84
15. September 2010 Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim

Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

15. September 2010

Zentralinstitut fürSeelische GesundheitMannheim

Page 2: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

PD Dr. med. Andrea G. LudolphKlinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/PsychotherapieUniversitätsklinikum Ulm

Gilles de la Tourette Syndrom

Page 3: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Forschungsunterstützung von Novartis, Medice und Universität Ulm

Vortragshonoraria von Janssen Cilag und Medice

Reiseunterstützung von DFG, NIMH und American Society of Clinical Psychopharmacology

Klinische Studien mit Böhringer Ingelheim, Janssen-Cilag

Offenlegung möglicher Interessenskonflikte

Page 4: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

I. Historie und Epidemiologie

II. Definition und Symptomatik

III. Pathophysiologie

IV. Therapie

- Psychoedukation (Familie, Umfeld)

- psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe)

- Psychotherapie (Verhaltens- vs. supportiver Therapie)

- Tiefenhirnstimulation

- medikamentöse Therapie

GliederungGliederung

Page 5: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

I. Historie und Epidemiologie

II. Definition und Symptomatik

III. Pathophysiologie

IV. Therapie

- Psychoedukation (Familie, Umfeld)

- psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe)

- Psychotherapie (Verhaltens- vs. supportiver Therapie)

- Tiefenhirnstimulation

- medikamentöse Therapie

GliederungGliederung

Page 6: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Georges Albert Edouard Brutus Gilles de la Tourette 1857-1904

Behandlungszimmer von Dr. Gilles de la Tourettein der Rue l'Université 39 in Paris

Page 7: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Beschreibungen von Tic-Störungen finden sich bereits im Altertum.

So schilderte der griechische Gelehrte, Arzt und Hippokrates-Schüler Aretios von Kappadokien Betroffene, die unter Zuckungen, Grimassenschneiden, akut auftretenden Geräuschen wie Bellen, plötzlichen Flüchen und auch unvermittelten blasphemischen Äußerungen litten. Diese Verhaltensauffälligkeiten wurden dem „Einfluss der Götter“zugeschrieben (Klug 2003).

Tourette-ähnliche Verhaltensauffälligkeiten wurden auch für den römischen Imperator Claudius vom Geschichtsschreiber Svetoniusdokumentiert. Dieser berichtete von anhaltenden nervösen Zuckungen, Stammeln, unkontrolliertem Lachen. Diese Verhaltensauffälligkeiten nahmen unter Erregung zu.

Historischer Überblick

Page 8: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Wahrscheinlich aufgrund der Seltenheit, vielleicht auch aufgrund seiner Rätselhaftigkeit, findet sich eine ausführliche Beschreibung der Erkrankung erst im 19. Jh.

Der französische Neurologe Jaques Itardbeschrieb 1825 eine Patientin adeliger Herkunft, die Marquise de Dampierre, die sowohl unter vokalen als auch motorischen Tics litt.

Historischer Überblick

Page 9: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

„Frau v. D…, derzeit 26 Jahre, war, im Alter von 7 Jahren, betroffen von krampfhaften Kontraktionen der Hand- und Armmuskeln, die sich vor allem in den Augenblicken einstellten, in denen das Kind ver-suchte zu schreiben und wobei sich sehr abrupt seine Hand von den Buchstaben, die es gerade schreiben wollte, wegzog. Nach diesem Rucken wurden die Bewegungen seiner Hand wieder regulär und waren dem Willen unterworfen, bis dass eine andere plötzliche Zuckung die Arbeit der Hand von neuem unterbrach. Man sah in demGanzen zuerst noch eine Art Lebhaftigkeit oder Übermut, die, als sie sich mehr und mehr wiederholten, zum Grund für Tadel und Bestra-fung wurden, aber bald gewann man die Gewissheit, dass diese Bewegungen unwillkürlich und krampfhaft waren und man sah daran auch die Muskulatur der Schultern, des Halses und des Gesichtes teilnehmen. Es kam zu Körperverdrehungen und außerordentlichen Grimassen. Die Erkrankung schritt weiter fort, die Spasmen breiteten sich auf die Stimm- und Sprechorgane aus, diese junge Person hörte man bizarre Schreie und Worte ausstoßen, die überhaupt keinen Sinn ergaben, aber alles ohne dass ein Delirium vorgelegen hätte…,

Jaques Itard, Dt. Übersetzung von Rothenberger, 1992

Page 10: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

….. ohne irgendeine geistig-seelische Störung.

So kann es vorkommen, dass mitten in einer Unterhaltung, die siebesonders lebhaft interessiert, plötzlich und ohne dass sie sich davor schützen kann, sie das unterbricht, was sie gerade sagt oder wobei sie gerade zuhört und zwar durch bizarre Schreie und durch Worte, die sehr außergewöhnlich sind und die einen beklagenswerten Kontrast mit ihrem Erscheinungsbild und ihren vornehmen Manierendarstellen; die Worte sind meistens grobschlächtig, die Aussagen obszön und, was für sie und die Zuhörer nicht minder lästig ist, die Ausdrucksweisen sind sehr grob, ungeschliffen, oder beinhalten wenig vorteilhafte Meinungen über einige der in der Gesellschaft anwesenden Personen…“

Dt. Übersetzung von Rothenberger, 1992

Page 11: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,
Page 12: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Welche dieser Berühmtheiten litt unter dem

Tourette-Syndrom?

a) Kaiser Claudius

b) Napoleon

c) Mozart

d) Samuel Johnson

e) Peter der Große

Page 13: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

"... jetzt wünsch ich eine gute Nacht, scheißen Sie ins Bett, dass es kracht; schlafen's gesund, recken's den Arsch zum Mund ... leben Sie recht wohl, ich küsse Sie 1000 mal und bin wie allzeit der alte junge Sauschwanz Wolfgang Amadé Rosenkranz."

"Liebster Stoll! bester Knoll! großter Schroll! Bist sternvoll! gell das Moll thut dir wohl? Ich bin Ihr ächter Freund Franz Süssmayer Scheißdreck. Scheißhäusel den 12. Juli."

Briefe von Mozart an seine Cousine Anna Maria Thekla, genannt Bäsleund an seinen Mentor, den Chorleiter Anton Stoll

Page 14: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Dr. Samuel Johnson (1709 - 1784)Dr. Johnson was a famous British poet, essayist, and lexicographer. He wrotethe Dictionary of the English Languageand The Lives of the Poets.Dr. Johnson's unusual movements (mostlikely tics) and compulsive behaviorswere observed by many of his peers at the time and described in such rich detail that there is little doubt that he hadTourette's Syndrome with obsessive-compulsive features or even full-blownOCD. Dr. Johnson was also reported to suffer from depression throughout his life.

Page 15: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Tim Howard (1979 - )Tim is the goalkeeper forManchester United. This talented athlete also playedin the 2000 Olympics. Tim's tics and compulsions wereevident in elementary school, and school was rough for himbecause his classmates teasedhim and his teachers viewed himas a discipline problem.

Page 16: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Mahmoud Abdul-RaufNBA Basketball player –(formerly Chris Jackson) was a leading freethrow shooter in the NBA for the Denver Nuggets and Sacramento Kings from1990-98, averaging 15.2 points a game.

Page 17: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

- Jungen : Mädchen 4:1

- Früher allgemein akzeptierte Prävalenz-zahlen: 0,5/1000 (Bruun, 1984)

- In allgemeiner Schulpopulation 0,7% (1990,1999)

- Alle Ticstörungen zusammen bis zu 4,2% (Banarjee 1998, Mason 1998)

Epidemiologie

Page 18: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Schwedische schulbasierte Untersuchung:

- Schulkinder im Alter 7-15 Jahre- 4.479 Kinder und ihre Eltern füllten Fragenbogen aus - Interview und klinische Untersuchung nach Screening:290 Kinder (190 Jungen, 107 Mädchen) hatten Tics

nach DMS-IV 0,6% TS0,8% chron. Motor. Ticstörung0,5% chron. Vokale Ticstörung4,8% transiente Tics

Zusammen: 6,6% hatten Tic-Störung im letzten Jahr

Khalifa, Dev Med Child Neurol Mai 2003

Page 19: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

From a total population of 4,479 children, 25 with Tourette's disorder (TD), 34 with chronic motor tics (CMT), 24 with chronic vocal tics (CVT), and 214 with transient tics (TT) during the past year were found. A three-stage procedure was used: tic screening, telephone interview, and clinical assessment. The TD group was compared with 25 children with TT and 25 controls without tics.RESULTS: Psychiatric comorbid disorders were found in 92% of the children with TD. Attention-deficit/hyperactivity disorder was most common, patterns of psychiatric comorbidity were similar in children withTD and CVT, but not with CMT and TT. Aggressive behavior was more common in children with TD than other tic disorders.

Psychopathologie der Kinder mit Tic Störungen in dieser schulbasierten Untersuchung

Khalifa N, von Knorring AL, J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 2006

Page 20: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

I. Historie und Epidemiologie

II. Definition und SymptomatikIII. Pathophysiologie

IV. Therapie

- Psychoedukation (Familie, Umfeld)

- psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe)

- Psychotherapie (Verhaltens- vs. supportiver Therapie)

- Tiefenhirnstimulation

- medikamentöse Therapie

GliederungGliederung

Page 21: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

F 95.2 kombinierte vokale und multiple motorische Tics (Tourette Syndrom)

Dies ist eine Form der Ticstörung, bei der es gegenwärtig oder in der Vergangenheit multiple motorische Tics und einen oder mehrere vokale Tics gibt oder gegeben hat, nicht notwendigerweise gleichzeitig. So gut wie immer liegt der Beginn in der Kindheit oder Adoleszenz.Gewöhnlich gibt es eine Vorgeschichte motorischer Tics, bevor sich vokale Tics entwickeln;die Symptome verschlechtern sich häufig während der Adoleszenz, und üblicherweise persistiert die Erkrankung bis ins Erwachsenenalter.Die vokalen Tics sind oft multipel mit explosiven repetitiven Vokalisationen, Räuspern, Grunzen und Gebrauch von obszönen Wörtern oder Phrasen. Manchmal besteht eine begleitende gestische Echopraxie, die ebenfalls obszöner Natur sein kann (Kopropraxie). Wie die motorischen Tics können die vokalen für kurze Zeiträume unterdrückt und durch Stress verstärkt werden. Sie verschwinden während des Schlafs.

DEFINITION nach ICD 10 Internationales Klassifikationssystem der WHO

Page 22: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Multiple motorische Tics sowie mindestens ein vokaler Tic treten im Verlauf der Krankheit auf, jedoch nicht unbedingt gleichzeitig. (…)

Die Tics treten mehrmals täglich (gewöhnlich anfallsweise) entweder fast jeden Tag oder intermittierend im Zeitraum von über einem Jahr auf.

In dieser Zeit gab es keine ticfreie Phase, die länger als drei aufeinander folgende Monate andauerte.

Die Störung führt zu starker innerer Anspannung oder verursacht in bedeutsamer Weise Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.

Der Beginn liegt vor dem 18. Lebensjahr.

Die Störung geht nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz (…) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (…) zurück.

DSM-IV (307.23) Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, American Psychiatric Association, 1994)

Page 23: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

E. The disturbance is not due to direct physiological effects ofa substance (e.g. stimulants) or a general medical condition (e.g. Huntington’s disease or postviral encephalitis)

D. The onset is before age 18

C. The disturbance causes marked distress or significant impairment in social, occupational or other important areas of functioning. PM: This is a criterion that is not often used in genetic or other research studies.

B. The tics occur many times a day (usually in bouts) nearly every day or intermittently throughout a period of more than one year, and during this period there was never a tic-free period of more than 3 consecutive months.

A: Both multiple and one or more phonic tics have been present at some time during the illness, although not necessarily concurrently.

Tourette Syndrom DSM IV

Page 24: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Motorische Tics: Klinisches Erscheinungsbild

Einfache motorische Tics:- Augenblinzeln- Augenzwinkern- Gesichtsgrimassen- Mundöffnen- Augenrollen- Stirnrunzeln- Kopfschütteln- Kopfnicken- Schulterzucken- Zwechfelltics- Bauchtics- Rumpftics

SYMPTOMATIK

Page 25: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Komplexe motorische Tics:HüpfenTretenSpringenStampfenKlopfenKreisenKratzenBeißenSchlagenEchopraxieKopropraxie

SYMPTOMATIK

Page 26: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Einfache vokale Tics: Komplexe vokale Tics:- Räuspern - Schreien- Hüsteln - Summen- Schnäuzen - Pfeifen- Spucken - Palilalie- Grunzen - Echolalie- Bellen - Koprolalie- In- und exspiratorische

Atemgeräusche

Page 27: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Im natürlichen Verlauf des TS treten meist zuerst motorische Tics im Alter von 3 bis 8 Jahren auf, d.h. oft mehrere Jahre bevor dann vokale Tics hinzu-kommen (Jankovic, 2001). Bei 96% der Kinder hat sich die Erkrankung bis zum 11. Lebensjahr manifestiert. Typischerweise wechseln die Tics sehr häufig in ihrer Lokalisation, Intensität und Häufigkeit.In der Mehrzahl der Fälle erreicht die Symptomatik ihren höchsten Schweregrad in der ersten Hälfte der zweiten Lebensdekade, um das 12. Lebensjahr, um dann in der Adoleszenz deutlich abzunehmen. Die Angaben, wie viele jugendliche TS Patienten die Symptomatik tatsächlich verlieren, schwanken allerdings erheblich (20- 50%).

Page 28: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Mol Debes NM, Hjalgrim H, Skov L, Neuropediatrics 2008

Nicht-Wissen verzögert Diagnose !„dem Kind einen Namen geben“Je früher die Diagnose gestellt wird, desto bessere Unterstützung kann erfolgen.

314 Kinder mit Tourette SyndromSystematische Interviews über den diagnostischen ProzessSymptombeginn war im Durchschnitt mit 3 JahrenBei 40 % waren Tics der Vorstellungsanlass. In den anderen Fällen ADHS, Zwang oder Verhaltensprobleme.

Durchschnittsalter des Beginns der Tic-Symptomatik 5,5 Jahre,Wenn weitere Komorbiditäten bestanden, traten Tics im DurchschnittDeutlich früher auf (0-3,5 Jahren).

Das Durchschnittsalter bei Diagnose lag bei 8,9 Jahren.Durchschnittlich lagen von Beginn der Symptome bis zur Diagnose5,3 Jahre.Zwischen Auftreten der ersten Tics und Diagnose ~ 2,8 Jahre.

Page 29: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

I. Historie und Epidemiologie

II. Definition und Symptomatik

III. PathophysiologieIV. Therapie

- Psychoedukation (Familie, Umfeld)

- psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe)

- Psychotherapie (Verhaltens- vs. supportiver Therapie)

- Tiefenhirnstimulation

- medikamentöse Therapie

GliederungGliederung

Page 30: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Genetik, Epigenetik, Risikofaktoren

Familienanamnese:Verwandte 1. Grades haben ein Risiko von 5-15%,Irgendeine Form von Tic (transiente, milde) 10-20%

Prä- und perinatale AnamnesePsychosozialer Stress in der Schwangerschaft, Nikotin,Intrauterine WachstumsretardierungFrühgeburtlichkeit, Hypoxie perinatal (Apgar-Index)

Immunologische DysregulationInfektionen (PANDAS, beta-hämolysierende Streptokokken der

Gruppe A, GABHS)

PANDAS = pediatric autoimmune neuropsychiatricdisorder associated with strep)

Stress, Stresssensitivität

Page 31: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,
Page 32: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,
Page 33: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,
Page 34: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Neuner & Ludolph 2009

Page 35: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Neuner & Ludolph 2009

Page 36: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

VBM bei Jungen mit Tourette Syndrom / ADHS

(Ludolph et al., Br J Psychiatry 2006, Kassubek et al., Ann Neurol 2006)

Putamen bdsVolumen dergr. Substanzerhöht; erniedrigtlinker Hippocampus

Page 37: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Region of interest basierte Untersuchungsbefunde

Page 38: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

1.2

1.4

1.6

1.8

2

2.2

2.4

2.6

900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700

total brain volume [cm3]

left

amyg

dala

vol

ume

[cm

3 ] controls

TS patients without ADHD

TS patients with ADHD

(Ludolph et al., Journal Dev Med & Child Neurol 2008)

Page 39: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

02468

1012141618

0.0021 0.0023 0.0025 0.0027 0.0029 0.0031 0.0033 0.0035

Ratio amygdala to whole brain volume

Yale

che

ck li

st s

ubsc

ale

beha

viou

r

TS patients without ADHDTS patients with ADHD

1520253035404550556065

0.0020 0.0022 0.0024 0.0026 0.0028 0.0030 0.0032 0.0034 0.0036

Ratio amygdala to whole brain volume

Yale

TS

sym

ptom

che

ck li

stto

tal

TS patients without ADHDTS patients with ADHD

02468

101214161820

0.0020 0.0022 0.0024 0.0026 0.0028 0.0030 0.0032 0.0034 0.0036

Ratio amygdala to whole brain volume

AD

HD

(DSM

-IV c

riter

ia c

heck

list)

TS patients without ADHDTS patients with ADHD

(Ludolph et al., Journal Dev Med & Child Neurol 2008)

Page 40: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Zusammenfassung der Ulmer Bildgebungsdaten

In der VBM Analyse Bestätigung der Beteiligung des Kortiko-

Striatalen-Thalamo-Kortikalen Schaltkreises mit Beteiligung

temporolimbischer Areale.

Volumetrische Veränderungen im Bereich der Amygdala in der ROI-

Analyse bei Komorbidität Tourette und ADHS scheint mit den

externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen der ADHS

im Zusammenhang zu stehen und korreliert nicht mit der

Ausprägung der Tic-Symptomatik.

(Ludolph et al., Br J Psychiatry 2006, Kassubek et al., Ann Neurol 2006,Ludolph et al., Journal Dev Med & Child Neurol 2008)

Page 41: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Jancovic, N Engl J Med 2001ADHS 35-90%, Ehrenberg 2005

Page 42: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Jancovic, N Engl J Med 2001ADHS 35-90%, Ehrenberg 2005

Page 43: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

ADHSZwangsstörungenAngststörungen

(generalisierte Angststörung, soziale Phobie, Panikattacken)

Affektive Störungen (Depression)Aggressive Verhaltensweisen (mangelnde Inhibition)Selbstverletzendes Verhalten

Häufige Komorbiditäten

Page 44: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Folgen in der weiteren Entwicklung:

„Meine Lehrerin wollte mir nicht glauben, dass ich das Kopf-Wackeln nicht absichtlich mache. Und dann musste ich mich während der Unterrichtsstunde mit einem Buch auf dem Kopf hinstellen und für jedes Mal, dass das Buch herunterfiel, hat sie mir eine Seite Strafarbeit gegeben…“

(Bericht eines 12jährigen Schülers mit Tourette-Syndrom, 21. Jahrhundert)

Page 45: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Berechtigte Angst vor Spott aufgrund der Tics und Schamgefühle sind sehr häufig bei Kindern mit chronischen Tic-Störungen und TS zu finden. Personen mit Tic-Störungen erfahren oft soziale Ausgrenzung, da die Tic-Symptomatik von anderen Personen meist als sehr fremd und bizarr wahrgenommen wird und Betroffene demzufolge abgelehnt werden (Marcks 2007). Daher kann es bei entsprechenden Umständen und ungenügender Aufklärung der Umgebung sekundär auch zu ausgeprägten Angststörungen reaktiv zur Tic-Symptomatik kommen, für die möglicherweise auch zusätzlich eine genetische Disposition besteht (Coffey 2000).

Ludolph & Kassubek, Ticstörungen und Tourette Syndrom. In: Adoleszenzpsychiatrie: Psychiatrie und Psychotherapie der Adoleszenz und des jungen Erwachsenenaltersvon Jörg M. Fegert, Annette Streeck-Fischer, und Harald J. Freyberger. 2009

Angst und Scham als Folgen

Page 46: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

I. Historie und Epidemiologie

II. Definition und Symptomatik

III. Pathophysiologie

IV. Therapie- Psychoedukation (Familie, Umfeld)

- psychosoziale Interventionen (Schule, Jugendhilfe)

- Psychotherapie (Verhaltens- vs. supportiver Therapie)

- Tiefenhirnstimulation

- medikamentöse Therapie

GliederungGliederung

Page 47: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Tourette – nicht nur Tics

Kinder mit Tourette leiden häufig unter- Impulsivität, Ablenkbarkeit, Hyperaktivität- Trotzverhalten, Argumentieren, Autoritäten

infrage stellen- geringe Frustrationstoleranz, explosive

Ausbrüche- Zwangsverhalten- Angst und Depression- Lernproblemen

Page 48: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Therapie

- Psychoedukation (Familie, Umfeld)- psychosoziale Interventionen

(Schule, Jugendhilfe)

Page 49: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Warum Elterntraining bei Kindern mit Tourette Syndrom?

Tics are unwillkürlich

Impulsivität, Aggression, Argumentieren, geringe Frustrationstoleranz

Non-Compliance sind nicht unwillkürlich

Bei Kindern/Jugendlichen mit unwillkürlichen Tics taucht die Frage auf

“Was kann das Kind kontrollieren?”

Je unsicherer die Eltern, desto inkonsistenter ihr Erziehungsverhalten!

Je stärker die elterliche Kompeten Sicherheit im Umgang mit den Kindern/Jugendlichen

Jugendliche: “Was ist unter meiner Kontrolle und was nicht?”

Page 50: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Einstellung zu erkrankten Personen verändert sich

soziale Ausgrenzung wird minimiert

Folgeerscheinungen wie soziale Phobie der Patienten treten nicht auf oder sind deutlich geringer.

offensive dezidierte Aufklärung über TS

Marcks et al. (2007)

Page 51: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Verhaltenstherapie

Habit reversal training = Gewohnheitsumkehrtraining(Azrin und Nunn, 1973, primär für Nägelkauen, Daumenlutschen, Trichotillomanie)

- Wahrnehmungstraining- Training im Umgang mit unvorhersehbaren Ereignissen- Entspannungstraining- Identifizieren und Erlernen eines Alternativverhaltens- Automatisierung und Generalisierung dieses Alternativverhaltens

Exposure and response prevention (Verdellen et al., 2004)Zielt darauf ab den Automatismus zu durchbrechen, dass einem Vorgefühl („premonitory urge“) auch immer ein Tic folgen muss.

Comprehensive Behavioral Intervention for Tics (CBIT)(Piacentini, Woods, Scahill,…. Walkup, JAMA 2010)Leicht bis mittelgradig betroffene Kinder/Jugendliche, Effektstärke 0,68

Page 52: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Tiefe Hirnstimulation:

In drei Patienten nach bilateraler hochfrequenter Thalamusstimulation

deutliche Verbesserung von Tic- und Zwangssymptomatik

Vandewalle et al., Lancet, 1999,Visser-Vandewalle et al., Acta Neurochir 2002

Page 53: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Die Pharmakotherapie des TS wird in verschiedenen Altersgruppen und auch in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich gehandhabt.

Leitlininien KJP Deutschland:„Pharmakotherapie: (ein einziges offiziell zugelassenes Medikament zur Behandlung von Ticstörungen ist Haloperidol. Wegen dessen deutlicher unerwünschter Arzneimittelwirkung ist es schon lange nur als Mittel dritter Wahl eingeordnet; d.h. aber, dass i.d.R. eine medikamentöse Behandlung der Ticstörungen "off-label" im Sinne eines individuellen Heilversuchs stattfinden muss.)…..

„Medikament der ersten Wahl ist Tiaprid (II)….“

Risperidon (0,5-4 mg/Tag) kann als Mittel zweiter Wahl gelten, während Haloperidol (0,25-4 mg/Tag) und Pimozid (0,5-4 mg/Tag) Medikamente dritter Wahl (II)

Medikamentöse Therapieoptionen bei Tourette Syndrom

Page 54: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Leitlinien Neurologie 4. überarbeitete Auflage 10/2008

Medikament erster WahlTiaprid (50-100 mg zu Beginn bis 600(-800) mg)Sulpirid (3-6x 200 mg/d) oder Risperidon (2x 1mg/d, 4mg/d)

Leitlinien PsychiatrieLeitlinien für Tic-Störungen liegen nicht vor.

Britisches National Institute for Health and Clinical Excellence(NICE) hat bislang keine Behandlungsempfehlung für TS ausgesprochen.

In den USA wird als Mittel der ersten Wahl niedrig dosiert Clonidin auch im Kindesalter empfohlen.

Page 55: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Tiaprid

Studie 1: 10 Kinder, mit Placebo und Tiaprid, stationär behandelt, nicht doppelblind

Studie 2: 17 Kinder, cross-over design, Placebo und Tiaprid, doppelblind1 drop out, 8 versus 8 Kinder, in der zweiten Placebo-Phase Abbruch von 4 Kindern, die zuerst Tiaprid bekommen hatten wegen massiver Verschlechterung unter Placebo. In der Gruppe, die zuerst Placebo und dann Tiaprid bekommen hat, kein signifikanter Unterschied zwischen Placebo und Verum

Page 56: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Medikamentöse Therapieoptionen bei Tourette Syndrom

Dopamin modulierende Psychopharmaka:

Dopaminantagonisten

Tiaprid (Benzamid)PimozidRisperidon OlanzapinClozapinQuetiapinZiprasidon

Andere Benzamide: Sulpirid, Amisulpirid, Metoclopramid, Remoxiprid

typische Neuroleptika: Haloperidol

Neuner & Ludolph, Nervenarzt 2009

Page 57: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Dopamin modulierende Psychopharmaka:

DopaminagonistenPergolid, Amantadin, Selegilin, Talipexol

Aripiprazol

Noradrenerg wirksame Substanzen:Clonidin (alpha-2 Adrenorezeptoragonist)Guanfacin

WeitereAtomoxetinStimulanzien

Medikamentöse Therapieoptionen bei Tourette Syndrom

Neuner & Ludolph, Nervenarzt 2009

Page 58: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Jancovic, N Engl J Med 2001ADHS 35-90%, Ehrenberg 2005

Page 59: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Tourette's Syndrome Study Group.BACKGROUND: The treatment of children with attention deficit hyperactivity disorder (ADHD) and Tourette syndrome (TS) has been problematic because methylphenidate (MPH)--the mostcommonly used drug to treat ADHD--has been reported to worsen tics and because clonidine(CLON)--the most commonly prescribed alternative--has unproven efficacy. METHODS: The authors conducted a multicenter, randomized, double-blind clinical trial in which136 children with ADHD and a chronic tic disorder were randomly administeredCLON alone, MPH alone, combined CLON + MPH, orplacebo (2 x 2 factorial design).

Each subject participated for 16 weeks (weeks 1-4 CLON/placebo dose titration, weeks 5-8 addedMPH/placebo dose titration, weeks 9-16 maintenance therapy).

RESULTS:

37 children were administered MPH alone, 34 were administered CLON alone, 33 were administered CLON + MPH, and 32 were administered placebo.

Treatment of ADHD in children with tics: a randomized controlled trial.

Page 60: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Tourette's Syndrome Study Group.

For our primary outcome measure of ADHD (Conners Abbreviated Symptom Questionnaire--Teacher), significant improvement occurred for subjects assigned to CLON (p < 0.002) and those assigned to MPH (p < 0.003). Compared with placebo, the greatest benefitoccurred with combined CLON + MPH (p < 0.0001).CLON appeared to be most helpful for impulsivity and hyperactivity; MPH appeared to be most helpful for inattention. The proportion of individual subjects reporting a worsening of tics as an adverse effectwas no higher in those treated with MPH (20%) than those beingadministered CLON alone (26%) or placebo (22%). Compared with placebo, measured tic severity lessened in all active treatment groupsin the following order: CLON + MPH, CLON alone, MPH alone. Sedation was commonwith CLON treatment (28% reported moderate or severe sedation), but otherwise thedrugs were tolerated well, including absence of any evident cardiac toxicity. CONCLUSIONS: Methylphenidate and clonidine (particularly in combination) are effective forADHD in children with comorbid tics. Prior recommendations to avoid methylphenidate in thesechildren because of concerns of worsening tics are unsupported by this trial.

Neurology. 2002 Feb 26;58(4):527-36.

Treatment of ADHD in children with tics: a randomized controlled trial.

Page 61: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Ritalin is okay for kids with both ADHD and Tourette's syndrome, study says.Levenson D. Rep Med Guidel Outcomes Res. 2002 Mar 22;13(6):5-7

Page 62: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Atomoxetin

Atomoxetine treatment in children and adolescents with ADHD and comorbid tic disorders.

Allen AJ, Kurlan RM, Gilbert DL, Coffey BJ et al, Lilly Research Laboratories, Indianapolis, IN 46285, USA. [email protected]

CONCLUSIONS: Atomoxetine did not exacerbate tic symptoms. Rather, there was some evidence of reduction in tic severity with a significant reduction of attention deficit/hyperactivity disorder symptoms. Atomoxetine treatment appeared safe and well tolerated.

Neurology. 2005, 65(12):1941-9

Page 63: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

OBJECTIVE: This study examines changes in severity of tics and ADHD Mental Disorders, DSM-IV) and TS were randomly assigned to

double-blind treatment with placebo (n = 56) or atomoxetine (0.5-1.5 mg/kg/day, n = 61) for approximately 18 weeks. RESULTS: Atomoxetine subjects showed significantly greaterimprovement on ADHD symptom measures. Treatment was also associated withsignificantly greater reduction of tic severity on two of three measures. Significant increases were seen in mean pulse rate and rates of treatment-emergent nausea, decreased appetite, and decreased body weight. No other clinically relevant treatment differences were observed in any other vital sign, adverse event, laboratory parameter, or electrocardiographic measure.CONCLUSION: Atomoxetine is efficacious for treatment of ADHD and its use appears well tolerated in ADHD patients with comorbid TS.

Spencer TJ, Sallee FR, Gilbert DL, Dunn DW, McCracken JT, Coffey BJ, Budman CL, Ricardi RK, Leonard HL, Allen AJ, Milton DR, Feldman PD, Kelsey DK, Geller DA, Linder SL, Lewis DW, Winner PK, Kurlan RM, Mintz M. J Atten Disord. 2008 Jan;11(4):470-81Epub 2007 Oct 12

Atomoxetine treatment of ADHD in childrenwith comorbid Tourette syndrome.

Page 64: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

V.a. leichte perinatale Hypoxie, Geburtseinleitg

Durchgängig 10 Zig/d in SS

Familienanam. leer

V.a. perinatale Hypoxie,

Fragl. psych. Erkr. d. KVs

Keine Risikof.

Leichte Zwangsstörg. der Mutter

Risikofaktoren

(Prä-/ Perinat.)

Fa.Anamnese

-----------------Ausgeprägte oppositionelle Störung

Leichte oppositionelle Störung (Fam.)

-----------------SSV

Zwangsgedan-ken und Zwangshand-lungen

--------------------------------DD

Räusperzwang?

Zwang

Deutliche ADHS

--------------------------------ADS ohne Hyper-Aktivität

ADHS

Ausgeprägte motorische und vokale Tics

Vorwiegend motorische Tics

Zu Beginn leichte motorische und vokale Tics

Vorwiegend 1 vokaler Räuspertic

Tic-Symptomatik

Junge,

17 Jahre

Junge,

11 Jahre

Junge,

10 Jahre

Mädchen,

9 Jahre

Page 65: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Auslaßversuch nach Abitur geplant

Absetzen Tics deutlich rückläufig, „so gut wie nie“

Absetzen

Anhaltendes schwerstes TS

Anhalt. Red., erneutes Auftreten nach Auslaßversuch

Verlauf

----------------------------SSV

------------------------------------------------Zwang

Deutlich bessere Schulleistung

Bessere Schulleistung

ADHS / ADS

Tic-Symptomatik

Junge,

17 Jahre

Junge,

11 Jahre

Junge,

10 Jahre

Mädchen,

9 Jahre

Therapieversuch mit Atomoxetin

Page 66: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Zum Vergleich:Behandlung Psychose/Schizophrenie: übliche wirksame Dosis von 300 bis 450 mg Quetiapin pro Tag Die Dosis kann je nach individ. Ansprechen u. der Verträglichkeit zw. 150 u. 750 mg Quetiapin/Tag liegen.

QUETIAPIN (Seroquel)

Open label trial: 12 Kinder, Alter 11,4 +- 2,4 Jahre, 8 Wochen SeroquelAssessment mit Yale Global Tic Severity ScaleReduktion der Tic-Symptomatik von 30 -100%Durchschnittliche Tagesdosis betrug 72,9 +- 22,5 mg/Tag

Mukaddes, Journal of Child and Adolescent Psychopharmacology, 2003

Page 67: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Clonidin = alpha 2 Rezeptor Agonist2-[(2,6-Dichlorphenyl)imino]imidazolidin(Antihypertonikum, Migräne-/Glaukom-Mittel, Alkohol-/Opiat-Entzugsmittel)-Alpha II-adrenerger Agonist, Stimulation präsynaptischer Autorezeptoren,

Hemmung der Noradrenalinfreisetzung, Erniedrigung des Serotoninspiegels,gesteigerter Umsatz von DopaminInhibierung des Locus coeruleus

Ropinirol = Dopaminagonist

Selegilin = Mao B Hemmer

Weitere Substanzgruppen zur Ticbehandlung

Page 68: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Cannabinoide

- Seit mehreren tausend Jahren im Orient medizinisch eingesetzt- In Zentraleuropa erstmals im 11. Jahrhundert in Medizinischen Büchern erwähnt- im 16. und 17. Jahrhundert gg. Schmerz, Entzündung, Gelenkbeschwerden eingesetzt- 1839 Wiedereinführung aus Indien durch Dr. W. O´Shaughnessy- in der 2. Hälfte d. 19. Jahrhunderts dann gg. Muskelspasmen,

Menstruationsbeschwerden, Rheumatismus, Tetanus, Epilepsie, Wehenmittel, Sedativum

- 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts: Ersatz durch chemisch stabilere Substanzen,- in den 60er und 70er Jahren großer Anstieg des illegalen Konsums- in den 90er Jahren wieder vermehrt medizinisches Interesse nach Entdeckung des endogenen cannabinoiden Rezeptorensystems und seiner Liganden(Endorphine, Neuropeptide)

Page 69: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Applikation beeinflusst die Pharmakokinetik: oral, Inhalation, rektal, sublingual

Heute Einsatz bei- Chemotherapiepatienten- AIDS-Patienten (Steigerung von Appetit, Gewichtszunahme)- Studien bei MS-Patienten, Verbesserung der Blasenfunktion- Schmerzsyndrome- L-Dopa induzierte Dyskinesien bei Parkinson-Patienten

Page 70: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Delta 9-tetrahydrocannabinol (THC) is effective in the treatment of tics in Tourette syndrome: a 6-week randomized trial.

- Randomisierte placebo-kontrollierte Doppelblindstudie mit 24 TS-PatientenBehandlung über 6 Wochen mit 5-10 mg THC (Initialdosis bei 2,5 mg, alle vier Tge Erhöhung um 2,5 mg)

- Wöchentliche Untersuchungen: auf verschiedenen Skalen signifikante Verbesserung der Tic-Symptomatik aber auch von Verhaltensproblemen (ADHS-Symptomatik)

Mueller-Vahl et al.,J Clin Psychiatry. 2003 Apr;64(4):459-65

Page 71: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

J Clin Psychopharmacol. 2005 Feb;25(1):94-6.Treatment of tics in tourette syndrome with aripiprazole.

Kastrup A, Schlotter W, Plewnia C, Bartels M.

Die ersten zwei Fallberichte von Aripiprazolbei Tourette in pubmed

Page 72: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Rezeptorprofil

• Hohe Affinität für D2-, D3-, 5-HT1A, 5-HT2A-Rezeptoren

• Geringe Affinität zu Alpha1-adrenergen Rezeptoren

• Geringe Affinität zu H1-Rezeptoren

• Keine Affinität zu muskarinergen ACh-Rezeptoren

Aufgrund seines alpha1-adrenergen Rezeptorantagonismuskann Aripiprazol die Wirkungbestimmter antihypertensiver Wirkstoffe verstärken.

Aripiprazol

Page 73: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Aripiprazol wird gut resorbiert, wobei maximale Plasmaspiegelinnerhalb von 3 – 5 Stunden nach der Einnahme erreicht werden.Bioverfügbarkeit: 87% nach oraler Einnahme

Die mittlere Eliminationshalbwertszeit liegt bei annähernd 75 Stunden für Aripiprazol bei extensiven Metabolisierern überCYP2D6 und bei annähernd 146 Stunden bei „schlechten“(=„poor“) Metabolisierern über CYP2D6.

Steady State: 14 Tage nach Beginn der Erhaltungsdosis oderWechsel der Dosis

Gleichzeitige Nahrungsaufnahme hat keinen Einfluss

Pharmakokinetik Aripiprazol

Page 74: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Fröhlich et al., 2010 7 Patienten, 8-17 Jahre, 5-30mgLyon et al., 2009 11 Patienten, 9-19 Jahre, 4,5 mg SD 3mgWang et al., 2009 1 Patient, 10 Jahre, bipolare StörungIkenouchi-Sugita et al., 1 Patient, late onset, 18mg

2009Kawohl et al., 2009 10 Patienten, ErwachseneBudman et al., 2008 37 Patienten, Kinder/Jugend., 12,3 mg SD 7,5mgWinter et al., 2008 1 Patientin, in den 30er, 7,5 mgSeo et al., 2008 15 Patienten, 7-19 JahreStenstrøm&Sindø 2008 1 Patient, 20 JahreBen Djebara et al., 2008 1 Patient, 28 Jahre, schwere KoprolalieMiranda u. Castiglioni2007 10 Patienten, 10-35 JahreDavies et al., 2006 11 Patienten, 7-50 Jahre, 10-20 mgYoo et al., 2006 14 Patienten, 7-17 Jahre, 2,5-15 mg, mean 10,89mgConstant et al., 2006 1 Patient, 23 Jahre, 15mgMurphy et al., 2005 6 Patienten, 8-19 Jahre, 5-20 mgDehning et al., 2005 1 Patient, 19 Jahre, 15 mgHounie et al., 2005 1 Patient, 20 Jahre, 15 mgKastrup et al., 2005 2 Patienten, 33 u 48 Jahre, 15 mg

Aripiprazol

Page 75: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Entwicklung neuer Behandlungsformen bei Tourette-Syndrom:

Therapeutische Studie mit Modulatoren der glutamatergen Neurotransmission

Page 76: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,
Page 77: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Atomoxetine acts as an NMDA receptor blocker in clinically relevant concentrations.

Ludolph AG, Udvardi PT, Schaz U, Henes C, Adolph O, Weigt HU,Fegert JM, Boeckers TM, Föhr KJ

Br J Pharmacol. 2010

Page 78: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Eine gemeinsame Konferenz der NIH und der Amerikanischen Tourette-Syndrom Association hat betont, wie dringend notwendig die Entwicklung neuer pharmakologischer Möglichkeiten für die Ticsuppression beim Tourette-Syndrom ist.

An der John Hopkins Universität ist eine Studie in Planung, die die Wirksamkeit und Sicherheit von zwei Medikamenten untersucht, die die glutamatergeNeurotransmission regulieren:

− Riluzol, ein Glutamat-Antagonist

− D-serin, ein Glutamat-Agonist

Page 79: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Glutamat…

…ist ein exitatorischer Neurotransmitter im ZNS.

… ist eine essentielle Komponente der neuronalen Bahnen,

die offensichtlich beim Tourette-Syndrom mitbetroffen sind.

…ist ein extensiver Modulator von Dopamin, dem

Hauptneurotransmitter, dessen Übertragung bei

Ticstörungen beeinträchtigt zu sein scheint.

Page 80: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Objective Assessments of longitudinal outcome inGilles de la Tourette´s Syndrome

- 56 Kinder, Alter 8-14 Jahre, 1978-1991- 36 konnten kontaktiert werden (> 20 Jahre), davon wurden 31 rekrutiert (28 Männer, 3 Frauen)

90% hatten noch Tics mean composite disability score von 9,58 (Kindheit) auf 7,52)

- Motorische Tic-Symptomatik signifikant verbessert (p=0,008)

81% hatten als Kinder Medikamente bekommen, im Erwachsenenalter waren 87% ohne Medikamente

Pappert el al., Neurology 2003

Page 81: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

G i l l e s D e L a T o u r e t t e S y n d r o m

H o m e p a g e D e u t s c h l a n d

In Zusammenarbeit mit der Tourette Gesellschaft Deutschland e.V.

Wenn einer aus der Reihe tanzt, ist die Reihe besser zu sehen. Das Außergewöhnliche, Andersartige und Besondere gehört

zum Leben unabdingbar und macht es erst lebbar - erst lebendig!

www.tourette.de

Page 82: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

European Society European Society forfor thethe StudyStudy of of TourettesTourettes SyndromeSyndrome

ESSTS----------------------------------------------------------------------------------------

Ziel für 2009/2010

Erstellen europäischer Leitlinien für die medikamentöse Behandlung

des Tourettes Syndrome

Page 83: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

European Network for the Study of Gilles de la Tourette Syndrome

COST Action BM0905

Page 84: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim 15 ... · I. Historie und Epidemiologie II. Definition und Symptomatik III. Pathophysiologie IV. Therapie - Psychoedukation (Familie,

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Andrea G. Ludolphe-mail: [email protected]