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TELE 21 20 TELE NATUR / REISE Pressen geröstet. Erst dann be- kommt das Öl den so charakteristi- schen Nuss-Mandel-Geschmack. «Ich schaffe pro Monat vielleicht 15 Liter Arganöl, mehr nicht», erklärt Asma. Darum ist das Öl so teuer. In Europa ist das flüssige Gold Marokkos, wie Arganöl auch ge- nannt wird, zum Lieblingskind der Schönheitsindustrie geworden. Es besteht zu fast 80 Prozent aus un- gesättigten Fettsäuren, ist reich an Vitamin E und Antioxidantien. «Wir haben uns das Öl schon ins Gesicht gestrichen, lange bevor Wissenschaftler herausgefunden haben, dass es wie ein Anti-Aging- Produkt wirkt.» Naima lächelt. Blick vom Dach der Kooperative über Douar Foulouste. Die Kooperative trägt zur Existenz- sicherung ganzer Berberfamilien bei. FLÜSSIGES GOLD MAROKKOS Dass jetzt Starköche auf den Trend aufspringen, erstaunt sie ebenfalls nicht. «Der nussige Geschmack ver- leiht den Gerichten das gewisse Etwas», erzählt sie und hält einer Touristin die Tür auf. Noch schau- en sie nur vereinzelt vorbei, obwohl der Touristenort Essaouria nur 30 Minuten entfernt ist. Aber die Ko- operative liegt nicht an der Haupt- strasse, kein Schild weist auf die Arganöl-Manufaktur hin. Der Austausch mit den Touris- ten sei sehr fruchtbar und berei- chernd, findet Naima. Auch für die Besucher: Nirgendwo sonst erhält man einen so guten Einblick in die marokkanische Realität. T Arganbäume wachsen nur in der Region zwischen Agadir und Essaouira. Fleissige Nuss- knackerin Asma: Sie liebt die Zusammen- arbeit mit den anderen. Fotos: Keystone, Sonja Hüsler (4), 123rf.com Wissenswertes Arganöl Die Berberinnen der Coopérative féminine von Douar Foulouste verlangen für einen Liter Öl 250 Dirham (ca. 25 Franken). Aufgepasst, wenn Sie Produkte aus Läden entlang den Hauptstrassen um Essaouira, Agadir oder sonstwo im Land kaufen: Viele Öle sind mit Oliven- oder Frittieröl gestreckt und werden in Plastikflaschen zu un- glaublich tiefen Preisen verkauft. Argan-Kooperativen Viele Marok- kanerinnen sind es leid, auf grossen Plantagen und in Fabriken zu ar- beiten: Sie schliessen sich Frauen- Kooperativen an oder gründen selber eine. Dort verdienen sie pro Kilo Argan-Mandeln um die € 4.50. Argan-Baum Er gedeiht nur im Südwesten Marokkos und in keiner anderen Region der Welt. 1998 hat die Unesco ein ca. 8000 km 2 grosses Gebiet in der Nähe von Agadir zum Biosphären-Reservat erklärt, da der Baum wegen Über- nutzung und Abholzung bedroht ist. Spezialist Christoph Zollinger von Best of Marokko verlor vor Jahren sein Herz an den Maghreb-Staat. Er stellt individuelle Touren zusammen und hat so manchen Insider-Tipp parat. Auch kann er Besuche in besonderen Argan-Manufakturen organisieren. 4 Nächte Marrakesch plus 3 Nächte Essaouira inkl. Über- nachtung in landestypischen Riads, Mietwagen, Argan-Kooperativen- Besuch etc. ab Fr. 730.–/Person (bestofmarokko.ch; 044 262 55 11). Im Südwesten Marokkos, wo der Arganbaum wächst, wird gearbeitet wie vor 100 Jahren: mit einfachen Hilfsmitteln und mit Körperkraft. Denn es gibt keine Maschine, die Argankerne so effizient knackt wie die Hände der Berberinnen. Nachdem die Früchte im Sommer von den Bäumen ge- fallen sind, sammeln sie die Frauen auf und trocknen sie an der Sonne. Dann klopfen sie die Nüsse, die 16-mal härter sind als eine Haselnuss, mit einem Stein auf. Die Kerne, die zum Vorschein kommen, werden vor dem aufschlagen, bringen die jungen den älteren Schreiben und Lesen bei. Diese wiederum wissen fast immer Rat, wenn eine der jüngeren Ehe- probleme oder finanzielle Sorgen hat. «Seit wir uns fast täglich sehen und zusammen arbeiten, geht es uns viel besser», sagt Asma. Das angenehme Arbeitsklima sei einer der Gründe, wieso sie die Kooperative ins Leben riefen, er- klärt Naima, eine der Initiantinnen. In einem Land wie Marokko, wo die Sitten streng und die Frauen den Männern nicht gleichgestellt sind, muss man sich organisieren. «Der Arganöl-Boom in Europa darf noch lang anhalten, er macht uns stark.» S ie schnattern fröhlich, kichern und feixen. Die fünf Berberfrauen haben offensichtlich Spass an ihrer Arbeit. «Ja, jetzt schon», wen- det Asma (28) ein, «jetzt, wo es die Coopérative féminine gibt. Früher sassen wir allein in der dunklen Küche und haben dort die Argan- nüsse zu Öl verarbeitet.» Seit ein paar junge Frauen, die die Schule besuchen konnten, 2007 in Douar Foulouste eine Frauen- kooperative gegründet haben, ver- richten bis zu 47 Berberinnen ihre Arbeit mitten im Dorf, zusammen in einem zweistöckigen roten Haus. Wenn die Frauen nicht Argannüsse Arganöl ist ein Segen für marokkanische Berberinnen. Und den Europäern verspricht das flüssige Gold ein langes Leben – und bessere Salatsaucen. Text: Sonja Hüsler Naima, eine der Gründerin- nen der Argan- öl-Kooperative.

Wissenswertes marokkos flüssiges gold - travel.tele.chtravel.tele.ch/files/2012/05/TEL_48_020_021_Marokko_Argan.pdf · argan-kooperativen Viele Marok-kanerinnen sind es leid, auf

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Pressen geröstet. Erst dann be-kommt das Öl den so charakteristi-schen Nuss-Mandel-Geschmack. «Ich schaffe pro Monat vielleicht 15 Liter Arganöl, mehr nicht», erklärt Asma. Darum ist das Öl so teuer.

In Europa ist das flüssige Gold Marokkos, wie Arganöl auch ge-nannt wird, zum Lieblingskind der Schönheitsindustrie geworden. Es besteht zu fast 80 Prozent aus un-gesättigten Fettsäuren, ist reich an Vitamin E und Antioxidantien.

«Wir haben uns das Öl schon ins Gesicht gestrichen, lange bevor Wissenschaftler herausgefunden haben, dass es wie ein Anti-Aging-Produkt wirkt.» Naima lächelt.

Blick vom Dach der Kooperative über Douar Foulouste.

Die Kooperative trägt zur Existenz­sicherung ganzer Berberfamilien bei.

flüssiges goldmarokkos

Dass jetzt Starköche auf den Trend aufspringen, erstaunt sie ebenfalls nicht. «Der nussige Geschmack ver-leiht den Gerichten das gewisse Etwas», erzählt sie und hält einer Touristin die Tür auf. Noch schau-en sie nur vereinzelt vorbei, obwohl der Touristenort Essaouria nur 30 Minuten entfernt ist. Aber die Ko-operative liegt nicht an der Haupt-strasse, kein Schild weist auf die Arganöl-Manufaktur hin.

Der Austausch mit den Touris-ten sei sehr fruchtbar und berei-chernd, findet Naima. Auch für die Besucher: Nirgendwo sonst erhält man einen so guten Einblick in die marokkanische Realität. T

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Im Südwesten Marokkos, wo der Arganbaum wächst, wird gearbeitet wie vor 100 Jahren: mit einfachen Hilfsmitteln und mit Körperkraft. Denn es gibt keine Maschine, die

Argankerne so effizient knackt wie die Hände der Berberinnen.

Nachdem die Früchte im Sommer von den Bäumen ge-

fallen sind, sammeln sie die Frauen auf und trocknen sie an der Sonne.

Dann klopfen sie die Nüsse, die 16-mal härter sind als eine Haselnuss, mit einem Stein auf. Die

Kerne, die zum Vorschein kommen, werden vor dem

aufschlagen, bringen die jungen den älteren Schreiben und Lesen bei. Diese wiederum wissen fast immer Rat, wenn eine der jüngeren Ehe-probleme oder finanzielle Sorgen hat. «Seit wir uns fast täglich sehen und zusammen arbeiten, geht es uns viel besser», sagt Asma.

Das angenehme Arbeitsklima sei einer der Gründe, wieso sie die Kooperative ins Leben riefen, er-klärt Naima, eine der Initiantinnen. In einem Land wie Marokko, wo die Sitten streng und die Frauen den Männern nicht gleichgestellt sind, muss man sich organisieren. «Der Arganöl-Boom in Europa darf noch lang anhalten, er macht uns stark.»

s ie schnattern fröhlich, kichern und feixen. Die fünf Berberfrauen haben offensichtlich Spass an

ihrer Arbeit. «Ja, jetzt schon», wen-det Asma (28) ein, «jetzt, wo es die Coopérative féminine gibt. Früher sassen wir allein in der dunklen Küche und haben dort die Argan-nüsse zu Öl verarbeitet.»

Seit ein paar junge Frauen, die die Schule besuchen konnten, 2007 in Douar Foulouste eine Frauen-kooperative gegründet haben, ver-richten bis zu 47 Berberinnen ihre Arbeit mitten im Dorf, zusammen in einem zweistöckigen roten Haus. Wenn die Frauen nicht Argannüsse

Arganöl ist ein Segen für marokkanische Berberinnen. Und den Europäern verspricht das flüssige Gold ein langes Leben – und bessere Salatsaucen.Text: Sonja Hüsler

Naima, eine der Gründerin­nen der Argan­öl­Kooperative.