Kapitza, Sie beklagen, dass die Strahltechnik als ein „low interest product“ wahrgenommen wird. Wie kommen Sie darauf?

Zunächst kann ich dazu sagen, dass das nicht nur meine Einschätzung ist, sondern auch die Wahrnehmung ver-schiedener Hersteller von Strahlanlagen, die im VDMA-Arbeitskreis Strahltechnik sind. Sicher ist, dass es eine der wesent-lichen Motivationen für die Gründung des Arbeitskreises war. Oftmals wird die Strahltechnik als ein staubiger, lauter Pro-zess empfunden. Das ist er auch, wenn Wartung und Betrieb der Anlagen ver-nachlässigt werden. Verkannt wird dabei, dass die Strahltechnik ein wichtiger Teil der Wertschöpfung ist und zwar häufig, weil die gestrahlten Werkstücke weiter be- und verarbeitet werden. Das ist ein wichtiger Zwischenschritt vor dem Endstadium des Werkstücks.

Haben Sie mit den Herstellern gesprochen?

Die Initiative für den Arbeitskreis ging vom VDMA aus. Das war vor zwei Jahren, da hatte Dr. Martin Riester (Referent für Oberflächentechnik im VDMA und Koor-dinator der Strahltechnikaktivitäten, Anm. d. Red.) auf der Hannover Messe einige Strahlanlagen-Hersteller angespro-chen und gefragt, ob man sich zusam-mensetzen könnte, um die Gründung

eines solchen Arbeitskreises zu bespre-chen. Und in dieser Runde kamen die Teilnehmer zu der Überzeugung, dass es sinnvoll ist, einen solchen Arbeitskreis zu bilden, um die Strahltechnik aus dieser „low interest“-Ecke herauszuholen.

Seit wann beobachten Sie diesen Trend?Das ist nichts Neues, sondern ein

Umstand, mit dem sich die Branche nach wie vor befassen muss. Ich denke, dass Strahlanlagen in der Vergangenheit bei einer Vielzahl von Anwendern nicht als

ein hochwertiges Markenprodukt, son-dern eher als eine notwendige Investition angesehen wurden. Das mag sich auch in verschiedenen Branchen unterschiedlich ausprägen. Klar ist, dass es bei einigen Betrieben eine hohe Wahrnehmung hat, aber bei der Vielzahl der Betriebe ist es nicht so.

Worin sehen Sie die wertschöpfende Wirkung der Strahltechnik?

Durch das Strahlen von Oberflächen reinige ich Oberflächen, kann sie aber

Wertschöpfung durch Strahltechnik

„Wir heben die Bedeutung des Strahlens hervor“Anwender von Strahlanlagen zeigen nur wenig Interesse für die Wartung und Pflege ihrer Maschinen — so das Fazit einer VDMA-Presseerklärung vom April 2011. Doch wie begründet sich diese negative Einschätzung? Darüber sprach JOT mit Ulf Kapitza, Sprecher des VDMA-Arbeitskreis Strahltechnik.

„Anwender von Strahl-anlagen senken War-tungs- und Ersatzteil-kosten drastisch, wenn sie wenige wichtige Regeln einhalten.“

Ulf Kapitza, Sprecher des VDMA- Arbeitskreises Strahltechnik, ist Leiter Marketing und Vertrieb bei Agtos

20 � JOT 7.2011

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auch aufrauen, verfestigen und so andere Eigenschaften hinzufügen. Zum Beispiel beim Verfestigen ist es so, dass sich die Lebensdauer der Werkstücke verlängert, was im Automobilbereich im Getriebebau vorteilhaft ist. Um dünnere Materialien verwenden zu können, werden Teile durch Shotpeening verfestigt; damit wird auch eine andere Wertschöpfung der Teile erreicht. Auch das Aufrauen von Blechen vor der Pulverbeschichtung, zum Beispiel bei verzinkten Oberflächen, trägt dazu bei, die Lebenszeit der Werkstücke zu verlängern.

Wie äußert sich die geringe Wertschät-zung der Strahltechnik in der Praxis?

Wir beobachten, dass Strahlanlagen in vielen Betrieben schlecht gewartet und gepflegt werden. Das ist in der Regel nicht dem an der Maschine arbeitenden Perso-nal zuzuschreiben, denn das Budget und die Zeit müssen von vorgelagerten Stellen freigegeben werden. Die regelmäßige Wartung und der rechtzeitige Austausch von Verschleißteilen haben bei Strahl-anlagen einerseits einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität der erzielten Oberflächen. So wird eine Menge Geld gespart. Andererseits ist es auch wichtig für die Lebensdauer der Maschinen. Sie wird erhöht, wenn die Maschinen regel-mäßig und fachmännisch inspiziert und gewartet werden. Anwender, die wenige wichtige Regeln einhalten, senken so auch die Wartungs- und Ersatzteilkosten im Ver-gleich zu anderen drastisch. Leider ist auch oft die Qualifikation des eingesetz-ten Personals nicht ausreichend. Das sind die Praxiserfahrungen, die wir haben.

Haben Sie dafür ein konkretes Beispiel?Das Strahlmittel trägt Schichten ab und

zwar nicht nur auf den Werkstücken, die bearbeitet werden, sondern auch in der Maschine. Wenn diese Maschine nicht regelmäßig gewartet wird, können große Schäden auftreten und danach werden noch größere Reparaturarbeiten fällig. Das ist kein negatives Kriterium eines Strahlanlagenherstellers, sondern alle

Strahlanlagen müssen oft und regelmäßig gewartet werden.

Sehen Sie mehr Kommunikationsbedarf?Ja, genau. Wenn ich das mit der Wahr-

nehmung von Laserschneidmaschinen oder anderen Anlagen vergleiche, dann ist das anders. Die Strahlanlage steht irgendwo in der Ecke, die hat ihre Arbeit zu leisten, aber wie sie es macht, das ist im Grunde egal. Sie wird als notwendiges Übel empfunden. Wir möchten erreichen, dass diese Investition später entspre-chend behandelt wird. Nur so wird sie sich rechnen und dem Kunden den erwar-teten Erfolg bringen.

Was kann der VDMA-Arbeitskreis Strahltechnik tun, um dieses Problem zu lösen?

Wir haben gesagt, wir wollen gemein-sam daran arbeiten. Einer allein kann eine derartige Bewusstseinsänderung bei den Anwendern nicht stemmen. Deswegen möchten wir die Bedeutung des Strahlens für das Endprodukt des Anwenders beleuchten und ins Bewusstsein rücken. Immerhin ist das Geschäft der Anwender abhängig von makellosen Oberflächen. Oberflächen machen Produkte erfolgrei-cher. Die Aktivitäten des AK Strahltechnik zielen genau darauf ab. Dafür informieren

wir über Anwendungen der Strahltechnik, Sicherheitsfragen und technische Grund-lagen auf Messeständen und im Internet. Es existiert ein Lieferverzeichnis in meh-reren Fremdsprachen. Und Marktüber-sichten sind geplant.

Was können Hersteller von Strahl-anlagen im Alltag dazu beitragen?

Ich bin der Meinung, dass eine gute Betriebsanleitung die Basis für alle War-tungsarbeiten ist. ‚Gut‘ ist natürlich ein relativer Begriff, von Technikern wird natürlich eine nach Maschinenrichtlinie ausgerichtete Betriebsanleitung als gut empfunden, das soll sie auch sein. Aber sie muss auch gut aufbereitet sein, dass der Anwender sie versteht. Das ist ein weites Feld, man kann viel machen, die Betriebsanleitung zum Beispiel auch inte-ressanter gestalten, dass man sie gerne liest. Aber das ist natürlich nur ein Bau-stein. Der Servicegedanke muss bei den Herstellern gestärkt werden. Wichtig ist es, dem Anwender die Besonderheiten des Maschinentyps nahezubringen. Denn wir beobachten, dass Anwender, die sich mit ihren Strahlanlagen auseinanderset-zen, entscheidende Vorteile haben. Für die wird dann mit dem richtigen Maßnah-menbündel aus dem low interest product ein high interest product. (kw)

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