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Wolf und Mensch – eine lange Geschichte
Impressum:
Konzept & Text: Christian Geske & Susanne Jokisch (HLNUG)
Layout: Bettina Kammer, Dipl.-Grafik-Designerin, Reiskirchen
Herausgeber: Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) Abteilung Naturschutz Europastraße 10 35394 Gießen www.hlnug.de
Flurbezeichnungen mit einem Bezug zu Wölfen
Es gibt in Hessen noch heute zahlreiche Orts- oder Flurbezeich nungen mit einem Bezug zu Wölfen. Die Namen erinnern an bezeugte oder vermutete Aufenthaltsorte der Tiere. Die große Bedeutung der Wölfe und das Ausmaß der oft eingebildeten Bedrohung für die Menschen spiegelt sich in der Häufigkeit der Namen, insbesondere in der Vielfalt der Kombinationstypen wider.
Bemerkenswert ist die Häufigkeit von Flurnamen, die einen Hinweis auf übliche Anlagen zum Fang von Wölfen geben. So gibt es hessenweit folgende entsprechende Flurbezeichnungen:
140 x Wolfskaute z. B. „Auf der Wolfskaute“ in Reinhardshagen-Veckerhagen
48 x Wolfsgarten z. B. „Hinter dem Wolfsgarten“ in Braunfels
36 x Wolfsloch z. B. „Im Wolfsloch“ in Grasellenbach
35 x Wolfshecke z. B. „Vor der Wolfshecke“ in Siegbach-Übernthal
28 x Wolfsgrube z. B. „Auf der Wolfsgrube“ in Babenhausen-HergershausenQuelle: Hessisches Flurnamenarchiv Gießen
Jahrhundertelang haben Menschen und Wölfe in Hessen zusammengelebt. Dies hat in Form von Gebäuden, Orts und Gemarkungsnamen aber auch in Familien und Stadtwappen Spuren hinterlassen.
Wolfsgrube – Wolfskaute – Wolfsloch
Alle drei Begriffe beziehen sich auf eine historische Methode zum Fang von Wölfen. Dabei wurden drei bis vier Meter tiefe, häufig mit Steinen ausgekleidete Fallgruben errichtet. In die Grube oder auf eine instabile Abdeckung wurde ein lebender Köder (z. B. ein Schaf, ein Ferkel oder eine Gans) gebracht. Die Fang-grube wurde mit Ästen, Reisig oder ähnlichem losen Natur-material locker überdeckt, so dass die Wölfe, beim Versuch den Köder zu erreichen, hineinstürzten und leicht zu erlegen waren. Alternativ wurden die Tiere mittels am Boden der Grube angebrachter angespitzter Pfähle direkt getötet.
Als Name für Gemarkungen und Straßen oder Orte (z. B. Ortsteil Wolfgruben – Gemeinde Dautphetal; Ortsteil Wolfskaute – Stadt Rauschenberg) sind die Begriffe bis heute in Hessen präsent.
Die Wolfsangel – eine historische Jagdmethode
Bei der so genannten „Wolfsangel“ handelt es sich um ein ungefähr zehn Zentimeter langes, geschmiedetes, zugespitztes Flacheisen mit Widerhaken an den Enden. Über Jahr hunderte wurden diese Widerhaken mit Ködern bestückt und an einem Baum so hoch aufgehängt, dass der Wolf danach springen musste, um zuschnappen zu können. Der Wolf blieb mit dem Maul hängen und verendete.
Wolfsangeln werden als heraldisches Symbol in Hessen bis heute in zahlreichen Stadtwappen (z. B. Oestrich-Winkel, Frankfurt-Bonames) verwendet.
Was ist ein Wolfsgarten?
Wolfsgärten sind seit dem 16. Jahr hundert in Deutschland bekannt und sind neben Treibjagden die aufwän digste Methode zum Fang von Wölfen. Zur Anlage eines Wolfsgartens wurde ein größerer Waldbereich mit einem Palisadenzaun abgeteilt. Durch die Anlage eines Luderplatzes wurden die Wölfe in die Umzäunung gelockt. Dabei wurde den Wölfen einige Tage freier Zugang gewährt, bis das gesamte Rudel das Luder (den Köder) annahm und in den Wolfsgarten gekommen war. Dann wur-den die Zugänge verschlossen und die Wölfe in Fallgruben und Netzen gefangen oder erschossen.
In Hessen erinnern das ehemalige Jagd schloss Wolfsgarten bei Langen oder beispielsweise die Straße Wolfsgarten bei Usingen an diese historische Jagdpraxis.
Wolf und Wolfsangel in Stadt- und Familienwappen
Naturalistische und stark stilisierte Wölfe werden landesweit in hessischen Städten und Gemeinden bzw. Ortsteilen bis heute im Wappen verwendet.
Seit Anfang des 14. Jahrhunderts führt auch das hessische Adels-geschlecht der Wolff von Gudenberg den Wolf im Wappen.
In einigen hessischen Wappen werden auch Wolfsangeln abgebildet. Ob das Zeichen für das Jagdgerät steht oder einen Mauerhaken (ein eisernes Bauteil, das feste Mauerteile verbindet) symbolisiert, ist nicht immer zu klären.
Im Wappen des Adelsgeschlechts von Breidenbach zu Breidenstein findet sich beides – und auf dem Helm ist ein sitzender, naturalistischer Wolf dargestellt.
Wolff Gudenberg
Breidenbach
Der Wolfsturm im Burgwald
Am Rande der Franzosen-wiesen im Burgwald steht bis heute der steinerne „Wolfsturm“, ehemals drei Meter hoch mit fünf Schieß-scharten. Ob er tatsächlich jemals der Wolfsjagd diente ist unklar.
Das Wappen von Wolfershausen (Stadt Felsberg, Schwalm-Eder-Kreis)
„Das Wappen ist geteilt von Silber über Blau und zeigt darin oben einen rot bewehrten, blauen laufenden Wolf, unten drei silberne Ringe (2:1). Die Ringe erinnern an die Herkunft der Ritter von Wolfshausen aus Rengshausen.“Quelle: Bergmann, W. (1961): Wolfershausen 1061 – 1961.– Verlag A. Bernecker, 196 Seiten, Melsungen.
Die letzten freilebenden Wölfe im Großherzogtum Nassau, in Kurhessen und im Großherzogtum Hessen
Taunus, bei Usingen-EschbachDen letzten Wolf des Taunus erlegten Jäger im Winter 1840/1841 bei Usingen-Eschbach.Quelle: Poschwitz 2013
1841
1817
Eiterfeld, Landkreis Fulda„Im Jahre 1817 wurde der letzte Wolf in Kurhessen getödtet. Nachdem derselbe seit einem jahr der Schrecken der Hirten gewesen, stellte endlich am 23. Juni der Förster Lamm im leibholzer Forst, bei Eiterfeld, ein Treibjagen an und eine Kugel des Jägers Lamm steckte dem Thiere sein Ziel.“ Quelle: Georg Landau (1849): Die Geschichte der Jagd und der Falknerei in beiden Hessen, 340 Seiten, Verlag Theodor Fischer Kassel: Seite 221.
1841
Viernheimer Heide „Im Großherzogthum Hessen fiel hingegen der letzte Wolf erst 1841. Er hatte sich im Frühjahr 1840 zuerst gezeigt. Da er stets schmale Schneisen und Wege überflog, so war es schwer ihn einzukreisen und man mußte deshalb den ersten Schnee abwarten. Sobald dieser gefallen war, wurde er am 6. Januar 1841 auf der virnheimer Haide eingekreist und, nachdem er bereits einen Schrotschuß erhalten, noch denselben Abend in einer Eichenhege, der Brunstacker genannt, festgemacht. Am nächsten Morgen wurde er dann von Jägern und Jagdliebhabern umstellt, aus der Hege, wo er die Nacht zugebracht, herausgetrieben, und von dem Jäger des Oberstallmeisters v. Granci mit einer Büchsenkugel auf den Kopf geschossen.“ Quelle: Georg Landau (1849): Die Geschichte der Jagd und der Falknerei in beiden Hessen, 340 Seiten, Verlag Theodor Fischer, Kassel: Seite 221 – 222.
1841
Westerwald (Herschbach, Westerwaldkreis) „Wolfsjagd im Westerwald. Am 9. Januar 1841 (…) Der Wolf stürzte im Feuer zusammen. Dann machte er sich auf und wankte krank durch das Gehölze; allein mittlerweile hatte sich ihm Herr Bah bis auf sechzig Gänge genähert und hier Schoß er ihm noch eine Ladung Schrot aufs Blatt, wodurch er augenblicklich verendete. Im Triumph und unter dem Zusammenströmen der ganzen Gemeinde wurde das tote Tier nach Herschbach getragen. Der Wolf war männlichen Geschlechtes und dem Anschein nach schon sehr alt; er hatte von der Schnauze bis zur Spitze der Rute eine Länge von 8 Fuß 4 Zoll, also 2 Meter und wog 102 Pfund.“Quelle: Wolfsjagd auf dem Westerwald. – Nassovia 1912: 290 – 291.
Neben den aufwändigen festen Wolfs gärten wurden häufig auch einfache Fangnetze oder Gatter zur systematischen Jagd auf Wölfe verwendet. Großes Bild oben. Quelle: Gaston Phoebus (ca.1405 – 1410): Le Livre de la Chasse, Handschrift mit Miniaturen, Paris, Blatt 107.
Foto links: Jagdschloss Wolfsgarten bei Langen: Fritz Geller-Grimm supported by Rüdiger Wandke [CC BY-SA 3.0 (httpcreativecommons.orglicensesby-sa3.0)], via Wikimedia CommonsKleines Bild Mitte: Wolfsjagd mit Netzen (Federzeichnung von Jost Amman 1583). Quelle: Lindner, K. (1957): Das Jagdbuch des Petrus de Crescentiis, Berlin, Tafel 80Kleines Bild rechts: Wolfsjagd mit Netzen und Knüppeln. Quelle: Jacob von Fouilloux (1590): Kapitel Wolffsjagt, Seite 1. – In: New Jägerbuch, Straßburg 1590. Unveränderter fotomechanischer Neudruck der Originalausgabe, Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik nach Exemplaren der Universitätsbibliothek Jena, Leipzig 1979.
Wölfe schnappen nach dem Köder an einer Schlagangel, bzw. hängen an einer ausgelösten Schlagangel. Quelle: Dictionnaire de toute espèce de casses, Paris 1811, nach: http://www.wolfsgarten.info/
Diese vierarmige Wolfsangel wurde an unteren Baumästen befestigt und schnellte automatisch auseinander. Sobald das Tier nach dem Köder schnappte, spreizten sich die vier stachelbewehrten Arme nach außen und der Wolf blieb mit weit aufgerissenem Maul daran hängen.Quelle: Historischer Stich einer viergliedrigen niedersächsischen Wolfsangel nach Friedrich Ernst Jester, Königsberg 1817.
Wolfsgrube in einer Zeichnung des 16. Jahrhunderts. Durch einen Köder angelockt, tritt der Wolf auf einen drehbaren Deckel und fällt in die darunter liegende Grube. Quelle: Jacob von Fouilloux (1590): Kapitel Wolffsjagt, Seite 18. – In: New Jägerbuch, Straßburg 1590. Unveränderter fotomechanischer Neudruck der Originalausgabe, Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik nach Exemplaren der Universitätsbibliothek Jena, Leipzig 1979.
Quelle: Petrus de Crescentiis (1548): De omnibus agriculturae partibus, & de Plantarum animaliumque natura & utilitate lib. XII. non minus Philosophiae & medicinae, quàm oeconomiae, agricolationis, pastionumque studiosis utiles, Seite 352, Basel.
Quelle: Jean de Clamorgan (1574): La chasse du loup, necessaire a la maison rustique, Libraire Jaques du Puys, Paris, S.21.
Flugblatt zum Wolf von Ansbach, der um 1685 im ostfränkischen Ansbach Kinder verschleppt hat. Das Tier wurde in einem mit Reisig überdeckten Brunnen gefangen und anschließend als Mensch verkleidet gehenkt. Quelle: Wolfgang Schild (1997): Die Geschichte der Gerichtsbarkeit. Vom Gottesurteil bis zum Beginn der modernen Rechtsprechung, Hamburg: Nikol Verlagsgesellschaft, S. 67.
1840
Hirschhausen, Weilburg, Brandoberndorf „Im ganzen Land, insbesondere in Weilburg, Hirschhausen und Brandoberndorf spricht man deshalb noch vom alten Förster Karl Benedikt Ringelstein, der die Gegend von dem letzten Wolfe befreite. (…) Geschickt hatte sich der letzte Wolf seines Jagdgebietes, der Schrecken der Bevölkerung, seiner sonst nie fehlenden Kugel zu entziehen verstanden. Die Leute wagten nicht ihre Kinder allein über Land zu schicken. Lange war ihm Ringelstein auf der Fährte. Um das Jahr 1840 fiel er unter seiner Kugel. (…) In den Dörfern sangen die Kinder auf den Straßen „Der Wolf ist tot, der Wolf ist tot“. Der Wolf wurde ausgestopft und ist heute noch eine Sehenswürdigkeit im Wiesbadener Museum.“ Quelle: Ludwig Schneider (1935): Der letzte Wolf im Nassauer Land. – Volk und Scholle 13: 117 – 118.
„Nassauer Wolf“Quelle: Archiv der Gemeinde Waldsolms (Repro: Helmut Serowy)
Wolfsthal
Wolfterode
Wolfersdorf
Eschwege
Wolferode
Bad Hersfeld
Wolfers
Wenigen WolfertsWolferswinden
Gersfeld
Fulda Wolferts
LangenSchloss Wolfsgarten
KelsterbachDie Wolfenburg
Gernsheim
Frankfurt am Main
Wolfhagen
Hofgeismar
Wolferdessen
WolfsangerKassel
Wolfshausen
Forsthaus Wolfskopf
Melsungen
Welferode
Wolfershausen
Wolfshausen
Wolferode
Wolfskaute
Marburg
Wolfgruben
BiedenkopfBreidenstein
Korbach
Frankenberg
WolfeldishainWolfoldishaynWolfershain
Groß-Felda
Wolfenmühle
Alsfeld
Gießen
WolfshausGroßen-Buseck
Wetzlar
Wolfsmühle
Herborn
Dillenburg
WolfenhausenLimburg Wölfersheim
Wolfartshausen
Wolfslauf
WolframsburgGedern
FriedbergWolferborn
WolfBüdingen
Schlüchtern
WolfgangHanau
Gelnhausen
Wolfsmühle
Usingen
Dieburg
Darmstadt
Wolfermühle
Erbach
Wolferhof
Wolfsgarten
Fürth
IdsteinWolfsbach
Rüsselsheim
Herschbach
Wiesbaden
Wölfterode
Wolfskehlen
Gudensberg
Weilbach
RosenthalWolfsturm
Eiterfeld
Viernheim
Wächtersbach
BornheimSeckbach
Oestrich-Winkel
1841
1841
1817
1841
1840Weilburg
Schloss Wolfsbrunnen
In der Gemarkung Edertal-Gellershausen im Kellerwald (Landkreis Waldeck-Frankenberg) sind die Reste einer Wolfsgrube erhalten geblieben. Die heute oben im Durchmesser 5 m große und etwa 1,80 m tiefe trichterförmige runde Grube wurde bereits 1749 in einer Grenzbeschreibung und -karte als Wolfskaule bezeichnet. Quelle: Klaus Sippel & Ulrich Stiehl (2005): Archäologie im Wald – Erkennen und Schützen von Bodendenkmälern. – Landesbetrieb HESSEN- (Hrsg.): 68 Seiten.
© Lothar Feisel (AG Rettet den Burgwald)
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© Stefan Ernst /naturfoto-online
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie