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Mineral. Deposita (Berl.) 7, 351--359 (1972) © by Springer-Verlag 1972 Zur Altersstellung der Wiedener und Brandenberger FluBspatgiinge (Siidschwarzwald) H. SPERLING Goslar, BRD Eine tektonische Bearbeitung der Wiedener und Brandenberger Flul3spat- g~inge ergab, dab diese sich in kilometerlangen, generell -4- N-S-streichenden, an den Enden etwas gebogenen St6rungen finden, die im engeren Sinne krummfl~ichige Drehverwerfer sind, deren Ostschollen drehend nach Stiden bewegt worden sind. Dieser Bewegungssinn l~igt nicht mehr die bisherige Deutung dieser Gfinge als Blattverschiebungen zu, die der varistischen Oro- genese zuzuordnen sin& Die Flul3spatg~inge sind vielmehr an die Feldberg- KuppeI gebunden, die als Beule zurnindest wfihrend der saxonischen, wenn nicht sogar w~hrend der terti~iren Tektogenese entstanden ist. Fiir das daraus resultierende mesozoische oder terti~ire Alter auch der Flui3spatgiinge sprechen die neu interpretierten Untersuchungen an Schwefel-Isotopen des Bleiglanzes einiger Siidschwarzwfilder Erzg~inge ebenfalls. A tectonical investigation of fluorspar veins in the region of Wieden and Brandenberg (Black Forest) shows that these veins are in faults having a length of several kilometers and striking approximately N-S. On their ends the faults are bowed. The eastern blocks of these curved rotation-faults are moved to the north. This direction of movement doesn't admit to interpret these veins as strike-slip dislocations, belonging to the Herzynian orogenesis. On the contrary, the fluorspar veins are bound to the Feldberg dome, which came into existence during the Saxonian orogenesis or even during the Tertiary. The resulting Mesozoic or Tertiary age of the fluorspar veins is confirmed also by investigations of sulfur isotopes of galena, made by several authors, on some ore veins in the southern part of the Black Forest. Einleitung Neben die weit verbreitete Meinung, dab die Siidschwarzw~ilder FluBspatg~inge varistischen Alters sind (ScHURENBERG 1957; M. RICHTER 1957 ; MeTZ and REIN 1957 u. a.), traten LEEDER (1966), METZ (1967), ZEIXO (1967) und v. GEH- LET et al. (1970) mit der Version, dab diese G~inge auch saxonischen Alters (Obere Trias- Terti~ir) bzw. terti~iren Alters sein k6nnten. Im Verlauf einer vom Verfasser im Herbst 1967 durchgeftihrten geologisch-lagerstitttenkund- lichen Bearbeitung der Wiedener und Branden- berger FluBspatgfinge in allen zugfingigen Grubenaufschliissen bot sich die Gelegenheit, eine Altersdatierung der FluBspatg/inge auf- grund tektonischer Resultate zu versuchen. Desgleichen schien es an der Zeit zu sein, die Untersuchungen an Schwefel-Isotopen (v. GEHLEN et al. 1962 und andere Arbeiten) unter Beriicksichtigung neuerer Arbeiten hinsicht- lich des Alters der FluBspatg~inge zu deuten. Fiir die Durchfiihrung der Arbeiten bin ich Herrn C. W6LFEL, ehemals Repr~isentant der Gewerkschaft Finstergrund und Herrn 13ergrat

Zur Altersstellung der Wiedener und Brandenberger Flußspatgänge (Südschwarzwald)

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Mineral. Deposita (Berl.) 7, 351--359 (1972) © by Springer-Verlag 1972

Zur Altersstellung der Wiedener und Brandenberger FluBspatgiinge (Siidschwarzwald)

H. SPERLING

Goslar , B R D

Eine tektonische Bearbeitung der Wiedener und Brandenberger Flul3spat- g~inge ergab, dab diese sich in kilometerlangen, generell -4- N-S-streichenden, an den Enden etwas gebogenen St6rungen finden, die im engeren Sinne krummfl~ichige Drehverwerfer sind, deren Ostschollen drehend nach Stiden bewegt worden sind. Dieser Bewegungssinn l~igt nicht mehr die bisherige Deutung dieser Gfinge als Blattverschiebungen zu, die der varistischen Oro- genese zuzuordnen sin& Die Flul3spatg~inge sind vielmehr an die Feldberg- KuppeI gebunden, die als Beule zurnindest wfihrend der saxonischen, wenn nicht sogar w~hrend der terti~iren Tektogenese entstanden ist. Fiir das daraus resultierende mesozoische oder terti~ire Alter auch der Flui3spatgiinge sprechen die neu interpretierten Untersuchungen an Schwefel-Isotopen des Bleiglanzes einiger Siidschwarzwfilder Erzg~inge ebenfalls.

A tectonical investigation of fluorspar veins in the region of Wieden and Brandenberg (Black Forest) shows that these veins are in faults having a length of several kilometers and striking approximately N-S. On their ends the faults are bowed. The eastern blocks of these curved rotation-faults are moved to the north. This direction of movement doesn't admit to interpret these veins as strike-slip dislocations, belonging to the Herzynian orogenesis. On the contrary, the fluorspar veins are bound to the Feldberg dome, which came into existence during the Saxonian orogenesis or even during the Tertiary. The resulting Mesozoic or Tertiary age of the fluorspar veins is confirmed also by investigations of sulfur isotopes of galena, made by several authors, on some ore veins in the southern part of the Black Forest.

Einleitung Neben die weit verbreitete Meinung, dab die Siidschwarzw~ilder FluBspatg~inge varistischen Alters sind (ScHURENBERG 1957; M. RICHTER 1957 ; MeTZ and REIN 1957 u. a.), traten LEEDER (1966), METZ (1967), ZEIXO (1967) und v. GEH- LET et al. (1970) mit der Version, dab diese G~inge auch saxonischen Alters (Obere Trias- Terti~ir) bzw. terti~iren Alters sein k6nnten. Im Verlauf einer vom Verfasser im Herbst 1967 durchgeftihrten geologisch-lagerstitttenkund- lichen Bearbeitung der Wiedener und Branden-

berger FluBspatgfinge in allen zugfingigen Grubenaufschliissen bot sich die Gelegenheit, eine Altersdatierung der FluBspatg/inge auf- grund tektonischer Resultate zu versuchen.

Desgleichen schien es an der Zeit zu sein, die Untersuchungen an Schwefel-Isotopen (v. GEHLEN et al. 1962 und andere Arbeiten) unter Beriicksichtigung neuerer Arbeiten hinsicht- lich des Alters der FluBspatg~inge zu deuten. Fiir die Durchfi ihrung der Arbeiten bin ich Herrn C. W6LFEL, ehemals Repr~isentant der Gewerkschaft Finstergrund und Herrn 13ergrat

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a.D. Dr.-Ing. e . h . P . F . HAST und ffir Anre- gungen im Verlau£ von Diskussionen Herrn Dr. G. BAUER sehr zu Dank verpflichtet.

1. Der geologische Rahmen der Wiedener und Brandenberger Flu6spatg~nge und die bisherigen Erkenntnisse und Vorstellungen fiber ihre altersm~iBige Stellung

Im Nordteil des Verbreitungsgebietes der Wiedener und Brandenberger FluBspatg~tnge (Abb. 1) finden sich Paragneise, deren regional- metamorpher Verformungsgrad yon Westen nach Osten zunimmt.

allgemeinen 110 ° streichen und nach Norden einfallen (Abb. 2) und bei Brandenberg N--S bis NE--SW streichen und nach Westen ein- fallen (Abb. 4). Diese Schieferung ist nicht zu beobachten in den keineswegs schieferungsfeindlichen Gang- graniten und Granitporphyrgdngen, welche in den Gneisen vorkommen, bei Wieden NW--SE streichen, 40--60 ° NE einfallen und bei Bran- denberg E--W streichen, 40 ° N einfallen und bis zu 15 m mfichtig sind (Abb. 2 und 4). In den Paragneisen finden sich oft qm-groge Kluftfldchen, die in 10--50 cm-Abst/inden au£- treten kSnnen. Dabei sind folgende Streich-

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I 4 = Halden - Gang "= ~ ~ ~ 13 = Silberberg-Gang 5 = Finstergrund- Gang 14 = Baumhatde -Gang Oberdevot ,,,.^.,.,. __j~ , n 6 = Auf-den-Winden-Gang 15 = Thotusbrunnen-Gang

I 91 I 7= LisbUht-Gang 16= Z[mmerwinkel-Gang I /~ I 8 = Eisenbl~ue-Gang

Abb. 1. Die Flul3spatg~inge der weiteren Umgebung yon To&nan und ihr geologischer Rahmen

Im Wiedener Raum sind es Metatexite und im Raum Todtnau-Brandenberg Diatexite (v. GEHLEN 1955, WF, CH* 1955; SEur+m 1956 und SCHORENBERG 1957). Im Sfiden werden diese Paragneise durch den E--W-streichenden, bretonischen Randgranit (v. GEHLEN 1955) abgeschnitten und bilden gegen diesen einen durch Hybridisiertmg des Granites bedingten Kontakt. Sfidlich des Rand- granits £olgen Oberdevon-gchicbten. In diesen Ge- steinen finden sich Schieferungsfldcheu, die post- bretonisch einzustnfen sind, bei Wieden im

und Fallwerte als vorherrschend zu betrachten: bei Wieden (v. GEHLEN 1952) 30°/82°E und 00/90 ° und bei Todmau (SgHLK~. 1956) 0 ° - 200/90 °. Diskordant zu diesen Gesteinen und zur Schieferung und oft parallel ( = nicht im- mer!) zur Klfiftung verlaufen Fluflspatgdnge (vgl. auch Kap. 2.1). Diese werden ihrerseits oft durch herzynisch (90--130 °) streichende und halbsteil nach Norden bzw. Nordosten ein- fallende, schmale StO'rungen verworfen. Als Beispiel sei die am Anton-Gang, 80-m- Sohle, 210 m nGrdlich Schacht zu beobachtende

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Wiedener und Brandenberger FluBspatg~nge 353

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Abb. 2. Die FluBspatg~inge des Wiedener Raumes

Wiedener Hauptstb'rung (v. G~-n.EN 1955) ge- nannt, an der ein abschiebender Verwur£ der n6rdlichen Hangendscholle yon mehr als 350 m stattgefunden hat (Abb.2).

Daraus resuhiert die Ahersfolge: Gneise -~ Granit --* Schieferung -~ Ganggranite und

Granitporphyrg~inge -~ FluBspatg~inge + her- zynisch streichende St6rungen (ScufJRENBeRG 1950, 1957; M. RICHTER 1953; V. GE~LeN 1955; SeHLra~ 1956; METZ und RaIN 1957).

Die Wiedener Hauptst6rung ist nach v. GE~- LeN die siidliche Randst6rung des M#nstertal-

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Albtal-Grabens (CARL# 1955), welcher quer durch den Siidschwarzwald verl/tuft und in seinem Zentrum (am Wiedener Eck und west- lich davon) m/tchtige, gegeniiber den Nachbar- gebieten eingesunkene Deckenporphyre des Mittelrotliegenden ffihrt (Abb. 1).

1[Iber das Alter der Zerstiickelung der Porphyr- decken (vermutlich durch die herzynisch streichenden Randst6rungen des Mfinstertal- Albtal-Grabens) gehen die Meinungen oft weit auseinander. Nach M. RICHTZR (1957) erfolgte diese Zerstfickelung w/thrend saali- seher Bewegungen, nach METZ und REIN (1957) ,,sp/tter", nach SCHORENBERG (1957) im Terti/tr, nach v. GEHLEN (1955) w/thrend saalischer und terti/trer Bewegungen und nach CARL£ (1955) gr6Btenteils im Jungterti~ir- Quart/tr. Sowohl v. GEHLEN als auch CARL~ nehmen eine frfihe Anlage besonders dieses Grabens teils in Form von Horizontalflexuren, tells als St6rungen und teils als Zufuhrspalten fiir Granitporphyre und erzbringende L6sun- gen an.

Wie ist nun die Altersstellung der FluBspat- g/tnge, insbesondere bezogen anf die westlich Wieden anstehenden permischen Deckenpor- phyre? Hierzu ist bisher folgendes festgestellt worden:

SCHf~RENt3ERG 1950, 1957; M. RICHTER 1953; Cae, Lg 1955 und SEHLKE 1956 sagen tiberein- stimmend, dab die FluBspatg/tnge/ilter als die Mittelrotliegend-Deckenporphyre sind. Nach METZ und REIN (1957) sind die Mineralg/tnge (gemeint sind anch die FlnBspatg/tnge) von den Deckengfissen abgeschnitten worden. In keiner dieser Arbeiten wird entsprechendes Beweis- materia ! vorgelegt.

Uberdies so lien nach METZ und REIN (1957, S. 34) in den Schlittsedimenten des Rotliegenden sich Ger/~lle aus Gangmaterial (Schwerspat, Pseudomorphosenquarz, z. T. mit Sulfidspuren) finden. Diese auBerordentlich wichtige Mit- teilung wird weder dutch Literaturzitate noch durch eigenes Beweismaterial belegt.

v. GeHT,EN (1955, S. 47) legt sich in der Alters- datierung der FluBspatg/tnge nicht lest:

,,l~ber das Alter der Vererzung lassen sich keine genauen Angaben machen. Die Vererzung ist zwar jiinger als die Granitporphyrgiinge, das Verh~iltnis zum Deckenporphyr ist jedoeh unklar. Naeh der

tiblichen Deutung werden die G~nge in das Ober- karbon bis Unterrotliegende eingestuft. Zumin- dest die III. Generation ist aber bei Wieden jtinger als Mittelrotliegendes."

Die Zufuhr dieser III. Generation, der jfingsten Mineralabfolge in den FluBspatg~tngen, er- folgte nach v. GEHLEN fiber den Mfinstertal- Albtal-Graben. LEEDER (1966) h/tit es durchaus fiir m6glich, dab G/tnge vom Typ Schindler (zu welchem die FluBspatg/tnge des Wieden-Brandenberger Raumes auch gehSren) Lagerst/ttten saxon- schen Alters sind, fiir die er folgende Charak- teristika nennt:

Es sind sekund/tr-hydrothermale, regenerierte Lagerst/ttten; die Streichrichtungen dieser Lagerst/ttten sind in der saxonischen Tekto- genese weir verbreitet;

sie geh6ren der Siderit-Fluorit-Baryt-Forma- tion bzw. -Abfolge an und die Suche nach ihrem Erzbringer ist vieldeutig.

Zusammenfassendist festzustellen, dab die hydro- thermal-aszendenten FluBspatg/tnge Gneise, Granite und Granitporphyrg/tnge durchsetzen, ihrerseits aber dutch St6rungen verwoffen worden sind. Stratigraphische Einheiten aus dem fiir die Ent- stehung der FluBspatg/tnge infrage kommenden Zeitraum (Oberkarbon-Perm) fehlen in diesem Gebiet mit Ansnahme des Deckenporphyrs. Aufschlfisse, aus denen die Altersbeziehungen zwischen FluBspatg/tngen in diesem Decken- porphyr klar hervorgehen, werden in den bis- herigen Arbeiten nicht beschrieben. Bis etwa 1957 wurden die FluBspatg/tnge der varistischen Orogenese zugeordnet. In einigen Arbeiten der letzten Jahre werden diese G/tnge durchaus auch fiir jiinger, und zwar saxonisch gehalten (LEEDER 1966 und v. GEHLEN et al. 1970).

2. Tektonische Untersuchungen zur AlterssteUung der FluBspatg/inge

2.1. Die Wiedener F/uflspatg;inge Die Wiedener FluBspatg/tnge (Abb. 1, 1--9) mit ihrem generellen Ost-Einfallen unter- scheiden sich yon den West-einfallenden G/tn- gen des Brandenberger Raumes (Abb. 1, 10-- 16) grunds/ttzlich. Die G/inge des Wiedener Ranmes sind zus/itzlich im Einfallen z.T. recht

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Wiedener und Brandenberger FluBspatg~inge 355

erheblich verformt. So falIen sie lokal auf bis zu 500 m streichende L~inge iiberkippt nach Westen ein, and zwar bis zu 50 ° vom General- einfallen abweichend. Dieses anomale West- Einfallen ftihrt innerhalb der Flul3spatg~inge naturgem/tf5 auch zu Abweichungen vom Generalstreichen. Derartig groBfl~chige, in einem SeigerriB nahezu kreisrunde Gangver- formungen oder Gangverbiegungen, die lateral allm~hlich ausklingen, werden im Folgenden mat Ausbeulungen bezeichnet (Abb. 2 and 3). Nur diese Gangteile ftihren FlnBspat-Erzfiille.

Diese nach Osten hin ausgebeulten Gangbe- reiche weisen dartiber hinaus im Streichen Zick- zack-artige Richtungs~nderungen yon max. 30 ° auf (Abb. 3, Tannenboden-Gang).

Gangabschnitte mit der mehr nach Osten weisenden Richtung sind auf bis zu 4 m Breite mineralisiert (Anton-Gang und Finstergrund- Gang), and die anderen mehr nach Norden weisenden Gangabschnitte sind schmal und taub oder fiihren nur wenig FluBspat. Dieser Wechsel yon ,,breite Gangabschnitte -- schma- le Gangabschnitte" l~iBt sich mat dem nach Stiden schr~g abw/trts gerichteten Verwurf der 6stlichen Hangendscholle (siehe unten) er- klhren.

Die tiberkippt nach Westen einfallenden Gang- bereiche sind im Verlauf." der schr/ig abw~irts gerichteten Bewegung der/Sstlichen Hangend- scholle besser ge/Sffnet und auch entsprechend besser mineralisiert worden als die normal Ost-einfallenden Gangbereiche.

Ausbeulungen eines Ganges sind in benachbar- ten Gangen oft wiederzufinden, so dab lokal aach yon Ausbeulungszonen gesproehen werden daft.

Als/ilteste Bewegungen im Bereich yon Flul3- spatg~ingen sind Fieder-Bildungen zu betrach- ten, die, auf die Ostscholle der tektonischen Be- anspruchungszone bezogen, auf nach Norden gerichtete Bewegungen hinweisen. Die etwas jtingeren FluBspatg~inge sind dagegen dutch nach Siiden schrag abw/i~:ts gerichtete Schwer- bewegungen, auf die Ostscholle bezogen (ira Aaron-Gang sind lokal 15 m Horizontalver- wurf feststellbar), entstanden (Abb. 2). Es hat also eine Bewegungsumkehr im Verlauf der Entstehung der FluBspatg/inge stattgefunden (Verf. sind/ihnliche Bewegungsumkehrungen

24 Mineralium Deposita 714

auch yon der Bld-Zinkerz-Lagerst/itte Grand/ Harz her bekannt. SPERLING, in Vorberei- tung).

Diese FlaBspatg~nge sind lokal durch 170 ° streichende und 60°E bis fast seiger einfallende Schwerspattrtimer geschert worden, and zwar ist deren Ostscholle um wenige Meter nach Norden (Stidteil des Anton-Ganges, Abb. 2) oder nach Stiden (Stidteil des Tannenboden- Ganges, Ausschnitt in Abb. 2) verworfen wor- den.

Die auf S. 352 genannten I~uftrichtungen laufen den FlnBspatg~ingen in einigen Bereichen paral- lel, sind also yon diesen hier sicherlich benutzt worden. In der N/ihe der Gangausbeulungen gibt es aber keine gangparallelen Kltifte. Die Kltifte haben fiir die Anlage der FluBspatg~inge also nur insgesamt eine untergeordneteRolle gespielt.

Der Auf-den-Winden-Gang (Abb. 1, 6) streicht 140 ° and f~illt 55 °NE ein. Dieser Gang folgt als die vermutliche siidliche Fortsetzung des Tannenboden-Ganges der Richtung herzynisch streichender St6rungen.

Der Anton-Gang geht nach Norden in den bereits im Mtinstertal-Albtal-Graben befind- lichen Spitzdobel-Gang tiber, welcher nach Norden immer mehr in die 30°-Richtung ein- lenkt (Abb. 2). Tannenboden-Gang und Anton- Gang sind also nach Osten gebffnete Scbaufel- fldchen oder listrische bzw. krummfl&hige Drehver- werfer (K. LEHMANN 1919; KIRCHMAYER and MoI-IR 1964), deren Hangendscholle offensicht- lich um das Nordende dieser G~nge drehend abw~irts bewegt worden ist, da die Verwarfs- weiten nach Siiden, d.h. in Richtung Zentral- bereich dieser G~nge nahezu stetig zunehmen. (Die Stidteile dieser G~tnge sind mit Ausnahme des Auf-den-Winden-Ganges (siehe oben) nicht aufgeschlossen. Uber tektonische Be- wegungen ist dort nichts bekannt.)

2.2. Die Brandenberger FluflsJoatg;inge Im Brandenberger Raum warden yore Verf. nur der Brandenberger Gang mad der Fahl- Gang tektonisch nntersncht. Im ca. 70 ° West- einfallenden Brandenberger Gang gibt es Fieder- Trtimer, die sich wie die dort zu beobachtende flexurartige Verbiegung der Schiefernngs- fl~ichen durch eine nach Stiden schr/~g abw/irts

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356 H. SPERLING

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Wiedener und Brandenberger FluBspatg~inge 357

gerichtete Bewegung an der westlichen Scholle der tektonischen Beanspruchungszone erkl/iren l~iBt (siehe Ausschnitt in Abb. 4). Durch die nachfolgende Scherung ist die westliche Scholle dagegen, aufgrund von Beobachtungen an Harnischen, nach Norden steil abw~trts (65-- 80 °) verworfen worden (Abb. 4). Im Stidteil des _Fahl-Ganges ist ein Alternieren yon tauben, ca. 5 ° streichenden Abschnitten 20--25 o streichenden, gut mineralisierten Gang- abschnitten zu beobachten und es ist daher an- zunehmen, dab zur Offnung der Hauptspahen eine nordw/irts gerichtete Scherbewegung an der westlichen Scholle erfolgt sein diirfte. Eine exakte Bestimmung der Verwurfsrichtungen ist an diesem Gang wegen Fehlens yon Har- nischen nicht m6glich. Die Form des Fahl-Ganges l~iBt den Schlul3 zu, dab die Brandenberger FluBspatg~inge als krummfl/ichige Drehverwerfer anzusprechen sind, die nach Westen geSffnete Schaufelfl~chen bilden.

Im Gegensatz zu den Wiedener Flugspat- g/tngen sind die G~tnge des Brandenberger Raumes im Rahmen einer schw~icheren Tek- tonik entstanden, die nut zur Ansbildung geringer FluBspatm/ichtigkeiten fiihrte, was kausal auch mit dem Fehlen yon Gangaus- beulungen zn erkRiren ist.

2.3. VergMch der tektonischen Merkmale der Wie- dener und Brandenberger F/u/spatgfinge und ihre D eutung

1) G e m e i n s a m e Merkmale:

Generelles N/S-Streichen, dutch Zickzack- artigen Verlauf modifiziert,

die ersten Bewegungen -- zu Flexnren oder Fiederbildungen fiihrend -- waren, auf die 6stliche Scholle bezogen, nach Norden ge- richtet,

die Horizontalkomponente der jiingeren Be- wegungen, welche zur Bildnng der eigentlichen

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oder Ganggranit

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T. tektonische Beanspruchung (=Torsion des Gesteins +Antage yon Ti'iedem)

2. tekt0nTsche Bean~mchun 9 (= Scherung)

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Abb. 4. Die FluBspatgfinge des Brandenberger Raumes

24*

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358 H. SveR~xNa

FluBspatg~nge ffihrten, wiederum auf die 6st- liche Scholle bezogen, war nach Sfiden ge- richtet.

2) Un te r sch ied l i che Merkmale:

Die Wiedener G/inge fallen generell nach Osten ein (nur in ausgebeulten Bereiehen nach Westen); die Brandenberger G~inge fallen nur nach Westen ein (Ausbeulungen wurden bier bislang nicht beobachtet),

die Vertikalkomponente der jfingeren Bewe- gungen ist, auf die 6stliche Scholle bezogen, in den Wiedener G~ingen flach abw~rts nach Sfi- den und in den Brandenberger Giingen steil aufwiirts nach Sfiden gerichtet,

Anton-Gang und Tannenboden-Gang (Wiede- net Ganggruppe) bilden langgestreckte, nach Osten ge6ffnete Schaufelflichen und der Fahl- Gang der Brandenberger Ganggruppe eine sehr wahrscheinlich nach Westen ge6ffnete Schaufelfl~iche.

3) Nur in den Wiedener Gfingen beobachtete t ek ton i sche Merkmale:

Diese G~nge sind z.T. in mehreren Bereichen nach Osten derartig ausgebeult, dab die G~inge dort widersinnig nach Westen einfallen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dab die Wie- dener und Brandenberger FluBspatg~inge sich in listrischen St6rungen mit drehendem Ver- wurfssinn bzw. in krummflitchigen Drehver- werfern finden, deren Ostschollen nach Sfiden bzw. Westschollen nach Norden bewegt wor- den sin& Dieser drehende Verwurfssinn und diese generdle Verwurfsrichtung l~iBt eine Zn- ordnung dieser St6rungen als Blattverschie- bungen (ira Sinnev. GBHLEN'S 1955) zur va- ristischen Orogenese mit NW/SE-Einengungen nicht zu, ffir die auf NS-streichende St6rungen nach Norden gerichtete Bewegungen, auf die 6stliche Seholle bezogen, gefordert werden mfissen.

Die oft km-langen St6rungen bzw. Flugspat- g~inge mit Verwurfsbetr~tgen yon vermudich max. nur 20 m sind geometrisch und mecha- nisch auf die Feldberg-Kuppel CARL£'S (1955) Zu beziehen, die mit steilem Westabfall (in Richtung Rheintal-Graben) und flachem Ost- abfall einer Beule entspricht und :t= parallel

zum westlich davon gelegenen Rheintal- Graben verl~iuft.

Feldberg-Kuppel und die FluBspatg/inge sind deshalb zumindest saxonisch, wenn nicht sogar terti~iren Alters.

3. Deutung der Schwefel-Isotopen im Rahmen der Altersuntersuchungen an den Wiedener und Brandenberger FluBspatg~ngen

v. GEHLEN, NIELSEN und RICKE (1962) haben im Rahmen einer Untersuchung der sfid- deutschen Sulfid- und Barytg~inge auf Schwefel 32- und Schwefel 34-Isotopen festgestellt, dab die 8-Werte 1 des Schwefels der Bleiglanz I- und III-Generationen (nach SCHORENm~RG 1957) -2 ,6 bis --9,4 betragen. Ein Unterschied der 8-Werte des Bleig]anzes der sogenannten ,,alten" C~nge des Schauinslandes und der ,,jungen" G~inge z.B. yon Badenweiler (nach SCH/Ol~ENBERG) besteht nicht.

Die 8-Werte des Baryts dieser ,,verschieden alten" G~nge liegen zwischen +13,2 und +16,8, sind also auch, wie die der Sulfide, untereinander nahezu gleich.

Die Arbeiten yon SCHRAGE (1962) und v. GE~L~N (1965) und die Untersuchungsergeb- nisse fiber die Schwefel-Isotopen in der Blei- Zinkerz-Lagerst~itte Grund/Harz (SvERLING; NmLSEN, in Vorbereitung) zeigen, daB die Sul- fide aller sicher varistischen Ganglagerst~tten schwereren Schwefel (8-Werte zwischen 0 und +6) haben als die der sicher saxonischen Gang- lagerstAtten oder die der Flugspatgitnge yon Wieden-Brandenberg. Diese letztgenannten G~inge tendieren hinsichtlich der 8-Werte ihrer Sulfide mehr zu den saxonischen als zu den varistischen Lagerstiitten 1.

Literatur

CARl.k, W. : Bau und Entwicklung der stidwest- deutschen GroBschoUe. Beih. Geol. Jahrb. 16 0955).

v. GE~L~'v, K.: Die Gesteine und die bleizink- fiihrenden FluBspatggnge der Umgebung yon Wieden (stidwestlicher Sehwarzwald). Diss. Freiburg 1952.

1 = Promille-Abweichungen gegeniiber dem Troilit-Standard yon Canon Diablo.

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Wiedener und Brandenberger FluBspatg~inge 359

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Eingegangen am 12. Juli 1970

Dr. HERBERT SPERLING D-338 Goslar, Bergta] 8, Bundesrepublik Deutschland