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81 Zusammenfassung. Es wird dargelegt, daf5 aus theoretischen Orfinden eine lineare Beziehung zwischen dem auf ein System, das durch eine Napillare flief~t, wirkenden Druek und dem pro Zeiteinheit durchgeflossenen Volum bei m~it~iger Scher- geschwindigkeit einer parabolischen Beziehung zwischen diesen Gr6t~en oder ihren reziproken Werten vorzuziehen ist. Es wird gezeigt, dat3 diese einfachere Gleichung ausgezeichnete Ergeb- nisse bei vielen zur Best/itigung der parabolischen Gleichung ausge~iihrten Versuchen liefert~' und dat3 bei zwei aus Wo. Ostwald's erster Mit- teilung willkfirlich ausgew~ihlten Beispielen der mittlere Fehler der naeh der hyperbolischen Gleichung berechneten Werte yon derselben GrSfaenordnung ist wie bei Anwendung der para- bolischen Gleiehung. :i: :9 F/Jr Hilfe und Anregungen bei der Ausffih- rung der vorliegenden Arbeit dankt derVerfasser den Herren Drs. B. A. K e e n und E. M. C r o w t h e r. Zum Mizellarzustand der St irke. (Eine Klarstellung zur gleichbetitelten Arbeit yon G. Malfitano und M. Catoire.) Won M. S a m e c, (Eingegangen am 19. Oktober 1928.) (Chemisches Institut der Universit~t in Laibach.) Ich sch~itze reich glficklich, dai~ die Zusam- menstellungen ih meiner ,Kolloidchemie der St~irke" G. Malfitano veranlat~t haben, seine bekannte Mizellartheorie der Kolloide in der so iibersichtlichen und interessanten Form darzu- legen, wie es kfirzlich in der ,,Kolloid-Zeit- schrift" geschehen istl). Gelegentlich dieser Arbeit kommt G. M a 1f i t a n o aber leider zu der Annahme, dab zwischen der yon ihm schon vor langer Zeit entwickelten Komplextheorie und zwischen meinen Ansichten fiber den Aufbau der Amylophosphors~iure ein prinzipieller Unterschied besteht, und dab i ch die Komplextheorie aus- drficklich verworfen hiitte. Demgegentiber muB ich betonen, dat3 ich einen solchen Gegensatz niemals gesehen habe, da die Fragestellung in meinen Arbeiten eine andere, engere war, als bei den weitreichenden Untersuchungen G. M a 1f it a n o's. Der ge- nannte Forscher gab eine allgemeine Theo- rie der Kolloide bei speziellem Ausbau ffir die St~irke, mein Ziel war zun~ichst dahin gerichtet, die Ursachen des KleisterbildungsvermSgens fest- zulegen, also eine Amylopektintheorie zu schaf- fen. Wie bekannt, f/ihrte ich diese Eigenschaft der St/irke und anderer polymerer Kohlehydrate auf .eine Kuppelung mit ionogenen Gruppen zu- rfick, welche sich im Falle des St~irkeamylopek- tins als Phosphors/aureester-Gruppen erwiesen haben. Die Annahme der Existenz solcher Ester begegnet heute kaum mehr einem Widerspruche und sie steht, was hier das Wichtigste ist, mit 1) O. M a l f i t a n o und M. C a t o i r e , Koll.-Zeit- schr. 46, 3 (1928). der Mizellartheorie G. M a 1f i t a n o's in keinem Widerspruche, wie der Autor ja selbst betont. Im Rahmen der Diskussion, welche der Amylo- phosphors~iure gewidmet ist, hatte ich allerdings Gelegenheit, fiber die Komplextheorie zu sprechen, dies aber nicht etwa, um sie generell abzulehnen, sondern nur, urn, gegen die Argu- mentierung H. Tryller's Stellung zu nehmen, welcher aus der Tatsache, dab die Amylophos- phors~iure mit Basen Salze bilden kann, die Un- m6glichkeit einer esterartigen Bindung abgeleitet hat. Ein zweites Mal kam ich bei der Amylo- zellulose auf die Komplextheorie zu sprechen, und zwar im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Kuppelung mit Kiesels~iure Ursache ffir eine besondere Resistenz der St~irkesubstanz gegen t6sende Agenzien sein kSnnte. Da es mir ge- lungen ist, mit verdiinnter PluBs~iure die Kiesel- s~iure so gut wie v611ig aus den Stfirkek6rnern wegzuwaschen, ohne dab der in verdfinnter Salzsaure unl6sliche St~irkeanteil abgenommen h~itte, habe ich diese Frage verneint. Die Ne- gation galt demnach nicht der Annahme von St~irke-Kieselsiiure-Komplexen, sondern der Kausalit/it zwischen Resistenz und SiO2-Gehalt. Ganz allgemein erlaubten mir, um mit G. M a 1f i t a n o zu sprechen, meine bisherigen Ver- suche nur eine Diskussion fiber den Aufbau des Komplexes 1. Grades. In welcher Weise abet die weitere Anordnung der Amylophosphors~ure, Amylokiesels~iure, Proteinamylophosphat u. a. erfolgt, darfiber erm6glichen meine Arbeiten noch keine Aussage, und ich wfirde mich ohne weiteres G. Malfitan o's Komplextheorie an- schlieBen k6nnen.

Zum Mizellarzustand der Stärke

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81

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Es wird dargelegt, daf5 aus theoretischen Orfinden eine lineare Beziehung zwischen dem auf ein System, das durch eine Napillare flief~t, wirkenden Druek und dem pro Zeiteinheit durchgeflossenen Volum bei m~it~iger Scher- geschwindigkeit einer parabolischen Beziehung zwischen diesen Gr6t~en oder ihren reziproken Werten vorzuziehen ist. Es wird gezeigt, dat3 diese einfachere Gleichung ausgezeichnete Ergeb- nisse bei vielen zur Best/itigung der parabolischen

Gleichung ausge~iihrten Versuchen liefert~' und dat3 bei zwei aus Wo. O s t w a l d ' s erster Mit- teilung willkfirlich ausgew~ihlten Beispielen der mittlere Fehler der naeh der hyperbolischen Gleichung berechneten Werte yon derselben GrSfaenordnung ist wie bei Anwendung der para- bolischen Gleiehung.

:i: :9

F/Jr Hilfe und Anregungen bei der Ausffih- rung der vorliegenden Arbeit dankt derVerfasser den Herren Drs. B. A. K e e n und E. M. C r o w t h e r.

Zum Mizellarzustand der St irke. (Eine Klarstellung zur gleichbetitelten Arbeit yon G. Malfitano und M. Catoire.)

Won M. S a m e c, (Eingegangen am 19. Oktober 1928.)

(Chemisches Institut der Universit~t in Laibach.)

Ich sch~itze reich glficklich, dai~ die Zusam- menstellungen ih meiner ,Kolloidchemie der St~irke" G. M a l f i t a n o veranlat~t haben, seine bekannte Mizellartheorie der Kolloide in der so iibersichtlichen und interessanten Form darzu- legen, wie es kfirzlich in der ,,Kolloid-Zeit- schrift" geschehen istl). Gelegentlich dieser Arbeit kommt G. M a 1 f i t a n o aber leider zu der Annahme, dab zwischen der yon ihm schon vor langer Zeit entwickelten Komplextheorie und zwischen meinen Ansichten fiber den Aufbau der Amylophosphors~iure ein prinzipieller Unterschied besteht, und dab i ch die Komplextheorie aus- drficklich verworfen hiitte.

Demgegentiber muB ich betonen, dat3 ich einen solchen Gegensatz niemals gesehen habe, da die Fragestellung in meinen Arbeiten eine andere, engere war, als bei den weitreichenden Untersuchungen G. M a 1 f i t a n o's. Der ge- nannte Forscher gab eine allgemeine Theo- rie der Kolloide bei speziellem Ausbau ffir die St~irke, mein Ziel war zun~ichst dahin gerichtet, die Ursachen des KleisterbildungsvermSgens fest- zulegen, also eine Amylopektintheorie zu schaf- fen. Wie bekannt, f/ihrte ich diese Eigenschaft der St/irke und anderer polymerer Kohlehydrate auf .eine Kuppelung mit ionogenen Gruppen zu- rfick, welche sich im Falle des St~irkeamylopek- tins als Phosphors/aureester-Gruppen erwiesen haben. Die Annahme der Existenz solcher Ester begegnet heute kaum mehr einem Widerspruche und sie steht, was hier das Wichtigste ist, mit

1) O. M a l f i t a n o und M. C a t o i r e , Koll.-Zeit- schr. 46, 3 (1928).

der Mizellartheorie G. M a 1 f i t a n o's in keinem Widerspruche, wie der Autor ja selbst betont. Im Rahmen der Diskussion, welche der Amylo- phosphors~iure gewidmet ist, hatte ich allerdings Gelegenheit, fiber die Komplextheorie zu sprechen, dies aber nicht etwa, um sie generell abzulehnen, sondern nur, urn, gegen die Argu- mentierung H. T r y l l e r ' s Stellung zu nehmen, welcher aus der Tatsache, dab die Amylophos- phors~iure mit Basen Salze bilden kann, die Un- m6glichkeit einer esterartigen Bindung abgeleitet hat. Ein zweites Mal kam ich bei der Amylo- zellulose auf die Komplextheorie zu sprechen, und zwar im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Kuppelung mit Kiesels~iure Ursache ffir eine besondere Resistenz der St~irkesubstanz gegen t6sende Agenzien sein kSnnte. Da es mir ge- lungen ist, mit verdiinnter PluBs~iure die Kiesel- s~iure so gut wie v611ig aus den Stfirkek6rnern wegzuwaschen, ohne dab der in verdfinnter Salzsaure unl6sliche St~irkeanteil abgenommen h~itte, habe ich diese Frage verneint. Die Ne- gation galt demnach nicht der Annahme von St~irke-Kieselsiiure-Komplexen, sondern der Kausalit/it zwischen Resistenz und SiO2-Gehalt.

Ganz allgemein erlaubten mir, um mit G. M a 1 f i t a n o zu sprechen, meine bisherigen Ver- suche nur eine Diskussion fiber den Aufbau des Komplexes 1. Grades. In welcher Weise abet die weitere Anordnung der Amylophosphors~ure, Amylokiesels~iure, Proteinamylophosphat u. a. erfolgt, darfiber erm6glichen meine Arbeiten noch keine Aussage, und ich wfirde mich ohne weiteres G. M a l f i t a n o's Komplextheorie an- schlieBen k6nnen.

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Da ich, wie erw~ihnt, der Bildung der Kom- plexe h6herer Ordnung einstweilen noch keine Aufmerksamkeit gewidmet habe, ist es natfirlich, dab auch eine besondere Betonung der Rolle, welche die Kationen beim Aufbau solcher h6he- rer Komplexe spielen, in meinen Arbeiten fehlt. DaB aber das Verhalten der St~rkesubstanzen yon der Gegenwart und yon der Art der Kationen weitgehend beeinflut~t wird, ist eine Tatsache, welche auch von mir vielfach berfick- sichtigt worden ist.

Dem Problem tiber den Aufbau der organi~ schen St~irkekomponente stehe ich sehr zurfick- haltend gegenfiber. Die Meinungen der For- scher, welche vom Standpunkte der organischen Chemie aus diese Fragen bearbeiten, sind ver- schieden, und gerade in der letzten Zeit mehren sich die Stimmen gegen die Annahme yon or- ganischen Elementar m o l e k e l n und f/Jr die Annahme yon E l e m e n t a r g r u p p e n , so dab eine Entscheidung fiber die Art der bindenden Kr~ifte noch nicht gefallen ist. Vielleicht ist es tiber- haupt nicht m6glich, quantitativ die gew6hn-- lichen Valenzbindungen, die Bindungen durch Restvalenzen und durch Kristallbildungskr~ifte zu scheiden, so dab zwar ideell eine Einteilung in Polymerisation unter Bet~itigung von Prim~ir- valenzen, Aggregation unter Bet~itigung yon Rest- valenzen und Kristallbildung m6glich ist, eine experimentelle Differenzierung ]edoch die gr6B- ten Schwierigkeiten bietet.

Meine Ansicht, dab in den St~irkek6rnern ein Tell der organischen Substanz mit Phosphor- s~iure nicht in Beziehung steht, grtindet sich auf die Tatsache, dab man aus dem Kartoffelstarke- kleister eine Fraktion darstellen kann, welche sich als P-frei erweist.

Bekanntlich fanden auch A. R. L i n g und D. R. N a n j i 2) bei histologischen Untersuchun- gen der St~irkek6rner, dab ein Teil der Amy- losen in Form einer kristaltinen, aus sphiiro- iden Teilchen gebildeten Phase unmittelbar um den Kern der St~irkek6rner gelagert ist, w~ihrend die tibrigen Amylosen in den Amylopektin- schichten gleichm~iBig verteilt erscheinen, nur

2) Soc. 127. fi29 (1925).

dieser Teil k6nnte also m6glicherweise mit den Asehenstoffen in niiherer Beziehung stehen.

Jtingst kam auch J. F i e l d in A l s b e r g ' s Institute zu dem Resultat, dab auch P-freie Fraktion im St~irkekorn vorkommt 8).

Auch der weitere Einwand G. M a l f i t a n o ' s , daB n~imlich bei Existenz eines Esters eine Ver- seifung desselben, das heiBt ein Entfernen der Phosphors~iure mSglich sein mtiBte, was aber nicht der Fall w~ire, besteht nicht zu Recht, da ja den Ausgangspunkt meiner Theorie fiber den Aufbau des Amylopektins gerade die Tatsache gebildet hat, dab es gelingt, die Phosphors~iure aus der Starke zu entfernen, ohne dab hierbei zwangsl~iufig eine wesentliche Aenderung des Dispersitatsgrades (nach dem osmotischen Drucke gemessen) eintreten wtirde.

G. M a I f i t a n o sieht weiter in der M6glich- keit, durch Einwirkung yon PCI~ auf Amylose die Synthese eines Phosphorsaureesters zu er- zielen, keinen zwingenden Beweis ffir die Ester- theorie, da bei unseren Versuchen der Synthese keine Reinigung dureh Gefrieren gefolgt ist. Ich verweise demgegentiber auf meine den syn- thetischen Amylophosphors~iuren gewidmeten Abhandlungen und Patente, aus welchen leicht zu ersehen ist, dab die Reaktionsprodukte den energischsten bisher bekannten Reinigungsme- thoden unterworfen worden sind, bevor der SchluB auf eine chemische Bindung gezogen wurde.

DaB man ohne weiteres bei passender Phos- phorylierung Produkte bekommt, welche eine blaue Jodfarbe zeigen, wurde ebenfalls be- wiesen.

Wenn ich durch diese kurze Entgegnung auf jene Punkte meiner Arbeiten hinweise, welche G. M a l f i t a n o entgangen sein dtirften, so ge- schieht dies, um den Wahrscheinlichkeitsgrad abzusch~itzen, den eine Estertheorie des Amylo- pektin s heute besitzt. DaB die Annahme solcher Phosphors~iureverbindungen zu der Komplex- theorie in keinem Gegensatze steht, wurde ja bereits betont.

8) Proc. of the Soc. for exp. biol. and med. 25, 711 (1928).