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XC-Sportlertag 2018 Biwak extrem im Karakorum. Siegerehrungen und erstklassige Vorträge TEXT BENEDIKT LIEBERMEISTER | FOTOS EWA KORNELUK „Und so endet der Mythos vom wilden Mann im Unwetter“, stellt ein fröhlich dreinblickender Bergsteiger im gelben Zelt fest. Antoine Girard, der als erster Mensch einen Achtausender nur mit- hilfe von Thermik überflog, hängt seit 19 Stunden im Dreckswetter kurz vorm Nanga Parbat fest. Eine der Schlüssel- szenen aus seinem Film „En vol vers les 8000“. Der mehrfach preisgekrönte Film war Topact des DHV-Sportlertags. Das Besondere dabei: Antoine Girard (www.antoinegirard.fr )war persönlich anwesend. Die Szene im Zelt zeigt die außerge- wöhnliche mentale Stärke des Extrem- sportlers. Auch in widrigsten Bedingun- gen bewahrt er seinen Humor und blickt nach vorn. Als der Himmel kurz aufklart, macht er sich auf die Suche nach einem Gletscherbach zum Du- schen und Haarewaschen. Denn frisch gewaschen schaut die Welt gleich an- ders aus. Einen Monat war er völlig al- lein im Karakorum unterwegs, hat Tä- ler gemieden, da sie als extrem unsicher gelten. Dabei 1.200 Kilometer Flugstrecke im Biwakstil zurückgelegt und den Höhenrekord (8.157 m) mit Überflug des Broad Peak Gipfels errun- gen. Sein Motor ist seine unendliche Liebe zu den Bergen. Hoch überm Bal- Antoine Girard beim Interview mit Alpinistin Raphaela Haug 76 DHV-info 215 www.dhv.de Antoine Girard über dem Broad Peak (8.157 m) ANTOINE GIRARD

XC-Sportlertag 2018 - DHV...Vorbuild is der Gschwendtner Sepp. So oid und imma no so guad und so a Freid am Fli-agn.“ Dritter in der Meisterschaft ist Schwarz-wald-Crack Samuel Blocher,

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XC-Sportlertag 2018Biwak extrem im Karakorum. Siegerehrungen und erstklassige Vorträge

TEXT BENEDIKT LIEBERMEISTER | FOTOS EWA KORNELUK

„Und so endet der Mythos vom wildenMann im Unwetter“, stellt ein fröhlichdreinblickender Bergsteiger im gelbenZelt fest. Antoine Girard, der als ersterMensch einen Achtausender nur mit-hilfe von Thermik überflog, hängt seit19 Stunden im Dreckswetter kurz vormNanga Parbat fest. Eine der Schlüssel-szenen aus seinem Film „En vol versles 8000“. Der mehrfach preisgekrönteFilm war Topact des DHV-Sportlertags.Das Besondere dabei: Antoine Girard(www.antoinegirard.fr )war persönlichanwesend. Die Szene im Zelt zeigt die außerge-

wöhnliche mentale Stärke des Extrem-

sportlers. Auch in widrigsten Bedingun-gen bewahrt er seinen Humor undblickt nach vorn. Als der Himmel kurzaufklart, macht er sich auf die Suchenach einem Gletscherbach zum Du-schen und Haarewaschen. Denn frischgewaschen schaut die Welt gleich an-ders aus. Einen Monat war er völlig al-lein im Karakorum unterwegs, hat Tä-ler gemieden, da sie als extremunsicher gelten. Dabei 1.200 KilometerFlugstrecke im Biwakstil zurückgelegtund den Höhenrekord (8.157 m) mitÜberflug des Broad Peak Gipfels errun-gen. Sein Motor ist seine unendlicheLiebe zu den Bergen. Hoch überm Bal-

� Antoine Girard beim Interview mit Alpinistin RaphaelaHaug

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toro-Gletscher im Angesicht der Trango-Towers spricht er in die Kamera: „Hier willich stundenlang im Kreis fliegen.“ KurzePause. „Und das mach ich auch!“ Er genießtjeden Augenblick in einer Umgebung, dieuns vor ehrfürchtigem Respekt Schauer überden Rücken jagt. Die Kamera ersetzte ihmden Freund, mit ihr hielt er Zwiesprache,sie half ihm, nicht verrückt zu werden. He-rausgekommen ist ein ganz großer Film, derals Leistung eines einzelnen nicht hoch ge-nug bewertet werden kann. Raphaela Haug, selbst leidenschaftliche

Alpinistin, hatte für den sympathischenFranzosen einige Fragen vorbereitet. AntoineGirard hatte Cho Oyu, Gasherbrum 1 und 2bestiegen. Am Broad Peak war er mehrmalsgescheitert. Diesen Flug empfand er als eineArt Wiedergutmachung, ein magischer Au-genblick. „Ich sah die Wolken über demBroad Peak. Auf denen stand mein Name ge-schrieben“. Er möchte so viele Gipfel bestei-gen, dazu würde er zwei Menschenleben be-nötigen. Deshalb hat er mit dem Gleit-schirmfliegen angefangen. Jetzt scheint esihm möglich.Mit lang anhaltendendem Applaus feier-

ten ihn die Sportler und holten sich anschlie-ßend eine von ihm handsignierte DVD ab.

Auch Volker Schwaniz und Stefan Unge-mach boten im Anschluss erstklassige Vor-träge. Ralph Schlöffel hatte diesmal eine CoModeratorin zur Seite, Teamchefin ReginaGlas ehrte die Drachen-Meister. Sehr gut vor-bereitet hatten sie zu jedem Sportler einekleine Geschichte parat und bereiteten au-ßergewöhnliche Flüge detailliert auf.

The winner is….Der Höhepunkt des Sportlertages: Die Eh-rung der Deutschen Meister 2018 im Stre-ckenfliegen, der Pilotinnen und Piloten, dieein Jahr unermüdlich um den Sieg gekämpfthaben. Der DHV-Vorsitzende Charlie Jöst undSportvorstand Klaus Tretter gratulierten, dieSportler zollten gebührend Beifall. Ein paarZahlen zu den beeindruckenden Leistungen:4.505 Piloten reichten 121.414 Flüge ein; da-von 2.483 über 100 km und 317 über 200 km.15 Piloten flogen über 300 Kilometer (7 Gleit-schirm und 8 Drachen), über 400 km reich-ten 3 Flüge (2 Gleitschirm, 1 Drachen). Flügeaußerhalb Europas gehen nicht in die Wer-tung zur Deutschen Meisterschaft ein.Johannes Baumgarten heißt der Shooting-

star, der mit Punkterekord und dem punkt-

besten FAI mit 284 km von der Grente dieGesamt- sowie die Juniorwertung bei denGleitschirmen gewann. Dahinter Uli Straßer,schon mehrmals auf dem Treppchen, undMarkus Anders. Eigentlich ein Unbekannter,wenn Markus nicht neben Manuel Nübel2019 an den Red Bull Xalps 2019 teilnehmenwürde. Die Standardklasse lag in der Handder alten Haudegen. Erster Oliver Teubert,Zweiter ausnahmsweise Dietmar Siglbauer,der fünf Mal erster war, und dritter HansWalcher. Werner Schütz ist Deutscher Meis-ter in der Sportklasse, auch er seit Jahrenvorn dabei, ebenso der zweite Marcel Dürr.Marcel flog seine punktstärksten FAIs vomBrauneck, sicher nicht der leichteste Aus-gangspunkt für wirklich weite Strecken.Neu im Team Kilian Hallweger, derDritte, von ihm wird in Zukunft nochzu hören sein. Seriensiegerin Brigitte Kurbel holte sicherneut den Deutschen Meistertitel,Zweite wurde Ramona Eckert, Dritte Eli-sabeth Seibt, die sich in Hike & Fly Wett-bewerben einen Namen machte. Wieletztes Jahr errang Stefan Lauth die Deut-sche Tandemmeisterschaft, vor HarmutAnding und Sebastian Huber. Basti hatjetzt nicht mehr die Freundin dabei,denn die fliegt jetzt selbst. Mit dem weitestenFlug in Deutschland von 375 km von AltesLager sicherte sich Andreas Lieder die Deut-sche Flachlandmeisterschaft und den zwei-ten im Deutschlandpokal. Auf Platz zwei Alt-meister Erwin Auer, der wiederum denDeutschlandpokal gewann. Punkte sindnicht mehr das Wichtigste für Erwin: „ MeiVorbuild is der Gschwendtner Sepp. So oidund imma no so guad und so a Freid am Fli-agn.“ Dritter in der Meisterschaft ist Schwarz-wald-Crack Samuel Blocher, Dritter im PokalMarkus Seidl. Bester Verein sind die Hoch-ries/Samerberger, die erste Bundeliga gingan den Bayerwald, die zweite an die Augs-burger. Zum dritten Mal in Folge flog DannyOberender aufs Fun Cup Podest, ZweiterWerner Röhrmann vor Vincent Grampp. Ar-tem Kalinin ist der beste Newcomer.

Wenn Norddeutschland plötzlich inBrasilien liegt...DHV-Wetterexperte Volker Schwaniz analy-sierte den Rekordsommer 2018. Verantwort-lich: das Omega-Hoch. „Bei solchen Omega-Lagen bildet die Höhenströmung die Formdes griechischen Buchstaben Omega aus, mitdem Hochdruckkern weit in Nordeuropa

und an den südlichen Flanken jeweils einaus der Frontalzone abtropfendes Tiefdruck-gebiet“. Das führte im Norden im Hochsom-mer zur einer extrem ausgeprägten Dürre,der Süden hatte eher mit labiler Luft zukämpfen. 2018 war das Fliegen im Flachlandvon ungewohnt starker Thermik und Böig-keit geprägt. In Verbindung mit Dustdevilskam es zu zwei tragischen Unfällen. In Zu-kunft muss sich der Pilot auch im Flachlandbei ähnlichem Wetterverlauf mit deutlichanspruchsvolleren Flugbedingungen ausei-nandersetzen. Zur Vorbereitung ist dieKenntnis der Schichtung (Gradient und Hö-henwind), um die Böigkeit abzuschätzen,

dringend notwendig. War der Sommerschon ein Anzeichen des Klimawandels? „Kli-maaussagen brauchen mindestens 30 Jahrelange Zeitreihen, am besten sogar länger“,stellte Volker klar. Eine recht plausible Theo-rie sage jedoch, dass sich durch das ab-schmelzende Polareis die Temperaturgegen-sätze verringern und damit die Stärke desJetstreams abnimmt. Damit würde die Ten-denz zu langsam ziehenden Großwetterla-gen mit Extremwettern (anhaltend nass odertrocken) gesteigert.

Flexibel und StarrWachablösung bei den Drachen. RolandWöhrle räumte ab, entthronte SeriensiegerMarkus Ebenfeld, Platz 2, in der DeutschenMeisterschaft bei den Flexis, holte sich dieFlachlandmeisterschaft und gewann denDeutschlandpokal. Roland flog nur von sei-nem Hausberg, dem Kandel, 5 FAIs und einflaches Dreieck. Im Deutschlandpokal zeigteer deutlich das Potential der Drachen. 500Punkte mehr als die Gleitschirme ist beacht-lich. Helmut Denz wurde Dritter in der Deut-schen Meisterschaft und im Deutschlandpo-kal. Helmut war vor Jahren sehr erfolgreichim XC unterwegs, wechselte zu den Segel-

� Stefan Ungemach (li) und Volker Schwaniz hieltenspannende Vorträge.

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Auf den Siegertreppchen1 | Deutsche Meister XC-GS gesamt v. l. Uli Straßer (2), Johannes Baumgar-ten (1, bester GS-Junior)

2 | Deutsche Meister XC-GS Sportklassev. l. Marcel Dürr (2), Werner Schütz (1),Kilian Hallweger (3)

3 | Deutsche Meister XC-GS Standard v. l. Dietmar Siglbauer (2), Oliver Teubert(1), Hans Walcher (3)

4 | Deutsche Meister XC-HG Flexibel v. l. Markus Ebenfeld (2), Roland Wöhrle (1), Helmut Denz (3)

5 | Deutsche Meister XC-HG Starr v. l. Jochen Zeyher (2), Reinhard Pöppl (1)

6 | Deutsche Meister XC-GS Damen v. l. Ramona Eckert (2), Brigitte Kurbel (1), Elisabeth Seibt (3)

7 | Deutsche Meister XC-GS Tandem v. l. Stefan Lauth (1), Basti Huber (3)

8 | Deutsche Meister XC-GS Flachland v. l. Erwin Auer (2), Andreas Lieder (1)

9 | Deutsche Meister XC-HG Damen v. l. Aline Dobrosvsky (2), Corinna Schwiegershausen (1), Claudia Franken (3)

10 | Deutsche Meister XC-HG Flachland v. l. Reinhard Pöppl (2), Roland Wöhrle (1), Jochen Zeyher (3)

11 | Sieger Deutschlandpokal HG v. l. Reinhard Pöppl (2), Roland Wöhrle (1), Helmut Denz (3)

12 | Sieger Deutschlandpokal GS v. l. Andreas Lieder (2), Erwin Auer (1),Markus Seidl (3)

13 | Bester Junior HG - Markus Baisch

14 | Newcomer HG - Martin Baronner

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Auf den Siegertreppchen

1 | Sieger 2. Bundesliga HGWolkenkratzer

2 | Bester Verein HGDelta Club Bavaria Ruhpolding

3 | Bester Verein GSGleitschirmclub Hochries-Samerberg

4 | Sieger Funcup v. l. Werner Röhrmann (2), Danny Oberender (1), Vincent Grampp (3)

5 | Sieger Funcup HG v. l. Timo Andree (2), Winfried Oswald (1)

6 | Sieger 1. Bundesliga GS Drachen- und Gleitschirmclub Bayerwald

7 | Sieger 1. Bundesliga HGDrachen- und GleitschirmfliegerclubSüdschwarzwald

8 | Sieger 2. Bundesliga GSPara-Air Augsburg West

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fliegern und ist nun wieder zurück. ReinhardPöppl siegte bei den Starren und wurdegleichzeitig zweiter in der Flachlandmeis-terschaft und beim Deutschlandpokal. Jo-chen Zehyer wiederum ist zweiter bei denStarren und dritter in der Flachlandmeister-schaft. Roland Beutlhauser wurde dritter beiden Starren. Corinna Schwiegershausen istDeutsche Meisterin, Aline Dobrowski zweiteund Claudia Franken dritte. Turmlos flogTimo Andree am besten, dahinter StefanBaumgartner und Tom Becher. Die Ruhpol-dinger – wer sonst – haben die Vereinswer-tung gewonnen, die 1. Bundesliga die Süd-schwarzwälder und die 2. die Wolkenkratzer.Newcomer-Wertung ging an Martin Baron-ner, Junior-Wertung an Markus Baisch. Fun-Cup Sieger ist Winfried Oswald vor TimoAndree und Thomas Kuhlmann.

Muss ich ein Hacker sein, um meinVario zu verstehen?Die Lufträume werden enger, die Streckenimmer größer, da ist es von großem Vorteil,wenn der Pilot sich im Dschungel der Elek-tronik zurecht findet. Computer-Experte Ste-fan Ungemach brachte Licht ins Dunkel. SeinThema: Cloudbasics – Livetracking und ver-netztes Fliegen. Die große Frage zu Beginn"Wozu ist das gut?" ist schnell beantwortet:Unterhaltung, Sicherheit, Performance undnicht zuletzt Unfallvermeidung. Der Marktist mannigfaltig, punktgenau stellte StefanVor- und Nachteile der Plattformen, der Tech-nologie und der Geräte vor. Safety Trackingbeherrschen Spot, InReach/Garmin undA*Live. Lange war der Spot das Maß allerDinge, doch die Konkurrenz rüstete gewaltigauf und die Preispolitik driftet ins Unseriöse.Die Frage "Wo macht Fanet Sinn?" bedarf ei-ner deutlich differenzierteren Betrachtung.Das Ad-hoc Netzwerk basiert auf 868 MHz-Funk mit dessen Stärken und Schwächen.Ebenso die Kollisionswarnung FLARM.

Weitere Infos zu diesem und dem Vortragvon Volker Schwaniz werden in den nächs-ten DHV-Infos als Artikel veröffentlicht.

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Danke an alle!!Der nächste Sportlertag findet am 1.12.19 in Gunzenhausen statt. Danke an alle!!Der nächste Sportlertag findet am 1.12.19 in Gunzenhausen statt.