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WuV-Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 14.07.2014 PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.)

WuV -Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 14.07.2014

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WuV -Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 14.07.2014. PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur . ( Oxon .). Erinnerung (§ 766) - PowerPoint PPT Presentation

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WuV-Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 14.07.2014

PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.)

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Erinnerung (§ 766)• Statthaft gegen Maßnahmen des Gerichtsvollziehers

(§ 766 Abs. 1) und Maßnahmen des Vollstreckungsge-richts, soweit noch kein rechtliches Gehör gewährt worden ist (dann sofortige Beschwerde nach § 793).

• Zuständig ist das Vollstreckungsgericht (§§ 766 Abs. 1, 764 Abs. 2, 802)

• Rechtsschutzbedürfnis vom unmittelbaren Bevorstehen der konkreten Vollstreckungsmaßnahme bis zu ihrem Ende (keine Fortsetzungsfeststellungserinnerung).

• Begründet, wenn– Die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vorgelegen haben,

oder– Die Vorschriften über das Vollstreckungsverfahren nicht

beachtet worden sind.

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T hat ihren Vater V bis zuletzt gepflegt. Nun ist V gestorben und T kauft einen schönen Grabstein bei G zum Preis von 1100,- €. Da T soviel Geld nicht flüssig hat, behält sich G das Eigentum vor. Er montiert den Grabstein auf der von T für 15 Jahre gepachte-ten Parzelle des Friedhofs mit Dübeln auf einem Betonfunda-ment. Als T die Rechnung nicht bezahlt, erwirkt G einen Voll-streckungsbescheid, lässt ihn der T zustellen und beauftragt einen Gerichtsvollzieher. Er gibt an, dass T noch einen Pkw und wertvolle Bücher in ihrer Ehewohnung besitze. Außerdem solle der Gerichtsvollzieher seinen Grabstein pfänden und verwerten. Der Gerichtsvollzieher weigert sich: Der Ehemann der T sei Han-delsvertreter und auf die Nutzung des Pkw angewiesen, die Pfändung des Grabsteins sei unsittlich und bei den Büchern könne er die der T nicht von denen ihres Mannes unterscheiden. G ist empört und will gerichtlich gegen den Gerichtsvollzieher vorgehen. Wie sind die Erfolgsaussichten? (JA 2011, 749 ff.)

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Vollstreckungsgegenklage (§ 767)• Ziel: Die Vollstreckung aus dem Titel ganz oder

teilweise für unzulässig zu erklären.• Kann nur auf materielle Einwendungen gegen den

titulierten Anspruch (§ 767 Abs. 1) und auf die Einwendungen des Erben nach §§ 781 – 784 gestützt werden (§ 785).

Zulässigkeit:• Statthaft gegen jeden vollstreckungsfähigen Titel• Der Titelschuldner ist klagebefugt.• Rechtsschutzinteresse, sobald

Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen.• Prozessgericht des ersten Rechtszugs zuständig

(§§ 767 Abs. 1, 802)

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Begründetheit:• Einwendung nach §§ 767 Abs. 2 bzw. 796 Abs. 2

präkludiert?• § 767 Abs. 2 soll die Rechtskraft des Titels schützen;

daher nur bei rechtskraftfähigen Titeln anwendbar.• Maßgeblicher Zeitpunkt ist grds. Schluss der

mündlichen Verhandlung.Fall:K kauft am 1.1.2014 einen Pkw für 25.000 € bei V. Als S nicht zahlt, erwirkt V einen Vollstreckungs-bescheid. Nun rechnet K mit einer Forderung gegen V auf, die er bereits im Dezember 2013 erworben hatte. Wäre eine Vollstreckungsabwehrklage des K erfolgreich?

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• Bei Gestaltungsrechten ist umstritten, auf welchen Zeitpunkt es bei der Präklusion ankommt:– Entstehen des Rechts (BGH), oder– Ausübung des Rechts (Teile der Literatur).

• Nach BGH sollen die materiell-rechtlichen Folgen des ausgeübten Gestaltungsrechts in einem Folgeprozess grds. geltend gemacht werden können.

• Ausnahme: Die Aufrechnung soll bei einer Präklusion nach § 767 Abs. 2 auch materiell-rechtlich ohne Rechtsfolgen sein (§ 389 BGB gilt dann nicht).

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Fall (BGH NJW 2013, 3243; dazu JuS 2014, 364):Die beklagte Bank gewährte dem früheren Geschäftsführer G der Klägerin Darlehen. Zur Sicherung bestellte G in notariellen Urkun-den Grundschulden an verschiedenen Grundstücken und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Seit 2000 betreibt die Beklagte aus diesen Urkunden die Zwangsvoll-streckung. Die Vollstreckungsgegenklage des G wies das LG Köln mit Urteil v. 6.11.2001 ab. Im Juni 2002 wurde eine Zwangssicherungs-hypothek an einem Villengrundstück des G in Kiel eingetragen. Mit Vertrag v. 30.4.2002 verkaufte G das Vollengrundstück an die Klä-gerin, die am 12.9.2002 als Eigentümerin in das Grundbuch einge-tragen wurde. Wegen der Zwangssicherungshypothek betrieb die Beklagte seit Juli 2002 die Zwangsversteigerung des Villengrund-stücks. Der Termin zur Zwangsversteigerung wurde auf den 18.1.2005 anberaumt. Am 12.1.2005 zahlte die Klägerin an die Be-klagte einen Betrag von 499.361,70 € (entsprechend der Valuta nebst Zinsen). Die Beklagte verrechnete die Zahlungen mit der per-sönlichen Schuld des G. Nun verlangt die Klägerin von der Beklagten Rückzahlung von 300.000,- € mit der Begründung, bei den von ihr geleisteten Zahlungen habe es sich teilweise um Zahlungen auf ver-jährte Zinsansprüche und teilweise auf durch Erfüllung erloschene Ansprüche der Beklagten gehandelt. Zurecht?

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Drittwiderspruchsklage (§ 771):• Bei der Pfändung prüft der GV grundsätzlich nur den

Gewahrsam des Schuldners.• Eigentumsverhältnisse werden nur beachtet, wenn

sie evident sind.• Wenn ein Dritter an dem gepfändeten Gegen-stand

Berechtigter sich gegen die Pfändung wenden will, muss er Klage nach § 771 erheben.

• § 771 ist eine prozessuale Gestaltungsklage; bei Erfolg wird die vollstreckungsrechtlich zulässige Vollstreckung für unzulässig erklärt.

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Abgrenzung:Zur Vollstreckungserinnerung (§ 766)• Klage statt Erinnerung• materiell-rechtlich Einwände statt formaler RügenZur Klage auf vorzugsweise Befriedigung (§ 805):• Zwangsvollstreckung wird bei Erfolg für unzulässig

erklärt und nicht fortgesetzt• § 805 kann auch auf Pfand- und Vorzugsrechte

gestützt werden, die bei § 771 nicht genügenZu materiell-rechtlichen Klagen:• §§ 771, 805 schließen in ihrem Anwendungsbe-reich

bis zur vollständigen Beendigung der Zwangs-vollstreckung in eine Sache oder ein Recht materiell-rechtliche Klagen als Spezialvorschriften aus.

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Zulässigkeit• Statthaft, wenn ein Dritter behauptet, ihm stehe

an dem Gegenstand der Vollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zu.

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Ein die Veräußerung hinderndes Recht• Nach h.M. gibt es eigentlich kein solches Recht, weil

sogar das Eigentum durch gutgläubigen Erwerb unter-gehen kann. Allerdings kann der Nichtberechtigte fremdes Eigentum nicht veräußern iSv übertragen.

Definition nach hM: Ein Recht iSd § 771 besteht,„wenn der Schuldner selbst, veräußerte er den Voll-streckungsgegenstand, widerrechtlich in den Rechtskreis des Dritten eingreifen würde und deshalb der Dritte den Schuldner hindern könnte, zu veräußern“Beispiele:• Eigentum• Vorbehaltseigentum• Anwartschaftsrecht (nur Verwertung, nicht Pfändung)• Sicherungseigentum (hM, MM: § 805)• Besitzpfandrecht (Umkehrschluss aus § 805)

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Zulässigkeit• Statthaft, wenn ein Dritter behauptet, ihm stehe an

dem Gegenstand der Vollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zu.

• Zuständigkeit:– Örtlich: § 771 Abs. 1 das Gericht, in dessen Bezirk die

Zwangsvollstreckung stattfindet (ausschließlich § 802)– Sachlich: § 23, 71 GVG

• Rechtsschutzbedürfnis:– Grds. gegeben in der Zeit zwischen Vollstreckungsakt und

vollständiger Beendigung der Zwangsvollstreckung;– Besteht auch bei nichtigem Vollstreckungsakt wegen

dem Schein einer wirksamen Pfändung;– Entfällt, wenn mittels Erinnerung sichere Möglichkeit der

Abwehr der Vollstreckungsmaßnahme besteht.

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BegründetheitDie Klage ist begründet, wenn dem Kläger ein die Veräußerung hinderndes Recht zusteht, dessen Geltendmachung nicht durch Einwendungen des Beklagten ausgeschlossen ist.• Aktivlegitimiert ist ein Dritter (nicht Gläubiger oder

Schuldner); passivlegitimiert ist der Vollstreckungsgläubiger.• Anspruchsgrundlage ist § 771• Der Kläger muss ein die Veräußerung hinderndes

Recht haben.• In Klausuren wird hier regelmäßig der Schwerpunkt

liegen: Es ist eine sorgfältige Prüfung des materiellen Rechts erforderlich!

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Mögliche Einwendungen des Beklagten• Kann Darlegungen des Klägers bestreiten.• Einwendung der Nichtigkeit

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Fall:G hat einen Titel gegen E erwirkt. E, der eine mögliche Zwangsvollstreckung fürchtet, übereignet deshalb schnell seine wertvollsten Sachen an seinen Freund F. Als G das Auto bei E pfänden lässt, erhebt F Klage nach § 771, weil ihm das Auto gehöre. G meint, die Übereignung sei ein Scheingeschäft gewesen und daher nach § 117 I BGB nichtig. Wer hat Recht?• Keine Nichtigkeit, wenn die Parteien ihr Ziel gerade

nur durch die Wirksamkeit der Übereignung erreichen konnten.

• Möglicherweise ist die Übereignung aber anfechtbar; dann hat der Gläubiger die Einrede nach § 9 AnfG.

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Mögliche Einwendungen des Beklagten• Kann Darlegungen des Klägers bestreiten.• Einwendung der Nichtigkeit• Einwendung der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB); bei

Verträgen zur Benachteiligung von Gläubigern hat das AnfG Vorrang.

• Einrede des § 9 AnfG• Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB),

insb. wenn der Kläger selbst haftet:– Als persönlich haftender Gesellschafter

(§ 128, 161 HGB)– Als Bürge (§ 765 I BGB)– Als Mitgesamtschuldner

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F, die mit ihrem Ehemann M im gesetzlichen Güterstand in Kiel lebt, bestellt im Juli 2013 bei V einen neuen Fernseher zum Preis von 4000,- €. Nach der Lieferung zeigen sich einige kleinere Mängel, so dass F die Zahlung verweigert. V erhebt deshalb Klage vor dem AG Kiel. In der Güteverhandlung schließen F und V einen Vergleich. F verpflichtet sich darin, 2000,- € an V zu zahlen und V verzichtet auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche.Da F aber weiter nicht zahlt, beauftragt V mit der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs den Gerichtsvollzieher G mit der Zwangsvollstreckung. G erscheint am nächsten Tag um 7:00 Uhr bei F und M zuhause und übergibt F die Ausfertigung des Vergleichs. F lässt ihn ins Haus. M beschwert sich aber, und sagt, dass er G nicht im Haus haben wolle und dass es viel zu früh sei. G ist unbeeindruckt und pfändet ein Bild (600,- €), das im Wohnzimmer hängt. Außerdem pfändet er den Wagen, der draußen steht. M ist wütend. Das Bild sei ein Geschenk von F an ihn gewesen, wofür es Zeugen gebe. Der Pkw gehöre zwar F, aber er sei dringend für seine Arbeit darauf angewiesen.Wie kann sich M gegen die Pfändungen wehren?

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Abwandlung 1: Angenommen, das Bild gehörte nicht M, sondern V hatte es der F unter Eigentumsvorbehalt für 600,- € veräußert, wovon F bereits 300,- € abbezahlt hatte. Wie kann V auf das Bild zugreifen?Abwandlung 2: F will sich nun auch gegen die Zwangs-vollstreckung wehren. Ihr fällt ein, dass sie noch eine offene Forderung gegen V in Höhe von 2000,- € hat. Sie ruft bei V an und erklärt die Aufrechnung. Nun will sie gerichtlich die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung feststellen lassen. Zurecht?(Assmann, Fälle zum Zivilprozessrecht, S. 183 ff.)

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Literaturhinweise:• Becker, Die Vollstreckungserinnerung, § 766

ZPO, JuS 2011, 37 – 40• Fischer, Aktuelles Zivilprozessrecht, JuS 2013,

513 -516• Hein, Die Zwangsvollstreckung zur Herausgabe

von Sachen, JuS 2012, 902 - 905• Lieder, JenTranslation, Jura 2010, 926 – 931

(Examensübungsklausur zu § 767 ZPO)• Roos/Taube, Zwangsvollstreckung aus einem zu

Unrecht ergangenen Titel, Jura 2012, 730 – 736 (Examensklausur)