11
Zur Frage der schizophrenen Geistesstiirung. Von Dr. m(,d. Walter Jaeobi, Assistenzarzt an der psychiatrischen Universit~tsklinik Jena (Direktor Prof. Dr. B e r g e r). (Eingegangen am 24. November 1920.) Hirsch hat im Jahre 1914 eine quantitative ]~ethode zur Prtifung der Intensit~t der Abwehrfermentwirkung beschricben. Bei dieser wird mit Hilfe des L6we-Zeil~schen Interferometers die Konzentrations- ~tnderung bestimmt, die durch Aufl6sung vo~ Peptonen entsteht, welche durch Einwirkung yon Abwehrfermenten auf Organsubstrate gebildet werden. Hirsch hat in einer Reihe yon Arbeiten seiner Methode Geltung und Ansehen verschafft. Er hat sich besonders bemiiht, durch die yon ihm gewonnencn Resultate die t~ichtigkeit der Abderhalden- schen Anschauungen beztiglich Auftreten und Spezifit~t der Abwehr- fermente darzutun. Beziiglich Methode, spezielle Untersuchungs- techuik und Ausftihrung der serologischen Untersuchungen verweise ich auf die Vertiffentlichungen P. Hirschsl). ])auk des weitgehenden Illteresses (ler Firma ZeiI~ ftir wissenschaft- liche Forschung wurde uns eil~ Fliissigkeitsinterferometer ffir unsere 1) p. Hirsch, Fermentstudien: 1. Bestimmung yon Fermcntwirkungen mit Hilfe des Interferometers. 1. Mitteilung. Die Anwcndung der interferomctrischen Methode zum Studium der Ahwehrfcrmente. Zeitschr. f. physiol. Chemie 91, 440---449. 1914. -- Derselbe, Eine neue Methode zum Nachweis der Abwehr- fermente. Dtsch. reed. Woehenschr. 1914, Nr. 31. -- Derselbe, Die interferome- trische Methode zum Studium der Abwehrfermente. Fermentforschung I, 33~6. 1914. -- Derselbe, Die interferometrische Methode zum Studium der Abwehr- fermente. Abderhaldens Handbuch der biochemischen Arbeitsmcthoden 8, 56] bis 572. 1915. -- Ferner vgl. E. Abderhalden, Ergebnisse der Fahndung aid Abwehrfermente bei gleichzeitiger Anwendung verschiedener Mcthoden. Ferment- forschung I, 20--32. 1914. -- t'. Hirsch, Fermentstudicn. Neue 5Iethoden zum Nachweis proteolytischer und lipolytischer Fermente, mit hesonderer Berticksich- tigung der Abwehrfermente. Jena 1917. Verlag von G. Fischer. -- F. L6we, Ein neues Interferometer fiir Gase und Fltissigkeiten. Physikal. Zeitschr. I 1, 1047 bis 1051. 1910. -- Derselbe, Ein tragbares Interferometer fiir Fltissigkeiten und Gase. Zeitschr. f. Instrumentenk. 30, 321--329. 1910. -- F. Haber u. F. Liiwe, Ein Interferometer fiir Chemiker nach Rayleighschem Prinzip. Zeitschr. f. angew. Chemie 23, 1393--1398. 1910. -- P. Hirsch u. F. L6we, I. Ein Mikroverfahren der interferometrischen )~ethode zum Studium der Abwehrfermente. Ferment- forschung. II. Wasserkammer ffir Fliissigkeitsinterferometer mit einer wirklichen Sehieht yon 1 mm Dicke. Zeitschr. f. Instrumentenk. (Arbeit noch lticht erschienen).

Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

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Page 1: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

Z u r F r a g e d e r s c h i z o p h r e n e n G e i s t e s s t i i r u n g .

Von Dr. m(,d. Walter Jaeobi,

A s s i s t e n z a r z t a n d e r p s y c h i a t r i s c h e n U n i v e r s i t ~ t s k l i n i k J e n a ( D i r e k t o r P r o f . D r . B e r g e r).

(Eingegangen am 24. November 1920.)

H i r s c h ha t im J a h r e 1914 eine q u a n t i t a t i v e ]~ethode zur Pr t i fung der In t ens i t~ t der Abwehr fe rmen twi rkung beschricben. Bei dieser wird mi t Hilfe des L6we-Zeil~schen In t e r f e romete r s die Konzen t r a t i ons - ~tnderung bes t immt , die durch Aufl6sung vo~ P e p t o n e n en t s teh t ,

welche durch E inwi rkung yon Abwehr fe rmen ten auf Organsubs t r a t e gebi lde t werden. H i r s c h h a t in einer Reihe yon Arbe i t en seiner Methode Gel tung und Ansehen verschaff t . E r ha t sich besonders bemi ih t , durch die yon ihm gewonnencn Resu l t a t e die t~icht igkei t der Abderha lden - schen Anschauungen beztiglich Auf t re ten und Spezif i t~t der Abwehr - fe rmente da rzu tun . Beziigl ich Methode, spezielle Unte r suchungs - t echu ik und Ausf t ihrung der serologischen Un te r suchungen verweise ich auf die Vert i f fent l ichungen P. H i r s c h s l ) .

] ) auk des wei tgehenden I l l teresses (ler F i r m a ZeiI~ ftir wissenschaft- liche For schung wurde uns eil~ F l i i s s igke i t s in te r fe romete r ffir unsere

1) p. H i r s c h , Fermentstudien: 1. Bestimmung yon Fermcntwirkungen mit Hilfe des Interferometers. 1. Mitteilung. Die Anwcndung der interferomctrischen Methode zum Studium der Ahwehrfcrmente. Zeitschr. f. physiol. Chemie 91, 440---449. 1914. - - Derselbe, Eine neue Methode zum Nachweis der Abwehr- fermente. Dtsch. reed. Woehenschr. 1914, Nr. 31. - - Derselbe, Die interferome- trische Methode zum Studium der Abwehrfermente. Fermentforschung I, 3 3 ~ 6 . 1914. - - Derselbe, Die interferometrische Methode zum Studium der Abwehr- fermente. Abderhaldens Handbuch der biochemischen Arbeitsmcthoden 8, 56] bis 572. 1915. - - Ferner vgl. E. A b d e r h a l d e n , Ergebnisse der Fahndung aid Abwehrfermente bei gleichzeitiger Anwendung verschiedener Mcthoden. Ferment- forschung I, 20--32. 1914. - - t'. H i r s c h , Fermentstudicn. Neue 5Iethoden zum Nachweis proteolytischer und lipolytischer Fermente, mit hesonderer Berticksich- tigung der Abwehrfermente. Jena 1917. Verlag von G. Fischer. - - F. L6we, Ein neues Interferometer fiir Gase und Fltissigkeiten. Physikal. Zeitschr. I 1, 1047 bis 1051. 1910. - - Derselbe, Ein tragbares Interferometer fiir Fltissigkeiten und Gase. Zeitschr. f. Instrumentenk. 30, 321--329. 1910. - - F. H a b e r u. F. Li iwe, Ein Interferometer fiir Chemiker nach Rayleighschem Prinzip. Zeitschr. f. angew. Chemie 23, 1393--1398. 1910. - - P. H i r s c h u. F. L6we, I. Ein Mikroverfahren der interferometrischen )~ethode zum Studium der Abwehrfermente. Ferment- forschung. II. Wasserkammer ffir Fliissigkeitsinterferometer mit einer wirklichen Sehieht yon 1 mm Dicke. Zeitschr. f. Instrumentenk. (Arbeit noch lticht erschienen).

Page 2: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

112 W..Iacobi :

Versuche leihweise zur Verffigung gestellt. Wir arbeiteten mit der von H i r s c h und L S w e angegebenen 1-mm-Kammer, deren Beschreibung in der Zeitschrift for Inst rumentenkunde demnSchst erfolgen wird. Diese erlaubt es, dal~ mit einer relativ geringen Menge von Serum und Organsubstrat (0,5 ccm Serum und 0,005 g Organsubstrat pro Unter- suchung) gearbeitet werden kann. Dies ist besonders bci der Prfifung wenig volumin6ser Organe z. B. vou Hypophyse und Epiphyse von Wichtigkeit.

Praktisch gestaltet sich die Untersuchung etwa folgendermaBen: Zwei sorgfitltig verschlossene Zentrifugiergl/tschen werden mit Serum bzw.

mit Serum-Organgewebe besehickt und 24 Stunden lang Brutschranktemperatur ausgesetzt. In dem mit Organsubstrat beschickten RShrchen bewirken die Schutz- fermente einen Abbau desselben zu Peptonen, die sich in Serum 15sen und eine KonzentrationserhShung desselben bewirken. Der Unterschied in der Konzentration beider sorgf~ltig zentrifugierter Sera wird mit Hilfe des lnterferometers auf ~lde- rungen der Interferenzerscheinungen, die durch aufierordentlich grolle Ausschl/~ge zutage treten, geprtift und quantitativ bestimmt.

Die Zubereitung der Organe, die die schwierigste und wichtigste Angelegenbeit bei der interferometrischen Methode ist, wurde im pharmakologischen Institut: Prof. Dr. K ionka unter persSnlicher Leitung von Privatdozent Dr. Hirsch dutch Friiulein Susanne Liebe vorgenommen und nahm etwa ein halbes Jahr in Anspruch.

Die Organe wurden uns yore pathologischen Institut, Prof. Dr. gSss l e , zur Verftigung gestellt.

Ich verffige im ganzen zur Zeit fiber 300 Untersuchungeu an 50 De- mentia-praecox-Kranken, Voruntersuchungen, solche an Normalen und anderen Kranken abgerechnet. Bei den yon uns serologisch untersuch- ten FKllen haben wir stets auf Abbau yon Ovar, Pankreas, Thyreoidea, Hypophyse, Groi~hirn und i~fickenmark, meist auch yon Stammhirn gefahndet.

Ich gruppiere (lie yon mir untersuchten Fi~lle, rein /iuSerlich nach dem Verlauf betrachtet :

A. in akute, (lie fiber Abwehrfermente verffigten, welche (lurch Ein- wirkung auf die vorgelegten Organsubstrate

1. zu einer geringen (3 Fi~lle, vgl. Tafel Ia , b), I I . zu einer starken (5 Fiille) Konzentrationserh6hung des zu unter-

suchenden Serums ffihrten (vgl. Tafel Ic , d, e).

B. In chronisehe J~'~tlle mit

I I I . geringer (5 Fi~lle) (vgl. Tafel I I a , b) und IV. starker (2 Fi~lle) Konzentrationserh6hung des Serums (vgl.

Tafel I Ic) .

Bei einer solchen Einteilung waren also Fiille, die unter I I und I I I zu rubrizieren waren, hi~ufiger als solche, die der Gruppe I und IV an- geh6rten.

Page 3: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

Zur Fra~e der seh izophrenen GeistesstSrun~. 1 1 3

T a f e l ].

~) Ovarien . . . . . . . Abbau 2 5 T T = 16,25%

Pankreas . . . . . . . . 14 T T - - 9,10~o 15 J a h r e a l t , Schilddriise . . . . . . . 24 TT ~ 15,60% weiblich,

H y p o p h y s e . . . . . . . 15 ~I?T ~ 9 , 7 5 ~ Demen t i a p m e o o x GroBhirn . . . . . . . . 4 TT = 2,60% I. Sehub. S t a m m h i r n . . . . . . . 8 TT -- 5,20~) Ri ickenmark . . . . . . 0 TT = 0%

b) Ovarien . . . . . . . Abbau 16 TT = 10,40~o

Pankreas . . . . . . . . 27 T T - - 17,55% 16x/z J a h r e alt , Schilddriise . . . . . . . 16 TT = 10,40~ weiblich.

H y p o p h y s e . . . . . . . 9 TT = 5,85% Demen t i a praecox. GroBhirn . . . . . . . . 0 TT ~ 0~ I. Schub. S t a m m h i r n . . . . . . . 8 TT = 5,20O/o R t i ckenmark . . . . . . 27 TT ~ 17,55o/o

c) Ovarien . . . . . . . Abbau 20 TT ~ 13,00% Pankreas . . . . . . . . 32 TT = 20,80~o Schilddriisc . . . . . . . 75 TT ~ 48,75~o 16 J a h r e alt , H y p o p h y s e . . . . . . . 70 TT = 45,50% weiblich. GroBhirn . . . . . . 41 TT ~ 26,65~ K,~tat. Zustandsbi ld . S t a m m h i r n . . . . . . . 102 TT = 66,30~o Rf ickenmark . . . . . . 50 TT ~ 32,50~o

d) O w r i e n . . . . . . . Abbau 52 TT = 33,80O/o

Pankreas . . . . . . . . 30 TT ~ 19,50~o 29 J a h r e alt, Schilddriise . . . . . . . 38 TT = 24,70~o weiblich. H y p o p h y s e . . . . . . . 15 TT 9,75~o Dement ia praecox, Groi]hirn . . . . . . ,, 32 TT =~ 20,80~o 4. fr ischer Schub. S t ammhi rn . . . . . . . 88 TT ~ 57,20O/o Ri ickennmrk . . . . . . 31 T T = 20,15~o

e) Ovarler~ . . . . . . Abt)~ii 137 TT -- 89,050/0

Pankreas . . . . . . . . 38 TT ~ 24,500/0 28 J a h r e alt , Schilddriise . . . . . . . 68 TT = 44,20~ weiblich. H y p o p h y s e . . . . . . . 21 TT = 13,65% Demen t i a praecox, GroBhirn . . . . . . . . 33 TT = 21,45% 3. fr ischer Schub. S t a m m h i r n . . . . . . . 26 TT -- 16,90~o Rt ickenmark . . . . . . 6 T T - 3,90~

A m h a u f i g s t e n a b e r w a r e n u n t e r d e n a k u t e n w i e c h r o n i s c h e n F a l l e n

s o l c h e wie s ie T a f e l I I I z e i g t (35 F M l e ) .

H e b e p h r e n e u n d k a t a t o n e F g l l e d u r c h A r t o d e r I n t e n s i t g t d e s A b -

b a u s m i t t e l s d e r i n t e r f e r o m e t r i s c h e n M e t h o d e z u u n t e r s c h e i d e n , w a r

m i r n i c h t m 6 g l i c h . D i e p a r a n o i d e F o r m t i e r D e m e n t i a p r a e c o x w a r i n

d e n y o n m i r u n t c r s u c h t e n F M l e n (6 F h l l e ) d u r c h g e r i n g e ] n t e n s i t a t

d e r A b w e h r f e r m e n t w i r k m ~ g a u s g e z e i c h n e t .

I c h h a b e m i c h s c h l i e B l i c h b e m i i h t , d i e b e i s a m t l i c h e n v o n m i r u n t e r -

s u c h t e n D e m e n t i a - p r a e c b x - F a l l e n g e w o n n e n e n D u r c h s c h n i t t s w e r t e

g r a p h i s c h d a r z u s t e l l e n ( T a f e l I V ) . D i e T a t s a c h e , d a b d e r A b b a u be i

z. f. d. g. Neut. u. Psych. (). LX1V. 8

Page 4: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

1 14 W. Jacobi :

a) Ovarien . . . . . . . Abbau Pankreas . . . . . . ,, Schilddriise . . . . . ,, Hypophyse . . . . . ,, GroBhirn . . . . . . ,, Stammhirn . . . . . . ,, Riickenmark . . . . ,,

b) Hoden . . . . . . . Abbau Pankreas . . . . . . ,, Sehilddriise . . . . . ,, Hypophyse . . . . . . . GroBhirn . . . . . . ,, Stammhim . . . . . ,, Riiekenmark . . . . ,,

c) Ovarien . . . . . . Abbau Pankreas . . . . . . ,, Schilddriise . . . . . ,, Hypophyse . . . . . . . GroBhirn . . . . . . ,, Stammhirn . . . . . ,, Riiekenmark . . . . ,,

Tafel II.

19 TT ----- 12,35% 24 TT ~- 15,60~/o 35 Jahre alt, 16 TT = 10,40~/o weiblieh. 19 TT = 12,35% Dementia praeeox. 6 TT = 3,90% Seit 18 Jahren krank.

10TT---- 6,50% Katat. Stupor. 11 TT = 7,15%

0 TT = 0% 30 Jahre alt, 26 TT = 16,90% m~nnlich. 6 TT = 3,90%

11 TT ~ 7,15% Dementia praecox. Seit 8 Jahren krank.

0 TT ~ 0% Katat. Stupor 0 TT ~ 0~o 6 TT ~ 3,90~o mit Erregungszust~nden.

62 TT ~ 40,30% 38 Jahre alt, 26 TT ~ 16,90% weiblieh. 32 TT ~ 20,80% Dementia praeeox. 17 TT ~ 11,5 % 11 Jahre krank. 11 TT ~ 7,15~o Langsam 90 TT ~ 58,5O% 17 TT ~ 11,05~o progredienter Verlauf.

m~nnl ichen K r a n k e n ein geringerer als bei weiblichen war, be ruh t wohl

darauf, dab ich von den weiblichen K r a n k e n mehr akute, von den m~nnl ichen mehr chronische FMle un te rsuch t habe. Der Hoden- resp. Ovar i enabbau fiberragt, wie Tafel IV zeigt, den der anderen Or- gane, bei weitem den des Gehirns. Diese Tatsachc kSnnte, falls sic sich weiterhin besti~tigt, Interesse ffir die En twick lung der E r k r a n k u n g

gewinnen. Gehirn und Rf ickenmark werden merkwiirdigerweise pro- zen tua l gleichmi~Big abgebaut .

Ich habe mir d a n n die Frag.e vorgelegt, ob die interferometrische Methode d i f f e r e n t i a l d i a g n o s t i s c h gegenfiber den anderen Psycho- sen, besonders der Hyster ic Aufschlfisse gibt.

Diese Frage muB ich auf Grund meiner Er fahrungen verneinen.

Bla t t V a und b zeigt z. B. die Ergebnisse von 2 Fi~llen, bei denen die klinische Diagnose lange zwischen Hyster ic und Dement ia praecox

schwankte, bis sic sich schlieBlich zuguns ten der Hyster ie kl~rte.

Bla t t Vc unter r ich te t fiber Befunde bei einem jungen Madchen mit

hyster ischem Stupor. Man wird zugeben, dab diese serologischen Be-

funde ebensogut zum klinischen Bilde der Ka ta ton ie gepaBt h~tten. Die Geschlechtsspezifit~t l and ich in der fiberwiegenden Mehrzahl

der von mir un te r such tcn K r a n k e n gewahrt. Doch verffige auch ich fiber 2 Fiflle, bei dcnen dies n icht der Fal l war. Bei beiden weiblichen

Kranken wurde das geschlechtsspezifische Organ prozentual in tens iver

Page 5: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

Zur Frage der sohizol)hrenen Geistesstsrun~'. 115

T a f e l

a) Hoden . . . . . . . Abbau 4 0 T T - - Pankreas . . . . . . . . 13 TT Schilddrtise . . . . . . . 18 TT Hypophyse . . . . . . . 27 TT = GroBhirn . . . . . . . . 17 TT Stammhirn . . . . . . . 18 TT = Riiekenmark . . . . . . l0 TT

b) Hoden . . . . . . . Abbau 35TT = Pankreas . . . . . . . . 52 TT = Schilddriise . . . . . . . 17 TT = Hypophyse . . . . . . . 22 TT = Gro~hirn . . . . . . . . 5 TT Stammhirn . . . . . . . 12 TT giickenmark . . . . . . 5 TT

e) Ovarien . . . . . . Abbau 33 TT Pankreas . . . . . . . . 39 TT Sehilddriise . . . . . . . 34 TT Hypophyse . . . . . . . 16 TT GroBhirn . . . . . . . . 9 TT Stammhirn . . . . . . . 14 TT giickenmark . . . . . . 10 TT

d) Ovarien . . . . . . . Abbau 31TT Pankreas . . . . . . . . 36 TT Schilddrtise . . . . . . . 22 TT Itypophyse . . . . . . . 25 TT GroBhirn . . . . . . . . 15 TT Stammhirn . . . . . . . 16 TT

c) Ovarien . . . . . . Abbau 40 TT Pankreas . . . . . . . . 23 TT Schilddrtise . . . . . . . 14 TT Hypophyse . . . . . . . 29 TT GroBhirn . . . . . . . . 18 TT Stammhirn . . . . . . . 10 TT Riickenmark . . . . . . 14 TT

f) Ovarien . . . . . . . Abbau 38 TT Pankreas . . . . . . . . 23 TT Sehilddriise . . . . . . . 30 TT Hypophyse . . . . . . . 34 TT GroBhirn . . . . . . . . 18 TT Stammhirn . . . . . . . 21 TT gtiekenmark . . . . ,, 21 TT

I l l .

26,00% 33 Jahre alt, 8,45% m~innlich.

11,70% 17,55% Seit November 17 krank. 11,05% Katatonie auf dem Boden 11,70% des angeborenen

Schwachsinns. 6,50%

22,75% 36 Jahre alt, 33,80% m/innlieh. 11,05% Seit Juni 18 krank. 14,30% Dementia praecox.

- - 3,25% 7,80% Langsam

= 3,25% progredienter Verlauf.

= 21,45%

25,35% 22 Jahre a l l ---- 22,10% weiblich. = 10,40% Dementia pra~eox.

5,85% , Frischer erster Schub. = 9,10% = 6,50%

20,60% 38 Jahre Mt, = 43,40% weiblich. = 14,30% Dementia praecox. = 16,25% Vor 13 Jahren erster Schub.

9,75~o Je tz t erst wenige Tage krank = 10,40% Katat . Zustandsbild.

= 26,00% =: 14,95% 29 Jahre alt, := 9,10~ weiblich.

18,85% Dementia praecox. = 11,70% Vor 4 Jahren erster Schub. = 6,50% Jetz t schon 6 Monate krank. = 9,10%

24,70% 21 dahre alt, = 14'95~176 weibhch. = 19 50~o Dementia praecox. = 22,10% Seit 3 Jahren krank. ---- 11,70% Langsam schleichender = 13,65% Verlauf. = 13,65%

a b g e b a u t als das n i c h t spez i f i s che Organ . Fa l l I : 2 2 % Ovar i en , 1 9 %

H o d e n . ~ - - F a l l I I : 2 7 % Ovar i en , 1 3 % H o d e n .

Die y o n m i r e r h o b e n e n B e f u n d e g e b e ich n u r z u s a m m e n f a s s e n d wie-

der , wei l j a spezie l l t ibe r d ie K r a n k h e i t s g r u p p e d e r D e m e n t i a p r a e c o x

e ine grol le R e i h e yon U n t e r s u c h u n g e n vor l ieg t . B e t r e f f s z u s a m m e n f a s s e n -

8*

Page 6: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

1 16 \V. Jacohi :

Ta fe l IV.

a) Hoden . . . . . . . Abbau 24TT = 15,60% Pankreas . . . . . . ,, 20 TT -- 13.00~ Schilddriise . . . . . 19 TT = 12,35% Hypophyse . . . . . . . 19 TT = 12,35% Grol~hirn . . . . . . ,, 11 TT = 7,15% Riickenmark . . . . ,, 11 TT = 7,15%

b) Ovarien . . . . . . . Abbau 40TT = 26,00% Pankreas . . . . . . ,, 30 TT -= 19,50% Schilddriise . . . . . . . 31 TT == 20,15% Hypophyse . . . . . . . 27 TT =- ]7,55% Grollhirn . . . . . . . . 16 TT =- 10,40% Riickenmark . . . . ,, 16 TT == 10,40%

Manner.

Frauen.

der Arbe i t en verweise ieh auf die von B r e s l e r , R u n g e und E w a l d l ) . Le tz te re k a m erst nach Zusammcns te l lung dcr yon mir erhobenen Resu l ta te in meine H~nde.

Bei e iner somat i schen Ursachenforschung dr i ingt ja mancher le i zu

der Ansicht , dab die Gruppe der schizophrenen Geis tess tSrungen durch eine D y s f u n k t i o n innersekre tor i scher Mechanismen cha rak te r i s i e r t ist. Wie m a n sich diese en t s t anden zu denken hat , ob zen t ra l bed ing t durch eine Ar t Gle ichgewichtss tSrung im Spiel der Drfisen oder was mir weniger e in leuchtend erscheint , ( lurch einc s p e z i e l l e ] ) r i i s e n d y s f u n k t i o n z . B . der Geschlechtsdrt isen hervorgerufen, bleibc dahingestc l l t . Wie dem auch sei, man ha t sich wohl vorzustel len, dag schl icgl ich Stoffe in den Kre i s lauf gelangen, le tz ten Endes innersekrc tor i scher Natur , (tie ausgesprochen toxiseh wirken und mancherlei Zusti~nde, z. B. halluzi- na tor i sche Erregungszs thnde , wohl auch k a t a t o n e Bi lder bedingen.

Vertri~gt sieh diese Anschauung, diese F rage drSngt sieh ohne wei- teres auf, mi t den yon uns erhobenen Befunden, die so wenig Charak te - r is t isches zu haben scheinen, ist sic mi t der Ta t sache vereinbar , dab bei der Hys ter ic , bci der Hebephren ie und anderen Psychosen serologisch i~hnliche, wenn n icht sogar gleiche Befunde erhoben werden ?

S te l l t man sich vor, dag sieh bei den schizophrencn E r k r a n k u n g e n q u a n t i t a t i v und qua l i t a t i v in ih rem gegensei t igen VerhS, l tnis n icht der N o r m entsprechende innersekre tor i sche P r o d u k t e im Kre is lauf befinden, und dab diese durch die Abwehrfcrmente , die als r e a k t i v ( lurch jene ent- s t anden aufzufassen sind, n ich t zu zweckdienl ichen oder unschhdl ichen EiweiBkomplexen a b g e b a u t werden, kSnnte es zu einer A r t I n t o x i k a t i o n

mi t diesen kommen.

l) B re s l e r , Die Abderhaldensche Serodiagnostik in der Psychiatric. Halle 1914. - - E w a l d , Die Abderhaldensche Reaktion usw. Abhandl. aus der Neurologie, Psychiatric, Psychologie und ihren Grenzgebieten 1920, H. 10. - - R u n ge, Uber Erfahrungen mit dem Abderhaldenschen Dialysierverfahren in tier Psychiatrie und Neurologie. Arch. f. Psych. u. Nervenk. 58, 571.

Page 7: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

Zur Frage der s(,hizophrenen Geistesst0run~.

Tafel V.

a) Ovarien . . . . . . . Abbau 29 TT :~ 18,85% Pankreas . . . . . . . . 15 TT :~ 9,75(~) 21 Jahrc alt, Schilddriise . . . . . . . 25 TT ; ! 6,25~ weiblich. Hypophyse . . . . . . . 13 TT --~ 8,45Wo Dementia praecox? GroBhirn . . . . . . . . . l0 TT 6,50% Hysteric ? Stammtfirn . . . . . . . 0 TT - 0(~/0 Riiekenmark . . . . . . 4 TT = 2,60(!/o

b) Ovarien . . . . . . . Abbau 18 TT --- 11,70(}~) Pankreas . . . . . . . . 16 TT -== 1(),40(~s 23 Jahre alt, Schilddriise . . . . . . . 25 TT = : 16,25!~i) weiblieh. Hypophyse . . . . . . . 20 TT 13,00~o Dementia praeeox ? GroBhirn . . . . . . . . 10 TT = 6,50(~, Hysteric ? Stammhirn . . . . . . . 7 TT :- 4,550/0 Riickenmark . . . . . . 9 TT = 5,85(~/ , ,

e) Ovarien . . . . . . Ai)b~m 40 TT -- 26,00~ Pankreas . . . . . . . . 14 TT = 9,10~ 24 Jahre alt, Sehilddriise . . . . . . . 24 TT -- 15,60~ weiblieh. Hypophyse . . . . . . . 34 TT 22,10% Hysteriseher Stupor. GroBhirn . . . . . . . . 7 TT = 4,55~ Wenige Tage krank. Stammhirn . . . . . . . 15 TT = 9,75~ Riickemm~rk . . . . . . 18 TT -- l 1,70~

117

DaB auch beim Normalen, besonders aber beim af fektbe tonten

Psychopa then und Hyster iker Abwehrfermente gegen innersekretori-

sche Organsubs t ra te angetroffen werden, daftir habe ich gentigend Be- weise. Es scheint sieh hicr um geradezu physiologische Vorgitnge zu

handeln. Wiihrend abe t (lie St6rung im Gleichgewichtszustand des endokr inen Systems be| (len schizophrenen Erk rank ,mgen wohl als prim/ir bedingt , vielleicht (lurch eine Art zentraler Rcgula t ionss t6rung hervorgerufen, anzusehen ist, khmen be| den funkt ionel len Zust~tnden psychische Momente i~tiologisc~h in Frage. Der Kausa lnexus w~re also be| be |den ein umgekehrter . So wSre auch die 6fters gemachte Be-

obachtung, dab rein funkt ionel l anmu tende Bilder sich zu einwandfreien

schizophrenen E r k r a n k u n g e n entwickeln k6nnen, in Verb indung mit unseren serologischen Befunden zu verstehen. Die be| der Hyster ie rein

psychisch bedingte innersekretorische GleichgewjchtsstSrung t r i t t

schlieBlieh in den Zus tand unkorr igierbarer SystemstSrung, psychisch

bedingte Organst6rungen werden unausgle ichbar und wirken ihrerseits

retrograd auf psychische Zusti~nde ein. Be| tier Beurte i lung der Tatsache der Abwehrfermente be| den

schizophrenen E r k r a n k u n g e n muB man sich |miner wieder klar machen,

dab sowohl das von A b d e r h a ld e n angegebene DiMysierverfahren, wie

(lie von ihm eingeftihrte optische und die Hirschsche Methode lediglich zur Fes ts te l lung der Tatsache yon proteolytischen Abwehrfermenten

Page 8: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

1 1 8 W..la(, ,obi :

t~) O v a r m n . . . . . . . A b b a u P a n k r e a s . . . . . . ,, ,~childdriise . . . . . . .

H y p o p h y s e . . . . . . .

GroBhirn . . . . . .

b) Ova rmn . . . . . . . A b b a u P a n k r e a s . . . . . . ,,

Schi lddr t ise . . . . . . . H y p o p h y s e . . . . . . .

GroSh i rn . . . . . . ,,

c) Ova r i en . . . . . . A b b a u P a n k r e a s . . . . . . . ,

Schi lddr t i se . . . . . ,,

H y p o p h y s e . . . . . . . GroBhirn . . . . . . ,,

d) O v a u e n . . . . . . . A b b a u P a n k r e a s . . . . . . ,, Schi lddr i i se . . . . . ,,

H y p o p h y s e . . . . . ,, Grol~hirn . . . . . . . .

c) Ovar i en . . . . . . . A b b a u P a n k r e a s . . . . . . ,, Schi lddr t i se . . . . . ,,

H y p o p h y s e . . . . . . . GroBhirn . . . . . . ,,

f) Ova r i en . . . . . . . A b b a u P a n k r e a s . . . . . . ,, Sch i lddr i i se . . . . . . . H y p o p h y s e . . . . . . .

Grol3hirn . . . . . . . .

g) Ova r i en . . . . . . . At)bau P a n k r e a s . . . . . . ,, Sch i lddr i i se . . . . . ,,

H y p o p h y s e . . . . . ,, Grol3hirn . . . . . . ,,

h) Ova r i en . . . . . . . A b b a u

P a n k r e a s . . . . . . ,, Schi lddr i i se . . , . . . ,,

H y p o p h y s e . . . . . ,, GroBhirn . . . . . . . .

T a f e l VI.

20 TT = 13,00%

32 TT = 20 ,80% 7 5 T T = 4 8 , 7 5 % 6. IX. 1920.

70 TT = 45 ,50%

41 TT = 26 ,65%

1 4 T T = 9 ,10%

8 TT = 5 ,20% 14. X. 1920.

14 TT = 9 ,10% Vor der In j ek t i on . 1 0 T T = 6 ,50%

3 TT = 1 ,95%

35 TT = 22,75%

29 TT = 18,85% 7 S t unden

30 TT = 19,50% nach der In j ek t i on . 30 TT == 19,50% 19 TT = 12,35%

34 TT = 22 ,10%

10 TT = 6 ,50% 21 S t u n d e n

19 T T - ~ 12,35% nach der In j ek t i on . 1 0 T T = 6 ,50%

8 T T . : 5 ,20%

42 TT = 27 ,30%

24 TT == 15,60% 52 S t u n d e n

15 TT = 9,750//0 nach der I n j e k t i o n . 1 4 T T = 9 ,10% 1 2 T T ~ 7 ,80%

27 TT = 17,55%

15 TT = 9 ,75% 76 S t u n d e n

22 TT = 14,30% nach der In j ek t i on . 25 TT := 16,25% 1 2 T T = 7 ,80%

40 TT : 26 ,00% 8 TT ---- 5 ,20% 21. X. 1920.

18 TT : 11,70% 7 S t u n d e n 11 TT = 7 ,15% nach der In j ek t i on .

12 TT = 7 ,80%

20 TT = 13,00%

20 TT = 13,00% 30 S t u n d e n

10 TT = 6 ,50% nach der In j ek t i on . 25 TT = 16,25%

7 TT = 4 ,55%

d i e n t , d i e d u r c h Z e r l e g u n g b l u f f r e m d e r S t o f f e z u n i e d r i g m o l e k u l a r e n

T e i l p r o d u k t e n i n E r s c h e i n u n g t r e t e n .

W e l c h e W i r k u n g d i e A b w e h r f e r m e n t e i m K r e i s l a u f e n t f a l t e n , d a r -

t i b e r w o l l e n u n d k 6 n n e n u n s s i ~ m t l i c h e M e t h o d e n n i c h t s a u s s a g e n . H i e r

m i i i 3 t e n t i e r e x p e r i m e n t e l l e S t u d i e n e i n s e t z e n u m u n s w e i t e r z u b r i l ) g e n .

Page 9: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

Zur Frage der sehizophrenen GeistesstSrung. 119

Geht man nun v o n d e r Arbe i t shypo these aus, d a b bei den schizo- phrenen E r k r a n k u n g e n s e h l i e l ~ l i c h ein Zus t and e in t r i t t , in dem die Arbwehr fe rmente , die zun~chst wohl nur als Ausd ruck endokr ine r Sys tems tSrung anzusehen sind, ihrer Aufgabe n ich t mehr gerecht wet- den, mtil~te m a n un te r dem Ges ich t spunk t t he rapeu t i s chen Vorgehens jene zu s t imul ie ren versuchen.

Die Tatsache , dab Zusa tz von Norma l se rum zu a k t i v a b b a u e n d e m Serum die abbauende Wi rkung oft e rhebl ich vermehr t , h a t t e mich seiner Zeit dazu geft ihrt , K a t a t o n i e k r a n k e n wiederhol t hohe Dosen von Normal - se rum zu inj izieren. Bei einer Reihe von K a t a t o n i e k r a n k e n , bezeieh- nenderweise n iemals bei Hebephrenen , g laube ich auch nach e inem sol- chen Vorgehen eine vorf ibergehende Aufhel lung im K r a n k h e i t s b i l d e beobaeh te t zu habem

Die folgericht ige Fo r t s e t zung dieser Versuche war die Frages te l lung , ob nach I n j e k t i o n hoher Serumgaben eine Vermehrung der F e r m e n t e q u a n t i t a t i v fes tzuste l len und ob gleichzeit ig eine psychische Veri~nde- rung im Bilde de r K r a n k e n zu beobaeh ten war.

Diese Versuehe sind noch im Gange, abe r ich mSchte cs n ieh t un te r - lassen, schon j e t z t einen Fa l l mi tzu te i l en :

Es handelt sich um eine 16j~hrige Katatonica, die mit typischer Anamnese zu uns kam und sich bald zum klinisch charakteristischen Bilde einer Katatonie entwickelte. Der Zustand, den die Kranke schon wochenlang vor der ersten In- jektion bot, wird gekennzeichnet durch den Befund vom 14. X. 1920: Auf der Wache untergebracht, liegt dort mit gespanntem Gesichtsausdruck meist ruhig zu Bett, lebt vollkommen v o n d e r Aul~enwelt abgeschlossen. Bewahrt einge- nommene KSrperhaltungen oft stundenlang. Eine beliebte KSrperhaltung von ihr ist, auf dem rechten Ellbogen aufgestiitzt auf der Seite zu liegen, w~hrend der Kopf sich in Schwebe h~lt. Stereotypes Spielen mit den Fingern: streckt die Finger einzeln aus, streichelt sie, streckt sie wieder aus, streichelt sie wieder usw. Diese Spielereien werden oft durch ein lebhaftes Mienenspiel begleitet; schiichtern versch~mtes L~cheln wechselt mit aufmerksam starrer Maske.

Liegt dann wieder stunden]ang lest in die Decken eingewickelt auf dem Riicken, den Hinterkopf auf den oberen Bettrand gestiitzt, unter dem Hals keine Unterlage. Weint ab und zu lange vor sich hin, besonders nachts.

Schlaf und Nahrungsaufnahme schlecht, mul~ hi~ufig gefiittert werden. Sehr erregt, als sie zur Blutentnahme ins Untersuchungszimmer gebraeht

wird; ~ngstlieh, str~ubt sich, schreit, schl~gt und kratzt. 14. X. frtih Injektion yon 80 ccm Humanserum intravenSs. 7 S t u n d e n naeh der I n j e k t i o n : Erkundigt sich spontan bei der W~irterin,

in welehem Monat wir lebten. Als ihr diese Frage beantwortet wird, ~uBert sie, alles k~me ihr wie im Traume vor.

Z w i s c h e n 21 und 52 S t u n d e n nach der I n j e k t i o n : ~acht einen klareren Eindruck, motorisch nicht mehr so gespannt, nimmt Anteil an der Um- gebung, beobachtet lebhaft das Tun der W~rterin; bittet diese, sich im Tagesraum aufhalten zu diirfen; l~il3t sieh ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit ohne groBen Widerstand in das Untersuchungszimmer bringen; auf Zuspruch zug~tnglich, li~Bt sich ruhig Blut entnehmen. Gibt beim Begrtil3en die Hand, die sie friiher stets verwehrte. IBt mit gutem Appetit reiehlich.

Page 10: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

120 W. Jacobi :

Nach der 52. Stunde nach der In jek t ion : 16. X. 1920 gut geschlafen. hi, It sich zum erstenmal im Tagesraum auf, beobachtet, schaut sich urn, rcdet andere Mitkranke an, erkundigt sich nach dem Befinden. Bitter spontan, ihre AngehSrigen mSchten sie doch besuchen.

17. X. 1920. Wird ins kleine Wachzimmer verlegt, dartiber erfreut, bringt Mlerlei kleine Wtinsche vor, bittet z. B. nach dem Mittagessen noch etwas be- kommen zu diiffen, il~t reiehlich mit gutem Appetit.

Str~ubt sieh heftig gegen die Blutentnahme, meint, sis habe heute keine Kraft.

Sitzt am Nachmittag still im Tagesraum, ist noch mit Mtihe zum Beantworten yon Fragen zu bewegen. Am Abend wieder eine Spur munterer im Wesen. Bittet, man mSge das Licht nicht so friihzeitig 15schen.

20. X. 1920. Vor der II. Injektion. Verschlossen, abgesperrt gegen die AuBenwelt, beantwortet vorgelegte Fragen

nicht. Sitzt still vor sich hinblickend im Tagesraum, kiimmert sich gar nicht um ihre Umgebung.

21. X. 1920. Friih Injektion 80 ccm Humanserum. Abweisend gegen ihre Umgebung, beantwortet vorgelegte Fragen nicht,

liegt in den altgewohnten Stellungen zu Bett. Horcht ab und zu auf, als riefe ihr jemand etwas zu. Vorwiegend ~ngstlich, glaubt, ihre Mutter sei gestorben.

Zwischen 7 und 21 S tunden nach der In jek t ion : Wandert mit ge- senktem Kopf taktm~Big im Tagesraum auf und ab; beantwortet vorgelegte Fragen nicht, iBt mit maschinenm~Bigen Bewegungen, w~ihrend sie mit ihren Gedanken anscheinend ganz wo anders ist.

Das erste Bild auf Tale] VI I zeigt, wie lebhaft das Spiel der Ab- wehrfermente im akuten Stadium der Krankheit war.

Als die Krankheit stationhrer wurde, ergab sich ein serologischer Befund, wie ihn Abb. VIb darstellt. Wenn man die Kranke l~ngere Zeit in der Klinik zu becbachten Gelegenheit hattc, war die Aufhellung im psychisehen Bilde im Anschlull an die erste Injektion ganz auffallend.

])as Sinken der Zahl der Abwehrfermente ging in der Folgezeit mit einem psychischen Rfickgang Hand in Hand.

Auffallend war die Stetigkeit in der Bildung votl Abwehrfermenten gegen Ovarien, die nach der 2. Serumgabe nur vortibergehend in Er- scheinung trat.

Die yon H i r s c h angegebene quantitative Methode erfordert noch in einer Beziehung, die mit den soeben dargelegten Ausftihrungen in innigem Zusammenhang steht, lebhaftes Interesse. Mehr denn je be- sch~ftigt uns die Analyse des Konstitutionsbegriffes, der sowohl in psyehologischer wie in somatischer Bcziehung angegal~gen wird und der gerade zur Beurteilung schizophrener Geistesst6rungen griindliehster Bearbeitung bedarf. Mit meisterhaften Federstrichen hat B le u l e r auf- gezeichnet, wie psychische Erscheinungen beim Normalen sich aus- wachsen k6nnen zu den psyehopathologisehen Symptomen, die jene Psychosengruppe charakterisicren. In einer Zeit, wo die Frage der Gruppierung nicht alltiiglicher Menschen, die ja, wie gentigend in die Tiefe schiirfende Anamneseerhebung ergibt, ein gro~es Kontingent zu

Page 11: Zur Frage der schizophrenen Geistesstörung

Zur Fraze de~ �9 schizophrenen Geistesst(irun~. 121

spgter schizophren Erkrankten stelle~, so im Flul3 ist, ergeben sich neue Aufgaben ftir das Studium der Abwehrfermente. Die Frage, ob psychisch besonders nach der affektiven Seite hin eharakterisierte Menschen durch eine bestimmte Formel des Abbaus innersekretorischer Drt~sen ausgezeichnet sind, bedarf griindlichster Bearbeitung. Und beim psychisch Erkr~nkten se lbs t hat sich die Forschung nicht mit bei diesem gezeitigten Ergebnissen zu beruhigen; es mul3 Verstgndnis d a- ftir gewonnen werden, daft sieh die Psychose schon bl der Aszendenz bei den Voreltern entwickelt. Stellt sich die Forsehung der Abwehrfer- mente die Aufgabe, bei einer solchen Betrachtung der Entwieklung psyehischer Erkrsnkungen mitzuhelfen, ergibt sich ein Arbeitsplan, schwer und mtihevoll, aber berufen, die Brticke zu einer mehr psycholo- giseh eingestellten psyehiatrisehen Betrachtungsweise zu schlagen. Das erfordert allerdings ein weites umfassendes Denken, das den Mut hat, rein kausal deterministiseh zu verstehen, wie psychisch kr~nk- hafte Symptome des einzelnen in der Konstitution der Voreltern wurzeln.