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Z FA Zeitschrift für Allgemeinmedizin German Journal of Family Medicine März 2013 – Seite 97-144 – 89. Jahrgang www.online-zfa.de 3 / 2013 Im Fokus EBM-Service Blockpraktikum Allgemeinmedizin Hospize – Inseln der Humanität? Facharztweiterbildung und Forschung: vereinbar? Patientenzentriertes Behandlungsmanagement Fallberichte Organ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), der Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA), der Salzburger Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SAGAM), der Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SüGAM) und der Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (TGAM) Official Journal of the German College of General Practitioners and Family Physicians, the Society of Professors of Family Medicine, the Salzburg Society of Family Medicine, the Southtyrolean College of General Practitioners and the Tyrolean College of General Practitioners This journal is regularly listed in EMBASE/Excerpta Medica, Scopus and CCMED/MEDPILOT DP AG Postvertriebsstück – Entgelt bezahlt – 4402 – Heft 3/2013 Deutscher Ärzte-Verlag GmbH – Postfach 40 02 65 – 50832 Köln

ZFA 03 2013 - online-zfa.de · Ob eine höhere Dosierung als „eine Standarddosis PPI einmal täglich“ einen besseren oder eine niedrigere Dosis auch einen ausreichenden Schutz

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© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

Z FAZeitschrift für Allgemeinmedizin

German Journal of Family Medicine

März 2013 – Seite 97-144 – 89. Jahrgang www.online-zfa.de

3 / 2013

Im Fokus

EBM-Service

Blockpraktikum Allgemeinmedizin

Hospize – Inseln der Humanität?

Facharztweiterbildung und Forschung: vereinbar?

Patientenzentriertes Behandlungsmanagement

Fallberichte

Organ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM),der Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA), der Salzburger Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SAGAM), der Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SüGAM) und der Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (TGAM)

Official Journal of the German College of General Practitioners and Family Physicians, the Society of Professors of Family Medicine, the Salzburg Society of Family Medicine, the Southtyrolean College of General Practitioners and the Tyrolean College of General Practitioners

This journal is regularly listed in EMBASE/Excerpta Medica, Scopus and CCMED/MEDPILOT

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DP AG Postvertriebsstück – Entgelt bezahlt – 4402 – Heft 3/2013 Deutscher Ärzte-Verlag GmbH – Postfach 40 02 65 – 50832 Köln

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)Mehr Informationen: www.aerzteverlag.de

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Prof. Dr.med. Dr. phil. Dr. theol. h. c. Eckhard NagelGeschäftsführender Direktor des Instituts für Medi-zinmanagement und Gesundheitswissenschaften derUniversität Bayreuth sowie Ärztlicher Direktor undVorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Essen

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97EDITORIAL / EDITORIAL

NSARs – Zeit zum Umdenken

Können Sie sich noch an den „Vioxx-Skandal“ er-innern? Am 30. Septem-ber 2004 zog das ame-rikanische Pharmaunter-nehmen Merck sein Arz-neimittel Rofecoxib/Vioxx® weltweit vom Markt.

Grundlage seiner Zu-lassung war 1999 eine halbjährige Unter-suchung mit Patienten, die an rheumatoider Ar-thritis (RA) litten, aber nur ein niedriges kardio-

vaskuläres Risiko aufwiesen. Ein Jahr später erschien die VI-GOR-Studie, in der 8.076 Patienten mit RA randomisiert ent-weder 2x50mg Rofecoxib oder 2x500mg Naproxen erhielten. Trotz Ausschluss von Patienten mit kardiovaskulären Risiken war Rofecoxib mit einem statistisch signifikant erhöhten Auf-treten von Myokardinfarkten belastet. Dieses Risiko, das sich bei einer späteren Nachprüfung als noch viel höher heraus-stellte, wurde von Merck mit einer Verzerrung der Daten durch die „herzschützende“ Vergleichssubstanz Naproxen erklärt. Dessen kardiovaskuläres Nebenwirkungsprofil war damals je-doch noch gar nicht angemessen untersucht worden. Den-noch gelang es dem Unternehmen, sein Mittel noch weitere vier Jahre auf dem Markt zu belassen. Nach Schätzungen sollen durch Vioxx® bis zu 144.000 Menschen an schwerer KHK er-krankt bzw. verstorben sein.

Wie wirken nichtsteroidale Entzündungshemmer? Trotz einiger Verständnislücken weiß man heute u.a. Folgendes: • Im Körper des Menschen kommen zwei Formen des Enzyms

Cyclooxygenase vor, COX-1 und COX-2. Die Hemmung der Cyclooxygenasen wirkt über die Blockade der Prostaglandin-produktion schmerzlindernd.

• COX-Hemmer werden eingeteilt in traditionelle NSARs, die überwiegend COX-1 hemmen (wie z.B. Ibuprofen, Diclofe-nac, Naproxen) und Coxibe (Rofecoxib, Celecoxib, Etori- coxib), die selektiv bzw. vorzugsweise COX-2 hemmen.

• Für das Ausmaß der kardiovaskulären Nebenwirkungen wer-den Intensität und Dauer der COX-2-Hemmung verantwort-lich gemacht (jüngste Daten widersprechen dem).

• Das weitgehend fehlende kardiovaskuläre Schädigungs-potenzial von Naproxen kommt offenbar durch eine Hem-mung der Thrombozytenaggregation zustande.

• In Bezug auf die unerwünschten kardiovaskulären Wirkun-gen ist ein „Gegenmittel“ bis heute nicht bekannt. Bei der Schädigung der Magenschleimhaut hingegen kann man (bei bestimmten Indikationen) immerhin versuchen, durch die Gabe von Protonenpumpenhemmern gegenzusteuern. Da-zu nimmt auch der EBM-Splitter „Magenschutz mit PPI bei NSAR-Therapie“ unseres Südtiroler Kollegen Simon Kostner auf den Seiten 99–102 Stellung.

Fasst man diese Erkenntnisse zusammen, wird klar, dass COX-Hemmer nicht gleich COX-Hemmer ist – es kommt auf die je-weilige Substanz und deren Dosierung an.

Nun ist Rofecoxib/Vioxx® seit über acht Jahren vom Markt. Ist damit nun alles gut? Nichts ist gut …

Metaanalysen und große Einzelstudien, insbesondere in den letzten 30 Monaten untersuchten das kardiovaskuläre Schä-

digungspotenzial aller verfügbaren COX-Hemmer (selektive Co-xibe wie nichtselektive NSAR) und kamen unisono zu besorg-niserregenden Schlussfolgerungen: • Keine dieser Substanzen ist harmlos. • Das niedrigste kardiovaskuläre Risiko weist Naproxen auf. • Mit das höchste Schädigungspotenzial hat Diclofenac (ähn-

lich dem nicht mehr verfügbaren Rofecoxib sowie Etoricoxib [Arcoxia®], dem die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA vor kurzem die Zulassung in den USA versagte).

Trotzdem zählt Diclofenac in vielen Ländern immer noch zu den am häufigsten benutzten NSARs.

2011 wurden in Deutschland annähernd eine Milliarde Ta-gesdosen (DDD) Schmerz- und Entzündungshemmer verord-net. Das noch 2010 führende Diclofenac sank 2011 um rund 5 % auf 420 Mill. DDD ab und wurde von Ibuprofen mit 422 Mill. DDD knapp übertroffen. Von Naproxen wurden hin-gegen nur 16 Mill. DDD verschrieben.

In diesen Zahlen sind die freiverkäuflichen Formen noch nicht enthalten (in Deutschland wurden 2010 146,3 Millionen Packungen Schmerzmittel verkauft). Die Selbstmedikation (OTC) ist u.a. deswegen wichtig, weil von den unerwünschten Wirkungen nicht nur Patienten mit vorbestehenden kardio-vaskulären Risiken, sondern auch „ganz normale“ Personen betroffen sein können.

Was den OTC-Bereich anbetrifft, hat der Sachverständigen-ausschuss für Verschreibungspflicht am Bundesinstitut für Arz-neimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Juni 2012 be-schlossen, die Packungsgrößen für Diclofenac, Ibuprofen, Na-proxen und Acetylsalicylsäure für eine maximale Therapiedau-er von vier Tagen zu begrenzen. Für ASS betrifft das nur Schmerzen und Fieber, nicht die Thrombozytenaggregations-hemmung. Ob diese Maßnahmen dem besonders erhöhten kardiovaskulären Risiko von Diclofenac ausreichend Rech-nung tragen?

Bleibt „nur“ noch das (haus)ärztliche Verordnungsverhal-ten. Hier sollten die wissenschaftlichen Erkenntnisse noch in-tensiver in die tägliche Praxis übertragen werden:• häufiger Naproxen verordnen,

• tunlichst kein Diclofenac verschreiben,

• jegliche NSAR so niedrig wie möglich dosieren,

• wenn es irgendwie geht, keine chronische Therapie bei älteren Pa-

tienten.

HerzlichIhr

Michael M. Kochen

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

EDITORIAL / EDITORIAL 97.............................................................

EBM-SERVICE / EBM SERVICEMagenschutz mit PPI bei NSAR-TherapieGastroprotection with PPI in NSAID Therapy 99...........................................Was tun bei Therapieversagen einer Eradikation des Helicobacter pylori?What to do in Case of an Initial Failure of Helicobacter Pylori Eradication? 103...Malignitätsrisiko bei Hashimoto-ThyroiditisRisk of Malignancy in Hashimoto Thyroiditis 106.........................................

DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS 108.....................................

ORIGINALARBEITEN / ORIGINAL PAPERSWie wird das Blockpraktikum Allgemeinmedizin evaluiert?How to Assess the Practical Training Courses in Family Practice?Jeannine Schübel, Ralf Jendyk, Kathrin Kohlen, Stefan Heberger, Eva Rempis, Bettina Heberger, Georg Schlagberger, Carola Thumm-Söhle, Konrad Schmidt, Jürgen Berghold, Karen Voigt (6. Professionalisierungskurs der DEGAM) 111................

AUSBILDUNG / EDUCATION2. Summerschool AllgemeinmedizinStefan Bojanowski, Sandra Lange, Annika Laube, Jeannine Schübel, Kristin Seele, Antje Bergmann 117...................................................................

KOMMENTAR/MEINUNG / COMMENTARY/OPINIONInseln der Humanität – Warum es Hospizen nicht gestattet sein sollte, betriebswirtschaftlich zu arbeiten Iles of Humanity – Why Hospices Should Not Be Permitted to Operate EconomicallyThomas Joist 120.......................................................................................

ORIGINALARBEITEN / ORIGINAL PAPERSVereinbarkeit von Forschung und Facharztweiterbildung in der AllgemeinmedizinCombining Clinical Training and Research in Family MedicineWolfram J. Herrmann, Thomas Kötter, Tobias Freund, Solveig Carmienke 122..............

Patientenzentriertes Behandlungsmanagement –Ein Konzept aus einer akademischen LehrpraxisPatient-Centered Health Care Management – A Concept Developed in a Teaching practiceBirgitta Weltermann, Petra Kempis, Sabrina Reinders, Stefan Gesenhues 127...............

FALLBERICHT / CASE REPORTFremdkörper im Ductus choledochus – eine ungewöhnliche Ursache für BauchschmerzenA Foreign Body in the Bile Duct – an Uncommon Cause of Abdominal PainChristoph Bideau, Peter Obermann, Rolf Neuser 133.............................................

41-jähriger Mann mit Penisschmerz41-year-Old Man with Penis PainJörg Schelling, Sibylla Krane 137.....................................................................

DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS 140..................................

KONGRESSE / CONGRESSGedanken zur quantitativen Erforschung des Nutzens kommunikativer InterventionenTheodor Dierk Petzold 141............................................................................

AUTORENRICHTLINIEN / AUTHOR GUIDELINES 143....................

IMPRESSUM / IMPRINT 144..............................................................

Titelgrafik: © Martin C. Eschholz

98 INHALTSVERZEICHNIS / TABLE OF CONTENTS

ZFAZeitschrift für Allgemeinmedizin

Organ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familien-medizin (DEGAM),

der Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA),

der Salzburger Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SAGAM),

der Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SüGAM),

der Tiroler Gesellschaft für Allgemein-medizin (TGAM)

Official Journal of the German College of General Practitioners and Family Physicians,

the Society of Professors of Family Medicine,

the Salzburg Society of Family Medicine,

the Southtyrolean College of General Practitioners,

the Tyrolean College of General Practitioners

Herausgeber/Editors M. M. Kochen, Freiburg (federführend) H.-H. Abholz, Düsseldorf S. Rabady, Windigsteig W. Niebling, Freiburg im Breisgau A. Sönnichsen, Witten

Internationaler Beirat/International Advisory Board J. Beasley, Madison/Wisconsin, USA; F. Buntinx, Leuven/Belgien; G.-J. Dinant, Maastricht/NL; M. Egger, Bern/CH; E. Garrett, Columbia/Missouri, USA; P. Glasziou, Robina/Australien; T. Greenhalgh, London/UK; P. Hjort-dahl, Oslo/Norwegen; E. Kahana, Cleve-land/Ohio, USA; A. Knottnerus, Maas-tricht/NL; J. Lexchin, Toronto/Ontario, Kanada; C. del Mar, Robina/Australien; J. de Maeseneer, Gent/Belgien; P. van Royen, Antwerpen/ Belgien; F. Sullivan, Dundee/Schottland, UK; P. Tschudi, Basel/CH; C. van Weel, Nijmegen/NL; Y. Yaphe, Porto/Portugal

Koordination/Coordination J. Bluhme-Rasmussen

This journal is regularly listed in EMBASE/Excerpta Medica, Scopus and CCMED/MEDPILOT

Dieselstraße 2, 50859 KölnPostfach/P.O. Box 40 02 54,50832 KölnTelefon/Phone: (0 22 34) 70 11–0www.aerzteverlag.dewww.online-zfa.de

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Magenschutz mit PPI bei NSAR-TherapieGastroprotection with PPI in NSAID Therapy

FrageBei einer Therapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) oder einer Thrombozytenaggregationshemmung mit Acetylsalicylsäure (ASS) verschreiben Ärzte immer öf-ter zum Magenschutz Protonenpumpenhemmer (PPI). In welchen Fällen ist diese Magenschutztherapie wirklich in-diziert, und bietet eine hohe Dosierung der PPI besseren Schutz vor ernsthaften gastrointestinalen Komplikationen als eine Standarddosierung?

AntwortDa eine Magenschutztherapie mit PPI bei NSAR- oder ASS-Dauertherapie die Inzidenz ernstzunehmender gas-trointestinaler Komplikationen deutlich senken kann, wird die Indikation zur Magenschutztherapie mit PPI recht großzügig gestellt, wenn eine NSAR- oder ASS-Dauerthe-rapie notwendig ist (deren Indikation im Gegensatz dazu streng zu stellen ist).Einfache und präzise Empfehlungen zur Magenschutzthe-rapie bei NSAR-Dauertherapie, die darüber hinaus das kardiovaskuläre Risiko der NSAR-Dauertherapie mitein-beziehen, geben die Leitlinien des American College of Gastroenterology: Je nach Höhe von gastrointestinalem und kardiovaskulärem Risiko empfehlen diese zu den kon-kreten Konstellationen den PPI-Magenschutz zusammen mit Dauertherapien mit allen nichtsteroidalen Antiphlo-gistika (einschließlich COX-2-Hemmern) oder aber den kompletten Verzicht auf diese Medikamente zugunsten von reinen Analgetika oder Opiaten (Details siehe Voll-text).Ob eine höhere Dosierung als „eine Standarddosis PPI einmal täglich“ einen besseren oder eine niedrigere Dosis auch einen ausreichenden Schutz vor ernsthaften gastro-intestinalen Komplikationen bei NSAR- oder ASS-Dauer-therapie bietet, ist nicht bekannt.

Hintergrund

Die Behandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) stellt zur heuti-gen Zeit die meistverschriebene Thera-pie in Europa und Nordamerika dar. Dies beruht auf ihrer schmerzlindernden, fie-bersenkenden und entzündungshem-menden Wirkung. Die Thrombozyten-aggregationshemmung mit ASS ist als

Sekundärprophylaxe bei Koronarer Herzkrankheit, Arteriosklerose der hirn-versorgenden Arterien und peripherer arterieller Verschlusskrankheit etabliert.

Die Gastrotoxizität von ASS und NSAR beruht auf der Hemmung des En-zyms Cyclooxygenase COX-1 in der Ma-genschleimhaut, das in der Produktion der Magenschleimhaut-Prostaglandine mengenbestimmend ist. Diese gewähr-

leisten – neben einer geringen Hem-mung der Magensäurebildung (antise-kretorisch) – den Schutz der Magen-schleimhaut vor der Magensäure (Zyto-protektion) über folgende Mechanis-men: • Sie sorgen in den Epithelzellen der

Magenschleimhaut für die Bildung des schützenden Oberflächen-schleims, des intrazellulär säureneu-

QuestionDoctors prescribe ever more proton pump inhibitors (PPI) for gastric protection when nonsteroidal antiinflammatory drugs (NSAIDs) or inhibitors of platelet aggregation such as aspirin are administered. In which situations is this gas-tric protection therapy really indicated, and does a high dose of PPI provide a better protection from serious gas-trointestinal complications than a standard dose?

AnswerTreatment with PPI as gastric protection with NSAID or aspirin long term therapy may clearly reduce the inci-dence of serious gastrointestinal complications. The indi-cation for gastric protection therapy with PPI can be gen-erously provided when an NSAID or aspirin long term therapy is necessary (their indication, in contrast, shall be made severely).Simple and precise recommendations for gastric protec-tion therapy in NSAID long term therapy, which also in-volve the cardiovascular risk of NSAID long term therapy, are given by the guidelines of the American College of Gastroenterology. Depending on the level of gastrointes-tinal and cardiovascular risk, these guidelines recommend (for the specific constellation described) either PPI gastro-protection together with NSAIDs including COX-2 in-hibitors , or the complete waiver of these drugs in favor of pure analgesics or opiates (for details see full text).It is not known whether a higher dose than “a standard dose PPI once a day” provides better protection, or a lower dose also provides adequate protection against seri-ous gastrointestinal complications with NSAID or aspirin therapy.

99EBM-SERVICE / EBM SERVICE

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

tralisierenden Bikarbonats und der schützenden Phospholipide der Zell-membran,

• sie erhöhen die Durchblutung und Oxygenierung der Schleimhaut durch Vasodilatation und

• sie erhöhen das Nachwachsen (Rege-neration) und das Nachrücken (Resti-tution) abgestorbener Epithelzellen der Magenschleimhaut [1].

Die gastrointestinale Toxizität von NSAR und ASS kann sich klinisch in drei verschiedenen Arten auswirken: dyspep-tische Beschwerden (Brechreiz und epi-gastrische Schmerzen) ohne Geschwüre, gastroskopisch nachweisbare Erosionen und Geschwüre mit oder ohne Beschwer-den sowie gefährliche gastrointestinale Komplikationen wie Gastrointestinal-blutungen, Magenperforation und To-desfälle. Diese drei Entitäten korrelieren schlecht miteinander: Bei Patienten in chronischer Therapie mit NSAR findet man in 40 % der Fälle endoskopisch nachweisbare Magengeschwüre, die aber zu 85 % keinerlei Beschwerden ma-chen. Ernstzunehmende Komplikatio-nen treten „nur“ bei 1,5 % der Patienten in chronischer NSAR-Therapie pro Jahr auf, aber bei der Häufigkeit der lebens-lang verschriebenen NSAR- und ASS-Therapien stellt dies ein beträchtliches klinisches und wirtschaftliches Problem dar [2].

Nach Entdeckung der „selektiveren“ COX-2-Hemmer mit ihrer vergleichs-weise geringeren gastrointestinalen To-xizität hatte sich das Verschreibungsver-halten der Ärzteschaft in Richtung die-ser neuen Substanzklasse geändert. Al-lerdings stellte sich mit der Zeit der Un-terschied als nicht so groß wie erwartet dar; dazu kam deren höhere kardiovas-kuläre Toxizität zum Vorschein [3].

Kurzdauernde Behandlungen mit NSAR, bis zu einer Woche, führen nor-malerweise zu keiner ernsthaften gastro-intestinalen Toxizität [1]. Diese ist „durchschnittlich nicht vor Ablauf eini-ger Wochen“ Therapie mit NSAR oder ASS zu erwarten [3], laut einer Meta- analyse bedarf es einer durchgehenden Therapie mit NSAR von durchschnitt-lich 84 Tagen bis zum Auftreten ernst-zunehmender gastrointestinaler Kom-plikationen, außer beim Indometacin, bei dem schon bei Therapien unter einer Woche das Risiko erhöht war und nach 14 Tagen am höchsten war [4]. Die meis-

ten gastrointestinalen Komplikationen treten innerhalb der ersten drei Monate der Therapie mit NSAR oder ASS auf, da-nach nimmt die Inzidenz wieder deut-lich ab [1].

Suchbegriffe / Suchfrage (PICO = Population, Interven-tion, Comparison, Outcome)

NSAID, Aspirin, gastrointestinal risk, gastrointestinal toxicity, NSAID-related ulcer, drug induced gastrointestinal mu-cosal injury, NSAID-induced gastroin-testinal complication, NSAID-related gastrointestinal side effects, gastropro-tection, proton pump inhibitors, PPI

Suchstrategie

Wir durchsuchten die internationalen Leitliniensammlungen sowie die Sekun-därdatenbanken Cochrane, Clinical Evi-

dence und UpToDate. Die Primärliteratur haben wir nicht systematisch durch-sucht.

Ergebnisse

• Die gastrointestinale Toxizität von NSAR und ASS wird durch mannigfal-tige Faktoren beeinflusst. Das Patien-tenalter gilt allgemein als Risikofaktor für gastrointestinale Komplikationen bei Dauertherapien mit NSAR oder ASS. Bei jungen Patienten ohne weite-re anamnestische oder klinische Risi-kofaktoren kann auch bei einer NSAR-Dauertherapie eine Magenschutz-behandlung mit PPI unterbleiben [2, 3, 6]. Mit zunehmendem Alter nimmt das Risiko ernstzunehmender gastro-intestinaler Komplikationen linear zu [7], und einige Leitlinien zählen das Alter ab dem 60. Lebensjahr [8], ande-re ab dem 65. [2, 6, 9, 10] oder dem 70. Lebensjahr [11] als unabhängigen Ri-sikofaktor.

• Die Komorbiditäten können das Risi-ko ernstzunehmender gastrointesti-naler Komplikationen bei einer The-rapie mit NSAR oder ASS erhöhen. Patienten mit rheumatoider Arthritis haben im Vergleich zu Patienten oh-ne diese Erkrankung bei derselben NSAR-Therapie ein höheres Risiko ernstzunehmender gastrointestina-

ler Komplikationen [4] genauso wie Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa [9]. Die bedeutendste Komorbidität stellt aber die Helico-bacter pylori-Infektion dar: Bei Ulkus-krankheit in der Anamnese oder nach einer Gastrointestinalblutung durch NSAR sollte bei Patienten, die eine Dauertherapie mit NSAR oder ASS beginnen oder weiterführen müssen, eine H.p.-Testung obligat sein [3, 12, 13]. Aber auch bei asymp-tomatischen Patienten, die eine chronische Therapie mit NSAR oder ASS beginnen müssen, kann die Tes-tung auf H. p. – mit eventuell folgen-der Eradikation – das Risiko ernsthaf-ter gastrointestinaler Komplikatio-nen senken [3] und wird von einigen Autoren empfohlen [3, 6].

• Verschiedene Komedikationen kön-nen die gastrointestinale Toxizität ei-ner Dauertherapie mit NSAR oder ASS erhöhen. Bei Patienten, die gleichzei-tig Glukokortikoide (ulzerogen) oder orale Antikoagulanzien (blutungsför-dernd) einnehmen, ist die Risikoerhö-hung für gastrointestinale Komplika-tionen gut belegt [7–10, 13]. Neulich wurde aber auch für die Komedikati-on von NSAR mit Clopidogrel [1, 12] (da blutungsfördernd) sowie mit Bisphosphonaten [9] oder SSRI [14] (beide ulcerogen) ein erhöhtes Risiko für gastrointestinale Komplikationen nachgewiesen.

• Die individuelle „anamnestische gastrointestinale Unverträglichkeit auf NSAR und ASS“, frühere Ulkus-erkrankungen oder gar Gastrointesti-nalblutungen gelten als starke Risiko-faktoren für erneute gastrointestinale Komplikationen [1, 6–10, 12, 13, 15]. Man vermutet hinter dieser individu-ellen genetischen Veranlagung eines Patienten den Polymorphismus des Zytochromes P450 2C9, wobei NSAR langsamer abgebaut werden und die Patienten einer längeren und stärke-ren ulzerogenen Wirkung des NSAR exponiert sind [1].

• Zur Schädigung der Magenschleim-haut unter NSAR- oder ASS-Dauerthe-rapie bedarf es der Magensäure, ohne die es zu keiner Schädigung kommt [1]. Die Protonenpumpenhemmer (PPI) können durch die Blockade der Säurebildung nicht nur die dyspepti-schen Beschwerden [2] und die endo-skopisch nachweisbaren Ulzera in

100 EBM-SERVICE / EBM SERVICE

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Magen und Duodenum reduzieren [2, 16], sondern auch die symptomati-schen Ulzera [3, 17] und die gastroin-testinalen Blutungen [13].

• In den Leitlinien, Reviews und zitier-ten Studien ist bei den Magenschutz-therapien mit Protonenpumpenhem-mern fast ausschließlich von „Stan-darddosierungen“ der PPI (Omepra-zol 20 mg, Lansoprazol 30 mg, Panto-

prazol 40 mg, Esomeprazol 20 mg) einmal täglich die Rede [2, 9, 10, 18–20]. In einem Vergleich schnitten 20 mg und 40 mg Esomeprazol ohne signifikante Unterschiede ab [3]. Da-rüber hinaus liegen offensichtlich kei-ne dosisvergleichenden Studien vor.

• Die Überwachung von Patienten in Dauertherapie mit NSAR ist nicht leicht, denn viele Patienten sind bis

kurz vor Eintreten schwerwiegender gastrointestinaler Komplikationen beschwerdefrei. Neben den epigastri-schen Schmerzen sollte man auch auf Zeichen von Anämie und/oder Eisen-mangel bzw. Melena achten [3].

• Es sei daran erinnert, dass auch die PPI-Dauertherapien nicht frei von Ri-siken sind: Wechselwirkung mit Anti-koagulanzien, erhöhtes Risiko für

Abbildung Empfehlungen zur PPI-Magenschutztherapie bei NSAR-Dauertherapie (modifiziert nach Lanza FL, Chan FK, Quigley EM, Practice Par-

ameters Committee of the American College of Gastroenterology. Guidelines for prevention of NSAID-related ulcer complications. Am J Gastroente-

rol 2009; 104: 728)

101EBM-SERVICE / EBM SERVICE

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Clostridium difficile-Colitis, langfris-tig erhöhtes Risiko für Osteoporose [2], die allerdings kürzlich infrage ge-stellt wurde [22].

• Die bisher detailliertesten Empfeh-lungen zur PPI-Magenschutztherapie bei NSAR-Dauertherapie gibt das Practice Parameters Committee of the

American College of Gastroenterology in seinen Guidelines for prevention of

NSAID-related ulcer complications [6] (siehe Abbildung).

Kommentar

Wir schließen uns den Empfehlungen des American College of Gastroenterology an.

September 2012Simon Kostner für das EbM-Team

Südtiroler Akademie für

Allgemeinmedizin SAkAM, Bozen

1. Feldman M. NSAIDs (including aspi-rin): Pathogenesis of gastroduodenal toxicity. UpToDate. Literature review current through: Jul 2012. This topic last updated: Nov 1, 2010. Online avai-lable: www.uptodate.com (aufgerufen 31.08.2012)

2. Rostom A, Dube C, WellsGA, et al. Pre-vention of NSAID-induced gastroduo-denal ulcers. Cochrane Database of Sys-tematic Reviews 2002, Issue 4. Art. No.: CD002296.

DOI: 10.1002/14651858.CD0022963. Feldman M. NSAIDs (including aspi-

rin): Primary prevention of gastroduo-denal toxicity. UpToDate. Literature re-view current through: Jul 2012. This to-pic last updated: Mai 8, 2012. Online available: www.uptodate.com

(aufgerufen 31.08.2012)4. Richy F, Bruyere O, Ethgen O, et al. Ti-

me dependent risk of gastrointestinal complications induced by non-steroi-dal anti-inflammatory drug use: a con-sensus statement using a metaanalytic approach. Ann Rheum Dis 2004; 63: 759

5. Petroski D. Endoscopic comparison of three aspirin preparations and placebo. Clin Ther 1993; 15: 314

6. Lanza FL, Chan FK, Quigley EM, Practi-ce Parameters Committee of the Ame-rican College of Gastroenterology. Gui-delines for prevention of NSAID-rela-ted ulcer complications. Am J Gastro-enterol 2009; 104: 728

7. Scottish Intercollegiate Guidelines Net-work (SIGN). Management of early rheumatoid arthritis. Edinburgh: SIGN; 2011. (SIGN publication no. 123). Avai-lable from URL: http://www.sign.ac.uk (aufgerufen 31.08.2012)

8. Michigan Quality Improvement Con-sortium. Medical management of adults with osteoarthritis. Southfield (MI): Michigan Quality Improvement Consortium; 2011 Aug. 1 p.

9. New Zealand Guidelines Group. Ma-nagement of Dyspepsia and Heartburn. Evidence-based Best Practice Guideline June 2004. Online available: http://www. nzgg.org.nz (aufgerufen 26.08.2012)

10. Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Helico-bacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. AWMF-Leitlinien-Re-gister Nr. 021/001. Online verfügbar:

http://www.awmf.org/uploads/tx_ szleitlinien/021–001_S3_Helicobacter_ pylori_und_gastroduodenale_

Ulkuskrankheit_12–2008_12–2013.pdf (aufgerufen 31.08.2012)

11. Bundesärztekammer (BÄK), Kassen -ärztliche Bundesvereinigung (KBV), Ar-beitsgemeinschaft der Wissenschaftli-chen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeit-linie Kreuzschmerz – Langfassung. Ver-sion 1.X. 2010. Online verfügbar:

http://www.versorgungsleitlinien.de/ themen/kreuzschmerz

(aufgerufen 31.08.2012)12. Bhatt DL, Scheiman J, Abraham NS, et

al. ACCF/ACG/AHA 2008 expert con-sensus document on reducing the gastrointestinal risks of antiplatelet therapy and NSAID use. Am J Gastroen-terol 2008; 103: 2890

13. Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Helico-bacter pylori und gastroduodenale Ul-kuskrankheit. AWMF-Leitlinien-Regis-ter Nr. 021/001. Online verfügbar:

http://www.awmf.org/uploads/tx_ szleitlinien/021–001_S3_Helicobacter_ pylori_und_gastroduodenale_ Ulkuskrankheit_12–2008_12–2013.pdf (aufgerufen 31.08.2012)

14. Loke YK, Trivedi AN, Singh S. Meta-analysis: gastrointestinal bleeding due to interaction between selective seroto-nin uptake inhibitors and non-steroi-dal anti-inflammatory drugs. Aliment Pharmacol Ther 2008; 27: 31

15. Feldman M. NSAIDs (including aspi-rin): Treatment of gastroduodenal toxi-city. UpToDate. Literature review cur-rent through: Jul 2012. This topic last updated: Aug 4, 2011. Online available: www.uptodate.com

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16. Gøtzsche PC. NSAIDs. Clin Evid 2010; 06: 1108

17. Koch M, Dezi A, Ferrario F, Capurso I. Prevention of nonsteroidal anti-in-flammatory druginduced gastrointesti-nal mucosal injury. A meta-analysis of randomized controlled clinical trials. Arch Intern Med 1996; 156: 2321

18. National Collaborating Centre for Chronic Conditions. Osteoarthritis: national clinical guideline for care and management in adults. London: Royal College of Physicians, 2008. Online available: http://www.nice.org.uk/

nicemedia/live/11926/39720/39720.pdf (aufgerufen 31.08.2012)

19. National Institute for Health and Clini-cal Excellence. Low back pain, early management of persistent non-specific low back pain. NICE clinical guideline 88 , Issue date: May 2009. Online avai-lable: www.nice.org.uk/CG88

(aufgerufen 31.08.2012)20. Guidelines and Protocols Advisory

Committee (BC). Osteoarthritis in Peri-pheral Joints – Diagnosis and Treat-ment. Effective Date: September 15, 2008 Online available:

http://www.bcguidelines.ca/pdf/oa.pdf (aufgerufen 31.08.2012)21. Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung

für Schmerztherapie. S3-Leitlinie. Be-handlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

(AWMF- Register Nr. 041/001) Stand: 21.05.2007 inkl. Änderungen vom

20. 04. 2009. Online verfügbar: http://www.awmf.org/uploads/tx_

szleitlinien/041–001_S3_Behandlung_ akuter_perioperativer_und_ posttraumatischer_Schmerzen_ aktualisierte_Fassung_04–2009_05– 2011.pdf (aufgerufen 31.08.2012)

22. Targownik LE, Leslie WD, Davison KS, et al. The relationship between proton pump inhibitor use and longitudinal change in bone mineral density: a popu -lation-based study from the Canadian Multicentre Osteoporosis Study (Ca-Mos). Am J Gastroenterol 2012; 107: 1361–1369

Literatur

102 EBM-SERVICE / EBM SERVICE

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

Was tun bei Therapieversagen einer Eradikation des Helicobacter pylori?What to do in Case of an Initial Failure of Helicobacter Pylori Eradication?

FrageGibt es Empfehlungen zur Therapie bei HP (Helicobacter pylori) positiven Patienten nach erfolglosem erstem Eradi-kationsversuch?

AntwortEs gibt mehrere Therapieoptionen in der Zweitlinienthe-rapie der HP-Eradikation, wobei keines der gefundenen Schemata eine Überlegenheit gegenüber den anderen zeigte. Mitentscheidend für den Therapieerfolg ist hierbei vor allem die Therapiedauer, Rauchstopp und Compli- ance. Probiotika können beim Auftreten von Nebenwir-kungen der Antibiotikatherapie (Durchfall) eingesetzt werden. Bei mehrmaligem Therapieversagen sollte eine Resistenztestung in vitro erwogen werden.

Hintergrund

Für die Eradikationstherapie des HP steht dem Arzt eine breite Palette von Arznei-mitteln und deren Kombinationen zur Verfügung. Bei allen Therapieschemata liegt die Erfolgsquote bei ca. 80 % [1]. Es stellt sich jedoch die Frage, wie bei initia-lem Therapieversagen weiter therapeu-tisch vorgegangen werden sollte.

Suchbegriffe / Suchfrage (PICO = Population, Interven-tion, Comparison, Outcome)

Helicobacter pylori AND eradication, management of helicobacter pylori in-fection, dyspepsia, ulcer disease AND helicobacter pylori

Suchstrategie

Wir durchsuchten die internationalen hausärztlichen Leitliniendatenbanken und fanden verwertbare Aussagen zur Fragestellung in: SIGN (Scottish Inter-collegiate Guidelines Network, UK), NICE (National Institute for Health and Clinical Excellence, UK), NZGG (New Zealand Giudelines Group, NZL), Fin-nische EbM-Guidelines (The Finnish Medical Society Duodecim, FIN). Meh-rere Leitlinien von Fachgesellschaften wurden berücksichtigt. In Sekundär-datenbanken fanden sich verwertbare Aussagen in UpToDate. Die Primärlitera-tur wurde nicht systematisch durch-sucht.

Ergebnisse

Mögliche Ursachen des Scheiterns: • Für die rund 20 % der Patienten, bei

denen die Ersttherapie erfolglos bleibt, kann u.a. die Resistenzlage des Erregers verantwortlich sein [1]. So sind vor allem Resistenzen auf Clarithromycin und Metronidazol weit verbreitet [2]. Eine Resistenz-bestimmung ist zwar grundsätzlich möglich, jedoch zum einen oft schwer verfügbar [3], zum anderen wird häufig eine Diskrepanz von In-vivo- und In-vitro-Wirksamkeit be-obachtet [1]. Die Zweitlinientherapie kann daher also ohne vorherige Re-sistenzbestimmung erfolgen (Ia A) [1]. Bei mehrmaligem Therapieversa-gen sollte laut der meisten Autoren

QuestionAre there any recommendations for the management of HP (helicobacter pylori) positive patients after initial treat-ment failure?

AnswerThere are a number of therapeutic options for the man-agement of persistent HP-infection after initial treatment failure, although none of the found treatment regimens shows to be superior compared to the others. Crucial for a successful treatment are duration of therapy, smoking cessation and compliance. Probiotic agents may be con-sidered if adverse effects occur (diarrhea). If repeated treatment failure occurs, in-vitro assays for bacterial resis-tance may be considered.

103EBM-SERVICE / EBM SERVICE

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

eine Resistenzbestimmung erwogen werden (B) [1–5].

• Mangelnde Compliance kann den Therapieerfolg wesentlich beeinflus-sen. Viele der zur Verfügung stehen-den Therapien sind kompliziert und bedingen eine große Zahl an Tablet-ten, welche täglich eingenommen werden müssen. Die Compliance muss bei Therapieversagen hinter-fragt werden [1, 4]. Es ist essenziell, den Patienten zur Therapie zu ermuti-gen, auch falls leichte Nebenwirkun-gen auftreten sollten [6].

• Rauchen vermindert die Eradikations-raten und verzögert die Heilung von eventuell vorhandenen Ulzera [1, 7].

• Auch das Ausmaß der Säurehem-mung bestimmt den Therapieerfolg wesentlich. Er wird vor allem beein-flusst von Einnahmefrequenz und Dosis des PPI (Protonenpumpeninhi-bitoren). Hierbei sollte man wissen, dass vor allem Esomeprazol (racemati-sches Omeprazol) und Lansoprazol in ihrer Wirkung stark vom genetisch determinierten Polymorphismus Cyp P-450 2C19 abhängig sind [1]. Somit sollten diese beiden PPIs in der Eradi-kation nicht verwendet werden. Die Einnahme von hochdosierten PPI (2-fache Standarddosis) erhöht hinge-gen den Eradikationserfolg und wird empfohlen (Ib A) [5]. Die Standarddo-sen (die in der Eradikation ja verdop-pelt werden sollten) für PPI sind: Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg, oder Rabeprazol 20 mg [6]. Diese Sub-stanzen haben die gleiche Wirksam-keit und können nach Belieben äqui-valent gegeneinander ausgetauscht werden (gilt auch für untenstehende Schemata) [1, 6].

Auswahl des Antibiotikums bei der Zweittherapie

Grundsätzlich kann man sagen, dass Antibiotika, welche in der Erstlini-entherapie verwendet wurden, nicht nochmals zum Einsatz kommen sollten [2, 3]. Insbesondere gilt dies, falls Ma-krolide (Wahrscheinlichkeit einer Re-sistenz bei Therapieversagen > 50 %) und Imidazole (Metronidazol, Tinida-zol) verwendet wurden. Laut der Leit-linien gilt dies nicht für Amoxicillin. Aufgrund der Tatsache, dass dieses praktisch nie Resistenzen induziert, kann es auch in der Zweitlinientherapie

wieder eingesetzt werden [1, 6]. Mögli-che Antibiotika der zweiten Linie (vor allem in Ländern, wo Bismuth nicht mehr erhältich ist) sind Kombinatio-nen mit Quinolonen (Levofloxacin, Moxifloxacin) oder Rifabutin, welche mit allen genannten Antibiotika kom-biniert werden können. Rifabutin ist in der Zweitlinientherapie auch Mittel der Wahl bei bestehender Penicillinallergie [1, 2]. Trotz der guten Wirksamkeit soll-te berücksichtigt werden, dass Quino-lon-Resistenzen weltweit im Steigen be-griffen sind (IIb B) [5].

Therapiedauer

Die optimale Therapiedauer wird gegen-wärtig kontrovers diskutiert. Eine Ver-längerung der Therapie von 7 Tage auf 10–14 Tage erhöht die Eradikationsrate [2, 3] um 5 % (Ia A) [5] bzw. 10 % [8]. Die Verlängerung der Therapiedauer ist we-gen mangelnder Kosteneffizienz nicht für die Erstlinientherapie empfohlen, sondern nur für persistente Infektionen bzw. in der Zweitlinientherapie (D) [8]. Eine Leitlinie sieht hingegen keinen Vorteil in einer verlängerten Therapie-dauer [9].

Empfohlene Kombinationen

Siehe Tabelle.

Probiotika

Probiotika können Nebenwirkungen (Durchfall) einer erneuten Antibiose vermindern [1, 5].

Kommentar

Es gibt mehrere vielsprechende Thera-pieoptionen bei persistenter HP-Infekti-on. Grundsätzlich gilt, dass Antibiotika – mit Ausnahme des Amoxicillins –, die primär zur Eradikation verwendet wur-den, nicht wieder eingesetzt werden sollten. In Ländern, in denen Bismuth-Salze erhältlich sind, kann sicher die Quadrupel-Therapie als Therapie der ersten Wahl gesehen werden. In Län-dern, in denen Bismuth nicht mehr er-hältlich ist, kann eine Levofloxacin-ba-sierte Trippeltherapie eingesetzt wer-den. Studien zum Vergleich des Erfolges der unterschiedlichen Schemata bei Zweiteinsatz gibt es nicht. Generell gilt, dass die Therapiedauer auf 10–14 Tage verlängert werden und Faktoren, die

Tabelle Empfohlene Antibiotikakombinationen

Bismuth enthaltende Schemata

oder

oder

Schemata ohne Bismuth

oder

oder

oder

Quadrupel-Therapie mit Omeprazol 20 mg 1–0–1 + Clarithromycin 500 mg 1–0–1 + Colloidaler Bismuth 120 mg (1–1–1–1) + Amoxicillin 1000 mg 1–0–1 (oder Metronidazol 400 mg 1–0–1). Bei Patienten mit Penicillin-Allergie sollte anstelle von Amoxicillin Metronidazol verwen-det werden (A). Eine Therapiedauer von 14 Tagen sollte erwogen wer-den (C) [4].

Quadrupel-Therapie mit Omeprazol 20 mg 1–0–1, Metronidazol 500 mg 1–0–1, Tetracyclin 500 mg 1–0–1, Bismuthsalz 240 mg 1–0–1 für 10–14 Tage, ist eine mögliche Alternative falls initial bereits ein Ma-krolid verwendet wurde [2, 3]

Omeprazol 20 mg 1–0–1 plus 2 der folgenden Substanzen (Clarithro-mycin 500 mg 1–0–1, Amoxicillin 1000 mg 1–0–1, Metronidazol 400 mg 1–0–1, Tinidazol 500 mg 1–0–1, Tetracyclin 500mg 1–1–1–1, Colloidales Bismuth 120 mg 1–1–1–1) (A) [4]

In Deutschland ist Bismuth nicht mehr erhältlich und so kann/muss hier auf die Quadrupeltherapie verzichtet werden. Mögliche Zweitlini-entherapien sind hier [1]: Omeprazol 20 mg 1–0–1, Levofloxacin 500 mg 1–0–0, Amoxicillin 1000 mg 1–0–1 für 10 Tage (laut einer weiteren Leitlinie besser in Ver-träglichkeit und Effizienz als Quadrupeltherapie mit Bismuth) [3,5]

Omeprazol 20 mg 1–0–1, Levofloxacin 500 mg 1–0–0, Rifabutin 150 mg 1–0–1 für 10 Tage (z.B. bei Penicillinallergie)

Omeprazol 20 mg 1–0–1, Metronidazol 400 mg 1–1–1, Amoxicillin 1000 mg 1–0–1 für 14 Tage

Omeprazol 40 mg 1–1–1, Amoxicillin 750 mg–1000 mg 1–1–1 für 14 Tage [1]

104 EBM-SERVICE / EBM SERVICE

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den Therapieerfolg negativ beeinflussen könnten, minimiert werden sollten (Rauchen, Non-compliance). Bei mehr-maligem Therapieversagen sollte eine Resistenztestung in vitro zumindest an-gedacht werden.

Februar 2013Christoph Gögele für das EbM-Team

Südtiroler Akademie für

Allgemeinmedizin SAkAM, Bozen

1. Fischbach W, Malfertheiner P, Hoff-mann J, et al. Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. Ar-beitsgemeinschaft der Medizinischen Wissenschaftlichen Fachgesellschaf-ten e.V. (AWMF); 021/001. Düsseldorf, GER. Stand 12/2008, nächste Über-arbeitung geplant 2013. Online:

http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/021–001.html (Stand 17.01.13)

2. Crowe ES. Treatment regimens for He-licobacter pylori. UpToDate. Literature review current through: Dec 2012. Last update Apr 2012. Online: www.uptodate.com (Stand 17.01.13)

3. Chey WD, Wong BCY. American Col-lege of Gastroenterology guideline on the management of Helicobacter pylo-ri infection. Am. J. Gastroenterol. Au-gust 2007; 102: 1808–25

4. New Zealand Guidelines Group (NZGG). Management of dyspepsia and heartburn; Evidence-based Best Practice Guideline. Wellington, NZL. Juni 2004. Online: http://www.health.govt.nz/publication/management-dyspepsia-and-heartburn

(Stand 17.01.13)

5. Malfertheiner P, Megraud F, O’Morain CA, et al. Management of Helicobacter pylori infection – the Maastricht IV/Florence Consensus Report. Gut. Mai 2012; 61: 646–64

6. Pikkarainen P. Therapie bei Dyspepsie, Ulcus pepticum und Helicobacter- pylori-Infektion. EBM-Guidelines.

15.02.2010. Artikel ID ebd00162 (008.032). Online: www.ebm- guidelines.at (Stand 17.01.13)7. Crowe ES. Management of duodenal

ulcers in patients infected with Helico-bacter pylori. UpToDate. Literature re-view current through Dec 2012. Last update Jan 2012. Online: www.uptodate.com (Stand 17.01.13)

8. National Institute for health and clini-cal excellence (NICE). Clinical Guideli-ne 17: Dyspepsia. London, UK. August 2004. [Internet]. [zitiert 17. Januar 2013]. Online: http://guidance.nice. org.uk/CG17/NICEGuidance/pdf/English (Stand 17.01.13)

9. Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN). Guideline 68: Dys-pepsia. Edinburgh, UK. März 2003.

Online: http://www.sign.ac.uk (Stand 17.01.13)

Literatur

105EBM-SERVICE / EBM SERVICE

DEGAM-NEWSLETTERImmer gut informiert

Seit zwei Jahren verschickt die DEGAM-Bundesgeschäftsstelle exklusiv an die Mitglieder den

E-Mail-Newsletter DEGAM aktuell. Dieser Informationsdienst beinhaltet sowohl Neuigkeiten aus

dem Präsidium, den Sektionen und Arbeitsgemeinschaften sowie der Leitlinien-Geschäftsstelle

als auch aktuelle Mitteilungen zu den Rubriken Personalia, Veranstaltungen und Stellen -

ausschreibungen. Die bisher versandten Ausgaben können im passwortgeschützten internen

Bereich unter

www.degam.de

eingesehen werden. Interessenten schicken bitte einfach eine E-Mail mit dem Betreff

„DEGAM aktuell“ an:

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■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

Malignitätsrisiko bei Hashimoto-ThyroiditisRisk of Malignancy in Hashimoto Thyroiditis

FrageGenügt bei der Nachsorge von PatientInnen, die unter ei-ner Hashimoto-Thyroiditis leiden, die klinische Betreuung durch den Hausarzt, oder sollten diese PatientInnen auf-grund eines möglicherweise erhöhten Malignitätsrisikos durch regelmäßige Spezialisten-Visiten samt Bildgebung überwacht werden?

AntwortEin erhöhtes Malignitätsrisiko bei der Hashimoto-Thyroidi-tis ist umstritten. Es gibt widersprüchliche Ergebnisse bei den publizierten Untersuchungen. Patienten mit Hashi-moto-Thyroiditis haben häufig Knotenbildungen der Schilddrüse; ob sie aber häufiger Schilddrüsenkarzinome als die Durchschnittsbevölkerung haben, ist nicht be-kannt. Das MALT-Lymphom der Schilddrüse ist äußerst selten und kann besser klinisch als mithilfe des Ultraschalls diag-nostiziert werden.

Hintergrund

Bei der Hashimoto-Thyroiditis, einer sehr häufigen Autoimmunerkrankung mit familiärer Prädisposition, gilt es nach der Diagnose in erster Linie, • die PatientInnen regelmäßig klinisch

und labortechnisch (TSH und fT4) auf das hormonelle Gleichgewicht zu un-tersuchen und

• deren Schilddrüsenhormon-Substitu-tion anzupassen, um klinische Be-schwerden durch Über- oder Unter-substitution der Schilddrüsenhormo-ne zu vermeiden und das Wachstum der Schilddrüse zu einem Kropf zu verhindern.

Die Hashimoto-Thyroiditis wurde in den letzten Jahrzehnten aber auch mit einem erhöhten Malignitätsrisiko in Verbin-dung gebracht. Manche Spezialisten ver-ängstigen PatientInnen bei der Abklä-rung dieser Möglichkeit und fordern sie für eine Früherkennung von Maligno-men zu regelmäßigen spezialistischen Untersuchungen mit Bildgebung auf.

Suchbegriffe / Suchfrage (PICO = Population, Interven-tion, Comparison, Outcome)

„Association hashimoto thyroiditis thy-roid cancer“, „coexistence hashimoto thyroiditis thyroid cancer“

Suchstrategie

Wir durchsuchten die deutschen, italie-nischen, englischen, schottischen, US-amerikanischen, kanadischen, finni -schen, australischen und neuseelän-dischen Leitliniendatenbanken auf Empfehlungen für das Follow-up der Hashimoto-Thyroiditis oder Hinweisen auf erhöhte Malignitätswahrscheinlich-keit, aber ohne Erfolg.

Auch in den sekundären Datenban-ken Clinical Evidence, Cochrane Library oder Trip-Database fanden wir keiner-lei Hinweise; lediglich in UpToDate konnten wir zwei Artikel finden, die Aussagen zu unserer Fragestellung ent-hielten.

Wir googelten im Internet mit dem Suchbegriff „hashimoto thyroiditis re-commendation“ in der Hoffnung, Posi-tionspapiere von Fachgesellschaften aufzuspüren, fanden aber neben einer Unzahl von Patienteninformationen nur ein für Ärzte verfasstes Konsensus-papier einer ärztlichen Fachgesell-schaft.

Wir machten uns daher auf die Su-che in PubMed und fanden mit dem Suchbegriff „association hashimoto thyroiditis thyroid cancer“ 32 Artikel der letzten 5 Jahre und mit dem Such-begriff „coexistence hashimoto thyroi-ditis thyroid cancer“ 14 Artikel der letz-ten 5 Jahre, die sich zum Teil mit erste-ren deckten.

Ergebnisse

• Wiederholte – z.B. jährliche – sonogra-fische Kontrollen bei der Hashimoto-Thyroiditis haben drei Ziele [1]: - Identifikation von Schilddrüsen-

karzinomen

QuestionIs the clinical follow up by the family doctor of patients with Hashimoto thyroiditis sufficient, or should the pa-tients be monitored with regular specialist visits, including imaging because of possibly increased risk of malignancy?

AnswerIncreased risk of malignancy in Hashimoto thyroiditis is controversial. There are conflicting results in the pub-lished studies. Patients with Hashimoto thyroiditis have often thyroid nodules, but it is not known whether they have more frequently thyroid cancer than the general population.MALT lymphoma of the thyroid gland is extremely rare and can be diagnosed clinically better than by ultra-sound.

106 EBM-SERVICE / EBM SERVICE

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

- Identifikation der sehr seltenen primären Lymphome (MALT) der Schilddrüse

- Überwachung des Schilddrüsen -volumens (eventuelle Zu- oder Abnahme)

• Primäre Lymphome der Schilddrüse (Mucosa Associated Lymphoid Tissue lymphoma – MALT-Lymphome) sind zwar in mehr als der Hälfte der Fälle mit einer Hashimoto-Thyroiditis as-soziiert, stellen aber eine Rarität dar (ca. 1 % der schon seltenen Schilddrü-senmalignome) [2, 3]. Leitsymptome des Primären Lymphoms der Schild-drüse sind der sehr schnell wachsen-de, schmerzhafte und unverschiebli-che diffuse Kropf sowie sich rasch ent-wickelnde dramatische Beschwerden, die auf Druckerscheinungen auf Luft-röhre, Kehlkopf und Halsvenen zu-rückzuführen sind: Dyspnoe, Dyspha-gie, Stridor, Heiserkeit, Halsschmer-zen und Gesichtsödem. Seltener tritt das MALT-Lymphom der Schilddrüse auch als langsam wachsender Einzel-knoten der Schilddrüse auf.

• Zur möglichen erhöhten Wahrschein-lichkeit von Schilddrüsenkarzinomen bei Hashimoto-Thyroiditis konnten wir fünf Publikationen finden, die mittels retrospektiver Untersuchung histologischer Befunde ein erhöhtes Risiko papillärer Schilddrüsenkarzi-nome bei der Hashimoto-Thyroiditis im Vergleich zur Durchschnittsbevöl-kerung aufzeigen [4–8]. Bei fast allen Untersuchungen [5–8] waren die ge-fundenen Schilddrüsenkarzinome aber im Durchschnitt kleiner, metas-tasierten seltener und rezidivierten seltener als bei Patienten ohne Hashi-moto-Thyroiditis.

• Im Gegensatz dazu fanden wir aber auch drei, ebenfalls retrospektive [9–11] und eine prospektive [12] Ko-hortenstudie, wonach kalte Knoten bei Patienten mit Hashimoto-Thyroi-ditis nicht häufiger maligne sind als bei Patienten ohne die Erkrankung. Zudem fand man auch hier: Die Karzi-nome sind im Durchschnitt kleiner, sie metastasieren seltener, haben sel-tener Rezidive und eine bessere Prog-nose als bei Patienten ohne Hashi-moto-Thyroiditis.

• Auch die Autoren von UpToDate [13] kommen aufgrund der genannten

Studienlage zur Schlussfolgerung, dass kleine echoarme Knoten bei Pa-tienten mit Hashimoto-Thyroiditis zwar sehr häufig sind, aber im Ver-gleich zur Durchschnittsbevölkerung nicht häufiger maligne entarten, und dass ein Ultraschall-Screening ledig-lich nach bedeutender Strahlenexpo-sition zu empfehlen sei (wie etwa nach Strahlentherapie im Kindesalter oder nach Nuklearunfällen).

Kommentar

Ein erhöhtes Malignitätsrisiko bei der Hashimoto-Thyroiditis ist umstritten. Es ist nicht nachgewiesen, dass Schilddrü-senknoten häufiger bösartig sind als Schilddrüsenknoten ohne Hashimoto-Thyroiditis, oder dass Schilddrüsenkarzi-nome bei Patienten mit Hashimoto-Thy-

roiditis häufiger auftreten als bei der Durchschnittsbevölkerung. Die auftreten-den Schilddrüsenknoten können bei Pa-tienten mit Hashimoto-Thyroiditis diag-nostisch und therapeutisch gleich ange-gangen werden wie bei der Durchschnitts-bevölkerung. Ein Screening auf Knoten ist daher genauso wenig zu empfehlen wie bei der Durchschnittsbevölkerung.

Das äußerst seltene MALT-Lymphom der Schilddrüse tritt zwar bevorzugt in Verbindung mit einer Hashimoto- Thyroiditis auf, ist aber so rar und des-sen Verlauf so rasch fortschreitend, dass die Diagnose klinisch schneller und si-cherer zu stellen ist als mit einem bild-gebenden Screening.

Februar 2013Simon Kostner für das EbM-Team

Südtiroler Akademie für

Allgemeinmedizin SAkAM, Bozen

1. Auinger, Bauer, Baumgartner et al. für Schilddrüsen-Konsens Wien-Nieder-österreich. Autoimmunthyroiditis (chronisch-lymphozytäre Thyreoidi-tis, Hashimoto Thyreoiditis). Konsens der Berufsvereinigung österreichischer Nuklearmediziner. Abrufbar:

http://www.bv-nuklearmedizin.at/downloads/konsensaitfinal.pdf

(letzter Zugriff 22.12.2012)2. Friedberg JW, Freedman AS, Tuttle RM.

Thyroid lymphoma. UpToDate. Litera-ture review current through: Dec 2012. Online available: ww.uptodate.com (letzter Zugriff am 25.01.2013)

3. Pedersen RK, Pedersen NT. Primary non-Hodgkin’s lymphoma of the thy-roid gland: a population based study. Histopathology. 1996; 28: 25

4. Konturek A, Barczyñski M, Wierz-chowski W, Stopa M, Nowak W. Co-existence of papillary thyroid cancer with Hashimoto thyroiditis. Langen-becks Arch Surg. 2012 Oct 26. [Epub ahead of print]

5. Ahn D, Heo SJ, Park JH, et al. Clinical relationship between Hashimoto’s thyroiditis and papillary thyroid can-cer. Acta Oncol. 2011; 50: 1228–34

6. Kim EY, Kim WG, Kim WB, et al. Co-existence of chronic lymphocytic thy-roiditis is associated with lower recur-rence rates in patients with papillary thyroid carcinoma. Clin Endocrinol (Oxf). 2009; 71: 581–6

7. Repplinger D, Bargren A, Zhang YW, Adler JT, Haymart M, Chen H. Is Hashi-

moto’s thyroiditis a risk factor for pa-pillary thyroid cancer? J Surg Res. 2008; 150: 49–52

8. Consorti F, Loponte M, Milazzo F, Po-tasso L, Antonaci A. Risk of malignan-cy from thyroid nodular disease as an element of clinical management of pa-tients with Hashimoto’s thyroiditis. Eur Surg Res. 2010; 45: 333–7

9. Matesa-Aniæ D, Matesa N, Dabeliæ N, Kusiæ Z. Coexistence of papillary car-cinoma and Hashimoto’s thyroiditis. Acta Clin Croat. 2009; 48: 9–12

10. Kim SS, Lee BJ, Lee JC, et al. Coexisten-ce of Hashimoto’s thyroiditis with pa-pillary thyroid carcinoma: the influen-ce of lymph node metastasis. Head Neck. 2011 Sep; 33: 1272–7

11. Jeong JS, Kim HK, Lee CR, et al. Coexis-tence of chronic lymphocytic thyroi-ditis with papillary thyroid carcinoma: clinical manifestation and prognostic outcome. J Korean Med Sci. 2012; 27: 883–9

12. Anil C, Goksel S, Gursoy A. Hashimo-to’s thyroiditis is not associated with increased risk of thyroid cancer in pa-tients with thyroid nodules: a single-center prospective study. Thyroid. 2010 ; 20: 601–6

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Literatur

107EBM-SERVICE / EBM SERVICE

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

DEGAM-BenefitsDEGAM Benefits

Ausgewählt und verfasst von Prof. Dr. Michael M. Kochen, MPH, FRCGP, Freiburg

IGeL: Glaukomscreening durch Augenärzte nach wie vor unbelegtScreening for Glaucoma by Ophtalmologists: Patients Still Must Pay for Unproven Procedures

Germany‘s National Institute for Quality and Efficiency in Healthcare counters statements by ophtalmologist who still pretend that glaucoma screening is an evidence-based procedure.

Das Institut für Qualität und Wirt-schaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) hat – nicht zum ersten Mal, aber in eindeutiger Weise – zum Pro-blem Glaukomscreening durch Au-genärzte Stellung bezogen.

Am 20. September schreibt das Institut unter der Überschrift „Glaukomfrüherkennung: Wis-senslücken eingestehen“:

„IQWiG tritt irreführenden Behauptun-

gen der Deutschen Opthalmologischen Ge-

sellschaft entgegen / Nutzen und Schaden der

Früherkennung leider nicht gut untersucht

Aktuellen Presseberichten zufolge soll

das Institut für Qualität und Wirtschaft-

lichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) un-

sinnige und unethische Studien zum Nutzen

der Glaukomfrüherkennung gefordert ha-

ben. Das Institut weist diese Behauptung

als falsch zurück. Auf der IQWiG-Website

veröffentlichte Informationen zum ,Grünen

Star‘ und seiner Früherkennung stellen viel-

mehr fest, dass Studien fehlen, aus denen

sich zuverlässig ableiten lässt, für wen wel-

che ,Glaukomvorsorge‘ mehr Vor- als Nach-

teile hat.

In den vergangenen Tagen hatten Ta-

geszeitungen eine Pressemitteilung der wis-

senschaftlichen Fachgesellschaft der Au-

genheilkunde ungeprüft und unkommen-

tiert übernommen. Sie enthielt die Behaup-

tung, das IQWiG fordere, ,dass zu-

nächst durch Vergleich mit unbehan-

delten Glaukompatienten belegt wer-

den müsse, dass (mit der ‚Glaukom-

vorsorge’) Erblindungen verhindert

werden’. Eine solche Forderung hat das

Institut jedoch nie erhoben“.

Den ganzen Text inkl. Links zu den (nicht)bestehenden wissenschaftli-chen Belegen für das Glaukom-

screening können Sie nachlesen unter https://www.iqwig.de/index.1496.html

Infos für Patienten finden Sie unter www.gesundheitsinformation.de/glaukom-was-kann-eine-frueherkennungs-untersuchung-leisten.980.de.html

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Akute Niereninsuffizienz: Steigendes Risiko auch bei elektiven OperationenAcute Kidney Injury: Increasing Risk Also in Elective Surgery

The use of acute dialysis after cardiac and vascular surgery has increased substantially since 1995. Studies focu-sing on interventions to better prevent and treat perioperative acute kidney injury are needed.

Dass auch elektive Operationen nicht un-erhebliche Risiken bergen, zeigt eine Pu-blikation aus der kanadischen Provinz Ontario, die über 552.000 Patienten (ab dem Alter von 18 Jahren) aus 118 Kran-kenhäusern zwischen 1995 und 2009 auswertete. Primärer Endpunkt waren Akutdialysen bis zu zwei Wochen und Tod bis zu 90 Tagen nach OP bzw. die Häufigkeit OP-induzierter chronischer

Dialysen. Ausgeschlossen von der Analy-se waren akute bzw. Notfall-Operationen, Nephrektomien und Nierentransplanta-tionen (auch Patienten mit entsprechen-der Vorgeschichte innerhalb von drei Jahren) sowie alle OPs zur Platzierung ei-nes AV-Shunts bei geplanter Dialyse. • 2.231 Patienten mussten postoperativ

in die Akut-Dialyse (Anstieg von 0,2 % in 1995 auf 0,6 % in 2009).

• 937 der dialysierten Patienten verstar-ben.

• 352 Patienten (von den 1.294 die Akutdialyse Überlebenden) benötig-ten eine chronische Dialyse.

Die Autoren schreiben den beobachte-ten Inzidenzanstieg wesentlich kardia-

len und vaskulären Eingriffen zu. Eine einleuchtende Erklärung des Trends ist auch der über die Jahre deutlich anstei-gende Anteil u.a. von älteren Patienten, Diabetikern, Hypertonikern und Krebs-kranken.

Siddiqui NF et al. Secular trends in acute

dialysis after elective major surgery – 1995

to 2009. CMAJ 2012; 184: 1237–45. Frei

verfügbar unter http://www.cmaj.ca/con

tent/184/11/1237.long

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108 DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

Hört, hört: „Jüngste Hochrechnungen“ der europäischen Neurologengesellschaft zur Häufigkeit und zu den Kosten neuropsychiatrischer Erkrankungen in EuropaListen Up: „Most Recent Projections“ of the European Society of Neurology as to Frequency and Cost of Neuropsychiatric Diseases in Europe

The European Society of Neurology calculates that 81 million Europeans (i.e. 16 % of the whole population) suffer from neuropsychiatric diseases. This projection could be seen in con-junction with (part of) the definition of „disease mongering“…

Etliche Fach- und Laienmedien melden „jüngste Hochrechnungen“ des euro-päischen Neurologengesellschaft ENS zur Häufigkeit und zu den Kosten neuro-psychiatrischer Erkrankungen in Europa.

Im Folgenden wird – ohne weiteren Kommentar – die Meldung des Deut-schen Ärzteblatts im Wortlaut wiederge-geben.

„Weitere Ausbreitung neuropsychiatri-

scher Erkrankungen in Europa: Prag – Neu-

ropsychiatrische Erkrankungen sind in

Europa offenbar weiter auf dem Vormarsch.

,Nach jüngsten Hochrechnungen des Euro-

pean Brain Council stehen wir in den 27

EU-Staaten plus Schweiz, Norwegen und Is-

land zurzeit bei 81 Millionen Betroffenen,

also fast 16 Prozent der damit erfassten 514

Millionen Europäer’, sagte der Präsident der

Europäischen Neurologengesellschaft (ENS),

Heinz Reichmann aus Dresden, auf dem

Europäischen Neurologenkongress in Prag.

Er bezifferte die entstehenden Krank-

heitskosten entsprechend der Studie auf

knapp 800 Milliarden Euro. 60 Prozent die-

ser Summe seien direkte Kosten zum Bei-

spiel durch die Krankenbehandlung und die

Pflege, 40 Prozent entstünden durch den

Produktivitätsverlust. ,Das sind gigantische

Kosten, die wir nur durch konsequente Vor-

sorge und verstärkte Forschungsanstrengun-

gen in den Griff bekommen können’, beton-

te Reichmann.

Laut der ENS sind Angststörungen,

Kopfschmerz und Schlafstörungen die häu-

figsten neuropsychiatrischen Probleme der

Europäer. 61,3 Millionen litten an Angststö-

rungen, fast 50 Millionen an Migräne, 45

Millionen an Schlafstörungen, 33,3 Millio-

nen an sogenannten Gemütserkrankungen

wie Depressionen, 20 Millionen an somato-

formen Störungen, 15,5 Millionen an Ab-

hängigkeiten, 6,3 Millionen an Demenz“.

Um diese Meldung nicht ganz ohne Kommentar stehen zu lassen, folgt hier eine Teildefinition des Begriffes „Disease Mongering“ (frei übersetzt: Krankheits-vermarktung):• Vielfältige Versuche und Strategien,

den Krankheitsbegriff verkaufsför-dernd auszuweiten und auf der Basis entsprechend hervorgerufener Ängste die Nachfrage nach Hilfen zu maxi-mieren.

• Den Anteil der Bevölkerung so groß wie möglich zu definieren, der an ei-ner realen oder vermeintlichen Stö-rung leidet.

• Selektiver Gebrauch von Statistiken, um den Nutzen der Behandlung auf-zubauschen.

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Hausärzte mit Forderungen nach wissenschaftlich unbelegten Untersuchungen unter Druck gesetzt Family Doctors Pressured for Performing Non-evidenced Based Examinations

A story from a community ortho- pedic surgeon who suggested FPs to subject patients to unproven assays before referral

Hausärzte werden nicht selten mit wis-senschaftlich unbelegten Forderungen nach merkwürdigen Untersuchungen bedrängt. Hierzu das folgende Beispiel.

Am 7. August 2012 schrieb Dr. Mar-kus Beck (Mitglied der DEGAM und des Vorstands der Bayer. Landesärztekam-

mer) folgende Nachricht in den Listserver Allgemein-medizin: „Von operativ tätigen Chirurgen/Ortho-

päden werden wir aufgefordert, in der prä-

operativen Routinediagnostik immer

CRP mit zu bestimmen. Wörtlich: ,Der

CRP-Wert kann uns wertvolle Hinweise

auf das Vorliegen einer akuten Entzün-

dungsreaktion im Körper geben – die

BSG und auch die Leukozytenzählung

sind hier sehr oft (noch) unauffällig. Im

Sinne der Sicherheit für unsere gemein-

samen Patienten, bitten wir im Rah-

men der präinterventionellen Routineunter-

suchung immer den CRP Wert zu bestim-

men’. Wie handhaben Sie es? Eine Empfeh-

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109DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

lung der chirurg./orthopädischen Fachge-

sellschaften ist mir nicht bekannt. Evi-

denz?“

Meine Antwort vom selben Tag: „Lieber Herr Beck, für diesen Unsinn gibt es

keinerlei wissenschaftliche Belege. Die neu-

esten US-amerikanischen Empfehlungen

können Sie unter www.icsi.org/search.aspx

herunterladen (61 Seiten! Aber sehr instruk-

tiv).“

Markus Beck wandte sich daraufhin an Dr. Wendeborn von der „Ortho-pädisch Chirurgischen Gemeinschaft Augsburg“, von der die Empfehlung stammte (http://www.ocg-augsburg.de/) und bat um weitere Erläuterung.

Meine daraufhin unternommene Litera-turrecherche ergab folgende Ergebnisse:

Alle bisherigen Studien zum Pro-blem der routinemäßigen, präoperati-ven Bestimmung von CRP • weisen z.T. erhebliche methodische

Mängel auf (z.B. fehleranfällige, z.T. retrospektive Beobachtungsstudien, nur ein beteiligtes Zentrum, limitierte chirurgische Gebiete),

• ergeben keinen oder nur einen margi-nalen Zusatznutzen im Vergleich zu bekannten Risikostratifizierungen (z.B. Framingham Risk Score),

• haben keine wissenschaftlich belegten Konsequenzen für die betroffenen

Patienten (fehlende Strategien zur Risi-koreduktion bzw. Senkung der peri-/postoperativen Morbidität bzw. Leta -lität).

• Demzufolge plädiert keine der veröffentlichten Leitlinien oder internationalen Empfehlungen für eine präoperative Testung des CRP.

Quintessenz: Die Evidenz der präope-rativ routinemäßigen Bestimmung von Biomarkern wie z.B. CRP ist wissen-schaftlich nicht ausreichend belegt (und erhöht unnötigerweise die Kosten der präoperativen Diagnostik).

Usher Syndrome is an inheri-ted disease with deafness and blindness, known since its first description in 1914. The German Usher support group has arranged re-ceiving a small commission with several webshops when buyers first visit their websites – a clever idea, available at www.shop2help.net/orgportal.php

Das Usher-Syndrom ist eine erblich be-dingte Taubblindheit, also eine Kom-bination von langsam fortschreitender Netzhautdegeneration – Retinitis pig-mentosa (RP) – und bereits früh einset-zender Innenohrschwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit von Geburt an. Es ist be-nannt nach dem englischen Augenarzt Charles H. Usher, der 1914 die rezessive Vererbung des Syndroms beschrieb. Die erste Erwähnung dieser Kopplung von

Seh- und Hörbehinderung (Netzhaut-entartung bei Taubstummen) erfolgte 1858 durch den Begründer der moder-nen Augenheilkunde, Albrecht von Graefe (1828–1870). Nach heutigen

Schätzungen aus Skandinavien und den USA sind 3,0–4,4

von 100.000 Personen der Gesamtbevölkerung be-troffen. Diese Informatio-nen können Sie der Web-

seite www.leben-mit-usher.de entnehmen.

Taub und blind zu sein, zählt wohl zu den katastrophalsten Behinderungen, die man sich vorstellen kann. Ein Haus-arzt mit durchschnittlich großer Praxis hat aber wohl nur geringe Chancen, ei-nen Betroffenen unter seinen Patienten zu sehen. Das ist selbstredend auch nicht der Grund, warum ich diese Er-krankung erwähne.

Die rührige Selbsthilfegruppe hat sich aber eine clevere Idee zur Vergröße-rung ihrer für den Verein verfügbaren Gelder einfallen lassen. Sie hat mit di-versen Internetshops eine Vereinbarung

getroffen, dass von allen Einkäufen, die über ihre Webseite getätigt werden, eine geringe Provision an den Verein geht. Wörtlich heißt es: „Für alle Nutzer des Einkaufens über das Internet bietet das Internetportal www.shop2help.net die Möglichkeit, mit dem Online-Einkauf ohne zusätzliche Kosten unserem Ver-ein einen Teil der Provision (etwa 4 % des Bestellwertes) als Spende zukommen zu lassen“.

Über www.shop2help.net/orgportal.php kann man bei sage und schreibe 182 Unternehmen online einkaufen.

Mögliche Interessenkonflikte, z.B. durch direktes Industriesponsoring konnte ich nicht entdecken (woran soll-te ein pharmazeutisches Unternehmen daran auch verdienen ...).

Die Spiegel-Autorin Annette Langer hat Anfang August unter dem Titel „Nichts hören, nichts sehen, nur füh-len“ einen Artikel über Taubblinde in Deutschland publiziert, den Sie unter ti-nyurl.com/9g5sgmh frei herunterladen können.

Schon einmal vom Usher-Syndrom gehört? Ever Known of Usher Syndrome?

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110 DEGAM-BENEFITS / DEGAM BENEFITS

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

Wie wird das Blockpraktikum Allgemeinmedizin evaluiert?Evaluationsmethoden und -inhalte

How to Assess the Practical Training Courses in Family Practice?

Methods and Topics of Evaluation

Jeannine Schübel1, Ralf Jendyk2, Kathrin Kohlen3, Stefan Heberger4, Eva Rempis5, Bettina Heberger6,Georg Schlagberger7, Carola Thumm-Söhle8, Konrad Schmidt9, Jürgen Berghold10, Karen Voigt1 (6. Professionalisierungskurs der DEGAM)

Hintergrund: Das Blockpraktikum Allgemeinmedizin (BP) ist fester Bestandteil des deutschen Medizinstudiums. Die Organisation und Ausgestaltung des BP obliegt den jeweili-gen allgemeinmedizinischen Hochschul-Standorten. Das Hochschulrahmengesetz gibt vor, dass alle Lehrveranstal-tungen an Universitäten evaluiert werden müssen. Ziel der vorliegenden Untersuchung bestand in der Erfassung von Evaluationsmethodik und -inhalten zur Bewertung all-gemeinmedizinischer BP.Methoden: Diese Querschnittsstudie setzte sich 1. aus der Sammlung und Inhaltsanalyse der angewendeten Evaluati-onsbögen und 2. aus einer teilstandardisierten Fragebogen-untersuchung zu organisatorischen und inhaltlichen Aspek-ten der BP und deren Evaluationsverfahren an den deut-schen allgemeinmedizinischen Standorten zusammen.Ergebnisse: 29 (80,6 %) von 36 allgemeinmedizinischen Standorten gaben Auskunft über die Evaluation ihrer BP. Al-le das BP eigenständig evaluierenden Standorte (n = 23) ließen durch Studierende evaluieren, meist unter der Ver-wendung von schriftlichen teilstandardisierten Fragebögen. Methodische Unterschiede zeigten sich z.B. hinsichtlich der Evaluationsthemen und der Gestaltung der Fragen und Antwortvorgaben (Skalen), dem Zeitpunkt der Durchfüh-rung der Evaluation oder der Freiwilligkeit der Evaluierung.Schlussfolgerungen: Trotz einiger Gemeinsamkeiten war eine hohe Heterogenität der Evaluationen bzgl. Organisati-on, Methodik und Inhalt zwischen den einzelnen Stand-orten zu beobachten. Die Erstellung eines modular gestal-teten Evaluationsbogens erscheint überlegenswert. Mit ei-nem einheitlichen Instrument könnten alle Standorte Er-gebnisse anderer Evaluationen einerseits zum Vergleich und andererseits zur Verbesserung der eigenen Lehre für sich nutzbar machen.

Schlüsselwörter: Evaluation; Blockpraktikum; Allgemeinmedizin

Background: Practical training in family practice, the so called Blockpraktikum (BP), is integral part of German undergraduate medical education. The departments of family medicine plan and organise their BP individually. Ac-cording to the framework law on universities and colleges, all courses must be evaluated. This study aims to analyse the used methods and contents of BPs’ evaluation in family practice in Germany.Methods: This cross sectional study is based on two parts. The first part includes collection and content analyses of the used evaluation instruments. The second part consists of a survey using a partly standardised questionnaire to examine a) organisation and topics of the BP and b) con-ceptualisation and application of BPs’ evaluation at depart-ments of family medicine at German medical schools.Results: 29 (80.6 %) of 36 departments of family medi-cine provided information about the evaluation of their BP. In all departments that organise an individual evaluation of BP (n = 23), the students assessed the BP using a partly standardized questionnaire. There were differences con-cerning topics of the evaluation, design of the questions and answers/scales, point of time of evaluation and volun-tariness of evaluation.Conclusions: Comparing the different departments, high heterogeneity of evaluations concerning organisation, methods and topics was observed. Perspectively, the imple-mentation of a standardised evaluation instrument with modular design should be considered. Comparability of evaluations in different departments could be used for im-proving BP.

Keywords: Evaluation; Practical Training Cours; Family Medicine; Undergraduate Medical Education

1 Bereich Allgemeinmedizin/Medizinische Klinik 3, Technische Universität Dresden 2 Arbeitsbereich Allgemeinmedizin, Westfälische Wilhelms-Universität Münster 3 Niedergelassene Allgemeinmedizinerin in Wismar, Lehrärztin der Universität Rostock 4 Niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin in Weyarn 5 Ärztin für Allgemeinmedizin, Berlin 6 Niedergelassene Allgemeinmedizinerin in Weyarn

7 Niedergelassener Allgemeinmediziner in Peterskirchen, Lehrpraxis der Tech- nischen Universität München 8 Niedergelassene Allgemeinmedizinerin in Berlin 9 Institut für Allgemeinmedizin, Friedrich-Schiller-Universität Jena 10 Niedergelassener Allgemeinmediziner in Kirchheim unter Teck, Lehrarzt der Universität Tübingen Peer reviewed article eingereicht: 14.08.2012, akzeptiert: 30.11.2012 DOI 10.3238/zfa.2012.0111–0116

111ORIGINALARBEIT / ORIGINAL PAPER

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

Hintergrund

Bereits mit der letzten Novellierung der Approbationsordnung für Ärzte 2002 hat die Allgemeinmedizin durch Ein-führung eines einwöchigen obligatori-schen Blockpraktikums (BP) einen hö-heren Stellenwert in der Ausbildung der Studierenden der Humanmedizin erhal-ten [1]. Mit dem Beschluss des Bundes-rates vom 11.5.2012 wurde eine Ände-rung des Artikels 3 der Approbationsord-nung festgesetzt, in der das allgemein-medizinische BP auf einen Zeitraum von zwei Wochen erweitert wird [2].

Für viele Institutionen der All-gemeinmedizin an den medizinischen Fakultäten stellt das BP als ein Teil der praktischen Ausbildung des Medizinstu-diums die zentrale Präsentationsplatt-form des Faches im Studium dar. Die Or-ganisation des BP variiert dabei.

Wie der medizinische Fortschritt, so unterliegt auch die Lehre einer ständi-gen Weiterentwicklung. Um gute Aspek-te der Lehre zu stärken und Schwachstel-len aufzudecken, ist eine regelmäßige Bewertung bestehender Lehrkonzepte nötig [3]. Hierbei hat sich die Evaluation von Lehrveranstaltungen bewährt [4]. Dabei ist eine generelle Verbesserung der Lehre durch Evaluation bislang je-doch nicht gesichert, da Evaluation hierfür eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung ist [5]. Auch fehlt in der Literatur bislang noch eine allgemein anerkannte Systematisierung [6].

Die Evaluation der Lehrveranstal-tungen kann von allen Beteiligten vor-genommen werden. Zum einen können die Studierenden die Lehrpraxen und Begleitseminare beurteilen. Zum ande-ren ist es den Lehrärzten1 möglich, über die verpflichtende Leistungsbewertung der Studierenden hinaus, die Organisati-on des BP zu bewerten. Auf Grundlage dieser Ergebnisse sollten die verantwort-lichen universitären Abteilungen eine Gesamtbewertung von Konzept und Ab-lauf vornehmen.

Es lassen sich unterschiedliche In-strumente zur Datenerhebung wählen. Quantitative Methoden arbeiten mithil-fe von (teil-)standardisierten Fragebö-gen (numerische Beschreibung), bieten aber auch die Möglichkeit für Freitext-kommentare. Qualitative Methoden

verwenden meist die Form des offenen Interviews, das nachfolgend transkri-biert und interpretiert werden muss (verbale Daten) [7].

Der 6. Professionalisierungskurses (Profkurs) der DEGAM befasste sich mit den unterschiedlichen Evaluations-instrumenten des BP an den verschiede-nen allgemeinmedizinischen Stand-orten. Es wurde untersucht, mit welcher Methodik evaluiert wird und welche In-halte in der Evaluation berücksichtigt werden.

Methoden

Im Oktober 2010 wurden die akademi-schen Institutionen der Allgemeinmedi-zin aller Medizinischen Fakultäten in Deutschland per E-Mail von zwei Dresdner Teilnehmerinnen des 6. Prof-kurses angeschrieben und um Zusen-dung der Evaluationsmaterialien der BP gebeten. Die Kontaktdaten wurden von der Leitung der DEGAM-Sektion Studi-um und Hochschule zur Verfügung ge-stellt. Auch Prozedere und Projektent-wicklung erfolgten in Abstimmung mit

der Leitung der DEGAM-Sektion Studi-um und Hochschule. 17 von 36 (47,2 %) Standorten kamen der oben beschriebe-nen Bitte nach oder teilten mit, dass kei-ne Evaluation der BP stattfindet. Um dem Ziel einer Vollerhebung näherzu-kommen, wurden im Dezember 2010 Erinnerungsschreiben per E-Mail ver-sandt und von Februar bis Mai 2011 tele-fonisch Kontakt zu den Mitarbeitern/Lehrbeauftragen aufgenommen, die bis dahin kein Feedback gegeben hatten. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Publi-kation (August 2012) lagen Evaluations-materialien von 23 der insgesamt 36 (63,9 %) Standorte vor. Sechs Standorte teilten mit, dass sie das BP Allgemeinme-dizin nicht explizit evaluieren. Die rest-lichen sieben Standorte hatten bis zum Publikationszeitpunkt keine Rückmel-dung zur Durchführung einer Evaluati-on des BP gegeben (vgl. Tab. 1).

Die Fragen der Evaluationsbögen wurden auf Gemeinsamkeiten und Un-terschiede analysiert. Die Erstellung ei-nes Kategoriensystems in Anlehnung an das Vorgehen bei der qualitativen In-haltsanalyse nach Mayring [8] stand da-bei im Vordergrund, um eine Vergleich-

Tabelle 1 Teilnahme allgemeinmedizinischer Standorte an Zusendung der Evaluationsmateri-

alien und Fragebogenuntersuchung (Grundgesamtheit n = 36)

1 Der Einfachheit halber wird im Folgenden nur noch die männliche Begriffsform verwendet, gemeint sind immer Frauen und Männer.

112

Schübel et al.:Wie wird das Blockpraktikum Allgemeinmedizin evaluiert?How to Assess the Practical Training Courses in Family Practice?

Studienbeteiligung

Teilprojekt 1: Anforderung der Evaluationsmaterialien

• Evaluationsmaterialien zugesandt

• führen keine eigenständige Evaluation des BP durch

• keine Rückmeldung

Teilprojekt 2: Fragebogenuntersuchung

• Teilnahme

• keine Rückmeldung

• zugesandte Fragebögen

Prozentwerte beziehen sich auf Fälle (n = 36), zwei Standorte sandten jeweils zwei Fragebögen: jeweils einen für Reform- oder Modellstudiengang Medizin und einen für den konventionellen Studiengang Medizin.

N (%)

23 (63,9 %)

6 (16,7 %)

7 (19,4 %)

30 (83,3 %)

6 (16,7 %)

32 (83,3 %)*

Erhebungszeitraum

Oktober 2010 bis August 2011

März 2011 bis August 2011

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

barkeit der Evaluationsbögen trotz großer inhaltlicher Heterogenität zu ermöglichen. Zwei Autorinnen ent-wickelten im gemeinsamen Diskurs Kategorien aus den Fragen der Eva-luationsbögen. Die Kategorien ent-standen damit deduktiv auf Basis der Evaluationsfragen. Bei einem ge-meinsamen Gruppentreffen des 6. Profkurses (Februar 2011) wurden die so gewonnenen Kategorien und zu-grunde liegende Fragen der gesamten Gruppe vorgestellt und die Katego-rienzuordnung diskutiert und über-arbeitet. Die endgültige Kategorien-zuordnung erfolgte im interpersonel-len Konsens.

Im Rahmen der inhaltsanalyti-schen Auswertung der Fragebögen er-gab sich zudem, dass das Wissen um relevante Informationen zu Rahmen-bedingungen der BP teilweise fehlte, um Inhalte der Evaluationsmaterialien in-terpretieren und ggf. auch vergleichen zu können. Daraufhin wurde von den Teilnehmern des Profkurses ein Fragebo-gen entwickelt, mit dem die notwendi-gen Informationen exploriert werden sollten. Dieser Fragebogen wurde im März 2011 an die allgemeinmedizi-nischen Standorte per E-Mail versandt. Nach einem Erinnerungsschreiben im Mai 2011 und telefonischen Erinnerun-gen im Juni 2011 beteiligten sich 30 von 36 Standorten an der Befragung zum BP. Das ergab einen Fragebogenrücklauf von 83,3 % (vgl. Tab. 1). Zwei Standorte sandten jeweils zwei ausgefüllte Fra-gebögen zurück, da dort neben dem Re-gelstudiengang Medizin noch ein weite-rer getrennt evaluierter Reform- oder Modellstudiengang bestand. Insgesamt konnten 32 Fragebögen von 30 Standor-ten ausgewertet werden.

Die via Fragebögen gesammelten Da-ten (Teilprojekt 2) wurden in SPSS 16.0 eingegeben und mit quantifizierten Da-ten aus der Evaluationsbogenanalyse kombiniert. Je nach Datenniveau wur-den die Daten mittels nichtparametri-scher Testverfahren analysiert, nachdem eine deskriptive Auswertung erfolgte.

Ergebnisse

Organisation der Blockpraktika

BP werden von der Mehrheit (62 %) der an der Befragung teilnehmenden Stand-

orte im Zeitraum vom 8. bis 10. Fach-semester durchgeführt. Die übrigen Standorte (38 %) führen das BP zu einem früheren Zeitpunkt durch. Die Gesamt-dauer der BP variiert zwischen 10 und 80 Stunden (vgl. Abb. 1), der Mittelwert liegt bei einer annähernden Normalver-teilung bei 41,4 (± 19,2 SD) Stunden. 71,9 % bieten Begleitseminare zum BP an. 90,3 % der Standorte führen regel-mäßige Treffen mit den Lehrärzten durch.

Die Lernziele des BP, die auch die Be-wertungsbasis für die Evaluation stellen sollten, sind bei fast allen Standorten (96,0 %) schriftlich fixiert bzw. in einem Logbuch aufgeführt. Ein Standort teilte mit, bisher keine Lernziele für das BP schriftlich fixiert zu haben.

80,6 % (n = 29) aller Standorte gaben Auskunft über die Evaluation ihrer BP. Sechs von 29 (20,7 %) teilten mit, dass keine speziell das BP Allgemeinmedizin betreffende Evaluation vorgenommen wird: Teils wird das BP nicht evaluiert, teils fließt die Bewertung in die Gesamt-evaluation der Medizinischen Fakultät mit ein und in einem Fall ist die Einfüh-rung der Evaluation geplant.

Evaluationsmethodik

64 % der Standorte evaluierten ihr BP ei-genständig als Lehrveranstaltung unab-hängig von der universitären Gesamt-evaluation. Die evaluierenden Standorte führten die Evaluation des BP mit teil-standardisierten Fragebögen durch. Alle evaluierenden Standorte ließen die Stu-

dierenden das BP bewerten: Die Evalua-tion war in 46,7 % freiwillig und in 46,7 % verpflichtend. Zwei Standorte (6,7 %) gaben beide Antwortmöglich-keiten an. 63,3 % der Standorte evaluier-ten vor, 13,3 % nach Ausstellung des Leistungsnachweises. 23,3 % gaben diesbezüglich keine eindeutige Rege-lung an.

Verschiedene Fragenformate wur-den in den Evaluationsbögen eingesetzt. Offene Fragen fanden Anwendung, wenn Ideen und Meinungen aus der Stu-dierendenperspektive exploriert werden sollten. Geschlossene Fragen, überwie-gend unter Rückgriff auf Likert-Skalen, wurden verwendet, um Beurteilungen oder Einstellungen der Studierenden zu erfassen. Sehr häufig kamen dabei 5er-, seltener 6er- oder 10er-Skalierungen zum Einsatz.

Die Standorte erreichten bei der letz-ten Evaluation durch die Studierenden Fragebogenrückläufe zwischen 30 und 100 %. Der Mittelwert lag bei 83,7 % (± 19,3 % SD), der Median bei 89,0 %.

Die höheren Rücklaufquoten (> 85 %) waren dabei signifikant häufi-ger bei Pflichtevaluationen als bei den freiwillig durchzuführenden Evaluatio-nen (76,9 % vs. 33,3 %, Chi² = 4,812, p ≤ 0,05) zu beobachten.

37,5 % der Standorte gaben an, das BP zusätzlich auch von den beteiligten Lehrärzten evaluieren zu lassen. Der be-richtete Fragebogenrücklauf der Lehr-ärzte streute zwischen 15 und 100 % und lag im Mittel bei 61,8 % (± 34,6 % SD). Nur zwei Standorte sand-

Abbildung 1 Verteilung der Gesamtdauer der Blockpraktika in Stunden (n = 31)≤

113

Schübel et al.:Wie wird das Blockpraktikum Allgemeinmedizin evaluiert?How to Assess the Practical Training Courses in Family Practice?

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

ten die von Lehrärzten auszufüllenden Evaluationsbögen zurück (Teilprojekt 1).

Evaluationsinhalte

Der Vergleich der Evaluationsbögen (n = 23) verschiedener Standorte ergab eine große Heterogenität hinsichtlich der Frageninhalte. Einige Themen wa-ren bei einem Großteil der Fragebögen zu beobachten, andere Themen waren nur in wenigen Fragebögen anzutreffen (vgl. Tab. 2). Ein großer Anteil der Fra-gen widmete sich der Evaluierung des Lernprozesses, weitere Fragen bezogen sich auf die Bewertung der Rahmenbe-dingungen. Häufig wurde zum Beispiel um die Beurteilung praxisorientierten Lernens bzgl. der allgemeinmedizi-nischen Arbeitsinhalte (91,3 %) gebeten oder um die Einschätzung, ob der Lehr-arzt Interesse an der studentischen Lern-situation zeigte (82,6 %). Ebenfalls häu-fig wurden sowohl allgemeine Vorschlä-ge zur Verbesserung des BP (82,6 %) als auch die Gesamtbeurteilung des Lehr-arztes bzw. Weiterempfehlung der Lehr-praxis (jeweils 82,6 %) erfragt.

Diskussion

Die Analyse der Evaluationsmethoden des BP Allgemeinmedizin ergab in Ab-hängigkeit von der Organisation der BP trotz einiger Übereinstimmungen hin-sichtlich Evaluationsthemen eine große Heterogenität. Unterschiede zeigten sich insbesondere in der Organisation der BP, der Evaluationsmethodik und der Evaluationsinhalte.

Organisation der Blockpraktika

Praktikumsdauer und die zeitliche Plat-zierung waren unseren Ergebnissen zu-folge sehr unterschiedlich geregelt, was den Erfahrungen aus dem Sektions-bericht der DEGAM entspricht [9].

Es obliegt den einzelnen Fakultäten, wie das BP organisatorisch und inhalt-lich konkret aufgebaut ist und auch wie dessen Evaluation gestaltet wird. In Deutschland existieren allgemeine Vor-gaben, dass BP „Veranstaltungen von ein- bis sechswöchiger Dauer zur Diffe-renzialdiagnostik und -therapie der wichtigsten Krankheitsbilder unter Be-dingungen des klinischen und ambu-lanten medizinischen Alltags“ sind

[1, § 2 Abs. 3]. Gemessen an den Vor-gaben der AO, wonach mind. die Hälfte der Unterrichtszeit eines Praktikums am Patienten gelehrt werden sollte, ist von einer Mindeststundendauer eines BPs von 15 Zeitstunden auszugehen. Dem-nach erfüllen zwei Standorte (5,2 %) die-se gesetzlichen Vorgaben nicht (Abb. 1).

Gesetzlich ist außerdem fest-geschrieben, dass universitäre Lehrver-anstaltungen evaluiert werden müssen [10, 11]. An einigen Standorten besteht auch durch die Vergabe von leistungs-orientierten Mitteln (LOM) ein monetä-rer Anreiz, diesen organisatorischen Vorgaben nachzukommen.

Evaluationsmethodik

80 % der teilnehmenden Standorte ka-men der gesetzlich vorgeschriebenen

Evaluationspflicht nach und ließen die Studierenden das BP bewerten. 20 % der Standorte nahmen keine eigenständige Evaluation vor. Möglicherweise fand hier die Evaluation im Rahmen einer Gesamtevaluation der Fakultät statt.

Knapp die Hälfte der Standorte gab in der Fragebogenuntersuchung (Teil-projekt 2) an, dass auch die Lehrärzte das BP evaluieren. Nur zwei Standorte sandten einen entsprechenden vom Lehrarzt auszufüllenden Evaluationsbo-gen zu (Teilprojekt 1). Möglicherweise lag ein Missverständnis zur Frage vor, ob Lehrärzte auch das BP bewerten: Leis-tungsbewertung der Studierenden wur-de evtl. mit der Evaluation des BP gleich-gesetzt. Dass Lehrärzte eher seltener um eine schriftliche Evaluation gebeten werden, könnte auch mit den in fast al-len Institutionen regelmäßig durch-

Tabelle 2 Evaluationsinhalte zur Beurteilung des BP Allgemeinmedizin (Ergebnisse des Teilpro-

jektes 1, 23 Standorte)

114

Schübel et al.:Wie wird das Blockpraktikum Allgemeinmedizin evaluiert?How to Assess the Practical Training Courses in Family Practice?

Frageninhalte

Praxisorientiertes Lernen: fachlich/ inhaltlich

Beurteilung des Interesses des Lehrarztes an Lernsituation des Studierenden

Verbesserungsvorschläge

Gesamtbeurteilung bzw. Weiterempfehlung der Lehrpraxis

Möglichkeiten selbstständigen Arbeitens

Teilnahme an Hausbesuchen

Einstellung gegenüber Allgemeinmedizin

Beurteilung Ausbildungsumgebung/Praxis

Praxisorientiertes Lernen: Kommunikation/Gesprächsführung

Beurteilung Organisation/Betreuung durch allgemeinmedizinischen Lehrbereich

Lernerfolgskontrolle (vorher/nachher)

Sonstige einmalig erfragte Themen, z.B.: (Wie) hat die Einschätzung des Lehrarztes den Studierenden beeinflusst? Waren die Lernziele vom betreuenden Hausarzt klar definiert?

Thematische Zusammenfassung/ Kategorien

Lernprozess

Lernprozess

Lernprozess/ Rahmenbedingungen

Lernprozess/ Rahmenbedingungen

Lernprozess

Lernprozess

Sonstiges

Rahmenbedingungen

Lernprozess

Lernprozess/ Rahmenbedingungen

Rahmenbedingungen

Lernprozess/ Rahmenbedingungen

Häufigkeiten

21 (91,3 %)

19 (82,6 %)

19 (82,6 %)

19 (82,6 %)

13 (56,5 %)

13 (56,5 %)

10 (43,5 %)

9 (39,1 %)

9 (39,1 %)

8 (34,8 %)

7 (30,4 %)

9 (39,1 %)

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

geführten Lehrarzttreffen zusammen-hängen. Hier besteht in der Regel Gele-genheit für mündliche Rückmeldungen.

Fast alle evaluierenden Standorte führten eine teilstandardisierte quanti-tative Evaluation durch, lediglich ein Standort plante die Durchführung einer qualitativen Evaluation.

Der hohe Anteil von quantitativen Erhebungsmethoden zur Evaluation der BP mag sich aus der einfacheren Aus-wertbarkeit, besseren Vergleichbarkeit sowie bereits vorliegender metho-discher Erfahrungen ergeben. Darüber hinaus wurden von vielen Abteilungen mit offenen Fragen auch qualitative An-sätze verfolgt, obwohl dies einen erheb-lichen Mehraufwand für die Auswer-tung bedeutet.

Die jeweils eingesetzten Evaluati-onsmethoden haben Vor- und Nachtei-le: Mit der quantitativen Befragungs-methodik können beispielsweise eine hohe Standardisierung und gute Reliabi-lität erreicht werden, speziell, wenn sie nach bereits validierten Richtlinien er-folgt [12]. Quantitative Evaluations-bögen sind relativ zeitsparend in An-wendung, Beantwortung und Auswer-tung und sind an einigen Standorten durch ein zentrales Evaluationssystem der Fakultät vorgegeben. Jedoch besteht unabhängig von Fakultätsvorgaben für jeden Standort grundsätzlich die Mög-lichkeit, zusätzlich qualitative Verfah-ren einzusetzen.

Qualitative Befragungen sind zeitauf-wendiger, sowohl in der Datenerhebung als auch bei der Auswertung. Es wird ver-sucht, eine systematische Kategorisie-rung der verbalen Daten vorzunehmen, basierend auf den interpretativen Deu-tungen der Äußerungen [13]. Der Vorteil gegenüber quantitativen Fragebögen

liegt in der „offenen“ Er-fassung von Aussagen (Kri-tik, Lob etc.), die mit ei-nem standardisierten Fra-gebogen ohne offene Fra-gen nicht erfasst worden wären (vgl. sog. Mehr-gewinn [14]).

Der Evaluationszeit-punkt kann Einfluss auf das Antwortverhalten nehmen (sog. response bi-

as). Die Befragung vor der Scheinvergabe kann mög-licherweise mehr er-wünschte Antworten pro-

duzieren. Vorteil ist jedoch sicherlich der (auch durch die vorliegenden Erhe-bungsergebnisse bestätigte) wesentlich höhere Fragebogenrücklauf, der dann meist einer Vollerhebung gleichkommt und (zumindest quantitativ) dem Eva-luationsprozess förderlich ist.

Demgegenüber sinkt die Motivation der Studierenden, sich nach Scheinver-gabe an der Evaluation zu beteiligen, da sie dann keinen direkten Nutzen davon haben [12]. Andererseits kann auch die (Un-) Zufriedenheit der Studierenden mit der Benotung das Evaluationsver-halten beeinflussen.

Bei der Evaluation des BP gab es auch Unterschiede bezüglich der Frei-willigkeit. Der deutlich geringere Fra-gebogenrücklauf bei freiwilligen Befra-gungen wurde auch von anderen Auto-ren beschrieben [15].

Eine Pflicht zur Evaluation (bspw. Evaluationsabgabe gebunden an Scheinvergabe) verbessert zwar die Aus-sagekraft der Ergebnisse, widerspricht jedoch der gesetzlich vorgegebenen

Freiwilligkeit von Evaluation [16]. Dem gegenüber ist bei freiwilliger Erhebung eine höhere Glaubwürdigkeit der Ant-worten zu erwarten, da mit einem gerin-geren Anteil unmotiviert gegebener Antworten zu rechnen ist. Allerdings ist ein Selektionsbias durch besonders mo-tivierte oder frustrierte Studierende möglich.

Evaluationsinhalte

Die Bewertung der Qualität einer Bil-dungsmaßnahme ist multidimensional und stark abhängig von den ablaufen-den Prozessen bzw. den Standpunkten der Beteiligten [17]. Diese Multidimen-sionalität schlägt sich auch in der Hete-rogenität der abgefragten Evaluations-inhalte nieder.

Ob Unterschiede in den Abläufen des BPs oder in den Auffassungen darü-ber, was die Qualität eines BPs aus-macht, für diese Heterogenität verant-wortlich sind, lässt sich aus unseren Da-ten nicht ableiten. Auffällig, jedoch nicht unerwartet, ist der hohe Anteil an Fragen, die den Lernprozess betreffen, was als ein Hinweis auf eine Optimie-rungsbereitschaft bzgl. der Organisation und Inhalte der BP gedeutet werden könnte. Wie in Lehrevaluationen üb-lich, stand dabei die Bewertung der fach-lichen Wissensvermittlung im Vorder-grund. Darüber hinaus wurden bei der Mehrheit der allgemeinmedizinischen Standorte die Studierenden auch um die Bewertung des Interesses des Lehrarztes an der studentischen Lernsituation und um die Angabe der Möglichkeit zu selbstständigem Arbeiten und Teilnah-me an Hausbesuchen gebeten. Generell

115

Schübel et al.:Wie wird das Blockpraktikum Allgemeinmedizin evaluiert?How to Assess the Practical Training Courses in Family Practice?

Was wir zu diesem Thema bereits wissen: Die Evaluation von Hochschulen, ihrer Fakultäten und Lehrveranstaltungen ist seit den 90er- Jahren in Deutschland mit unterschiedlichen Herangehensweisen etabliert. Die Bewertung der Lehrqualität ist multidimensional und stark vom Blickwinkel des Betrach-ters abhängig. Für viele allgemeinmedizinische Standorte stellt das bisher einwöchige, spätestens ab Okto-ber 2013 mindestens vierzehntägige Blockpraktikum als ein Teil der praktischen Ausbildung des Medizinstudiums eine zentrale Präsentationsplattform des Faches Allgemeinmedizin im Studium dar. Was dieser Artikel Neues hinzufügt: Mindestens 64 % der allgemeinmedizinischen Standorte evaluieren ihr Blockpraktikum als eigenständige Lehrveranstaltung unabhängig von der universitären Gesamtevaluation. Trotz einiger Gemeinsamkeiten variieren Methodik, Inhalte sowie die Organisation der Eva-luation deutlich zwischen den Standorten. Durch eine individuell anzupassende Modullö-sung erscheint eine bundeseinheitliche Evaluation möglich.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 6. Professionalisierungskurses der DEGAM

Textkasten 1 Zusammenfassung

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

stehen bei Selbstevaluation (interne Evaluation) und Fremdevaluation (ex-terne Evaluation) der Hochschulen die Aspekte der Qualitätssicherung und -verbesserung im Vordergrund. Dem-gegenüber treten Ziele wie mehr Trans-parenz durch validere Informationen, Rechenschaftslegung oder Profilbil-dung, Wettbewerb und Vergleich (bzw. Ranking) eher in den Hintergrund [18].

Stärken und Limitationen der Untersuchung

Als Stärke der vorliegenden Daten ist die hohe Rücklaufquote von über 80 % zu nennen, die der angestrebten Vollerhe-bung nahekommt.

Die kleine Anzahl der nicht rück-meldenden Abteilungen könnte zu ei-nem gewissen Selektionseffekt geführt haben, eine Non-Responder-Analyse wurde nicht durchgeführt. Der von un-serer Gruppe entwickelte Fragebogen zur Informationsakquise wurde nicht validiert. Daher besteht die Möglichkeit, dass verschiedene Fragen nicht klar ge-nug gestellt waren und demnach von den Standorten unterschiedlich verstan-den und beantwortet wurden.

Die Frageninhalte der Evaluations-bögen der einzelnen Standorte sind sehr heterogen. Um eine Vergleichbarkeit zu erreichen, war eine Kategorisierung in Frageninhalte und Themengebiete nö-tig. Obwohl die endgültige Kategorisie-rung als Konsensusentscheidung der Ar-beitsgruppe erfolgte, ist ein Bias durch unterschiedliche Interpretation von Fra-geninhalten nicht auszuschließen.

Auch wurden die Rahmenbedingun-gen der einzelnen BP nicht umfassend erfasst, sie können jedoch Einfluss auf die Ausgestaltung der Evaluationen nehmen. Dieser Zusammenhang sollte in der zukünftigen Forschung zu diesem Thema geprüft werden.

Ausblick

Eine langfristige Intention der Arbeits-gruppe besteht in der Entwicklung eines validierten Evaluationsbogens („Bau-kasten“ aus verschiedenen, flexibel nutzbaren Evaluationsmodulen), der die wichtigsten Aspekte der verschiede-nen Evaluationsprogramme in sich ver-einigt. Die individuelle Auswahl der Module würde den Schwerpunkten und

Zielsetzungen der BP der einzelnen In-stitute gerecht werden. Die Vergleich-barkeit zwischen den Standorten wäre innerhalb der Evaluationsmodule gege-ben, um inhaltliche Verbesserungen der Lehre anzuregen, auch unabhängig von zentraler universitärer Evaluation. Es sei an dieser Stelle explizit erwähnt, dass damit kein Ranking zwischen den Standorten intendiert ist. Perspektivisch erscheint es so möglich, dass die Abtei-lungen untereinander von ihren Inno-vationen profitieren können.

Interessenkonflikte: Die meisten Autor/innen dieses Artikels sind in der medizinischen Lehre tätig und stellen sich den Evaluationen ihrer Lehrver-anstaltungen.

Dr. rer. medic. Dipl.-Soz. Karen Voigt, MPH

Bereich Allgemeinmedizin/

Medizinische Klinik 3

Technische Universität Dresden

Fetscherstr. 74, 01307 Dresden

Tel.: 0351 4582203

[email protected]

Korrespondenzadresse

1. Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (BGBl. I S. 2405), zuletzt durch Artikel 30 des Gesetzes vom 6. De-zember 2011 (BGBl. I S. 2515) geändert

2. Beschluss des Bundesrates vom 11.5.2012, Drucksache 238/12 (Be-schluss)/Grunddrucksache 862/11

3. Swanwick T. Association for the Study of Medical Education. Understanding medical education: evidence, theory and practice. Chichester, West Sussex: Wiley-Blackwell, 2010

4. Kern DE, Thomas PA, Hughes MT. Cur-riculum development for medical edu-cation: a six-step approach. Baltimore: Johns Hopkins University Press, 2009

5. Rindermann H. Lehrevaluation – Ein-führung und Überblick zu Forschung und Praxis der Lehrveranstaltungseva-luation an Hochschulen. Mit einem Beitrag zur Evaluation computerbasier-ten Unterrichts. Landau: Verlag Empiri-sche Pädagogik, 2009

6. Ditton H. Evaluation und Qualitäts-sicherung, In: Tippelt RS, Schmidt B (Hrsg.). Handbuch Bildungsforschung. Stuttgart: Springer VS Verlag, 2010: 607–623

7. Bortz J, Döring N. Forschungsmetho-den und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Heidelberg: Springer Medizin-Verlag, 2006

8. Mayring P. Die Praxis der qualitativen Inhaltsanalyse. Weinheim und Basel: Beltz Verlag, 2008

9. Baum E, Ehrhardt M. Sektionsbericht der Sektion Lehre. Z Allg Med 2010; 9: 345

10. Hochschulrahmengesetz in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 19. Ja-nuar 1999 (BGBl. I S. 18), zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12. April 2007 (BGBl. I S. 506) geändert: §6

11. Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (BGBl. I S. 2405), zuletzt durch Artikel 30 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2515) geän-dert: §2 Abs. 9

12. Fabry G. Evaluation: Lehre optimieren. In: Fabry G. Medizindidaktik. Ein Handbuch für die Praxis. Bern: Verlag Hans Huber, 2008: 241–243

13. Wiesinger H. Qualitative Methoden nach Mayring, in http://www.uni-koeln.de/phil-fak/fs-psych/serv_pro/mayring.html: Universität zu Köln. letzter Zugriff: 10.3.2012

14. Kuckartz U. Qualitative Evaluation. Der Einstieg in die Praxis. Vol. 2. Wiesba-den: Verlag für Sozialwissenschaften, 2008

15. Dunker-Schmidt C. Blockpraktikum in der Allgemeinmedizin: 15 Jahre Erfah-rung an der Universität Duisburg-Es-sen. Z Allg Med 2009; 4:171–175

16. Hochschulrahmengesetz in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18), zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12. April 2007 (BGBl. I S. 506) geändert: §6

17. Wellhöfer PR, Rothgang G-W, Busse J. Evaluation der Evaluation. Reso-nanz auf die Einführung der Evalua-tion der Lehre bei Lehrenden und Studierenden. Sonderdruck Schrif-tenreihe der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule Nürnberg Nr. 15. Nürnberg, 2002

18. Reissert R, Carstensen D. Praxis der in-ternen und externen Evaluation, Handbuch zum Verfahren. Hochschul-Informations-System, Kurzinformati-on „Spezial“. Hannover, 1998

Literatur

116

Schübel et al.:Wie wird das Blockpraktikum Allgemeinmedizin evaluiert?How to Assess the Practical Training Courses in Family Practice?

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

2. Summerschool AllgemeinmedizinStefan Bojanowski, Sandra Lange, Annika Laube, Jeannine Schübel, Kristin Seele, Antje Bergmann

Die 2. Summerschool für Allgemeinme-dizin, unterstützt von DEGAM, GHA und SGAM, wurde in der ersten Septem-berwoche in Dresden durchgeführt. Zie-le waren unter anderem eine studenti-sche Vernetzung zu schaffen, besonders Hochschulstandorte einzubinden, die bislang nicht institutionalisiert sind, und natürlich bei jedem Einzelnen das Interesse am Hausarztberuf zu entfa-chen oder aufrecht zu halten.

Teilnehmerfeld bunt gemischt

Die Bewerber zeigten ein buntes Bild: 25 Studierende aus den Fakultäten in Ber-lin, Dresden, Freiburg, Gießen, Göttin-gen, Halle-Wittenberg, Hamburg, Hei-delberg, Jena, Kiel, Lübeck, Magdeburg, Marburg, München, Münster und Würzburg. Das junge „Team“, beste-hend aus 17 Studentinnen und 8 Stu-denten (im Vorjahr lag die „Männerquo-te“ gerade mal bei 2 von 25) im Alter von 22 bis 30 Jahren zeigte großes Interesse. Es waren Studierende vom 6. Fach-semester (2. klinisches) bis zum PJ ver-treten.

Kurze Woche vollgepackt mit allgemeinmedizinischem Programm

Von Montag bis Freitag wurde den Stu-denten ein tieferer Einblick in das Ar-beitsfeld des Hausarztes geboten. Nach einer Einführungsveranstaltung, in der sich die Studenten zunächst näher ken-nenlernen und anschließend die bren-nendsten Fragen zum Thema „Wie wer-de ich Hausarzt und was heißt es, Haus-arzt zu sein?“ an Frau Prof. Bergmann und zwei ihrer Kollegen (ein erfahrener niedergelassener Hausarzt und ein Wei-terbildungsassistent) stellen konnten, fand der erste Vortrag zum Thema „Chronische Wunden“ statt. Der Tag en-dete mit einem gemeinsamen Pizza-

essen, einem Gläschen Wein und dem näheren Kennenlernen mit den Refe-renten des Tages und dem Organisati-onsteam.

Langer Tag mit schönem Ende

Am Dienstag mussten die Teilnehmer zu-nächst ihre praktischen Fertigkeiten un-ter Beweis stellen. Nach dem Vortrag am Vortag konnte nun in Kleingruppen die Versorgung chronischer Wunden und die Erhebung eines diabetischen Fußsta-tus praktisch geübt werden. Zudem lern-ten die Studenten in zwei Szenarien mit standardisierten Patienten, wie man mit schwierigen Patienten umgeht und wie

man eine schlechte Nachricht am besten übermittelt. Nach dem Mittagessen ging es dann bis zum frühen Abend mit Vor-trägen über Notfälle, Polypharmazie und Interessenkonflikte in der ärztlichen Be-rufspraxis weiter. Den Abschluss bildete dann ein gemeinsamer, geführter Rund-gang durch die Dresdner Altstadt. Da-nach wurde in größeren Gruppen das Nachtleben von Dresden getestet.

Mittwoch – wo steht der Notfallkoffer?

Der Mittwoch startete mit Theorie. The-men waren Impfen und der Umgang mit chronischen Erkrankungen. Am Nach-

Bereich Allgemeinmedizin, Medizinische Klinik III, Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ der Technischen Universität Dresden

Abbildung 1

Praktisches Training

im MITZ

Abbildung 2

Teambuilding

117AUSBILDUNG / EDUCATION

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

mittag wurde es dann wieder „prak-tisch“. Beim Notfalltraining in der Haus-arztpraxis konnten alle zeigen, dass sie in lebensbedrohlichen Situationen adä-quat reagieren. Die Szenarien entspra-chen dem Praxisalltag. Ein standardi-sierter Patient erlitt bei einer Blutabnah-me eine Hypoglykämie mit einem Krampfanfall. Dies war sehr beeindru-ckend. Lernziel war neben der fachlich adäquaten Behandlung, ein Team zu bil-den, den Patienten gemeinsam zu be-handeln. Dies wurde in den beiden an-deren Situationen (Herzinfarkt und Anaphylaxie) ebenso geprobt. Ein struk-turiertes Feedback gab den Studenten die Möglichkeit, diese Notfälle noch-mals zu diskutieren. Letztlich konnten alle „Patienten“ gerettet werden. Bevor es dann am Abend in die Dresdner Neu-stadt, DAS Szene-Viertel der Stadt, ging, stand noch eine Fortbildung zusammen mit der JASa (Junge Allgemeinmediziner Sachsen) zum Thema Langzeitgeräte an. Diese Gelegenheit wurde auch zum in-

tensiven Erfahrungsaustausch mit Wei-terbildungsassistenten genutzt.

Donnerstag – das Beste (fast) zum Schluss

Etwas erschöpft, aber dennoch hoch mo-tiviert begann der Donnerstag wie schon der Dienstag mit praktischen Übungen

im MITZ, dem Medizinisch Interprofes-sionellen TrainingsZentrum der Medizi-nischen Fakultät Dresden. Diesmal stan-den neben dem orthopädischen Unter-suchungsgang das anschließende Tapen und das korrekte Durchführen einer s.c./i.m.-Injektion auf dem Programm. Bei der Gesprächsstation galt es, unseren Schauspielpatienten von einer Raucher-entwöhnung zu überzeugen. Nach der Mittagspause standen die letzten beiden Vorträge der Woche an. Psychosomati-sche Krankheitsbilder und Blickdiagno-

sen hießen die Themen. Besonders die letzte Präsentation inkl. vieler Bilder aus der hausärztlichen Praxis begeisterte die Studenten. Am letzten gemeinsamen Abend lieferten sich die Teilnehmer und das Organisationsteam in zwei Drachen-booten ein spannendes Rennen auf der Elbe. Das anschließende Grillen wurde musikalisch von der Band Podka, dessen Sänger ebenfalls Haus- und Lehrarzt in Dresden ist, umrahmt.

Freitag – Prüfung gehört zur Schule dazu

Zum Abschluss am Freitagvormittag gab es noch einen Wundversorgungskurs mit echten Schweinefüßen, an denen die Studenten den Umgang mit Wun-den sowie das Nähen lernten und ihr Wissen noch einmal festigen konnten. Die obligatorische schriftliche Ab-schlussprüfung fiel erwartungsgemäß hervorragend aus. Insgesamt erreichten 13 Teilnehmer die Maximalpunktzahl, sodass die ausgelobten Preise für die Plätze 1 bis 3 (Gutscheine für Lehmanns Fachbuchhandlung) am Ende verlost werden mussten.

Abbildung 3

Die Teilnehmer der

Sommerschool

Abbildung 4

Notfalltraining an

Advanced-Life-

Support-Puppen

Summerschool Allgemeinmedizin 2012 in Dresden – Tauchkurs mit Tiefgang

Nach Reflexion der Woche vom 03.-07.09.2012 in Dresden kann ich nun mein Résumé ziehen und möchte die Summerschool Allgemeinmedizin 2012 als einen faszinierenden Tauchgang in die vielfältige Welt der Allgemeinmedizin beschreiben.

Als besonders eindrucksvolle und für mich auch zum Teil bewegende Erfahrungen möch-te ich die praktischen Teile hervorheben. Hier insbesondere das Notfalltraining mit Schauspielern und an Advanced-Life-Support-Puppen. Einen „scharfen“ Defibrillator einmal selbst in der Hand gehabt und einen reellen Schock abgegeben zu haben, ist eine empfehlenswerte Erfahrung, die trotz des „harmlosen“ Settings einiges an Überwindung kostet!

Des Weiteren möchte ich den Nahtkurs hervorheben, in dem Patient „Schweinefuß“ mit Donati-Naht nach allen Regeln der Kunst versorgt wurde.

Nochmals herzlichen Dank für diese einmalige Gelegenheit, in sehr kurzer Zeit einen tiefen Einblick in die Tätigkeiten eines Allgemeinmediziners gewonnen zu haben. Ein großes Lob an die Organisation und alle Beteiligten. Über eine Summerschool-Reunion würde ich mich sehr freuen. Ich hoffe man bleibt in Kontakt.

Herzliche Grüße Malte Haupt ([email protected])

118Bojanowski et al.:2. Summerschool Allgemeinmedizin

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

Durchweg positive Evaluation

Bevor die Studenten wieder in Ihre Hei-mat entlassen wurden, durften sich die Organisatoren in der abschließenden Feedback-Runde über großes Lob freuen.

Wir haben eine interaktive, beson-dere Woche mit den Studierenden ver-bracht und würden jederzeit wieder eine Summerschool organisieren. Denn trotz allen Aufwandes und aller Vorbereitung waren die Gespräche und Diskussionen mit den jungen, für den Hausarztberuf begeisterten Studenten sehr erfrischend.

Wir wünschen den Organisatoren für 2013 in Greifswald: Gutes Gelingen!

Stefan Bojanowski

Bereich Allgemeinmedizin,

Medizinische Klinik III

Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“

der Technischen Universität Dresden

Fetscherstraße 74

01307 Dresden

[email protected]

Korrespondenzadresse

Abbildung 5

Patient „Schweinefuß“

wird versorgt

DEGAM-Leitlinien frei im Netz

Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

(DEGAM) stehen ab sofort frei im Internet zur Verfügung. Die wissenschaftlich fundierten

und vor der Veröffentlichung in Praxen erprobten DEGAM-Leitlinien richten sich nicht nur

an Hausärzte, sondern auch an Patienten und Praxismitarbeiter. Neben der Langversion

gibt es eine Kurzfassung als Kitteltaschenkarte. Mehrere tausend Leitlinien-Sets werden

in Praxen und Universitäten in der täglichen Arbeit mit Patienten eingesetzt.

Alle Module können nun auf der DEGAM-Leitlinien-Homepage (http://leitlinien.degam.de)

oder auf der Homepage der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen

Medizinischen Fachgesellschaften, http://leitlinien.net/) bei Bedarf heruntergeladen

und ausgedruckt werden.

Pressekontakt:

Philipp Gehring

DEGAM-Bundesgeschäftsstelle

Johann Wolfgang Goethe-Universität

Theodor-Stern-Kai 7

60590 Frankfurt am Main

Telefon: 069 65007245

Fax: 069 68974602

E-Mail: [email protected]

Homepage: www.degam.de

119Bojanowski et al.:2. Summerschool Allgemeinmedizin

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

Inseln der HumanitätWarum es Hospizen nicht gestattet sein sollte, betriebswirtschaftlich zu arbeiten

Iles of Humanity

Why Hospices Should Not Be Permitted to Operate Economically

Thomas Joist

Zusammenfassung: Kosteneffizienz und betriebswirt-schaftliche Optimierung halten zunehmend Einzug in das Gesundheitswesen. Bislang ausgenommen war der Prozess des Sterbens. Ein Plädoyer für die Aufrechterhaltung dieser Ausnahme – auch gegen aufkommende Widerstände.

Schlüsselwörter: Hospiz; Palliativmedizin; Ökonomie

Summary: Cost control and economic efficiency are gain-ing importance in the field of healthcare management. Tra-ditionally excluded so far was the process of dying. A plea for this to be sustained – even against emerging resistance.

Keywords: Hospice; Palliative Care; Economy

Allgemeinmedizin der Universität KölnDOI 10.3238/zfa.2012.0120–0121

Hintergrund

Ambulante Palliativmedizin wird tau-sendfach getragen von Hausärztinnen und Hausärzten in Zusammenarbeit mit den Angehörigen, den Pflegediensten und vielen Ehrenamtlichen [1]. Viele Hausärzte betreuen ihre Patienten auch im stationären Hospiz weiter und erle-ben diesen Ort als wohltuende Oase der Menschlichkeit.

Dies liegt auch daran, dass in vielen Bereichen des Gesundheitswesens Be-griffe wie Kosteneffizienz, Kosten/Nut-zen-Risiko und betriebswirtschaftliche Optimierung eine zunehmend wichtige-re Rolle einnehmen [2]. So werden z.B. Ärzten bei Überschreitung bestimmter Operationszahlen Prämien in Form von Bonuszahlungen [3] oder einem guten „Turn-Over“ der Patienten mit den rich-tigen ICD-10 Codes gewährt. Gleichzei-tig gibt es allgegenwärtig Sanktionen in Form von Regressen bei Überschreitung von Medikamenten- oder Leistungsbud-gets [4]. Gerechtfertigt wird dies mit dem Argument, Gesundheit und Ge-sundheitstechnik mit all ihren Möglich-keiten finanzierbar zu halten.

Ein Prozess war bislang unumstrit-ten hiervon ausgenommen: Der des Ster -

bens. Dieser Prozess, der das mensch-liche Leben wie kein anderes Ereignis bestimmt, sollte frei bleiben von den In-strumenten der Markwirtschaft, gerade weil sie sozial sein will.

Stationäre Hospize als Investment

Die demografische Entwicklung der Be-völkerung, die positive Besetzung des Themas Palliativmedizin sowie die Not-wendigkeit, das Sterben in einer verein-samenden Gesellschaft, mit wenig gene-rationsübergreifenden Familienverbän-den, human – in Sinne bester europäi-scher Aufklärungskultur – zu halten, macht nun Hospize zunehmend interes-sant für Investoren.

Warum sollten nicht die bewährten Instrumente der Kosteneffizienz dazu führen, dass die bislang fast durchweg defizitären, stationären Hospize renta-bel werden? Rentabilität könnte in der Folge dazu führen, dass es keinen Man-gel an stationären Hospizplätzen mehr geben würde. Wochenlange Wartezeiten auf einen Hospizplatz, die heute viele Wartende nicht überleben, kämen kaum noch vor.

Es käme – so die Überlegungen – im Bereich der stationären Hospize zu einer Win-Win-Situation für Investoren [5] und die Krankenkassen, denen die Über-nahme teurer stationärer Behandlungen am Lebensende in Kliniken erspart blie-be [6]. Ein Gewinn für die Politik, wel-che die Bevölkerung auch in der Einsam-keit der Großstädte mit all ihrer Armut würdevoll versorgt wüsste. Und schließ-lich auch ein Gewinn für die Versicher-ten, da auf diese Weise die Beiträge nied-riger gehalten würden.

Idealismus im Hospiz

Es gibt aber Ideale, die so viel wichtiger sind als Markwirtschaft und Kosten-effizienz. Ärzte arbeiten in diesen Ein-richtungen, weil sie, ebenso wie die spezialisierten Pflegekräfte – und nicht zu vergessen die vielen Tausend Ehren-amtlichen – die Menschen dort mit viel persönlicher Empathie und En -gagement beim Sterben begleiten wol-len. Weil es ihrer humanitären Gesin-nung entspricht, sich dort einzubrin-gen [7].

Die Gedanken und Ziele dieser auf-opferungsvollen Arbeit drehen sich um

120 KOMMENTAR/MEINUNG / COMMENTARY/OPINION

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

die großen Begriffe der Menschlichkeit in der Medizin: Würde in der Betreuung ohne Ansehen der Personen, Gleichbe-handlung aller, ob arm oder reich, Sün-der oder Heiliger.

Sie alle schaffen tagtäglich Inseln der Fürsorge, der Freude im Angesicht des Todes, der Versöhnung mit dem Le-ben. Getragen von den Menschen bil-den sie nicht nur Inseln der Humanität, sie schaffen einen Kontinent der Huma-nität.

Modulare Palliativmedizin [8] mit schematischen, kosteneffizienten Ab-läufen wird scheitern. Die Menschen werden diese Form der Begleitung wäh-

rend des Sterbeprozesses nicht anneh-men. Die im hohen Maße aus idealisti-schen Motiven engagierten und zu Recht gut bezahlten Mitarbeiter, aber auch die vielen unbezahlten ehrenamt-lichen Mitarbeiter, werden solche Mo-delle nicht umsetzen.

Hospize und ihre Bedeutung für die Gesellschaft

Die Konsequenz aus allen diesen Über-legungen kann nur sein, dass statio- näre Hospize keine Gewinne machen dürfen.

Sie brauchen • mehr hochspezialisiertes Personal, als

es betriebswirtschaftlich vernünftig ist, • mehr Individualität [9], als es im All-

tag eines Krankenhauses zu tolerieren wäre,

• mehr Zeitkapital, als es in einer nor-malen Arztpraxis oder einen ambu-lanten Pflegedienst zu Verfügung steht.

Um dies alles zu ermöglichen, müssen stationäre Hospize von Spenden aus der Bevölkerung getragen werden. Diese Spenden – in Form von Geld oder Enga-gement – werden gegeben, weil eine Idee, ein Ideal, das was uns wichtig ist, in unse-rer Gesellschaft erhalten werden soll. Hospize dürfen nicht interessant werden für Investoren, die sie als PR-Blatt für neu zu erstellende Seniorenwohnanlagen, Kliniken oder Betreuungskonzepte der Zukunft entdecken. Hospize dürfen nicht betriebswirtschaftlich arbeiten.

Interessenkonflikte: keine angege-ben.

Dr. med. Thomas Joist

Lehrbeauftragter für Allgemeinmedizin

der Universität Köln

Facharzt für Allgemeinmedizin –

Palliativmedizin

Heidelberger Straße 37, 51065 Köln

[email protected]

Korrespondenzadresse

1. Schneider N, Mitchel G, Scott A. Am-bulante Palliativversorgung: Der Haus-arzt als erster Ansprechpartner. Dtsch Arztebl 2010; 107: A-925/B-808/C-795

2. Unger F. Health is wealth: considerati-ons to European healthcare. Prilozi 2012; 33: 9–14

3. Flintrop J. Boni für Chefärzte: Die Koa -lition will mehr Transparenz. Dtsch Arztebl 2012; 109: A-2388/B-1948/ C-1908

4. Ebertseder K. Regresse: Psychoterror. Dtsch Arztebl 2011; 108: A-1231/ B-1028/C-1028

5. Kirby EG. Strategic groups and outco-mes in the US hospice care industry. J Health Organ Manag 2012; 26: 641–54

6. Gans D, Kominski GF, Roby DH, et al. Better outcomes, lower costs: palliative

care program reduces stress, costs of ca-re for children with life-threatening conditions. Policy Brief UCLA Cent Health Policy Res. 2012

7. Claxton-Oldfield S, Claxton-Oldfield J. Should I stay or should I go: a study of hospice palliative care volunteer sa-tisfaction and retention. Am J Hosp Palliat Care 2012; 29: 525–30

8. Simon ST, Higginson IJ, Harding R, et al. Enhancing patient-reported outco-me measurement in research and practice of palliative and end-of-life ca-re. Support Care Cancer 2012; 20: 1573–8

9. Olthuis G, Leget C, Dekkers W. Why hospice nurses need high self-esteem. Nurs Ethics 2007; 14: 62–71

Literatur

121KOMMENTAR/MEINUNG / COMMENTARY/OPINION

… Studium in England und Bonn, Ausbildung zum Facharzt für

Allgemeinmedizin an den Universitäten Köln und Düsseldorf,

Lehrbeauftragter für Allgemeinmedizin der Universität Köln.

In eigener Hausarztpraxis seit 1995 in Köln niedergelassen,

Zusatzbezeichnungen Palliativmedizin und Spez. Schmerz-

therapie. Jahrelange verantwortliche Betreuung eines Hospizes

in Köln, Mitgründer und Vorstand des Palliativteams SAPV Köln

rechtsrheinisch.

Dr. med. Thomas Joist …

Ständig aktualisierte Veranstaltungstermine von den „Tagen der Allgemeinmedizin“ finden Sie unter www.tag-der-allgemeinmedizin.de.

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

Vereinbarkeit von Forschung und Facharztweiterbildung in der AllgemeinmedizinProbleme und Lösungsansätze

Combining Clinical Training and Research in Family MedicineWolfram J. Herrmann1,2, Thomas Kötter1,3, Tobias Freund1,4, Solveig Carmienke1,5

1 Junge Allgemeinmedizin Deutschland (JADE) – Arbeitsgruppe Forschung und Lehre2 Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Allgemeinmedizin3 Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Campus Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie4 Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung5 Universitätsklinikum Jena, Institut für AllgemeinmedizinPeer reviewed article eingereicht: 28.11.2012, akzeptiert: 18.01.2013DOI 10.3238/zfa.2012.0122–0126

Hintergrund: Die zunehmende Akademisierung der All-gemeinmedizin in Deutschland ist ein wichtiger Schritt, um das Fach Allgemeinmedizin langfristig zu stärken. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Förderung des wissen-schaftlichen Nachwuchses. Eine besondere Schwierigkeit für Nachwuchswissenschaftler ergibt sich jedoch durch die Verbindung von Forschung und Facharztweiterbil-dung. Ziel dieses Artikels ist es, die Ist-Situation der Ver-einbarkeit von Forschung und Facharztweiterbildung in der Allgemeinmedizin in Deutschland zu diskutieren und Anregungen für eine zukünftige Verbesserung der Situati-on zu geben. Methoden: In einem Workshop auf dem DEGAM-Kon-gress führten wir eine moderierte Gruppendiskussion mit Visualisierung anhand von Moderationskarten zu Proble-men bei der Verbindung von Forschung und Facharztwei-terbildung, vorhandenen Lösungsansätzen und notwendi-gen Schritten für die Zukunft durch. Für diesen Artikel ha-ben wir die Ergebnisse der Diskussion zusammengefasst. Ergebnisse: Wichtige Probleme bei der Vereinbarkeit von Forschung und Lehre sind die Anrechenbarkeit von Forschung auf die Weiterbildungszeit, Abstimmung zwi-schen Krankenversorgung und Forschung, Work-Life-Ba-lance, Bezahlung und Wertschätzung. Vorteile der Kom-bination von Forschung und Lehre mit klinischer Weiter-bildung sind Synergien zwischen beiden Tätigkeiten und eine erhöhte Flexibilität. Es gibt bereits vorhandene Lö-sungsansätze, insbesondere in universitär verankerten (Verbund-)Weiterbildungsprogrammen. Notwendige

Background: The academic development of family medicine plays an important role for its professional-isation in Germany. An important aspect of development is the promotion of young academic family practitioners (FPs). However, young FPs in clinical training who also perform research and teaching are confronted with many difficulties. The aim of this article is to discuss combining training and research in family medicine in Germany and to suggest possible solutions and future steps.Methods: During the national congress of the German College of General Practitioners and Family Physicians (DEGAM) in Rostock 2012, we conducted a workshop on the combination of clinical training with research and teaching. In three moderated discussion rounds we talked about problems, already existing best-practice solutions and necessary steps for the future. The results were col-lected on pin-boards. Results: Important problems in combining research and teaching with clinical training are: the availability of inte-grating research and training, work-life-balance, payment and appraisal by colleagues. Advantages of combining re-search and clinical training are synergies between both and a higher flexibility. Already existing best-practice sol-utions are mainly vocational training rotation programs offered by university departments of family medicine. Necessary steps for the future are standardizations of op-portunities to integrate research into clinical training, equal payment and networking between university de-partments and clinical trainers.

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Hintergrund

Forschung ist ein elementarer Bestand-teil von Medizin als Wissenschaft. Die Ausbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs ist wichtig für die Sicherstel-lung hochwertiger medizinischer For-schung und damit für die Versorgung in der Zukunft [1]. Dabei ist es insbesonde-re in der klinischen Forschung und in der Versorgungsforschung schwierig, den Nachwuchs parallel zur Facharzt-weiterbildung auch in der Forschung weiter zu qualifizieren. Weiterbildungs- curricula und die Arbeit in Klinik und Praxis lassen kaum Zeit, qualitativ hoch-wertige Forschung zu betreiben. Das Stichwort der „Feierabend“-Forschung beschreibt dieses Dilemma [2]. Die vor-handenen Lösungsansätze von DFG [3] und Wissenschaftsrat [1] sind gut und bemerkenswert, greifen jedoch bisher zu kurz, um die internationale Wett-bewerbsfähigkeit Deutschlands in klini-scher Forschung und Versorgungsfor-schung sicherzustellen.

In der Allgemeinmedizin ist eine zu-nehmende Verankerung des Faches an den Universitäten notwendig, um den Beruf des Hausarztes attraktiver für den medizinischen Nachwuchs zu gestalten [4]. Um die Akademisierung des Faches Allgemeinmedizin voranzubringen, ist eine ausreichende Anzahl gut ausgebil-deter Nachwuchswissenschaftler not-wendig. Für die allgemeinmedizi-nischen Nachwuchswissenschaftler er-geben sich während der Facharztweiter-bildung aufgrund der fragmentierten allgemeinmedizinischen Facharztwei-terbildung und der meist fehlenden Pa-tientenversorgung der Lehrstühle für Allgemeinmedizin zahlreiche Schwie-rigkeiten. Es sind daher neue Lösungen

und Ideen nötig, um eine Tätigkeit in Forschung und Lehre parallel zur Fach-arztweiterbildung zu erleichtern und so den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Allgemeinmedizin sicherzustellen.

Deshalb gründete sich beim Kon-gress der Deutschen Gesellschaft für All-gemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) 2011 in Salzburg innerhalb der Jungen Allgemeinmedizin Deutsch-land (JADE) die Arbeitsgruppe For-schung und Lehre.

Unser Ziel war es, die Vereinbarkeit von Forschung und Weiterbildung mit betroffenen Ärzten in Weiterbildung, Forschern und Entscheidungsträgern zu diskutieren und gemeinsam nach Lö-sungsansätzen für eine bessere Verein-barkeit von Forschung und Lehre mit praktischer ärztlicher Tätigkeit in der Weiterbildung zu suchen.

Methoden

Im Rahmen des DEGAM-Kongresses 2012 in Rostock führten wir einen 90-minütigen Workshop durch. Der Workshop war offen für alle Besucher des Kongresses und richtete sich explizit an Ärzte in Weiterbildung (ÄiW), For-scher und Entscheidungsträger.

Nach einer Vorstellungsrunde führ-ten wir jeweils drei 20– bis 30-minütige Gruppendiskussionen zu folgenden Themen durch:• Probleme bei der Verbindung von For-

schung und Facharztweiterbildung,• vorhandene Lösungsansätze zur Ver-

bindung von Forschung und Fach-arztweiterbildung,

• notwendige Schritte für die Zukunft.

Jeder dieser Blöcke wurden von einem Mitglied der Arbeitsgruppe Forschung und Lehre moderiert, die einzelnen Punkte wurden auf Moderationskarten festgehalten und an Pinnwänden grup-piert. Die Ergebnisse des Workshops wurden allen Teilnehmern im Anschluss per E-Mail zugänglich gemacht.

Für diesen Artikel haben wir die Er-gebnisse der Gruppendiskussion an-hand der dokumentierten Moderations-wände und unserer schriftlichen Auf-zeichnungen zusammengefasst.

Ergebnisse

Diskussionsteilnehmer

An dem Workshop nahmen insgesamt 10 Personen teil. Zu Ihnen gehörten Ver-treter der DEGAM und der JADE, ein all-gemeinmedizinischer Lehrstuhlinha-ber, mehrere wissenschaftliche Mit-arbeiter, ÄiW und Studierende mit Inte-resse an der Allgemeinmedizin.

Probleme in der Vereinbarkeit von Forschung und Weiterbildung

Die von den Teilnehmern benannten Problemfelder zur Vereinbarkeit von wissenschaftlicher und klinischer Tätig-keit in der Facharztweiterbildung lassen sich thematisch in mehrere Bereiche un-tergliedern: Anrechenbarkeit von For-schung auf die Weiterbildungszeit, Ab-stimmung zwischen Krankenversor-gung und Forschung, Work-Life-Balan-ce, Bezahlung und Wertschätzung. Ne-ben Problemen wurden in der Diskussi-on auch Vorteile der Kombination von Forschung und klinischer Tätigkeit wäh-rend der Weiterbildung genannt.

Schritte für die Zukunft sind einheitliche Möglichkeiten, Forschungszeit auf die Weiterbildungszeit anzurechnen, eine einheitliche Bezahlung und lokale Vernetzung von universitären Abteilungen und Weiterbildungsbefugten. Schlussfolgerungen: Die Kombination von Forschung und Weiterbildung kann zu Schwierigkeiten führen, bietet jedoch auch Vorteile. Gezielte Schritte zu einer Verbes-serung der Verbindung von Forschung und Facharztwei-terbildung sollten unternommen werden.

Schlüsselwörter: Allgemeinmedizin; Facharztweiterbildung; Forschung; Nachwuchsförderung

Conclusions: The combination of research and training is a challenge. Different steps to improve the combination of both should be further promoted.

Keywords: Family Medicine; Postgraduate Training; Promotion of Young Researchers

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Anrechenbarkeit für Weiter-bildungszeit: Die Teilnehmer berich-teten unterschiedliche – jedoch über-wiegend mangelnde – Anrechenbarkeit der Forschungszeiten auf die Facharzt-weiterbildung. Durch die mangelnde Anrechenbarkeit verlängere sich für jun-ge allgemeinmedizinische Nachwuchs-wissenschaftler die Facharztweiterbil-dung bis auf die doppelte Weiterbil-dungszeit.

Die Diskussionsteilnehmer berichte-ten, dass in anderen Fachgebieten die Weiterbildungszeit an Universitätsklini-ken häufig auch nicht gesondert aus-gewiesene Zeiten für Forschung beinhal-te, welche auf die Facharztweiterbildung angerechnet würden. Dies führe zu einer Ungleichbehandlung von Forschungs-zeiten zwischen den verschiedenen Fachrichtungen zum Nachteil der All-gemeinmedizin.

Abstimmung zwischen Kran-kenversorgung und Forschung: Mehrere Teilnehmer berichteten über Schwierigkeiten bei der Freistellung von der klinischen Tätigkeit für die für eine Forschungstätigkeit notwendige Semi-nar- und Kongressteilnahme. Insbeson-dere in der stationären Phase der Weiter-bildung seien flexible Arbeitsmodelle wie Teilzeittätigkeit häufig nicht mög-lich.

Häufig würden zwei getrennte Ar-beitsverträge bei zwei unterschiedlichen Arbeitgebern bestehen, woraus sich zahlreiche Probleme ergeben könnten.

Work-Life-Balance: Als weiteres Problemfeld wurde von Teilnehmern die zusätzliche Arbeitsbelastung in der Kombination von wissenschaftlicher und klinischer Tätigkeit benannt. Beide Tätigkeitsfelder seien arbeitsintensiv und würden inhaltlich und zeitlich ge-trennte Arbeitsaufgaben außerhalb der regulären Arbeitszeiten bedingen. Zu-sätzlich zu den Routinetätigkeiten in der Klinik oder Praxis sowie der Forschungs- und Lehrtätigkeit würde das Ableisten von Nacht- und Wochenenddiensten, das Schreiben von Forschungsanträgen und die Publikation von Forschungs-ergebnissen von den wissenschaftlich tätigen Allgemeinmedizinern in Weiter-bildung verlangt.

Ein Workshopteilnehmer warf die Frage auf, ob bei einer Teilzeittätigkeit in Forschung und Lehre der Forschungs-output ausreichend sei, um Karriereziele wie Habilitation als Qualifikation zur

Übernahme leitender Positionen zu er-reichen.

Fehlende Wertschätzung durch Kollegen: Die Diskussionsteilnehmer berichteten über Konflikte mit Kolle-gen aus der Praxis. Eine Tätigkeit in der allgemeinmedizinischen Forschung würde von vielen klinischen Weiterbil-dern und Kollegen nicht als anspruchs-voll oder gewinnbringend einge-schätzt. Durch die Doppelbelastung er-schwere sich nach Meinung einiger Workshopteilnehmer der kollegiale Austausch sowohl zu wissenschaftli-chen Kollegen als auch zu klinisch täti-gen Kollegen aus Klinik und Niederlas-sung. Die verbreitete Skepsis praktisch tätiger Allgemeinmediziner gegenüber Wissenschaftlern und umgekehrt brin-ge diejenigen, die beide Tätigkeitsfelder vereinen, in eine Situation „zwischen den Stühlen“, was von den Workshop-teilnehmern als problematisch angese-hen wurde.

Vorteile: Von den Teilnehmern wird Forschung und Lehre in der All-gemeinmedizin als hilfreich in der Pra-xis der Krankenversorgung erlebt. Und auch die Versorgungspraxis unterstützt die Forschung mit aus der Praxis entste-henden Forschungsfragen und einer stärkeren Beachtung von Praxisimplika-tionen bei Forschungsergebnissen.

Des Weiteren nannten Teilnehmer die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der allgemeinmedizinischen Weiterbildung insbesondere auch durch die Integration von Abschnitten in all-gemeinmedizinischen Instituten und flexiblere Arbeitszeiten.

Vorhandene Lösungsansätze zur Vereinbarkeit von Forschung und Weiterbildung

Im zweiten thematischen Diskussions-abschnitt trugen die Workshopteilneh-mer bereits vorhandene Lösungsansätze für die vorher identifizierten Probleme zusammen.

Anrechenbarkeit von aka-demischer Tätigkeit und vorhan-dene Modelle zur Vereinbarkeit von Forschung und klinischer Weiterbildung: Die Diskussionsteil-nehmer benannten ihnen bekannte Modelle der Kombination akademi-scher und klinischer Weiterbildungs-abschnitte innerhalb der Facharztwei-terbildung. Eine Teilung in akademi-

sche bzw. klinische Abschnitte (Klinik – Forschung – Klinik oder Forschung – Klinik – Forschung) in Vollzeittätigkeit sei häufig. Einige Kollegen würden pa-rallel wissenschaftlich und klinisch mit jeweils Teilzeitstellen bei zwei getrenn-ten Arbeitgebern arbeiten. Die Fach-arztweiterbildung verlängere sich in beiden Modellen deutlich.

Die Workshopteilnehmer trugen die Standorte zusammen, an denen eine all-gemeinmedizinische akademische Tä-tigkeit auf die Facharztweiterbildung anrechenbar ist (z.B. in Frankfurt, Hei-delberg, Jena). Sie berichteten über be-reits bestehende Programme, die mittels Rotationen in verschiedene klinische und einen einmaligen 6-monatigen Ab-schnitt im kooperierenden Institut für Allgemeinmedizin akademische und klinische Tätigkeit unter einem Rah-menarbeitsvertrag ermöglichen. Als Bei-spiele wurde die „Verbundweiterbil-dung Plus“ in Baden-Württemberg (Standort Heidelberg) [5] und die „Struk-turierte Weiterbildung Allgemeinmedi-zin“ des Universitätsklinikums Jena [6] genannt.

Neben den nationalen Lösungs-ansätzen trugen die Diskussionsteil-nehmer auch internationale Lösungs-ansätze zur Integration wissenschaftli-cher und klinischer Tätigkeit in der Facharztweiterbildung als mögliche Vorbilder zusammen: So kann in Schweden eine Forschungstätigkeit in-nerhalb der Zeit zur Anfertigung einer Forschungsdissertation („PhD-Zeit“) auf die Facharztweiterbildung ange-rechnet werden. In Norwegen sind während der Weiterbildungszeit in All-gemeinmedizin bis zu 50 % der Wo-chenarbeitszeit in allgemeinmedizi-nischer Forschung und Lehre bei voller Anrechenbarkeit auf die Facharztwei-terbildung möglich.

Bezahlung: Die Teilnehmer be-richteten, dass eine wissenschaftliche Tätigkeit für ÄiW meist nach Tarifver-trag der Länder (TV-L) und damit schlechter bezahlt wird als eine Tätigkeit im Krankenhaus nach Tarifvertrag für Ärzte (TV-Ä). Die Tätigkeit als ÄiW in der Praxis sei sehr unterschiedlich, mal bes-ser, mal schlechter vergütet als eine wis-senschaftliche Tätigkeit.

Es wurde weiterhin berichtet, dass in einigen allgemeinmedizinischen Abtei-lungen in Forschung und Lehre tätige Ärzte nach dem Tarifvertrag des Marbur-

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ger Bundes (TV-Ä) vergütet würden. Ob die Vergütung nach TV-Ä schlechter be-zahlte Wissenschaftler aus anderen Dis-ziplinen innerhalb der Abteilung diskri-miniert oder ob dies ein notwendiger Ansatz zur Förderung des akademischen allgemeinmedizinischen Nachwuchses sei, wurde kontrovers diskutiert.

Vernetzung Krankenversor-gung und Forschung: Gemeinsam trugen die Teilnehmer verschiedene be-reits existierende Möglichkeiten zu-sammen, die es nach ihrer Meinung er-leichtern, mit beiden Arbeitsgebieten „Kontakt zu halten“. In der ambulan-ten Phase der Weiterbildung würde ei-ne flexible Teilzeittätigkeit beispiels-weise tageweise oder auch halbtags die Verknüpfung beider Aufgabengebiete ermöglichen. Dafür seien jedoch auf beiden Aufgabengebieten kooperative und offene Arbeitgeber notwendig. Die Freistellung zur Teilnahme an Semina-ren, Kursen, Kongressen und wissen-schaftlichem Methodentraining durch wissenschaftliche und klinische Ar-beitgeber erleichterten es, in beiden Gebieten „Schritt zu halten“. Ein-ladung und Freistellung zu wissen-schaftlichen Arbeitsgruppensitzungen („Lab-Meetings“) würden die Vernet-zung zwischen ÄiW und forschenden Kollegen vereinfachen.

Notwendige Schritte für die Zukunft

Anrechenbarkeit von Forschungs-abschnitten auf die Facharztwei-terbildung Allgemeinmedizin: Un-ter den Teilnehmern des Workshops bestand Einigkeit darüber, dass For-schungsabschnitte in der Allgemein-medizin in allen Abteilungen für All-gemeinmedizin auf die Weiterbildung Allgemeinmedizin anrechenbar sein sollten, da die Tätigkeit in Wissen-schaft und Forschung in direktem Zu-sammenhang mit der ärztlich-prakti-

schen Tätigkeit steht, z.B. durch Kennt-nisse in EBM und Patientenkontakt im Rahmen von Lehre und Forschung. Grundlage hierfür sollte eine Ände-rung der (Muster-)Weiterbildungsord-nung oder eine flexiblere Vergabe von Weiterbildungsbefugnissen an Leiter allgemeinmedizinischer Abteilungen durch die Landesärztekammern sein. Grundsätzlich bestehe das Problem der fehlenden Anrechenbarkeit von For-schungszeiten auf die Facharztweiter-bildung auch in anderen klinischen Fä-chern wie etwa der Inneren Medizin, der Chirurgie oder der Pädiatrie. Aus diesem Grund sollte ein breiterer Dis-kurs angestrebt werden, welcher auch andere Fachdisziplinen einschließt.

Arbeitsverträge: Übergeordnete Verträge zwischen mehreren Arbeit-gebern und den ÄiW (z.B. in Verbund-weiterbildungen) könnten nach Mei-nung der Workshopteilnehmer beide Seiten entlasten und die Vereinbarkeit von Weiterbildung und wissenschaftli-cher Tätigkeit erleichtern.

Unterstützende Rahmenbedin-gungen: Als Zukunftsperspektive wur-den spezielle Rahmenprogramme für wissenschaftlich arbeitende ÄiW in der Allgemeinmedizin diskutiert. So könn-ten etwa flächendeckend im Rahmen von gezielt konzipierten Weiterbil-dungsprogrammen mit Verankerungen an Universitätsabteilungen für All-gemeinmedizin klinische Weiterbil-dung und Forschung und Lehre indivi-dualisiert an den Bedürfnissen und Inte-ressen der ÄiW ausgerichtet verbunden werden.

Die Beachtung von Forschung und Lehre in der Facharztweiterbildung in einem DEGAM-Rahmenkonzept für Weiterbildungsprogramme wurde be-grüßt. Als weitere Option zur besseren Vereinbarkeit von Forschung und kli-nischer Weiterbildung in der Allgemein-medizin wurde die Einrichtung von Ins-

titutsambulanzen bzw. Institutspraxen diskutiert, in denen regelmäßiger kli-nischer Patientenkontakt möglich sei. Hierbei zeigten sich – bei grundsätzlich großem Interesse der Teilnehmer an die-sem Konzept – zwei Schwierigkeiten in der Diskussion: Erstens könnte das Pa-tientenspektrum einer universitären Institutsambulanz möglicherweise spe-ziell sein, zweitens sei die Einrichtung einer solchen Institution an vielen Standorten allgemeinmedizinischer Ab-teilungen eine organisatorische und rechtliche Herausforderung.

Schlussfolgerungen

Die Verbindung von Forschung und Facharztweiterbildung in der All-gemeinmedizin ist nicht einfach und führt zu zahlreichen praktischen Proble-men im Alltag. Sie wurde jedoch von den beteiligten ÄiW gleichzeitig als Be-reicherung, sowohl für die Versorgungs-praxis als auch für die Forschung erlebt. In den letzten Jahren haben sich bereits einige Lösungsansätze zur besseren Inte-gration von Weiterbildung und aka-demischer Tätigkeit entwickelt, u.a. die Integration von Forschung in struktu-rierte Weiterbildungsprogramme.

Als besonders relevante Punkte für die Zukunft erachten wir eine übergrei-fende Regelung für die Anrechenbarkeit von Forschung auf die Facharztweiter-bildung. Eine solche Regelung sollte un-seres Erachtens am besten in der Muster-weiterbildungsordnung der Bundesärzte-kammer verankert sein. Darüber hinaus sollte die Zusammenarbeit von Univer-sitätsabteilungen mit Krankenhäusern und Praxen lokal ausgebaut und auf eine vertragliche Basis gesetzt werden. Des Weiteren ist eine stärkere Vernetzung der forschenden ÄiW untereinander notwendig, welche wir innerhalb der JADE vorantreiben wollen.

… innerhalb der Jungen Allgemeinmedizin Deutschland (JADE)

gründete sich bei der JADE-Konferenz im Vorfeld des DEGAM-

Kongresses in Salzburg. Ihr gehören zur Zeit Solveig Carmien-

ke, Tobias Freund, Wolfram J. Herrmann und Thomas Kötter an.

Die Arbeitsgruppe möchte zu einer Verbesserung der Verein-

barkeit von Forschung und Lehre für junge Allgemeinmediziner

beitragen und die Vernetzung forschender junger Allgemein-

mediziner vorantreiben.

Die Arbeitsgruppe Forschung und Lehre …

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Danksagung: Wir danken allen Work-shopteilnehmern für die intensive Dis-kussion und insbesondere Prof. Dr. Ferdinand M. Gerlach für seine enga-gierte Beteiligung an der Diskussion und seinen Einsatz für die allgemein-medizinische Nachwuchsförderung. Interessenkonflikte: Alle vier Auto-ren sind sowohl Ärzte in Weiterbildung als auch an einer universitären Abtei-lung akademisch tätig.

Dr. med. Wolfram J. Herrmann

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Institut für Allgemeinmedizin

Leipziger Straße 44, 39120 Magdeburg

Tel.: 0391 6721009, Fax: 0391 672010

[email protected]

Korrespondenzadresse

1. Beisiegel U. Motivation des Nach-wuchses für die medizinische For-schung. Positionen des Wissenschafts-rates. Bundesgesundheitsbl 2009; 52: 850–855

2. Haruna H. Forschen nach Feier-abend. DIE ZEIT, 24.05.2012, Nr.22

3. Deutsche Forschungsgemeinschaft. Empfehlungen der Senatskommis-sion für Klinische Forschung. Struk-turierung der wissenschaftlichen Ausbildung für Medizinerinnen und Mediziner. April 2010

4. Wissenschaftsrat. Stellungnahme zu den Perspektiven des Faches Allge -meinmedizin an den Hochschulen. Januar 1999; Drs. 3848/98

5. http://www.kompetenzzentrum- allgemeinmedizin.de/, letzter Zugriff am 17.10.20126. http://www.allgemeinmedizin.uni- jena.de, letzter Zugriff am 17.10.2012

Literatur

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„Forschung für Qualität in der Praxis“3. Internationale EQuiP Summer School

19.–22. Juli 2013, Berlin / WannseeIhr Projekt für Qualität in der Praxis! Die internationale „EQuiP Summer School“ unterstützt Kollegen und bringt Projektideen auf den Weg. EQuiP ist die Europäische Fachgesellschaft zur Förderung der Qualität in der hausärztlichen Arbeit. Ziele der Summer School sind: Erfahrungsaustausch mit Kollegen aus Europa und die Schärfung der eigenen Projektidee. Dazu sind interaktive Kurse, Vorlesungen, Gruppenarbeiten und Exkursionen geplant – nicht zuletzt auch Spaß in der Metropole Berlin. Dank der Unterstützung von DEGAM e.V. und Deutschem Hausärzteverband e.V., kommt diese Veranstaltung ohne Gelder der Pharmaindustrie aus. Prof. Dr. Jochen Gensichen ist fachlicher Leiter und informiert Sie gerne.

Informationen, Programm und Anmeldung unter:

www.allgemeinmedizin.uni-jena.de oder

(Foto: Ev. Bildungsstätte auf Schwanenwerder)

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Patientenzentriertes BehandlungsmanagementEin Konzept aus einer akademischen Lehrpraxis

Patient-Centered Health Care Management

A Concept Developed in a Teaching practice

Birgitta Weltermann, Petra Kempis, Sabrina Reinders, Stefan Gesenhues

Hintergrund: Die hausärztliche Tätigkeit ist komplex, da Patienten oft mehr als eine Erkrankung, eine Medikation und einen behandelnden Arzt haben. Es ist eine zentrale Aufgabe des Hausarztes, verschiedene Behandlungsaspekte zu integrieren. In einer hausärztlich-akademischen Lehrpra-xis wurde ein patientenzentriertes, elektronisches Behand-lungsmanagement entwickelt und in einer Machbarkeits-studie hinsichtlich der Praktikabilität überprüft. Methoden: In einer hausärztlichen Lehrpraxis wurde ein EDV-basiertes Behandlungsmanagement entwickelt. An-hand einer Zufallsstichprobe von Patientenakten wurden relevante Behandlungsinhalte in drei Kategorien erfasst: Vorsorge, Behandlung, Kommunikation und Organisation. Für alle von den Ärzten als relevant erachteten Behand-lungsaspekte wurde eine EDV-Markierung („Flag“) ent-wickelt und testweise in fünfhundert elektronische Akten eingepflegt. Das Praxisteam wurde zur Erfahrung mit dem System befragt. Ergebnisse: Die Aktenanalyse zeigte, dass pro Patienten-akte durchschnittlich 6,1 Flags eingesetzt worden waren, am häufigsten für die Aspekte Vorsorge (n = 1790) und Be-handlung (n = 897). Das Praxisteam beurteilte das System als gut verständlich, auf andere Praxen übertragbar und hilfreich, um einen raschen Überblick über unterschiedliche Versorgungsaspekte des jeweiligen Patienten zu gewinnen. Die Ersteingabe wurde als zeitintensiv, der Routineaufwand jedoch als gering eingeschätzt. Die Lehrpraxis wird das Konzept langfristig weiterführen.Schlussfolgerungen: Unsere Studie zeigt die erfolgreiche Umsetzung eines patientenzentrierten Behandlungsmana-gements in einer Hausarztpraxis. Nach Einschätzung des Praxisteams unterstützt das Behandlungsmanagement die komplexe hausärztliche Tätigkeit in dieser Praxis wirkungs-voll.

Schlüsselwörter: Qualität der Versorgung; elektronische Patientenakte; patientenzentrierte Versorgung

Background: Primary care medicine is complex because patients often have more than one disease, one medication and one physician. It is a central task of family practitioners to integrate the various aspects of care. The article presents a patient-centered electronic care management which was developed in a primary care teaching practice. In a feasibil-ity study the practicability of the concept was evaluated.Methods: A primary care teaching practice developed an electronic patient management system. Based on a review of randomly selected charts outcome-relevant aspects of care were retrieved in three categories: prevention, chronic care, communication and organization. A computer tag (flag) was developed for all aspects which were considered relevant by the physicians. The system was implemented in a random sample of five hundred electronic charts. The practice team was surveyed for their every-day experience. Results: The retrospective chart review showed that an average of 6.1 flags were used per chart with most fre-quent use of flags for prevention (n = 1790) und chronic care (n = 897). The practice team considers the system easily understandable, transferable to other practices and providing a good overview about the various aspects of each patient’s care. The practice will apply the system long term. Conclusions: Our study shows a successful implemen-tation of a patient-centered, electronic medical record based care management system in a primary care practice. The practice team considered the system as successfully supporting their comprehensive care.

Keywords: Quality of Care; Electronic Medical Records; Patient-Centered Care

Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Essen Peer reviewed article eingereicht: 29.10.2012, akzeptiert: 25.01.2013 DOI 10.3238/zfa.2012.0127–0132

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Hintergrund

Die hausärztliche Tätigkeit ist komplex, da Patienten oft mehr als eine Erkran-kung, eine Medikation und einen be-handelnden Arzt haben [1]. Eine zentra-le Aufgabe des Hausarztes ist es, die ver-schiedenen Behandlungsaspekte evi-denzbasiert zu versorgen und sinnvolle Prioritäten zu setzen. Angesichts der Zeitlimitationen, der steigenden Morbi-dität der Bevölkerung und der Differen-zierung der medizinischen Versorgung ist es für Ärzte zunehmend schwieriger, fach- und patientengerecht mit dieser Komplexität umzugehen [2].

Multiparameter-Behandlungsszena-rios wie in Hausarztpraxen sind mit ein-fachen Ursache-Wirkung-Modellen nicht adäquat beschrieben. Hilfreicher sind Theorien aus der Komplexitäts- und Chaosforschung. Wie in Abbil-dung 1 dargestellt entwickelt sich jede Patienten-Arzt-Beziehung und jede Be-handlung im Kontext der Spannungsbö-gen „Einfach – Komplex“, „Überein-stimmung – Diskordanz (Agreement – Disagreement)“ und „Sicherheit – Unsi-cherheit“ (Certainty – Uncertainty) [3]. Jeder Arzt kennt aus seiner longitudina-len Patientenversorgung unterschiedli-che Entwicklungen von Arzt-Patient-Be-ziehungen im Kontext dieser Pole. In-haltlich umfassen die genannten Aspek-te sowohl die Arzt-Patienten-Kommuni-

kation als auch die Behandlungsinhalte und deren Umsetzung.

Obwohl die Komplexität der medizi-nischen Behandlung eine Alltagsheraus-forderung für jeden Arzt darstellt, ist die Thematisierung der Komplexität medi-zinischer Behandlungen auf einer Meta-ebene eher ein junges (wissenschaftli-ches) Thema [3]. Elektronische Praxis-verwaltungssysteme und elektronische Gesundheitsakten bieten die Möglich-keit, longitudinal die patientenbezoge-ne Informationskontinuität zu sichern [4]; allerdings gibt es bislang keine allge-mein akzeptierten Systeme, die (Haus-)Ärzte dabei unterstützen, die ver-schiedenen Behandlungsaspekte zu er-fassen und zugleich Prioritäten zu set-zen.

Wir beschreiben ein Behandlungs-managementsystem, das als Anwender-programmierung in einer hausärzt-lichen Lehrpraxis entwickelt wurde, und evaluieren die Praktikabilität aus Sicht des Praxisteams.

Methoden

Anwenderprogrammierung

In einer hausärztlichen-akademischen Lehrpraxis der Universität Duisburg-Es-sen wurde im Jahr 2008/2009 ein EDV-basiertes Behandlungsmanagement ent-

wickelt und eingeführt. In der städtisch gelegenen Hausarztpraxis sind zwei Fachärzte für Allgemeinmedizin und ein Arzt in Weiterbildung tätig. Die in der Praxis tätigen Lehrärzte hatten zunächst anhand einer Zufallsstichprobe von fünfhundert Patientenakten alle ärzt-lich als relevant angesehenen Behand-lungsinhalte erfasst. Für die Zufallsstich-probe wurden die Akten aller Patienten ausgewählt, die im 1. Quartal 2009 zur vollen und halben Stunde im Terminka-lender eingetragen waren.

Als relevant wurden alle Aspekte an-gesehen, die nach aktuellen wissen-schaftlichen Leitlinien sowie Richtlini-en des Gemeinsamen Bundesausschus-ses für eine evidenzbasierte hausärzt-liche Behandlung von Bedeutung sind. Insgesamt wurden 46 verschiedene As-pekte erfasst, die in folgende drei Kate-gorien gruppiert wurden: Vorsorge, Be-handlung, Kommunikation und Orga-nisation. Für jeden einzelnen der 46 Be-handlungsaspekte war eine EDV-Mar-kierung („Flag“) als Anwenderprogram-mierung in der vorhandenen Praxissoft-ware Albis on Windows entwickelt und testweise in die fünfhundert Akten ein-gepflegt worden, die zuvor dem Review unterzogen waren. Für die Programmie-rung wurde die Funktion „Patienten-gruppen“ der Software genutzt, bei der ein Kurztext mit einem viereckigen Farbsymbol nach Wahl kombiniert wer-

Abbildung 1 Ärztliche Behandlung im Kontext von Komplexität (aus

Plsek 2001 [3]; Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des British

Medical Journal)

Abbildung 2 Patientenzentrierte Behandlungsplanung: 57-jähriger

Patient mit Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie (Behandlungszielwert:

Blutdruck unter 140/90 mmHg), orale Antikoagulanzientherapie,

Raucher. Erläuterungen: Anstehende Untersuchungen sind Check-up

2012, Prostatakrebsvorsorge (KV) 2012, DMP Diabetes 2012, Imp-

fungen 2016, Koloskopie 2021. Das Flag „Hashimoto“ signalisiert dem

Arzt visuell den angestrebten TSH-Zielwertbereich für die Substitutions-

therapie. Durch die rote Markierung „Patientenverfügung klären“ wird

der Arzt erinnert, Vorsorgeregelungen zu thematisieren.

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Weltermann et al.:Patientenzentriertes BehandlungsmanagementPatient-Centered Health Care Management

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den kann. In der Praxissoftware ist die Option angelegt, muss jedoch in jeder Praxis konfiguriert werden. Die Fest-legung der Inhalte und die Eingabe aller EDV-Markierungen erfolgten durch die Praxisärzte.

Bei der Anwenderprogrammierung werden ausgehend von den Behand-lungsinhalten zwei Arten von Flags un-terschieden: Informationsflags und Handlungsflags.

Bei Informationsflags handelt es sich um Dauermarkierungen in roter (sehr wichtig) oder violetter Farbe (wich-tig) jeweils mit einem Stichwort zum Versorgungsinhalt (z.B. Antikoagulan-zientherapie). Bei Handlungsflags ist je-weils ein Versorgungsinhalt als Stich-wort mit einer Jahresangabe (letztere in Farbe und als Ziffer) kombiniert (z.B. Check-up Mann > 55 Jahre 2012).

Während Informationsflags aus der elektronischen Karteikarte entfernt wer-den, wenn ein Behandlungsaspekt dau-erhaft abgeschlossen ist (z.B. eine Anti-koagulanzientherapie wurde beendet), werden viele Handlungsflags mit der Er-ledigung einer Maßnahme aktualisiert: z.B. Check-up 2012 wird in Check-up 2014 umgewandelt. Einen Überblick über die beiden Kategorien von Flags, mit denen unterschiedliche Funktiona-litäten verbunden waren, zeigt Abbil-dung 2.

Machbarkeitsstudie

Ein Jahr nach der Aktenmarkierung wurde evaluiert, wie häufig die verschie-denen Flags verwendet worden waren. Zusätzlich wurde das Praxispersonal an-hand eines einseitigen Fragebogens mit sechs offenen Fragen zur Praktikabilität befragt. Die Zielparameter waren der All-tagsnutzen aus Sicht der Mitarbeiter, der Zeitaufwand, die Verständlichkeit und die Übertragbarkeit auf andere Praxen. Zusätzlich wurden Optimierungsvor-schläge erhoben.

Tabelle 1 Häufigkeit der Nutzung der Flags

in der elektronischen Patientenakte (n = 500)

Vorsorge

Impfungen

Impfung ausstehend

Impfstatus zu klären

Impfungen abgelehnt

Prävention

Check-Up

Überweisung zum Gynäkologen (Krebsvorsorge)

Vorsorgekoloskopie*

Prostatakrebs-Screening

Mammografie-Screening

Jährliches Screening für verstecktes Blut im Stuhl

Hautkrebsscreening

Vorsorgeregelungen

Organspenderausweis klären

Patientenverfügung klären

Patientenverfügung vorhanden

Organspendeausweis vorhanden

Behandlung

Chronische Erkrankungen/Verlaufskontrollen

Art. Hypertonie

Diabetes mellitus inklusive DMP

Karzinom

KHK inklusive DMP

Hashimoto-Thyreoiditis

COPD inklusive DMP

Herzinsuffizienz

Asthma inklusive DMP

Vitium mit Notwendigkeit einer Endokarditisprophylaxe

Schilddrüsenknoten

Morbus Basedow

Leberinsuffizienz

Periphere arterielle Verschlusskrankheit

Infektiös (potenziell ansteckend, z.B. HIV, Hepatitis B)

Genanomalie

Arzneimittelsicherheit und Medizinprodukte

Niereninsuffizienz

Antikoagulanzientherapie

Herzschrittmacher

Gerinnungsstörung

Penicillinallergie

Einzelniere

Risikoverhalten

Nikotinabusus

Alkohol-/Drogenabusus

Funktionseinschränkungen

Hörbehinderung

Sehbehinderung

Verständigungs- und Sprachschwierigkeiten

Körperliche Behinderung inkl. Gehbehinderung

Kommunikation und Organisation

Detail klären (z.B. Kontaktdaten aktualisieren)

Hausarztvertrag

Brachio-tibialer Index bei Diabetikern**

Ultraschall- oder Laborkontrolle**

Gastroskopie**

* Unter Vorsorgekoloskopie werden die Koloskopie zur Darmkrebsfrüherkennung und Koloskopien zur Nachsorge nach tubulärem Adenom und anderen Erkrankungen zusammengefasst.

** Bei diesen Flags handelt es sich um Markierungen, die anfangs eingegeben wurden, später aber nicht weiter verwendet wurden: Stattdessen wurden Diagnosen als Flags eingegeben.

n

363

120

13

433

261

247

113

99

32

26

40

34

7

2

326

78

65

46

32

29

24

10

4

3

2

1

1

1

1

46

19

11

6

6

3

117

50

7

6

2

1

177

90

14

13

4

%

72,6

24,0

2,6

86,6

52,2

49,4

22,6

19,8

6,4

5,2

8,0

6,8

1,4

0,4

65,2

15,6

13

9,2

6,4

5,8

4,8

2,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0,2

0,2

0,2

9,2

3,8

2,2

1,2

1,2

0,6

23,4

10,0

1,4

1,2

0,4

0,2

35,4

18,0

2,8

2,6

0,8

129

Weltermann et al.:Patientenzentriertes BehandlungsmanagementPatient-Centered Health Care Management

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

Datenmanagement und Ethikvotum

In der akademischen Lehrpraxis wurde ein anonymisierter Datensatz erstellt, der im Institut für Allgemeinmedizin ausgewertet wurde. Die Ethikkommis-sion der Universitätsklinik hatte dem Vorgehen zugestimmt. Die statistische Auswertung erfolgte mithilfe des Statis-tik-Programms IBM SPSS on Windows Version 20.0.

Ergebnisse

Die fünfhundert Patienten der Zufalls-stichprobe, deren Akten analysiert wur-den, zeigten folgende Charakteristika: 60,6 % waren weiblich (n = 303), 93,4 % waren bei einer gesetzlichen Kranken-kasse versichert (n = 467), 43,7 % waren Senioren (≥ 65 Jahre) (n = 214). Das mitt-lere Alter betrug 57 Jahre (Standard-abweichung: 18 Jahre, Spanne 17–93 Jahre). Fast die Hälfte der Population (n = 229) hatten fünfzehnmal oder häu-figer im Verlauf des Jahres Kontakt mit der Praxis.

Nach einem Jahr waren in den elek-tronischen Patientenakten durch-

schnittlich 6,1 Markierungen. Die fol-genden fünf Flags wurden am häufigs-ten eingesetzt und zeigen die Morbidität in der Praxispopulation: arterielle Hy-pertonie (n = 326 von 500 Akten; 65,2 %), Diabetes mellitus (n = 78; 15,6 %); Karzinome (n = 65; 13 %), Nie-reninsuffizienz (n = 46; 9,2 %), Koronare Herzkrankheit (n = 46; 9,2 %).

In den 500 elektronischen Akten fanden sich insgesamt 2985 Markierun-gen: Im Bereich Vorsorge waren 1790 Markierungen, im Bereich Behandlung 897 Einträge, im Bereich Kommunikati-on und Organisation 298 Flags. Details sind in Tabelle 1 abgebildet.

In der Befragung zur Erfahrung mit dem Behandlungsmanagement bewer-teten die Lehrärzte und ihr Praxisteam (n = 6) folgende Aspekte als nützlich für den Praxisalltag: Das System ermöglicht einen schnellen Überblick über mehrere Versorgungsinhalte (n = 4), Details sind mit einem Blick erfassbar (n = 3), es er-laubt eine rasche Behandlungsplanung (n = 2) und einen gezielten Recall (n = 1). Die Details der Befragung sind in Tabelle 2 dargestellt.

Im persönlichen Gespräch berichte-ten die Lehrärzte ergänzend, dass sie

durch das System besser an seltener not-wendige Kontrolluntersuchungen erin-nert werden (z.B. Gastroskopie nach Billroth-II-Magenresektion). Durch den besseren Überblick über medizinische und andere versorgungsrelevante As-pekte jedes individuellen Patienten sei es auch leichter, neue Behandlungs-anlässe im Kontext des jeweiligen Pa-tienten zu behandeln. Aufgrund der ins-gesamt positiven Erfahrungen sprachen sich alle Ärzte und nicht-ärztlichen Mit-arbeiter für die langfristige Weiterfüh-rung des Konzepts in der Praxis aus.

Diskussion

Visualisierung als Strategie zum Umgang mit Komplexität

Unsere Studie zeigt ein Beispiel für ein EDV-basiertes, umfassendes und zu-gleich patientenzentriertes Behand-lungsmanagement, das – aus Sicht der Beteiligten in dieser Hausarztpraxis – die patientenbezogenen Abläufe und den Umgang mit der Komplexität des einzel-nen Patienten vereinfachte. Dabei wird das Prinzip der Visualisierung als eine Strategie genutzt, auf einen Blick unter-schiedliche Informationen zu erfassen [5, 6]. Die zwei Arten von Flags, die hier entwickelt wurden (Informationsflags, Handlungsflags), erlauben durch die Kombination von farbigen Markierun-gen mit kurzen Stichworten eine priori-sierte Übersicht über die Behandlungs-inhalte.

Viele Haus- und Facharztpraxen ha-ben Markierungssysteme, z.B. für anste-hende Check-Ups [7]. Das hier dar-gestellte Behandlungsmanagementsys-tem zeichnet sich dadurch aus, dass es systematisch entwickelt wurde und alle Facetten der Behandlung erfasst bzw. er-fassen kann. Auch Besonderheiten wie das Ablehnen von Impfungen oder das Vorliegen einer Patientenverfügung können abgebildet und rasch von den Ärzten und dem nicht-ärztlichen Per-sonal erfasst werden.

Integration evidenzbasierter Standards und Individualmedizin

Ärzte stehen heute in einem Spannungs-feld, das einerseits von Aspekten wie Ökonomisierung, Qualitätssicherung und Standardisierung gekennzeichnet

Tabelle 2 Ergebnisse der Befragung des Praxisteams zur Praktikabilität des Behandlungsman-

agements (n = 6)

Befragung des Praxisteams

Frage 1: Was finden Sie gut?

Schneller Überblick über wichtige Versorgungsaspekte

Viele Details visuell auf einen Blick

Rasche Behandlungs- und Terminplanung möglich

Gut für Recall

Einheitlichkeit

Frage 2: Was ist verbesserbar?

Automatische Sortierung im Anzeigefeld

Überflüssige Gruppen entfernen

Erinnerungsfunktion zum Löschen oder Ändern abgelaufener Items

Farbwahl nach Mitarbeiterpräferenzen: Farbe schwarz nicht verwenden

Frage 3: Wie beurteilen Sie den Zeitaufwand?

Gering in der Routine

Ersteingabe aufwendig

Stetige Pflege notwendig

Frage 4: Ist das System gut verständlich?

Ja

Frage 5: Ist das System auf andere Praxen übertragbar?

Ja

Je nach Fachgebiet sind Anpassungen nötig

Frage 6: Sonstige Ergänzungen oder Anregungen?

Keine

% (n)

66 (4)

50 (3)

33 (2)

16 (1)

16 (1)

83 (5)

16 (1)

16 (1)

16 (1)

50 (3)

50 (3)

33 (2)

100 (6)

100 (6)

33 (2)

100 (6)

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Weltermann et al.:Patientenzentriertes BehandlungsmanagementPatient-Centered Health Care Management

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

ist [8, 9], andererseits von patientenbe-zogenen Herausforderungen wie die Qualität der individuellen Versorgung und den Wünschen und Besonderhei-ten jedes Patienten [10]. Unser patien-tenzentriertes Behandlungsmanage-ment erlaubt die Integration der popula-tions- und individuumbezogenen Sicht-weisen. Ein Beispiel ist die Organisation krankheitsbezogener Behandlungsver-läufe wie in einem DMP (Disease-Ma-nagement-Programm) inklusive ent-sprechender einzelner Qualitätsindika-toren. Gleichzeitig können individuelle Besonderheiten und Präferenzen inkl. der Ablehnung standardisierter Behand-lungsmaßnahmen wie z.B. Impfableh-nungen, Kommunikationswünsche ge-genüber Dritten, Vorhandensein einer Patientenverfügung berücksichtigt wer-den. Das Konzept ist vor allem für die hausärztliche Situation hilfreich, weil die inhaltliche Ausrichtung patienten-, nicht organbezogen ist und damit die Komplexität und Individualität abgebil-det werden können.

Das beschriebene Konzept kann da-zu beitragen, eine evidenzbasierte Medi-zin im klassischen Sinn nach Sackett, die die Trias „Wünsche des Patienten“, „ärztliche klinische Erfahrung“ und „bestmögliche Evidenz“ berücksichtigt [11], in der Hausarztpraxis umzusetzen. Der Arzt bzw. die Behandlungsgemein-schaft hat dabei erhebliche Freiheiten bei der Gestaltung des Behandlungs-managementsystems: Geänderte Be-handlungskonzepte können sowohl auf der Ebene des einzelnen Patienten als auch systemisch eingearbeitet werden. Beispielsweise erlaubt das System einen Recall z.B. über die Funktion „Kolosko-pie 2012“, womit alle Patienten erfasst werden, die z.B. aufgrund eines tubulä-ren Adenoms eine Koloskopie benötigt hätten. Durch Systembriefe ist es mög-lich, diese Patienten im Serienbrief an-zuschreiben und darauf aufmerksam zu machen.

Behandlungsmanagement als Teil der elektronischen Patientenakte

Grundsätzlich können mit einer elektro-nischen Gesundheitsakte unterschiedli-che Funktionalitäten verbunden sein, die von Überweisungen und Rezepten (CPOE = computerized physician order entry), Abrechnungsfunktionalitäten und Werkzeugen zur Unterstützung kli-

nischer Entscheidungen (CDSS = clini-cal decision support systems) bis zum Austausch von Gesundheitsinformatio-nen zwischen verschiedenen Behand-lern reichen [12,13]. Das von uns vor-gestellte Konzept wurde bislang nur in einer Praxissoftware realisiert, doch sind elektronische Markierungsoptionen auch in anderen Systemen verfügbar1. Inhaltlich fokussiert unser Behand-lungsmanagement ausschließlich auf den Aspekt der umfassenden und zu-gleich individuellen Behandlungspla-nung. Denkbar ist eine Verknüpfung mit Softwareansätzen, die auf all-gemeinmedizinische Behandlungsepi-soden fokussieren wie z.B. die CON-TENT-Software [14]. Das von uns vor-gestellte Behandlungsmanagementsys-tem kann als ein systematisch umgesetz-tes Erinnerungssystem verstanden wer-den. Dabei geht es z.B. durch die Erfas-sung von Patientenpräferenzen, die von Empfehlungen abweichen (z.B. Impfun-gen abgelehnt), über übliche Reminder-systeme hinaus. Programme wie z.B. Impfdoc bieten eine systematische Erin-nerungsfunktion für den Behandlungs-aspekt Impfung [15], jedoch keine um-fassende Behandlungsplanung wie das hier dargestellte Konzept.

Die technische Realisierung als visu-elles System greift nicht in die Arbeits-abläufe ein, kann jedoch auch in Form von Pop-up-Fenstern realisiert werden. In der Lehrpraxis hatte man sich gegen Pop-up-Fenster entschieden: Der Arzt kann auf die Reminder zugreifen, wenn es für die Behandlungssituation sinnvoll ist, wird jedoch in seinem Behandlungs-ablauf nicht behindert. Das individuali-sierte Behandlungsmanagement stellt

eine systematisch entwickelte, kon-sequente Fortführung von Erinnerungs-systemen dar, wobei es über den übli-chen Nutzen zur Erinnerung an Check-Ups hinausgeht und in dieser Realisie-rung zu einer umfassenden, evidenzba-sierten, individualisierten Gesundheits-planung führen kann.

EDV-basiertes Behandlungs- management als Kommunikations- und Organisationsherausforderung

Das patientenzentrierte Behandlungs-management führte in der Lehrpraxis zu veränderten Behandlungsabläufen. Als solche stellt es eine Form des „Practice Redesign“ dar, die auf allen Ebenen ei-ner Organisation adäquat vorbereitet, umgesetzt und weiterentwickelt werden muss. „Practice Redesign“ ist eine wis-senschaftliche Entwicklung aus den USA, die seit Beginn der 1970er-Jahre als Strategie angesehen wird, um eine Ver-besserung der Versorgungsqualität aller Patienten, speziell der chronisch Kran-ken zu erzielen [16]. Die Implementie-rung einer solchen EDV-basierten Be-handlungsplanung ist eine Herausforde-rung für die Beteiligten.

In einem Review thematisiert Berg drei Mythen und Herausforderungen bei solchen Systemveränderungen [17]. Als Mythos 1 bezeichnet er die Vorstel-lung, die Implementierung eines sol-chen Systems sei eine rein technische Angelegenheit: Realistischer ist die Ein-schätzung, dass die Umsetzung mit ei-ner wechselseitigen Transformation der Organisation und der Software einher-geht. In der Lehrpraxis führte das neue Konzept zu einer Fokussierung aller Ärz-te und nicht-ärztlichen Mitarbeiter auf eine umfassendere Versorgungspla-nung für den einzelnen Patienten. So kann beispielsweise eine gezieltere Ter-minvergabe erfolgen, sodass alle anste-henden ärztlichen Maßnahmen in ei-nem Sprechstundentermin erfolgen

1 Das beschriebene Konzept wurde in der Praxissoft-ware Albis on Windows umgesetzt, doch sind elek-tronische Markierungen nach unserem Kenntnis-stand auch in anderen häufig von Hausärzten ver-wendeten Systemen wie beispielsweise Medatixx, Turbomed und Medistar realisierbar.

… ist niedergelassene Fachärztin für Innere und Allgemein -

medizin und stellvertretende Direktorin des Instituts für

Allgemeinmedizin der Universität Duisburg-Essen.

Wissenschaftlicher Schwerpunkt: Managing for Health

Outcomes in der Hausarztpraxis

PD Dr. med. Birgitta Weltermann MPH (USA) …

131

Weltermann et al.:Patientenzentriertes BehandlungsmanagementPatient-Centered Health Care Management

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

können. Als Mythos 2 bezeichnet Berg die Annahme, dass man die Umsetzung einem EDV-Spezialisten überlassen könne: Tatsächlich ist eine adäquate Einbeziehung der Nutzer, die die Abläu-fe und Erfordernisse der Organisation gut kennen, eine unabdingbare Voraus-setzung, wobei die Erfahrung zeigt, dass ein zu detailliertes „user-led design“ zu vermeiden ist. Die Lehrärzte berichte-ten, dass anfangs zu detaillierte Flags vom Praxisteam vorgeschlagen und ge-testet wurden, die sehr häufige Ände-rungen der Flags in der Patientenakte erforderten, was unpraktikabel war. Als Mythos 3 bezeichnet Berg die Vorstel-lung, dass ein solches System sozusagen „am Reißbrett“ fertig entwickelt werden könne: In der Praxis handelt es sich um einen kontinuierlichen Adaptations-prozess [17, 18].

Ähnliches berichten auch die Ärzte dieser Lehrpraxis: Beispielsweise wurde für Diabetiker mit Retinopathie ein eige-nes Label eingeführt, um den Recall die-ser Patienten für die Funduskopie zu si-chern. Es waren Schulungen des Praxis-

personals und Teamsitzungen für Ab-sprachen nötig, damit eine standardi-sierte Anwendung gewährleistet wurde.

Limitationen und Perspektiven

Das hier dargestellte patientenzentrierte Behandlungsmanagement ist ein mögli-cher Weg, um eine umfassende, evi-denzbasierte und zugleich individuali-sierte Medizin in Hausarztpraxen zu un-terstützen. Das Konzept wurde anhand einer limitierten Anzahl Patientenakten in einer Praxis entwickelt. Manche Be-handlungsaspekte sind im Beobach-tungszeitraum nicht dokumentiert wor-den, z.B. Demenz und Osteoporose. In unserer Pilotstudie konnten wir die Praktikabilität des Systems und die Ak-zeptanz seitens der Praxisärzte und -mit-arbeiter dokumentieren. Folgt man Überlegungen zur schrittweisen Ent-wicklung komplexer Interventionen [19], ist jetzt die Testung und Weiterent-wicklung des Konzepts in anderen Haus-

arztpraxen im Rahmen einer kontrol-lierten Studie sinnvoll: Es soll unter-sucht werden, ob dieses Behandlungs-managementsystem die Qualität der Be-handlung von Hausarztpatienten ver-bessert.

Danksagung: Unser Dank gilt allen beteiligten Ärzten und dem Praxisteam dieser Lehrpraxis für ihre engagierte und wirkungsvolle Unterstützung dieser Stu-die.

Interessenkonflikte: keine angege-ben.

PD Dr. med. Birgitta Weltermann MPH

(USA)

Institut für Allgemeinmedizin

Universität Duisburg-Essen

Universitätsklinikum Essen

Hufelandstraße 55, 45147 Essen

Tel.: 0201 877869-0, Fax: 0201 877869-20

[email protected]

Korrespondenzadresse

1. Innes AD, Campion PD, Griffiths FE. Complex consultations and the ’edge of chaos’. Br J Gen Pract 2005; 55: 47–52

2. Plsek PE, Wilson T. Complexity, leader-ship, and management in healthcare organisations. BMJ 2001; 323: 746–749

3. Plsek PE, Greenhalgh T. Complexity science: the challenge of complexity in health care. BMJ 2001; 323: 625–628

4. Ambinder EP. Electronic health re-cords. J Oncol Pract 2005; 1: 57–63

5. McCormick BH, DeFanti TA, Brown MD. Visualization in scientific compu-ting. Comput Graph 1987; 21: 1–99

6. Singh R, Singh A, Fox C, Taylor JS, Ro-senthal T, Singh G. Computer visualisa-tion of patient safety in primary care: a systems approach adapted from ma-nagement science and engineering. In-form Prim Care 2005; 13: 135–144

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ment in Arztpraxen? Ergebnisse aus Entwicklung und Evaluation des Euro-päischen Praxisassessments (EPA). Göt-tingen: AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen 2011

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10. Berwick DM. What patient-centered should mean: confessions of an extre-mist. Health Aff (Millwood) 2009; 28: w555–565

11. Sackett DL, Rosenberg WMC, Gray JA, Haynes RB, Richardson WS. Evidence based medicine: what it is and what it isn’t. It’s about integrating individual clinical expertise and the best external evidence. BMJ Qual Saf 1996; 312: 71–72

12. Black AD, Car J, Pagliari C, et al. The im-pact of eHealth on the quality and safety of health care: a systematic over-view. PLoS Med 2011; 8: 1–16, e1000387

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zungssystemen. HTA-Bericht 228. Köln: DIMDI, 2009, verfügbar unter: portal.dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta228_bericht_de.pdf

14. Laux G, Koerner T, Rosemann T, Beyer M, Gilbert K, Szecsenyi J. The CON-TENT project: a problem-oriented, epi-sode-based electronic patient record in primary care. Inform Prim Care 2005; 13: 249–255

15. Impf-doc – Der Impfassistent. http://www.impfdoc.de. Letzter Zugriff am 28.12.201216. Kilo CM, Wasson JH. Practice redesign

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Literatur

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Weltermann et al.:Patientenzentriertes BehandlungsmanagementPatient-Centered Health Care Management

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Fremdkörper im Ductus choledochus – eine ungewöhnliche Ursache für BauchschmerzenA Foreign Body in the Bile Duct – an Uncommon Cause of Abdominal PainChristoph Bideau1, Peter Obermann2, Rolf Neuser3

Hintergrund: Über Häufigkeit von Bauchschmerzen im allgemeinmedizinischen Alltag wird in der Literatur regel-mäßig berichtet. Dabei werden die zahlreichen und ver-schiedenen Ursachen immer wieder benannt. Hier berich-ten wir über einen Krankheitsfall, dessen Ergebnis dem Hausarzt quasi in den Schoß gefallen ist. Jedoch zeigt die-ses Beispiel die Mehrdimensionalität des Faches Allgemein-medizin anschaulich. Sie ist charakterisiert durch das Spek-trum zwischen hochspezialisierten Methoden einerseits, und der hausärztlichen Unterstützung des Patienten und seiner Angehörigen in der Verarbeitung von Krankheitsfol-gen andererseits. Ähnliche Fallberichte, jedoch mit aus-schließlicher Fokussierung auf das seltene Ergebnis, existie-ren ebenfalls.Fallbericht: Eine 65-jährige Patientin kommt mit seit eini-gen Tagen bestehenden rechtsseitigen Oberbauchschmer-zen in die Hausarztpraxis. Aus der Krankengeschichte ist ei-ne Cholezystektomie sowie zuletzt fünf Jahre zuvor mehr-fache ERCPs bekannt. Im Krankenhaus wird bei der erneut durchgeführten ERCP ein vermeintlich vergessener Stent geborgen. Es ergibt sich der Verdacht einer Fehlbehand-lung, zu dem der Untersucher keine Stellung nehmen möchte. Auch zwei Gutachter der Ärztekammer kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Der Ehemann der Patien-tin, der Ruhr-Universität Bochum beruflich verbunden, lässt schließlich das vermeintliche „Corpus delicti“ im Raster-elektronenmikroskop (REM) untersuchen. Damit wird die Vermutung eines der Gutachter bewiesen.Schlussfolgerungen: Der Fall zeigt anschaulich die Band-breite hausärztlicher Tätigkeit und Erkenntnis. Selbstver-ständlich darf der Spezialist irren. Hausarzt und Patient dür-fen jedoch zweifeln, erst recht wenn sich Zweifel auflösen lassen.

Schlüsselwörter: Bauchschmerzen; Fremdkörper; Gallengang; Cholangitis; Allgemeinmedizin

Background: The frequency of abdominal pain in family medicine is regularly reported in the scientific literature. Numerous and different causes are mentioned. Here we re-port about a patient, whose case falls into the family medi-cine´s lap. However, this example shows the multidimen-sionality of family practice. It is characterized by the spec-trum ranging from highest specialization to the family doc-tor´s support of the patient and his family to cope with ill-ness. Case reports similar to the reported one exist, but only in focusing on the rareness of the result.Case Report: A 65 year old woman presents with ab-dominal pain in the right upper abdomen since some days. History reveals a cholecystectomy and some ERCPs in the last years. The last ERCP has been performed five years be-fore. When ERCP is done during the actual hospitalization, doctors found a supposedly forgotten old stent and sus-pect a medical error. The attending physician refuse any statement. Two experts of the local chamber of physicians investigate the case and reach different results. The hus-band of the patient, who is working at the University of Bo-chum, takes a closer look of the “corpus delicti” with the help of a scanning electron microscope and finally confirms the assumption of one of the experts.Conclusions: This case illustrates the wide spectrum of family medicine. Clearly, the specialist can make a mistake. But the family practitioner and his patient are allowed to doubt – if doubt can be dispelled.

Keywords: Abdominal Pain; Foreign Body; Bile Duct; Cholangitis; Family Medicine

1 Facharzt für Allgemeinmedizin in Bochum-Wiemelhausen 2 Bochum3 Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik, Ruhr-Universität BochumPeer reviewed article eingereicht: 04.12.2012, akzeptiert: 05.02.2013DOI 10.3238/zfa.2012.0133–0136

133FALLBERICHT / CASE REPORT

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

Hintergrund

Über die Häufigkeit von Bauschmerzen im allgemeinmedizinischen Alltag wird in der Literatur regelmäßig berichtet [1]. Dabei werden die zahlreichen und ver-schiedenen Ursachen immer wieder be-nannt [2]. Im Folgenden berichten wir über einen Krankheitsfall, dessen Ergeb-nis dem Hausarzt quasi in den Schoß ge-fallen ist [3]. Das Beispiel zeigt anschau-lich die Mehrdimensionalität des Fa-ches Allgemeinmedizin, charakterisiert durch das Spektrum zwischen hochspe-zialisierten Methoden einerseits, und der Unterstützung des Patienten und seiner Angehörigen in der Verarbeitung von Krankheitsfolgen andererseits [4]. Ähnliche Fallberichte, jedoch mit aus-schließlicher Fokussierung auf das selte-ne Ergebnis, existieren ebenfalls [5].

Fallbericht

Eine 65-jährige Patientin, die mir seit vier Jahren durch regelmäßige Konsulta-tionen bekannt ist, kommt im Sommer 2009 in die Akutsprechstunde und klagt über seit drei Stunden bestehende kolik-artige Schmerzen im rechten Ober-bauch. Kein Fieber, kein Ikterus, keine Stuhlauffälligkeiten.

Aus der Vorgeschichte ist – zehn Jah-re zuvor – eine endoskopische Resektion der Gallenblase bei symptomatischer Cholezystolithiasis bekannt. In 2000 und 2005 wurde jeweils eine ERCP we-gen Choledocholithiasis durchgeführt; im Jahr 2008 erfolgte eine urologische

Abklärung von rechtsseitigen Flanken-schmerzen bei Doppelnierenanlage.

Befund: 65-jährige Patientin in re-duziertem Allgemein- und gutem Er-nährungszustand. Abdomen weich, Druckschmerz im rechten Oberbauch, dort auch diskrete Abwehrspannung; spärliche Peristaltik, Blutdruck 150/80, Puls 80/min regelmäßig.

Unter dem Verdacht eines „abwend-bar gefährlichen Verlaufes“ bei erneuter Cholangitis bzw. unklaren Bauchschmer-zen erfolgt die Krankenhauseinweisung.

Krankenhausbericht bei Entlassung [6]: Akute Cholangitis bei Choledocho-lithiasis, Z.n. Papillotomie und endo-skopischer Stein- u. Drainageextraktion am 5.6.09, Z.n. endoskopischer Papillo-tomie 2000, Z.n. Cholezystitis, Gallen-blasenextirpation 1998.

Die stat. Aufnahme erfolgte auf-grund einer akuten Cholangitis. Ursäch-lich konnte eine Choledocholithiasis nebst einem alten Drainagerest gefun-den werden.

Als die Patientin eine Woche später aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war sie wohlauf. Der Hausarzt wurde be-gleitend konsultiert.

Der Ehemann bat im Krankenhaus um ein Gespräch mit dem Klinikdirek-tor, der auch gleichzeitig die Unter-suchung durchgeführt hatte. Er hatte die Berichte der zuvor durchgeführten ERCP gelesen. Eine Drainageanlage war dort nicht erwähnt worden. Die ERCP 2005 hatte im gleichen Hause statt-gefunden, sodass die Drainage nur zu diesem Zeitpunkt in den Gallengang hätte gelangen können.

Der Klinikleiter hatte seinem Befund nichts hinzuzufügen und war für den Ehemann der Patientin auch nicht zu sprechen. Zur weiteren Untersuchung wurde das „Corpus delicti“ dem haus-eigenen Pathologen vorgelegt, der nach Inspektion den Verdacht auf einen alten – nunmehr – „Drainagerest“ [7] bestätigte.

Unzufrieden mit der Antwort und angesichts der Tatsache, dass eine Drai-nage nie dokumentiert wurde, fragte der Ehemann der Patientin (auf Vorschlag des Pathologen im rechtsmedizinischen Institut der Uniklinik Essen) nach, ob man sich imstande sähe, die vermeintli-che Drainage zu untersuchen. Es erfolg-te eine abschlägige Antwort.

Auf der weiteren Suche wandte sich der Patientenangehörige im November an die Gutachterkommission der Ärzte-kammer zur Klärung des Sachverhaltes. Die Kommission kam im September des darauffolgenden Jahres zu folgendem Ergebnis:

„Nach den übereinstimmenden Aus-führungen der beiden ärztlichen Mit-glieder der Gutachterkommission ist es sicher, dass der im Juni 2009 entfernte Fremdkörper in der Länge von 4,5 cm, einem Durchmesser von etwa 0,1 cm und mehreren Verzweigungen keine Drainage darstellt. Die Annahme des An-tragsgegners in dessen Schreiben vom ... trifft somit objektiv nicht zu. Bei der Fra-ge, worum es sich bei dem Fremdkörper objektiv handelt, vertreten die beiden ärztlichen Mitglieder der Gutachter-kommission unterschiedliche Auffas-sungen. Ein Gutachter ist der Ansicht, dass es sich bei dem Fremdkörper am

Abbildung 1 „Drainagerest“, mittlerweile durch mechanische

Einwirkung von den angelagerten Gallensalzen befreit

Abbildung 2 Rasterelektronische Aufnahme des verholzenden

Materials

134

Bideau et al.:Fremdkörper im Ductus choledochus – eine ungewöhnliche Ursache für BauchschmerzenA Foreign Body in the Bile Duct – an Uncommon Cause of Abdominal Pain

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ehesten um die Spitze eines Jagwire-Füh-rungsdrahtes handele. Allerdings sei ein Übersehen eines abgebrochenen Füh-rungsdrahtes kein ärztliches Fehlverhal-ten. Entsprechendes gelte für ein Über-sehen des Fremdkörpers mit nur noch geringer Röntgendichte. Der zweite Gut-achter ist dagegen der Auffassung, es sei eher wahrscheinlich, dass es nach der dokumentierten großzügigen Papilloto-mie zu einem duodenobiliären Reflux gekommen sei, in dessen Rahmen sich ein faseriger Nahrungsbestandteil in den Gallenwegen festgesetzt habe mit der Folge der Fremdkörperbildung durch Anlagerung von Galleninhalt.“

Zur weiteren Abklärung der unter-schiedlichen Gutachtermeinungen übergab der Patientenangehörige den fraglichen „Drainagerest“ zur mikrosko-pischen und chemischen Untersuchung

an den Bereich Zentrales Raster-elektronenmikroskop des Insti-tutes für Geologie der Ruhr-Uni-versität Bochum, dem der Ange-hörige beruflich verbunden war. Dies geschah, weil die Aussagen der Gutachter nicht überein-stimmten, und bei Nachweis schuldhaften Verhaltens der Kli-nik für die Patientin die Frage nach Schmerzensgeld für die vom untersuchenden Arzt bestä-tigten und vom Drainagerest verursachten Schmerzen im Raum stand.

Die rasterelektronen-mikroskopische (REM) Un-tersuchung ergab folgenden Befund [9]: Probe: Medizi-nisches Objekt 30262–01, Un-

tersuchungsdatum 09.04.2010, Unter-suchung durchgeführt durch Dr. Rolf Neuser, Ruhr-Universität Bochum.

Probenvorbereitung: Sowohl vom dickeren Ende, als auch vom dünneren Ende des Objekts wurde ein ca. 1–2 mm langes Stück mit einem Skalpell abge-trennt und mittels leitfähigem Zement auf einem Probenteller platziert. Dann wurden die Probenstücke getrocknet und mit Gold gesputtert, um danach im REM untersucht zu werden. Es wurden 18 aussagekräftige REM Aufnahmen von verschiedenen Bereichen der Probe er-stellt.

Ergebnis REM/EDX [10]: Wie schon die äußere, zweigartige Form vermuten lässt, handelt es sich bei dem untersuch-ten Objekt um verholztes Pflanzenmate-rial (Abb. 1 u. 2). Die REM-Aufnahmen zeigen deutlich Tracheiden (wasserlei-

tende Elemente des Xylems im Leitbün-del der Sprossachse von Pflanzen) mit z.T. spiralförmigen Verstärkungen (Abb. 3). Typisch für Holz sind auch die auf vielen Tracheiden aneinandergereihten Tüpfel (Abb. 4). Die chemische Analyse mittels energiedispersiver Röntgenana-lyse (EDX) ergab, dass es sich um eine or-ganische Verbindung aus Kohlenwasser-stoffen ohne nachweisliche Beteiligung weiterer Elemente handelt (Abb. 5).

Damit war die Richtigkeit der Ver-mutung des zweiten Gutachters bewie-sen.

Schussfolgerungen

Bei retrospektiver Betrachtung zeigt sich die „Binsenweisheit“ bestätigt, dass sich im Auge des Betrachters meist diejeni-gen Dinge abbilden, die er schon kennt. Der Hausarzt ist aufgefordert, die Dinge anzuzweifeln die er (oder andere) sieht. Nicht immer kommt es darauf an, den letzten Grund der Dinge zu beweisen. Wenn jedoch die Begleitung eines Pa-tienten oder einer Patientin und dessen/deren Angehöriger auf einem letztend-lich objektiven Erkenntnisweg sind, gilt

Abbildung 3 Die Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme zeigt

deutlich Tracheiden.

Abbildung 4 Typisch sind die auf vielen Tracheiden aneinander -

gereihten Tüpfel.

Abbildung 5 Die chemische Analyse mittels EDX

ergab, dass es sich um eine organische Verbindung

aus Kohlenwasserstoffen ohne nachweisliche Betei -

ligung weiterer Elemente handelt. Der Goldpeak ist

präparativ bedingt.

... ist 51 Jahre

alt, Facharzt für

Allgemeinme-

dizin. Er ist seit

2004 Hausarzt

in Bochum-

Wiemelhausen.

Dr. med. Christoph Bideau ...

135

Bideau et al.:Fremdkörper im Ductus choledochus – eine ungewöhnliche Ursache für BauchschmerzenA Foreign Body in the Bile Duct – an Uncommon Cause of Abdominal Pain

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

es, diesen nach Möglichkeit zu Ende zu gehen. Ebenso wie der Spezialist irren kann, darf der Hausarzt zweifeln, erst recht wenn sich Zweifel auflösen lassen.

Interessenkonflikte: keine ange-geben.

Dr. med. Christoph Bideau

Brenschederstr. 47

44799 Bochum

[email protected]

Korrespondenzadresse

1. Abholz H H, Donner-Banzhoff N. Epi-demiologische und biostatische As-pekte der Allgemeinmedizin. In: Ko-chen MM (Hrsg.). Allgemeinmedizin und Familienmedizin, 4.Aufl. Stutt-gart: Thieme Verlag, 2012: 530–46

2. Dancygier H. Schmerzen im Ober-bauch. In:Dancygier H (Hrsg.). Kli-nische Hepatologie, Berlin: Springer-Verlag, 2003: 307–311

3. E-Mail-Korrespondenz, Kommentare der Gutachter

4. Abholz HH, Kochen MM. Definition der Allgemeinmedizin In: Kochen MM (Hrsg.). Allgemeinmedizin und Famili-

enmedizin, 4.Aufl.Stuttgart: Thieme Verlag, 2012: 525–29

5. Lövei L, Horvat G, Vadanay I, Kovács L, Kozák R, Nagy I. Fremdkörper im Gal-lengang (Kongressbeitrag). Z Gastro-enterol 2006; 44: A57

6. Arztbrief Krankenhaus Bochum7. Brief an die Krankenhausverwaltung 8. Gutachterlicher Bescheid der Ärzte-

kammer Westfalen-Lippe, 29.10.20109. Neuser R. Rasterelektronenmikrosko-

pischer Befund, 29.04.201010. Neuser R. Chemische EDX-Analyse,

29.04.2010

Literatur

136

Bideau et al.:Fremdkörper im Ductus choledochus – eine ungewöhnliche Ursache für BauchschmerzenA Foreign Body in the Bile Duct – an Uncommon Cause of Abdominal Pain

>>www.tgam.at

TTiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin

EXPERTEN-MEETING 10. 04. 2013, Innsbruck

PSA-SCREENINGVorteile vs. Nachteile | Aktueller Stand

der evidenzbasierten Forschung Leider gibt es bis dato kein Screening-Programm, bei dem nicht dem möglichen Nutzen auch ein potenti-eller Schaden gegenüber steht. Insbesondere bei derFrüherkennung von Prostatakrebs scheint die Abwä-gung von Vorteilen und Nachteilen besonders schwie-rig. Das TGAM-Experten-Meeting PSA bietet Gele-genheit, sich über die aktuellsten evidenzbasierten Forschungsergebnisse zu informieren und diese auch mit Fachleuten zu diskutieren.

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grenzte Teilnehmerzahl!)• 17:30–19:40: Experten-Meeting PSA - Impulsrefe-

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Fallbeispielen zum Prostatakarzinom-Screening“

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In Kooperation mit:

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

Hintergrund

Ein 41-jähriger, differenzierter Patient (Datenmanager), bei dem in der Vor-geschichte eine Spinalkanalstenose der LWS, eine chronische Niereninsuffi-zienz bei einseitig afunktionaler Niere und eine einmalige Episode einer Sigma-divertikulitis bekannt sind, stellt sich in der Sprechstunde vor.

Er berichtet neben einer erfreuli-chen beruflichen Entlastung (davor war die Belastung sehr hoch gewesen) von einem teils stechenden, teils ziehenden Schmerz unmittelbar am Penisansatz und perianal. Der Schmerz strahlt nicht aus. Dieser sei unabhängig von sexuel-len Aktivitäten plötzlich entstanden. Fieber, Brennen beim Wasserlassen oder weitere Symptome liegen nicht vor.

Bei der körperlichen Untersuchung (digital-rektal, Leisten, Urin) können ei-ne tastbare Leistenhernie und ein Abs-

zess ausgeschlossen werden. Der be-schriebene Schmerz lässt sich auch nicht auslösen oder verstärken. Nur bei direktem Druck auf die Pudendusregion und das Schambein gibt der Patient et-was mehr Schmerzintensität an. Auf weiteres Nachfragen berichtet der Pa-tient, ab und zu hellrotes Blut auf dem Toilettenpapier zu bemerken.

Fallbericht

Der Patient hat sich bereits beim Urolo-gen vorgestellt, bevor er die hausärzt-liche Praxis aufgesucht hat. Der Urologe konnte keinen pathologischen Befund (Sonografie, Tastbefund, Urin) erheben, das Beschwerdebild war diffus und die erhobenen Befunde nicht richtungswei-send. So entließ er den Patienten mit der Diagnose „Schambeinschmerz“ und „Penisschmerz“.

Aufgrund der Anamnese (Divertiku-litis, hellrotes Blut) wurde eine Überwei-sung zum Proktologen ausgestellt. Der Patient erhielt zeitnah einen Termin und wiederum zeigten sich keine neuen Aspekte. Die Arztbriefdiagnose lautete „Periositis“. Es wurde eine symptomati-sche Therapie mit NSAR vorgeschlagen und vom Patienten begonnen.

Zwei Wochen später stellte sich der Patient erneut in der Sprechstunde vor. Er berichtet insgesamt von einer Bes-serung der Symptomatik unter der wei-ter laufenden NSAR-Behandlung. Nun sei aber ein Infekt der oberen Luftwege (die Jahreszeit passt) hinzugekommen, der sich vor allem mit Reizhusten, Kurz-atmigkeit und intermittierend gelb-lichem Auswurf bemerkbar macht. Der Schmerz beim Husten zieht auch in den Bereich der LWS und in beide Beine. Lunge und Hals/Rachen/Ohren sind frei, es wird eine Krankmeldung aus-

41-jähriger Mann mit Penisschmerz41-year-Old Man with Penis PainJörg Schelling, Sibylla Krane

Hintergrund: Patienten mit Penisschmerzen können für die allgemeinärztliche Praxis eine Herausforderung darstel-len. Fallbericht: Nach der hausärztlichen Vorstellung eines 41-jährigen Patienten erfolgt die zusätzliche Abklärung oh-ne Befund durch einen urologischen und chirurgischen Facharzt. Nach einiger Zeit tritt zusätzlich zum Penis-schmerz eine unklare Dyspnoe auf. Daraufhin erfolgt die Überweisung zum Pneumologen und Kardiologen, wobei letzterer eine Beinvenenthrombose diagnostiziert und den Patienten umgehend in die Klinik überweist. Schlussfolgerungen: Bei der stationären Aufnahme wer-den bei dem Patienten beidseitige Lungenembolien nach-gewiesen. Unter ambulanter Fortsetzung der konservativen Therapie mit oralen Vitamin-K-Antagonisten bildet sich der Penisschmerz vollkommen zurück.

Schlüsselwörter: Penisschmerz; tiefe Beinvenenthrombose; Lungenembolie

Background: Patients with penile pain can be a challenge for family practitioners. Case Report: After consulting his family doctor a 41-year old patient was referred for detailed examinations to an urologist and a general surgeon who could not find any explanation for the symptoms. After developing additional dyspnea a deep vein thrombosis was diagnosed by a car-diologist.Conclusions: Following admission to hospital a bilateral pulmonary embolism was diagnosed and oral anticoagu-lation promptly initiated. Continuing ambulant anticoagu-lation the patient recovered completely from his initial penis pain.

Keywords: Penis Pain; Deep Venous Thrombosis; Pulmonary Embolism

Medizinische Klinik und Poliklinik IV, Bereich Allgemeinmedizin, Klinikum der Universität MünchenPeer reviewed article eingereicht: 14.08.2012, akzeptiert: 13.12.2012DOI 10.3238/zfa.2013.0137–0139

137FALLBERICHT / CASE REPORT

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

gestellt, Paracetamol verordnet und der Patient wird angehalten, ausreichend zu trinken und mit Wasserdampf zu inha-lieren. Zwei Tage später wird die AU ver-längert, der Zustand hat sich gebessert, auch die Penisschmerzen sind jetzt nur noch bei einer Erektion aufgetreten. Der Patient möchte sich auf eigenen Wunsch hin aber noch bei einem Pneu-mologen vorstellen.

Bei einer weiteren Vorstellung in der offenen Sprechstunde – diesmal bei ei-nem anderen Arzt der Gemeinschafts-praxis zu geplanten Impfungen – berich-tet der Patient von einer zunehmenden Verschlechterung der Atemnot.

In der Pulsoxymetrie am Finger wird eine Sättigung von 92 % gemessen. Blut-druck und Puls sind mit 140/85 mmHg bzw. 78/min stabil. Die in der Praxis gleich durchgeführten Schnelltests für

Troponin und D-Dimere sind beide ein-deutig negativ. Im EKG zeigen sich keine Ischämiezeichen oder Zeichen der Rechtsherzbelastung.

Der Patient wird gleich zum Kardio-logen überwiesen. Jetzt ist ihm auch ei-ne oberflächige Thrombophlebitis am linken Unterschenkel vor ca. 18 Mona-ten erinnerlich. Der Spezialist führt ein unauffälliges Echo durch, entdeckt aber im Duplex der Beinvenen eine langstre-ckige Thrombose der V. poplitea. Eine Krankenhauseinweisung ist die Folge.

In der weiteren Bildgebung, die in der Klinik nach Aufnahme auf die Inten-sivstation durchgeführt wurde, zeigen sich beidseitige Lungenembolien, teils auch mit zentralen Anteilen.

Nach dem komplikationslosen Auf-enthalt in der Klinik wird ambulant eine Therapie mit einem oralen Antikoagu-

lans weitergeführt, unter der interessan-terweise auch der Schambeinschmerz komplett verschwindet. Auch im wei-teren Verlauf und in der Nachsorge trat der Schmerz in der geschilderten Form nicht mehr auf. Wir gehen deshalb von einem kausalen Zusammenhang zwi-schen der Thrombose und der Sympto-matik beim ersten Praxisbesuch aus, auch wenn eine zufällige Koinzidenz na-türlich nicht ausgeschlossen werden kann. Gerade in der Primärversorgung lösen sich Probleme nicht selten unab-hängig von angewandter Diagnostik und Therapie.

Im lungenärztlichen Befund von vor wenigen Tagen, der jetzt erst in der Hausarztpraxis eintrifft, wird eine ob-struktive Lungenerkrankung aus-geschlossen und die Therapie nicht ge-ändert. Allerdings wird in der Diagno-senliste Folgendes geschrieben: „Unkla-re Dyspnoe, Ausschluss Asthma bron-chiale, DD Lungenembolie“. Leider sind keine weiteren Maßnahmen direkt durchgeführt worden. Es wurde eine Perfusionsszintigrafie und eine kardio-logische Abklärung empfohlen.

Die Diagnosenkette nochmals in der Zusammenfassung: Penisschmerz, Schambeinschmerz, V.a. Hämorrhoiden (Hausarzt) – Periostitis (Chirurg) – Un-klare Dyspnoe (Pneumologe) – Beinve-nenthrombose (Kardiologe) – Lungen-embolie, 3-Etagen-Thrombose (Kran-kenhaus).

Schlussfolgerungen

Im Rahmen einer retrospektiven Be-trachtung des klinischen Verlaufs haben wir den Fall in unserer Praxis mehrfach und lange diskutiert und überlegt an welcher Stelle man vielleicht anders hät-te handeln können/müssen. Wir hatten aber im Vorfeld der zunehmenden Atemnot keinen klinischen Hinweis auf eine Thrombose. Vielleicht hätte man die Anamnese in Bezug auf die Throm-bophlebitis gründlicher erheben müs-sen. Auch wenn die Zusammenarbeit auf lokaler Ebene mit den Spezialfä-chern konstruktiv verläuft, sind oftmals wiederkehrende Probleme auch hier festzustellen: Der Spezialist untersucht im Regelfall nur „seinen“ Bereich und schickt dann den Patienten zum Haus-arzt zurück. Bis der Brief die Praxis er-reicht, können mehrere Tage vergehen.

Abbildung 1 Thrombus in Vena poplitea links (Die Abbildung wurden freundlicherweise von

der Gemeinschaftspraxis Hartstraße in Germering zur Verfügung gestellt.)

Abbildung 2 Verlauf

138

Schelling, Krane:41-jähriger Mann mit Penisschmerz41-year-Old Man with Penis Pain

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

Eine telefonische (oder in Ärztenetzen auch denkbare) elektronische Übermitt-lung der Befunde wäre sicher sinnvoll. Des Weiteren ziehen manche Spezialis-ten aus ihren Befunden und insbesonde-re den möglichen Differenzialdiagnosen und abwendbar gefährlichen Verläufen nicht immer Konsequenzen, sondern senden den Patienten ebenfalls erst wie-der in die Warteschleife.

Eine Literaturrecherche zu den Diag-nosen Penisschmerz, Thrombose und Lungenembolie brachte leider keine weiteren Fallberichte dieser Art ans Licht.

Der D-Dimer-Schnelltest (bei einem Cut-Off von 500 ng/ml für den qualitati-ven Nachweis) erreicht laut verschiede-nen Herstellerangaben sehr gute Werte bei Sensitivität und Spezifität von je-weils > 97 %. Studien in Spezialistenzen-tren zeigen in Kombination mit dem Wells-Score (der hier nicht zur Anwen-dung kommen konnte) ideale Werte von bis zu 98,4 %. Bei der genaueren Be-trachtung der Standardabweichungen zeigen sich aber besonders bei der Lun-genembolie (LE) andere Werte: für Sensi-tivität von 71–99 % und für die Spezifi-tät von 23–76 % [7]. Es ist also im

schlimmsten Fall mit bis zu 30 % falsch negativen Ergebnissen zu rechnen.

Die Aussage „Die Bestimmung der D-Dimere erlaubt die Ausschlussdiagno-se der LE“ wird in unserer Praxis jetzt kri-tischer gesehen.

Die bekannten Einschränkungen des Tests trafen in unserem Fall nicht zu:• Gerinnungshemmende Therapie seit

24 Stunden• Fibrinolytische Therapie weniger als

7 Tage zurückliegend• Trauma oder chirurgischer Eingriff in-

nerhalb der vergangenen 4 Wochen• Disseminierte Malignome• Bekanntes Aortenaneurysma• Sepsis, schwerer Infekt, Lungenent-

zündung, schwerer Hautinfekt• Leberzirrhose• Schwangerschaft

Folgende Fragen beschäftigen uns weiter-hin, die wir gerne mit interessierten Kol-leg/innen diskutieren möchten. Da eine Fachzeitschrift für diesen Zweck sicher-lich nur eingeschränkt geeignet ist, könn-te ein entsprechendes Diskussionsforum Abhilfe schaffen. Der allgemeinmedizini-sche Listserver (ALLGMED) erscheint ge-eignet, hat aber keine Zugangskontrolle

für Fachkreise. Folgende Fragen könnten weiter erörtert werden:• Hätte man die pneumologische

bzw. kardiologische Diagnostik früher aktiv angehen können? Welche klinischen Zeichen hät-ten zusätzlich hilfreich sein können? Gibt es hier Erfah-rungswerte aus hausärztlichen Praxen?

• Hätte der pneumologische Kol-lege selber handeln bzw. seinen Verdacht direkt mitteilen kön-nen? Wie kann man standardi-sierte Rückmeldungsschleifen etablieren?

• Hätte man gezielter bereits in der Erst-anamnese nach Thrombosen bzw. Thrombophlebitis der Beine fragen können?

• Kann man sich auf den D-Dimer-Schnelltest wirklich so wenig verlas-sen?

• Muss man bei allen Schmerzen im Be-cken-Schambereich an eine TVT den-ken?

Interessenkonflikte: keine angege-ben

1. Ozcan S, Akpinar E. Diagnosis of pe-nile fracture in primary care: a case report. Cases J 2009; 2: 8065

2. Leal G, Heaton J. Balanitis and Bala-noposthitis. In: Gomella LG (Hrsg.) 5-Minute Urology Consult. Philadel-phia: Lippincott Williams & Wilkins, 2000: 210–213

3. Hauser W, Schmutzer G, Hinz A, Brahler E. Prevalence and predictors of urogenital pain in men. Results from a survey of a representative Ger-man population sample. Schmerz 2012; 26: 192–9

4. Schmelz HU, Sparwasser C, Weidner W. Facharztwissen Urologie: Diffe-renzierte Diagnostik und Therapie. Heidelberg, Berlin: Springer-Verlag, 2010

5. Conrad S, Friedrich M, Weidner W, Zwergel Th, Zwergel U, Schlimmer P. Entzündungen. In: Hautmann R (Hrsg.) Urologie. 4., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Heidel-berg, Berlin: Springer-Verlag, 2010: 143–175

6. Jack GS, Gonzalez-Cadavid N, Rajfer J. Conservative management opti-ons for Peyronie’s disease. Curr Urol Rep 2005; 6: 454–60

7. Tsakiris DA. D-Dimere. Schweiz Med Forum 2008; 8: 108–109

Literatur

Sibylla Krane

Bereich Allgemeinmedizin

Medizinische Klinik und

Poliklinik IV der LMU

Pettenkoferstraße 8 a, 80336 München

Tel.: 089 5160-3388

[email protected]

Korrespondenzadresse

Tabelle 1 Differenzialdiagnose Penisschmerz

Traumatische Ursachen• Genitale Verletzungen • Fremdkörper in der Harnröhre• Penisbruch [1]

Infektiöse und Allergische Ursachen• Allergische Reaktion auf Seife/Spermizid• Balanitis [2] • Prostatitis [3] • Urethritis [4] • STD: Herpes genitalis [5]

Andere Ursachen • Harnröhrenstriktur [4]• Priapismus [4]• Induratio Penis plastica [6]• Blasensteine

… ist seit 2008 in Martinsried bei München als Hausarzt nieder-

gelassen. Zusätzlich leitet er den Forschungsbereich Allgemein-

medizin an der LMU München. Seine Forschungsinteressen

sind E-Learning in der Allgemeinmedizin, DEGAM-Leitlinien-

fälle, Medizindidaktik sowie Impfungen und Sonografie in der

Hausarztpraxis.

Dr. med. Jörg Schelling …

139

Schelling, Krane:41-jähriger Mann mit Penisschmerz 41-year-Old Man with Penis Pain

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

47. Jahreskongress in der bayerischen Landeshauptstadt

„München mag Dich“ – mit diesem Slogan wirbt die bayerische Landes-hauptstadt derzeit. Da fühlt sich die DEGAM mit ihrem diesjährigen Jahres-kongress vom 12.–14. September be-sonders willkommen. Die Veranstal-tung am Klinikum rechts der Isar der TU München dreht sich um das Thema

„Komplexität in der Allgemeinmedizin – Herausforderungen und Chancen“. Im Zentrum stehen damit Themen wie Multimorbidität, der Umgang mit Un-sicherheit oder Multitasking. Aber auch der Nachwuchs – auf dem Kon-gress werden zum ersten Mal zwei Jahr-gänge der Nachwuchsakademie zusam-

menkommen – bleibt besonders im Fo-kus. Und für all diejenigen, die das Ok-toberfest ab Ende September nicht mehr besuchen können: Der Gesell-schaftsabend findet im Festsaal des Hofbräuhauses statt und bietet damit eine ebenso typisch bayerische wie zünftige Atmosphäre.

Erinnerung: EbM-Guidelines als Online-Version für Mitglieder ein Jahr kostenlos

Nach anfänglichen Startschwierigkei-ten funktioniert der Zugang zur On-line-Version der EbM-Guidelines nun einwandfrei. Das DEGAM-Präsidium und der Deutsche Ärzte-Verlag hatten einen kostenlosen Zugang für alle Mit-glieder vereinbart, der das gesamte Jahr

2013 freigeschaltet ist. Die Plattform wird ständig aktualisiert und bietet pra-xisgerechte Empfehlungen inklusive des entsprechenden Evidenzgrades. In-teressierte gehen bitte auf die Seite www.online-zfa.de und klicken dort auf „KOSTENLOS EbM-Guidelines online

lesen“. Mitglieder, die bereits die On-line-ZFA nutzen, melden sich dort wie gewohnt mit ihren Nutzerdaten an, bisher nicht registrierte Mitglieder kli-cken zuvor auf „Neu anmelden“ und folgen den entsprechenden Instruk -tionen.

DEGAM-Präsident im Hessischen Rundfunk

Prof. Ferdinand M. Gerlach war zu Gast in der Sendung „Doppel-Kopf“ auf hr2-kultur. Der DEGAM-Präsident und Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen sprach über das

deutsche Gesundheitssystem, die gro-ßen Herausforderungen für die All-gemeinmedizin, seinen persönlichen Werdegang – und natürlich über die DEGAM. Jetzt reinhören unter: www.facebook.com/Degam.Allgemeinmedizin

140 DEGAM-NACHRICHTEN / DEGAM NEWS

Kompetenzbasiertes Musterlogbuch für das Wahltertial Allgemeinmedizin

In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe ha-ben die DEGAM und die GHA unter Lei-tung von Dr. Maren Ehrhardt und Dr. Bert Huenges ein kompetenzbasiertes Muster-logbuch für das Wahltertial Allgemein-medizin erarbeitet. Es ist als Baukasten

konzipiert und soll Empfehlungen zur Gestaltung des PJ geben. Das Muster steht auf der Homepage der DEGAM (www.degam.de) unter Aktuelles sowie auf den Unterseiten der Sektion Studium und Hochschule zum Download bereit.

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

Gedanken zur quantitativen Erforschung des Nutzens kommunikativer Interventionen6. Diskussionsforum zur Nutzenbewertung im Gesundheitswesen: Therapeutische Behandlungen mit nicht-medikamentösen, nicht-technischen Ansätzen – Evidenz, Evaluation und Nutzenbewertung

Theodor Dierk Petzold

Am 31. 1. 2013 hat das Institut für Qua-lität und Wirtschaftlichkeit im Gesund-heitswesen (IQWIG) zusammen mit dem Gesundheitsforschungsrat GFR des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMFT) in Berlin das 6. Dis-kussionsforum zur „Nutzenbewertung nicht-medikamentöser und nicht-tech-nischer (NMNT)-Interventionen“ durchgeführt.

„Befinden sich diese Diskussions-foren zur Gesundheitsforschung auf dem Weg von der Arzneimittelfor-schung zur NMNT-Forschung vom Zen-trum zur Peripherie der Interventions-forschung oder von der Peripherie zum Zentrum“, fragte einleitend Prof. Adler (Heidelberg) als Vorsitzender des GFR.

Zunächst zeigte Prof. Wilm (Düssel-dorf) als Vertreter der Allgemeinmedi-zin, dass die vielen NMNT-Interventio-nen wie „Äpfel, Möhren und Hafer“ kaum zu vergleichen sind. Es wurde schon durch die verneinend ausgren-zende Bezeichnung der betrachteten In-terventionen als „NMNT“ deutlich, dass hier relatives Niemandsland, ein weitge-hend weißer oder nebliger Bezirk auf der Landkarte der Gesundheitsforschung betreten wird. Zum Abschluss der Ver-anstaltung beantwortete Prof. Adler sei-ne eingangs gestellte Frage selbst so, dass man sich im Laufe der nun sechs Ver-anstaltungen jetzt wohl auf dem Weg zum Zentrum der Medizin vorgearbeitet habe und nicht zur Peripherie.

Randomisierung, Verblindung und Standardisierung

Wie Prof. Wilm mehr implizit in seinem Vortrag vermittelt hat, erscheint es nicht besonders fruchtbar, Unter-suchungsmethoden unabhängig von der Fragestellung und den Hypothesen zu bewerten – auch wenn Prof. Schüne-mann (Hamilton, Kanada) meinte, dass es grundsätzlich keinen Unterschied zwischen der Beforschung von medika-mentösen und NMNT-Interventionen geben solle. Bei allen Untersuchungen wäre eine Randomisierung erforderlich und eine Verblindung (zumindest der Bewertung) möglich, wenn auch auf-wendig.

Dazu gab es allerdings Widerspruch von Frau Prof. Bartholomeyczik (Wit-ten/Herdecke) und Frau Prof. de Zwaan (Hannover), die nicht nur die Möglich-keit, sondern auch die Sinnhaftigkeit von randomisierten Kontrollgruppen sowie von Verblindung infrage stellten (z.B. in der Pflege- und Psychotherapie-forschung).

Was dabei noch gar nicht diskutiert wurde, war der Umstand, dass es sowohl in der Pflege und der Allgemeinmedizin als auch in der Psychotherapie zwar in gewissem Maße standardisierte Vor-gehensweisen als Rahmen gibt; bei ge-nauer Betrachtung entfaltet sich jedoch die Therapeut-Patient-Interaktion als dialogischer Prozess, der weitestgehend

individuell geprägt ist und sich (zumin-dest bis jetzt) einer Standardisierung er-folgreich entzieht. Ob und wie der stan-dardisierte Rahmen (die manualisierte Methode) sich genau auf die Mikroszene der Interaktion auswirkt, ist hier noch nicht wirklich zur Sprache gekommen.

Dafür ist fast bei jedem Beitrag ein Problem deutlich geworden: das Pro-blem der randomisierten Kontrollgrup-pe. Es gab gegen jede Form der üblichen Praxis begründete Einwände: Eine Grup-pe auf der Warteliste kann man nicht zwei Jahre oder länger warten lassen – solange wie die Follow-up-Untersuchun-gen dauern sollten; außerdem sei klar, dass Patienten auf der Wartebank ihren Zustand schlechter bewerten, als er wo-möglich ist; eine Sham-Intervention sei in ihrer eigenen (auch Placebo-)Wirk-samkeit nicht einzuschätzen; außerdem gebe es dabei oft ethische Bedenken, wenn die Patienten falsch informiert würden; selbst bei der Arzneimittelfor-schung gebe es ernsthafte Probleme bei der Herstellung sowie Gabe von geeigne-ten Placebos – man rechnet damit, dass zwischen 30–40 % der Studienteilneh-mer letztlich wissen, ob sie Verum oder Placebo bekommen haben (Schüne-mann). Weiter besteht besonders bei NMNT-Interventionen immer der Bias durch die Präferenzen der Studienteil-nehmer – so kann es sein, dass die festge-stellte Wirkung bei der großen Akupunk-turstudie ausschließlich auf die Präfe-

Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover; Zentrum für Salutogenese, Bad GandersheimDOI 10.3238/zfa.2012.0141–0142

141KONGRESSE / CONGRESS

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

renz der Teilnehmer und damit auf de-ren Placebowirkung zurückzuführen sei. Diese Interpretation der Ergebnisse sei durch den Erfolg der Sham-Akupunktur naheliegend. Ebenso spiele der Bias durch die Präferenz und die Expertise der Behandler auch der Kontrollgruppe je-weils eine große Rolle (Schünemann).

Individuelle und subjektive Wirkfaktoren

Bei genauer Betrachtung kommen so-wohl bei den Patienten als auch bei den Behandlern immer mehr subjektiv wirk-same Faktoren ins Bewusstsein. Je mehr man sich bemüht, diese auszuschalten, desto deutlicher scheinen sie an einem anderen Ende zu werden – spätestens in der Kontrollgruppe oder beim Unter-sucher selbst. So erscheint immer deutli-cher, dass die Zukunft der Gesundheits-forschung nur unter Einbezug der indi-viduellen und subjektiven Faktoren so-wohl der Patienten als auch der Untersu-cher sinnvolle Ergebnisse erbringen wird – je weniger Medikamente und Technik umso mehr individuelle Fak-toren werden wirksam. Dies ist aller-dings wohl kein grundsätzlicher, son-dern nur ein gradueller Unterschied zwi-schen medikamentösen und NMNT-In-terventionen.

Letztlich ist die individuelle aktive Beteiligung der Patienten an ihrer ge-sunden Entwicklung auch seitens der Behandler und Kostenträger sehr ge-

wünscht. Also sollten wir sie unbedingt in die Forschung einbeziehen und nicht versuchen zu eliminieren. Existiert hier möglicherweise ein Interessengegensatz zwischen Forschung und Leistungs-erbringung?

„Standardisierte Normalbehandlung“ als Kontrollgruppen

Prof. Hüll (Freiburg) forderte als Kon-trollgruppe eine Gruppe unter „standar-disierter Normalbehandlung“. Damit kam ein neuer Gedanke in die Tagung – dass nämlich nicht nur die Intervention möglichst zu standardisieren sei, son-dern insbesondere auch die Kontroll-gruppen. Möglicherweise sind viele Un-terschiede in Studienergebnissen gar nicht auf die Unterschiede der unter-suchten Interventionen zurückzufüh-ren, sondern viel mehr auf Unterschiede in den Kontrollgruppen.

Wäre es nicht zweckmäßig, zentral einen großen Pool von Untersuchungen zu haben, die Auskunft über eine „nor-male gesunde Entwicklung“ verschie-denster Menschen, Kinder, Frauen, Männer, Gesunder und Kranker unter den üblichen gegebenen Bedingungen geben? Dann könnte man bei vielen Stu-dien eben auf diese Untersuchungen als Kontrollgruppe zurückgreifen. Alle neu-en Interventionen würden am selben Standard gemessen, mit derselben Mess-latte und dazu noch mit der, welche die

übliche Entwicklung unter aktuell übli-chen Bedingungen wiedergibt. Das Be-stehen eines derartigen Kontrollstan-dards würde zudem weitere Forschun-gen erheblich erleichtern – sowohl kon-zeptionell als auch finanziell. Es würde gleichzeitig auch die gesundheitliche Entwicklung der Bevölkerung widerspie-geln. Man könnte also auch eine Ver-schlechterung recht schnell feststellen.

So ist dies als Quintessenz und Kon-sequenz der Tagung eine Anregung an die Gesundheitsforschung: der Gedanke an eine zentrale, umfassende, per-manent aktualisierte Untersuchung der gesunden Entwicklung eines repräsenta-tiven Querschnitts der Bevölkerung mit sowohl harten als auch weichen Daten (z.B. Lebensqualität), in der genügend Menschen auch mit den verbreiteten Er-krankungen erfasst sind. Daraus könn-ten dann standardisierte Kontrollgrup-pen für viele Studien genommen wer-den – eine einheitliche Messlatte für alle.

Referate des Symposiums werden in der ZEFQ erscheinen.

Theodor Dierk Petzold

Arzt für Allgemeinmedizin,

Naturheilverfahren

Lehrbeauftragter an der MHH

Sprecher des Dachverbands Salutogenese

Am Mühlenteich 1

37581 Bad Gandersheim

Tel.: 05382 955470

[email protected]

Korrespondenzadresse

142 KONGRESSE / CONGRESS

47. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Komplexität in der Allgemeinmedizin - Herausforderungen und Chancen

vom 12. - 14. September 2013 in München

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

ZFA – Autorenanleitung (Kurzform)Manuskripteinreichung

http://www.editorialmanager.com/zfa/default.asp

Anleitung für Autoren, Artikel-Checkliste, Informationen für Gutachter

http://www.online-zfa.de/page/147

Artikeltypen

Die ZFA publiziert folgende Rubriken:

• Originalarbeiten (Ergebnisse empiri-scher Forschung; dazu zählen auch Metaanalysen)

• Übersichten (bevorzugt systemati-sche, aber auch narrative)

• Kurz-Synopsis (Fortbildungsartikel zur Beantwortung von Fragen aus der hausärztlichen Praxis)

• Leitlinien• Kommentare/Meinungen• Fallberichte• „Der besondere Artikel“ (z.B. Berichte

aus anderen Ländern; Modellprojekte der Versorgung; Konzeptpapiere; Tex-te über andere [nicht genuin hausärzt-liche] Themen)

• Leserbriefe• Buchbesprechungen

Begutachtung (peer review)

Eingereichte Arbeiten werden zunächst durch den Verlag auf Einhaltung von Formalia geprüft. Anschließend ent-scheiden die fünf Herausgeber mit einfa-cher Mehrheit (aufgrund von Qualität, Originalität und Eignung für den Leser-kreis der ZFA), ob ein externes Gut-achterverfahren eingeleitet werden soll. Die Herausgeber selbst können nicht als Gutachter tätig werden.

Um zu wissen, wie ein solcher Re-view abläuft (und wie ggf. Ihr einge-reichtes Manuskript behandelt wird), können Sie die Informationen für

Gutachter unter http://www.online-zfa.de/page/147 einsehen.

Die Herausgeber behalten sich das Recht vor, alle begutachteten Manuskrip-te – nach Rücksprache mit dem Autor – inhaltlich und redaktionell zu bearbeiten.

Umfang des Manuskripts

• Max. 20.000 Zeichen inkl. Leerzei-chen, Abbildungen, Tabellen und Li-teraturverzeichnis, aber ohne Zusam-menfassung/Abstract / Schlüsselwör-ter/keywords (max. 2000 Zeichen). Abbildungen und Tabellen werden mit jeweils 2000 Zeichen angerech-net.

• Word for Windows, Schrifttyp Arial, Schriftgröße 12, Zeilenabstand mind. 1½. Zeilennummerierung einstellen.

• Alle Abkürzungen im Text bei erster Verwendung erläutern, unnötige Anglizismen und Fremdworte vermei-den

• Satzlänge geht grundsätzlich nie über max. 3 Zeilen.

Deckblatt

Titel in Deutsch und Englisch (max. 100 Zeichen), Autorennamen, Kontaktdaten des korrespondierenden Autors

Gliederung bei Originalarbei-ten/Übersichten/Leitlinien

(bei anderen Rubriken siehe: http://www.online-zfa.de/page/147)

• Zusammenfassung + max. 5 Schlüs -selwörter / Abstract + max. 5 keywords (strukturieren in: Hintergrund/Back-ground – Methoden/Methods – Ergeb-nisse/Results – Schlussfolgerungen/Conclusions)

• Hintergrund: Was ist das Problem? Warum ist diese Arbeit wichtig?

• Methoden: Wie wurde die Arbeit ge-macht?

• Ergebnisse: Was wurde gefunden?

• Diskussion: Was bedeuten die Er-gebnisse? Vergleich mit anderen Ar-beiten

• Literaturverzeichnis: nach ZFA-Vorgaben (Vancouver-Stil, Details s. ausführliche Richtlinien im Internet), max. 20 Zitate

Englische Sprache

• Englisches Abstract bitte möglichst durch native speaker überprüfen las-sen.

• Hausarzt heißt (in der ZFA) „family practitioner“, nicht „general practi-tioner“

• Allgemeinmedizin heißt (in der ZFA) „family medicine“, nicht „general practice“

Für alle Manuskripte sind erforderlich

• Angabe der Interessenkonflikte http://www.online-zfa.de/page/147

• Rechtseinräumung http://www.online-zfa.de/page/147

• „Zur Person“ (Kurzform des berufli-chen Lebenslaufs, max. 10 Zeilen)

• Hochauflösendes Bild (Auflösung 300 dpi, Größe 9 cm x 13 cm)

Ansprechpartner im Deutschen Ärzteverlag

Jürgen Bluhme-RasmussenLeiter Content ManagementDieselstr. 2, 50859 KölnTel.: 02234 7011-512Fax: 02234 [email protected]

Geschäftsführender Herausgeber

Prof. Dr. Michael M. Kochen, MPH, FRCGP (E-Mail: [email protected])

143AUTORENRICHTLINIEN / AUTHOR GUIDELINES

■ © Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3)

Organschaft / AffiliationDeutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM; www.degam.de)DEGAM-Bundesgeschäftsstelle c/o Institut für Allgemeinmedizin Haus 10 C/1. Stock, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, 60590 Frankfurt; Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA; www.gha-info.de); Salzburger Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SAGAM; www.oegam.at/c1/page.asp?id=35);Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SüGAM; www.suegam.it); Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (TGAM; www.tgam.at)Official Journal of the German College of General Practitioners and Family Physicians, the Society of Professors of Family Medicine, the Salzburg Society of Family Medicine, the South-tyrolean College of General Practitioners and the Tyrolean College of General Practitioners

Herausgeber / EditorsProf. Dr. med. Heinz-Harald Abholz Facharzt für Allgemeinmedizin Abt. Allgemeinmedizin (Emeritus) Heinrich-Heine-UniversitätMoorenstraße 5 40225 Düsseldorf E-Mail: [email protected] http://www.uniklinik-duesseldorf.de/ allgemeinmedizin

Prof. Dr. med. Michael M. Kochen, MPH, FRCGP Facharzt für Allgemeinmedizin Abt. Allgemeinmedizin (Emeritus)Georg-August-Universität GöttingenLudwigstraße 37 79104 Freiburg E-Mail: [email protected] http://www.allgemeinmedizin. med.uni-goettingen.de

Prof. Dr. med. Wilhelm Niebling Facharzt für Allgemeinmedizin Lehrbereich Allgemeinmedizin Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Schwarzwaldstraße 6979822 Titisee-Neustadt E-Mail: [email protected] http://www.ukl.uni-freiburg.de/med/lehre/lehrbereich/niebling.htm

Dr. med. Susanne Rabady Ärztin für Allgemeinmedizin Landstraße 2A-3841 Windigsteig E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Andreas SönnichsenFacharzt für Allgemeinmedizin Institut für Allgemeinmedizin und FamilienmedizinUniversität Witten/HerdeckeAlfred-Herrhausen-Straße 5058448 WittenE-Mail: [email protected]://www.uni-wh.de/gesundheit/lehrstuhl-institut-allgemeinmedizin-familienmedizin/

Internationaler Beirat / International Advisory BoardJ. Beasley, Madison/Wisconsin, USA; F. Buntinx, Leuven/Belgien; G.-J. Dinant, Maastricht/NLM. Egger, Bern/CH ; E. Garrett, Columbia/ Missouri, USA; P. Glasziou, Robina/AustralienT. Greenhalgh, London/UK; P. Hjortdahl, Oslo/Norwegen; E. Kahana, Cleveland/Ohio, USAA. Knottnerus, Maastricht/NL; J. Lexchin, Toronto/Ontario, Kanada; C. del Mar, Robina/Australien; J. de Maeseneer, Gent/BelgienP. van Royen, Antwerpen/Belgien; F. Sullivan, Dundee/Schottland, UK; P. Tschudi, Basel/CHC. van Weel, Nijmegen/NL; Y. Yaphe, Porto/ Portugal

Verlag / PublisherDeutscher Ärzte-Verlag GmbHDieselstr. 2, 50859 KölnPostfach 40 02 65, 50832 KölnTel.: +49 2234 7011–0, www.aerzteverlag.dewww.online-zfa.de

Geschäftsführung / Management of the CompanyJürgen Führer, Norbert Froitzheim

Leiter Geschäftsbereich / Leader Operational Division: Rüdiger Sprunkel

Leiterin Produktbereich / Leader Product Division: Katrin Groos

Koordination / CoordinationJürgen Bluhme-RasmussenTel.: +49 2234 7011–512Fax: +49 2234 7011–6512E-Mail: [email protected]

ProduktmanagementMarie-Luise BertramTel.: +49 2234 7011–389Fax: +49 2234 7011–6389E-Mail: [email protected]

AbonnementserviceTel.: 02234/ 7011– 520Fax.: 02234/ 7011– [email protected]

Erscheinungsweise /FrequencyDie Zeitschrift erscheint 11 x jährlichJahresbezugspreis Inland: 114,00 €Ermäßigter Preis für Studenten jährlich: 84,00 €Jahresbezugspreis Ausland: 141,60 €Ermäßigter Preis für Studenten jährlich Ausland: 111,60 €Einzelheftpreis: 10,40 €Preise inkl. Porto und 7 % MwSt.Die Kündigungsfrist beträgt 6 Wochen zum Ende des Kalenderjahres. Gerichtsstand Köln. Für Mitglieder der DEGAM ist der Bezug im Mit-gliedsbeitrag enthalten.

Leiter Kunden Center / Leader Customer Service: Michael Heinrich, Tel. +49 2234 7011–233 E-Mail: [email protected]

Leiterin Anzeigenmanagement und verantwortlich für den Anzeigenteil / Advertising CoordinatorMarga Pinsdorf, Tel.: +49 2234 7011–243, E-Mail: [email protected]

Verlagsrepräsentanten / Publishers’ Representatives

Verkaufsgebiete Nord/OstGötz KneiselerUhlandstraße 161, 10719 BerlinTelefon: +49 30 88682873Telefax: +49 30 88682874Mobil: +49 172 3103383E-Mail: [email protected]

Verkaufsgebiet WestEric Le GallKönigsberger Str.11, 51469 Bergisch GladbachTelefon: +49 2202 9649510Telefax: +49 2202 9649509Mobil: +49 172 2575333E-Mail: [email protected]

Verkaufsgebiet SüdPeter OcklenburgLangenbachweg 2, 79215 BiederbachTelefon 07682 9265020Telefax 07682 9265022Mobil: +49 178 8749013E-Mail: [email protected]

Herstellung / Production DepartmentDeutscher Ärzte-Verlag GmbH, Köln, Vitus Graf, Tel.: +49 2234 7011–270, E-Mail: [email protected], Alexander Krauth, Tel.: +49 2234 7011–278, E-Mail: [email protected]

Layout / LayoutSybille Rommerskirchen

Druckerei / PrinteryFarbo print+media GmbH, Köln

Konten / AccountDeutsche Apotheker- und Ärztebank, Köln, Kto. 010 1107410 (BLZ 370 606 15), Postbank Köln 192 50–506 (BLZ 370 100 50)

Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 5, gültig ab 1. 1. 2013

Druckauflage: 5800 Ex.

Der Verlag ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft LA-MED Kommunikationsforschung im Gesundheitswesen e.V.

89. Jahrgang

ISSN 1433-6251

Urheber- und Verlagsrecht / Copyright and Right of PublicationDie Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen ein-zelnen Beiträge und Abbildungen sind urheber-rechtlich geschützt. Mit Annahme des Manu-skriptes gehen das Recht der Veröffentlichung sowie die Rechte zur Übersetzung, zur Vergabe von Nachdruckrechten, zur elektronischen Spei-cherung in Datenbanken, zur Herstellung von Sonderdrucken, Fotokopien und Mikrokopien an den Verlag über. Jede Verwertung außerhalb der durch das Urheberrechtsgesetz festgelegten Grenzen ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig.

© Copyright by Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, Köln

Z FAZeitschrift für Allgemeinmedizin

German Journal of Family Medicine

März 2013 – Seite 97–144 – 89. Jahrgang www.online-zfa.de

144 IMPRESSUM / IMPRINT

© Deutscher Ärzte-Verlag | ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (3) ■

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