5
Zur Erinnerung an Josef Fuglewicz Aufzeichnung einer Schilderung aus seinem Leben Am 22. Oktober 1972 verstarb Josef Fuglewicz, mit 96 Jahren Senior der Leobner Montanisten. Von 1893 bis 1898 war er Student des Bergwesens und des Hüttenwesens, von 1928 bis 1946 ordentlicher Professor für Bergbaukunde unserer Hochschule. Kurz vor seinem 95. Geburtstag hatte er auf Bitte von Prof. Fettweis einiges aus seinem Leben auf Band erzählt. Diese Aufzeichnung wurde erstmals im Win tersemester 1972/73 in der Zeitschrift „Glück auf“ der Österreichischen Hochschülerschaft, Seite 4 bis 7, abgedruckt und ist im folgenden wiedergegeben. „Am 22. April 1876 in Tschernowitz, der Haupt stadt der Bukowina, geboren, kam ich schon mit neun Jahren an das deutsche k.u.k. Staatsgymnasium in Tschernowitz und legte im Juli 1893 meine Reife prüfung ab. Beeindruckt durch die ausgedehnten schönen Buchenwaldungen in unsrer Bukowina hatte ich die Absicht, mich dem Forstfach zu widmen. Der Zufall wollte es anders. Bei dieser Gelegenheit sei es mir vergönnt, eini ges über das schöne Buchenland, welches von den Russen an Österreich übergeben worden war, aus zusagen. Es gelang der österreichisch-ungarischen Monarchie innerhalb kurzer Zeit, aus der Bukowina eine blühende Kolonie zu machen. Von allen Teilen des alten Österreichs zogen die Siedler in die Buko wina herein, so daß schließlich sechs Millionen Menschen aus sechs Nationalitäten friedlich zusam menlebten, im Nordteil Ruthener und im Südteil Rumänen, dazwischen geschlossene deutsche Sied lungen, armenische Siedlungen, weißrussische Sied lungen, Zigeuner und sehr viele polnische Juden aus Galizien. Es bestand eine römisch-katholische, eine griechisch-katholische, eine armenisch-katholische, eine griechisch-orthodoxe, eine evangelische Kir che beider Konfessionen und selbstverständlich eine jüdische Kirche. Trotz des bunten Völkergemisches herrschte im Lande Friede und Ruhe. An der Spitze stand ein Landeshauptmann, der aus dem Westen kam, ein reicher Adeliger, der das Amt als Ehrenamt betrachtete und nicht als Dienst. Die Bukowina wurde durch eine Transversalbahn von Lemberg über Tschernowitz nach Jassi an der rumänischen Grenze aufgeschlossen. Wer mit dieser Landesbahn die Grenze von Galizien aus passierte, glaubte in einem Bild 1: Prof. Dipl.Ing. Josef Fuglewicz als Rektor der Montanistischen Hochschule Leoben im Studienjahr 1933/34.

Zur Erinnerung an Josef Fuglewicz - unileoben.ac.at

  • Upload
    others

  • View
    3

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zur Erinnerung an Josef Fuglewicz - unileoben.ac.at

Zur Erinnerung an Josef FuglewiczAufzeichnung einer Schilderung aus seinem Leben

Am 22. Oktober 1972 verstarb Jo sef Fuglewicz, mit 96 Jahren Senior der Leobner Montanisten. Von 1893 bis 1898 war er Student des Bergwesens und des Hüttenwesens, von 1928 bis 1946 ordentlicher Professor für Bergbaukunde unserer Hochschule. Kurz vor seinem 95. Geburtstag hatte er auf Bitte von Prof. Fettweis einiges aus seinem Leben auf Band erzählt. Diese Aufzeichnung wurde erstmals im Win­tersemester 1972/73 in der Zeitschrift „Glück auf“ der Österreichischen Hochschülerschaft, Seite 4 bis 7, abgedruckt und ist im folgenden wiedergegeben.

„Am 22. April 1876 in Tschernowitz, der Haupt­stadt der Bukowina, geboren, kam ich schon mit neun Jahren an das deutsche k.u.k. Staatsgymnasium in Tschernowitz und legte im Juli 1893 meine Reife­prüfung ab. Beeindruckt durch die ausgedehnten schönen Buchenwaldungen in unsrer Bukowina hatte ich die Absicht, mich dem Forstfach zu widmen. Der Zufall wollte es anders.

Bei dieser Gelegenheit sei es mir vergönnt, eini­ges über das schöne Buchenland, welches von den Russen an Österreich übergeben worden war, aus­zusagen. Es gelang der österreichisch-ungarischen Monarchie innerhalb kurzer Zeit, aus der Bukowina eine blühende Kolonie zu machen. Von allen Teilen des alten Österreichs zogen die Siedler in die Buko­wina herein, so daß schließlich sechs Millionen Menschen aus sechs Nationalitäten friedlich zusam­menlebten, im Nordteil Ruthener und im Südteil Rumänen, dazwischen geschlossene deutsche Sied­lungen, armenische Siedlungen, weißrussische Sied­lungen, Zigeuner und sehr viele polnische Juden aus Galizien. Es bestand eine römisch-katholische, eine griechisch-katholische, eine armenisch-katholische, eine griechisch-orthodoxe, eine evangelische Kir­che beider Konfessionen und selbstverständlich eine jüdische Kirche. Trotz des bunten Völkergemisches

herrschte im Lande Friede und Ruhe. An der Spitze stand ein Landeshauptmann, der aus dem Westen kam, ein reicher Adeliger, der das Amt als Ehrenamt betrachtete und nicht als Dienst. Die Bukowina wurde durch eine Transversalbahn von Lemberg über Tschernowitz nach Jassi an der rumänischen Grenze aufgeschlossen. Wer mit dieser Landesbahn die Grenze von Galizien aus passierte, glaubte in einem

Bild 1: Prof. Dipl.Ing. Josef Fuglewicz als Rektor der Montanistischen Hochschule Leoben im Studienjahr 1933/34.

Page 2: Zur Erinnerung an Josef Fuglewicz - unileoben.ac.at

anderen Land zu sein, in ein Märchenland zu kom­men.

Der Zufall wollte, daß nach Abschluß meiner Reifeprüfung am Gymnasium meine Eltern mit mir zu einer Kaltwasserkur nach Frohnleiten reisten, und ich dort die Gelegenheit wahrgenommen habe, die Stadt der Jugend, Leoben, persönlich kennenzuler­nen. Ich wanderte auf dem Diebsweg über die Hochalm nach Leoben und kam gerade zurecht, als die Leobener Bergknappen mit ihrer Musikkapelle am Hauptplatz aufmarschierten. Beiderseits des Hauptplatzes promenierte eine Menge junger Stu­denten mit ihren Mädels am Arm. Das und die Umgebung von Leoben faszinierten mich derart, daß ich, wie ich nach Frohnleiten zurückkam, den Eltern erklärte: ,Ich gehe nicht an die Hochschule für Bo­denkultur Forstfach studieren, sondern ich werde in Leoben Bergbau studieren1. Als ich im September 1893 inskribierte, war Leoben eine kaiserlich-könig­liche Bergakademie mit zwei Fachschulen und ein staatlicher Betrieb. Die Professoren waren Staatsan­gestellte und hatten je nach der Dienstzeit ihren Rang, wie das bei Staatsbetrieben üblich ist, als Bergkom m issär, O berbergkom m issär, Bergrat, Oberbergrat und Hofrat. Sie kamen von Staatsbetrie­ben und wurden an die Bergakademie nach Leoben überstellt. So war der Vorsitzende des Bergwesens der Oberbergrat Prof. Rochelt, der mit seinem Ad­junkten Pfeiffer aus dem staatlichen Kohlenbergbau Häring in Tirol nach Leoben überstellt worden war.

An der damaligen Bergakademie waren zwei Jahre dem Vorkurse Vorbehalten und ein Jahr dem Bergwesen bzw. dem Hüttenwesen. An den Vorle­sungen und Übungen des Vorkurses waren sechs Professoren beteiligt und sechs Dozenten. Der Vor­sitzende für das Bergwesen war Oberbergrat Profes­sor Rochelt, der Vorsitzende für das Hüttenwesen Oberbergrat Prof. Kupelwieser. Aus den Vorkursen mußten die Frequenzbestätigungen beigebracht und der Erfolg durch Prüfungen nachgewiesen werden. Die Erfolge wurden in Fortgangszeugnissen festge­halten und dienten als Nachweis für die Zulassung zu den 1897 eingeführten Staatsprüfungen.

Professor Kobald hatte Höhere Mathematik und Physik. Er lehrte uns integrieren und differenzieren;

wir wußten aber nicht, wann und wozu wir die Höhere Mathematik seinerzeit im Beruf anzuwen­den hatten. Darüber bekam ich erst Klarheit, als ich in russischer Gefangenschaft, in Sibirien, von den Schweden ein englisches Buch in die Hand bekam und dasselbe wirklich durchstudierte; da fielen mir erst die Schuppen von den Augen. Professor Klin­gatsch hatte Darstellende Geometrie sowie Prakti­sche Geometrie und Übungen aus dem Situations­zeichnen.

Ein von uns verehrter Professor war der Profes­sor Bauer, der die Technische Mechanik und Allge­meine Maschinenbaukunde hatte. Prof. Bauer war ein Professor, der uns die Technische Mechanik in sehr klarer Weise beizubringen versuchte. Er haßte das Hersagen von Formeln, die Hauptsache war das Warum und Wieso. Er benutzte jede praktische Gelegenheit, uns die Technische Mechanik vor Augen zu führen und verstehen zu lehren. Wir hatten und sahen in Professor Bauer unseren eigentlichen Freund, den wir alle hoch verehrten. National einge­stellt, war er der Führer des Hochschulstreiks in Leoben, der in ganz Österreich praktisch lückenlos durchgeführt worden ist, gegen die Sprachverord- nung des seinerzeitigen Ministers Badeni. Der Streik, der über drei Monate dauerte, führte schließlich dazu, daß die Sprachverordnung zurückgezogen wurde.

Professor Bauer machte auch alle Exkursionen mit und war immer unter uns, wenn wir bei Exkursio­nen mit unseren Gastgebern beisammen saßen. Einmal, bei einer Exkursion in der Nähe von Leoben, war er plötzlich verschwunden. In Sorge um ihn brachen wir sofort auf und machten uns auf den Rückweg nach Leoben. Unterw egs begegneten wir einem Dutzend Kumpels, die wir besorgt fragten: ,Habt ihr nicht unseren lieben Professor Bauer gese­hen?1 Da sagte ein Kumpel: Ja , ja, der liegt 100 Schritte w eiter unten im Straßengraben und schnarcht1. So kamen wir zu ihm, halfen ihm auf und brachten ihn dann gesund und munter nach Leoben.

Ein Professor, den wir ebenfalls sehr verehrten, war Prof. Ritter von Hauer, der die konstruktiven Übungen aus Bergmaschinenbaukunde sowie aus der Hüttenmaschinenbaukunde hatte. Wir bewun­

Page 3: Zur Erinnerung an Josef Fuglewicz - unileoben.ac.at

Bild 2: Begrüßung von Prof. Fuglewicz beim Fackelzug anläßlich seines 95. Geburtstages.

derten ihn sehr, wie er freihand an die Tafel die Maschinenkonstruktionen zeichnete, ohne Zuhilfe­nahme von Lineal und Zirkel. Prof. Hauer war so­wohl bei den Hüttenleuten als auch bei den Bergleu­ten hoch verehrt.

Ein weiterer bekannter Professor, auch über die Grenzen von Österreich, war Professor Höfer von Heimhalt. Er hatte Geognosie, Paläontologie und Geologie. Seinerzeit machte er als Geologe die Nordpolexpedition nach Spitzbergen mit dem Gra­fen Wilcek mit und war, wie gesagt, über die Gren­zen Österreichs wegen seiner erdölgeologischen Gutachten bekannt. Er war sich auch dessen voll bewußt, denn bei vielen Gelegenheiten sagte er: ,Ich und die anderen berühmten Geologen sind der Meinung, daß...usw.“ Bei geologischen Exkursionen verstand er es, uns neben dem Landschaftsbild auch die geologischen Gegebenheiten so beizubringen, daß wir auch später bei jedem Ausflug nicht nur das Landschaftsbild sahen, sondern uns auch die geolo­gischen Verhältnisse vorstellten. Er war bekannt als Weiberfreund und nützte jede Gelegenheit, wenn er

einer schönen Frau begegnete, sie mit dem Ärmel anzurempeln. Daraufhin sah er sie an und bat um Entschuldigung für seine Ungeschicklichkeit. Dar­aus ergab sich meist ein Zwiegespräch, das ziemlich lang dauerte. Wie die Fama berichtet, war es den Damen von damals nicht sehr unangenehm, von Höfer gerempelt zu werden.

Ein weiteres Original war Professor Schöffel, der mit seinem Kopf eine eigentümliche Haltung ein­nahm und bei uns jedenfalls sehr beliebt war. Er las Chemie und Probierkunde und für die Hüttenleute die Metallurgische Chemie. Prof. Schöffel hatte einen Laboranten, einen gewissen Malcak, der immer, wenn er mit uns sprach, sagte: ,Ich und der Herr Professor“, als wenn das ein und dasselbe wäre. Ihm oblag das Herrichten der chemischen Übungen und Experi­mente. Professor Höfer und Professor Schöffel wa­ren im selben Gebäude untergebracht; Professor Höfer mit seinen Sammlungen mineralischer Art im ersten Stock, Professor Schöffel im Parterre. Da kam es dann oft zu Reibereien, wenn unten mit Schwefel­wasserstoff manipuliert worden war, der sich hinauf­

Page 4: Zur Erinnerung an Josef Fuglewicz - unileoben.ac.at

zog und durch die offenen Fenster in die Lehrkanzel für Geologie. Da stürzte dann Professor Höfer zum Fenster und schrie hinunter: ,Ihr Verfluchten, fangt ihr schon wieder mit eurem Schwefelwasserstoff an' und schloß das Fenster. Außer den genannten Vorle­sungen und Übungen waren im Vorkurs auch Berg­recht, Buchhaltung, Enzyklopädie der Baukunde, Entwerfen von Bauobjekten und Erste-Hilfe-Leistung bei Unfällen zu hören.

Ich unterbrach die Vorlesungen nach den ersten zwei Jahren, um meinen Militärdienst abzuleisten und trat als Einjährig-Freiwilliger in das Hausregi­ment, das frühere Regiment Nr. 41, ein. Ich hatte die Möglichkeit, die Kaisermanöver mitzumachen, legte im September 1896 meine Offiziersprüfung mit aus­gezeichnetem Erfolg ab und wurde im Dezember 1896 außer der Rangfolge zum Reserveleutnant er­nannt und zum 3 . bosnischen Infanterieregiment nach Budapest abgestellt,

Nach der Absolvierung meiner militärischen Dienstpflicht trat ich wieder in den Bergkurs ein. Nachdem hier kein schwunghafter Handel mit Vor­lesungen getrieben worden ist, waren wir gezwun­gen, sämtliche Vorlesungen laufend zu besuchen, in Schlagworten nachzuschreiben und nach dem Ge­dächtnis zu Hause zu ergänzen. Der Vorteil war, daß wir mit dem Stoff und den Professoren in ständiger Fühlung blieben und dann die Prüfungen viel leich­ter bestehen konnten. Die Vorlesungen aus Berg­baukunde hatte der k.u.k. Oberbergrat Professor Rochelt. In seiner Lehrkanzel hatte er nicht nur die Bergbaukunde, sondern auch Teile des Bergmaschi­nenwesens sowie die Aufbereitung und die Mark­scheidekunde.

Nach dem einen Jahr Bergwesen mußte ich noch das Hüttenwesen ablegen, weil ich die Absicht hatte, in den Staatsdienst einzutreten und alle Absolventen, die in den Staatsdienst oder bei den Steinkohlengru­ben im Ostrau-Karwiner Revier eintreten wollten, beide Kurse belegen mußten. So konnte ich dann am 27. Februar 1898 meine Staatsprüfung für Bergwesen mit vorzüglichem Erfolg abschließen und am 27. September 1898 die Staatsprüfung für Hüttenwesen. Man sieht daraus, daß es möglich gewesen war, bei fleißigem Vorlesungsbesuch und regelmäßiger Ab­

leistung der Prüfungen trotz der einjährigen Unter­brechung zum Militärdienst in fünf Jahren fertigzu­werden.

Wenn ich noch einiges Wenige aus den ersten Praxisjahren hinzufügen möchte, so war es, daß ich sofort nach Absolvierung der Staatsprüfung für Hüt­tenwesen in den Steinkohlenbergbau Rossitz bei Zbeschau in Mähren eintrat. Dort war es mein Bestre­ben, die Leistung und den Ablauf einer Häuerschicht kennenzulernen. Ich fuhr daher um 6 Uhr mit den Kumpeln ein und um 3 Uhr mit den Kumpeln aus. Dadurch bekam ich einen guten Eindruck über den Ablauf einer Häuerschicht und die Einzelleistung der Häuer. Als ich dann am 1. Jänner 1899 beim ärari­schen Silberbergbau Przibram eintrat und genauso um 6 Uhr früh ein und um 3 Uhr ausfuhr, dauerte es keine 14 Tage, da kamen die Eleven und die Bergad­junkten der Nachbarschächte zu mir und erklärten mir folgendes: ,Das wird bei uns nicht eingeführt; eingefahren wird zum Rapport um 8 Uhr früh und ausgefahren um 10 Uhr, nachmittag wird zum Rap­port um 3 Uhr angetreten1. Ich mußte daher mein früheres Einfahren einstellen und das Verlangen der Kollegen befolgen.

Beim ärarischen Bergbau, wo ich als Eleve ein­trat, war es üblich, drei Monate beim Bergbau, drei Monate in der Markscheiderei, drei Monate in der Aufbereitung und drei Monate in der Silberhütte zu praktizieren, wo man auch praktisch arbeiten mußte. Mein Chef in der Markscheiderei, ein biederer Tiro­ler, ließ mich, als ich bei der Silberhütte praktizierte, rufen und sagte mir: ,Ich beobachte Sie schon die längste Zeit. Sie sind zu schade für den Staatsdienst. Schauen Sie, im Staatsdienst können Sie nach langer Zeit das Gold am Kragen und am Lampass erreichen und im Privatdienst haben Sie’s in der Brieftasche. Schauen Sie, da sucht der W estböhmische Bergbau- Aktienverein einen Bergassistenten. Reichen Sie ein und berufen Sie sich auf mich.'

Ich ließ mir das nicht zweimal sagen, reichte ein, berief mich auf den Befürworter und wurde am 1. Jänner als Assistent eingestellt. Ich kam gerade zu dem großen Generalstreik, der in ganz Österreich lückenlos durchgeführt wurde, zur Erreichung der 9-Stunden-Schicht. Ich hatte dabei Gelegenheit, prak­

Page 5: Zur Erinnerung an Josef Fuglewicz - unileoben.ac.at

tisch kennenzulernen, wie eine Grube nach viermo­natlichem Stillstand aussieht, wie alle Grubenbaue zusammengewachsen waren und wie sie bei der Wiederaufnahme des Bergbaues neu aufgeführt werden mußten. Die Bergleute erreichten aber dabei ihre 9-Stunden-Schicht, und der Bergbau lief weiter, wie er bisher gelaufen war. Allerdings nahmen sich die Bergleute zusammen und durch die Mehrlei­stung hatten sie die 9-Stunden-Schicht auch tatsäch­lich eingebracht.

Es gäbe noch viel über meine praktischen Erfah­rungen beim Bergbau zu berichten. Beim Westböh­mischen Bergbau-Aktienverein hatte ich insofern Glück, als ich nach zwei Jahren Betriebsleiter wurde auf der Austria-Anlage, zwei Jahre darauf Betriebslei­ter auf der größten Steinkohlengrube im Pilsner Revier.

Leider machte der Erste Weltkrieg meiner Praxis ein Ende. Mit dem ersten Mobilisierungstag rückte ich sofort ein, kam zu einem Landsturm-Infanteriere­giment in die Festung Przemysl, war Fortkomman­dant an deren Westfront, machte die erste und zweite Belagerung Przemysls mit, lernte dabei die Russen als noble Gegner kennen, die uns zu Weihnachten und zu Ostern Torten und W ein herüberschickten, kurz es war noch ein eleganter Krieg von Mann zu Mann ohne die Mordwaffen, wie sie heute verwen­det werden. Bei der Übergabe der Festung Przemysl kam ich in russische Gefangenschaft, machte ganz Sibirien durch, vom Ural bis Wladiwostok, und kehrte dann auf dem Seeweg in die Heimat zurück.

1928 wurde ich an die Montanistische Hoch­schule, an den Lehrstuhl für Bergbaukunde, beru­fen .“