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Schmitz Zufriedenheitsdimensionen im internationalen Vertrieb Seite 16-20 16 4|2006 1. Zielsetzung des Beitrags Der vorliegende Betrag zeigt, warum es wichtig ist, die Zufriedenheit der Ver- triebspartner zu beachten und welche Dimensionen der Zufriedenheit dabei unterschieden werden können. Er gibt da- mit Ansatzpunkte, wie Hersteller zu einer besseren Zusammenarbeit mit ihren in- ternationalen Vertriebspartnern beitragen können. Die Zielsetzung des vorliegenden Beitrags besteht darin, einerseits die Zufriedenheit von Mitgliedern der Ver- triebsorganisation 1 hinsichtlich ihrer Be- deutung für die Erreichung von Unter- nehmenszielen zu untersuchen und andererseits die Dimensionen der Zu- friedenheit zu ermitteln. Es handelt sich dabei um ein exploratives Vorgehen, das durch Literaturanalysen sowie qualitative und quantitative empirische Daten ge- stützt wird. Es ergeben sich eine Strukturierungshilfe und erste Ge- staltungsansätze für die Unternehmens- praxis. 2. „Channel Member Satisfaction“ als Zielgröße in der Vertriebsorganisation Die Zufriedenheit von Mitgliedern des Vertriebssystems steht im Mittelpunkt vieler wissenschaftlicher Untersuchungen (vgl. z. B. Ping Jr. 2003; Geyskens et al. 1999; Dwyer 1980; Rosenberg/Stern 1971). Geyskens et al. (1999, S. 224) de- finieren die „Channel Member Satisfaction“ als emotionalen Zustand, der aus der Beurteilung sämtlicher Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen resultiert. Das hohe Interesse an der Channel Member Satisfaction besteht deshalb, weil sie Einfluss auf verschiedene psy- chische Faktoren sowie auf das Verhalten der Mitarbeiter, die Arbeitsleistung und damit auf den Unternehmenserfolg be- sitzt (vgl. Kieser/Walgenbach 2003, S. 37). Die Zufriedenheit der Vertriebspartner fördert danach z. B. das Vertrauen zum Hersteller, die Verbundenheit und senkt das Konfliktniveau, woraus eine höhere Leistung der Mitarbeiter resultiert, die je nach Fähigkeiten und Charakter wieder- um zu höheren Unternehmenserfolgen führt. Durch intrinsische und ex- trinsische (z. B. variables Gehalt) Be- lohnungen wirkt sich eine höhere Zielerreichung wiederum auf die Zu- friedenheit aus. Unzufriedenheit der Vertriebspartner mit dem Hersteller wirkt sich auf ebenso vielfältige Weise auf die vom Unter- nehmen verfolgten markt- und organi- sationsbezogenen Ziele aus. Unzufrie- denheit verstärkt z. B. die Konflikte mit dem Hersteller (vgl. Geyskens et al. 1999, S. 224). Sachliche Konflikte sind zwar durchaus gewollt, da sie neue Ideen för- dern, Klarheit schaffen und die Basis für Veränderungen darstellen. Sie können jedoch leicht in persönliche Konflikte umschlagen, die ab einem bestimmten Niveau die Effizienz des Vertriebssystems mindern können und eine ernsthafte Gefahr für die Zusammenarbeit dar- stellen. Als Folge können sich durch Un- zufriedenheit internationaler Vertriebs- partner verschiedene markt- und organisationsbezogene Wirkungen er- geben. Wirkungen, die im Rahmen von Experteninterviews besonders häufig ge- nannt wurden, werden in Abbildung 1 beispielhaft dargestellt. Der Umfang und die Qualität der verschiedenen Wir- kungen zeigt bereits die Notwendigkeit eines aktiven Managements der Be- ziehung zu internationalen Vertriebspart- nern. Der häufig als „soft factor“ unterschätzte Faktor der internen Zu- friedenheit erhält hierdurch ein quantifizierbares Gewicht. Umsätze, Kosten, die Leistungsqualität sowie die Flexibilität sind gleichermaßen betroffen. Zufriedenheitsdimensionen im internationalen Vertrieb Dr. Christian Schmitz Habilitand und Leiter des Kompetenzzen- trums für Business-to- Business Marketing am Institut für Marketing und Handel der Univer- sität St. Gallen, St. Gallen (CH) Das Vertriebsengagement in Auslandsmärkten besitzt heute für viele Hersteller eine wesentliche Umsatzbedeutung und bildet nicht selten als zentraler Wachstumstreiber den Kern der Geschäftstätigkeit. So erzielen bspw. Schweizer Industriegüterhersteller heute nur noch wenige Prozent ihres Umsatzes im Inland. Internationale Vertriebsgesell- schaften und Vertretungen übernehmen für Hersteller die Umsetzung von Strategien und die lokale Marktbearbeitung. Sie nehmen damit eine strategische Bedeutung als „Tor zum Markt“ ein. Die optimale Unterstützung und Koordination internationaler Vertriebs- partner stellt Hersteller allerdings vor eine anspruchsvolle Herausforderung. Für viele Hersteller scheint es unmöglich, ihre internationalen Vertriebsorgane zufrieden zu stellen. Häufig sehen Hersteller hierzu auch gar keine Notwendigkeit. 1 In der Literatur zum Vertrieb wird häufig den Eigen- tumsverhältnissen nach, zwischen herstellereigenen und herstellerfremden Vertriebsorganen unterschie- den (vgl. Homburg/Krohmer 2003, S. 704 f., 710). Die- ser Differenzierung wird in diesem Betrag nicht ge- folgt (vgl. auch Schmitz 2006, S. 13). Der Begriff „Vertriebspartner“, wie er im Weiteren verwendet wird, schließt daher in Anlehnung an Belz/Reinhold (1999, S. 10) herstellereigene Tochtergesellschaften sowie herstellerfremde Vertretungen, Untervertretun- gen und internationale Handelsgesellschaften mit ein.

Zufriedenheitsdimensionen im internationalen vertrieb

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Schmitz Zufriedenheitsdimensionen im internationalen Vertrieb Seite 16-20

16 4|2006

1. Zielsetzung des Beitrags

Der vorliegende Betrag zeigt, warum es

wichtig ist, die Zufriedenheit der Ver-

triebspartner zu beachten und welche

Dimensionen der Zufriedenheit dabei

unterschieden werden können. Er gibt da-

mit Ansatzpunkte, wie Hersteller zu einer

besseren Zusammenarbeit mit ihren in-

ternationalen Vertriebspartnern beitragen

können. Die Zielsetzung des vorliegenden

Beitrags besteht darin, einerseits die

Zufriedenheit von Mitgliedern der Ver-

triebsorganisation1 hinsichtlich ihrer Be-

deutung für die Erreichung von Unter-

nehmenszielen zu untersuchen und

andererseits die Dimensionen der Zu-

friedenheit zu ermitteln. Es handelt sich

dabei um ein exploratives Vorgehen, das

durch Literaturanalysen sowie qualitative

und quantitative empirische Daten ge-

stützt wird. Es ergeben sich eine

Strukturierungshilfe und erste Ge-

staltungsansätze für die Unternehmens-

praxis.

2. „Channel MemberSatisfaction“ als Zielgröße inder Vertriebsorganisation

Die Zufriedenheit von Mitgliedern des

Vertriebssystems steht im Mittelpunkt

vieler wissenschaftlicher Untersuchungen

(vgl. z. B. Ping Jr. 2003; Geyskens et al.

1999; Dwyer 1980; Rosenberg/Stern

1971). Geyskens et al. (1999, S. 224) de-

finieren die „Channel Member

Satisfaction“ als emotionalen Zustand,

der aus der Beurteilung sämtlicher

Aspekte der Zusammenarbeit mit dem

Herstellerunternehmen resultiert.

Das hohe Interesse an der Channel

Member Satisfaction besteht deshalb,

weil sie Einfluss auf verschiedene psy-

chische Faktoren sowie auf das Verhalten

der Mitarbeiter, die Arbeitsleistung und

damit auf den Unternehmenserfolg be-

sitzt (vgl. Kieser/Walgenbach 2003, S. 37).

Die Zufriedenheit der Vertriebspartner

fördert danach z. B. das Vertrauen zum

Hersteller, die Verbundenheit und senkt

das Konfliktniveau, woraus eine höhere

Leistung der Mitarbeiter resultiert, die je

nach Fähigkeiten und Charakter wieder-

um zu höheren Unternehmenserfolgen

führt. Durch intrinsische und ex-

trinsische (z. B. variables Gehalt) Be-

lohnungen wirkt sich eine höhere

Zielerreichung wiederum auf die Zu-

friedenheit aus.

Unzufriedenheit der Vertriebspartner

mit dem Hersteller wirkt sich auf ebenso

vielfältige Weise auf die vom Unter-

nehmen verfolgten markt- und organi-

sationsbezogenen Ziele aus. Unzufrie-

denheit verstärkt z. B. die Konflikte mit

dem Hersteller (vgl. Geyskens et al. 1999,

S. 224). Sachliche Konflikte sind zwar

durchaus gewollt, da sie neue Ideen för-

dern, Klarheit schaffen und die Basis für

Veränderungen darstellen. Sie können

jedoch leicht in persönliche Konflikte

umschlagen, die ab einem bestimmten

Niveau die Effizienz des Vertriebssystems

mindern können und eine ernsthafte

Gefahr für die Zusammenarbeit dar-

stellen.

Als Folge können sich durch Un-

zufriedenheit internationaler Vertriebs-

partner verschiedene markt- und

organisationsbezogene Wirkungen er-

geben. Wirkungen, die im Rahmen von

Experteninterviews besonders häufig ge-

nannt wurden, werden in Abbildung 1

beispielhaft dargestellt. Der Umfang und

die Qualität der verschiedenen Wir-

kungen zeigt bereits die Notwendigkeit

eines aktiven Managements der Be-

ziehung zu internationalen Vertriebspart-

nern. Der häufig als „soft factor“

unterschätzte Faktor der internen Zu-

friedenheit erhält hierdurch ein

quantifizierbares Gewicht. Umsätze,

Kosten, die Leistungsqualität sowie die

Flexibilität sind gleichermaßen betroffen.

Zufriedenheitsdimensionen im internationalen Vertrieb

Dr. Christian SchmitzHabilitand und Leiterdes Kompetenzzen-trums für Business-to-Business Marketing amInstitut für Marketingund Handel der Univer-sität St. Gallen,St. Gallen (CH)

Das Vertriebsengagement in Auslandsmärkten besitzt heute für viele Hersteller einewesentliche Umsatzbedeutung und bildet nicht selten als zentraler Wachstumstreiberden Kern der Geschäftstätigkeit. So erzielen bspw. Schweizer Industriegüterherstellerheute nur noch wenige Prozent ihres Umsatzes im Inland. Internationale Vertriebsgesell-schaften und Vertretungen übernehmen für Hersteller die Umsetzung von Strategien unddie lokale Marktbearbeitung. Sie nehmen damit eine strategische Bedeutung als „Torzum Markt“ ein. Die optimale Unterstützung und Koordination internationaler Vertriebs-partner stellt Hersteller allerdings vor eine anspruchsvolle Herausforderung. Für vieleHersteller scheint es unmöglich, ihre internationalen Vertriebsorgane zufrieden zustellen. Häufig sehen Hersteller hierzu auch gar keine Notwendigkeit.

1 In der Literatur zum Vertrieb wird häufig den Eigen-tumsverhältnissen nach, zwischen herstellereigenenund herstellerfremden Vertriebsorganen unterschie-den (vgl. Homburg/Krohmer 2003, S. 704 f., 710). Die-ser Differenzierung wird in diesem Betrag nicht ge-folgt (vgl. auch Schmitz 2006, S. 13). Der Begriff„Vertriebspartner“, wie er im Weiteren verwendetwird, schließt daher in Anlehnung an Belz/Reinhold(1999, S. 10) herstellereigene Tochtergesellschaftensowie herstellerfremde Vertretungen, Untervertretun-gen und internationale Handelsgesellschaften mit ein.

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Zufriedenheitsdimensionen im internationalen Vertrieb Schmitz

174|2006

3. Dimensionalität der Zufriedenheit internationalerVertriebspartner

Die bedeutende Rolle, die der Zu-

friedenheit der Vertriebspartner zu-

kommt, begründet eine differenzierte

Auseinandersetzung mit dieser. Dazu

sind zunächst die konkreten Teilaspekte

zu ermitteln, die von Vertriebsgesell-

schaften und Vertretungen herangezogen

werden, um die Zusammenarbeit mit

dem Hersteller zu beurteilen. Im

Folgenden wird aufgezeigt, wie die Teil-

aspekte mit Hilfe verschiedener em-

pirischer Teiluntersuchungen ermittelt

werden konnten.

3.1 Überblick zur empirischenUntersuchungIm Folgenden wird ein Überblick zur

Datengrundlage und den eingesetzten

Analysemethoden gegeben, um die

Dimensionalität der Zufriedenheit in-

ternationaler Vertriebspartner zu er-

mitteln. Um solche Unternehmen zu be-

trachten, für die Internationalität ein

hohes Gewicht besitzt, wurde ein

Branchenfokus gewählt. Die qualitativen

und quantitativen empirischen Teilunter-

suchungen fokussierten daher beide auf

die Maschinenbau-, Metall- und Elektro-

industrie, die nach der gängigen NACE-

Klassifizierung der Wirtschaftszweige

abgegrenzt wurde und im konkreten Fall

die Klassen 27, 28, 29, 31, 34 und 35 be-

inhaltet.

Qualitative TeilstudieIm Rahmen einer qualitativen empirischen

Untersuchung wurden 45 teilstrukturierte

Experteninterviews in den Marktorganisa-

tionen internationaler Industrieunter-

nehmen durchgeführt. Befragt wurden

Praktiker, die über Expertenwissen zum in-

ternationalen Vertrieb verfügen, wozu ins-

besondere Vertriebsleiter aus der Zentrale

und Vertriebsverantwortliche aus Tochter-

gesellschaften und Vertretungen, so z. B.

lokale Geschäftsführer und lokale Ver-

triebsleiter gehören. Die Interviews

wurden in deutscher und englischer

Sprache durchgeführt. Als Ergebnis dieser

qualitativen Untersuchung ergaben sich 43

zufriedenheitsrelevante Teilaspekte der Zu-

sammenarbeit zwischen Hersteller und

Vertriebspartner. Diese sollten in einem

weiteren Schritt durch eine quantitativ

empirische Untersuchung verdichtet und

auf ihre dahinterliegenden Dimensionen

zurückgeführt werden.

Quantitative DatenerhebungUm die hinter den Teilaspekten liegenden

Zufriedenheitsdimensionen weiter zu

untersuchen, wurde eine quantitativ-

empirische Datenerhebung und -analyse

durchgeführt. Dabei wurden eine stan-

dardisierte schriftliche Befragung von 240

europäischen Tochtergesellschaften und

Vertretungen der zwanzig größten

Schweizerischen Industriegüterhersteller

vorgenommen. Im Rahmen der Befragung

wurden die Teilnehmenden gebeten, die in

der qualitativen Analyse ermittelten 43 Teil-

aspekte der Zusammenarbeit hinsichtlich

ihrer Zufriedenheit und ihrer Bedeutung

für den lokalen Geschäftserfolg zu beur-

teilen.Die Zufriedenheit und die Bedeutung

wurden anhand siebenstufiger Ratingskalen

und verbal umschriebener Pole („very dis-

satisfied“ – „very satisfied“; „low im-

portance“ – „high importance“) gemessen.

Quantitative DatenanalyseDer erste Schritt, um die Dimensionalität

der Beurteilung zu ermitteln, war eine ex-

plorative Faktorenanalyse. Im vor-

liegenden Fall wurde auf eine Hauptach-

senanalyse zurückgegriffen, da die

Faktoren gefunden werden sollten, die für

die Beurteilung der Zusammenarbeit ver-

antwortlich sind (vgl. Backhaus et al.

2000, S. 286). Um die Unabhängigkeit der

gesuchten Dimensionen zu sichern,

wurde eine rechtwinklige Varimax-Ro-

tation durchgeführt.

Die explorative Faktorenanalyse be-

stätigte eine bereits aus qualitativen

Überlegungen postulierte siebendimen-

sionale Struktur, erforderte jedoch die

Elimination einer großen Anzahl von In-

dikatoren. Konnten einzelne Indikatoren

keinem Faktor zugeordnet werden oder

ließen sie sich nicht eindeutig nur einem

Faktor zuordnen, so wurden diese

eliminiert. Die Ladungsmatrix der ver-

bleibenden 23 Indikatoren weist eine

hohe Eignung auf.

In einem nächsten Schritt wurde mit

Hilfe des Cronbachschen Alphas die

Reliabilität jeder einzelnen Dimension se-

parat untersucht. Sämtliche Dimensionen

zeigten im Rahmen dieser Reliabilitätsana-

lyse sehr zufriedenstellende α-Werte, die

teilweise deutlich höher lagen als der von

Nunnally (1978, S. 245) vorgeschlagene

Richtwert von .70. Die anschließende

erneute einfaktorielle explorative Fak-

torenanalyse ergab bei allen Dimensionen

die gewünschte Einfaktorenlösung, die er-

klärte Gesamtvarianz lag in allen Fällen

höher als die von Homburg/Giering

(1996, S. 12) geforderten 50 Prozent. Es

gab demnach keinen Grund, weitere In-

dikatoren aus der Analyse auszuschließen.

In einem letzten Schritt schließlich

wurde jede einzelne Dimension noch ein-

mal mit Hilfe der konfirmatorischen Fak-

torenanalyse untersucht. Der Faktor 3

Abb. 1: Wirkungen von Unzufriedenheit der Vertriebspartner mit dem Hersteller

Marktseite Interne Organisation

• Servicequalität leidet (z.B. Customerrequests, Antwortzeiten, Lieferzuverlässig-keit, falsche Produktspezifikationen etc.)

• Flexibilität nimmt ab

• Kunden und Wettbewerber nutzen Koor-dinationsdefizite (z. B. Preisdifferenzen,...)

• Umsatzverluste (z. B. Kundenzufriedenheitund -vertrauen, Integriertes Marketing,Beratungsqualität, Informationsdefizite)

• Prozesskosten (z. B. parallele zentrale undlokale Aktivitäten)

• Qualitätskosten (z. B. falsche Kundenver-sprechen führen zu Wiedergutmachungen)

• HR-Kosten (z. B. Fluktuation,Krankheitstage, Rekrutierungskosten)

• Planungsunsicherheit (z. B. Kapazitäten,Umsatz, Ressourcen,...)

• Destruktives Verhalten (z. B. Konflikte,Gehinderter Informationsfluss)

Einfluss auf Umsatz,Kosten, Qualität und Flexibilität.

Page 3: Zufriedenheitsdimensionen im internationalen vertrieb

Schmitz Zufriedenheitsdimensionen im internationalen Vertrieb

„Marketing- und Verkaufssupport“ muss-

te von dieser Betrachtung ausgeschlossen

werden, da eine Anzahl von zwei In-

dikatorvariablen eine negative Anzahl von

Freiheitsgraden besitzt. Für die restlichen

Dimensionen kam als Schätzverfahren die

robuste Maximum-Likelihood-Methode

zum Einsatz. Bei der Schätzung erwiesen

sich sämtliche Regressionsgewichte auf

dem 1-Prozent-Niveau als signifikant.

Sämtliche Indikatorreliabilitäten lagen

deutlich über dem geforderten Wert von

.40. Lediglich die Indikatorreliabilität des

Indikators „Similarity of your values and

the manufacturer’s“ erreichte nur knapp

den geforderten Wert, wurde aber

ebenfalls aus Gründen der Inhaltsvalidität

beibehalten. Die durchschnittliche erfass-

te Varianz und die Faktorreliabilitäten

erreichten in allen Fällen die Mindest-

höhe von .50 bzw. 60 (vgl. Jensen 2001,

S. 95 f).

Tabelle 1 stellt noch einmal sämtliche

Gütekriterien der siebenfaktoriellen

SALESSAT-Skala mit den verbleibenden

23 Indikatoren dar. Der Vollständigkeit

halber sind auch einige Gütekriterien der

ersten Generation aufgeführt.

3.2 Interpretation der Zufrieden-heitsdimensionen und ihrerBedeutungNeben der Zufriedenheitsbeurteilung

spielt aus Sicht der Vertriebspartner die

unterschiedliche Bedeutung der Dimen-

sionen für die lokale Geschäftstätigkeit

eine wichtige Rolle. Die Bedeutung für die

lokale Geschäftstätigkeit wird in Ab-

bildung 2 als arithmetischer Mittelwert für

jede einzelne Dimension dargestellt. Als

Information über die Streuung der Ein-

schätzungen sind zusätzlich die Spannwei-

te und der Median eingezeichnet. Die Ab-

bildung wird in den nachfolgenden

Absätzen näher erläutert und interpretiert.

Die „Produkt- und Leistungspolitik“Für das lokale Geschäft von enormer

Bedeutung ist die Produkt- und Leis-

tungspolitik des Herstellers. Es erstaunt

nicht, dass diese aus Sicht des Vertriebs-

partners eine der wichtigsten Dimen-

sionen darstellt (AM=5.59). Denn die At-

traktivität des Vertriebspartners für die

Kunden im lokalen Markt wird durch die

Fähigkeit bestimmt, dessen Bedürfnisse

möglichst gut zu befriedigen. Vertriebs-

partner sind deshalb in höchstem Maße

daran interessiert, durch innovative,

marktgerechte Lösungen des Herstellers

die Konkurrenz zu überflügeln.

Neben der Innovativität spielen selbst-

verständlich, da sie aus Sicht der Kunden

kaufbestimmend sind, auch Aspekte der

Qualität und des Designs von Produkten

und Services sowie die Breite des

Sortimentes eine Rolle . Auch die Häufig-

keit, in der neue Produkte und Services

eingeführt werden, ist aus Sicht der Ver-

triebspartner bestimmend: Werden nur

selten neue Produkte und Services in den

Markt eingeführt, erschwert dies den Ver-

kauf, der sich nicht durch Innovation

vom Wettbewerb differenzieren kann. Ist

die Häufigkeit der Einführung neuer Pro-

dukte und Leistungen allerdings zu hoch,

belasten lokale „Rüstkosten“ durch zu-

sätzliche Schulungen, neue Dokumen-

tationen, Verkaufsunterlagen etc. das

Tagesgeschäft.

Die „Zuverlässigkeit bei Abwicklungund Lieferung“Als wichtigste Dimension für die Beurtei-

lung des Herstellers gilt bei Vertriebspart-

nern die „Zuverlässigkeit bei der Abwick-

lung und bei der Lieferung der Leistung“

(AM=5.95). Aus Sicht der Vertriebs-

partner hat die Zuverlässigkeit des Her-

stellers in dieser „logistischen“ Dimension

eine ganz besondere Funktion: Wie aus

einer internen Studie der BASF AG her-

vorgeht, messen Kunden der Zuverlässig-

keit der Lieferung häufig eine höhere

Bedeutung zu als der Lieferdauer. Das Ver-

trauen, dass die mit dem Vertriebspartner

vereinbarten Konditionen eingehalten

werden, ist schließlich für Kunden die

Basis, um eigene Produktionsplanungen

und die eigene Lieferfähigkeit wiederum

ihren Kunden garantieren zu können.

Der „Marketing- und Verkaufssupport“Die Bedeutung des Supports in Marketing

und Verkauf (AM=5.45) ergibt sich für

Vertriebspartner im Tagesgeschäft: Vor

allem produktbezogenes Material, das der

Hersteller zur Unterstützung der dezen-

tralen Vertriebsprozesse bereitstellt, führt

zu höheren Verkaufserfolgen. Hierbei

geht es um Informationen rund um das

Produkt, ergänzendes Zubehör und eine

klare Beschreibung der komparativen

Konkurrenzvorteile. Ein guter Support im

Marketing und Verkauf erleichtert es dem

Verkäufer, mehr zu verkaufen, was zur

Erreichung der Ziele des Herstellers

beiträgt. Vielfältige Vorteile ergeben sich

für Vertriebspartner aus Prospekten in

landesüblicher Sprache, umfangreichen

Verkaufsunterlagen und Schulungen,

Informationen zu Produktdetails und

Argumentationshilfen. Sie erleichtern

eine Abgrenzung und helfen, den Kunden

zu überzeugen.

Die „Finanziellen Konditionen“Die Dimension „Finanzielle Konditionen“

beinhaltet die Politik des Herstellers in Be-

zug auf Finanzierungshilfen und Incenti-

vierung. Dazu gehören sowohl Be-

dingungen, um Ware zu überlassen und zu

liefern, als auch Unterstützung von Er-

weiterungsfinanzierungen. Finanzierungs-

programme für Kunden, wie z. B. Leasing

und Vorfinanzierung, gehören heute zu

wichtigen Marketinginstrumenten im Be-

reich des Pricing und erlauben auch fi-

nanzschwachen Kunden den Erwerb der

Leistungen, wodurch sich der Markt für

den Anbieter vergrößert. Die Dimension

„Finanzielle Konditionen“ erhält von allen

sieben Faktoren mit dem arithmetischen

Mittelwert von 4.55 die geringste

Bedeutung für das lokale Geschäft. Bei

genauer Betrachtung fällt auf, dass diese

Dimension aber auch die größte Streuung

aufweist. Mehr als 50 Prozent der

Befragten schätzen seine Bedeutung höher

ein. Eine Detailanalyse von Schmitz (2006,

S. 122) zeigt z. B., dass unabhängige Dis-

tributoren den finanziellen Konditionen

eine signifikante, höhere Bedeutung bei-

messen als die Mitarbeiter von Toch-

tergesellschaften. Dies scheint die hohe

Streuung plausibel erklären zu können, da

sich die Beziehung zwischen Hersteller

und Distributoren nicht wie bei Toch-

tergesellschaften durch eine rechtliche Zu-

gehörigkeit, sondern hauptsächlich durch

kommerzielle Interessen an einer Zu-

sammenarbeit bestimmt (vgl. Belz/Rein-

hold 1999, S. 159 ff.).

Die „Soziale Interaktion“Wie bereits mehrfach erläutert, spielen

aus Sicht der Vertriebspartner auch ver-

schiedene Aspekte der „Sozialen Inter-

aktion“ mit dem Hersteller eine wichtige

Rolle. Zu den Aspekten der sozialen

18 4|2006

Page 4: Zufriedenheitsdimensionen im internationalen vertrieb

Interaktion gehören insbesondere die

Fairness und Ehrlichkeit des Herstellers,

das Interesse und die Sorge, die der Her-

steller für die Erreichung der Ziele eines

Vertriebspartners zeigt. Aber auch die ge-

samte Art und Weise, mit der ein Ver-

triebspartner vom Hersteller oder von

den regionalen Headquarters des Herstel-

lers behandelt wird, stellt eine wichtige

Facette der sozialen Interaktion dar. Die

Bedeutung der Dimension „Soziale Inter-

aktion“ ist allerdings nicht unumstritten.

Der Median weist nach der „Zuverlässig-

keit bei Abwicklung und Lieferung“ den

höchsten Wert auf. Das bedeutet, min-

destens 50 Prozent der Befragten messen

der Bedeutung dieser Dimension den

Wert 5.56 oder höher zu. Das arith-

metische Mittel wird also in erheblichem

Maße durch die Streuung nach unten

beeinflusst.

Der „Umgang mit Kultur und Werten“Ebenfalls im Kontext der sozialen

Beziehungen zwischen Hersteller und

Vertriebspartner angesiedelt, befindet

sich die Dimension „Umgang mit Kultur

und Werten“. Obgleich Aspekte der

kulturellen Unterschiede zwischen

Ländern und Organisationseinheiten

vielfach zum Gegenstand von Anekdoten

und wissenschaftlicher Diskussionen

gemacht wurden (einen Überblick geben

Kutschker/Schmid 2002, S. 655 ff.;

Belz/Reinhold 1999, S. 56 ff.), schenken

die Vertriebspartner diesen kulturellen

Aspekten auffallend wenig Beachtung

(arithmetisches Mittel 4.91). Zu den

beurteilten Teilaspekten gehören etwa der

Umgang des Herstellers mit den lokalen

Gebräuchen und Werten, die Ähnlichkeit

dieser lokalen Werte mit denen des Her-

stellers, die Art und Weise, in der der Her-

steller diese Kultur des Gastlandes res-

pektiert und behandelt sowie das Ver-

ständnis der lokalen Sprache und Schrift.

Das „Informations- und Kom-munikationsverhalten“Als letztgenannte Dimension der Beurtei-

lung des Herstellers kommt dem

„Informations- und Kommunikationsver-

halten“ aus Sicht der Vertriebspartner die

drittstärkste Bedeutung zu. Zu wichtigen

Teilaspekten dieser Dimension gehören

z. B. die Länge der Reaktionszeiten auf An-

fragen an den Hersteller, die Zeitigkeit, mit

der der Hersteller informiert, sowie die

Vollständigkeit von Informationen, die

der Vertriebspartner vom Hersteller erhält.

Zu den Informationen, die der Her-

steller dem Vertriebspartner zugänglich

machen kann, gehören insbesondere pro-

dukt-, leistungs-, kunden- und wett-

Zufriedenheitsdimensionen im internationalen Vertrieb Schmitz

194|2006

Tab. 1: Gütekriterien erster und zweiter Generation für die SALESSAT-Skala

Faktor 1:„Produkte und Leistungen“

Faktor 2:„Zuverlässigkeit bei Abwicklung und Lieferung“

Faktor 3:„Marketing-Support“

Faktor 4:„Finanzielle Konditionen“

Faktor 5:„Soziale Interaktion“

Faktor 6:„Umgang mit Kultur undWerten“

Faktor 7:„Informations- und Kommunikationsverhalten“

Indikator

New product market opportunities

The width of the products and services offered

Quality and design of products and services

Frequency of introducing new products or services

Order handling by manufacturer

Meeting of promised delivery dates

Availability of products and replacement parts

Support with manuals, handbooks, etc.

Sales promotion material and documentations

Manufacturer credit policies

Customer financing programs

Incentive programs (bonuses, contests, trips)

Sales support relationship with the sales rep

Overall fairness and honesty of manufacturer

Interest and concern to help you

Overall manner you were treated

Dealing with your local customs and values

Way of respecting and treating your local culture

Understanding your language

Similarity of your values and the manufacturer’s

Manufacturer's response times to your requests

Timeliness of receiving necessary information

Completeness of information you get

IR T I/T

.53 6.13 .57

.46 7.40 .55

.54 8.64 .55

.45 8.41 .49

.55 11.82 .65

.59 12.88 .66

.61 12.53 .67

-* -* .57

-* -* .57

.48 5.99 .49

.57 7.70 .52

.63 6.72 .64

.47 11.20 .61

.52 11.94 .64

.63 13.47 .72

.63 13.42 .71

.58 7.23 .56

.74 4.10 .61

.47 10.42 .61

.35 9.50 .56

.49 10.85 .61

.75 13.49 .70

.48 10.75 .60

CA FR DEF

.79 .80 .51

.81 .81 .59

.72 -* -*

.78 .79 .56

.84 .84 .57

.82 .82 .54

.79 .80 .57

IR = Indikatorreliabilität, t = t-Wert der Faktorladung, I/T = Item-to-Total-Korrelation, CA = Cronbachsches Alpha, FR = Faktorreliabilität, DEF = Durchschnittlich erfasste Varianz, * Bei zwei Indikatoren ist die Berechnung dieser Masse nicht möglich.

Page 5: Zufriedenheitsdimensionen im internationalen vertrieb

Schmitz Zufriedenheitsdimensionen im internationalen Vertrieb

bewerbsbezogene Informationen. So

gewährleistet eine frühe Information

über mögliche Lieferengpässe, dass der

Kunde ebenso frühzeitig informiert wird

und sich dementsprechend einrichten

kann. Informationen zu Wettbewerbern

und deren Strategien in anderen Märkten

unterstützen unmittelbar den Verkauf,

wie auch Informationen über das Vor-

gehen von Kunden in anderen Märkten.

4. Schlussbetrachtung

Obgleich Hersteller unter dem Druck der

aktuellen Marktherausforderungen stär-

ker auf die optimale Abstimmung in der

Vertriebsorganisation angewiesen sind

als bisher, existieren in der Praxis nur

selten systematische Ansätze um dieser

„Zerrissenheit“ zu begegnen. Indem es

internationalen Industriegüterherstellern

gelingt, die Interessen lokaler Vertriebs-

partner zu erfassen und einen echten

Mehrwert für diese zu generieren,

schaffen sie die Voraussetzung dafür, dass

Marketingkonzepte vor Ort wirkungsvoll

unterstützt und umgesetzt werden.

Der vorliegende Beitrag zeigt, dass für

Hersteller neben Produkt- und Preis-

gestaltung noch eine Vielzahl anderer

Stellhebel existiert, mit denen die Wert-

schöpfung nachgelagerter Vertriebsstufen

erhöht werden kann.

Als Ergebnis der empirischen Teilunter-

suchungen konnten sieben interne Leis-

tungsdimensionen identifiziert werden,

die Vertriebspartner bei ihrer Beurteilung

heranziehen. Jede der sieben Dimensionen

kann vom Hersteller als Handlungsbereich

aufgegriffen werden, um Verbesserungen

in der Zusammenarbeit herbeizuführen.

An jeden der Bereiche werden durch die

internationalen Vertriebspartner be-

stimmte Erwartungen gestellt, da sie den

lokalen Erfolg maßgeblich mitbestimmen.

Die gezielte Steuerung der Erwartungen,

die Vertriebspartner an den Hersteller

stellen, sowie die Erfüllung der Er-

wartungen und Kommunikation dieser

Erfüllung gehören daher zu wichtigen

Aufgabenbereichen im internationalen

Vertriebsmanagement der Zukunft.

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20 4|2006

Abb. 2: Bedeutung der Beurteilungsdimensionen für die lokale Geschäftstätigkeit

(Arithmetischer Mittelwert (AM); 1 = gering, 7 = hoch)

5.59

Maximum

Median

Minimum

7

6

5

4

3

2

1

„Produkte und Leistungen“

5.68

„Informations- und Kommunika-tionsverhalten“

4.91

„Umgang mitKultur und Werten“

5.56

„SozialeInteraktion“

4.55

„FinanzielleKonditionen“

5.45

„Marketing-Support“

5.95

„Zuverlässigkeitbei Abwicklungund Lieferung“