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26. FEBRUAR1 9 2 6 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT.. 5. JAHRGANC. Nr. 9 367 KURZE WISSENSCHAFTLICHE MITTEILUNGBN. ZUR FRAGE DER INNEREN SEKRETION DER SEXUALDROSEN. Won ESKIL KYLIN, Eksj6 (Sehweden). Urn meine seit beinahe io Jahren fortgesetzten Studien fiber die Hypertoniefrage aus neuen Gesichtspunkten fort- zusetzen, habe ich folgende Untersuchungen vorgenommen, fiber, deren physiologischen Tell ich kurz berichten will. Der !dinische Tell mit Versuchen, die essentielle Hyper- toniekrankheit mit Sexualdriisenextrakt zu behandeln, wird Gegenstand Sp~terer Berichterstattung. Aus Sexualdrfisen geschlechtsreifer nicht zu alter Tiere (Stuten, I~fihe, Schweine und Stiere) babe ich ein Alkohol- extrakt bereitet. Das Extrakt besitzt, wie ich zusammen mit einem meiner Mitarbeiter, Dr. J. GIP, bei Versuchen mit geschlechtsreifen Kaninchen yon demselben Geschleeht (d. h. Hodenextrakt bei m~innlichen und Ovarialextrakt bei weiblichen Kaninchen) land, eine deutliehe blutzuekersenkende Wirlcung. Bei mdnnlichen Diabetikern fanden wir naeh Injektion yon Hodenextrak~ gleichfalls eine sehr kr~/tige Blutzuekersenkung, in einem ~'all yon 198-- 1H. Bei weibliehen Kaninchen gaben Hodenextraktinjektionen keine einheitlichen oder deutliehen Ausschl@e. Bei einem miinnliehen Kaninchen gab Injektion yon Ovarialextrc&t eine schwankende Kurve mit geringer Blutzuckersteigerung. Bei kastrierten m~nnliehen Kaninchen gaben s~mtliehe Versuche deutliehe Blutzueker- steigerung, die in zwei F/~llen sehr hochgradig waren. In diesen zwei F~llen wurden die Kaninchen gteichzeitig mit der Blur- zuckersteigerung sehr intoxiciert. Bei Mensehen land ich eine deutliche Blutdrueksenkung mit den Sexualdrtisenextrakten, 4 FMle yon m:innlichen Patienten, bei welchen ich eine vagotone Adrenalinblutdruckreaktion gefunden hatte, wurden mit Hodenextrakt behandelt. In s/imtlichen Ff~llen fand ich nach t3ehandlnng w~hrend einiger Tage mit Injektionen yon Hodenextrakt~ dab neue Adrenalinreaktionen weniger vagoton oder normal waren. Das Extrakt wurde nach Koehen w~hrend 5 Minuten un- wirksam. Extrakte yon Geschleehtsdrfisen, welehe w~hrend einer halben bis einer Stunde abgeki~hlt worden waren, waren ganz unwirksam. Gleichfalls war ein Extrakt, das frisch bereitet sehr wirksam war, nach 2monatiger Aujbewahrung ganz unwirksam. Ausffihrlicher Berieht wird in der Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. erscheinen. 0BER FETT- UND SCHILDDRUSENWIRKUNG. Von I. ABELIN. In der Biochem. Zeitschr. 149, I924, babe ich gemeinsam mit K. MIYAZAKI fiber einige Beziehungen zwischen dem Fettstoffwechsel und der Schilddrfisenwirkung berichtet. Wir haben damals den Tieren neben dem fiblichen Futter verschiedene Fette per os eingegeben und konnten dabei feststellen, dab bei den so vorbehandelten Tieren die Gas~ wechselerh6hung nach Schilddrfisenzufuhr nicht so hoch ausf~llt wie bei normaler Erni~hrung. Ich habe diese Be- obachtungen in verschiedener Richtung verfolgt und mich vorerst gefragt, ob es auch gelingt, eine bereits vorhandene, dutch Schilddrfisenzufuhr hervorgerufene Stoffwechsel- erh6hung durch Fettzufuhr zu beeinflussen. Dieses l~gt sich tats:~chlich bei bestimmter Versuchsanordnung erreiehen. Bei Tieren mit sehr hohen Stoffwechselsteigerungen land ich nach Eingabe-yon Fett eine betr~chtliche Erniedrigung der Kohlens~ureausscheidung und tier Calorienproduktion. Sobald die Fettwirkung abgeklungen ist, geht der GaswechseI wieder in die H61ae. Auch das Ergebnis dieser Yersuche deutet darauI bin, dab wir in dem Nahrungsfett in gewissem Sinne einen Antagonisten der Schilddrfisenwirkung haben. Es muBte ierner untersucht werden, ob nur der Stofiwechsel- effekt, oder ob auch die anderen charakteristischen Schild- drfisenreaktionen dutch das Fett beeinfluBt werden. Eine der letzthin yon mir festgestellten Wirkungen der Schild- drfisenzufuhr besteht in einer Erh6hung der spezitisch dyna- mischen Wirkung der Nahrungsstoffel). Ebenso wie der Ruheumsatz wird auch die spezifisch dynamische Wirkung durch die Fettzufuhr beeinflul3t. Ferner ist die Fettzufuhr auch ffir den Glykogengehalt der Leber und des Muskels yon Bedeutung. Die Scbilddrtisenstoffe verjagen bekanntlieh das Glykogen aus dessen Ablagerungsst~ttten und machen die Leber glykogenarm oder glykogenfrei. Werden aber die Tiere mit den gleichen Schilddrfisenmengen, daneben aber auch mit Fett "behandelt, so finder man in der Leber eine fast normale Glykogenanh~ufung. Auch das Muskelglykogen scheint durch die Fettzufuhr beeinfluBt zu werden. Uber die Beziehungen des Fettes zu den anderen Wir- kungen der Schilddr[isenstoffe soll an anderer Stelle be- richter werden. (Aus dem physiologisehen Institut der Uni, versit4t Bern.) L i t e r a t u r : :) Sitzungsber. d. Schweiz. Naturforsch. Ges. 1922 ; Kiln Woehenschr. 1922, S. 2188 ; I923, S. 2221; Biochem. Zeitschr. I37, I49, 152, I54. fl~TIOLOGISCHES IDIOPATHISCHEN VERDAUUNGSINSUFFIZIENZ*). (HEUBNER-HERTERSCHE KRANKHEIT.) Vor: Privatdozent Dr. AL~o~s MADER. Aus der Universit~its-Kinderklinik Frankfurt a. M. Die :itiologische Erforschung und therapeutische Be- einflussung der chronischen Verdauungsinsuffizienz des zwei- ten Kiudesalters hat seit den klassischen Arbeiten yon HI~UB- _~ER und ]TIERTGR keine nennenswerten Fortschritte mehr gemaeht. Wohl fehlt es in den zahlreichen kasuistischen Bei- tr~igen der letzten Jahre nicht an Hinweisen auI ~tiologische M6glichkeiten und kausale Zusammenh~nge; aber all diese Angaben sind so allgemein gehalten, teilweise auch wider- sprechend und anfechtbar, dab von einer K15~rung des Problems bisher kaum gesprochen werden konnte. *) Nach einem Vortmge in der Vereinigung FFankfurter K_inderarzte am ~6. XII. z925. PRAKTISCHE ERGEBNISSE. UND THERAPEUTISCHES ZUR Das klinisehe Bild und der Verlauf dieser eigenartigen Er- krankung darf als bekannt vorausgesetzt werden, und nur die wesentlichsten Momente sollen hervorgehoben werden. Im Mittelpunkt der Erscheinungen steht bekanntlich die hoch- gradige, nicht selten geradezu stfirmische Formen annehmende St6rung des gesamten ErnXhrungsablaufes mit ihren verh~ng- nisvollen Folgen auf alle Stoffwechsel-, Wachstums- und Entwicklungsvorgange. Nicht selten kommt es w~hrend der moist periodisch rezidivierenden Idrankbeitsschfibe zu Ge- wichtsstfirzen, die in Verbindung mit anderen, teilweise ~uf3erst bedrohlichen Allgemeinerscheinungen das Ende erwarten lassen. ]3esonders unangenehm wird in schweren F/~llen die Situation noeh dadurch, dab eine anscheinend v611ige Un- ern~hrbarkeit jede Aussicht auf 1Rettung zu versperren scheint. Und doch ist ein t6dticher Ausgang im allgemeinen selten. Frfiher odor spXter treten Besserungen und Stillst:tnde ein, und spXtestens pflegt um die Pubert~t herum die Heilung einzutreten. Dies zeitliche Zusammentreffen der endgiiltigen Genesung mit einer so eminent wichtigen biologischen Lebens-

Zur Frage der Inneren Sekretion der Sexualdrüsen

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26. FEBRUAR 1 9 2 6 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . . 5. J A H R G A N C . Nr. 9 367

K U R Z E W I S S E N S C H A F T L I C H E M I T T E I L U N G B N .

ZUR FRAGE DER INNEREN SEKRETION DER SEXUALDROSEN.

Won ESKIL KYLIN, Eksj6 (Sehweden).

Urn meine seit beinahe io Jahren fortgesetzten Studien fiber die Hypertoniefrage aus neuen Gesichtspunkten fort- zusetzen, habe ich folgende Untersuchungen vorgenommen, fiber, deren physiologischen Tell ich kurz berichten will. Der !dinische Tell mit Versuchen, die essentielle Hyper- toniekrankheit mit Sexualdriisenextrakt zu behandeln, wird Gegenstand Sp~terer Berichterstattung.

Aus Sexualdrfisen geschlechtsreifer nicht zu alter Tiere (Stuten, I~fihe, Schweine und Stiere) babe ich ein Alkohol- extrakt bereitet. Das Extrakt besitzt, wie ich zusammen mit einem meiner Mitarbeiter, Dr. J. GIP, bei Versuchen mit geschlechtsreifen Kaninchen yon demselben Geschleeht (d. h. Hodenextrakt bei m~innlichen und Ovarialextrakt bei weiblichen Kaninchen) land, eine deutliehe blutzuekersenkende Wirlcung. Bei mdnnlichen Diabetikern fanden wir naeh Injektion yon Hodenextrak~ gleichfalls eine sehr kr~/tige Blutzuekersenkung, in einem ~' all yon 198-- 1H. Bei weibliehen Kaninchen gaben Hodenextraktinjektionen keine einheitlichen oder deutliehen Ausschl@e. Bei einem miinnliehen Kaninchen gab Injektion yon Ovarialextrc&t eine schwankende Kurve mit geringer Blutzuckersteigerung. Bei kastrierten m~nnliehen Kaninchen gaben s~mtliehe Versuche deutliehe Blutzueker- steigerung, die in zwei F/~llen sehr hochgradig waren. In diesen zwei F~llen wurden die Kaninchen gteichzeitig mit der Blur- zuckersteigerung sehr intoxiciert.

Bei Mensehen land ich eine deutliche Blutdrueksenkung mit den Sexualdrtisenextrakten,

4 FMle yon m:innlichen Patienten, bei welchen ich eine vagotone Adrenalinblutdruckreaktion gefunden hatte, wurden mit Hodenextrakt behandelt. In s/imtlichen Ff~llen fand ich nach t3ehandlnng w~hrend einiger Tage mit Injektionen yon Hodenextrakt~ dab neue Adrenalinreaktionen weniger vagoton oder normal waren.

Das Extrakt wurde nach Koehen w~hrend 5 Minuten un- wirksam. Extrakte yon Geschleehtsdrfisen, welehe w~hrend einer halben bis einer Stunde abgeki~hlt worden waren, waren ganz unwirksam. Gleichfalls war ein Extrakt, das frisch bereitet sehr wirksam war, nach 2monatiger Aujbewahrung ganz unwirksam.

Ausffihrlicher Berieht wird in der Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. erscheinen.

0BER FETT- UND SCHILDDRUSENWIRKUNG. Von

I. ABELIN.

In der Biochem. Zeitschr. 149, I924, babe ich gemeinsam mit K. MIYAZAKI fiber einige Beziehungen zwischen dem Fettstoffwechsel und der Schilddrfisenwirkung berichtet. Wir haben damals den Tieren neben dem fiblichen Fut ter verschiedene Fette per os eingegeben und konnten dabei feststellen, dab bei den so vorbehandelten Tieren die Gas~ wechselerh6hung nach Schilddrfisenzufuhr nicht so hoch ausf~llt wie bei normaler Erni~hrung. Ich habe diese Be- obachtungen in verschiedener Richtung verfolgt und mich vorerst gefragt, ob es auch gelingt, eine bereits vorhandene, dutch Schilddrfisenzufuhr hervorgerufene Stoffwechsel- erh6hung durch Fettzufuhr zu beeinflussen. Dieses l~gt sich tats:~chlich bei bestimmter Versuchsanordnung erreiehen. Bei Tieren mit sehr hohen Stoffwechselsteigerungen land ich nach Eingabe-yon Fet t eine betr~chtliche Erniedrigung der Kohlens~ureausscheidung und tier Calorienproduktion. Sobald die Fettwirkung abgeklungen ist, geht der GaswechseI wieder in die H61ae. Auch das Ergebnis dieser Yersuche deutet darauI bin, dab wir in dem Nahrungsfett in gewissem Sinne einen Antagonisten der Schilddrfisenwirkung haben. Es muBte ierner untersucht werden, ob nur der Stofiwechsel- effekt, oder ob auch die anderen charakteristischen Schild- drfisenreaktionen dutch das Fet t beeinfluBt werden. Eine der letzthin yon mir festgestellten Wirkungen der Schild- drfisenzufuhr besteht in einer Erh6hung der spezitisch dyna- mischen Wirkung der Nahrungsstoffel). Ebenso wie der Ruheumsatz wird auch die spezifisch dynamische Wirkung durch die Fet tzufuhr beeinflul3t. Ferner ist die Fettzufuhr auch ffir den Glykogengehalt der Leber und des Muskels yon Bedeutung. Die Scbilddrtisenstoffe verjagen bekanntlieh das Glykogen aus dessen Ablagerungsst~ttten und machen die Leber glykogenarm oder glykogenfrei. Werden aber die Tiere mit den gleichen Schilddrfisenmengen, daneben aber auch mit Fet t "behandelt, so finder man in der Leber eine fast normale Glykogenanh~ufung. Auch das Muskelglykogen scheint durch die Fettzufuhr beeinfluBt zu werden.

Uber die Beziehungen des Fettes zu den anderen Wir- kungen der Schilddr[isenstoffe soll an anderer Stelle be- richter werden. (Aus dem physiologisehen Institut der Uni, versit4t Bern.)

L i t e r a t u r : :) Sitzungsber. d. Schweiz. Naturforsch. Ges. 1922 ; Kiln Woehenschr. 1922, S. 2188 ; I923, S. 2221; Biochem. Zeitschr. I37, I49, 152, I54.

fl~TIOLOGISCHES IDIOPATHISCHEN VERDAUUNGSINSUFFIZIENZ*).

(HEUBNER-HERTERSCHE KRANKHEIT.) V o r :

Pr iva tdozen t Dr. AL~o~s MADER. Aus der Universit~its-Kinderklinik Frankfurt a. M.

Die :itiologische Erforschung und therapeutische Be- einflussung der chronischen Verdauungsinsuffizienz des zwei- ten Kiudesalters hat seit den klassischen Arbeiten yon HI~UB- _~ER und ]TIERTGR keine nennenswerten Fortschritte mehr gemaeht. Wohl fehlt es in den zahlreichen kasuistischen Bei- tr~igen der letzten Jahre nicht an Hinweisen auI ~tiologische M6glichkeiten und kausale Zusammenh~nge; aber all diese Angaben sind so allgemein gehalten, teilweise auch wider- sprechend und anfechtbar, dab von einer K15~rung des Problems bisher kaum gesprochen werden konnte.

*) Nach einem Vortmge in der Vereinigung FFankfurter K_inderarzte am ~6. XII . z925.

PRAKTISCHE ERGEBNISSE. UND THERAPEUTISCHES Z U R Das klinisehe Bild und der Verlauf dieser eigenartigen Er-

krankung darf als bekannt vorausgesetzt werden, und nur die wesentlichsten Momente sollen hervorgehoben werden. Im Mittelpunkt der Erscheinungen steht bekanntlich die hoch- gradige, nicht selten geradezu stfirmische Formen annehmende St6rung des gesamten ErnXhrungsablaufes mit ihren verh~ng- nisvollen Folgen auf alle Stoffwechsel-, Wachstums- und Entwicklungsvorgange. Nicht selten kommt es w~hrend der moist periodisch rezidivierenden Idrankbeitsschfibe zu Ge- wichtsstfirzen, die in Verbindung mit anderen, teilweise ~uf3erst bedrohlichen Allgemeinerscheinungen das Ende erwarten lassen. ]3esonders unangenehm wird in schweren F/~llen die Situation noeh dadurch, dab eine anscheinend v611ige Un- ern~hrbarkeit jede Aussicht auf 1Rettung zu versperren scheint. Und doch ist ein t6dticher Ausgang im allgemeinen selten. Frfiher odor spXter treten Besserungen und Stillst:tnde ein, und spXtestens pflegt um die Pubert~t herum die Heilung einzutreten. Dies zeitliche Zusammentreffen der endgiiltigen Genesung mit einer so eminent wichtigen biologischen Lebens-