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Z. anorg. allg. Chem. 447, 47-52 (1978) J. A. Barth, Leipzig Zum Problem der Oktaederstreckung an La,Cu04, La,NiO, mit einem Beitrag uber CaSmAlO, Von HK. MULLER-BUSCHBAUM und U. LEHMANN Kiel, Institut fur Anorganische Chemie der Universitat Inhaltsubersicht. Verbindungen des K,NiF,-Typs [La,CuO,, La,NiO,, M,CuO,X, (M = Ca, Sr; X = CI, Br) und MSEAlO, (M = Ca, Sr; SE = La, Er)] zeigen eine tetragonale Verzerrung der Sauerstoffoktaeder um Cu, Ni, Al. Es wird gezeigt, daO diese Oktaederstreckung im hohen MaOe strukturtypisch ist und nur fur La,CuO, ein EinfluD des Juhn-Teller-Effekts vorliegt. On the Problem of Octahedra Elongation on LanCu04,LaBNiOa with a Contribution about CaSmA104 Abstract. Compounds with K&F4 structure [La,CuO,, La,NiO,, M,CuO,X,, (M. = Ca, Sr; X = C1, Br) und MSEAlO, (M = Ca, Sr; SE = La, Er)] are showing a tetragonal distortion of the octahedral oxygen surrounding of Cu, Ni, Al. Without La,CuO, there is no evidence, that the elon- gation of the oxygen octahedrals may be caused by the Jahn-Teller effect. Einleitung Oxocuprate mit Cu2+ und Cu3+ in anionischen Baugruppen zeigen fur diese Ionen eine quadratisch planare Koordination durch 02- [I]. Eine Reihe von Oxohalogenocupraten, wie Ba2Cu,0,C12 [2], Sr2Cu02C1, [3] und Ca2(=u0,C12 [4] sind ebenso wie La2Cu0, [5] Varianten des K2NiF,-Bautyps und daher mit okta- edrisch koordinierten Cu2+-Ionen ausgestattet. Es fiillt an diesen Verbindungen jedoch auf, daB langs [00 I] in der tetragonalen Elementarzelle Spitze und FuB der Oktaeder auBergewohnlich stark gestreckt sind (vgl. Abb. 1). Eine derart groBe Oktaederverzerrung ausschlieBlich als Folge des Jahn-Teller-Effekts anzusehen, erschien friiher schon zweifelhaft, so daB bereits vor einigen Jahren die im Aufbau mit La,CuO, verwandte Verbindung La2Ni0, [6] dargestellt und untersucht wur- de. Obwohl Ni2+ keinem Jahn-Teller-EinfluB unterliegt, wurde auch an dieser Verbindung eine ungewohnlich groI3e Oktaederstreckung fur die Niw-Ionen be- obachtet. Die Vermutung, dal3 kristallchemische oder rein geometrische Griinde fiir diese Verzerrung verantwortlich seien, schien bestatigt, Eine kiirzlich erschie- nene Arbeit uber La,-,Sr,Ni~I,Ni~+O, [7] beweist, dal3 Ni3+-freie Proben auI3er- ordentlich schwer zu praparieren sind, d. h. es bestehen erneut Zweifel, ob La2Ni0, frei von Jahn-Teller-aktivem Ni3+ erhalten wurde. Um das seit langerer Zeit an- stehende Problem des Jahn-Teller-Anteils an der Oktaederstreckung (in Verbin- dung mit Beziehungen zum K,NiF,-Bautyp) besser beurteilen zu konnen, wird

Zum Problem der Oktaederstreckung an La2CuO4, La2NiO4 mit einem Beitrag über CaSmAlO4

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Z. anorg. allg. Chem. 447, 47-52 (1978) J. A. Barth, Leipzig

Zum Problem der Oktaederstreckung an La,Cu04, La,NiO, mit einem Beitrag uber CaSmAlO,

Von HK. MULLER-BUSCHBAUM und U. LEHMANN

Kiel, Institut fur Anorganische Chemie der Universitat

Inhaltsubersicht. Verbindungen des K,NiF,-Typs [La,CuO,, La,NiO,, M,CuO,X, (M = Ca, Sr; X = CI, Br) und MSEAlO, (M = Ca, Sr; SE = La, Er)] zeigen eine tetragonale Verzerrung der Sauerstoffoktaeder um Cu, Ni, Al. Es wird gezeigt, daO diese Oktaederstreckung im hohen MaOe strukturtypisch ist und nur fur La,CuO, ein EinfluD des Juhn-Teller-Effekts vorliegt.

On the Problem of Octahedra Elongation on LanCu04, LaBNiOa with a Contribution about CaSmA104

Abstract. Compounds with K&F4 structure [La,CuO,, La,NiO,, M,CuO,X,, (M. = Ca, Sr; X = C1, Br) und MSEAlO, (M = Ca, Sr; SE = La, Er)] are showing a tetragonal distortion of the octahedral oxygen surrounding of Cu, Ni, Al. Without La,CuO, there is no evidence, that the elon- gation of the oxygen octahedrals may be caused by the Jahn-Teller effect.

Einleitung Oxocuprate mit Cu2+ und Cu3+ in anionischen Baugruppen zeigen fur diese

Ionen eine quadratisch planare Koordination durch 0 2 - [I]. Eine Reihe von Oxohalogenocupraten, wie Ba2Cu,0,C12 [2], Sr2Cu02C1, [3] und Ca2(=u0,C12 [4] sind ebenso wie La2Cu0, [5] Varianten des K2NiF,-Bautyps und daher mit okta- edrisch koordinierten Cu2+-Ionen ausgestattet. Es fiillt an diesen Verbindungen jedoch auf, daB langs [00 I] in der tetragonalen Elementarzelle Spitze und FuB der Oktaeder auBergewohnlich stark gestreckt sind (vgl. Abb. 1). Eine derart groBe Oktaederverzerrung ausschlieBlich als Folge des Jahn-Teller-Effekts anzusehen, erschien friiher schon zweifelhaft, so daB bereits vor einigen Jahren die im Aufbau mit La,CuO, verwandte Verbindung La2Ni0, [6] dargestellt und untersucht wur- de. Obwohl Ni2+ keinem Jahn-Teller-EinfluB unterliegt, wurde auch an dieser Verbindung eine ungewohnlich groI3e Oktaederstreckung fur die Niw-Ionen be- obachtet. Die Vermutung, dal3 kristallchemische oder rein geometrische Griinde fiir diese Verzerrung verantwortlich seien, schien bestatigt, Eine kiirzlich erschie- nene Arbeit uber La,-,Sr,Ni~I,Ni~+O, [7] beweist, dal3 Ni3+-freie Proben auI3er- ordentlich schwer zu praparieren sind, d. h. es bestehen erneut Zweifel, ob La2Ni0, frei von Jahn-Teller-aktivem Ni3+ erhalten wurde. Um das seit langerer Zeit an- stehende Problem des Jahn-Teller-Anteils an der Oktaederstreckung (in Verbin- dung mit Beziehungen zum K,NiF,-Bautyp) besser beurteilen zu konnen, wird

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zuntichst La,,NiO, erneut untersucht und aul3erdem uber eine rontgenographische Strukturermittlung an CaSmAl0,-Einkristallen berichtet. Letztere Verbindung ist aus wertigkeitsstabilen und Jahn-Teller-inaktiven Ionen aufgebaut.

Co2CuO2CI2 Sr2CuQ2CI2 La2NiQ4 La Cu QL

0 ~ a , ~ r , ~ a 0 CI 0 0 0 C u , N i Abb. 1 Verknupfungsprinzipien der Koordinat,ionspolyeder in Ca,CuO,CI,, Sr,CuO,CI,, La,NiO,, La,CuO,. Die Abstiinde sind in pm angegeben und die Streckung der Oktaeder um Cu2+ bzw. NiZ+ (yo) beziehen sich auf Abstande im Oktaeclerbasisqnadrat

Darstellung uiid riintgenographische Untersuchung yon LazNiOr- und CaSmAIOa- Einkris tallen

Einkristalle von La,NiO, und CaSmAlO, entstehen aus stochiometrischen Mi- schungen von La,O,: NiCO, = l : l bzw. CaO : Sm,O,: Al,O, = 2 : l : l durch Er- hitzen im Niederdruckplasmabrenner auf etwa 1900°C bzw. 2 200°C.

Bei den PreBlingen aus La,O, und NiCO, ist darauf zu achten, daW zuerst linter 1 mbar Srgon- Druck vorsichtig aul3erhalb des Plasmas auf 800-1000°C erwarmt wird und dann nach dem thermi- schen Abbau von NiCO, die hoheren Schmelztemperaturen durch Einbringen der Proben in die Plasmafackel einwirken. Da der Druck mit 1 mbar Argon im Plasmabrenner relativ niedrig ist, kann eine noch vorhandene Verunreinigung dieses Schutzgases durch O2 in Anbetracht der kurzen Reak- tionszeiten (5-IO min) praktisch vernachlassigt werden. Die von REUTER und Mitarb. [7] beobach- tete partielle Oxydation von Ni2+ zu Ni3+ in einer N,-SchutzgasatmosphSre wird durch das Arbeiten im Plasmabrenner nochmals unterschritten, so daW analytisch die oxidierende Wirkung von Si3+- Ionen nicht nachweisbar ist.

Aus den Schmelzkorpern lassen sich schwarze La,NiO,- bzw. CaSmAl0,-Ein- kristalle isolieren, die einwandfreie Beugungsbilder geben. Beide Verbindungen fuhren uber die systematisch beobachtbaren Reflexe [hkl mit h + k + 1 = 2n;

Oktaederstrecknng an La,CuO, 49

hkO und Okl mit Indicessumme = 2 n und hhl mit 1 = 2111 zur Raunigruppe D:,?-I4/nimm. Die mit Film- und Diffraktometermetlioden bestimmten Gitterkon- stanten lauten :

La,NiO,: a = 386,9 und c = 1264,6 pm CaSmAlO,: a = 367,5 und c = 1205,3 pm

Eine Verfeinerung der Atompositionen fuhrt zu den in Tab. 1 aufgefuhrten Werten :

Tabelle 1 In der Raumgruppe D&7,-14/mmm sind folgende Punktlagen besetzt:

a) La,NiO, La Ni 0 1 011

b) CaSmdlO, Ca/Sm A1 01 011

~ _ _

in 4e mit z = 0,3614 in '2a in 4c in 4e init z = 0,177

in 4e mit z = 0,3583 in 2a in 4c in 4e mit z = O,lG9

Die Gutefaktoren betragen fur isotrope Verfeinerungen der Temperaturfak- toren ini t 166 (La,NiO,) und 111 (CaSmAlO,) symmetrieunabhangigen Vierkreis- diffraktonieterdaten R = 0,lO und R = 0,057. Die Netall-Sauerstoffabstande sind in Tab. 2 zusammengestellt.

Tsbelle 2 Werte fur CaSmAlO, in Klammern

Interatomare Abstinde [pm] fur La,,NiO,,

dNi-oI: 193,4; (183,7) ( 4 X )

dNiWoI1: 224,2; (203,G) ( 2 X )

dLa-oI: '261,o; ('250,g ( 4 X )

dLa-oII: 232,9; (?29,1) ( I X )

277,9; (%G1,8) (4x)

Diskussion der Ergebnisse Die Einkristalluntersuchungen zeigen, daB La,NiO, uiid CaSmAlO,, wie an

anderer Stelle bereits beschrieben [6, 8, 91, im K,NiF,-Typ kristallisieren. Jedoch ergeben sich gegeiiiiber den bisherigen Untersuchungen Uilterschiede, die zuerst hervorgehoben werden sollen .

La,NiO, besitzt fur Ni2+ eine llings [001] urn 16% gestrecktes Oktaeder, so- fern die Abstande im Oktaederbasiequadrat zur Normieruiig herangezogen werden. Der friiher bestimmte Betrag der Oktaederstreckung [GI war mit 1Sy0 etwas gro- Ber, so daB auf eine partielle Oxydation zu Ni3+ in der fruheren Untersuchung ge- schlossen werden kann. Um diese Moglichkeit direkt zu beweisen, wurden La,NiO,- Einkristalle bei 1 nibar 0,-Druck prapariert und ebenfdls rontgenographisch

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untersucht. An 847 symmetrieunabhangigen Diffraktometerdaten bestatigt sich die fruher gefundene IS%ige Oktaederverzerrung, was auf einen etwa 6O/igen Ni3+-Gehalt in diesem La,NiO, zuriickzufiihren ist.

Weit starker weicht jedoch die Untersuchung von CaSmAlO, von den bisheri- gen Angaben [8] ab. Offenbar wurde bei der Serie von Verbindungen der Formel CaSEA10, (SE = Y, La, Pr. Er) fur die Position von O,, in allen Substanzen der ideale Parameter z = O,l5 der Bezugsverbindung K,NiF, iibernommen, der hier an CaSmAlO, mit z = 0,169 nicht bestatigt werden kann. Dieser neue z-Parameter bedingt auch fur diese Verbindung (fur AP+ in der Position von W+) eine llyoige Oktaederstreckung. An SrCeAlO, und SrNdAlO, war sogar eine Oktaederver- zerrung von 1Sy0 beobachtet worden [lo], ohne das seinerzeit das Problem des Jahn-Teller-Anteils an der Oktaederstreckung zur Diskussion stand, da alle Ver- bindungen vom Typ CaSmAlO, sogenannte Jahn-Teller-inaktive Elemente ent- halt en.

Ir'unmehr konnen die an Einkristallen untersuchten Verbiiidungen des K,NiF,-Txps, welche Jahn-Teller-aktive und -inaktive Ionen enthalten, gegen- ubergestellt und verglichen werden (vgl. Tab. 3). Tab. 3 ist zu entnehnien, daB in Oxometallaten, die im K,NiF,-Typ kristallisieren, eine Oktaederstreckung bis zu 16% vorhanden sein kann. Dies trifft auch fur jene Verbindungen zu, die mit Sicherheit keinen Jahn-Teller-Anteil an der tetragonalen Verzerrung der Oktaeder besitzen konnen. Eine deutliche Ausnahme macht somit nur La,CuO,, dessen Oktaederstreckung mit 29 % eindeutig den EinfluB des Jahn-Teller-Effekts iiber die kristallstrukturtypische Streckung hinaus erkennen lafit. Fur alle ubrigen Ver- bindungen, auch fur die Oxohalogenocuprate (M,Cu02X2), ist die experimentell bestiminte Tierzerrung nur in der GroBenordnung jener Verbindungen, die frei von Jahn-Teller-aktiven Ionen sind.

Tabelle 3 cbersirht Lit. Verbindmg Achsen Oktaeder-

*'/C Epml streckung zoII

CnSmAlO, 367,511 205 0,169 11 [101 SrPr'dAlO, I101 SrCeAlO,

LaJiO, La,Ni:?,Ni:+ 0,

r51 La,CuO, [31 Sr,CuO,CI, [GI Sr,CuO,Br, ~ 4 1 Ca,CuO,CI, E.rJ Cu,CuO,Br,

371 11242 376 /l259 387 11205 387 /1%0 541 /1315 397 /15@ 399 /1714 387 11502 388 /1728

0,164 0,161 0,177 0,180 0,187 0,183 0,174 0,184 0,170

15,9 16 16 18 29 15 15 13 14

Anhand des schwachen Anstiegs der Verzerrung von CaSmAlO, zu SrCeAlO, (vgl. Tab. 3) ist zu vermuten, daB die GroBe der trigonal prismatischen Umgebung 1-011 La3+, S F , Caz+ (Ca/Sm, Sr/Ce) letztlich die Ursache fur die Oktaederstreckung ist. So erfolgt, wie die in Abb. 2 dargestellte Polyederverkniipfung erkennen lafit,

Okt,aederstreckung an La,CuO, 51

eine Verzerrung der Oktaeder langs [0 0 I] immer dann, wenn die Langskanten der Prismen schrumpfen, was mit einer Verkurzung der a-Acbse identisch ist. Kann die c-Achse wegen der Anordnung der Ionen zueinander nicht entsprechend klei- ner werden, fuhrt selbst der ideale z-Parameter (zoII = 0,15) der K,NiF,-Struktur zu einer Oktaederstreckung.

Ca S m A I O4

0 Ca/Sm 0 AI 0 0 Abb. 2 Perspektivische Darstellung der Polyederverkniipfung und Abstinde [pm] in CsSmAlO,

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken wir fur die Unterstiitzung mit wertvollen Sach-

A11e Rechnungen wurden mit Hilfe der clektronischen Rechenanlage der Universitiit Kiel aus- mitteln.

gefiihrt.

Literatur [l] HK. M~~LLER-BUSCHBAUIW, Angew. Chem. 89, 704 (1977). [2] R. KLPKA u. HK. MULLER-BUSCHBAUM, Z. anorg. allg. Chem. 419, 58 (1976). [3] B. GRANDE u. HK. MULLER-BUSCHBAUM, Z. anorg. aIlg. Chem. 417, 68 (1975).

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[4] B. GRANDE u. HK. MULLER-BUSCHBAUM, Z. anorg. allg. Chem. 429, 88 (1977). [5] B. GRANDE u. HIE. MULLER-BUSCHBAUM, Z. anorg. allg. Chem. 428, 120 (1977). [6] B. GRANDE u. HK. MULLER-BUSCHBAUM, Z. anorg. allg. Chem. 433, 152 (1977). [7] J. GOPALAKRISHNAN, G. COLSMANN u. B. REUTER, J. Solid State Chem. 22, 145 (1977). [8] A. RABENAU u. P. ECKERLIN, Acta Crystallogr. 11, 304 (1958). [9] J. P. OUDALOV, A. DAOUDI, J.-C. JOUBERT, G. LE FLEM u. P. HAGENMULLER, Bull. Soc. Chim.

Fr. 10, 3408 (1970). [lo] H. PAUSCR u. HK. M~LER-BUSCRBAUM, Z. Naturforsch. B 27, 8e8 (1972).

Bei der Redaktion eingegangen am 19. April 1978.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. HK. M~~LLER-BUSCHBAUM u. U. LEHMANN, Inst. f . Anorg. Chemie d. Univ., Olshausenstr. 40/60; Haus N 13a/13b, D-2300 Kiel