52
Z FA Zeitschrift für Allgemeinmedizin German Journal of Family Medicine Oktober 2012 – Seite 385-432 – 88. Jahrgang www.online-zfa.de 10 / 2012 Im Fokus DEGAM Praxishospitationen 21. SGAM-Jahreskongress Antibiotika – für wen? Thromboembolieprophylaxe Beratungsanlass: Beinschwellung Fortbildungskalender DEGAM-Kongress: Preisgekrönte Poster Organ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), der Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA), derSalzburger Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SAGAM) und der Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SüGAM) Official Journal of the German College of General Practitioners and Family Physicians, the Society of Professors of Family Medicine, the Salzburg Society of Family Medicine and the Southtyrolean College of General Practitioners This journal is regularly listed in EMBASE/Excerpta Medica, Scopus and CCMED/MEDPILOT DP AG Postvertriebsstück – Entgelt bezahlt – 4402 – Heft 10/2012 Deutscher Ärzte-Verlag GmbH – Postfach 40 02 65 – 50832 Köln

ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

  • Upload
    others

  • View
    12

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Z FAZeitschrift für Allgemeinmedizin

German Journal of Family Medicine

Oktober 2012 – Seite 385-432 – 88. Jahrgang www.online-zfa.de

10 / 2012

Im Fokus

DEGAM Praxishospitationen

21. SGAM-Jahreskongress

Antibiotika – für wen?

Thromboembolieprophylaxe

Beratungsanlass: Beinschwellung

Fortbildungskalender

DEGAM-Kongress: Preisgekrönte Poster

Organ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM),der Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA), derSalzburger Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SAGAM) und der Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SüGAM)

Official Journal of the German College of General Practitioners and Family Physicians, the Society of Professors of Family Medicine, the Salzburg Society of Family Medicine and the Southtyrolean College of General Practitioners

This journal is regularly listed in EMBASE/Excerpta Medica, Scopus and CCMED/MEDPILOT

ZFA

Zeitsch

rift für A

llgemein

med

izin

10

/20

12

DP AG Postvertriebsstück – Entgelt bezahlt – 4402 – Heft 10/2012 Deutscher Ärzte-Verlag GmbH – Postfach 40 02 65 – 50832 Köln

Page 2: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

Mehr Informationen: aerzteverlag.de

Irrtümer

undPreisände

runge

nvo

rbeh

alten.Preisezzgl.Versandspe

sen

€4,50

.Deu

tsch

erÄrzte-VerlagGmbH

–Sitz

Köln

–HRB

106

Amtsge

richt

Köln.Gesch

äftsführung:

Jürgen

Führer,Norbe

rtFroitzheim

• Hervorragend zur Vorbereitung auf dieFacharztprüfung geeignet

• Der Inhalt orientiert sich streng an der„evidenced based medicine“ und denetablierten Leitlinien der Fachgesellschaften

• Klar und übersichtlich strukturiert

Sie finden die prägnante und gut verständliche Darstellungaller Krankheitsentitäten der Kardiologie sowie die Beschrei-bung des Stellenwerts diagnostischer und therapeutischerMaßnahmen. Nationale und internationale Leitlinien werdenberücksichtigt. Das Buch dient alsWegweiser bei der Patien-tenbetreuung und Nachschlagewerk für die kardiologischeWeiterbildung.

Kompakte Darstellung der aktuellenKardiologie

B E S T E L L S C H E I NAusfüllen und an Ihre Buchhandlung oder denDeutschen Ärzte-Verlag senden.

Fax und fertig: 02234 7011-476oder per Post

Deutscher Ärzte-VerlagKundenservicePostfach 40024450832 Köln

Weitere Informationen www.aerzteverlag.deVersandkostenfreie Lieferung innerhalbDeutschlands bei Online-BestellungE-Mail: [email protected]: 02234 7011-314

Ja, hiermit bestelle ich mit 14-tägigem Rückgaberecht

__ Ex. Pinger, Repetitorium Kardiologie € 79,95ISBN 978-3-7691-0612-1

Name, Vorname

Fachgebiet

Straße, Ort

E-Mail (für evtl. Rückfragen) Telefon

✗ Datum ✗ Unterschrift

Dr. med. Stefan PingerInternist und Kardiologe,Oberarzt im KrankenhausPorz am Rhein, Köln

3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2011,667 Seiten, 308 Tabellen, ISBN 978-3-7691-0612-1broschiert € 79,95

Page 3: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

385EDITORIAL / EDITORIAL

„Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein“ (Deklaration von Helsinki)

Randomisierte Doppelblindstudien gelten seit einem halben Jahrhundert als der Goldstandard für die objektive Wirksam-keitsprüfung von Arzneimitteln. Solche (zwei- oder auch drei-armigen) Untersuchungen können ein Verum • mit der besten verfügbaren Behandlung, • mit einem Placebo, • mit keiner Therapie • oder auch mit der „üblichen Behandlung“ vergleichen.

Gute, direkte Vergleichsstudien, z.B. zwischen zwei Rheuma-mitteln oder zwei Antihypertensiva der gleichen Wirkstoff-gruppe („head to head“) sind in der Literatur Mangelware.

Die ethischen Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen sind in der zuletzt 2008 revidierten Deklaration von Helsinki niedergelegt. Danach müssen Nutzen, Risiken und Wirksamkeit einer neuen Intervention mit der gegenwärtig

besten, wirksamen Behandlung verglichen werden. Die Anwen-dung eines Placebos (oder keiner Therapie) ist nur unter folgen-den Umständen erlaubt: • Es existiert gegenwärtig keine wirksame Therapie.• Falls (zum Nachweis der Wirksamkeit oder Sicherheit einer

neuen Intervention) der Einsatz eines Placebos aus zwingen-den und wissenschaftlich schlüssigen, methodischen Grün-den nötig ist, dürfen die Patienten in der Placebogruppe nicht dem Risiko einer schweren oder irreversiblen Schädi-gung ausgesetzt werden.

Placebos galten lange als inerte Substanzen, deren Wirkung im Wesentlichen auf purer Suggestivkraft beruht. Heute weiß man, dass Placebos auch ohne Suggestion eine klinisch rele-vante Wirksamkeit haben können.

Seit mehr als zwei Dekaden streiten sich Wissenschaftler darüber, ob bei klinisch kontrollierten Studien Placebos auch dann eingesetzt werden dürfen, wenn eine wirksame Behand-lung verfügbar ist. Die z.T. kniffligen methodischen Details die-ser Kontroverse (die sich auch um die Frage dreht, was genau unter „wirksam“ verstanden wird und wie man zu dieser Schlussfolgerung gelangt) will ich Ihnen an dieser Stelle erspa-ren.

In die Debatte (die noch lange nicht beendet ist) haben sich jetzt drei klinische Pharmakologen vom Mailänder Mario Ne-gri-Institut zu Wort gemeldet. Sie beklagen, dass Studien mit Placebokontrollen (statt Vergleichen mit etablierten Behand-lungsprinzipien) nur den Herstellern nützen, die betroffenen Patienten aber schädigen würden und nehmen von vielen möglichen Beispielen die Therapie der Multiplen Sklerose un-ter die Lupe.

Patient/innen mit Multipler Sklerose sind zwar nicht gera-de das tägliche Brot von Hausärzten (Prävalenz in europäi-schen Ländern immerhin ca. 150 pro 100.000 Personen), die entsprechenden Medikamente eignen sich aber gut für die nachfolgenden Vergleiche.

Der Ausgangspunkt der Analyse ist die Feststellung, dass – trotz gewisser Zweifel an der Nachhaltigkeit ihrer Wirkung – Beta-Interferone und Glatirameracetat die (placebokontrollierte) Stan-dardtherapie gegen die schubförmig remittierende Multiple Sklerose sind. Stimmt man diesem State-ment zu (und aus meiner Sicht gibt es keine stichhalti-gen Gegenargumente),

müssten alle neuen Medikamente mit diesen etablierten Thera-piestandards verglichen werden. Wurden sie aber nicht …

Im Gegenteil: Fast alle klinischen Studien erfolgten mit Pla-cebokontrolle und die Autoren zählen dabei eine eindrucksvol-le – aber noch unvollständige – Liste von unterschiedlichen Arzneisubstanzen auf (Linomide, Dalfampridine, Dirucotide, Mitoxantron, Cladribin, Natalizumab, Fingolimod, Terifluno-mide, Laquinimod). Eine Begründung, warum ein Placebo als jeweiliger Vergleichsarm gewählt wurde (oder ob z.B. eine Re-sistenz bzw. Intoleranz gegen die Standardmedikation be-steht), fehlte in jedem einzelnen Fall.

Die Autoren berechnen, dass allein in den zehn größeren Studien 2.752 Patienten Placebo erhielten. Bei 2.405 Patienten, für die entsprechende Daten verfügbar waren, traten (auf das gesamte Jahr berechnet) 2.102 Schübe auf. Legt man die publi-zierten Daten zu Beta-Interferonen bzw. Glatirameracetat zu-grunde, hätten 630 dieser Schübe verhindert werden können, wenn statt Placebo einer dieser beiden Arzneimittel gegeben worden wäre.

Die Wissenschaftler lassen keine Zweifel daran, wer dafür verantwortlich zu machen ist: Die von der pharmazeutischen Industrie bezahlten Zulassungsbehörden FDA (US Food and Drug Administration) und EMA (European Medicines Agency) sowie die zuständigen Ethikkommissionen. Und noch eine un-angenehme Frage wird gestellt: Haben die den Patienten vorge-legten Aufklärungsprotokolle erwähnt, dass statt einer nach-gewiesen wirksamen Behandlung Placebo gegeben wird?

Bedient man sich der zurückhaltenden Formulierung der Autoren, bleibt die Feststellung: Klinische Studien sollten dem Wohl von Patienten dienen und nicht die Zulassung von Arz-neimitteln erleichtern.

Sagt man es aber in der klaren Sprache, die jedermann ver-steht, gibt es für diese Abläufe eigentlich nur einen Begriff: SKANDAL!

Herzlich Ihr

Michael M. Kochen

Page 4: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

EDITORIAL / EDITORIAL 385............................................................

DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS 387......................................

DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWSDie DEGAM-Kampagne für Hospitationen in HausarztpraxenA Campaign for Peer Visitations of Family Medicine TeamsGünther Egidi, Armin Mainz 395....................................................................

KONGRESSE / CONGRESS21. Jahreskongress der SGAMAnne Gerlach 399.......................................................................................

ORIGINALARBEIT / ORIGINAL PAPERGemeinwohl versus Wohl des Einzelnen „... habe ich noch nie drüber nachgedacht“ – Qualitative Ergebnisse einer Mixed-Methods-Studie zur Verordnung von Antibiotika bei HarnwegsinfektenCommon Good Versus Good of the Individual “… I Never Thought About This” – Qualitative Results of a Mixed-Methods Study on Antibiotic Prescribing for Urinary Tract InfectionsThomas Kühlein, Stefanie Joos, Katja Hermann, Andreas Gutscher,

Joachim Szecsenyi, Katja Goetz 401.................................................................

DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE„Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb -oembolieprophylaxe bei Verletzungen und Operationen an Hüfte und Bein sowie bei langen Reisen: Plädoyer für eine assistierte Entscheidung“Heparin until Walking without a Limp”? – Prevention of Venous Thromboembolism in Case of Arthroplasty of the Hip or Knee, Injury of the Leg and Long Traveling: a Case for a Shared DecisionHorst Prautzsch 408....................................................................................

FORTBILDUNG / CONTINUING MEDICAL EDUCATIONBeratungsanlass Beinschwellung: Differenzialdiagnostik in der AllgemeinpraxisLeg Edema: Differential Diagnostics in Family PracticeSusanne Rabady 414....................................................................................

DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWSDEGAM-Präsident Ferdinand M. Gerlach zum neuen Vorsitzenden des „Sachverständigenrates Gesundheit“ berufen 420......7. Professionalisierungskurs für Allgemeinmediziner 420......................Preisgekrönte Poster vom DEGAM-Kongress in Rostock 420..................

FORTBILDUNG / CONTINUING MEDICAL EDUCATIONÜberblick: Fortbildungspflichten in der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) in Baden-Württemberg 424.......................................HzV-Fortbildungskalender Baden-Württemberg 425..............................

DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWSSektionsbericht Studium und Hochschule 2012 426..............................Sektionsbericht Forschung 2012 428......................................................Jahresbericht des SGAM-Präsidenten 429...............................................Bericht der Arbeitsgruppe Diabetes 2012 430.........................................

LESERBRIEFE / LETTERS TO THE EDITOR 431................................

IMPRESSUM / IMPRINT 432...............................................................

Titelfoto: © Wilhelm Niebling

386 INHALTSVERZEICHNIS / TABLE OF CONTENTS

ZFAZeitschrift für Allgemeinmedizin

Organ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familien-medizin (DEGAM; www.degam.de),

der Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA; www.gha-info.de),

der Salzburger Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SAGAM) und

der Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SüGAM)

Official Journal of the German College of General Practitioners and Family Physicians

the Society of Professors of Family Medicine

the Salzburg Society of Family Medicine

and the Southtyrolean College of General Practitioners

Herausgeber/Editors M. M. Kochen, Freiburg (federführend) H.-H. Abholz, Düsseldorf S. Rabady, Windigsteig W. Niebling, Freiburg im Breisgau A. Sönnichsen, Salzburg Internationaler Beirat/International Advisory Board J. Beasley, Madison/Wisconsin, USA; F. Buntinx, Leuven/Belgien; G.-J. Dinant, Maastricht/NL; M. Egger, Bern/CH; E. Garrett, Columbia/Missouri, USA; P. Glasziou, Robina/Australien; T. Greenhalgh, London/UK; P. Hjort-dahl, Oslo/Norwegen; E. Kahana, Cleve-land/Ohio, USA; A. Knottnerus, Maas-tricht/NL; J. Lexchin, Toronto/Ontario, Kanada; C. del Mar, Robina/Australien; J. de Maeseneer, Gent/Belgien; P. van Royen, Antwerpen/ Belgien; F. Sullivan, Dundee/Schottland, UK; P. Tschudi, Basel/CH; C. van Weel, Nijmegen/NL; Y. Yaphe, Porto/Portugal Koordination/Coordination J. Bluhme-Rasmussen This journal is regularly listed in EMBASE/Excerpta Medica, Scopus and CCMED/MEDPILOT

Dieselstraße 2, 50859 KölnPostfach/P.O. Box 40 02 54,50832 KölnTelefon/Phone: (0 22 34) 70 11–0www.aerzteverlag.dewww.online-zfa.de

Page 5: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Perverser AnsatzPerverse Approach

Drug producer Novartis tries to gain access to doctors’ prescribing data by tapping surgery computers and offering „free analysis of ’potential for optimi -zation’“.

Dass die Vertreterbesuche für Pharmafir-men offenbar immer noch einträglich sind, zeigt die Zahl von 15.000 Außen-dienstmitarbeitern, die pro Jahr schät-zungsweise 20 Millionen Mal Arztpra-xen und Krankenhäuser in Deutschland aufsuchen.

Unter den Leser/innen der DEGAM-Benefits gibt es bekanntlich viele, die in ihren Praxen keine Arzneimittelvertre-ter (sog. Pharmareferenten) mehr emp-fangen, sondern ihre knappe Zeit mit sinnvolleren Aktivitäten verbringen.

Diejenigen aber, die nicht zur Spezies der „Verweigerer“ gehören, sollten sich einmal das folgende Szenario vorstellen:• Ein Pharmavertreter kommt in die

Praxis und bietet der Ärztin oder dem Arzt an, die Praxisdaten von einem externen Berater analysieren zu las-sen, um „Optimierungspotenziale aufzuzeigen“ und Regresse zu vermei-den. Kostenpunkt: 119 Euro.

• Nach Zustimmung für diesen kosten-günstigen und vielversprechenden Deal bekommt der Pharmareferent

Zugang zum Praxis-PC und lädt im Beisein des Arztes/der Ärztin die ver-traulichen Dateien auf einen USB-Stick.

• Der Stick wird dann von der Kollegin/dem Kollegen an den externen Berater

geschickt, der die Daten auswertet und einen Bericht verfasst.

Meinen Sie, dass es sich hier um einen vorgezogenen Aprilscherz handelt? Oder fürchten Sie, hier würden die ärzt-liche Schweigepflicht gebrochen und Persönlichkeitsrechte der Patienten ver-letzt? Wie auch immer: Das geschilderte Szenario ist echt und der Konzern, der diese suspekte Vorgehensweise detail-liert entwickelt hat, heißt ... Novartis.

Wie der Spiegel berichtete, nennen interne Unterlagen des Basler Konzerns Ross und Reiter. So sitzt der Berater in Halle und lebt natürlich nicht nur von dem Trinkgeld von 119 Euro, sondern wird zusätzlich auch noch von Novartis entlohnt.

Das Unternehmen weist – wer hätte das vermutet – jede böse Absicht von sich. Man habe „hohe ethische Stan-dards, die selbstverständlich auch die gesetzlichen Regelungen zum Daten-schutz beinhalten“. Und der sog. Ab-rechnungsexperte versichert treuherzig, dass „patientenbezogene Auswertungen hier nicht erstellt“ und „Daten nicht an Dritte weitergegeben“ würden. Wer´s glaubt, wird selig …

Proteste gegen dieses Vorgehen kommen inzwischen auch von renom-mierten Vertretern der ärztlichen Selbst-verwaltung.

Den von der Journalistin Kathrin Elger verfassten Artikel finden Sie unter http://www.spiegel.de/spiegel/print/ d-84519372.html

Foto

: fot

olia

/Pix

elot

DEGAM-BenefitsDEGAM Benefits

Ausgewählt und verfasst von Prof. Dr. Michael M. Kochen, MPH, FRCGP, Freiburg

387DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

Page 6: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

ASS vor OPs absetzen? Dogma wankt erheblich!Preoperative Stop of Aspirin: Dogma Begins to Totter

A prominent paper in the publica tion flagship of US surgery maintains that most patients, especially those taking aspirin for secondary cardiovas cular pre-vention, should have their aspirin conti-nued throughout the perioperative pe-riod. For many operative procedures, the risk of perioperative bleeding while conti-nuing aspirin is minimal, as compared with the concomitant thromboembolic risks associated with aspirin withdrawal.

Das lange Zeit bei Chirurgen vorherr-schende Dogma, ASS vor Operationen jeglicher Art abzusetzen, ist inzwischen erheblich ins Wanken geraten: In der vielleicht prominentesten Zeitschrift der schneidenden Zunft, den Annals of

Surgery, erschien kürzlich eine Arbeit, die

eine geradezu revolutionäre Schlussfol-gerung zieht:• „Auf der Grundlage wissenschaftli-

cher Belege sollte die empirische Pra-xis, ASS präoperativ abzusetzen, ver-lassen werden.

• Die verfügbare Evidenz un-terstützt die fortgesetz-te Einnahme von ASS zur sekundä-ren Prophylaxe einer cerebrovas-kulären, peri-pher-arteriellen oder koronaren Gefäßerkrankung auch bei chirurgi-schen Patienten.

• Das routinemäßige Absetzen von ASS 7–10 Tage vor einer Operation ist we-gen des zu befürchtenden, erhebli-chen Anstiegs des thromboembo-lischen Risikos nicht zu rechtfer-tigen“.

Wenn Sie Ihren nächsten Patienten zum Chirurgen

schicken, sollten Sie die Kolleg/innen viel-leicht gleich auf diese Arbeit hinweisen.

Gerstein NS, Schulman PM, Gerstein WH, Peter-

sen TR, Tawil I. Should more patients continue

aspirin therapy perioperative-ly? Ann Surg 2012; 255: 811–9 Fo

to: f

otol

ia/V

lad

imir

Konsequenzen bei seitenungleichen Blutdruckwerten?What to Do With Blood Pressure Differences?

A difference in systolic blood pressure of 10 mm Hg or more, or of 15 mm Hg or more, between arms might identify patients who need further vascular assessment.

Was genau ist zu befürchten, wenn bei einem Patienten am rechten und linken Arm unterschiedliche Blutdruckwerte gemessen werden?

Britische Wissenschaftler forsteten alle gängigen Datenbanken durch und suchten nach Studien, die sich genau mit diesem Thema beschäftigten. 20 Arbeiten fanden Eingang in eine Meta analyse.

Demnach kann ein Unterschied beim systolischen Druck bis zu 10 mmHg als normal betrachtet werden. Darüber stieg bereits das Risiko einer pe-ripheren arteriellen Verschlusskrankheit (relatives Risiko 2.4 [95 % Konfidenz-intervall 1.5–3.9]).

Ab 15 mmHg Differenz bestand zu-sätzlich ein deutlich erhöhtes Risiko • für eine bestehende zerebrovaskuläre

Erkrankung (RR 1.6 [95% CI 1.1–2.4])• für eine erhöhte kardiovaskuläre Mor-

talität (RR 1.7 [95% CI 1.1–2.5])• für eine erhöhte Gesamtsterblichkeit

(RR 1.6 [95% CI 1.1–2.3])

Allen neuen Patienten sollte initial der Blutdruck an beiden Armen gemessen (Empfehlung ist nicht neu) und bei Vor-liegen der genannten Unterschiede zu einer weiteren vaskulären Diagnostik geraten werden.

Clark CE, Taylor RS, Shore AC, Ukoumunne OC, Campbell JL. Association of a diffe-rence in systolic blood pressure between arms with vascular disease and mortality: a systematic review and meta-analysis. Lancet 2012; 379: 905–14

Foto

: fot

olia

/ISO

388 DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

Page 7: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

The US prepares a law which com-mit drug industry and doctors to publish any kind of financial support, gifts or meals worth more than 10 US$. Non-compliance will be subject to heavy fines.

Die USA machen offenbar Ernst mit ihrer Ankündigung, Zahlungen und andere Zuwendungen von pharmazeutischen Unternehmen an Ärztinnen und Ärzte in Praxis bzw. akademischen Krankenhäusern zu pu-blizieren und über das Internet offen zu legen.

Ab 2013 werden demnach jährliche sog. Transparenzlisten veröffentlicht, in denen von den Herstellerfirmen ge-nannt werden müssen• Datum, Höhe und Art der Zuwendung

(z.B. Geld, Reiseunterstützung, Ge-schenke, Mahlzeiten),

• Name und genaue Adresse von „Spen-der“ und Empfänger sowie

• Name des „auslösenden“ Produkts, das in den Programmen Medicare (Krankenversicherung für Ältere über 64 Jahren) und Medicaid (Un-terstützungsprogramm insbesonde-

re für Bedürftige) verfügbar sein muss.

Ausgenommen sind lediglich einmalige geldwerte Zuwendungen unter 10 US$ (bei Kumulation innerhalb eines Jahres betrifft die Meldepflicht eine Summe ab 100 USD).

Auf die Frage eines Arztes, ob es auch meldepflichtig sei, wenn ein Pharmare-ferent einer Einzelpraxis „Bagels und Kaffee im Werte von 25 US$ spende“, lautete die eindeutige Antwort der zu-ständigen Centers for Medicare & Medi-caid (CMS) „Ja“.

Vor der Publikation der Daten wer-den alle Betroffenen 45 Tage Zeit haben, um den zu veröffentlichenden Bericht

auf Wahrheitsgehalt oder Fehler zu prüfen. Über die Behandlung eines eventuellen Widerspruchs ist zwar noch nicht endgültig entschieden, aber bestrittene Informationen werden dennoch mit dem Zusatz „disputed“ veröffentlicht.

Auch die vorgesehenen Strafen lassen sich sehen. Unternehmen, die eine Zuwendung nicht melden, zahlen max. 150.000 USD; die be-

wusste Kenntnis einer unterlassenen Meldung kostet max. 1 Million USD. Da-ten müssen fünf Jahre aufgehoben wer-den.

ProPublica, ein unabhängiges Nach-richtenportal, das „Resultate investigati-ven Journalismus im öffentlichen Inte-resse“ publiziert und 2011 den renom-mierten „Pulitzer Prize for National Re-porting“ erhielt, unterhält seit 2009 eine Internetpräsenz namens Dollars for Docs. Dort können bereits heute in be-grenztem Umfang Industriezuwendun-gen an Ärzte eingesehen werden

http://projects.propublica.org/docdollars/

USA: Bestechung wird schwierigerUS: Bribery Gets Troublesome!

Foto

: Fot

olia

/geo

rgen

ight

Unkomplizierter Harnwegsinfekt: Nitrofurantoin Mittel der WahlNitrofurantoin Top Drug for Uncomplicated UTI

Short-time administration of nitrofuran-toin remains the treatment of choice for elderly patients with uncomplicated uri-nary-tract infection and a creatinine clearance >60ml/min. The German Pris-cus list (mainly based on the Beers list) should be consequently corrected.

Die meisten Leser/innen der ZFA ken-nen wahrscheinlich die von der kli-nischen Pharmakologin Petra Thür-mann und Kolleg/innen (Helios-Klinik Wuppertal und Universität Witten-Herdecke) entwickelte und 2010 ver-öffentlichte Priscus-Liste, die poten-ziell inadäquate Medikamente für älte-re Menschen aufführt. Diese Arznei-

mittelauswahl basiert auf der ame-rikanischen Beers-Liste, die erstmals 1991 publiziert und dann 1997, 2003 sowie gerade vor wenigen Wochen ak-tualisiert wurde.

Das alles wäre nun keiner besonde-ren Erwähnung wert gewesen ... wenn nicht die Aprilausgabe des Arzneimittel-briefs einen Leitartikel über die Priscus-Liste gebracht hätte: http://www.der-arzneimittelbrief.de/de/index.aspx

Dort wird (gemäß der Priscus-Liste) in Tabelle 1 – als einziges Antibiotikum überhaupt – das Nitrofurantoin mit ei-ner Bewertung von 1,90 und der Begrün-dung „Störung der Leber und Lungen-funktion“ aufgeführt.

Zur Erklärung dieses Wertes wird auf eine 5-Punkte-Skala verwiesen, die 2003 im zweiten Update der Beers-Liste auf-taucht:• 1 = Arzneistoff sicher potenziell in-

adäquat für ältere Patienten• 2 = Arzneistoff potenziell inadäquat

für ältere Patienten• 3 = Unentschieden• 4 = Arzneistoff nicht inadäquat für äl-

tere Patienten• 5 = Arzneistoff sicher nicht inadäquat

für ältere PatientenJe näher die Ziffer der Zahl 1 ist, desto bedenklicher ist das Risikoprofil; bei ei-ner Bewertungsziffer nahe der Zahl 3 ist ein Zusatzrisiko praktisch nicht feststell-

389DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

Page 8: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

bar. Die Zahl 1,90 lässt also Nitrofuran-toin für ältere Patient/inne in einem ziemlich schlechten Licht erscheinen. Ist das gerechtfertigt?

Nitrofurantoin gilt als Mittel der Wahl für die Kurzzeit-Behandlung des unkomplizierten Harnwegsinfekts, weil es im Vergleich zur Langzeitanwendung ausgesprochen risikoarm ist und neben seiner guten Wirksamkeit über viele Jah-re nur relativ niedrige Resistenzraten aufweist.• So empfiehlt z.B. die evidenzbasierte

und bis 2013 gültige S3-Leitlinie „Brennen beim Wasserlassen“ der Deutschen Gesellschaft für Allge -meinmedizin und Familienmedizin Nitrofurantoin als eines der drei Mittel der Wahl (2 x 100 mg für 3–5 Tage). Im Text der Leitlinie heißt es, dass zahlreiche internationale Leitlinien zu dieser Substanz so- wohl für akute als auch für rezidi -vierende Harnwegsinfekte (auch in der Schwangerschaft) raten. Aber: „Dem damit einhergehenden häufi-gen Einsatz steht eine Bewertung in deutschen Lehrbüchern entgegen, in denen die Anwendung aufgrund schwerer Nebenwirkungen als obso-let angesehen wird. Auch die Fach-information schränkt den Einsatz stark ein („Nitrofurantoin darf nur verabreicht werden, wenn effektivere und risikoärmere Antibiotika nicht einsetzbar sind“) … Daher ist die Ver-schreibung von Nitrofurantoin bei ei-nem unkomplizierten Harnwegs-infekt als off-label-Einsatz anzuse-hen“ [http://leitlinien.degam.de/in-dex. php?id=73].

• Gleichlautend das jüngste Leitlini-en-Update der Infectious Disease Society of America vom März 2011. Die Empfehlung lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig: “Nitrofu-rantoin monohydrate/macrocrystals (100 mg twice daily for 5 days) is an appropriate choice for therapy due to minimal resistance and propensi-ty for collateral damage (defined above) and efficacy comparable to 3 days of trimethoprim-sulfamethoxa-zole (A-I)“.

• Ebenso empfehlen die Leitlinien der holländischen Hausarztgesellschaft (Nederlands Huisartsen Genoot-schap) Nitrofurantoin vor jedem an-deren Antibiotikum als Mittel der Wahl.

• Auch das Arzneitelegramm vom Au-gust 2011 rät dazu, Nitrofurantoin bei Patienten mit unkompliziertem Harn-wegsinfekt einzusetzen, wenn Tri-methoprim nicht in Frage kommt. Dort wird auch darauf hingewiesen, dass das Bundesinstitut für Arzneimit-

tel und Medizinprodukte (BfArM) das Nutzen-Schaden-Verhältnis von Ni-trofurantoin zur Therapie der akuten unkomplizierten Zystitis der Frau im Rahmen eines noch laufenden Stu-fenplanverfahrens als günstig ein-stuft.

http://www.arznei-telegramm.de/db/wkstxt.php3?&knr=029411/407817&art=beide&nummer=Nitrofuran-toin&ord=uaw

• Dieselbe Empfehlung spricht das New England Journal of Medicine in seiner jüngsten Übersicht zum Thema vom 15. März 2012 aus: Nitrofurantoin (2 x 100 mg für 5 Tage) wird ausdrück-

lich als Mittel der ersten Wahl be-zeichnet.

In keiner dieser Publikationen wird für die kurzeitige Anwendung von Nitrofu-rantoin eine Alterseinschränkung we-gen „potenzieller Gefahren“ gemacht. Wenn denn die angeführten wissen-schaftlichen Belege korrekt sind: Warum wird Nitrofurantoin in der Priscus-Liste dann als „potenziell inadäquat“ be-zeichnet?

Betrachtet man zunächst die im Arz-neimittelbrief referierte Empfehlung der Priscus-Liste, so wird Nitrofurantoin we-gen „ungünstigem Nutzen-Risiko-Ver-hältnis, insbesondere bei Langzeit-gebrauch“ als potenziell inadäquat bei Älteren eingestuft. Beim Vergleich mit der aktuellen Beers-Liste fällt ein diskre-ter, aber wichtiger Unterschied auf: Die aktualisierte Beers-Liste schreibt näm-lich wörtlich „Avoid for long-term sup-pression; avoid in patients with CrCl < 60ml/min“.

Aus dieser Formulierung (und natür-lich aus der zitierten Evidenz) darf man mit Fug und Recht schlussfolgern, dass die kurzfristige Gabe von Nitrofurantoin nicht als inadäquat gilt. Die Autorinnen der Priscus-Liste sollten sich umgehend dieses Problems annehmen – insbeson-dere deswegen, weil laut AMB in Kürze eine randomisierte, kontrollierte Unter-suchung zur Klärung der Frage beginnt, ob die Beachtung der Liste einen Ein-fluss auf die Häufigkeit unerwünschter Wirkungen hat oder nicht. Nach Aus-kunft von Petra Thürmann sollen an dieser Studie sehr viele Hausärzt/innen teilnehmen.

Quintessenz

• Die kurzeitige Anwendung von Nitro-furantoin bei älteren Patienten mit unkompliziertem Harnwegsinfekt (und einer Kreatininclearance > 60 ml/min; Formel z.B. www.dialyse-hamburg.de/kreacal.htm) kann als angemessen eingestuft werden.

• In der Priscus-Liste sollte baldmög-lichst eine entsprechend differenzier-te Kennzeichnung vorgenommen werden.

Foto

: Fot

olia

/lom

123

390 DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

Page 9: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Kein Azithromycin für kardiovaskuläre RisikopatientenNo Azithromycine for CVD Risk Patients

An observational study shows a small absolute increase in cardiovascular de-aths in patients on a 5 day azithromycin regimen (most pronounced among pa-tients with a high baseline risk of cardio-vascular disease). Prescribing should be reconsidered in CVD risk patients

Einige Unruhe und Ratlosigkeit hat eine vor wenigen Tagen publizierte Studie zum kardiovaskulären Risiko von Azi-thromycin ausgelöst.

Bei Patienten zwischen 30 und 74 Jahren aus einer großen Datenbank im amerikanischen Bundesstaat Tennessee wurden über 2,2 Millionen Antibiotika-verordnungen (Amoxicillin, Ciproflo-xacin, Levofloxacin und Azithromycin) extrahiert und pro Patient mit 4 Kon-trollen ohne Antibiotika verglichen.

Bei fünftägiger Einnahme von Azi-thromycin war im Vergleich zu Amoxi-cillin bzw. zur Nichtbehandlung sowohl das kardiovaskuläre als auch das gesam-te Sterberisiko erhöht (hazard ratio 2.88 [95% CI 1.79–4.63] bzw. 1.85 [95% CI 1.25–2.75]).

Die relative Risikoerhöhung klingt zwar eindrucksvoll, die absoluten Zah-len sind aber dennoch klein: 47 zusätzli-che kardiovaskuläre Todesfälle auf eine Million Behandlungen. Bei kardiovas-kulären Hochrisikopatienten betrug die Zahl aber dann doch schon 245.

Quintessenz: bei Makrolidantibioti-ka-QT-Verlängerung und in der Folge Torsade de pointes ein bekanntes Phä-nomen. In der Fachinformation zu Azi-thromycin wird allerdings „lediglich“ auf Patienten mit Neigung zu Rhyth-

musstörungen verwiesen und nicht auf Patienten mit einem generellen kardio-vaskulären Risikoprofil.

Wie jede Beobachtungsstudie so ist auch die vorliegende Untersuchung fehleranfällig. Bei der geringen abso -luten Anzahl an zusätzlichen Todesfäl-len ist die hohe Zahl der hier unter-suchten Antibiotikabehandlungen ein-drucksvoll.

Bis zur Bestätigung oder Widerle-gung der Resultate sollten kardiovasku-läre Risikopatienten sicherheitshalber kein Azithromycin einnehmen.

Ray WA, Murray KT, Hall K, Arbogast PG, Stein CM. Azithromycin and the risk of car-diovascular death. N Engl J Med 2012; 366: 1881–90

Unerwünschte Wirkungen ... aus Ihrer Tasche!Adverse Reaction ... from Your Pocket

If you see an unexpected „weird“ arhyth-mia in ECG (especially in a healthy person) consider a source in the patient´s pocket (his or her iphone …).

In Abbildung 1 sehen Sie die Streifen ei-nes 12-Kanal-EKGs bei einem 44-jäh-rigen Mann ohne kardiale Vorgeschich-te (welche Beschwerden dieser Patient hat, wollen wir – unhausärztlich – ein-mal nicht weiter beachten).

Um welchen Rhythmus handelt es sich

hier und welche Intervention (s. Abb. 2)

wurde vorgenommen?

Sagen Sie (als geübter EKG- Leser) jetzt bitte nicht, Sie wüssten das nicht.

Wer immer noch im Dunkeln tappt, dem verrate ich noch, dass etliche von Ihnen das auslösende Agens in der Tasche tragen...

Sollten Sie künftig ein solches Bild während eines EKGs bei einem Ihrer Pa-tienten sehen (oder gar, wenn bei Ihnen selbst eines geschrieben wird …), können Sie mit wissendem Lächeln die unge-wöhnliche Rhythmusstörung schlag-artig beenden – durch das Ausschalten

(der elektromagnetischen Interferenzen) Ih-

res Iphones.

Lota AS. ECG interference from the iPhone. Emerg Med J 2011;28: 906–07

Abbildung 1 Vor Intervention. Abbildung 2 Nach Intervention.

391DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

Page 10: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

GERD: Bei Erfolglosigkeit PPI-Dosis aufteilen statt verdoppelnGERD: PPI Dosage Split Better Than Doubling

When usual doses of proton pump inhi-bitors are not successful in gastroesopha-geal reflux disease try a split-up in two parts instead of increasing the dosage. This regimen was more effective with re-gard to endoscopically confirmed healing and symptom resolution than a standard PPI regimen.

Patienten, die wegen einer gastroöso-phagealen Refluxkrankheit (GERD) Pro-tonenpumpeninhibitoren erhalten, wird bei Erfolglosigkeit üblicherweise ei-ne Verdopplung der Dosis angeraten. Vielleicht kein so wirksamer Rat …

Japanische Gastroenterologen ran-domisierten 337 Patienten nach erfolg-loser achtwöchiger PPI-Behandlung in drei Gruppen:• Gruppe 1 erhielt 1 x 20 mg Rabeprazol

(„Placebo“)• Gruppe 2 erhielt 2 x 20 mg Rabeprazol

und• Gruppe 3 erhielt 2 x 10 mg Rabeprazol

(also die ursprüngliche Dosis, auf zwei Tagesdosen aufgeteilt)

Heilungsraten nach weiteren acht Wo-chen Therapie:• Gruppe 1: 58,8 %• Gruppe 2: 77,0 %• Gruppe 3: 78,4 %

Quintessenz (auf der Basis der wissen-schaftlichen Erkenntnis fehlender Un-terschiede zwischen verschiedenen PPIs) ist natürlich nicht, Rabeprazol zu verordnen, sondern unverändert das Standardpräparat Omeprazol. Bei Er-folglosigkeit Aufteilung auf zweimal täg-liche Gabe ohne Dosiserhöhung!

Kinoshita Y Hongo M, the Japan TWICE Study Group. Efficacy of twice-daily rabe-prazole for reflux esophagitis patients re-fractory to standard once-daily administra-tion of PPI: the Japan-based TWICE study. Am J Gastroenterol 2012; 107: 522–530

Foto

: fot

olia

/And

rea

Dan

ti

Fentanylpflaster: AKdÄ warnt vor unkritischer AnwendungFentanyl Transdermal Patch: Drug Commission Points Finger at Uncritical Use

The Drug Commission of the German Medical Association warns about uncritical administration of fentanyl transdermal patch.

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft warnt in einer „Drug Safety Mail“ vor der unkriti-schen Anwendung von Fentanyl-pflastern.

In der Mitteilung heißt es: „Fenta-nylpflaster sind in Deutschland zum stark wirksamen Opioid der ersten Wahl geworden. Bei Verordnung und Um-gang werden jedoch Empfehlungen für eine sichere Anwendung nicht immer beachtet: So werden Fentanylpflaster häufig bei opioidnaiven Patienten ein-gesetzt und durch die Verordnung von zu hohen Dosierungen bei Therapie-beginn können vor allem ältere und

multimorbide Patienten gefährdet wer-den. Trotz Kontraindikation werden Fentanylpflaster auch bei akuten Schmerzen verordnet, und nur bei ei-nem Viertel der Patienten liegen Erkran-kungen vor, die z.B. wegen Schluckstö-rungen eine transdermale Schmerzmit-telgabe erforderlich machen“.

Die AkdÄ bezieht sich dabei auf eine Publikation aus dem Bremer Institut für Epidemiologie und Präventionsfor-schung (BIPS).

In die Analyse gingen 35.262 Patient/innen (davon 84,5 % opio-idnaiv) von vier deutschen Kran-kenkassen ein.• Bei 21.596 (72,5 %) dieser Pa-

tienten war aus der Diagnosedo-kumentation nicht ersichtlich, warum keine oralen Zubereitun-gen gewählt wurden.

• Bei 71,2 % wurde die empfohlene Ini-tialdosierung von 12,5 ìg/h über-schritten.

• Knapp die Hälfte erhielt lediglich ein einziges Rezept.

Garbe E, Jobski K, Schmid U. Utilisation of

transdermal fentanyl in Germany from

2004 to 2006. Pharmacoepidemiol Drug

Saf 2012; 21: 191–198

Foto

: wik

iped

ia/H

arb

in

392 DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

Page 11: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Prophylaxe eines Thromboserezidivs: ASS wirkt! Aspirin Effective for Prevention of Thromboembolism Recurrence

In this RCT aspirin reduced the risk of recurrence when given to patients with unprovoked venous thrombo-embolism who had discontinued an-ticoagulant treatment. No apparent increase in the risk of major blee-ding was observed.

Jede Ärztin und jeder Arzt erinnert sich an einige berufliche Erlebnisse, die aus dem einen oder anderen Grund im Gedächtnis haften blei-ben. Vor fast genau 11 Jahren sah ich einen Patienten, wissenschaft-lich aktiver Hausarzt, der ohne er-kennbaren Grund erstmalig eine tiefe Beinvenenthrombose und ei-ne Lungenembolie erlitten hatte und in üblicher Weise sechs Mona-te antikoaguliert wurde.

Nach Absetzen von Marcumar wollte er aus verständlichen Grün-den einen Schutz vor weiteren thromboembolischen Ereignissen, hatte aber Bedenken vor möglichen Blutungs-gefahren bei fortgesetzter Antikoagulati-on. Mit den Worten „besser als nichts“ entschied er sich für die Einnahme von niedrigdosierter Acetylsalicylsäure. Sehr niedrig dosiert ... 30 mg/Tag (das immer noch angebotene Fertigpräparat „Minia-sal“ erscheint heute nicht mehr in der Roten Liste).

So ganz entgegen den gängigen wis-senschaftlichen Erkenntnissen war die-se Entscheidung schon damals aller-dings nicht. Denn ein Jahr zuvor, im April 2000 erschien im britischen Lancet eine multizentrische Studie mit dem Ti-tel „Prevention of pulmonary embolism

and deep vein thrombosis with low dose

aspirin: Pulmonary Embolism Prevention

(PEP) trial“.

Diese Untersuchung fand zwischen 1992 und 1998 in 148 Krankenhäusern

statt und randomisierte 13.356 Patien-ten, die einen Hüftersatz wegen Ober-schenkelhalsfraktur, und weitere 4.088 Patienten, die eine Hüftprothese wegen Coxarthrose erhielten. Die Patienten in der Interventionsgruppe erhielten vor der Operation bis zum 35. postoperati-ven Tag 160 mg ASS, die Kontrollgruppe Placebo.

Im Ergebnis erlitten 105 von 6.679 Patienten unter ASS und 165 von 6.677 Patienten unter Placebo eine Lungen-embolie oder eine tiefe Beinvenen-thrombose. Todesfälle wegen Blutung waren in beiden Gruppen fast gleich, transfusionspflichtige Hämorrhagien in der ASS-Gruppe aber doppelt so hoch (6 vs. 3/1000 Patienten).

Ein Begleiteditorial war eher ratlos, ob man routinemäßig nach orthopädi-schen Operationen ASS empfehlen soll-te. Im New England of Medicine er-

schien vor Kurzem eine rando-misiert-kontrollierte Studie ge-nau zum selben Thema. Die ita-lienischen Autoren widmeten sich der Frage, ob bei Patienten mit unprovozierter Thrombo-embolie und nach Ende einer 6– bis 18-monatigen Antikoagulati-on, 100 mg ASS (versus Placebo) zu einem Rückgang von Rezidi-ven führen könnte. Solche „Rückfälle“ sind nicht allzu sel-ten– immerhin 20 % innerhalb von zwei Jahren.

Nach einer mittleren Nach-beobachtungszeit von rund zwei Jahren erlitten• 28 von 205 Patienten unter

ASS und• 43 von 197 Patienten unter

Placeboeine erneute Thromboem-

bolie – ein statistisch hochsig-nifikanter Unterschied. Eine ernsthafte Blutung trat bei je einem Patienten in beiden Gruppen auf.

Quintessenz: Patienten mit unpro-vozierter tiefer Bein-/Beckenvenen-thrombose und/oder Lungenembolie können nach Abschluss der regulären Antikoagulation durch die tägliche Ein-nahme von niedrigdosiertem ASS das Rezidivrisiko um 40 % senken – ohne re-levantes Nebenwirkungsrisiko.

Jetzt wollen vielleicht noch einige von ihnen wissen, wie denn der Kollege heißt, der die damals noch unkonven-tionelle Behandlung begann. Verrate ich Ihnen aber nicht. Ärztliche Schwei-gepflicht!

Becattini C, Agnelli G, Schenone A, et al. for the WARFASA investigators. Aspirin for preventing the recurrence of venous thromboembolism. N Engl J Med 2012; 366: 1959–1967

Foto

: fot

olia

/Seb

astia

n K

aulit

zki

393DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

Page 12: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

RKI: Schuleingangsuntersuchungen zeigen nur geringe ImpfmüdigkeitRKI: Only Minor Vaccine Fatigue at Elementary School Enrolment

Vaccination rates in 2010 in Germany, collected by the Robert-Koch-Institute, shows that „vaccine fatigue“ is rather uncommon. Nevertheless, in vaccina -tions such as hepatitis B more work remains to be done to achieve the mini-mum 95% coverage.

Die in der Bevölkerung bestehende Impfmüdigkeit ist in den letzten Mona-ten zunehmend Thema in der Fachpres-se, aber auch in Laienmedien.

Die vor Kurzem vom RKI publizier-ten Daten von Impfquoten bei den Schuleingangsuntersuchungen im Jahr 2010 sind auf den ersten Blick gar nicht so schlecht (wobei die Zahlen aus den neuen Bundesländern aus historischen Gründen meist höher ausfallen als aus den alten).

Angesichts der Tatsache, dass für ei-nen effektiven Schutz bei den meisten impfpräventablen Infektionskrankhei-ten eine Mindestquote von 95 % not-wendig ist, zeigen die Daten allerdings, dass bei einigen Impfungen noch deutli-cher Handlungsbedarf besteht.

Wer sich für weitere Details der Ar-beit interessiert, findet die Ausgabe 16/2012 (23. April) des Epidemiologi-schen Bulletins unter http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Ar-chiv/2012/16/Tabelle.html

Tabelle An das RKI übermittelte Impfquoten in Prozent der Kinder mit vorgelegtem Impfaus-

weis bei den Schuleingangsuntersuchungen in Deutschland 2010 (n = 626.347) nach Bundes-

landern. Stand: Marz 2012 [Epidemiologisches Bulletin 16/2012. Berlin: Robert Koch-Institut]

394 DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

DEGAM im Netz

www.degam.dewww.degam-leitlinien.dewww.degam-patienteninfo.dewww.tag-der-allgemeinmedizin.dewww.degam2012.dewww.online-zfa.de

Page 13: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Die DEGAM-Kampagne für Hospitationen in HausarztpraxenA Campaign for Family Medicine Teams’ Peer VisitationsGünther Egidi1, Armin Mainz2

1 Hausarzt in Bremen, Sprecher Sektion Fortbildung der DEGAM2 Hausarzt in Korbach, stellvertretender Sprecher Sektion Fortbildung der DEGAM

Zusammenfassung: Ausgangspunkt für die Kampagne „Hospitationen in Hausarztpraxen“ war die kritische Aus-einandersetzung mit der unbefriedigenden Fortbildungs-kultur im deutschen Gesundheitswesen. Schon länger kri-tisiert die DEGAM, dass bei der ärztlichen Fortbildung Ler-nerzentrierung und Handlungsrelevanz unter-, der Ver-such Wissen zu vermitteln, dagegen überbewertet wird.Im Jahr 2009 wurde eine Grundsatzposition der DEGAM zur Fortbildung erarbeitet, die auf ein weitgehend sankti-onsfreies Lernen im Sinn der britischen „revalidation“ oder der kanadischen „recertification“ zielt: das Lernen von Hausärzten durch Hausärzte bei Hospitationen, in Qualitätszirkeln und durch ein Mentoring. Beim Salzbur-ger DEGAM-Kongress im Jahr 2011 beschäftigte sich die Sektion Fortbildung sowohl mit dem Thema Hospitation als auch mit dem Thema „Rezertifizierung“.In einem ersten Schritt startet die DEGAM jetzt eine Kam-pagne zu Hospitationen hausärztlicher Praxisteams. Wir orientieren uns dabei am Vorbild der niederländischen „Visitatie“: Besuche hausärztlicher „Peers“ dienen dem wechselseitigen Lernen und ermöglichen es, Impulse für die eigene Praxistätigkeit mitzunehmen.Wir grenzen uns mit diesem Projekt sowohl von spezi-fischen Hospitationen ab, bei denen man eine andere Pra-xis/Einrichtung besucht, um deren Spezifika kennenzuler-nen (z.B. viele HIV-Patienten, Diabetiker etc.), als auch von Visitationen im Rahmen der QM-Zertifizierung mit ei-nem bewertenden Assessment.Der Schwerpunkt der Kampagne liegt vorrangig auf dem interkollegialen Austausch bei Besuchen von Hausärzten bzw. des ganzen Praxisteams bei ihresgleichen. Vorerst ist die Vergabe des Labels „DEGAM-Hospitations-praxis“ an die Mitgliedschaft in der DEGAM gebunden. Die Geschäftsstelle führt eine Liste der gemeldeten Pra-xen, pflegt sie auf der Homepage und vergibt bei Zustim-mung zum Manual Labels für Briefköpfe bzw. Homepages und eine entsprechende Urkunde.

Schlüsselwörter: Hospitation; Peer Assessment; Rezertifizie-rung; hausärztliche Fortbildung

Summary: Since several years the German College of General Practitioners and Family Physicians (DEGAM) criticizes the current state of continuing medical edu-cation (CME) in Germany: it is mostly knowledge based but not focusing on learners and the needs of daily prac-tice. In 2009 the DEGAM worked out principles of family doctors´ CME in the sense of the British “revalidation” or the Canadian “recertification”: peer learning during visi-tations, in quality circles or by mentoring systems. At the DEGAM congress in Salzburg 2011 the College´s CME group conducted two workshops about visitations and re-certification. As a first step the DEGAM is starting now a campaign for peer visitations of family practice teams guided by the Dutch “visitatie” campaign. Visitations of family practice peers serve to mutual learning and allow to pick up challenges for the own practice. One should distinguish between such visitations from hospitations in specialty clinics or from quality management normative assessment visits. By contrast the DEGAM campaign aims to peer visitations. The similarity of the settings allows to identify characteristics of the visited practice and com-parison to the own one. The DEGAM campaign addresses not just doctors but the whole practice team as subject of peer visitations.Only DEGAM member practices receive the label „DEGAM-Hospitationspraxis“ by DEGAM´s federal office. There is a register of all German DEGAM visitation prac-tices. Each practice declaring to agree with the DEGAM visitation principles will obtain the visitation label for use on the practice letterhead or homepage.The DEGAM starts this campaign hoping that good CME will not only be experienced as useful but also can offer fun and enjoyment.

Keywords: Visitation; Peer Assessment; Revalidation; Family Medicine; Continuing Medical Education

395DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS

Page 14: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

In der DEGAM-Stellungnahme zur ärzt-lichen Fortbildung vom September 2009 „Professionelles Lernen von Hausärzten – ein Leben lang“ wurde die kollegiale Supervision („peer-assessment“) bereits als ein Fortbildungsformat erwähnt. Mit diesem „DEGAM-Manual für Hospita-tionen“ präzisiert die Sektion Fortbil-dung der DEGAM diesen Begriff für das gesamte hausärztliche Praxisteam, also Hausärzte wie Medizinische Fachange-stellte.

Hintergrund

In diversen Untersuchungen wird der Nutzen etablierter ärztlicher Fortbil-dung hinsichtlich der Veränderung ärzt-lichen Verhaltens kritisch hinterfragt [1–3]. Für interkollegiales Feedback, Mentoring und Hospitationen in der Hausarztpraxis („workplace based as-sessment“) ist die Studienlage dagegen positiver [4–11].

Das Fortbildungsangebot sollte darum um die „Praxishospitation mit Assessment“ erweitert und in die Untersuchungen über den Einfluss von Fortbildung auf die Patienten-versorgung aufgenommen werden. Insbesondere scheinen Vergleichs-studien über den Nutzen komplexer Fortbildungskonzepte geeignet zu sein, die „Spreu vom Weizen“ zu trennen [12]. Eine wissenschaftliche Begleitung der DEGAM-Kampagne „Hospitation“ wird angestrebt.

In einem Workshop der DEGAM-Sektion Fortbildung im September 2011 diskutierten die Teilnehmer den Einfluss von Fortbildung auf das ärztliche Ver-halten („performance“) und formulier-ten Eckpunkte für ein sinnvolles „peer-assessment“, die sich in diesem Manual wiederfinden. In den Empfehlungen der Bundesärztekammer zur ärztlichen Fort-bildung [13] wurde die Hospitation als ein mögliches Fortbildungsformat be-reits aufgezählt:

„Hospitationen werden in anderen Kliniken, Praxen, Instituten oder Abtei-lungen absolviert. Sie dienen der Aneig-nung neuen Fachwissens oder der Vertie-

fung und Vervollkommnung von Wis-sen und Fähigkeiten, der Verbesserung und Reflexion der eigenen Arbeit und der Förderung des gegenseitigen Ver-ständnisses und des Respekts durch das Kennenlernen anderer Organisations-formen und Arbeitsweisen. Hospitanten nehmen unentgeltlich ganz oder teilwei-se am Berufsalltag ihrer Hospitationsstät-te teil. Dabei ist sicherzustellen, dass der Hospitant einen festen Ansprechpartner hat, der ihn bei der Einarbeitung unter-stützt, seine Integration fördert und für Auskünfte und Hintergrundinformatio-nen zur Verfügung steht.“

In den Niederlanden existiert seit vielen Jahren ein „Visitatie“-Pro-gramm [14]: Hausärzte besuchen Hausärzte, um voneinander zu ler-nen. Seit 5 Jahren besteht in den Nie-derlanden ein Nationales Akkreditie-rungs-Programm [15]; mittlerweile ist diese „Peer-Hospitation“ ein ver-pflichtender Bestandteil der Zertifi-zierung von (Hausarzt-) Praxen [16].

Hausärzte haben in ihrer Weiterbil-dung häufig Erfahrungen mit Klinikhie-rarchien gesammelt. Die meisten Medi-zinischen Fachangestellten haben Ver-gleichbares erlebt. Mit der Niederlas-sung in eigener Praxis ist nahezu unauf-lösbar die Gefahr verbunden, als einzel-ne den Patienten gegenüber tretende Person die Fähigkeit zur Selbstkritik zu verlieren, eingefahrene Verhaltenswei-sen unter Ausbildung blinder Flecken zu entwickeln und Kooperations-Fähigkei-ten zu verlieren.

Aus diesem Grund ist es wichtig, im Sinn des Erhalts und der Verbesse-rung der Qualität der hausärztlichen Arbeit von Zeit zu Zeit über den eige-nen Tellerrand hinaus zu schauen. Hospitationen sollen der bei der hausärztlichen Arbeit drohenden Ge-fahr der Vereinzelung entgegen wir-ken. Die Idee der Hospitation reflek-tiert die Tatsache, dass sich in der Hausarztpraxis leichter Defizite in der Arbeit einstellen können. Das wechselseitige Feedback bei der Hos-

pitation ist daher ein Gewinn für bei-de (!) Seiten.

Die deutsche Hausarztmedizin ar-beitet daran, ihren durch Ausbildung ei-nes im internationalen Vergleich sehr großen sekundärmedizinischen Sektors entstandenen gesellschaftlichen Bedeu-tungsverlust auszugleichen. Frisch ge-gründete wie alteingesessene Praxen ha-ben mit ähnlichen Problemen zu kämp-fen und oft bereits gute Lösungen für re-gionale Besonderheiten und Herausfor-derungen gefunden.

Aus diesem Grund ist es – auch im Sinne der Herausbildung einer ei-genen beruflichen Identität – wich-tig, dass Hausärzte von Hausärzten, Medizinische Fachangestellte von Medizinischen Fachangestellten be-sucht werden und sich gegenseitig ein kollegiales Feedback geben.

Durch eine Vielzahl von Rechtsver-ordnungen, Vorschriften und KV-Regu-larien fühlen sich viele Hausärzte drang-saliert und reglementiert. Hospitationen sollen in erster Linie dem kollegialen Austausch dienen. Dafür noch zusätzli-che Rahmenbedingungen zu errichten, wäre kontraproduktiv.

Um unter den bestehenden Rah-menbedingungen das Konzept der Hospitation möglichst weit zu ver-breiten und möglichst wenige Wider-stände dagegen aufzubauen, ist es wichtig, sehr niedrigschwellig zu starten. Hospitationen hausärzt-licher Praxisteams sollen eine freiwil-lige Angelegenheit sein. Es sollen hierbei so wenige Vorschriften wie möglich gemacht werden.

Umsetzung

Bei ihrem Treffen am 22.9.2011 auf dem DEGAM-Kongress in Salzburg ent-wickelte die DEGAM-Sektion Fortbil-dung folgende „Empfehlungen zur Pra-xis-Hospitation“:

DEGAM-Manual für Hospitationen hausärztlicher Praxisteams

396 DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS

Page 15: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

• Hospitationen beruhen auf Freiwillig-keit. Genau so freiwillig ist die Aus-wahl von Hospitierendem und Hospi-tiertem.

• Im Unterschied zu Visitationen bei-spielsweise im Rahmen einer QM-Zer-tifizierung liegt der Schwerpunkt haus-ärztlicher Hospitation eher auf der Be-obachtung der Konsultationen bzw. der Tätigkeit der Medizinischen Fach-angestellten, wobei natürlich auch or-ganisatorische Aspekte der Praxis eine Rolle spielen können und sollen. Ein Visitor beurteilt den Visitierten. Der Hospitierende dagegen urteilt nicht, sondern gibt ein Feedback – und dies nur, wenn er danach gefragt wird.

• Selbstverständlich muss der Hospitie-rende den Patienten vorgestellt wer-den, und die Patienten müssen mit der zusätzlichen Person im Raum ein-verstanden sein.

• Der Hospitierende greift nicht ins Arzt-Patient-Gespräch ein, sondern äußert sich nur, wenn er vom Hospi-tierten explizit gefragt wird.

• Der Hospitierende verpflichtet sich, sich nach der beobachteten Sprech-stunde bzw. dem Arbeitstag dem Hos-pitierten, wenn der es denn möchte, genügend Zeit für ein Feedback in ei-ner ruhigen Atmosphäre zu nehmen.

• Wenn ein Feedback erfolgt, soll es auf wertschätzende Weise erfolgen. Hier-bei soll vorrangig an die Stärken der besuchten Praxis angeknüpft werden; für subjektiv empfundene Schwächen der besuchten Praxis sollen konstruk-tive Lösungswege vorgeschlagen wer-den.

• Der Hospitierende sollte im engen zeitlichen Zusammenhang reflektie-ren, welche Anregungen er in sein ei-genes Praxisteam mitbringt.

• Dabei können beide Seiten überein-kommen, welche konkreten Lern- und Veränderungsziele sie sich vor-nehmen [17].

• Hospitationen sind grundsätzlich für beide Seiten kostenfrei.

• Alles hier Gesagte gilt gleichermaßen auch für Hospitationen bei/durch Me-dizinische Fachangestellte.

Hospitationen sollen Spaß machen. Die Eindrücke sind interessant und berei-chern die eigene tägliche Arbeit. Eine Checkliste kann über die Internetseite www.degam.de/index.php?id=links2 runtergeladen werden. Sie soll eine Hilfe zur Erstellung eines strukturellen Feed-backs geben. Ein solches Feedback kann, wenn von beiden Seiten gewünscht, auch schriftlich gegeben werden.

Perspektive

Die DEGAM startet eine Kampagne zur gegenseitigen Peer-Hospitation. Um eine bessere Verbreitung in der Fläche zu erreichen, wird eine Zusammen-arbeit mit dem Institut für hausärzt-liche Fortbildung des Deutschen Haus-ärzteverbandes angestrebt. Zunächst innerhalb von DEGAM und Hausärzte-verband, im nächsten Schritt auch in der überregionalen Ärztepresse wird für die Idee der Hospitation wie auch konkret für das DEGAM-Label gewor-ben werden.

Die DEGAM wird sich bei den Lan-desärztekammern dafür einsetzen, dass sowohl der Hospitierende als auch der Hospitierte Fortbildungspunkte in der Kategorie G erhalten.

Für die Bereitschaft, die o.a. Feed-back-Regeln bei der Hospitation ein-

zuhalten, vergibt die DEGAM das Label DEGAM-Hospitationspraxis. Die Hospi-tationspraxen bekommen eine entspre-chende Urkunde und die Erlaubnis, das Label für ihre eigene Homepage zu be-nutzen.

Die DEGAM-Geschäftsstelle wird auf der Homepage der Sektion Fortbil-dung eine fortlaufend aktualisierte Liste führen, auf der deutschlandweit über-sichtlich dargestellt ist, wo DEGAM-Hospitationspraxen zu finden sind.

Dieses Manual wurde von den Mitglie-dern der DEGAM-Sektion Fortbildung erarbeitet, und zwar in alphabetischer Nennung der Nachnamen von Wolf-gang Blank, Hannes Blankenfeld, Günt-her Egidi, Michael M. Kochen, Armin Mainz, Claudia Mews, Hans-Michael Mühlenfeld, Iris Schluckebier, Stefan Sachtleben, Odilo Schnabel, Maria Vo-gelmeier und Hans-Otto Wagner.

Verabschiedung des Manuals beim Treffen der Sektion Fortbildung am 31.3.2012Planmäßige nächste Überarbeitung im März 2015

Wenn in diesem Manual die männliche

Form benutzt wird, geschieht dies lediglich

aus Gründen der Vereinfachung. Es sind im-

mer beide Geschlechter gemeint.

DEGAM-Bundesgeschäftsstelle

Haus 10 C, 1. OG

Theodor-Stern-Kai 7

60590 Frankfurt am Main

Tel.: 069 65007245

[email protected]

Kontaktadresse

397DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS

Page 16: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe
Page 17: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

21. Jahreskongress der SGAM

Auch nach dem Jubiläumsjahr 2011 (20. Kongress) folgte dieses Jahr in bewährter Manier die 21. Auflage der inzwischen breit anerkannten Hausarztfortbildung durch die Sächsische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM). Tagungsort war wieder Lichtenwalde bei Chemnitz. Die Organisation war zum ersten Mal der etablierten Firma „Intercom“ über-geben worden war, um der wachsenden Größe der Veranstaltung Rechnung zu tragen.

Das barocke Flair des Schlosses und der Parkanlagen in Lichtenwalde sowie das moderne Ambiente des Kongressho-tels verbanden sich zum wiederholten Male mit den praxisrelevanten Schwer-punkten zum lohnenswerten Fortbil-dungswochenende.

Der Freitag, unter der Tagungslei-tung des SGAM-Präsidenten Dr. Johan-nes Dietrich, begann mit dem Thema Diabetes mellitus. Erik Bodendieck, Facharzt für Allgemeinmedizin und Dia-betologie in Wurzen sowie Vizeprä-sident der Sächsischen Landesärztekam-mer, informierte über Neuigkeiten bei Disease-Management-Programmen und Leitlinien – für alle Teilnehmer Wissens-gewinn, Austauschmöglichkeit und Dis-kussionspotenzial.

Danach berichteten Roger Voigt, Facharzt für Allgemeinmedizin in Obe-roderwitz, und Dr. Karen Voigt, Sozial-wissenschaftlerin an der Medizinischen Klinik III der TU Dresden, über den ak-tuellen Stand der SESAM-5-Studie und deren weitere Planung. An die nieder-gelassenen Kollegen wurde in diesem Zusammenhang Dank für die Unter-stützung und herzliche Einladung zur erneuten Mitbeteiligung ausgesprochen – allgemeinmedizinische Forschung funktioniert eben nur mit Allgemein-medizinern, wie Roger Voigt in seinem Vortrag explizit betonte. Er rief die Kol-legen auf, selbst zur Forschung in ihrem Arbeitsgebiet beizutragen und sich nicht von Fachfremden „beforschen zu lassen“.

Grit Rajteric, Fachanwältin für Ar-beitsrecht in Chemnitz, wies in den an-schließenden 45 Minuten auf unterhalt-same Art und Weise auf Stolperstellen und Rechtsprobleme bei Kooperations-formen hin.

Der frühe Nachmittag gehörte Dr. Marc Grundeis, Facharzt für Hämatolo-

gie/Onkologie in Chemnitz. Sein Thema „Leukämien erkennen“ stieß auf sehr großes Interesse in der Zuhörerschaft.

Konstruktives Miteinander, Nachwuchswissenschaft und Forschungspreisverleihung

Am späten Nachmittag traf sich ein gro-ßer Teil der Fachgesellschaft zur Mitglie-derversammlung. Der Rechenschafts-bericht des Präsidenten sowie die Be-richte von Schatzmeister und Kassen-prüfer wurden vom Auditorium positiv aufgenommen.

Der diesjährige SGAM-Forschungs-preis (hochwertiges Meißner Porzellan!) ging an Dr. Katharina Gerlach. Sie konn-te mit ihrer Promotionsarbeit zum The-ma „Durchfall als allgemeinmedizi-nischer Beratungsanlass“ ein Teilgebiet unseres täglichen Handwerks überzeu-gend aufarbeiten und beleuchten.

Ehrenpreisverleihung

Einen besonders bewegenden Moment erlebten die teilnehmenden Kolleg/in-nen, als auch in diesem Jahr der Ehren-preis der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin verliehen wurde. Preisträger war Prof. Dr. Michael M. Kochen, federführender Herausgeber

der Zeitschrift für Allgemeinmedizin (ZFA) und ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemein-medizin und Familienmedizin (DE-GAM).

In einer sehr emotionalen und per-sönlichen Laudatio gelang es Prof. Dr. Antje Bergmann, Inhaberin des Lehr-

stuhls für Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus in Dresden, allen Teilnehmern die vor allem auch menschliche Per-sönlichkeit des Preisträgers und sein unermüdliches fachliches und wissen-schaftliches Engagement nahezubrin-gen. An dieser Stelle sei ihr dafür noch-mals herzlich gedankt. Im Gegenzug brachte Professor Kochen in einer un-terhaltsamen Dankesrede seine Freude zum Ausdruck. Er wartete mit informa-tiven Recherchen über die Stadt Chem-nitz auf, bei denen sicher der ein oder andere Teilnehmer selbst noch über die nahegelegene, etwas in ihrer Bedeu-tung unterschätzte „Stadt der Moder-ne“ dazulernen konnte. Auch dafür ei-

Abbildung Ehrenpreisverleihung; v.l.n.r.: Prof. Dr. Antje Bergmann,

Prof. Dr. Michael M. Kochen, Dr. Johannes Dietrich

399KONGRESSE / CONGRESS

Page 18: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

nen herzlichen Dank an unseren Eh-renpreisträger.

Unterhaltung und Geselligkeit beim Festabend

Mit ihrem Programm „Odole mio“ sorg-te die Künstlerin Kathy Leen für spritzi-ge Unterhaltung mit sächsischem Charme beim Festabend zum Ausklang des ersten Kongresstages. Beim liebevoll ausgestalteten Buffet und künstlerischer Untermalung gab es viele kollegiale Ge-spräche und eine ganze Menge Spaß, die dafür sorgen werden, dass der Abend lange in besonderer Erinnerung bleibt.

Gynäkologie und Drogen-News am Samstag

Der zweite Kongresstag unter Moderati-on von Dr. Anne Gerlach war Themen aus der gynäkologischen Onkologie und der Suchtproblematik gewidmet.

Dr. Karin Kast, Fachärztin für Gynä-kologie und Geburtshilfe und Oberärz-tin am Universitätsklinikum in Dresden,

berichtete über neue Entwicklungen bei der Therapie des Mammakarzinoms. Noch immer das häufigste Malignom der Frau und täglich in unseren all-gemeinmedizinischen Praxen anzutref-fen, bedarf auch dieses Thema der regel-mäßigen Wissensauffrischung. Die Refe-rentin konnte dazu hervorragend beitra-gen. Im Anschluss daran folgte ein wei-terer hochinteressanter Beitrag durch Oberarzt Dr. Wolfgang Müller, Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin am Berglandklinikum Zittau und Leiter der dortigen Notaufnahme. Aus eigener täg-licher Erfahrung mit substanzgebunde-nen Drogen und deren Konsumenten, konnte er den Tagungsteilnehmern um-fassend über neue „Entwicklungen“ auf diesem Gebiet berichten. Bilderreich und sehr informativ, bildete sein Vortrag einen gelungenen Abschluss der dies-jährigen Weiterbildung.

Der sächsischen Fachgesellschaft für Allgemeinmedizin ist es auch in diesem Jahr gelungen, einen hochkarätig be-setzten und abwechslungsreichen Jah-reskongress anzubieten. Ansteigende Teilnehmerzahlen sowie zunehmende Akzeptanz und Nachfrage bei jungen

Kollegen, die als Geschenk zur Facharzt-prüfung kostenlos teilnehmen dürfen, bestätigen das Konzept. Die zusätzlich angebotene Fortbildung für Medizi-nische Fachangestellte (MFA) erfreute sich auch dieses Jahr wieder so großer Nachfrage, dass manche Kollegen/Hel-ferinnen aufs nächste Jahr vertröstet werden mussten. Besonders am Herzen liegt den Veranstaltern der regelmäßige Facharztvorbereitungskurs durch Roger Voigt. Dieser wurde erneut von zahlrei-chen jungen Kollegen besucht und sorg-te für ein erstes Kennenlernen des Anlie-gens der Fachgesellschaft.

Wir freuen uns über das gute Gelingen und können auf den 22. Jahreskongress am 7. und 8. Juni 2013 gespannt sein.

Dr. Anne Gerlach (Präsidium der SGAM)

Dr. med. Anne Gerlach

Schwanauer Straße 78

09128 Chemnitz

[email protected]

Korrespondenzadresse

400 KONGRESSE / CONGRESS

DEGAM-Leitlinien frei im Netz

Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

(DEGAM) stehen ab sofort frei im Internet zur Verfügung. Die wissenschaftlich fundierten

und vor der Veröffentlichung in Praxen erprobten DEGAM-Leitlinien richten sich nicht nur

an Hausärzte, sondern auch an Patienten und Praxismitarbeiter. Neben der Langversion

gibt es eine Kurzfassung als Kitteltaschenkarte. Mehrere tausend Leitlinien-Sets werden

in Praxen und Universitäten in der täglichen Arbeit mit Patienten eingesetzt.

Alle Module können nun auf der DEGAM-Leitlinien-Homepage (http://leitlinien.degam.de)

oder auf der Homepage der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen

Medizinischen Fachgesellschaften, http://leitlinien.net/) bei Bedarf heruntergeladen

und ausgedruckt werden.

Pressekontakt:

Philipp Gehring

DEGAM-Bundesgeschäftsstelle

Johann Wolfgang Goethe-Universität

Theodor-Stern-Kai 7

60590 Frankfurt am Main

Telefon: 069 65007245

Fax: 069 68974602

E-Mail: [email protected]

Homepage: www.degam.de

Page 19: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Gemeinwohl versus Wohl des Einzelnen „... habe ich noch nie drüber nachgedacht“Qualitative Ergebnisse einer Mixed-Methods-Studie zur Verordnung von Antibiotika bei Harnwegsinfekten

Common Good Versus Good of the Individual “… I Never Thought About This”

Qualitative Results of a Mixed-Methods Study on Antibiotic Prescribing for Urinary Tract Infections

Thomas Kühlein, Stefanie Joos, Katja Hermann, Andreas Gutscher, Joachim Szecsenyi, Katja Goetz

Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum HeidelbergPeer reviewed article eingereicht: 13.06.2012, akzeptiert: 03.08.2012DOI 10.3238/zfa.2012.0401–0407

Hintergrund: Die Individualität ärztlicher Therapieent-scheidungen ist ein viel diskutierter Punkt im Kontext von Leitlinien und medizinischer Qualitätsarbeit. Im Rahmen einer von uns durchgeführten qualitativ-quantitativen Studie zur Versorgung von Patienten mit unkomplizierten Harnwegsinfekten (uHWI) konnte mit einem Praxistest von Trimethoprim (TMP) eine nachhaltige Änderung der Antibiotikawahl bei einer Gruppe von Hausärzten erreicht werden. Ziel des qualitativen Teils der Studie war es zu evaluieren, welche Haltungen Hausärzte gegenüber Leit-linien haben, auf welchen Grundlagen ihre aktuellen The-rapieentscheidungen beruhen und welchen Effekt der Praxistest auf ihre Meinungen hatte. Methoden: Die Studie wurde als qualitativ-quantitativ gemischte Studie in einem Vorher-Nachher-Design durch-geführt. Der qualitative Anteil bestand aus Fokusgruppen und Einzelinterviews, die mittels eines interdisziplinär er-arbeiteten Interviewleitfadens teilstandardisiert durch-geführt wurden. Die Auswertung der transkribierten Ge-spräche erfolgte mit der Methodik der qualitativen In-haltsanalyse nach Mayring. Ergebnisse: Vor dem Praxistest wurden Leitlinien von den Hausärzten zunächst als realitätsfern angesehen und abgelehnt. Die eigene Wahl von Antibiotika wurde als re-flexartig beschrieben, maßgeblich bestimmt von in der Ausbildung Gelerntem. Die erfolgreiche Behandlung des individuellen Patienten stand für die Ärzte weit vor dem Interesse der Gesellschaft an einem Schutz der Resistenz-lage. Sie vermissten bezüglich der Aufgabe der Resistenz-vermeidung jegliche Solidarität im Gesundheitswesen. Nach dem dreimonatigen Praxistest, in dem sich eine 94%ige Erfolgsrate von TMP gezeigt hatte, war eine deut-liche Meinungsänderung bezüglich Wirksamkeit und Ein-satz dieser Substanz zu beobachten. Die eigene Erfahrung

Background: Individual therapeutic decisions are a con-tentious point in the context of medical quality work and guideline implementation. In the course of a mixed-methods study on antibiotic prescribing for uncompli-cated urinary tract infections (UTI) a sustained change in prescribing could be demonstrated. The complex inter-vention comprised a self-conducted practice test of trime-thoprim (TMP). The aim of the qualitative part was to evaluate the attitudes of the family physicians (FP) to-wards guidelines, the making of their therapeutic deci-sions and the effect of the practice test on their opinions. Methods: The study was conducted in a before-after de-sign with qualitative elements. The qualitative part con-sisted of focus-groups and single interviews, semi-struc-tured by discussion guides that had been developed by an interdisciplinary team of researchers. Evaluation of the transcribed discussions and interviews was done accord-ing to the method of qualitative content analysis by Mayring. Results: Guidelines first were widely perceived as out of touch with reality and rejected as a whole. Antibiotic choice was seen as reflex like, mainly driven by former hospital training. The interest of the single patient was clearly paramount to the common good of preventing antibiotic resistance. Concerning this task the FPs missed any solidarity within the health care system. In the three months practice test TMP had a success rate of 94%. This strongly changed opinions towards the use of TMP. Peer group opinion, self-reflection and personal experience in the practice test were predominantly seen as the change inducing agents. Conclusions: The choice between broad- and small-spectrum antibiotics mirrors the conflict of the FP’s re-sponsibility for individual and collective at the same time.

401ORIGINALARBEIT / ORIGINAL PAPER

Page 20: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

Hintergrund

Klinisch empirische Forschung gewinnt Erkenntnisse zu einzelnen Krankheits-bildern durch Betrachtung von Patien-tengruppen. Hausärzte dagegen betreu-en individuelle Personen, deren Krank-heiten kommen und gehen. Der da-durch entstehende Graben zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und prak-tischer ärztlicher Tätigkeit ist ein be-kanntes Problem für beide Seiten [1]. Evidenzbasierte Leitlinien haben zum Ziel, diesen Graben zu überbrücken. Sie werden darüber hinaus als Maß zur Be-wertung von Versorgungsqualität ge-nutzt. Die Rhetorik der Implementie-rung gesicherten Wissens in eine als chaotisch dargestellte Praxis stößt viel-fach auf emotionalen Widerstand [2]. Interventionen zur Verbesserung der Versorgungsqualität sollten deshalb an-streben, nicht die Selbstwahrnehmung der Ärzte zu beschädigen, sondern deren autonome Selbstentwicklung zu för-dern.

CONTENT (CONTinuous morbidi-ty registration NeTwork) ist ein Projekt des Universitätsklinikums Heidelberg, mit dem Ziel, ein Morbiditätsregister für den hausärztlichen Bereich zu etab-lieren [3]. Gleichzeitig ermöglicht die CONTENT-Software den teilnehmen-

den Hausärzten, ihre eigenen Daten selbstständig für praxisinterne Quali-tätsarbeit zu nutzen. In einem Quali-tätszirkeltreffen der CONTENT-Teil-nehmer zur Schulung der selbstständi-gen Datenanalyse zeigte sich, dass das Verschreibungsverhalten der Gruppe bei unkomplizierten Harnwegsinfekten (uHWI) stark von den Empfehlungen der Leitlinie abwich. Die Hausärzte verordneten statt der empfohlenen Erstwahlmedikamente Trimethoprim (TMP) und Nitrofurantoin [4] zumeist Chinolone. Sie begründeten dies mit der Erfahrung hoher Raten von Thera-pieversagen von TMP, erklärten sich aber bereit, TMP unter wissenschaftli-cher Begleitung im Rahmen einer Stu-die zu testen. Kern der Intervention wa-ren ein Praxistest von TMP über ein Quartal und Selbstreflexion in Fokus-gruppen. Die Ergebnisse der Studie wurden bereits anderweitig mit Fokus auf die Intervention und das weitere Verordnungsverhalten der Gruppe pu-bliziert [5]. Für das reichhaltige qualita-tive Material der Studie blieb in dieser ersten Publikation wenig Raum. Ziel des hier vorliegenden Artikels war es deshalb, die Haltungen der Teilnehmer gegenüber Leitlinien und Entschei-dungsfindungsprozessen vertieft auf-zuarbeiten und zu berichten.

Methoden

Studiendesign

Wir führten die Studie in einem qualita-tiv-quantitativ gemischten Vorher-Nach-her-Design durch (siehe Abbildung 1). Details zum Gesamt-Studienablauf kön-nen andernorts nachgelesen werden [5].

Die qualitativen Daten wurden in Fokusgruppen vor und nach dem Praxis-test erhoben. Aufgrund von Termin-schwierigkeiten wurden mit drei Ärzten Einzelinterviews durchgeführt.

Teilnehmer

Von den 23 zu diesem Zeitpunkt am CONTENT-Projekt teilnehmenden Hausärzten nahmen elf Ärzte am ge-nannten Qualitätszirkeltreffen zur Schulung der Analysefunktion der Soft-ware teil. Von diesen elf Ärzten wollten zwei nicht an der Studie teilnehmen. Ei-ner gab Zeitgründe an. Der andere emp-fand die Umsetzung der Leitlinienemp-fehlung als moralisch nicht vertretbares Experiment. Beide stellten sich jedoch für Einzelinterviews nach dem Praxis-test zur Verfügung. Ein CONTENT-Teil-nehmer, der für das Qualitätszirkeltref-fen keine Zeit gefunden hatte, wollte dennoch an der Studie teilnehmen. So-

im Praxistest, Selbstreflexion und die Bestätigung durch die Gruppe wurden als die wesentlichen Einflussfaktoren für diese Meinungsveränderung benannt. Schlussfolgerungen: Die Wahl zwischen Breit- oder Schmalspektrum-Antibiotikum spiegelt den ärztlichen Konflikt der gleichzeitigen Verantwortlichkeit für Individu-um und Gemeinschaft wider. Im Fokus hausärztlicher Therapieentscheidungen scheint vorrangig das Wohl des individuellen Patienten, weniger hingegen der Public-He-alth-Gedanke der Resistenzvermeidung zu stehen. Die Verordnung von Breitspektrum-Antibiotika erweist sich so-mit aus der Perspektive der behandelnden Ärzte als ver-nünftig und logisch. Der Praxistest und die gemeinsame Kontrolle über den Erkenntnisgewinn im Qualitätszirkel konnte die Hausärzte davon überzeugen, dass mit TMP beide Interessen vereinbar sind. Möglicherweise ist es die Public-Health-Perspektive der Leitlinien, die ihrer Umset-zung in die Praxis manchmal im Wege steht.

Schlüsselwörter: Leitlinien; Harnwegsinfekte; Verschreibungs-verhalten; Hausarztmedizin; qualitative Studie

The good of the individual patient stood clearly in front of the public health goal of avoiding bacterial resistance. Prescribing of broad-spectrum antibiotics appears thus to be logical and reasonable from this perspective. The prac-tice test and ownership of the process of knowledge ac-quisition convinced the participants that with TMP both goals are achievable. Possibly it is the public-health per-spective of guidelines that sometimes blocks their trans-lation into practice.

Keywords: Guidelines; Urinary Tract Infections; Prescribing Practice; Primary Care; Qualitative Study

402

Kühlein et al.:Qualitative Ergebnisse einer Mixed-Methods-Studie zur Verordnung von Antibiotika bei Harnwegsinfekten Qualitative Results of a Mixed-Methods Study on Antibiotic Prescribing for Urinary Tract Infections

Page 21: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

mit ergab sich eine Gesamtzahl von zwölf Teilnehmern, die in die Studie ein-geschlossen wurden. Vor dem Praxistest fanden zwei Fokusgruppen mit je drei Teilnehmern statt (n=6). Am Praxistest selbst nahmen zehn der elf Ärzte teil (n=10). Nach dem Praxistest wurden zwölf Ärzte in zwei Fokusgruppen und drei Einzelinterviews befragt (n=12). Die Studienteilnehmer waren bis auf eine Ausnahme männlich, im Durchschnitt 54 (Min. 49, Max. 59) Jahre alt und seit im Mittel 21 (Min. 9, Max. 31) Jahren in eigener Niederlassung tätig. Von den Praxen befinden sich zwei im städti-schen, fünf im vorstädtischen und fünf im ländlichen Bereich.

Datenerfassung und -analyse

Die Fokusgruppensitzungen und Inter-views wurden vom Leiter des CON-TENT-Projekts (TK) anhand von inter-disziplinär erarbeiteten Leitfragen durchgeführt. Die Leitfragen der Inter-views vor und nach dem Praxistest sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Den Teilnehmern wurde das Kon-zept einer Art innerer, impliziter Leit-linie für das eigene Handeln als Gegen-stück zur Leitlinie der Fachgesellschaft erklärt und sie wurden nach dieser inne-ren Leitlinie befragt [6]. Um die Diskus-sion anzuregen, wurden die Teilnehmer außerdem mit Gegensatzpaaren, wie „TMP = Wohl der Allgemeinheit versus Chinolone = Wohl des Einzelnen“ kon-frontiert und diese bei Bedarf erläutert. Eine zusätzliche Frage nach dem Praxis-

test war, ob die positive Erfahrung mit der Leitlinie „Brennen beim Wasserlas-sen“ einen Einfluss auf den Umgang mit anderen Leitlinien habe.

Die Gespräche wurden audio-visuell aufgezeichnet und pseudonymisiert transkribiert. Die qualitative Datenanaly-se wurde von TK und KG, einer Wissen-schaftlerin mit medizinsoziologischem Hintergrund, durchgeführt. Zur Analyse der Daten wurde das Softwareprogramm Atlas.ti 5.2 benutzt. Basierend auf den Leitfragen wurden nach der Methodik der Inhaltsanalyse von Mayring induktiv Kategorien entwickelt. In einem Konsen-susprozess der Wissenschaftler unter-einander wurden Subkategorien abgegli-chen und modifiziert [7].

Ergebnisse

Aus dem vor dem Praxistest erhobenen Textmaterial wurden drei Hauptkatego-rien entwickelt: „Innere Leitlinie“, „Leitlinie“ und „Versorgung des indivi-duellen Patienten“. Tabelle 2 zeigt alle Haupt- und Unterkategorien.

Innere Leitlinie

Die Teilnehmer waren nach einer Art in-nerer Leitlinie als Analogon zur Leitlinie der Fachgesellschaft befragt worden. Es ergaben sich zwei wesentliche Aussage-kategorien: Entstehung des Medika-mentenrepertoires und Reflexartigkeit des Entscheidungsprozesses.

Entstehung des Medikamentenre-pertoires: Therapieentscheidungen be-ruhten vielfach auf in der eigenen Aus-bildung Gelerntem: „Also wirklich ganz

banal. Ich habe das weitergeführt, was man

mir mal beigebracht hat. So wurde das im

Krankenhaus gemacht“ (HA26). Ein wei-terer wichtiger Grund war die Orientie-rung am Verordnungsverhalten anderer Ärzte: „Bei uns in der Praxis ist es üblich, …

und das ist eigentlich der ausschlaggebende

Punkt, weshalb ich das auch mache“ (HA26). Entscheidend war auch, gute Er-fahrungen mit dem Medikament ge-macht zu haben. Eine typische Aussage war: „Ein Antibiotikum zu wählen, auf das

man vertraut – ja – mit dem man gute Er-

fahrungen gemacht hat“ (HA26). Einige sahen explizit keinen Grund ein erfolg-reiches Therapieverfahren zu ändern: „Es fällt halt einfach am schnellsten ein …

[ ] … und funktioniert, also mache ich das“ (HA2). Auf der anderen Seite wurden schlechte Erfahrungen und Therapie-versagen als wichtigste Gründe ge-nannt, die innere Leitlinie in Frage zu stellen: „Therapieversager gefährden meine

innere Leitlinie, dann stell ich mich um“ (HA9).

Reflexartigkeit des Entscheidungs-prozesses: Der Moment der Verschrei-bung wurde als reflexartig und gewohn-heitsmäßig beschrieben: „Also ich muss

grade ehrlich sagen, bei mir ist es auch oft

schlicht und ergreifend Gewohnheit. Hat

mit Erfahrung gar nichts zu tun“ (HA2). „Nein, es ist völlig unreflektiert denke ich“ (HA26).

Abbildung 1 Flussdiagramm Studiendesign.

403

Kühlein et al.:Qualitative Ergebnisse einer Mixed-Methods-Studie zur Verordnung von Antibiotika bei Harnwegsinfekten Qualitative Results of a Mixed-Methods Study on Antibiotic Prescribing for Urinary Tract Infections

Page 22: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

Leitlinie

Aus den Aussagen der Ärzte ließen sich deutliche Vorbehalte gegenüber Leit-linien ablesen: „Also die Leitlinie ... ist ir-

gendwo immer so ein Zügel. Ist doch ein bis-

sel was Autoritäres. Ich tu´ mich manchmal

schon schwer, dem zu folgen, muss es aber.

Es ist also … doch verschult irgendwo und

ein Zwang irgendwo. Nach wie vor Andro-

hung von Strafen, wenn man es nicht tut …

[ ] … So ein Gschmäckle bleibt da bei der

Leitlinie“ (HA2). Es zeigte sich eine aus-geprägte Überzeugung, dass eines der Hauptziele von Leitlinien die Kostenein-sparung sei: „… wobei Cotrim ja immer

noch ein bisschen auch zur Leitlinie zählt,

weil ich dachte, es ist ja das Günstigere“ (HA9).

Versorgung des individuellen Patienten

Mehrfach wurde geäußert, dass es nicht die Hauptaufgabe des Arztes sei, Leitlini-en zu folgen, sondern die bestmögliche Behandlung des individuellen Patienten zu gewährleisten und dessen Erwartun-gen zu erfüllen. Eine starke Patienten-bindung und ein starkes Verantwor-tungsgefühl wurden als Rechtfertigung für den Einsatz breit wirksamer Antibio-tika angeführt. Die Aufgabe Chinolone als Reserveantibiotika zurückzuhalten (Gemeinwohl), selbst zum Preis einer möglicherweise erhöhten Rate von The-rapieversagen beim Einsatz von Erst-wahlantibiotika beim einzelnen Patien-ten (Wohl des Individuums), wurde von den Teilnehmern entschieden zurück-gewiesen: „Prinzipiell verordne ich das,

was ich für richtig halte in dem Fall; prinzi-

piell entscheide ich für den Einzelnen, also

zunächst für den Patienten. Ich verordne

das, was der jetzt braucht“ (HA9). Der Idee, für mehr als für den gerade vor ei-nem sitzenden Patienten verantwort-lich zu sein, wurde sogar mit einer ge-wissen Verständnislosigkeit begegnet: „Diese Überlegung Gemeinwohl versus

Wohl des Einzelnen hab ich da auch nicht

gehört. Habe ich noch nie drüber nach-

gedacht, um ehrlich zu sein. Also hab ich

jetzt in dem Bezug auf diese Leitlinie noch

nie drüber nachgedacht“ (HA18).Die Teilnehmer waren der Meinung,

das Resistenzproblem ließe sich nur ge-meinsam mit anderen Fachgruppen lö-sen, vermissten jedoch diesbezüglich jegliche Solidarität im Gesundheitssys-

tem. Andere Fachärzte würden auch fast immer Chinolone verordnen. Man kön-ne nicht alleine für die Resistenzent-wicklung verantwortlich sein. „Sowohl

HNO-Ärzte als auch Urologen oder sonstige

Fachrichtungen, aber es wird ja Kreuz und

Quer auf Teufel komm raus verordnet“ (HA 13). „Ja. Ich kann nichts anderes reden,

weil das Chaos besteht“ (HA 4). Nach dem Praxistest stellten die teil-

nehmenden Ärzte einhellig fest, dass sie keinerlei Unterschied zur Verschreibung von Chinolonen hatten feststellen kön-nen. Die meisten erwähnten spontan, TMP inzwischen in ihr Standardreper-toire übernommen zu haben. Aus dem nach dem Praxistest erhobenen Text-material wurden drei Hauptkategorien gebildet: „Erfahrungen versus Daten“, „Selbstkritik und Selbstreflexion“, „Übertragung auf andere Leitlinien“.

Erfahrungen versus Daten

Auch nach dem Praxistest wurde die per-sönliche Erfahrung als der stärkste Ein-flussfaktor auf zukünftige Verschreibun-

gen gesehen. Datensammlung und Ana-lyse blieben eine bestätigende, aber nicht wirklich notwendige Ergänzung: „Also persönliche Erfahrungen sind was

ausgesprochen Wichtiges. Wenn ich also se-

he, dass was funktioniert, dann wird sich

das in mir auch so einbrennen, dass ich das

auch so weiter handhabe. Die Datenaus-

wertung gibt mir halt …[ ]… irgendwo noch

mal eine zusätzliche Sicherheit“ (HA1). Dennoch äußerten die Teilnehmer spontan eine Ähnlichkeit zwischen dem eigenen Erkenntnisgewinn über den Praxistest und wissenschaftlichem Er-kenntnisgewinn durch Studien erkannt zu haben: „… ‘ne interessante Verände-

rung in meiner Denkstruktur. Zu sehen, ja-

wohl, so wie wir das jetzt praktisch auspro-

biert haben, eine Erfahrung gemacht haben,

so kommen letztendlich auch Leitlinien ja

zustande“ (HA14). Der Praxistest schien den Graben

zwischen Forschung, Leitlinie und Pra-xis überbrückt zu haben: „Also, wenn

man so eine Brücke schlagen könnte zwi-

schen Alltag und Wissenschaft, dann, glau-

be ich, ist allen geholfen. Dann ist auch die

Tabelle 1 Leitfragen der Fokusgruppen und Interviews vor und nach dem Praxistest.

Fokusgruppe vor Praxistest

Fokusgruppen und Einzel -interviews nach Praxistest

Eine Patientin kommt in Ihre Sprechstunde und Ihre Diag-nose lautet: akuter unkomplizierter Harnwegsinfekt. Wie treffen Sie Ihre Therapieentscheidung? Wie kommt diese Ihrer Meinung nach zustande?

Wie erklären Sie die Differenz zwischen dem Verord-nungsverhalten, wie es in den CONTENT-Daten sichtbar wird, und der Empfehlung der Leitlinie?

Als Gegenpol zur externen Evidenz der Leitlinien könnte man einen inneren Leitfaden für das eigene Handeln in der Praxis postulieren. Woher beziehen Sie Ihren inneren Leitfaden?

Was sagen Sie zu folgender Aussage: TMP vs. Chinolon = Barfußmedizin vs. High-Tech?

Was sagen Sie zu folgender Aussage: TMP vs. Chinolon = Gemeinwohl vs. Wohl des Einzelnen?

Wie waren Ihre subjektiven Erfahrungen mit der Ver-schreibung von Trimetoprim?

Die Rate von Therapieversagen unter Trimetoprim lag bei 6 %. Was halten Sie von diesem Ergebnis?

Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen Ihrer persönlichen Erfahrung und dem Ergebnis der Datenauswertung?

Wie bewerten Sie den Einfluss der eigenen Datenanalyse auf Ihr künftiges Verordnungsverhalten?

Hat die Erfahrung in diesem Projekt für Sie eine Bedeu-tung bezüglich anderer Leitlinienempfehlungen? (Wie zum Beispiel der Empfehlung, bei ambulant erwor-bener Pneumonie Amoxicillin einzusetzen?)

404

Kühlein et al.:Qualitative Ergebnisse einer Mixed-Methods-Studie zur Verordnung von Antibiotika bei Harnwegsinfekten Qualitative Results of a Mixed-Methods Study on Antibiotic Prescribing for Urinary Tract Infections

Page 23: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Nähe der Leitlinie zu dem, was der Alltag

bietet, wieder da. Da hat man nicht so

das Gefühl: Wo sind die eigentlich? Was

machen die denn? Sitzen die denn nur an

ihrer Uni?“ (HA6). Ein wichtiger Aspekt schien das Gefühl von eigener Kontrolle über den Erkenntnisprozess zu sein: „…

was da steht in der Leitlinie, aber … [ ]… ist

doch irgendwie erst mal relativ theoretisch.

… [ ]… das, was wir hier gemacht haben,

ist irgendwie was Praktisches, das konnte

ich gut nachvollziehen. Und … [ ]… es

war ein gemeinsames Projekt, wir wollten

das … [ ]… damit können wir auch hinter-

her … [ ]…besser für uns sagen, ja das war

richtig und das machen wir auch weiter so“ (HA0001).

Selbstkritik und Selbstreflexion

Einige Hausärzte äußerten selbstkritisch, dass ein großer Teil ihres Handelns re-flexhaft und schwer zu ändern sei: „… al-

so ich zum Beispiel habe so gut wie keine Er-

fahrungen mit TMP vorher gemacht, weil’s

einfach … [ ] … so ein Reflex war, wie man

aus der Klinik schon gelernt hatte. Zack da

kommt halt des drauf“ (HA30). Einer der Teilnehmer sagte, dass in einem Bereich großer diagnostischer Unsicherheit der therapeutische Reflex dazu verleiten würde, diese Unsicherheit medikamen-tös zu kompensieren. Im Falle von Anti-

biotika sei das dann eben dasjenige mit dem breiteren Spektrum: „Wir müssen die

Diagnose also klinisch stellen, … [ ] … über

die Auskultation und Perkussion und über

die Klinik, … [ ]… und dann will man na-

türlich auf der anderen Seite ein Medika-

ment, wo ich mir sage, das funktioniert ei-

gentlich in der Regel“ (HA3). Einige der Teilnehmer äußerten im Nachhinein die abgelehnte Leitlinie gar nicht gekannt zu haben. Sie gaben an, gegen Leitlinien generell zu rebellieren, weil sie diese als von oben herab und übergestülpt emp-finden würden: „Wer setzt sich schon hin

und liest Leitlinien. … [ ] … wir sind ja im-

mer so gefangen in der Routine … [ ] … ich

lese selten Leitlinien durch. Das ist das Pro-

blem“ (HA3). Mehrfach wurde erwähnt, wie sehr die Tatsache der Eigenständig-keit des Erkenntnisgewinns über den Praxistest die Meinungsänderung gegen-über TMP bewirkt hatte: „Du möchtest

wirklich gerne auch wissen, ob das jetzt so

funktioniert in der Gruppe gemeinsam und

wenn du die Daten siehst natürlich und es

hat funktioniert, bist du bestärkt“ (HA1). Einer der Ärzte, der durch den Praxistest überzeugt war, dass TMP eine gute Wahl darstellt, sagte, dass er inzwischen doch wieder Chinolone verschreiben würde: „Norflox ist wieder da. Also es ist nicht ge-

blieben das Trimethoprim, sondern die Ge-

wohnheit von vorher ist wieder drin“ (HA6).

Er sagte, er bräuchte eine stärkere Moti-vation, um alte Gewohnheiten zu än-dern, und es gäbe wichtigere Probleme in seiner Praxis als die Unterscheidung von TMP und Chinolonen.

Übertragung auf andere Leitlinien

Die Hausärzte waren gefragt worden, ob das Ergebnis des Praxistests ihre Haltung gegenüber anderen Leitlinienempfeh-lungen beeinflusst habe. Als Beispiel wurde die Empfehlung genannt, bei am-bulant erworbener Pneumonie Amoxi-cillin statt Breitspektrum-Antibiotika zu verschreiben. Die Antworten blieben ausweichend: „Für klare Krankheitsbilder

ist das mit den Leitlinien, … [ ] … sicherlich

sinnvoll. Sollte man auch weiter machen.

Bei komplizierten Sachen wie jetzt gerade

die Pneumonie, … [ ] … ob man dann tat-

sächlich Amoxicillin gibt?“ (HA13). Viele Teilnehmer äußerten eine höhere Bereit-schaft, sich Leitlinien in Zukunft näher anzuschauen. Den Äußerungen dieser Bereitschaft folgten jedoch zumeist ein-schränkende Aussagen.

Diskussion

Die Aussagen der Ärzte lassen darauf schließen, dass das aktuelle Verschrei-bungsverhalten vor allem von Erfahrun-gen und dem, was als allgemein üblich wahrgenommen wird, bestimmt ist. Das Verschreibungsverhalten wurde als eher gewohnheitsmäßig und weniger als ko-gnitive Entscheidung beschrieben. Leit-linien wurden als Empfehlungen aus El-fenbeintürmen und Mittel zur Kosten-dämpfung angesehen. Die Hausärzte fühlten eine starke Verantwortung ge-genüber dem individuellen Patienten und wenig Verantwortung gegenüber der gesellschaftlichen Aufgabe der Resis-tenzvermeidung von Antibiotika. Als überzeugende Gründe für eine Ände-rung ihres Verordnungsverhaltens ga-ben die Teilnehmer die eigene positive Erfahrung im Praxistest und die Mei-nung der Kollegen an. Der Praxistest hatte nach Ansicht der Hausärzte eine Brücke zwischen Forschung und Praxis geschlagen. Die eigene Kontrolle über den Erkenntnisgewinn und die Selbst-reflexion in den Gruppen scheinen we-sentliche Hebel zur Veränderung einge-fahrener Verschreibungsmuster gewe-sen zu sein.

Tabelle 2 Übersicht der Haupt- und Unterkategorien zum Verschreibungsverhalten.

Vor Praxistest

Nach Praxistest

Hauptkategorie

Innere Leitlinie

Leitlinie

Versorgung des individuellen Patienten

Erfahrungen vs. Daten

Selbstkritik und Selbstreflexion

Übertragung auf andere Leitlinien

Unterkategorie

Entstehung des Medikamenten-repertoires Reflexartigkeit des Entscheidungsprozesses

negative Einstellung Kosteneinsparung

Patientenbindung Verantwortungsgefühl Gemeinwohl Wohl des Individuums

persönliche Erfahrung Daten als Ergänzung eigene Kontrolle

reflexhaftes Handeln diagnostische Unsicherheit Ablehnung von Leitlinien Motivation

Vorhandensein der Bereitschaft

405

Kühlein et al.:Qualitative Ergebnisse einer Mixed-Methods-Studie zur Verordnung von Antibiotika bei Harnwegsinfekten Qualitative Results of a Mixed-Methods Study on Antibiotic Prescribing for Urinary Tract Infections

Page 24: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

Das Phänomen, dass das Verschrei-bungsverhalten im Falle von uHWI re-flexartig und gewohnheitsmäßig ver-läuft, ist offensichtlich eines der zentra-len Hindernisse dieses Verhalten zu ver-ändern. In einer Studie aus England zeigte sich, dass nur 5,4 % aller Ver-schreibungen eines Jahres neue Medika-mente im Verordnungsrepertoire von Hausärzten waren [8]. Insgesamt be-schreiben sich Ärzte als konservativ und vorsichtig bezüglich ihres Verordnungs-verhaltens. Eine weitere Studie zeigte, dass Krankenhausärzte, gefolgt von Pharmareferenten, den größten Einfluss auf diese Neuverschreibungen zu haben scheinen [9]. Auch unsere Studienteil-nehmer nannten Krankenhauskollegen, niedergelassene Spezialisten und die Pharmaindustrie als wichtigste Einfluss-faktoren auf ihr eigenes Verschreibungs-verhalten.

Die Hausärzte in unserer Studie be-richteten, ein starkes Verantwortungs-gefühl gegenüber ihren individuellen Patienten zu empfinden und lehnten ei-ne Verantwortung für die gesellschaftli-che Aufgabe der Resistenzvermeidung weitgehend ab. Der Konflikt der gleich-zeitigen Verantwortung für Individuum und Gesellschaft ist nicht neu und be-rührt viele Punkte insbesondere haus-ärztlicher Arbeit [10]. Arbeiten zur Ver-schreibungskultur bei Antibiotika zei-gen, dass für Hausärzte die möglichen Vorteile von Breitspektrum-Antibiotika, deren mögliche Nachteile durch resis-tente Keime für die Gemeinschaft über-wiegen [11]. Eine jüngst erschienene Übersichtsarbeit über die Einflüsse auf das Verordnungsverhalten von Hausärz-ten kam zu dem lakonischen Schluss, dass die Hausarztmedizin historisch eben patientenzentriert sei, und dass es unklar bleibe, ob Hausärzte die Kon-sequenzen ihres Verordnungsverhaltens für die größere Gemeinschaft bedenken [12]. Warnende Informationen zur loka-len Resistenzentwicklung von Antibioti-ka durch die mikrobiologischen Labors, können sogar zum paradoxen Effekt ei-nes Anstiegs der Verordnungen von Breitspektrum-Antibiotika führen, um dadurch weiterhin den Bedürfnissen der individuellen Patienten gerecht werden zu können [13]

Als wichtige Einflussfaktoren für ein verändertes Verordnungsverhalten nach dem Praxistest wurden die per-sönliche Erfahrung bei der Verschrei-

bung von TMP und die Meinungen der Kollegen gesehen. Auch andere Studien zeigten, dass das Verhalten der eigenen hausärztlichen Kollegen einen sehr starken Einfluss auszuüben scheint [14]. Nach unserer Kenntnis beschäftig-ten sich nur wenige Studien mit dem Zustandekommen des Medikamenten-repertoires von Hausärzten. Eine davon fand, dass der persönliche Eindruck ei-nes Therapieerfolges den stärksten Ein-fluss auf Annahme oder Ablehnung ei-nes Medikaments hatte [15]. Dieser Be-fund ist in guter Übereinstimmung mit unseren Daten. Angesichts der in der hausärztlichen Arbeit verbreiteten di-agnostischen Unsicherheit und der oft fraglichen klinischen Effektivität von Therapien, scheinen die Peergruppe und deren gemeinsame Rhetorik einen Ersatz in Situationen zu bieten, in de-nen alles vorhandene Wissen nicht weiterhilft [16]. Eine verbreitete haus-ärztliche Strategie mit Unsicherheit umzugehen, scheint die Heuristik „Im Zweifel – behandle!“ zu sein, die sich im Fall der uHWI, entsprechend unserer Ergebnisse, auf „Im Zweifel bezüglich möglicher Resistenzen – nimm lieber das Breitspektrum-Antibiotikum“ er-weitern ließe.

Man hat das Verordnungsverhalten von Ärzten einmal als „das Schlachtfeld, auf dem die Sache der klinischen Auto-nomie verteidigt wird“ beschrieben [17]. Entsprechend kämpferisch war auch die Reaktion der teilnehmenden Ärzte vor dem Praxistest. Was bei der Weigerung TMP zu verschreiben eigent-lich verteidigt wird, scheint die kli-nische Autonomie gegenüber einem so empfundenen Angriff durch die evi-denzbasierte Medizin und eine adminis-trativ, akademische Elite in Gestalt der Leitlinie zu sein [15].

Selbstreflexion über das eigene Ver-halten und die eigene Kontrolle über den Prozess des Erkenntnisgewinns sind gut erforschte Mittel, Verhaltensände-rungen zu bewirken. Auch in unserer Studie wurde der Reflexionsprozess von den Ärzten selbst als sehr wichtig be-schrieben. Die eigene Kontrolle über den Prozess des Erkenntnisgewinns wird schon lange als wichtiger Motivator für Verhaltensänderungen gesehen. Die ge-schützte Zeit über das eigene Handeln und seine Gründe nachzudenken, könnte einen effektiven Weg darstellen, in Zukunft auch andere Verhaltenswei-

sen selbst zu hinterfragen und gegebe-nenfalls zu verändern [18].

Stärken und Schwächen

Eine wesentliche Schwäche der Studie kann in der Selektion der teilnehmen-den Ärzte gesehen werden. Die Ärzte nehmen freiwillig am CONTENT-Projekt teil. Sie kennen sich untereinander und den Moderator gut und haben gemein-sam schon andere Unterprojekte des CONTENT-Projekts durchlaufen. Dies al-les könnte sich positiv auf die Verände-rungsbereitschaft ausgewirkt haben. Die Intervention war komplex und beruhte auch auf dem inzwischen sehr persönli-chen Verhältnis untereinander. Es könn-te daher schwierig sein, eine solche Ver-haltensänderung in größerem Rahmen zu bewerkstelligen. Außerdem war es aufgrund der Geschlossenheit der Grup-pe nicht möglich, die Datenerhebung bis zum Erreichen einer Informationssätti-gung fortzuführen. Es gibt Belege dafür, dass Forschungspraxen in einigen As-pekten repräsentativ für die Gesamtheit der Hausärzte sein können [19], wäh-rend dies für andere Aspekte nicht zu-trifft [20]. Unsere Teilnehmer schienen sich zumindest bezüglich der Leitlini-enadhärenz nicht auffallend vor ande-ren Hausarztkollektiven hervorzutun.

Schlussfolgerungen

In der Hausarztpraxis erfolgt die Aus-wahl des Antibiotikums für uHWI weit-gehend gewohnheitsmäßig und reflex-artig. Leitlinienempfehlungen und ex-terne Evidenz scheinen für diese Ent-scheidung eine eher untergeordnete Rolle zu spielen und werden häufig als realitätsfern abgelehnt. Das zentrale Er-gebnis dieser Arbeit ist, wie weit das Wohl des individuellen Patienten aus Sicht der Hausärzte das Interesse der Ge-meinschaft an einer Schonung antibio-tischer Ressourcen für die Zukunft über-wiegt. Aus dieser Perspektive erscheint die Verordnung von Breitspektrum-An-tibiotika bei uHWI zunächst kon-sequent und nachvollziehbar. Der Pu-blic-Health-Gedanke der Resistenzver-meidung steht somit der Umsetzung der Leitlinie möglicherweise im Weg. Weite-re Forschung und eine breite innerfach-liche Diskussion zur Problematik der gleichzeitigen Verantwortlichkeit des

406

Kühlein et al.:Qualitative Ergebnisse einer Mixed-Methods-Studie zur Verordnung von Antibiotika bei Harnwegsinfekten Qualitative Results of a Mixed-Methods Study on Antibiotic Prescribing for Urinary Tract Infections

Page 25: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Hausarztes für Individuum und Gesell-schaft scheinen wünschenswert. Die Annahme des Public-Health-Gedankens könnte die Stellung des Hausarztes in ei-nem solidarischen Gesundheitswesen erheblich stärken.

Ethikvotum: Das Studienprotokoll des CONTENT-Projekts erhielt von der Ethikkommission des Universitätsklini-kums Heidelberg ein positives Votum (Ethikvotum Nr.: 442/2005). Von den

teilnehmenden Ärzten liegen Einver-ständniserklärungen vor.

Sponsoren: Das CONTENT-Projekt wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geför-dert – Fördernummer: BMBF 01GK0601. Das BMBF hatte keinerlei Einfluss auf In-halte dieser Studie.

Interessenkonflikte: keine angege-ben.

1. Rosemann T, Szecsenyi J. General practitioners’ attitudes towards re-search in primary care: qualitative re-sults of a cross sectional study. BMC Fam Pract 2004; 5: 31

2. Timmermans S, Kolker ES. Evidence-based medicine and the reconfigurati-on of medical knowledge. J Health Soc Behav 2004; 45 (Extra Issue): 177–193

3. Kühlein T, Laux G, Gutscher A, Szecse-nyi J. Kontinuierliche Morbiditätsregis-trierung in der Hausarztpraxis – vom Beratungsanlass zum Beratungsergeb-nis. München: Urban & Vogel, 2008

4. Hummers-Pradier E, Kochen MM. DE-GAM Leitlinie Nr. 1 – Brennen beim Wasserlassen. Düsseldorf: omikron pu-blishing, 2002

5. Kuehlein T, Goetz K, Laux G, Gutscher A, Szecsenyi J, Joos S. Antibiotics in uri-nary tract infections – sustained change of prescribing habits by practi-ce test and self-reflection: a mixed me-thods study. BMJ Qual Saf 2011; 20: 522–526

6. Gabbay J, le May A. Evidence based gui-delines or collectively constructed “mindlines?” Ethnographic study of knowledge management in primary ca-re. BMJ 2004; 329: 1013–17

7. Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse – Grundlagen und Techniken. Wein-heim, Basel: Beltz Verlag, 2007

8. Cars H, Hakansson A. To prescribe – or not to prescribe – antibiotics. District physicians’ habits vary greatly, and are difficult to change. Scand J Prim Health Care 1995; 13: 3–7

9. Taylor RJ, Bond CM. Change in the established prescribing habits of gene-ral practitioners: an analysis of initial prescriptions in general practice. Br J Gen Pract 1991; 41: 244–248

10. Abholz H-H. Conflicts between per-sonal and public health care – can one GP serve two masters? Br J Gen Pract 2007; 57: 693–694

11. Butler CC, Rollnick S, Pill R, Maggs-Rapport F, Stott N. Understanding the culture of prescribing: qualitative study of general practitioners’ and patients’ perceptions of antibiotics for sore thro-ats. BMJ 1998; 317: 637–642

12. Mason A. New medicines in primary care: a review of influences on general practitioner prescribing. J Clin Pharm Ther 2008; 33: 1–10

13. McNulty CA, Richards J, Livermore DM, et al. Clinical relevance of labora-tory-reported antibiotic resistance in acute uncomplicated urinary tract in-

fection in primary care. J Antimicrob Chemother 2006; 58: 1000–1008

14. Weiss M, Fitzpatrick R. Challenges to medicine: the case of prescribing. So-ciol Health Illn 1997; 19: 297–327

15. Armstrong D. Clinical autonomy, indi-vidual and collective: the problem of changing doctors’ behaviour. Soc Sci Med 2002; 55: 1771–1777

16. Rizzo JA. Physician uncertainty and the art of persuasion. Soc Sci Med 1993; 37: 1451–1459

17. Britten N. Prescribing and the defence of clinical autonomy. Sociol Health Illn 2001; 23: 478–496

18. Kaufman DM. Applying educational theory in practice. BMJ 2003; 326: 213–216

19. McManus RJ, Ryan R, Jones M, Wilson S, Hobbs FR. How representative of pri-mary care are research active practices? Cross-sectional survey. Fam Pract 2008; 25: 56–62

20. Wetzel D, Himmel W, Heidenreich R, et al. Participation in a quality of care stu-dy and consequences for generalizabili-ty of general practice research. Fam Pract 2005; 22: 458–464

Literatur

Dr. med. Thomas Kühlein

Universitätsklinikum Heidelberg

Abteilung Allgemeinmedizin und Versor-

gungsforschung

Voßstr.2, Geb.37, 69115 Heidelberg

Tel.: 06221 56–8295

Fax: 06221 56–1972

[email protected]

Korrespondenzadresse

… ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Er ist 49 Jahre alt und war

10 Jahre lang niedergelassener Hausarzt in einer fachübergrei-

fenden Gemeinschaftspraxis in Bad Staffelstein/Oberfranken.

Seit Juli 2006 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung

Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung Universitätsklini-

kum Heidelberg und leitet das Projekt CONTENT (www.con

tent-info.org). An zwei Tagen der Woche ist er weiterhin haus-

ärztlich im Medizinischen Versorgungszentrum Westhofen tätig und leistet Not-

dienste am Wochenende. Er ist verheiratet und hat drei Kinder, von denen die äl-

teste Tochter Medizin studiert.

Dr. med. Thomas Kühlein …

407

Kühlein et al.:Qualitative Ergebnisse einer Mixed-Methods-Studie zur Verordnung von Antibiotika bei Harnwegsinfekten Qualitative Results of a Mixed-Methods Study on Antibiotic Prescribing for Urinary Tract Infections

Page 26: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

„Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“?Thromboembolieprophylaxe bei Verletzungen und Operationen an Hüfte und Bein sowie bei langen Reisen: Plädoyer für eine assistierte Entscheidung

“Heparin until Walking without a Limp”?

Prevention of Venous Thromboembolism in Case of Arthroplasty of the Hip or Knee, Injury of the Leg and Long Traveling: a Case for Shared Decision Making

Horst Prautzsch

Zusammenfassung: Hausärzte sehen sich in der ambu-lanten Versorgung zunehmend einer Fülle sich teilweise substanziell widersprechender Leitlinienempfehlungen zur Thromboembolieprophylaxe gegenüber. Aus den vorlie-genden internationalen Leitlinien werden wichtige Effekt-größen und Empfehlungen herausgearbeitet und ein all-tagstauglicher Patientenaufklärungsbogen vorgestellt. Der Artikel enthält praxisrelevante Informationen, um bei ge-meinsamer Entscheidungsfindung („shared decision“) ein kompetenter Ratgeber zu sein.

Schlüsselwörter: Thromboembolieprophylaxe; Heparin; Leitlini-en; Gemeinsame Entscheidungsfindung; Allgemeinpraxis

Summary: Family practitioners are faced with increasingly complex and sometimes contradictory guidelines concern-ing the prevention of thrombosis. Effectiveness levels and recommendations from international guidelines are extracted and a patient-information that is suitable for daily use is presented. The article provides information which helps to be a competent patient adviser during shared decision-making processes.

Keywords: Thromboembolism Prophylaxis; Heparin; Guidelines; Shared Decision Making; Family Practice

Facharzt für Allgemeinmedizin in Zwiefalten und Trochtelfingen, Akademische Lehrpraxis der Universität TübingenPeer reviewed article eingereicht: 25.05.2012, akzeptiert: 03.08.2012DOI 10.3238/zfa.2012.0408–0413

Hintergrund

Früher war die Thromboemboliepro-phylaxe mit Heparin in der Chirurgie und Orthopädie eine Domäne der sta-tionären Versorgung. Durch Auswei-tung der Dauer der Heparinisierung nach großen Eingriffen und die Auswei-tung auf kleinere Eingriffe wie Schienen-behandlung sollen Hausärzte zuneh-mend auf Empfehlung von Gebietsärz-ten hin, diese Prophylaxe verordnen und überwachen.

Der als „Kurzfassung“ bezeichnete Teil der S3-Leitlinie der Arbeitsgemein-schaft der wissenschaftlichen medizi-nischen Fachgesellschaften (AWMF) „Prophylaxe der venösen Thromboem-bolie (VTE)” hat 102 Seiten [1]. Die Langversion einer internationalen Leit-

linie bringt es auf 996 Seiten mit 600 Empfehlungen [zitiert nach 2]. Elf inter-nationale Leitlinien von Industrielän-dern machen Therapievorschläge [3].

Als Hausarzt in Deutschland ist man diesbezüglich mit verschiedenen Emp-fehlungen von Gebietsärzten und Kran-kenhäusern konfrontiert, nicht selten auch mit solchen, die in keiner der Leit-linien Erwähnung finden.

Methodik

Elf internationale Konsens-Leitlinien aus dem Jahre 2010 [3] sowie frei im In-ternet zugängliche Leitlinien und rele-vante Literaturstellen wurden vergli-chen. Wichtige Widersprüche und Ef-fektgrößen wurden herausgearbeitet

und daraus ein alltagstauglicher Patien-tenaufklärungsbogen entwickelt.

Ergebnisse

Niedermolekulares (NM) Heparin ist Standard

Wenn überhaupt eine pharmakologi-sche Prophylaxe empfohlen wird, ge-hört NM-Heparin bei fast allen Indika-tionen und in allen Leitlinien zu den Mitteln der ersten Wahl. Neue Substan-zen werden stets auch gegen diesen Standard getestet. Die Art des NM-Hepa-rins spielt dagegen in den Empfehlun-gen keine große Rolle.

Egidi und Mainz [4] haben für das Vorhofflimmern dargestellt, dass bezüg-

408 DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE

Page 27: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

lich neuer oraler Antikoagulanzien noch ungeklärte Fragen der breiten An-wendung entgegenstehen.

Das Institut für Qualität und Wirt-schaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) berichtet 3/2012 über das orale Antikoagulans Apixaban bei Knie- und Hüfteingriffen: „Beide Studien zeigten,

dass Apixaban symptomatischen tiefen

Beinvenenthrombosen besser vorbeugt als

die Vergleichstherapie: Von 1000 Personen,

die Apixaban einnahmen, kam es bei etwa

1 zu einer symptomatischen tiefen Venen-

thrombose. Bei 1000 Personen, die Enoxa-

parin spritzten, waren es etwa 4. Ein gerin-

ger Zusatznutzen von Apixaban gilt hier

als belegt. Bei der Operation von Hüftgelen-

ken zeigte sich kein Unterschied zwischen

den Behandlungsgruppen in Bezug auf

Lungenembolien. Allerdings traten diese

bei Personen mit Kniegelenksoperation un-

ter Apixaban häufiger auf als unter Enoxa-

parin: Von 1000 Personen, die Apixaban

einnahmen, hatten etwa 5 eine Lungen-

embolie. Unter Enoxaparin kam es bei etwa

1 von 1000 Personen zu einer Lungen-

embolie.“ [5]

Nutzen von NM-Heparin laut AAOS bisher nicht belegt

Bei den am besten untersuchten großen orthopädischen Eingriffen konnten zwar Effekte auf asymptomatische tiefe Beinvenenthrombosen nachgewiesen werden, deren Rate durch NM-Heparin um etwa 50 % gesenkt wird. Ein vom Pa-tienten spürbarer Nutzen in Bezug auf Mortalitätsreduktion, symptomatische Beinvenenthrombose und symptomati-sche Lungenembolie konnte aber bis jetzt laut der American Academy of Or-thopedic Surgeons (AAOS) nicht gesi-chert werden [6, S.84]: „Readers of this

guideline should recognize, however, that

the available, published evidence does not

establish whether these prophylactic strate-

gies affect rates of all-cause mortality, fatal

PE (=Lungenembolie), symptomatic PE,

or symptomatic DVT (=Tiefe Venen-thrombose) in patients undergoing elective

hip or knee arthroplasty.“ Die Leitlinie des American College of Chest Physicians (ACCP) bestätigt dies für die besonders wichtige Vorbeugung von Lungen-embolien [7, S.285]: „Combining results

from all relevant studies failed to demons-

trate or to exclude a beneficial effect of

LMWH (=NM-Heparin) on PE (RR, 0.58;

95% CI, 0.22–1.47).“

Die Häufigkeit tödlicher Lungen-embolien bei großen orthopädischen Eingriffen wird in der ACCP-Leitlinie ohne NM-Heparin auf 2 bei 1000 Ein-griffen und mit NM-Heparin auf 1 bei 1000 geschätzt. Die ACCP erwartet auf-grund dieser Schätzungen trotz des feh-lenden Nutzennachweises in den Me-taanalysen durch NM-Heparin in den ersten 10 bis 14 Tagen bei großen ortho-pädischen Eingriffen 15 Lungenembo-lien und 28 Lungenembolien ohne NM-Heparin pro 1000 Fälle. Die American Academy of Orthopaedic Surgeons (AA-OS) gibt die Anzahl von stationär be-handlungsbedürftigen Lungenembo-lien innerhalb der ersten 90 Tage mit 3 bei 1000 OPs an [6 S. 4]. Die Anzahl der stationär behandlungsbedürftigen tie-fen Beinvenenthrombosen liegt laut AA-OS bei 7/1000 bei Hüftgelenkersatz- und bei 9/1000 bei Kniegelenkersatz-OPs.

„NM-Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist”?

Es gibt in keiner der untersuchten Leitli-nien eine solche Empfehlung. Der Autor hat bei Chefärzten aus Krankenhäusern telefonisch nachgefragt, woher denn diese Empfehlung stammt: „Das wird un-

ter Kollegen auf Kongressen so gesprochen.

Man will ja nicht verklagt werden, wenn

doch mal jemand eine Thrombose be-

kommt.“

Verletzungen unterhalb des Knies mit immobilisierenden Verbänden

Die Inzidenzangaben für den Surrogat-parameter asymptomatische tiefe Ve-nenthrombose variieren dabei laut Cochrane-Review 2011 in den Studien um rund eine 10er-Potenz: zwischen 4,3 % bis 40 % [8].

Struijk-Mulder et al. verglichen im Jahr 2010 elf Leitlinien zum Thema ve-nöse Thromboembolien in der Chirur-gie [3]. Danach ist vier Leitlinien diese Frage der Erwähnung wert. Nur die deut-sche und französische Leitlinie empfeh-len bei gelenkimmobilisierenden Ver-bänden unterhalb des Knies eine Thromboembolieprophylaxe mit NM-Heparin [3]. Die deutsche Begründung lautet [1, S. 61]: „Die Studienlage zu im-

mobilisierenden Verbänden der unteren Ex-

tremität in der Folge konservativ oder opera-

tiv therapierter Verletzungen ist trotz viel-

versprechender Ergebnisse am Anfang der

90er Jahre ... des letzten Jahrhunderts nur

sehr dürftig. ... Eine aktuellere Arbeit weist

eine nicht signifikante Tendenz für eine Re-

duktion der TVT durch die Gabe eines NMH

nach. ... Auch bei diesen Patienten besteht

daher die eindeutige Indikation zur Gabe ei-

nes NMH in Hochrisikodosierung. Aus die-

sem Grund darf dem Patienten eine nachge-

wiesen komplikationsvermeidende Thera-

pie (sic) nicht vorenthalten werden.”

Die amerikanische ACCP-Leitlinie [2, S.14] rät von Heparin ab (Empfeh-lungsstärke 2C): „Wir empfehlen keine

Prophylaxe ...”

Hüftgelenkersatz-, Kniegelenk-ersatz- und Schenkelhalsfraktur-OP

Die VTE-Risiken werden bei allen drei Eingriffen als sehr hoch eingeschätzt. Die ACCP-Leitlinie empfiehlt bei allen drei Eingriffen die gleiche Prophylaxe [2]. Die Dauer der empfohlenen Hepari-nisierung variiert in 11 Leitlinien von 7 bis 42 Tagen postoperativ [3].

Fernreisen

Als Fernreisen werden Reisen im Sitzen mit einer Dauer von mehr als drei [9] bis sechs Stunden angesehen. Alle Empfeh-lungen beruhen auf Expertenmeinun-gen. Für normale Reisende werden über-einstimmend keine speziellen Prophyla-xen empfohlen.

Für Menschen mit stark erhöhtem Risiko (z.B. symptomatische tiefe Bein-venenthrombose oder Lungenembolie in der Anamnese) werden in der deut-schen [10] und der aktuellen ACCP Leit-linie (2012, 9. Aufl.) [2] Unterschenkel-kompressionsstrümpfe und Bewegungs-übungen empfohlen. Die ACCP revi-diert damit die Empfehlung aus dem Jahre 2008 (8. Aufl.), in der sie noch NM-Heparin als evtl. Alternative dazu emp-fahl. Die finnische Leitlinie aus dem Jah-re 2010 empfiehlt bei diesem Personen-kreis eine einmalige Gabe von NM-He-parin kurz vor Reisebeginn als Ergän-zung zu Kompressionsstrümpfen [11].

Diskussion

NM-Heparin ist Standard

Neuere orale Antikoagulanzien wie Dabi-gatran und Apixaban können derzeit u.a. wegen des Verdachts der vermehrten Lun-

409

Prautzsch:„Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“?“Heparin until Walking without a Limp”?

Page 28: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

genembolien im Vergleich zum Standard NM-Heparin noch nicht allgemein emp-fohlen werden. Da einfache Empfehlun-gen u.a. dazu in der Lage sind, Fehler zu vermeiden und unerwünschte Arzneimit-telwirkungen schneller zu erkennen, be-schränkt sich der angefügte Aufklärungs-bogen im Wesentlichen auf NM-Heparin.

Gründe für sich widersprechende Leitlinien-Empfehlungen

Ein Grund für die sich so grundsätzlich widersprechenden Leitlinien-Empfeh-lungen ist die unterschiedliche Ein-schätzung von nichtsymptomatischen Thrombosen. So werden diese in der Leitlinie der AAOS [6] als Surrogat-parameter nicht für die Bewertung des Nutzens einer Thromboembolieprophy-laxe herangezogen. Im Cochrane-Re-view 2011 [8] z.B. werden sie hingegen als primärer Endpunkt der Metaanalyse genommen.

Mit Interessenkonflikten wird in den Leitlinien ebenfalls ganz unter-schiedlich umgegangen. In der deut-schen Leitlinie geben 44 % der Autoren Interessenkonflikte an und zeichnen verantwortlich bei der Gestaltung der Leitlinie [10]. In der großen US-ame-rikanischen AAOS-Leitlinie [6] werden Bewerber mit früheren oder aktuellen finanziellen Interessenkonflikten bei der Mitarbeit an Arbeitsgruppen aus-geschlossen; dies auch dann, wenn nur Familienmitglieder betroffen sind. Die AAOS-Leitlinie gibt nur Empfehlungen zu elektiven Hüft- und Kniegelenk-ersatzoperationen. In diesem Bereich empfiehlt die deutsche Leitlinie sehr viel häufiger und länger den Einsatz von Pharmaka als die AAOS. In der AA-OS-Leitlinie nimmt der „Kampf gegen Bias“ großen Raum ein. Manche im In-ternet frei zugängliche Fassung von Leitlinien (z.B. der italienischen) ent-

hält gar keine Angaben zu Interessen-konflikten [9].

Die Bewertung von Studien wird z.B. bei der AAOS-Leitlinie mithilfe eines standardisierten Fragenkataloges nach objektivierbaren Eigenschaften von Stu-dien vorgenommen, die abschließende Bewertung nimmt dann ein Computer-programm vor. In den meisten Leitlini-en unterliegt diese Bewertung den wohl nicht ganz so objektiv und transparent arbeitenden Autoren.

„NM-Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist”

Erstaunlich ist die bundesweite Unifor-mität dieser Empfehlung, obwohl es für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer kei-ne solche allgemeine Empfehlung für ei-ne medikamentöse Dauerprophylaxe gibt, was man analog erwarten müsste, da dieser Personenkreis auch kein flüssi-ges Gangbild hat.

Man muss diesen Chirurgen zugute-halten, dass die Formel griffig ist und einfacher zu merken, als die vielen sich widersprechenden Empfehlungen aus den Leitlinien. Da aber trotz der finan-ziellen Unterstützung, die viele Leitlini-enautoren vonseiten der Industrie er-fahren haben, keine Leitlinie zu so weit-gehenden Empfehlungen kam, sollten die Patienten darauf hingewiesen wer-den, dass diese Empfehlung nicht den Leitlinien entspricht.

Bemerkenswert ist auch das psycho-logische Phänomen, dass die befragten Ärzte keine Angst vor Schadwirkungen einer nicht indizierten bzw. nicht beleg-ten Pharmaprophylaxe erkennen lassen. Dem Autor liegt eine schriftliche Stel-lungnahme chirurgischer Kollegen vor, die „lieber einmal eine Thrombosevorbeu-

gung (mit NM-Heparin) zu oft, als zu we-

nig, anwenden“.

Verletzungen unterhalb des Knies mit immobilisierenden Verbänden

Mit der „dürftigen Studienlage“ und ei-nem nicht signifikanten Studienergeb-nis wird der Text der deutschen Leitlini-enempfehlung „eindeutige Indikation zur Gabe von NMH“ bei immobilisieren-den Verbänden unterhalb des Knies nicht nachvollziehbar begründet und eine Prophylaxe auch gleich noch zur The-

rapie umdeklariert (siehe oben). In der

deutschen Leitlinie ist die Empfehlung, „Die medikamentöse Prophylaxe soll (bei immobilisierenden Verbänden unter-halb des Knies) mit niedermolekularem

Heparin erfolgen“ mit der höchsten Emp-fehlungsstärke versehen. Dies kann für schnell Ratsuchende durchaus irre-führend sein, da die übergeordnete Fra-ge, ob überhaupt NM-Heparin ge geben werden sollte, in der Leitlinie nur mit mäßiger Empfehlungsstärke versehen wurde. Der Empfehlung für NM-Hepa-rin ist dies nicht (mehr) an zumerken.

Bei den international widersprüchli-chen Empfehlungen ist eine „shared de-cision” unvermeidlich.

Hüftgelenkersatz-, Kniegelenk-ersatz- und Schenkelhalsfraktur-OP

Tödliche Lungenembolien sind mögli-cherweise durch frühere Mobilisation und schonendere OP-Verfahren selbst bei den als am risikoträchtigsten gelten-den großen orthopädischen Eingriffen so selten geworden, dass ihre Häufigkeit (z.B. in der ACCP-Leitlinie) nur grob ge-schätzt werden kann. Wie groß das durchschnittliche Risiko ist, eine symp-tomatische tiefe Beinvenenthrombose zu erleiden, kann auch deshalb nur noch indirekt abgeschätzt werden, weil in den letzten Jahren bei den neueren OP-Verfahren und früheren Mobilisatio-nen keine größeren Studien mehr mit Placebo/unbehandelten Kontrollgrup-pen durchgeführt wurden. Die Inzidenz-angaben aus den beiden vom IQWiG ge-nannten Studien liegen deutlich näher bei den Zahlen der AAOS als bei den oben genannten Schätzungen der ACCP. Es bestehen also begründete Zweifel, ob die von der ACCP angegebe-nen Größenordnungen und die daraus folgende optimistische Einschätzung des Nutzens von Heparin so zutrifft.

410

Prautzsch:„Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“?“Heparin until Walking without a Limp”?

... ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Fachkunde Rettungs-

wesen, Lehrbeauftragter der Universität Tübingen.

Er ist seit 1993 in eigener Praxis auf der schwäbischen Alb

niedergelassen (www.prautzsch.net). Mit zwei angestellten

Ärzten betreibt er dort eine akademische Lehrpraxis der Univer-

sität Tübingen für Allgemeinmedizin mit einer Zweigpraxis.

Er ist Mitglied der ständigen Leitlinienkommission der DEGAM.

Dr. med. Horst Prautzsch ...

Page 29: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Patientenaufklärung

Zur ambulanten medikamentösen Vorbeugung der Thromboembolie

• nach Hüft- und Beinoperationen/ Verletzungen

• auf langen Reisen Allgemeiner Teil (Stand 5/2012)

Liebe Patientin, lieber Patient

Was ist eine Thromboembolie? Wenn ein Bein nicht bewegt werden kann, führt dies zu einem verminderten Blutfluss in seinen Adern. So kann sich dort manchmal ein Blutgerinnsel bilden. Ein Blutgerinnsel in einer Vene nennt man Thrombus bzw. Thrombose („ose“ steht für „Krankheit“). Die meisten Thrombosen sind klein. Kleine Thrombosen verlaufen meist unbemerkt und sind meist auch harmlos. Thrombosen können aber auch Schwellungen und Schmerzen verursachen. Wenn größere Gefäße, die tief unter der Haut im Inneren des Beines verlau-fen, betroffen sind, nennt man dies eine tiefe Beinvenenthrombose. Durch sehr schwere Thrombosen kann es in seltenen Fällen nach Jahren zu Verhärtungen und Geschwüren an dem betroffenen Bein kom-men. Der Thrombus kann sich in seltenen Fällen lösen und durch die Venen in die Lunge gespült werden. Dies nennt man Lungenembolie. Sie kann unbemerkt verlaufen. Wenn sehr große Thromben sich lösen, kann dies in seltenen Fällen zu plötzlicher Atemnot und in sehr seltenen Fällen zum plötzlichen Tod füh-ren. Lungenembolien treten auch auf, ohne dass man irgendwo im Körper nachträglich die Ursache oder eine Thrombose finden kann. Welcher Zusammenhang zwischen den häufig auftretenden harmlosen klei-neren Thrombosen und seltenen Lungenembolien besteht, ist wissenschaftlich umstritten. Bei alten Men-schen ist das Auftreten von schweren Thromboembolien häufiger als bei jüngeren.

Was kann man tun, um Thrombosen vorzubeugen? Durch das Tragen von Druckverbänden und Kompressionsstrümpfen fließt das Blut in den dünneren Venen schneller und die Gefahr von Thrombosen kann dadurch etwas verringert werden. Als wichtigste Vorbeugung gilt möglichst frühzeitige Bewegung und Belastung nach einer Operation.

Manchmal werden auch Medikamente zur Blutverdünnung empfohlen. Die meisten Erfahrungen bei Risi-ken und Nebenwirkungen hat man mit Spritzen ins Unterhautfettgewebe, die sogenanntes NM-Heparin enthalten (NM steht für: „mit niedrigem Molekülgewicht“). Damit kann man etwa jede zweite nicht be-merkbare Thrombose innerhalb von 14 Tagen nach großen Operationen verhindern. Dies ist ein nachge-wiesener Effekt des Medikaments. Aber ob dadurch ein spürbarer Nutzen für Patienten erreicht werden kann, ob also schmerzhafte Thrombosen oder Lungenembolien unter NM-Heparin seltener sind als ohne, wird laut der amerikanischen Akademie für orthopädische Chirurgen bisher nur angenommen. Trotz sehr umfangreicher Untersuchungen konnte dieser erhoffte Nutzen bisher nicht sicher nachgewiesen werden. Ob Thrombosen durch moderne blutverdünnende Tabletten besser als durch NM-Heparin vorgebeugt werden können, ist unter anderem aufgrund widersprüchlicher Studienergebnisse derzeit noch nicht aus-reichend geklärt. Diese Tabletten können eventuell erwogen werden, wenn man kein NM-Heparin sprit-zen kann und ein sehr hohes Risiko für Thrombosen besteht.

Wenn ein Medikament gegen eine Krankheit helfen soll, die nicht da ist und die oft auch gar nicht eintritt, ist der Nutzen eines Medikaments umso kleiner, je seltener die Krankheit auftritt. Bei so seltenen Erkran-kungen wie Lungenembolien können daher schon sehr seltene Nebenwirkungen eines Medikaments schlimmer sein als die Erkrankung selbst. Was überwiegt, die Nebenwirkungen oder der Nutzen, ist sehr schwierig einzuschätzen und führt international zu sehr widersprüchlichen Empfehlungen.

Meistens werden NM-Heparin-Spritzen als Mittel der ersten Wahl empfohlen. Auch während der An-wendung dieser Medikamente kann es zu Thrombosen und Lungenembolien kommen.

411

Prautzsch:„Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“?“Heparin until Walking without a Limp”?

Page 30: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

�Wichtige bisher bekannte Nebenwirkungen von NM-Heparin sind Schmerzen und Entzündungen am Einstichort, Anstieg des Kaliumspiegels im Blut, langsamer Puls und Blutungen. Die folgenden seltenen Nebenwirkungen werden durch das Immunsystem verursacht, das Auftreten ist somit auch bei niedriger Dosis und kurzer Anwendung möglich: starke Verringerung der Anzahl von Blutplättchen mit einer ver-schlechterten Blutgerinnung und sehr selten allergische evtl. lebensbedrohlich verlaufende Kreislaufstö-rung. Genauere Angaben entnehmen Sie bitte dem Beipackzettel des Medikaments.

Spezieller Teil Stand 5/2012 Alle in dieser Patienteninformation gemachten Angaben gelten nur für Patienten, die noch keine schwere Thrombose oder Lungenembolie hatten oder kein aus anderen Gründen sehr hohes Risiko für Thrombo-sen haben.

� Für lange Reisen Keine der großen Leitlinien empfiehlt eine Vorbeugung von Thromboembolien mit Medikamenten.

� �ach Kniespiegelungen (arthroskopischen Operationen) Keine der großen Leitlinien empfiehlt eine Vorbeugung von Thromboembolien mit Medikamenten bei Routineeingriffen.

� �ach Verletzungen unterhalb des Knies mit ruhigstellenden Verbänden Ob man im Falle von Verletzungen und damit verbundenen bewegungseinschränkenden Verbänden un-terhalb des Knies mit NM-Heparin schwerwiegenden Thrombosen vorbeugen kann, ist unklar. Manche Leitlinien raten von Medikamenten zur Thromboembolievorbeugung deswegen ausdrücklich ab. Manche raten ausdrücklich dazu, NM-Heparin zu spritzen, geben aber nicht genau an, wie lange dies geschehen soll. Eine Leitlinie rät, so lange NM-Heparin zu spritzen, bis das Bein mit 20 kg belastet werden darf und das Sprunggelenk 20° Beweglichkeit hat. Dies widerspricht der sonst üblichen Empfehlung, Menschen mit Sprunggelenksversteifungen und Querschnittsgelähmten nicht dauerhaft Medikamente zur Blutver-dünnung zu geben.

� �ach großen Hüft- und Kniegelenkoperationen (z.B. Gelenkersatz) In Deutschland ist es üblich, NM-Heparin zu spritzen. Als Dauer der Anwendung werden zwischen 7 und 42 Tagen vorgeschlagen. Ein Nutzen dieser Maßnahme zur Vorbeugung schwer verlaufender Thrombo-sen und Lungenembolien wird vermutet, ist aber laut der amerikanischen Akademie der orthopädischen Chirurgen nicht belegt.

� �ach Operationen oberhalb des Knies und unterhalb des Schenkelhalses, die eine Ru-higstellung erfordern Die deutsche Leitlinie rät zu NM-Heparin bis zur Entfernung des ruhigstellenden Verbandes und bis das Bein mit 20 kg belastet werden darf. Ein Nutzen dieser Maßnahme ist nicht belegt.

Ihr Arzt empfiehlt:____________________________________________________________

Name des Patienten: _________________________________ Datum: __________________

Mein Wunsch:

� Ich möchte keine Spritzen zur Blutverdünnung.

� Ich möchte Spritzen mit NM-Heparin zur Blutverdünnung und zwar ab heute für _____ Tage.

� Ich möchte ________________________________________________________________

� Ich wurde ausreichend aufgeklärt und habe keine weiteren Fragen mehr.

Unterschrift ___________________________(Patient) ������������ �������������������������������������������������������������������������������������� !"�#� ������������"���� ��� ���������������$�

Abbildung 1 Patientenaufklärung zur medikamentösen Vorbeugung der Thromboembolie

412

Prautzsch:„Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“?“Heparin until Walking without a Limp”?

Page 31: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Aufgrund der wiederum unterschiedli-chen Leitlinien-Empfehlungen (von 7 bis zu 42 Tagen NM-Heparin) [3] und des unbewiesenen Nutzens ist auch hier ei-ne „shared decision“ unvermeidlich.

Schriftform

Die hier vorgeschlagene Schriftform kann für die empfohlene Art der ge-meinsamen Entscheidung hilfreich und beratungszeitsparend sein, ist aber nicht erforderlich.

Schlussfolgerungen

Es gibt keine einheitlichen Empfehlun-gen bei der Frage, ob überhaupt und wenn ja, wie lange im ambulanten Be-reich NM-Heparin zur Thromboembo-lieprophylaxe angewendet werden soll. Der vorgestellte Patientenaufklärungs-bogen kann dabei helfen, mit dem Pa-tienten zusammen eine Entscheidung zu treffen.

Interessenkonflikte: keine angege-ben.

1. AWMF-S3-Leitlinie Prophylaxe der ve-nösen Thromboembolie, Kurzfassung, Stand 6/2010; http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/003–001.html

2. Executive summary antithrombotic therapy and prevention of thrombosis, 9th ed: American College of Chest Phy-sicians evidence-based clinical practice guidelines; Chest 2012; 141 (Suppl): 7S–47S; http://journal.publications. chestnet.org/article.aspx?articleid= 1159399

3. Struijk-Mulder MC, Ettema HB, Ver-heyen CC, Büller HR. Comparing con-sensus guidelines on thromboprophy-laxis in orthopedic surgery. J Thromb Haemost 2010; 8: 678–83

4. Egidi G, Mainz A. Soll ich meine anti-koagulierten Patienten mit Vorhofflim-mern auf Dabigatran umstellen?, Z Allg Med 2012; 88: 43–46

5. Institut für Qualität und Wirtschaft-lichkeit im Gesundheitswesen, Beleg für einen Zusatznutzen von Apixaban bei Hüftgelenkersatz, Pressemitteilung vom 15.3.2012; www.iqwig.de/beleg-

fuer-einen-zusatznutzen-von-apixaban-bei.1438.html

6. American Academy of Orthopedic Sur-geons (US). Preventing venous throm-boembolic disease in patients under-going elective hip and knee arthroplas-ty evidence-based guideline and evi-dence report [Internet]. v1.0_092311. 2011. http://www.aaos.org/Research/guidelines/VTE/VTE_full_guideline. pdf

7. Antithrombotic therapy and preventi-on of thrombosis, 9th ed: American College of Chest Physicians evidence-based clinical practice guidelines. Chest 2012; 141: e278S–e325S;

http://journal.publications.chestnet.org/is-sue.aspx?journalid=99&issueid=23443

8. Testroote M, Stigter WAH, de Visser DC, Janzing HMJ. Low molecular weight heparin for prevention of venous thromboembolism in patients with lower-leg immobilization (Review). Cochrane Database of Syst Rev 2008, Issue 4. Art. No.: CD0066819.

9. Watson HG, Baglin TP. Guidelines on

travel-related venous thrombosis. Br J Haematol 2011; 152: 31–4

10. AWMF-S3-Leitlinie Prophylaxe der ve-nösen Thromboembolie, Version vom 18. März 2009 mit Addendum vom 08. Mai 2010; www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/003–001.html

11. Finnish Medical Society Duodecim. Prevention of venous thromboembo-lism. In: EBM Guidelines. Evidence-Ba-sed Medicine [Internet]. Helsinki, Fin-land: Wiley Interscience. John Wiley & Sons; 2010 Sep 5; www.guideline.gov/content.aspx?id=34957

12. Randelli F, Biggi F, Della Rocca G, et al. Italian intersociety consensus state-ment on antithrombotic prophylaxis in hip and knee replacement and in fe-moral neck fracture surgery. J Orthop Traumatol. 2011; 12: 69–76: www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3052424/

Literatur

Dr. med. Horst Prautzsch

Marktstr. 17

72818 Trochtelfingen

Beda-Sommerberger-Str. 7

88529 Zwiefalten

[email protected]

Korrespondenzadresse

413

Prautzsch:„Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“?“Heparin until Walking without a Limp”?

Page 32: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

1. Einleitung

Schwellungen der Beine sind eine klas-sisch allgemeinmedizinische Fragestel-lung. Ihre Ursachen können ganz ver-schiedenen Fachgebieten zuzuordnen sein (Kardiologie, Phlebologie, Derma-tologie, Onkologie, Orthopädie, Neph-rologie etc.) und verlangen nach korrek-ter Zuordnung vor einer Entscheidung über Art, Umfang und Ort der weiteren Abklärung bzw. Behandlung. Bei der Be-urteilung von Beinödemen in der All-gemeinpraxis gilt es zunächst, abwend-bar gefährliche Verläufe zu erkennen und angemessen zu reagieren.

2. Epidemiologie

Über die Häufigkeit von Beinödemen als Beratungsanlass in der Allgemein-praxis lassen sich wenige verlässliche

Angaben finden. Aus deutschen Daten ergibt sich eine Häufigkeit von Bein-beschwerden bei Frauen in der Alters-gruppe über 65 von ca. 1,5 % [1], für die Varikosis als eine der wesentlichen Ur-sachen eine Häufigkeit von etwa 2,8 % [2]. Der Beratungsanlass „Beinödem“ ist in keiner der verfügbaren Statistiken isoliert angeführt und dürfte sich hin-ter den ursächlichen Beschwerdebil-dern verbergen.

Die Bedeutung des Symptoms „Beinödeme“ liegt einerseits darin, dass gefährliche Verläufe möglich sind, die es rechtzeitig abzuwenden gilt, und ande-rerseits darin, dass sie Ausdruck von be-handlungsbedürftigen lokalen oder sys-temischen Erkrankungen sein können. Zudem verursachen sie dem Patienten Missempfindungen bis hin zu Schmer-zen und Gehbehinderung; auch der kos-metische Aspekt wird oft als störend empfunden.

3. Ätiologie

Beinödeme sind charakterisiert durch ei-ne palpable Zunahme der interstitiellen Gewebeflüssigkeit. Die pathophysiolo-gischen Mechanismen sind entweder Veränderungen der kapillären Hämody-namik, die einen Austritt intravasaler Flüssigkeit ins Interstitium begünstigen, oder eine Retention von Wasser und Na-trium durch die Nieren. Die zugrunde-liegenden Ursachen sind vielfältig und lassen sich nach unterschiedlichen Kri-terien einteilen. Tabelle 1 bringt eine für die Praxis relevante Einteilung nach den häufigsten Ursachen.

Die zeitgerechte Zuordnung dient der Verhinderung von abwendbar ge-fährlichen Verläufen (tiefe Venen-thrombose, akute Dekompensation) und der Verhinderung von Über- und Unterdiagnostik (mit den Folgen von Zeit- und Wegaufwand für den Patien-

Beratungsanlass Beinschwellung: Differenzialdiagnostik in der Allgemeinpraxis Leg Edema: Differential Diagnostics in Family PracticeSusanne Rabady

Zusammenfassung: In dem Text wird das für die All-gemeinpraxis sinnvolle Vorgehen beim mehrdeutigen Symptom „Beinschwellung“ dargelegt. Es wird der Aus-schluss abwendbar gefährlicher Verläufe behandelt, und das stufenweise differenzialdiagnostische Vorgehen unter Bezug auf Multi- und Komorbiditäten beschrieben. An the-rapeutischen Maßnahmen werden sowohl die in der Akut-situation unmittelbar erforderlichen Schritte angeführt wie auch allgemeine Maßnahmen im Rahmen der Grundver-sorgung. Auf die Behandlung ursächlicher Erkrankungen wird nicht eingegangen, ebenso werden Ödeme während der Schwangerschaft aufgrund des anderen Vorgehens im vorliegenden Artikel nicht behandelt.

Schlüsselwörter: Beinschwellung; Beinödem; Differenzialdiagnostik

Summary: This paper deals with the diagnostic pro-cedures as to the unspecific symptom “leg edema” in family practice. It describes the process of ruling out high risk situations, and a possible pathway of essential diag-nostic steps, integrating typical situations in family practice (like.g. multi- and comorbidities). I briefly discuss first line therapy in an emergency and more general measures in primary care. However, neither specific treatment of under-lying causes nor edema during pregnancy are considered in this article (in the latter case work up follows different pathways).

Keywords: Leg Edema; Leg Pain; Differential Diagnostics

Ärztin für Allgemeinmedizin in Windigsteig/ÖsterreichPeer reviewed article eingereicht: 25.06.2012, akzeptiert: 23.08.2012DOI 10.3238/zfa.2012.0414–0419

414 FORTBILDUNG / CONTINUING MEDICAL EDUCATION

Page 33: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

ten, Kostensteigerung, Zeitverlust, Be-handlungsverzögerung) sowie von Über- (Diuretika!) und Unterbehand-lung.

Das klassisch allgemeinmedizi-nische Vorgehen basiert auf der Kennt-nis der möglichen Ursachen in ihrer ge-samten Breite, aber ebenso auf weiteren zentralen Vorinformationen aus der Vorgeschichte des Patienten, von einer eventuellen hereditären Belastung über abgelaufene Erkrankungen, gegenwärti-ge Komorbiditäten, Medikation bis zu beruflichen und sozialen Belastungen und Freizeitgewohnheiten. Wichtig für die Einschätzung von Wahrscheinlich-keiten sind auch Alter und Geschlecht des Patienten.

Die konkrete Rolle dieser Vorinfor-mationen im Rahmen der Differenzial-diagnostik wird bei den einzelnen Krankheitsbildern näher abgehandelt.

4. Systematik des allgemein-ärztlichen Vorgehens

Die Systematik folgt den gleichen Re-geln wie auch sonst in der Allgemein-medizin: Der Patient sollte wie immer

möglichst ungehindert seine Sympto-me schildern können. Wortwahl, Art der Schilderung, Verhalten, Gesichts- und Körperausdruck können wichtige Aufschlüsse liefern – auch dann, wenn sich eine Verdachtsdiagnose rasch an-zubieten scheint. Gute Kenntnis des Pa-tienten und seiner Vorgeschichte kann bekanntermaßen im diagnostischen Prozess hilfreich sein, andererseits kön-nen unreflektierte eigene Voreinge-nommenheiten zu möglicherweise ge-fährlichen diagnostischen „Abkürzun-gen“ führen. Gezieltes Nachfragen ge-lingt immer am effizientesten, wenn im Kopf des Untersuchers bereits ein Pfad existiert, nach dem vorgegangen wer-den kann. Eckpunkte dafür soll diese Arbeit liefern.

Nach einer ausreichend sorgfälti-gen klinischen Untersuchung, in der zusätzliche Symptome außerhalb der Beinregion, Verteilungsmuster der Ödeme, Ausprägung, Hautbeschaffen-heit, Eindrückbarkeit und Schmerzhaf-tigkeit erhoben werden, wird eine Hy-pothese gebildet, welche als Grundlage für Auswahl, Durchführung bzw. Ein-leitung weiterführender Untersuchun-gen dient.

5. Diagnostik und Differenzialdiagnostik

Siehe auch Tabelle 2.

5.1 Abwendbar gefährliche Verläufe

Zu therapeutischen Erstmaßnahmen s.

„Therapie“.

Zunächst geht es um das Abwenden eines potenziell gefährlichen Verlaufs: Im Falle von Beinödemen sind das die akute kardiale Dekompensation und die tiefe Beinvenenthrombose (TVT) mit dem Risiko einer Lungenarterienembo-lie sowie eine fortgeschrittene Nieren-erkrankung.

Primär ist zu klären, ob es sich um ein uni- oder bilaterales Ödem handelt, und, ob es kürzlich und rasch aufgetre-ten ist oder seit Längerem besteht und sich langsam entwickelt hat. Als zeitli-che Grenze für die Einordnung als „akut entstanden“ werden allgemein 72 h an-gegeben [3].

Kurze Anamnese und rasche Ent-wicklung erfordern eine rasche Ent-scheidung.

5.1.1 Beidseitige Beinödeme

Bei beidseitigen Beinödemen ist eine kardiale Dekompensation auszuschlie-ßen bzw. die entsprechende Kon-sequenz je nach Lage der Dinge einzulei-ten: effiziente Behandlung oder statio-näre Einweisung. Ausschluss: Dass sich eine akute kardiale Insuffizienz isoliert in Form von Beinödemen äußert, ist we-nig wahrscheinlich [4]. Nach Leistungs-fähigkeit, Dyspnoe (Belastungsdyspnoe, Orthopnoe) und anderen kardialen Symptomen ist daher zu fragen, mittels EKG nach einem Vorhofflimmern oder anderen Arrhythmien bzw. Zeichen ei-ner Ventrikelhypertrophie oder Vorhof-belastung zu suchen. Eine bekannte kar-diale Grunderkrankung (KHK, Vitien, chronische Herzinsuffizienz) erhöht die Wahrscheinlichkeit, ebenso eine zusätz-liche (Selbst!-)Medikation mit NSAR oder Glitazonen oder eine plötzliche Flüssigkeitsbelastung (Trinken, Infusi-onstherapien). Goldstandard zur Diag-nose einer Herzinsuffizienz ist die Echo-kardiografie [4]. Cave: Wenn Hinweise auf eine kardiale Erkrankung fehlen, ist auch bei pulmonalen Stauungszeichen und/oder Halsvenenstauung an eine eventuelle renale Genese zu denken (Vo-lumenüberlastung durch Na- und Was-

Tabelle 1 Ätiologie von Beinödemen.

Venös

Kardial

Medikamentös

Renal

Hepatisch

Eiweißmangel aus anderen Ursachen

Onkologisch

Lymphatisch

Traumatisch

Lokale Entzündungen, Sepsis

Allergisch

Endokrin

Idiopathisch

Tiefe Venenthrombose, venöse Insuffizienz

Akute oder chronische Herzinsuffizienz incl. Cor pulmonale

Ca-Antagonisten, NSAR, Glitazone, Steroide, Östrogene

Nephrotisches Syndrom, Na-Retention

Portale Hypertension, Proteinmangel

Fehl- oder Mangelernährung, enteraler Eiweißverlust, Wundsekretion

Abflusshindernis

Abflusshindernis, z.B. entzündlich oder nach Lymphknoten-Dissektion

Kompartmentsyndrom

Hypothyreose

415

Rabady:Beratungsanlass Beinschwellung: Differenzialdiagnostik in der Allgemeinpraxis Leg Edema: Differential Diagnostics in Family Practice

Page 34: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

serretention). Erste diagnostische Maß-nahme in der Grundversorgung ist der Nachweis von Protein durch Harnstix [5]. Der Test ist wenig spezifisch, ein po-sitives Ergebnis begründet einen Ver-dacht, aber nicht die Diagnose.

5.1.2 Einseitiges Beinödem

Das einseitige Beinödem erfordert den Ausschluss einer TVT bzw. die Einlei-tung der sachgerechten Abklärung und Behandlung. Beidseitiges Auftreten ei-ner akuten TVT ist ein mögliches, aber seltenes Ereignis und nur in Sondersi-tuationen (Gerinnungsleiden, evtl. ma-ligne Erkrankungen) ernsthaft in Erwä-gung zu ziehen.

Ein TVT-Ausschluss kann schwierig sein und ist nur auf Basis einer kli-nischen Untersuchung nicht möglich. Das Fehlen einer klassischen Sympto-matik und Anamnese schließt eine TVT nicht sicher aus. Die Einschätzung der klinischen Wahrscheinlichkeit („Vor-testwahrscheinlichkeit“) sollte mit dem Wells-Score systematisiert erfolgen (s. Tab. 3). Wenn dieser niedrig ist (< 2), kann ein D-Dimer-Test eine TVT prak-tisch ausschließen, allerdings nur dann. Bei hoher Vortestwahrscheinlichkeit schließt ein negativer D-Dimer eine TVT nicht aus. Nur bei erhöhtem Wells-Score und/oder positivem D-Dimer sind weiterführende Untersuchungen (Kompressionssonografie) erforderlich, da beide aufgrund ihrer niedrigen Spezi-fität zur Diagnosesicherung nicht geeig-net sind [7, 8, 9].

Bei vorbestehenden Schädigungen kann die Differenzierung schwierig sein:

Wenn ein Bein z.B. im Rahmen eines postthrombotischen Syndroms, als Traumafolge oder bei Lymphabfluss-Störung (Tumor, Lymphknotenresekti-on) zuvor schon geschwollen war, ist nicht immer leicht zu entscheiden, ob das neu aufgetretene Ödem wirklich nur eine Seite betrifft, bzw. kann eine Beid-seitigkeit vorgetäuscht sein. Wenn Vor-erkrankungen also nicht bekannt oder nicht offensichtlich sind, empfiehlt es sich, danach zu fragen.

Auch die Geschwindigkeit der Ent-wicklung hat eine stark subjektive Kom-ponente, die von der Wahrnehmungs-schwelle des Patienten abhängt. Das kli-nische Bild ist daher mit der erhobenen Anamnese abzugleichen – Diskrepanzen sollte nachgegangen werden. Das Ge-fühl des „Nicht-Zusammenpassens“ ist ein wichtiges diagnostisches Mittel.

5. 2 Weitere mögliche Ursachen

5.2.1 Einseitige Ödeme

Einseitige Ödeme haben üblicherweise lokale Ursachen. Bei akutem Auftreten ist nach Ausschluss einer TVT auch an eine rupturierte Bakerzyste, bei vorangegan-genem Trauma eventuell auch an ein Kompartmentsyndrom zu denken. Der Ruptur einer Bakerzyste sind oft eine Schwellung in der Kniekehle und ein plötzlicher Schmerz vorausgegangen. Bei Kombination mit Rötung, Überwärmung und Allgemeinsymptomatik kommt auch ein Erysipel als Ursache in Frage.

Bei länger bestehendem bzw. chro-nischem Ödem ist die venöse Insuffi-zienz bzw. das postthrombotische Syn-drom [10] bei älteren Patienten bei Wei-tem die häufigste Ursache [3]. Sie wird bei den beidseitigen Ödemen weiter un-ten behandelt.

Lymphabfluss-Störung: Die meisten Formen des primären Lymphödems (sel-ten!) werden im jüngeren Lebensalter (< 35 Jahren) manifest [3], im höheren Alter ist eher mit sekundären Abfluss-Störungen zu rechnen: durch Tumoren, postoperativ, nach Radiatio, nach be-stimmten Infektionen (bakteriell, nach Tropenreisen Filariasis). Charakteris-tisch für ein Lymphödem sind typische Hautveränderungen (Konsistenzver-mehrung), mangelnde Eindrückbarkeit (kann im Frühstadium noch fehlen), das Stemmer-Zeichen (es kann keine Haut-falte abgehoben werden), und eine ent-sprechende Vorgeschichte [3].

Eine sympathische Reflexdystrophie kann von einer Schwellung begleitet sein, dabei stehen aber Schmerzen übli-cherweise im Vordergrund.

5.2.2 Beidseitige Ödeme

Auch hier ist die venöse Insuffizienz die häufigste Ursache bei Patienten über 50 Jahren [3]. Hinweise ergeben sich aus der Anamnese (bekannte Varikosis, fa-miliäre Disposition, Bewegungsmangel – sitzende Patienten). Klinische Ver-dachtsmomente sind Varizen, eindrück-bare Ödeme und Hautverfärbungen. Ve-nöse Ödeme sind meist ansonsten symptomlos, können aber auch leichte Schmerzen verursachen – vor allem am

Tabelle 2

Differenzialdiagnostik bei

Beinschwellung in der

Allgemeinpraxis nach [4]

(Hervorgehoben: abwend-

bar gefährliche Verläufe).

einseitig

beidseitig

Akut

Tiefe Beinvenenthrombose Kompartmentsyndrom Rupturierte Bakerzyste

Kardiale Dekompensation Fortgeschrittene Nieren- insuffizienz Tiefe Beinvenenthrombose (sehr selten)

Chronisch

Venöse Insuffizienz Lymphödem Tumor im kleinen Becken Sympathische Reflexdystrophie

Venöse Insuffizienz Herzinsuffizienz Medikamente Idiopathisches Ödem Lymphödem Prämenstruelles Ödem Schwangerschaft/Präeklampsie Nierenerkrankung Dauerndes Sitzen mit abgewinkelten Beinen Schwere Hyperthyreose Eiweißmangel/Anämie Pulmonale Hypertension

416

Rabady:Beratungsanlass Beinschwellung: Differenzialdiagnostik in der Allgemeinpraxis Leg Edema: Differential Diagnostics in Family Practice

Page 35: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Abend oder bei längerem Stehen. Die Di-agnose einer venösen Insuffizienz kann oft schon klinisch gestellt werden, die Bestätigung ist mit Doppler- bzw. Du-plexsonografie möglich [11].

Für die chronische kardiale Insuffi-zienz als mögliche Ursache von Bein-ödemen gilt wie für die akute Dekom-pensation, dass dieses Symptom dabei sehr selten isoliert auftritt. Wenn gleich-zeitig eine Orthopnoe, Belastungsdysp-noe, reduzierte körperliche Leistungs-fähigkeit und/oder eine Gewichts-zunahme vorliegt oder eine kardiale Vorgeschichte bzw. Risikofaktoren be-kannt oder zu erheben sind, ist eine wei-tere kardiale Abklärung [4] (primär: EKG, Echokardiografie, wenn letztere räumlich oder zeitlich schwer zugäng-lich ist, evtl. pro-BNP, mit dem eine Herzinsuffizienz bei unbehandelten Pa-tienten ausgeschlossen werden kann) [12] und auch ein Behandlungsversuch mit Diuretika sinnvoll, auch dann, wenn sich gleichzeitig Hinweise auf eine venöse Insuffizienz finden, da vor allem bei älteren Personen eine mögliche Ko-morbidität im Auge behalten zu ist.

Weiterhin sollte man auch an eine Nieren- oder Lebererkrankung sowie an einen Eiweißmangel aus anderen Ursa-chen denken (s. Tab. 1). In allen drei Fäl-len treten Ödeme meist nicht nur an

den Beinen auf (Lidödeme, Aszites, eventuell generalisiert). Sinnvolle La-boruntersuchungen zu diesem Zeit-punkt sind Blutbild, Kreatinin, Eiweiß im Harn, Kalium, Natrium, Transamina-sen, Gesamteiweiß und Serumalbumin und – vor allem bei weiteren Hinweisen auf eine mögliche Hypothyreose – das TSH. Auch hier sind Unterschenkelöde-me, die in diesem Fall prätibial am stärksten ausgeprägt und nicht ein-drückbar sind, nicht das einzige Symp-tom.

Wenn sich Hinweise auf eine der ge-nannten Erkrankungen finden, sollte die gezielte weiterführende Diagnostik und Therapie eingeleitet werden.

Eine häufige Ursache für beidseitige Beinödeme sind Medikamente. Klassi-sche mögliche Verursacher sind Calci-umantagonisten, NSAR (nach Selbst-medikation fragen!) und Glitazone, auch Kortikosteroide und Sexualhormo-ne kommen in Frage (s. Tab. 4). Eine Kombination mit ACE-Hemmern oder, bei Unverträglichkeit, AT-II-Blockern kann die durch Calciumantagonisten verursachten Ödeme manchmal redu-zieren. Ein Medikament ist erst dann als ursächlich anzusehen, wenn kein Hin-weis auf eine andere Ursache für die Ödeme gefunden wird. Zudem kann die Ödembildung infolge von Medikamen-

ten wie NSAR oder Glitazonen eventuell auch ein Hinweis auf eine (aggravierte) zugrunde liegende Erkrankung wie eine Nieren- oder Herzinsuffizienz sein.

Wenn sich bei Patienten über 50 Jahren keine Ursache für Beinödeme fin-det, sollte jedenfalls ein Tumor im klei-nen Becken ausgeschlossen (oder bestä-tigt) werden, bei jüngeren Patienten dann, wenn suspekte Befunde vorliegen (einseitiges unklares Ödem, Symptome oder Vorgeschichte im Bereich des Be-ckens, Gewichtsverlust) [3].

Häufige Ursache von Beinödemen bei Frauen unter 50 Jahren ist das idio-pathische Ödem. Es tritt ebenso wie das zyklische Ödem nur bei Frauen vor der Menopause auf, jedoch während des ge-samten Zyklus. Die Diagnosestellung er-folgt nach Ausschluss systemischer Ur-sachen. Typischerweise nehmen die be-troffenen Frauen im Lauf des Tages bis zu über ein Kilogramm an Gewicht zu. Oft haben die Patientinnen bereits re-gelmäßig Diuretika eingenommen – an diuretikainduzierte Ödeme sollte daher ebenfalls gedacht werden [3].

Ein möglicherweise unterdiagnosti-ziertes Krankheitsbild mit weitgehend unbekannter Häufigkeit ist das Lip-ödem. Dabei handelt es sich um eine bi-laterale, symmetrische Schwellung der Beine aufgrund von Fettansammlung.

Tabelle 3 Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer Venenthrombose (TVT)

nach Wells [22].

Tabelle 4 Medikamente, die Beinödeme

verursachen können [3].

Kriterium

Aktive maligne Erkrankung

Lähmung oder kürzliche Immobilisation der Beine

Kürzliche Bettlägerigkeit über > 3 Tage oder großer chirurgischer Eingriff innerhalb der letzten 12 Wochen

Schmerz/Verhärtung entlang des Verlaufs der tiefen Venen

Schwellung des ganzen Beins (messen!)

Schwellung des symptomatischen Unterschenkels > 3 cm gegenüber der symptomlosen Gegenseite, gemessen 10 cm unterhalb der Tuberositas tibiae

Eindrückbares Ödem am symptomatischen Bein

Kollateralvenen (nicht varikös)

Frühere, dokumentierte TVT

Alternative Diagnose mindestens ebenso wahrscheinlich wie TVT

Bei einer Gesamt-Punktezahl ≥ 2 besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine TVT bei einer Punktezahl < 2 eine niedrige Wahrscheinlichkeit

Punkte

1

1

1

1

1

1

1

1

1

–2

Antihypertensiva • Calciumantagonisten • Betablocker • Clonidin • Hydralazin • Minoxidil • Methyldopa

Hormone • Östrogene • Testosteron • Gestagene

NSAR

Glitazone

MAO-Hemmer

417

Rabady:Beratungsanlass Beinschwellung: Differenzialdiagnostik in der Allgemeinpraxis Leg Edema: Differential Diagnostics in Family Practice

Page 36: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

Auch das Lipödem ist eine Erkrankung, die fast nur bei Frauen vorkommt und im jüngeren Alter beginnt. Typisch ist das Verteilungsmuster: Es kann bereits im Gesäßbereich beginnen, die Füße sind kaum betroffen. Nicht selten beste-hen Schmerzen und Hämatomneigung, und ein Hochlagern der Beine oder eine Gewichtsabnahme führen zu keiner Ver-änderung. Wärme und Bewegung ver-schlechtern die Situation. Die Erkran-kung kann mit erheblicher psychischer Belastung und einer Vielzahl von Selbst-behandlungsversuchen verbunden sein, nach denen gefragt werden sollte [13].

6. Therapie

Die Behandlung erfolgt entsprechend der Grundkrankheit und abhängig von den individuellen Umständen, ggf. in Kooperation mit einem Spezialisten.

6.1 Akutbehandlung

Auf Notfallmaßnahmen bei lebens-bedrohlicher Dekompensation wird hier nicht eingegangen, da es äußert un-wahrscheinlich ist, dass sich solche Pa-tienten mit dem Beratungsanlass Bein-schwellung vorstellen. Die Behandlung der nicht vital bedrohlichen Dekom-pensation erfolgt in Abhängigkeit von den näheren Umständen (Begleiterkran-kungen, kardiale Anamnese, Gesamt-befinden, Gesamtprognose, vorbeste-hende Medikation) normalerweise in ei-ner symptomverbessernden Sofort-behandlung (Ödemausschwemmung mittels Diuretika i.v. oder per os unter Kaliumkontrolle) und in der Einleitung oder Anpassung einer prognoseverbes-

sernden Herzinsuffizienzmedikation so-wie der Behandlung der Ursache der akuten Verschlechterung [4]. Die spezi-fische Behandlung der zugrunde liegen-den Ursachen kann aus Platzgründen hier nicht ausgeführt werden.

Bei begründetem Verdacht auf TVT erfolgt die Antikoagulation mit nieder-molekularem Heparin in therapeuti-scher Dosierung und nach 2 Tagen über-lappen bis zur Erreichung einer Ziel-INR von 2–3 mit einer oralen Antikoagulati-on [14, 15]. Gleichzeitig wird mit der Kompressionstherapie begonnen [16]. Die unkomplizierte TVT kann zuhause behandelt werden, wenn Mobilität und Mitarbeit der Patienten gesichert sind [17].

6.2 Weitere Therapiestrategien in Abhängigkeit von der Ursache

Venöse Ödeme und Lymphabfluss-Stö-rungen werden unabhängig von einer weiteren (evtl. operativen) Strategie mit Kompressionsbehandlung durch gradu-ierte Kompressionsstrümpfe versorgt [18, 19]. Weitere entstauende Maßnah-men sind z.B. Bewegung, Hochlagern der Beine, evtl. pneumatische Kompres-sion, wenn keine Kontraindikationen vorliegen (z.B. arterielle Minderperfusi-on; eingeschränkte Indikation beim Lymphödem) [11], beim Lymphödem auch die manuelle Lymphdrainage [3]. Sie sollten nicht diuretisch behandelt werden. Da eine Volumenüberlastung nicht der ursächliche Mechanismus ist, besteht die Gefahr einer Volumenreduk-tion (Elektrolytstörungen, Dehydratati-on). Bei starkem Leidensdruck durch ausgeprägte venöse Ödeme kann ein kurzfristiger, kontrollierter Versuch mit

Diuretika gemacht werden [3, 21]. Wenn ein Rückgang der Schwellung und eine Gewichtsreduktion ausbleiben, ist die Behandlung mit Diuretika zu been-den.

Weitere Maßnahmen sind Gehen, Bewegungsübungen (bei sitzenden Pa-tienten Ausstrecken, Schenkel heben, Zehen bewegen, „Nähmaschine“), Hochlagern der Beine, intermittierende Kompression, evtl. Lymphdrainagen beim Lymphödem.

Die Evidenz für die Wirksamkeit von Rosskastanienextrakten bei chronisch venöser Insuffizienz ist schwach [21].

Diuretika sind bei kardialer Insuffi-zienz (und auch beim renalen bzw. he-patischen Ödem) die primäre Therapie, unter entsprechender Überwachung incl. Gewichtskontrolle, zusammen mit Anpassung oder Einleitung der übrigen Insuffizienzbehandlung. Sie sind bereits vor einer Absicherung der Diagnose in-diziert, der Erfolg (Ödem- und Ge-wichtsreduktion) sollte kontrolliert wer-den.

7. Schlussbemerkung

Die Abklärung und Zuordnung von Beinödemen sollte systematisch erfol-gen. Die möglichen Ursachen sind viel-fältig, oftmals auch multifaktoriell, und erfordern die ganze Breite allgemein-ärztlicher Kompetenz, wobei Kenntnis des Patienten und seiner Vorgeschichte inklusive Medikation und Komorbiditä-ten die Abklärung beschleunigen und präzisieren können.

Interessenkonflikte: keine angege-ben.

Dr. med. Susanne Rabady

Ärztin für Allgemeinmedizin

Landstrasse 2

A-3841 Windigsteig

Tel.: 0043–2849–2407

[email protected]

Korrespondenzadresse

… seit 20 Jahren als Landärztin in einer Einzelpraxis im österrei-

chischen Waldviertel tätig, verheiratet, 2 Kinder; Lehrtätigkeit

an der PMU Salzburg, Mitherausgeberin der „EbM-Guidelines“

und der ZFA – Zeitschrift für Allgemeinmedizin

Dr. med. Susanne Rabady …

418

Rabady:Beratungsanlass Beinschwellung: Differenzialdiagnostik in der Allgemeinpraxis Leg Edema: Differential Diagnostics in Family Practice

Page 37: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

1. Kühlein T, Laux G, Gutscher A, Szesce-nyi J. Kontinuierliche Morbiditätsregis-trierung in der Hausarztpraxis – Vom Beratungsanlass zum Beratungsergeb-nis. München: Urban & Vogel, 2008: 47–57

2. Abholz H-H, Donner-Banzhoff N. Epi-demiologische und biostatische Aspek-te der Allgemeinmedizin. In: Kochen M (Hrsg.) Allgemeinmedizin und Famili-enmedizin. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme, 2006: 511

3. Ely JW, Osheroff JA, Chambliss ML, Ebell MH. Approach to leg edema of unclear etiology. J Am Board Fam Med 2006; 19–2: 148–160

4. Muth C, Gensichen J, Butzlaff M. DE-GAM-Leitlinie Nr. 9: Herzinsuffizienz. http://leitlinien.degam.de/index.php? id=65 (Letzter Aufruf 21.7.2012)

5. Kodner C. Nephrotic syndrome in adults. Am Fam Phys 2009; 8: 1129– 1134

6. Wells P, Anderson D, Bormanis J, et.al. Value of assessment of pretest probabili-ty of deep-vein thrombosis in clinical management. Lancet 1997; 350: 1795–8

7. Wells PS, Anderson DR, Rodger M, et al. Excluding pulmonary embolism at the bedside without diagnostic imaging: management of patients with su-spected pulmonary embolism presen-ting to the emergency department by using a simple clinical model and d-di-mer. Ann Intern Med 2001; 135: 98–107

8. Yamaki T, Nozaki M, Sakurai H, et al.Combined use of pretest clinical pro-bability score and latex agglutination D-dimer testing for excluding acute deep vein thrombosis. J Vasc Surg. 2009; 50: 1099–105

9. Diagnostik und Therapie der Venen-thrombose und der Lungenembolie. Leitlinie S2 der deutschen Gesellschaft für Angiologie.

http://www.dga-gefaessmedizin.de/ Leitlinien.51.0.html (Letzter Aufruf 19.7.2012)10. Kahn S.The post thrombotic syndro-

me. ThrombRes 2011; 127–3: 89–9211. Gloviczki P, Comerota A, Dalsing M.

The care of patients with varicose veins. J Vasc Surg2011; 53: 2–48

12. McMurray J, Adamopoulos S, Anker S, et al. ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic he-art failure 2012. Europ Heart J 2012; 33: 1787–1847

13. Langendoen S. Habbema L. Nijsten T. Neumann H. Lipoedema: from clinical presentation to therapy. A review of the literature. Br J Dermatol 2009; 161: 980–986

14. Bueller HR, Davidson BL, Decousus H, et.al. Fondaparinux or enoxaparin for the initial treatment of symptomatic deep venous thrombosis: a randomized trial. Ann Intern Med 2004; 140: 867–873

15. Kearon C, Kahn SR, Agnelli G, Goldha-ber S, Raskob GE, Comerota AJ. Anti-thrombotic therapy for venous throm-

boembolic disease. American College of Chest Physicians Evidence-Based Clinical Practice Guidelines. Chest 2008; 133: 454–545

16. Kolbach DN, Sandbrink MWC, Hamu-lyak K, Neumann HAM, Prins MH. Non-pharmaceutical measures for pre-vention of post-thrombotic syndrome. Cochrane Database Syst Rev 2003: CD004174

17. Schwarz T, Schmidt B, Hohlein U, Beyer J, Schroeder H, Schellong S. Eligibility for home treatment of deep vein thrombosis: prospective study. BMJ 2001; 322: 1212–1213

18. Brandjes DP, Buller HR, Heijboer H, et al. Randomised trial of effect of com-pression stockings in patients with symptomatic proximal-vein thrombo-sis. Lancet 1997; 349: 759–62

19. Shingler S, Robertson L, Boghossian S, Stewart M. Compression stockings for the initial treatment of varicose veins. Cochrane Database Syst Rev 2011: CD008819

20. Kunnamo I. Beinödeme. In: Rabady S, Sönnichsen A, Kunnamo I (Hrsg.) EbM-Guidelines. 5. Aufl. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag, 2011: 218–220

21. Pittler MH, Ernst E. Horse chestnut seed extract for chronic venous insufficiency. Cochrane Database Syst Rev 2006: CD003230

22. Wells PS, Anderson DR, Rodger M, et.al. Evaluation of D-dimer in the diagnosis of suspected deep-vein thrombosis. N Engl J Med 2003; 349: 1227–1235

Literatur

419

Rabady:Beratungsanlass Beinschwellung: Differenzialdiagnostik in der Allgemeinpraxis Leg Edema: Differential Diagnostics in Family Practice

Ständig aktualisierte Veranstaltungstermine von den „Tagen der Allgemeinmedizin“ finden Sie unter www.tag-der-allgemeinmedizin.de.

Page 38: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

DEGAM-Präsident Ferdinand M. Gerlach zum neuen Vorsitzenden des „Sachverständigenrates Gesundheit“ berufen

An der Spitze des Sachverständigenrates (SVR) zur Begutachtung der Entwick-lung im Gesundheitswesen steht erst-mals in der 27-jährigen Geschichte des Beratergremiums ein Allgemeinmedizi-ner. DEGAM-Präsident Prof. Dr. Ferdi-nand M. Gerlach wurde von Bundes-gesundheitsminister Daniel Bahr in das bedeutende Amt berufen.

Bereits seit 2007 ist Gerlach Mitglied des interdisziplinär besetzten Rates, zu-letzt als stellvertretender Vorsitzender. Nun übernimmt er für die Dauer von zu-

nächst zwei Jahren die Leitung des SVR Gesundheit, der als wichtigstes Exper-tengremium der deutschen Gesund-heitspolitik gilt. Von der Berufung ihres Präsidenten erhofft sich die DEGAM auch einen positiven Effekt für die All-gemeinmedizin in Deutschland: eine Aufwertung der Hausarztmedizin sowie eine wichtige Stimme in der Gesund-heitspolitik.

Die Aufgabe des Rates der Gesund-heitsweisen ist es, die Entwicklung der gesundheitlichen Versorgung mit ihren

medizinischen und wirtschaftlichen Auswirkungen zu analysieren und Vor-schläge zur weiteren Entwicklung zu un-terbreiten. Hierzu erstellt er alle zwei Jahre ein Gutachten, das dem Deut-schen Bundestag und dem Bundesrat vorgelegt wird.

Weitere Informationen über die Mitglie-der und die Tätigkeit des Sachverständi-genrates finden sich im Internet unter www.svr-gesundheit.de.

7. Professionalisierungskurs für Allgemeinärzte

Die DEGAM hat insgesamt 18 Teilneh-mer in den 7. Professionalisierungskurs aufgenommen. Bereits seit 1999 ermög-licht sie diese lernerzentrierten, selbst organisierten Kurse für akademisch inte-ressierte Allgemeinärzte. Die offizielle „Fackelübergabe“ vom sechsten an den siebten Jahrgang fand am 20. September 2012 auf dem Kongress in Rostock statt.

Alle zwei Jahre lädt die DEGAM an Lehre und Forschung interessierte All-gemeinmediziner – sowohl aus dem uni-versitären Umfeld als auch unter enga-gierten Hausärztinnen und Hausärzten – zu einem von den Teilnehmern selbst bestimmten Professionalisierungskurs ein. Die Fachgesellschaft setzt dabei le-diglich den zeitlichen Rahmen von fünf

Wochenenden und definiert die Metho-de des selbst organisierten und verant-worteten Lernens. Das Programm kön-nen alle Teilnehmer in einem interakti-ven Prozess frei gestalten. Eine Beson-derheit: Jeder ist verpflichtet, sich mit-tels eines mindestens einwöchigen Prak-tikums im Ausland von der deutschen Perspektive auf die Allgemeinmedizin zu lösen. „Zusätzlich zu neu erworbenen oder vertieften didaktischen und for-schungsmethodischen Kompetenzen für ihre eigene Weiterentwicklung tra-gen die Teilnehmer so Ideen und Impul-se in ihre Heimatuniversität zurück“, er-läutert Präsidiumsmitglied Prof. Dr. Ste-fan Wilm, der die Professionalisierungs-kurse begleitet.

Neben einer akademischen Profes-sionalisierung strebt die DEGAM mit diesem Kurs auch eine bundesweite Ver-netzung unter Allgemeinmedizinern an. Der Anbindung an universitäre Ab-teilungen kommt hinsichtlich des wis-senschaftlichen Hintergrunds dabei ei-ne große Bedeutung zu. Im neuen Kurs 2012–2014 werden elf universitäre Standorte vertreten sein. Zudem hat sich der Professionalisierungskurs zu ei-ner echten Erfolgsgeschichte für die wissenschaftliche Allgemeinmedizin entwickelt: Aus knapp 100 Teilnehmern in den letzten sechs Kursen sind ins-gesamt zwölf allgemeinmedizinische Professorinnen und Professoren hervor-gegangen.

Preisgekrönte Poster vom DEGAM-Kongress in Rostock

Die nachfolgend abgedruckten, preisgekrönten Poster haben auf dem 46. DEGAM-Kongress in Rostock die ersten drei Plätze im Wettbewerb gewonnen. Die Herausgeber der ZFA und der Deutsche Ärzte-Verlag gratulieren den Preisträger/innen sehr herzlich!

420 DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS

Page 39: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

Entwicklung eines kurzen geriatrischen Basisassessments, das diefolgenden Eigenschaften aufweist:

� repräsentativer Überblick über alterstypische Probleme

� geringer zeitlicher Aufwand bei der Durchführung

� Delegierbarkeit

„…it´s MAGIC!“ - Entwicklung eines kurzen geriatrischen Assessments für die Hausarztpraxis

T Barkhausen1, CA Müller2, G Theile3, A Bruns1, S Heim4, U Junius-Walker1, C Dörr2, E Hummers-Pradier2

1Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover2Abteilung Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen3Klinik für Radio-Onkologie, UniversitätsSpital Zürich4Med. Psychologie und Med. Soziologie, Universitätsmedizin Göttingen

Die etablierten Geriatrischen Basisassessments (GBA) sind sehrumfangreich und häufig in Teilaspekten zu spezifisch, so dass sie imhausärztlichen Alltag kaum Anwendung finden.Es besteht Bedarf an einer handhabbaren geriatrischen Beurteilung,einem

„MAnageable GeriatrIC - Assessment“ = MAGIC

MAGIC basiert auf dem STEP-Assessment (44 Items, 45 min. Dauer), welches in der PRISCUS-Studie umfassend evaluiert wurde.Die Vorauswahl der relevantesten Items aus dem STEP erfolgte in vier unabhängigen Priorisierungsverfahren:

Methodik

� standardisierter Überblick über relevante alterstypische Probleme

� kurz und schnell durchführbar (max. 10 Minuten)

� Auswertungsschema selbsterklärend im Assessment enthalten

� simpel strukturiert, keine aufwändige Einarbeitung erforderlich, gut delegierbar (MFA)

MHHInstitut für Allgemeinmedizin, OE 5440Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 [email protected]

Zentrum Öffentliche GesundheitspflegeInstitut für Allgemeinmedizin

ZielEinleitung

Ergebnisse

Endauswertung: Bildung einer Schnittmenge aus den vier Auswertungsschemata � Auswahl MAGIC

Zusammenfassung MAGIC

Evaluation der Ergebnisse der PRISCUS-Studie

Priorisierung nach:Was ist häufig, was ist neu?

Wie wichtig sind dem Arzt und seinem Patienten die Probleme?Werden Interventionen geplant

bzw. durchgeführt?

� Vorauswahl von 19 Gesundheitsproblemen

LiteraturrecherchePriorisierung nach:

Häufigkeit des Vorkommens in 19 national und international etablierten geriatrischen

Basisassessments.

� Vorauswahl von 12 Gesundheitsproblemen

Delphi-BefragungPriorisierung:

Auswahl von 20 relevanten STEP-Gesundheitsproblemen durch 15 Hausärzte, anschließend Bildung

einer Schnittmenge.

� Vorauswahl von 15 Gesundheitsproblemen

FokusgruppenPriorisierung:

In drei Gruppendiskussionen mit Hausärzten wurden die

Gesundheitsprobleme aus STEP diskutiert und priorisiert.

� Vorauswahl von 11 Gesundheitsproblemen

FKZ: 01ET1005C

Ausblick� Bewertung des MAGIC hinsichtlich Informationsgehalt und Anwendbarkeit durch Hausärzte

(Praxisevaluation)

Auswahl MAGIC

KognitionMedikamenteneinnahme

Soziales UmfeldDepressivitätImpfschutz

Harninkontinenz

LeistungsfähigkeitSehenHörenStürze

MAGIC Assessment

Page 40: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe
Page 41: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

Foto

: fot

olia

/blo

omua

Page 42: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

Überblick: Fortbildungspflichten in der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) in Baden-Württemberg

1. Teilnahme an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie (PTQZ)

Je Kalenderjahr müssen Hausärzte an mindestens vier Hausärztlichen Quali-tätszirkelsitzungen teilnehmen, die in-dikationsbezogene Pharmakotherapie-Module beinhalten – sogenannte Phar-makotherapiezirkel (PTQZ).

Anmeldung über das AQUA Institut, Tel.: 0551 78952–12

2. Konsequente Berücksichti-gung der für die Behandlung in der hausärztlichen Versor-gung entwickelten, evidenz- basierten, praxiserprobten Leitlinien

Die Fortbildungskommission wählt Leit-linien aus, nach denen die Behandlung in der HZV zur Erfüllung der Pflichten aus dem Vertrag erfolgt. Für 2012 wurde die Leitlinie „Brustschmerz“ festgelegt.

Mögliche Veranstaltungen zur Ab-solvierung der o.g. Leitlinie sind: Stammtische des Hausärzteverbands, Hausärztliche Qualitätszirkel, IhF-Kon-gresse, IhF-Kompakttage, Tage der All-gemeinmedizin, Baden-Württembergi-scher Hausärztetag.

3. Erfüllung der Fortbildungs-pflicht nach § 73b in Verbindung mit § 95d SGB V

Die Managementgesellschaft benennt von der Fortbildungskommission zuge-lassene, auf hausarzttypische Behand-lungsprobleme konzentrierte Fortbil-dungsinhalte. Eine Liste der zugelasse-nen Themen finden Sie unter www.hausarzt-bw.de. Die Fortbildungskommis-sion Allgemeinmedizin hat die Auswahl der Themen im August letzten Jahres er-weitert.

Pro Kalenderjahr muss der Hausarzt mindestens zwei entsprechende Fortbil-dungsveranstaltungen besuchen. Mög-liche Veranstaltungen zur Absolvierung der o.g. Themen sind: Stammtische des Hausärzteverbands, Hausärztliche Qua-litätszirkel, IhF-Kongresse, IhF-Kom-pakttage, Tage der Allgemeinmedizin, Baden Württembergischer Hausärzte-tag.

4. Qualifikation zur Verord-nung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation

Hausärzte sind zum Nachweis der Quali-fikation zur Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ver-pflichtet.

Anmeldung über SAMA, Tel.: 0711 848884–0 oder [email protected]

5. Qualifikation Psychosomatik

Die Qualifikation zur Anwendung von Maßnahmen der psychosomatischen Grundversorgung ist seit 01.01.2012 Teilnahmevoraussetzung an den HzV-Verträgen.

6. Teilnahme an DMP Diabetes mellitus Typ II, KHK und COPD

Die Teilnahme an den o.g. DMPs ist eine Teilnahmevoraussetzung.

Weitere Informationen zu unseren Stammtischen, Qualitätszirkeln und an-deren Fortbildungsangeboten finden Sie unter www.hausarzt-bw.de.

Den HzV Fortbildungskalender fin-den Sie stets aktuell unter:www.hausarzt-bw.de/HZV-Kalender

Neu: Um Ihnen den Nachweis Ihrer Fortbildungen zu erleichtern, hat der Hausärzteverband das Online-Arztpor-tal erweitert. Bitte bringen Sie zu allen Veranstaltungen Ihren Mitglieds-/HzV-Fortbildungsausweis mit, damit der Bar-

code vom Veranstalter gescannt werden kann.Sofern uns Ihre einheitliche Fortbil-dungsnummer (EFN) vorliegt erfolgt die Weiterleitung an die LÄK auto-matisch.

Alle erfassten Fortbildungen können Sie unter: https://arztportal.hausaerzteverband.de in Ihrem persönlichen Fortbildungs-konto einsehen.

424 FORTBILDUNG / CONTINUING MEDICAL EDUCATION

Page 43: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

HzV-Fortbildungskalender Baden-Württemberg

Termin

laufend

laufend

laufend

laufend

laufend

laufend

08. – 12.10.12

laufend

9. – 10.11.12

19.12.12

13.10.12

laufend

laufend

auf Anfrage

Aktuelle Termine finden Sie stets auf unserer Homepage www.hausarzt-bw.de.

Veranstaltung

Stammtische Nordbaden www.hausarzt-bw.de/stammtische

Stammtische Nordwürttemberg www.hausarzt-bw.de/stammtische

Stammtische Südwürttemberg www.hausarzt-bw.de/stammtische

Stammtische Südbaden www.hausarzt-bw.de/stammtische

Hausärztliche Qualitätszirkel (HQZ) www.hausarzt-bw.de/HQZ

Qualitätszirkel zur Arzneimitteltherapie (PTQZ) www.hausarzt-bw.de/PTQZ

Psychosomatische Grundversorgung Kompaktkurs www.aerztekammer-bw.de ➤ Ärzte ➤ Fortbildung ➤ Fortbildungskalender BW ➤ Seminar Psycho somatische Grundversorgung

Psychosomatische Grundversorgung Einzelkurs www.aerztekammer-bw.de ➤ Ärzte ➤ Fortbildung ➤ Fortbildungskalender BW ➤ Seminar Psycho somatische Grundversorgung

IhF-Kompakttag FORTE www.hausaerzteverband.de ➤ Verbandsportal ➤ IhF

IhF-Kompakttag KLASSIK www.hausaerzteverband.de ➤ Verbandsportal ➤ IhF

Tage der Allgemeinmedizin www.degam.de ➤ Tag der Allgemeinmedizin

Angebote KVBW MANAGEMENT AKADEMIE www.kvbawue.de ➤ Fortbildung ➤ Management-Akademie ➤ Seminarübersicht

Bitte geben Sie dort als Suchbegriffe z.B. ein:Haut > Hautkrebsscreenings DMP > DMP-Schulungen

Angebote der Ärztekammer www.aerztekammer-bw.de ➤ Ärzte ➤ Fortbildungen

Angebote der Sozial- und Arbeitsmedizinischen Akademie Baden-Württemberg e.V. (SAMA) Infos unter www.sama.de

Ort

Nordbaden

Nordwürttemberg

Südwürttemberg

Südbaden

ganz Baden- Württemberg

ganz Baden- Württemberg

Glottertal

Freiburg

Stuttgart

Ulm

Heidelberg

verschiedene

verschiedene

Stuttgart

Themen

HzV-Fortbildungsthemen nach § 73 b (Näheres in den regelmäßigen Faxeinladungen)

HzV-Fortbildungsthemen nach § 73 b (Näheres in den regelmäßigen Faxeinladungen)

HzV-Fortbildungsthemen nach § 73 b (Näheres in den regelmäßigen Faxeinladungen)

HzV-Fortbildungsthemen nach § 73 b (Näheres in den regelmäßigen Faxeinladungen)

HzV-Fortbildungsthemen nach § 73 b (Näheres erfahren Sie vom HQZ-Moderatoren)

HzV-Fortbildungsthemen nach § 73 b (Näheres in den Qualitätszirkel-Einladungen, Erstanmeldung über das AQUA Institut, Tel.: 0551 78952-12)

Psychosomatische Grundversorgung Seit 01.01.2012 Teilnahmevoraussetzung in den HzV-Verträgen

Psychosomatische Grundversorgung Seit 01.01.2012 Teilnahmevoraussetzung in den HzV-Verträgen

Erfüllung aller DMP- und HzV-Anforderungen (ausgenommen strukturierte Qualitätszirkel zur Pharmakotherapie)

Erfüllung aller DMP- und HzV-Anforderungen (ausgenommen strukturierte Qualitätszirkel zur Pharmakotherapie)

verschiedene

Hautkrebsscreenings DMP-Schulungen Moderatorentrainings für Qualitätszirkel …

verschiedene

HZV-Fortbildungsthema nach § 73b: Qualifikation zur Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Teilnahmevoraussetzung an den HzV-Verträgen

Stand September 2012; Alle Angaben ohne Gewähr

425FORTBILDUNG / CONTINUING MEDICAL EDUCATION

Page 44: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

Sektionsbericht Studium und Hochschule 2012

Aufgaben der Sektion

Die Hauptaufgabe der Sektion ist es, das Fach Allgemeinmedizin an den Fakultä-ten in Lehre und Forschung zu stärken. Im Jahresabstand erfolgt eine Erhebung der Daten der einzelnen Standorte.

Wir unterstützen die Vernetzung der einzelnen Standorte und vermitteln An-sprechpartner zu spezifischen Fragen zu Ausbildung und Forschung innerhalb der Lehre.

Mit der Gesellschaft für medizi-nische Ausbildung (GMA) bestehen wei-terhin enge personelle Verbindungen – insbesondere über den dortigen Aus-schuss Primärversorgung und das Vor-standsmitglied Dr. Markus Gulich. Mit der Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin GHA und ihrem Vor-sitzenden, Prof. Wilhelm Niebling, ver-bindet uns eine enge Zusammenarbeit.

Ein weiterer wesentlicher Bestand-teil unserer Sektionsarbeit ist die Nach-wuchsförderung. Hierzu gehört die Etablierung und Begleitung der Nach-wuchsakademie der DEGAM.

Aktuelles

Änderung der Ärztlichen Approbationsordnung

Am 23.07.2012 wurde vom Bundesrat eine „Erste Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte“ be-schlossen. Bereits im Vorfeld bei der Er-stellung des Referentenentwurfes konn-te die DEGAM sich aktiv mit ihren Posi-tionen einbringen und in einer bislang beispiellosen bundesweiten konzertier-ten Aktion die politischen Verantwortli-chen der jeweiligen Länder direkt vor der Bundesratsentscheidung informie-ren. Insbesondere die Neuregelung des PJs war Gegenstand heftiger Diskussio-nen. Der von der DEGAM eingebrachte Kompromissvorschlag: Aufteilung des PJs in Quartale und damit Erhalt der Wahlmöglichkeit bei gleichzeitigem Pflichtquartal in der Allgemeinmedizin, fand im Bundesrat keine Mehrheit.

Hauptziele der Änderung sind: „Die Sicherstellung einer flächendecken-den bedarfsgerechten und wohnort-nahen ärztlichen Versorgung der Bevöl-

kerung ist ein zentrales gesundheitspoli-tisches Anliegen, das durch die demogra-phische und gesellschaftliche Entwick-lung noch an Bedeutung gewinnt. In manchen Regionen, insbesondere in ländlichen, zeichnet sich ein Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten, aber auch an Fachärztinnen und Fachärzten ab, der die ärztliche Versorgung beein-trächtigen könnte. Maßnahmen auf un-terschiedlichen Ebenen sind erforder-lich, um dieser Entwicklung entgegen-zuwirken. Die Umsetzung dieser Maß-nahmen fällt jedoch nur zum Teil in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Die im vorliegenden Verordnungsentwurf enthaltenen Maßnahmen betreffen die gezielte Nachwuchsgewinnung und För-derung von Medizinstudierenden sowie die Stärkung der Allgemeinmedizin in der ärztlichen Ausbildung. Sie ergänzen die mit dem Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzli-chen Krankenversicherung getroffenen Maßnahmen auf Bundesebene.“ [http://www.bundesrat.de/cln_092/ nn_2291536/SharedDocs/Beratungsvorgaenge/2011/0801–900/ 0862–11.html]

Wichtige Neuerungen sind:• Die Dauer des Blockpraktikums All-

gemeinmedizin beträgt mindestens 2 Wochen.

• Eine vierwöchige Famulatur in der hausärztlichen Versorgung ist ver-pflichtend.

• Zehn Prozent der Plätze für das Wahl-tertial im PJ müssen an den Fakultä-ten in der Allgemeinmedizin bereitge-stellt werden. Nach einer Übergangs-frist wird der Anteil auf 20 % erhöht.

• Die Fakultäten sind verpflichtet, ein PJ Logbuch zu erstellen.

• Abschaffung des sog. Hammerexa-mens: Der schriftliche Teil des Zwei-ten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung wird vor das Praktische Jahr verlegt.

• Das PJ kann in Teilzeit durchgeführt werden. Die Anzahl der zulässigen Fehltage wird auf 30 erhöht.

• Das PJ kann in Zukunft nicht nur an der Universitätsklinik und den Lehr-krankenhäuser der Heimatuniversität, sondern auch anderen geeigneten Krankenhäusern absolviert werden.

Die konkreten Übergangsregelungen werden derzeit erarbeitet.

Nachwuchsakademie

Von Greifswald bis Freiburg: Insgesamt elf ausgewählte Medizinstudierende aus ganz Deutschland konnte die DEGAM im Mai in Frankfurt begrüßen. Das erste Treffen sollte außer einem ausführlichen Kennenlernen die Mög-lichkeit bieten, in Vorträgen, Work-shops und Diskussionsrunden zusam-men mit Experten die Rolle der All-gemeinmedizin zu analysieren und vor diesem Hintergrund viele eigene Fra-gen zu klären. Die Gruppe mit neun Studentinnen und zwei Studenten fand sich schnell zusammen und die Arbeitsatmosphäre war sehr konstruk-tiv. Der DEGAM-Kongress mit einem eigenen Workshop ist nun die nächste Station auf dem Weg in die DEGAM.

Summerschool

Die 2. Summerschool für Allgemeinme-dizin wurde in der ersten Septemberwo-che in Dresden durchgeführt. Bewerber aus dem gesamten Bundesgebiet zeigten großes Interesse. Ziele waren es unter anderem, eine studentische Vernetzung zu schaffen, besonders Hochschulstand-orte einzubinden, die bislang nicht in-stitutionalisiert sind und natürlich bei jedem Einzelnen das Interesse am Haus-arztberuf zu entfachen und aufrecht zu halten.

Netzwerk ELA „E-Learning in der Allgemeinmedizin“

Eine Untergruppe der Sektion befasst sich seit 2009 unter der Federführung von Dr. Waldmann mit verschiedenen allgemeinmedizinischen E-Learning-Angeboten. Aktuell befindet sich eine Lernplattform im Aufbau, die einen Aus-tausch der verschiedenen Angebote er-möglich soll.

Entwicklung der Abteilungen, Institute und Lehrgebiete an den Hochschulen

Bei der jährlichen Umfrage zur Entwick-lung der Allgemeinmedizin lagen ledig-lich von vier Standorten keine Rückmel-dungen vor (Köln, Leipzig, Mannheim, Regensburg).

426 DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS

Page 45: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Personal

In Erlangen, Berlin und Homburg wur-den Lehrstühle neu ausgeschrieben. Ei-ne Wiederbesetzung erfolgte in Göttin-gen und Düsseldorf.

An 15 Standorten existierten 2012 C4/W3-Professuren, davon einmal als Äquivalent mit einem halben BAT-Ver-trag und dreimal als halbe Stelle (im Vgl. 2011: zwölf Standorte, davon einmal als Äquivalent mit einem halben BAT-Ver-trag und zweimal als halbe Stelle).

Zwölf Standorte verfügen über C3/W2-Professuren (vgl. 2011: zwölf Standorte, davon sechs halbe, einmal 0,75), davon sind drei halbe Professu-ren, einmal eine 0,75 Stelle.

22 Standorte verfügen darüber hi-naus über mindestens 0,5 bis maximal 9,75 BAT-Stellen (im Vgl. 2011: 23 Standorte mit 0,4–7,5 BAT-Stellen).

Unter Ausschluss von Standorten, von denen 2011 bzw. 2012 keine Daten vorliegen, verbleibt 2011 die Uni Kiel, die damals über keine feste wissen-schaftliche Personalstelle verfügt.

2012 verfügen drei Standorte (Erlan-gen, Homburg, Kiel) über keine feste wissenschaftliche Personalstelle.

An drei Standorten (Erlangen, Halle, Homburg) der Allgemeinmedizin steht keinerlei Sekretariatspersonal zur Ver-fügung. An zwei Standorten gibt es kei-ne eigenen Räume für die Allgemeinme-dizin (Erlangen und Homburg).

Sachetat

Im Jahr 2012 gaben die rückmeldenden Hochschulstandorte einen jeweiligen Sachetat von 5.000–350.000 Euro an. Fünf Standorte gaben an, keinen Sache-tat zu haben. Im Vergleich hierzu betrug der Sachetat 2011 7.500–69.000 Euro und nur zwei Standorte gaben an, kei-nen Sachetat zugewiesen zu haben.

Erfreulich ist die stetig zunehmende Einwerbung von Drittmitteln. An 20 Ab-teilungen wurden für das zurückliegen-de Jahr folgende Summen eingeworben:

von 4.000 bis 81.000 Euro an neun Standorten, von 200.000 bis 443.000 Euro an sieben Standorten und von 1 Million bis 3 Millionen Euro an vier Standorten.

Trotz des insgesamt erfreulichen Trends ist eine flächendeckende Institu-tionalisierung nach wie vor nicht er-reicht.

Lehre

Lehrangebote in der Allgemeinmedizin

2012: Das Pflicht-Blockpraktikum in der Allgemeinmedizin wird in den Regelstu-diengängen an 13 Universitäten ein-wöchig (davon an einer Fakultät nur halbtags), zweiwöchig und länger an 16 durchgeführt.

Außerdem bieten außer Mainz alle Hochschulen neben dem Blockprakti-kum zusätzlichen Unterricht in Semi-narform bzw. als Vorlesung oder als Wahlpflichtfach an.

Hinzu kommen 24 Standorte, an de-nen in unterschiedlichem Umfang Querschnittsbereiche (QB Medizin des Alterns und des alten Menschen, QB Re-habilitation, Physikalische Medizin, Na-turheilverfahren, QB Palliativmedizin) und interdisziplinäre Unterrichtsver-anstaltungen im klinischen Studien-abschnitt (POL, Kommunikationstrai-ning, Untersuchungskurse) angeboten werden. Einige Standorte beteiligen sich oder leiten Lehrveranstaltungen wie beispielsweise die „Einführung in die klinische Medizin“ und die „Berufsfel-derkundung“ in der Vorklinik.

Lehrpraxen und Lehraufträge

Die Zahl der Lehrpraxen variiert an den einzelnen Fakultäten zwischen 43 bis 274 Lehrpraxen. Bezahlte Lehraufträge existieren an 27 Standorten (3 bis 101) (im Vgl. 2011: 25 Fakultäten mit 3–96 Lehraufträgen).

PJ Wahltertial Allgemeinmedizin

An 34 Standorten wurde ein Wahltertial in der Allgemeinmedizin angeboten. Die Honorierung des Tertials differierte stark, ebenso wie die Anzahl der Plätze. Aktuell nehmen rund 600 Praxen an der PJler-Ausbildung teil. Eine Entlohnungvon mindestens 1000,- Euro bzw. 2400,-Euro pro Quartal wird aktuell gezahlt.

Fazit

Die Änderung der Approbationsord-nung ist eine große Chance, unser Fach an den Hochschulstandorten zu stär-ken. Wir sind das einzige Fach, welches ein 14-tägiges Blockpraktikum anbieten darf. Zur Umsetzung aller Neuerungen der ÄAppO ist aber eine ausreichende personelle und finanzielle Ausstattung an allen Standorten nötig. Die Quoten-regelung für ein Wahltertial im PJ, wel-che zu erfüllen ist, sollte an nicht opti-mal ausgestatteten Standorten zu Bud-getverhandlungen mit den jeweiligen Fakultäten und zum Ausbau des Fachge-biets führen, um diesen politischen For-derungen nachzukommen.

Zukünftige Aufgaben werden die weitere Förderung des Nachwuchses sein, hierzu gehört die 2. Nachwuchs-akademie 2013 sowie eine 3. Summer-school für Allgemeinmedizin.

Wir laden alle Interessierten ein, sich ak-tiv an unseren Aktivitäten zu beteiligen und Mitglied der Sektion Studium und Hochschule zu werden.

Antje Bergmann und Maren Ehrhardt

Prof. Dr. med. Antje Bergmann

Bereich Allgemeinmedizin

Medizinische Klinik III

Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“

der Technischen Universität Dresden

Fetscherstraße 74, 01307 Dresden

[email protected]

Korrespondenzadresse

427DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS

Page 46: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

Sektionsbericht Forschung 2012

Das laufende Jahr 2012 scheint für die Allgemeinmedizin unter einem recht günstigen Stern zu stehen: Frau Prof. Dr. Eva Hummers-Pradier, Göttingen, wur-de in das Fachkollegium Medizin der DFG für das Fach Public Health, medizi-nische Versorgungsforschung, Sozial-medizin gewählt – und dann gleich noch zur stellvertretenden Sprecherin der Sektion IV des Fachkollegiums. Die-se Sektion ist zuständig für „Genetische, metabolische und regulatorische Basis von Krankheiten und Public Health“ – herzlichen Glückwunsch! Darüber hi-naus wurde die DFG-Nachwuchsaka-demie Versorgungsforschung, die von Prof. Martin Scherer, Hamburg, geleitet wird, sehr positiv evaluiert. Vermutlich wird sie fortgesetzt, allerdings dann an einem anderen Standort, was in der Na-tur der DFG-Nachwuchsakademien liegt.

Des Weiteren ist in der Hochschul-landschaft viel in Bewegung: Es wurden bzw. sind Lehrstühle in Kiel, Berlin, Er-langen, Oldenburg, Hannover, Witten-Herdecke und Tübingen ausgeschrieben – so viele Ausschreibungen gab es noch nie! Die universitären Aktivitäten neh-men also zu, sowohl die Anstrengungen der DEGAM und der Allgemeinärztin-nen und -ärzte vor Ort, als auch die fi-nanzielle und politische Unterstützung des letzten Jahrzehnts scheinen sich nun auszuzahlen [s.a. 1, 2].

Das DFG-Netzwerk „Klinische Studi-en in der Allgemeinmedizin“ trifft sich weiterhin zweimal im Jahr, um Strate-gien und Werkzeuge zu entwickeln, mit dem Ziel, die Umsetzung von klinischen Studien im hausärztlichen Setting zu fördern bzw. zu erleichtern. Beispiels-weise werden Materialien für die Durch-führung klinischer Studien in der Praxis

und Schulungskonzepte für Forschungs-praxen entwickelt. Die Förderung des Netzwerks ist bis 2014 zugesagt. Es sind bereits einige Publikationen hieraus ent-standen [3–5].

Am wichtigsten sind natürlich die Projektausschreibungen, die uns die Umsetzung von Forschungsprojekten ermöglichen sollen. Die Rückmeldun-gen des BMBF zur Ausschreibung „Klini-sche Studien“ ließen recht lange auf sich warten – mittlerweile wurden jedoch die Zusagen und Absagen verschickt. Darü-ber hinaus gab es im Spätfrühjahr/Som-mer auch eine Ausschreibung des Zen-tralinstituts der Kassenärztlichen Ver-einigungen (ZI), mit der insgesamt vier bis fünf Projekte in der Versorgungsfor-schung bis circa € 60.000.- gefördert wer-den sollen. Es lohnt sich also, die Augen nach Fördermöglichkeiten offen zu hal-ten. Dankenswerterweise erhalten wir diesbezüglich rege Unterstützung von Dr. Corina Güthlin, Frankfurt, die uns regelmäßig mit Informationen zu Aus-schreibungen auf dem Laufenden hält, die wir dann in den Sektionsverteiler ge-ben. Brandaktuell ist natürlich die der-zeit laufende Ausschreibung des BMBF zum Thema Versorgungsforschung. Es wurden drei Module entwickelt: 1) Qua-litative Analysen, 2) Nicht-interventio-nelle quantitative Studien und 3) Inter-ventionelle Studien zum Versorgungs-geschehen. Einsendeschluss für diese hochvolumige Ausschreibung, die eine Projektförderung über drei Jahre bein-haltet, ist der 22. November 2012. Ein-zelheiten sehen Sie auf der Website http://www.bmbf.de/foerderungen/19976.php. Viel Erfolg und viele spannende Kooperationen!

Antonius Schneider

Prof. Dr. med. Antonius Schneider

Institut für Allgemeinmedizin

Klinikum rechts der Isar

Technische Universität München

Orleansstraße 47

81667 München

[email protected]

Korrespondenzadresse

1. Schneider A, Grossmann N, Linde K. The development of general practice as an academic discipline in Germa-ny – an analysis of research output between 2000 and 2010. BMC Fam Pract 2012; 13: 58

2. Grossmann N, Schneider A, Linde K. Publikation von Forschungsarbeiten durch die deutsche akademische All-gemeinmedizin von 2000 bis 2010. Z Allg Med 2012; 88: 354–54

3. Peters-Klimm F, Hermann K, Gágyor I, Haasenritter J, Bleidorn J. Erfah-rungen und Einstellungen zu Kli-nischen Studien in der Hausarztpra-xis: Ergebnisse einer Befragung von deutschen Hausärzten. Gesundheits-wesen 2012 Aug 14. Epub ahead of print

4. Gágyor I, Haasenritter J, Peters-Klimm F, Bleidorn J. Prüfarztschu-lung für klinische Arzneimittelstudi-en in der Allgemeinmedizin. Z Allg Med; im Druck

5. Hummers-Pradier E, Bleidorn J, Schmiemann G, Joos S, Becker A, Al-tiner A, Chenot JF, Scherer M. Gene-ral practice-based clinical trials in Germany – a problem analysis. BMC Trials; zur Publikation eingereicht.

Literatur

428 DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS

Page 47: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

Jahresbericht des SGAM-Präsidenten

Zu Beginn meines diesjährigen Berich-tes möchte ich bruchstückhaft ein Stück weiter zurückblicken, da ich anno 2012 nunmehr eine Dekade lang die Geschi-cke der SGAM als Präsident, ich habe auch gern den Terminus Oberhäuptling

genannt, leite. 2002 bin ich angetreten, unsere

SGAM zu verjüngen, mehr Öffentlich-keit zu wagen, die Weiter- und Fortbil-dung zu intensivieren und – so hatte ich die Hoffnung – die hervorragende For-schungsarbeit meines Vorgängers Gret-he, die SESAM–Studien, fortzusetzen und weiterzuentwickeln, wobei ich mit Unterstützung durch die beiden sächsi-schen Universitäten rechnete. Es sollten die Verbindungen zur DEGAM, zum HÄV und zur Politik ausgebaut werden.

Wir vergeben Forschungs- und Eh-renpreise, bieten regelmäßig einen Prü-fungsvorbereitungskurs an und haben zuletzt auch unsere Medizinischen Fachangestellten, ehemals Arzthelferin-nen, ins Fortbildungsboot nach Lich-tenwalde geholt. Die unter dem Aspekt der Erlangung eines Fortbildungszertifi-kates ins Leben gerufenen jährlichen Curricula, das erste fand im Januar 2004 statt, sind durch ihre speziellen Inhalte und die angenehme Atmosphäre sehr populär. Ihr Stellenwert und ihre Eintra-gung im Fortbildungskalender sind für uns nicht mehr wegzudenken.

Unsere Zeit ist sehr schnelllebig, und wir alle müssen an unserem beruflichen oder eben auch ehrenamtlichen Platz darauf reagieren. Ich meine, bei einem durchaus kritischen Rückblick ist uns das recht gut in unserer wissenschaftli-chen Fachgesellschaft der Allgemeinärz-te Sachsens, der SGAM, gelungen. Auch die Mitgliederzahlen bestätigen den ins-gesamt positiven Entwicklungstrend der SGAM.

An vorderster Stelle ist bei einem Blick auf die vergangenen zwölf Monate natürlich wieder meinen Präsidiums-mitgliedern Andreas Schuster, Erik Bo-dendieck, Roger Voigt, Lars Schirmer, Antje Bergmann und Anne Gerlach zu danken, die durch ihre unverwechselba-re, kritisch korrektive und intensive Mit-arbeit ein Gelingen unserer SGAM-Vor-haben erst ermöglichten. Alle haben weitere ehrenamtliche Aufgaben – und das nicht nur in Sachsen – übernom-

men. Deren Vielzahl hier zu nennen, würde den Rahmen eines kurzen Resü-mees aber sprengen.

Führungsarbeit ist immer auch Ge-meinschaftsarbeit, und das wird bei gu-ter personeller Kontinuität, die dennoch von Verjüngung und damit neuem Schwung gekennzeichnet ist, in der SGAM gewährleistet. Und diesen neuen Schwung beziehen wir auch durch die gelungene Einbindung der JASa, der jun-gen Allgemeinärzte Sachsens, in die Wei-ter- und Fortbildungsarbeit der SGAM. So waren zwei JASa-Mitglieder zu unse-rer Klausurtagung, die Anfang März in Dresden stattfand, eingeladen und dis-kutierten lebhaft mit. Schließlich war dort unser Thema die Verbesserung der Weiterbildung. Etliche unserer gewisser-maßen gestandenen Mitglieder haben sich für eigene Veranstaltungen der JASa zur Verfügung gestellt und bieten ihre Hilfe an.

Im Medienbereich, den Anne Gerlach nach wie vor betreut, stehen ebenfalls Änderungen an. In diesem Monat wer-den wir die Zusammenarbeit mit dem Kirchheim-Verlag und der Zeitschrift „Der Allgemeinarzt“ beenden. Die Kooperation war ausgezeichnet, ins-besondere mit dem Redaktionskolle -gium und dem Herausgeber, und wir bedanken uns nachdrücklich für das Verständnis und die souveräne Umset-zung unserer Anliegen. Aber wir sind der Meinung, dass in der Frage eines gedruckten Newsletters Aufwand und Nutzen nicht in gebührender Relation stehen. So wollen wir künftig auf einen solchen verzichten und ggf. eigene Ver-öffentlichungen, vorrangig über unsere Website (wie bereits den „offenen Brief“), aber auch in der ZFA und im „Hausarzt“ platzieren. Dieser unter maßgeblicher Federführung von Lars Schirmer vom Präsidium der SGAM er-stellte offene Brief informiert zur Frage der differenten Behandlung verschie-dener Hausarztgruppen hinsichtlich Arznei- und Heilmittelrichtgrößen. Aktuellen berufspolitischen Fragen wollen und können wir uns – wie das eben genannte Beispiel zeigt – nicht entziehen.

Unser Internetauftritt wurde anno 2011 umgestaltet und modernisiert. In diesem Bereich werden sicherlich noch

etliche Aufgaben hinzukommen. Ein fact sheet über Zahlen und Vorhaben zur SGAM wird noch in diesem Jahr – nicht nur auf unserer Website – publi-ziert werden.

Nach wie vor fühlen wir uns in erster Linie für das Fachlich-wissenschaftliche unseres schönen Berufs zuständig. Eben deshalb organisieren wir jährlich eine Klausurtagung mit dem Wissenschaftli-chen Beirat, auf der wir auch über die Vergabe des SGAM-Forschungspreises beraten. Insgesamt wünsche ich mir dort eine umfangreichere Teilnahme der Gewählten des Hausarztverbandes und des gesamten Wissenschaftlichen Beira-tes. Ein anderer Termin wird sich nur schwer finden lassen.

Nachdrücklich spreche ich mich für eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Hausärzteverband aus, wobei aber a priori gemeinsame Wege und Stra-tegien gesucht werden sollten. Die Teil-nahme von Vertretern des Hausarztver-bandes und der SGAM an den jeweiligen Veranstaltungen sollte besser ermög-licht werden. Voraussetzung ist freilich, dass infolge einer ordentlichen Vor-abstimmung, Themen und Tagungsort nicht miteinander konkurrieren.

Mit unserer Muttergesellschaft, der DE-GAM, sind wir in stetig besser werden-dem Kontakt. Mancher SGAM-Vor-schlag oder manches unseres fachgesell-schaftlichen Procedere wurde bewusst oder vielleicht auch unabsichtlich über-nommen – und wir lernen von der DE-GAM auch. Personeller Untersetzung bedarf es aber immer, um etwas Neues anzupacken. Es hat sich gezeigt, dass ein immer währendes Aufeinanderzugehen die Grundvoraussetzung für ein gedeih-liches Miteinander ist – und das wird von beiden Seiten so gesehen. Ein Bei-spiel hierfür ist ja auch die Tatsache, dass wir in diesem Jahr mit Prof. Dr. Kochen dem herausragenden letzten Präsiden-ten der DEGAM unseren Ehrenpreis überreicht haben. Gehen wir diesen Weg weiter, bringen wir unseren praxis-relevanten Stil in die DEGAM ein! Wir finden dort offene Ohren.

Die Forschungsarbeit gewinnt in der SGAM an Fahrt. Frau Prof. Bergmann ist es gelungen, junge Ärztinnen und Ärzte zu gewinnen, die unsere SESAM-Studien mit Leben erfüllen. Unbestritten steigt

429DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS

Page 48: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

über diese Arbeiten, aber auch über un-sere vielfältigen anderen Aktivitäten die Wahrnehmung der SGAM in der Öffent-lichkeit. Darauf können wir, so meine ich, durchaus ein wenig stolz sein. Und dennoch: Ohne eine wirklich breite sich einbringende Gruppe von Kolleginnen und Kollegen sowie auch von nichtärzt-lichen Mitarbeiterinnen ist dies auf Dau-er nicht möglich. Ergo, wie in jedem Jahr, erfolgt meine Bitte und Aufforde-rung zur Beteiligung an unseren ge-meinsamen Vorhaben.

An dieser Stelle möchte ich aus-drücklich die fleißige Arbeit der Helfe-rinnen „im Hintergrund“, sprich Mit-arbeiterinnen der Geschäftstelle und beim Schatzmeister, Katrin Rauer, Sie-grid Dietrich und Claudia Schönfelder, würdigen. Ein ganz besonderer Dank geht in diesem Jahr an das Kassenprüfer-ehepaar Lembcke, da unser Freund Hans-Georg wegen der schweren und hoffentlich nun überstandenen Krank-

heit seiner Frau Dorothea in seiner Pra-xis und im Nebenamt viel allein agieren musste.

Ein Jahresbericht der SGAM, so kurz gefasst und unvollständig er auch sein mag, wäre selbstverständlich nicht voll-ständig, ohne unsere hervorragend an-genommenen und mit sehr interessan-ten Inhalten ausgestatteten Curricula nochmals zu erwähnen. Das vom 18.– 21. Januar 2012 erneut in Weinböhla ab-gehaltene 9. Curriculum, das inzwi-schen sogar als Weiterbildungsofferte von Facharztkandidatinnen und -kan-didaten angenommen wird, ist ein Be-weis hierfür.

Als Ausblick darf ich hier anführen, dass wir uns vorgenommen haben, Kriterien zu erarbeiten, damit eine verbesserte Weiterbildung zum Facharzt für All-gemeinmedizin möglich wird. Hilfreich könnte ein von der SGAM vergebenes Weiterbildungszertifikat für entspre-

chende Arztpraxen/MVZ sein. Wir se-hen es nach wie vor als unsere Hauptauf-gabe an, im Bereich der Aus-, Weiter- und Fortbildung Aktivitäten zu ent-wickeln, die einen hohen wissenschaft-lichen Standard unter uns Allgemein-ärzten erhalten, wenn möglich erhöhen und die nachrückende Generation mit fundiertem Praxiswissen und großer Wissenschaftlichkeit auf ihren exzellen-ten Beruf vorzubereiten.

Johannes Dietrich

Dr. med. Johannes Dietrich

Präsident SGAM e.V.

SGAM Geschäftsstelle

Obere Hauptstraße 1

09241 Mühlau

Tel.: 03722 92883

[email protected]

Korrespondenzadresse

430 DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS

Bericht der Arbeitsgruppe Diabetes 2012

Die Arbeitsgruppe Diabetes der DEGAM hat sich dieses Jahr insbesondere mit den Inhalten der vorerst letzten und im August vorgestellten nationalen Leit-linie „Diabetes mellitus Typ 2 – Thera-pieplanung“ beschäftigt. Darüber hi-naus sind Praxisleitlinien auf dieser Grundlage zum Thema entwickelt wor-den, die aktuell in den Praxistest gehen.

Günther Egidi vertritt die DEGAM bei der Revision der DMP Diabetes mellitus Typ 1 und 2 und zwei der DEGAM-Newsletter sind aus unseren Reihen be-stückt worden. Darüber hinaus wurden Anfragen diverser Verbände, Einzelper-sonen und Fachgesellschaften beant-wortet.

Til Uebel

Dr. med. Til Uebel

Sprecher AG Diabetes

Burgtorstraße 2, 74930 Ittlingen

Tel.: 07266 914141

[email protected]

Korrespondenzadresse

Page 49: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

ZFA – Allgemeinmedizin oder Forschung über Allgemeinmedizin

Leserbrief von Dr. Stefan Kröger

Sehr geehrte Herausgeber, ich beziehe als DEGAM-Mitglied seit Längerem die ZFA. Ich möchte mich kurz fassen und ein Problem (aus meiner subjektiven Sicht) der ZFA benennen: So sehr mir auch der (leider zu schlanke) Rest gefällt: Gefühlte 50 % der Originalartikel sind uninteressanter selbstreferentieller Schrott, der mich als angehenden Haus-arzt nicht interessiert. Allein die Titel deuten schon an, dass es hier nicht um Allgemeinmedizin geht, oft auch nicht mal mehr um die medizinische For-schung im Bereich der Allgemeinmedi-zin. Vielmehr wird ganz im Geiste post-moderner Literatur eine neue Metaebe-ne eingefügt und es geht im entferntes-ten Sinne um die Analyse der Forschung über die Allgemeinmedizin. Ich frage: Welchen Leser interessiert das?

Hier ein paar aktuelle Beispiele:• „Seminare in der Allgemeinmedizin:

Strukturierung durch Leitsymptome und Fallvignetten“

• „Warum nimmt ein Hausarzt an einer Interventionsstudie teil?“

• „Konzeptentwicklung und Pilotie-rung eines Doktorandenkolloquiums in der Allgemeinmedizin“

• „Rekrutierung von Hausarztpraxen für Forschungsprojekte“

• und mein persönlicher Favorit: „An-rufen ohne Ende? Über das Gewinnen hausärztlicher Praxen für ein Versor-gungsforschungsprojekt“

Ich weiß, für einige Arten der Promotion und Habilitation sind leider haufenwei-se Originalarbeiten nötig, von denen auch keiner erwartet, dass sie in irgend-einer Art und Weise interessant sind oder das Wissen der Welt mehren. Trotz-dem: Warum muss der Output dieser

sinnfreien und ungelenken akademi-schen Bemühungen mit inflationären Autorenlisten ausgerechnet in „meiner“ Fachzeitschrift erscheinen? Bitte blei-ben Sie Ihrem Titel treu „Zeitschrift für Allgemeinmedizin“ oder benennen Sie sie um in „Analyse der Forschung über die Allgemeinmedizin“.

P.S.: Es gibt auch Ausnahmen z.B. „Die schwierige Wunde“.

Antwort von Prof. Dr. H.-H. Abholz für die Herausgeber

Vielen Dank für Ihre kritischen Anmer-kungen. Die Herausgeber möchten da-rauf hinweisen, dass die ZFA als wissen-schaftliche Zeitschrift ein sehr breites Spektrum von Leserinteressen bedienen muss – nicht nur von praktizierenden Hausärzten, sondern auch von Wissen-schaftlern und Lehrern in un serem Fach. Der ausreichende Platz für Publi-kation und Diskussion für die letztere Gruppe ist nicht ganz unwichtig, da kei-ne weitere wissenschaftliche allgemein-

medizinische Zeitschrift in deutscher Sprache zur Verfügung steht. Aus diesem breiten Aufgabenspektrum resultiert fast zwangsläufig, dass – wechselnd von Heft zu Heft – immer einige Leser/innen mit dem Angebot unzufrieden sein könn-ten. Das ist schade, aber unvermeidlich. Man sollte sich aber vor Augen führen, dass solche Konflikte auch bei Zeit-schriften mit engerem Artikelspektrum auftreten und auch deren Leser immer nur einige Artikel eines Heftes interessie-ren.

In Bezug auf die von Ihnen ange-sprochenen Originalarbeiten zur For-schungsdurchführung räumen wir aller-

dings ein, dass wir dieser Thematik in letzter Zeit vielleicht zu viel Raum gege-ben haben. Wir würden uns freuen, wenn der ZFA künftig auch mehr Texte mit hausärztlich relevantem Fortbil-dungscharakter angeboten werden.

Dr. med. Stefan Kröger

AiW Allgemeinmedizin

Abdominalzentrum

Caritas-Klinik Pankow

Breite Straße 46/47

13187 Berlin

[email protected]

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Heinz-Harald Abholz

Direktor i.R.

Institut für Allgemeinmedizin

Heinrich-Heine-Universität

Universitätsklinikum

Moorenstr 5, 40225 Düsseldorf

[email protected]

Korrespondenzadresse

431LESERBRIEFE / LETTERS TO THE EDITOR

Page 50: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)

Organschaft / AffiliationDeutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM; www.degam.de)DEGAM-Bundesgeschäftsstelle c/o Institut für Allgemeinmedizin Haus 10 C/1. Stock, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, 60590 Frankfurt; Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA; www.gha-info.de); Salzburger Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SAGAM; www.oegam.at/c1/page.asp?id=35)Official Journal of the German College of General Practitioners and Family Physicians, the Society of Professors of Family Medicine and the Salzburg Society of Family Medicine

Herausgeber / EditorsProf. Dr. med. Heinz-Harald Abholz Facharzt für Allgemeinmedizin (Emeritus) Abt. Allgemeinmedizin Heinrich-Heine-UniversitätMoorenstraße 5 40225 Düsseldorf Tel.: +49 211 811–7771 Fax: +49 211 811–8755 E-Mail: [email protected] http://www.uniklinik-duesseldorf.de/ allgemeinmedizin

Prof. Dr. med. Michael M. Kochen, MPH, FRCGP Facharzt für Allgemeinmedizin Ludwigstraße 37 79104 Freiburg Tel.: +49 761 1513566Fax: +49 761 1513567 E-Mail: [email protected] http://www.allgemeinmedizin. med.uni-goettingen.de

Prof. Dr. med. Wilhelm Niebling Facharzt für Allgemeinmedizin Lehrbereich Allgemeinmedizin Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Schwarzwaldstraße 69 79822 Titisee-Neustadt Tel.: +49 7651 9207–0 Fax: +49 7651 9207–20 E-Mail: [email protected] http://www.ukl.uni-freiburg.de/med/lehre/lehrbereich/niebling.htm

Dr. Susanne Rabady Ärztin für Allgemeinmedizin Landstr. 2 A-3841 Windigsteig Tel.: +43 2849 2407 Fax: +43 2849 2404E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Andreas SönnichsenFacharzt für AllgemeinmedizinInstitut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin Paracelsus Medizinische PrivatuniversitätStrubergasse 21A-5020 SalzburgTel.: +43 662 4420021261 Fax: +43 662 4420021209E-Mail: [email protected]://www.pmu.ac.at/de/134.htm

Internationaler Beirat / International Advisory BoardJ. Beasley, Madison/Wisconsin, USAF. Buntinx, Leuven/BelgienG.-J. Dinant, Maastricht/NLM. Egger, Bern/CH E. Garrett, Columbia/Missouri, USAP. Glasziou, Robina/AustralienT. Greenhalgh, London/UKP. Hjortdahl, Oslo/NorwegenE. Kahana, Cleveland/Ohio, USAA. Knottnerus, Maastricht/NLJ. Lexchin, Toronto/Ontario, KanadaC. del Mar, Robina/AustralienJ. de Maeseneer, Gent/BelgienP. van Royen, Antwerpen/BelgienF. Sullivan, Dundee/Schottland, UKP. Tschudi, Basel/CHC. van Weel, Nijmegen/NLY. Yaphe, Porto/Portugal

Verlag / PublisherDeutscher Ärzte-Verlag GmbHDieselstr. 2, 50859 KölnPostfach 40 02 65, 50832 KölnTel.: +49 2234 7011–0, www.aerzteverlag.dewww.online-zfa.de

Geschäftsführung / Management of the CompanyJürgen Führer, Norbert Froitzheim

Koordination / CoordinationJürgen Bluhme-RasmussenTel.: +49 2234 7011–512Fax: +49 2234 7011–6512E-Mail: [email protected]

ProduktmanagementMarie-Luise BertramTel.: +49 2234 7011–389Fax: +49 2234 7011–6389E-Mail: [email protected]

Vertrieb und Abonnement / Distribution and SubscriptionTel. +49 2234 7011–467, E-Mail: [email protected]

Erscheinungsweise /FrequencyDie Zeitschrift erscheint 11 x jährlichJahresbezugspreis Inland: 114,00 €Ermäßigter Preis für Studenten jährlich: 84,00 €Jahresbezugspreis Ausland: 141,60 €Ermäßigter Preis für Studenten jährlich Ausland: 111,60 €Einzelheftpreis: 10,40 €Preise inkl. Porto und 7 % MwSt.Die Kündigungsfrist beträgt 6 Wochen zum Ende des Kalenderjahres. Gerichtsstand Köln. Für Mitglieder der DEGAM ist der Bezug im Mit-gliedsbeitrag enthalten.

Leiterin Anzeigenmanagement und verantwortlich für den Anzeigenteil / Advertising CoordinatorMarga Pinsdorf, Tel.: +49 2234 7011–243, E-Mail: [email protected]

Verlagsrepräsentanten / Publishers’ RepresentativesVerkaufsgebiete Nord/OstGötz KneiselerUhlandstraße 161, 10719 BerlinTelefon: +49 30 88682873Telefax: +49 30 88682874Mobil: +49 172 3103383E-Mail: [email protected] WestEric Le GallKönigsberger Str.11, 51469 Bergisch GladbachTelefon: +49 2202 9649510Telefax: +49 2202 9649509Mobil: +49 172 2575333E-Mail: [email protected] SüdPeter OcklenburgVordersexauerweg 1b, 79350 SexauTelefon: +49 7641 9359665Telefax: +49 7641 9359664Mobil: +49 178 8749013E-Mail: [email protected]

Herstellung / Production DepartmentDeutscher Ärzte-Verlag GmbH, Köln, Vitus Graf, Tel.: +49 2234 7011–270, E-Mail: [email protected], Alexander Krauth, Tel.: +49 2234 7011–278, E-Mail: [email protected]

Datenübermittlung Anzeigen / Data Transfer AdvertisementPetra Möller, Tel.: +49 2234 7011–268, E-Mail: [email protected]

Layout / LayoutSybille Rommerskirchen

Druckerei / PrinteryFarbo print+media GmbH, Köln

Konten / AccountDeutsche Apotheker- und Ärztebank, Köln, Kto. 010 1107410 (BLZ 370 606 15), Postbank Köln 192 50–506 (BLZ 370 100 50)

Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 4, gültig ab 1. 1. 2012

Druckauflage: 00 Ex.

Der Verlag ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft LA-MED Kommunikationsforschung im Gesundheitswesen e.V.

88. Jahrgang

ISSN 1433-6251

Urheber- und Verlagsrecht / Copyright and Right of PublicationDie Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen ein-zelnen Beiträge und Abbildungen sind urheber-rechtlich geschützt. Mit Annahme des Manu-skriptes gehen das Recht der Veröffentlichung sowie die Rechte zur Übersetzung, zur Vergabe von Nachdruckrechten, zur elektronischen Spei-cherung in Datenbanken, zur Herstellung von Sonderdrucken, Fotokopien und Mikrokopien an den Verlag über. Jede Verwertung außerhalb der durch das Urheberrechtsgesetz festgelegten Grenzen ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig.

© Copyright by Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, Köln

Z FAZeitschrift für Allgemeinmedizin

German Journal of Family Medicine

Oktober 2012 – Seite 385–432 – 88. Jahrgang www.online-zfa.de

432 IMPRESSUM / IMPRINT

83

Page 51: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10) ■

Mehr Informationen: aerzteverlag.de

Irrtümer

undPreisände

runge

nvo

rbeh

alten.Preisezzgl.Versandspe

sen

€4,50

.Deu

tsch

erÄrzte-VerlagGmbH

–Sitz

Köln

–HRB

106

Amtsge

richt

Köln.Gesch

äftsführung:

Jürgen

Führer,Norbe

rtFroitzheim

• Lehrbuch und DVDmit Video-Atlas• Ausgehend von fünf Hauptsymptomen wirddas echokardiographische differenzialdiagnos-tische Vorgehen beschrieben

Praktische Echokardioraphie stellt den Einsatz der Echokardiogra-phie in engem Bezug zur klinischen Symptomatik dar. Ausgehendvon den fünf Hauptsymptomen Thoraxschmerz,Dyspnoe, Synko-pe, Fieber und Schock wird das echokardiographische differen-zialdiagnostische Vorgehen beschrieben.

Neu in der 3. Auflage:

Echokardiographie-Leitlinien zur Dokumentation,Wertigkeitund zum Einsatz des Verfahrens in der kardiovaskulären Medizin;Transösophageale Echokardiographie (TEE) im perioperativenund intensivmedizinischen Kontext; Kardiale Raumforderungenund ihre Differenzialdiagnose; Übersichtliche Formelsammlungfür echokardiographische Berechnungen;DVD: 142 Videosequenzenmit vielen zusätzlichen Befunden.

Vom Symptom über die Echokardio-graphie zur Diagnose

B E S T E L L S C H E I NAusfüllen und an Ihre Buchhandlung oder denDeutschen Ärzte-Verlag senden.

Fax und fertig: 02234 7011-476oder per Post

Deutscher Ärzte-VerlagKundenservicePostfach 40024450832 Köln

Ja, hiermit bestelle ich mit 14-tägigem Rückgaberecht

__ Ex. Kunert, Praktische Echokardiographie€ 79,95ISBN 978-3-7691-1263-4

Name, Vorname

Fachgebiet

Straße, Ort

E-Mail (für evtl. Rückfragen) Telefon

✗ Datum ✗ Unterschrift

Weitere Informationen www.aerzteverlag.deVersandkostenfreie Lieferung innerhalbDeutschlands bei Online-BestellungE-Mail: [email protected]: 02234 7011-314

3. völlig überarb. und erw. Aufl. 2010, 475 Seiten,190 Abbildungen in 269 Einzeldarst., 84 Tabellen, DVD,ISBN 978-3-7691-1263-4broschiert € 79,95

Dr. med.Matthias KunertOberarzt der Abteilungfür Kardiologie desMarienhospitals Bottrop,Leiter der Echokardio-graphie-Kurse

Priv.-Doz. Dr.Ludger J. UlbrichtChefarzt derAbteilung fürKardiologie desMarienhospitalsBottrop

Page 52: ZFA 10 2012 - Online ZFA › fileadmin › user_upload › ... · DER BESONDERE ARTIKEL / SPECIAL ARTICLE „Heparin bis ein flüssiges Gangbild erreicht ist“? – Thromb - oembolieprophylaxe

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2012; 88 (10)Mehr Informationen: aerzteverlag.de

Irrtümer

undPreisände

runge

nvo

rbeh

alten.Preisezzgl.Versandspe

sen

€4,50

.Deu

tsch

erÄrzte-VerlagGmbH

–Sitz

Köln

–HRB

106

Amtsge

richt

Köln.Gesch

äftsführung:

Jürgen

Führer,Norbe

rtFroitzheim

• Organbezogene Darstellung von Grund-,Aufbau und Abschlusskurs

• Nach den Richtlinien von KBV, DEGUM,ÖGUMund SGUM

•Mit DVD: 63 Videos mit Erläuterung derUntersuchungstechnik

Mit der Neuauflage des Ultraschall-Kurs halten Sie Schritt mitden modernen Verfahren der Sonographie. Organ für Organ wirdIhnen in klaren, aufschlussreichen Bildern die grundlegendesonographische Anatomie kursübergreifend erläutert.Das Spektrum reicht von häufig, leicht zu erhebenden Befundenbis zu seltenen, schwerer erkennbaren Krankheitsbildern.

Sie erhalten Ultraschall-Bilder mit korrespondierendem Schemasowie B-Bild, Farb-Duplex, (Power-)Doppler, Echosignalverstärkerund insgesamt über 2.000 Abbildungen. Darüber hinaus eignetsich Ultraschall-Kurs auch als diagnostischer Leitfaden bzw.Nachschlagewerk für den versierten Sonographeur.

Neu in der 6. Auflage:

· Perinealer Ultraschall

Richtig schallen – sicher befundenUltraschall-Kurs

B E S T E L L S C H E I NAusfüllen und an Ihre Buchhandlung oder denDeutschen Ärzte-Verlag senden.

Fax und fertig: 02234 7011-476oder per Post

Deutscher Ärzte-VerlagKundenservicePostfach 40024450832 Köln

6. völlig überarbeitete und erweiterte Auflage 2012533 Seiten, über 2.000 Abbildungen, 29 Tabellen, DVD mit 63 VideosISBN 978-3-7691-0615-2broschiert € 79,95

Weitere Informationen www.aerzteverlag.deVersandkostenfreie Lieferung innerhalbDeutschlands bei Online-BestellungE-Mail: [email protected]: 02234 7011-314

Ja, hiermit bestelle ich mit 14-tägigem Rückgaberecht

__ Ex. Dietrich, Ultraschall-Kurs € 79,95ISBN 978-3-7691-0615-2

Name, Vorname

Fachgebiet

Straße, Ort

E-Mail (für evtl. Rückfragen) Telefon

✗ Datum ✗ Unterschrift

NEU!

Prof. Dr. med. Christoph F. DietrichChefarzt der Med. Klinik 2 des Caritas-Krankenhauses, Bad Mergentheim,Gastroenterologe, Proktologe, Hämato-Onkologe, Pneumologe, Geriater und Arztfür Palliativmedizin, DEGUM-Seminarleiter