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A. Kurlenaoker und R. Wollak. Sulfid, Sulfit und Thiosulfat. 20 1 bur jodomefrischen Analyse eines Gemenges v~n Suifid, Sulfit wnd Thiosulfat. Von A. KURTENACKEB und R. WOLLAK. Nach dem vor einiger Zeit veroffentlichten Verfahren lassen sich Sulfid, Sulfit und Thiosulfat nebeneinandsr auf folgende Art jodo- metrisch bestimmen l): 1. Ein Teil der zu untersuchenden Liisung wird in iiberschiissige, angesauerte Jodliisung einflieBen gelassen, worauf der unverandarte Rest des Jods mit Thiosulfat zuriicktitriert wird. Der Jodverbrauch entspricht der Summe Sulfid, Sulfit und Thiosulfat. 2. Ein anderer Teil der LGsung dient zur Bestimmung der Summe von Sulfid und Thiosulfat: &Ian versetzt rnit Zinkacetat- liisung, bindet das Sulfit an Formaldehyd und versetzt nun, ohne zu filtrieren, mit einem JodiiberschuB. Nnch vollzogener Oxydation des Sulfid- und Thiosulfatschwefels wird das unverbrauchte Jod mit 0,l n-Thiosulfatlosung titriert. 3. In einem dritten Teil der ur- spriinglichen Probe wird das Sulfid wieder mit Zinkacetatliisung gefallt, die Losung aber zu einern bestimmten Volumen verdiinnt und filtriert. Ein aliquoter Teil des Filtrates wird nach dem Zusatz von Formalclehyd und Ansauern mit Essigsaure rnit Jod titriert. Der Jodverbrauch entspricht dem vorhandenen Thiosulfat. Im folgenden sol1 eine weitere Vereinfachung der vorstehenden Analysenmethode beschrieben werden, die es gestattet, mit zwei Teilen, event. sogar mit nur einem Teil der urspriinglichen Substanz auszukommen. Das Wesen der Vereinfachung besteht darin, did3 im Filtrat des ah Zink- oder Cadmiumsalz abgeschiedenen Sulfid- schwefels auBer dem Thiosulfat auch das Sulfit bzw. die Snmme von Thiosulfat und Sulfit mit Jod titriert wird. Bestimmt man in einer weiteren Probe z. B. nach 1. die Summe aller drei Beatand- teile, so sind alle Daten zur Berechnung des Gehaltes an Sulfid, Sulfit und Thiosulfat gegeben. Urn mit einer einzigen Probe aua- zakommen, wird man den oben erhaltenen Zink- oder Cadmium- *) A. HURTENACKER u. K, BIT'TNER, 2. anorg. u. allg. Chm. 141 (1924), 297.

Zur jodometrischen Analyse eines Gemenges von Sulfid, Sulfit und Thiosulfat

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A. Kurlenaoker und R. Wollak. Sulfid, Sulfit und Thiosulfat. 20 1

bur jodomefrischen Analyse eines Gemenges v ~ n Suifid, Sulfit wnd Thiosulfat.

Von A. KURTENACKEB und R. WOLLAK. Nach dem vor einiger Zeit veroffentlichten Verfahren lassen sich

Sulfid, Sulfit und Thiosulfat nebeneinandsr auf folgende Art jodo- metrisch bestimmen l): 1. Ein Teil der zu untersuchenden Liisung wird in iiberschiissige, angesauerte Jodliisung einflieBen gelassen, worauf der unverandarte Rest des Jods mit Thiosulfat zuriicktitriert wird. Der Jodverbrauch entspricht der Summe Sulfid, Sulfit und Thiosulfat. 2. Ein anderer Teil der LGsung dient zur Bestimmung der Summe von Sulfid und Thiosulfat: &Ian versetzt rnit Zinkacetat- liisung, bindet das Sulfit an Formaldehyd und versetzt nun, ohne zu filtrieren, mit einem JodiiberschuB. Nnch vollzogener Oxydation des Sulfid- und Thiosulfatschwefels wird das unverbrauchte Jod mit 0,l n-Thiosulfatlosung titriert. 3. In einem dritten Teil der ur- spriinglichen Probe wird das Sulfid wieder mit Zinkacetatliisung gefallt, die Losung aber zu einern bestimmten Volumen verdiinnt und filtriert. Ein aliquoter Teil des Filtrates wird nach dem Zusatz von Formalclehyd und Ansauern mit Essigsaure rnit Jod titriert. Der Jodverbrauch entspricht dem vorhandenen Thiosulfat.

Im folgenden sol1 eine weitere Vereinfachung der vorstehenden Analysenmethode beschrieben werden, die es gestattet, mit zwei Teilen, event. sogar mit nur einem Teil der urspriinglichen Substanz auszukommen. Das Wesen der Vereinfachung besteht darin, did3 im Filtrat des ah Zink- oder Cadmiumsalz abgeschiedenen Sulfid- schwefels auBer dem Thiosulfat auch das Sulfit bzw. die Snmme von Thiosulfat und Sulfit mit Jod titriert wird. Bestimmt man in einer weiteren Probe z. B. nach 1. die Summe aller drei Beatand- teile, so sind alle Daten zur Berechnung des Gehaltes an Sulfid, Sulfit und Thiosulfat gegeben. Urn mit einer einzigen Probe aua- zakommen, wird man den oben erhaltenen Zink- oder Cadmium-

*) A. HURTENACKER u. K, BIT'TNER, 2. anorg. u. allg. C h m . 141 (1924), 297.

202 A. ~urtefnackw und R. Wollak.

sulfidniederschlag auswaschen und hierauf in bekannter Weise mit Jod titrieren. l)

Uusere Versuche bezogen sich hauptsachlich auf die MSglichkeit der Sulfitbestimmung im Filtrate des Zink- oder Cadmiumsulfids. Diese Bestimmung ist sehr haufig vorgeschlagen wordena), sie gibt aber in der bisher angewendeten Form vollkommen unbrauchbare Werte, weil das Sulfit wahrend der erforderlichen Operationen durch den Luftsauerstoff zum grBBten Teil oxydiert wird und daher der folgenden Titration entgeht. I(. K. JARVRTEN~) fand z. B., da8 eiue 0,l n-Natriumsulfitliisung beim einfachen DurchgieBen durch ein Filter etwa 10 o/o ihres Wirkungswertes verliert. Nach eigenen Ver- Nuchen sind die Verluste noch vie1 groBer, wenn die LSsung einen Niederachlag enthalt , das Filtrieren also einige Zeit beansprucht.

Eingehende, von S. L. BIG EL OW^) und A. TITOFP~) ausgefuhrte Untersuchungen haben ergeben, daB manche Stoffe die Luftoxydation des Sulfits katalytisch verziigern oder praktisch ganz verhindern. *4ls besondere wirksam erweist sich das Zinnchlorur, weiter seien Mannit, Glycerin und Alkohol genannt. Diese Stoffe wurden mit- unter auch bei der mafianalytischen Bestimmung der schwefligen Saure angewendet, doch lauten die Urteile uber die erzielten Er- folge zum Teil widersprechend. 0. RUFF und W. JEROCH~) versetzen die mit Jod zu titrierende SulfitlSsung mit 10-20 Mannit. Nach I. M. KOLTHOFF~) hat dieser Zusatz aber keinen EinfluB auf die Resultate, ebensowenig sollen Rohrzucker oder Athylalkohol wirksam sein. E. I. BROWN^) verwendet bei der Jodtitration des Sulfites einen

1) nber die Anwendbarkeit dieser Methode vgl. u. a. M. MAPEE und H. HEMPEL, Jounz. f. Gasbel. 51 (1908), 385.

*) Vgl. z. B. J. BBOSSMANN, 2. alaal. Chem. 18 (1879), 79; W. RALNANN u. J. SPULLER, Dingl. Jozlrn. 264 (ISST), 456; Z. a d . Chem.. 29 (1890), 629; W. AUTENBIETH u. A. WINDAUS, 2. aiial. Chern. 37 (1898), 290; DUPBB jr. u. W. KOBN, 2. angew. Chem. 1b (1902), 225; A. GUIILPNN, 2. aml. Chem. 46 (1907), 485; E. BENESCH, Chem.-Ztg. 48 (1924), 573.

Z. and. Chem. 63 (1923), 376. ') 2. phys. Chrm. 26 (1898), 493. 6, 2. phys. Chem. 45 (1903), 641. Vgl. auch W. BEINDEBS u. S. J . VLES,

Ree. trav. chim. Pays-Bas 44 (19251, 249; Zbl. 1926, I, 2604; SCHMENQLEB) Dies. Aaehen 1922, Chem-Ztg. 49 (1925), 448.

6, Ber. 38 (1905), 413. ') Pharm. Weekblad 66 (19191, 1366; 2. alaal. Chem. 60 (1921), 450.

Phama. Joum. [4] 3Q (1910), 244; ZbZ. 1910, I, 1775.

Sulfid, Sulfit und Thioszclfut. 203

Zueatz von 5 O / / , Glycerin, das gleiche Mittel wird von H. J. WATER- mm1) und P. HALLER~) empfohlen. Der letztgenannte Autor setzt das Glycerin der Alkalilauge zu, die bei der Bestimmung des Schwefeldioxydes in Gasen als Absorptionsmittel Verwendung findet. Nach E. BERL~) vermag das Glycerin jedoch die Oxydation des Sulfites in diesem Falle nicht ganz zu verhindern. BEPA schlagt deshalb einen Zusatz von l/looo Mol Zinnchloriir vor.

Fur unsere Zwecke mul3te das Zinnchloriir ausscheiden, da es durch den Sulfidschwefel gefallt wird. Wir verwendeten hauptsach- lich Glycerin als Antikatalysator, doch zeigten auch einige mit Alkohol ausgefuhrte Versuche giinstige Ergebnisse.

Urn die Verhaltnisse bei der Analyse mijglichst nachzuahmen, wurde ein gemessenes Volumen der mit 5 o/o Glycerin versetzten 0,2 n-Netriumsulfitlosung in einen 100 cm3-MeBkolben gebracht ; hierauf fugte man eine gr6Bere Menge aufgeschlammten Cadrnium- carbonates zu und fiillte mit 5O//,igem Glycerinwasser zur Marke auf. Die Fliissigkeit wurde nun durch ein Faltenfilter gegossen und der Sulfitgehalt in 50 cm3 des Filtrates bestimmt, indem man in uberschiiseige, angesauerte JodlGsung einflieBen lieB und den Jod- rest mit Thiosulfat zuriicktitrierte. Parallel wurde stets der Jod- verbrauch der urspriinglichen Sulfitlosung bestimmt. Nachstehend einige Versuchsergebnisse :

Jodverbrauch der ursprungl. Losung: 16,2S, 18,21, 44,18, 37,00, 9,25, 37,00, 9,06 cms 0,l n-J. des Filtrates : 16,19, 16,17, 44,20, 37,00, 9,28, 36,90, 9,06 cms 0,l n-J.

Wihrend des Filtrierens findet also keine nachweisbare Oxy- dation des Sulfites statt. Bei einer Anzahl von Versuchen wurde die Sulfitlijsung mit 10 cms 10 iger Matriumcarbonatlosung ver- setzt, um zu priifen, ob die stabilisierende Wirkung des Glycerins auch in alkalischer Losung bestehen bleibt. Die Nrgebnisse waren ebenso giinstig mie in der nentralen L6sung.

BROWN (1. c.) gibt an, daB man eine mit So/,, Glycerin versetzte Sulfitlosung direkt mit Jod titrieren, also die sonst erforderliche Restmethode ersparen konne. Unsere Versuche bestiitigen die Richtigkeit dieser Angabe. Die glycerinhaltige Natriumsulfitlosung wurde mit 5O/,igem Glycerinwasser auf etwa 200 cm3 verdunnt, mit EYsigsBure schwach angesauert und mit Jod titriert. In Vergleichs-

*) Chena. Weekblad 17 (1920), 196; ZbZ 1920, IV, 1. 3 Journ. Soc. C h m . Ind. 38 (1919), T. 52; Zbl. 1919, IV, 248. ’) Chm.-Ztg. 45 (S921), 693.

204 A. Ahrtemaeker und R. Wollak.

versuchen wurde der Sulfitgehalt nach der ublichen Methode durch EingieBen in Jodliisung und Riickmessung mit Thiosulfat bestimmt :

Direkte Titsation: 10,28, 10,28, 20,90, 40,92 em3 0,l n-J. Resttitration! 10,30, 10,30, 20,89, 41,06 ems 0,l n-J.

Verwendet man zum Verdiinnen statt des Glycerinwassers reines Wasser, so fallen die Resultate etwas zu niedrig aus; statt 41,06 cm3 0,l n-Jodliisung wurden z. B. 40,75 cms verbraucht. Eine nicht mit Glycerin versetzte Natriumsulfitliisung gibt beim Titrieren mit Jod natiirlich vie1 zu niedrige Werte, auch wenn man das Lijsungs- und Verdunnlingswasser sorgfaltig von Luft befreit. s o wurden in einem Falle statt 20,46 cm3 0,l n-J. nur 18,87 cm3 ver- braucht.

Nun gingen wir an die Untersuchung von Sulfid-Sulfitgemischen. Gemessene Volumina 0,2 n-Lomngen von Natriumsulfid und Natrium- sulfit wurden in einem 100 cm3-Me8kolben mit 5 om3 Glycerin ver- setzt und nach dem Zufiigen yon 15 om3 10°/,iger Zinkacetat- liisung mit Wasser bis zur Marke aufgefiillt. 50 cm3 des Filtrates lieB man in tiberschiissige, angesauerte Jodliisung ein0ieBen und titrierte mit Thiosulfat zuruck. Wie die nachstehenden Zahlen zeigen, wurde im Filtrat nur ein Teil des angewandten Sulfites wieder- gefunden und zwar sind die Werte um so niedriger, je mehr Sulfid man angewandt hatte, je volumin6ser also der Zinksulfidnieder- schlag war :

10 20 30 cm3 { $ ~ ~ $ & 3 ~ 20797 20,97 20,97 20,97

Verbraucht em3 0,l n-J: 18.72 17,61 15,41 13,96

Sollverbranch ema 0,1 n-J: 20,97

Ein betrachtlicher Teil des Sulfites wird also vom Zinksulfid- niedersch1a.g zuruckgehalten. Da das Zinksulfit in Essigsaure leicht loslich ist, versuchten wir eine essigsaure Zinkacetatl6sung zum Fallen des Sulfides zu verwenden, doch waren die Werte auch in diesem Falle unbefriedigend, z. B. wurden statt 13,5 cm3 0,l n-JodlGsung nur 10,4 cm3 verbraucht (bei Anwendung von 25 cm3 0,2 n-Na,S). Gleich schlechte Resultate ergaben Zinksulfat , Alkalizinkat oder Cadmiumacetat als Fallungsmittel. Eine ammoniakalische Zinklosung erwies sich als besser geeignet, indem statt 37,O om3 0,l n-Jodlosung 36,5 cm3 verbraucht wiirden.

Tollstandig richtige Resultate erhielten wir aber erst, als wir statt der gelosten Salze in Wasser aufgeschlammtes Zink- oder Cadmiumcarbonat als Fiillungsmittel anwandten. Der rnit diesen

Sulfid, Sulfit ulzd Thiosulfat. 205

Stoffen erzeugte Sulfidniederschlag ist kornig und neigt daher vie1 weniger zur Okklusion von Losungsbestandteilen als die rnit Zink- oder Cadmiumsalzlosungen erzeugten volumin6sen Niederschlige. W. BERNARD I) hat bereits darauf hingemiesen, daB geliiste Fallungs- mittel zur Trennung des Sulfidschwefels von anderen in technischen Natriumhydrosulfidlasungen vorkommenden Stoffen ungeeignet sind. Er bezeichnet nur die Fallung rnit Gadmiurncarbonat als brauchbar. Bei der Anwendung von Zinkcarbonat entzieht sich nach seinen Versuchen ein Teil des Schwefelwaswrstofls der Rillung. Da wir rnit Zinkcarbonat stets eine vollstandige Abscheidung des Sulfid- schwefels erhielten, ist der Unterschied in den Ergebnissen wohl darauf zuruckzufiihren, dab BERNARD ausschliel3lich Natriumhydro- sulfidlasungen in Betracht zog, wkhrend wir mit Losungen von sekundarem Natriumsulfid arbeiteten, die meist Alkalicarbonat oder sogar Alkalihydroxyd enthielten. Bei der Umsetzung von Natrium- hydrosulfid rnit Zinkcarbonat bildet sich aber eine LSsung mit hiiherer Wasserstoffionenkonzentration als in unserem Palle, wodurch wohl eine gewisse Menge Zinksulfid in Losung gehalten werden kann.

Die erforderlichen Aufschlammungen von Zink- oder Cadmium- carbonat stellten wir durch Fallung von Zink- bzw. Cadmiumsalz- losungen mit einem kleilnen UberschuB an Natriumcarbonat her. Anfangs wurden die erhaltenen Niederschkge vollstBndig alkalifrei gewaschen und d a m in reinem Wasser verteilt. Nachdem sich aber ergeben hatte, daB das Alkali gar nicbt stijrt, unterliegen wir das Filtrieren und Auswaschen der Carbonate und verwendeten direkt die durch E'allung erhaltenen AufacWmmungen. Eine genaue Her- stellungsvorschrift ist unten angegeben. Bei Anwendung grol3erer Sulfidkonzentrationen, besonders in alkalischer Lasung, erwies sich das Arbeiten in einer groBeren Verdiinnung als 100 crn3 als not- wendig, da andernfalls das Niederschlagsvolumen nicht zu vernach- lassigen ware.

Die Sulfid, Sulfit und Thiosulfat (event. Alkalicarbonat oder -hydroxyd) enthaltende Losung wurde in einem 100- oder 200 cm3- MeBkolben mit 5 bzw. 10 cm3 Glycerin versetzt und die zur voll- standigen Fiillung des Suliidschwefels notwendige Nenge Carbonat- aufschlammung zugegeben. Nach dem Durchschiitteln wurde zur Marke aufgefullt und filtriert. Einen Teil des Filtrates lie6 man

l) 2. angew. Chem. 38 (1925), 289; Tgl. auch K. PAULI, 2. and. Chem. 68 (1926), 286.

206 A. Kurtenaeker und B. WolZak.

in uberschiissige, angesauerte Jodlosung einfliefien und titrierte den Jodrest mit Thiosulfat zuruck. Der Jodverbrauch entspricht der Summe von Sulfit und Thiosulfat. Ein zweiter Teil des Filtrates diente zur Thiosulfatbestimmung. Er wurde mit Formaldehyd ver- setzt, mit Essigskure angesauert und hierauf mit Jod titriert. Die verwendete Natriumsulfidlosung enthielt kleine Mengen an Thiosulfat und Polysulfid. Diese Beimengungen wurden bestimmt, indem man ein gemessenes Volumen der Sulfidlosung nach Zusatz von Natrium- sulfit (um das Polysulfid in Thiosulfat uberzufuhren) in einem MeB- kolben rnit Zink- oder Cadmiumcarbonat fallte, zur Marke auffiillte und in einem Teil des Filtrates das Thiosulfat mit Jod titrierte. Der Jodverbrauch betrug fir 30 cmg 0,2 n-dulfidlosung im all- gemeinen 0,l-0,4 cm3 0,l n-Jodlosung. In den Zahlen der folgen- den Tabelle ist diesnr Jodverbrauch bereits berucksichtigt.

- - Ver- such Nr.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15

-~

Ange- wendet mr 0,2 n. Na,Y

80 10 20

5 5 5 5

30 30

5 30

5 30

5 30

_ _ --

Tabelle 1.

Resultat in cma 0,1 n-J SC

pfunden

19,13

31,63 16,51 2,69

5,lO 36,40 4,68 5,24

36,38 18,6P 18,BO 18,34 4,88

-

4,53

I f

serechne

19,32

31,70 16,50 2,75 4,71 5,28

36,37

5,28 36,37 18,84 18,84 18,35 4,69

-~~ -

-

4,54

s: gefunden ___ ~ _ _ -

9,96 5 , l O 1,60 9,27 7,67

85,30 1,28

25,44 25,40

1,30 1,34 1,32

25,60 10,11

I f I

Perechnei

- 30,04

1,55

7,64 25,47

25,47 25,47

1,27 1,27 1,27

25,47

5,04

9,30

1,2$

10,08

--

Anmerkung

10 cms Na,CO, (loo/,) 10 em3 Na,CO, (10 O i 0 )

10 cmS NaOK ( i o Ole) 10 cms NaOH (10 Ole) 10 ems NaOH ( lO"/o) 10 em3 NaOH (loo/,,)

Die Versuche 1-5 der Tabelle sind unter Verwendung von Cadmiumcarbonat in einem 100 cm3-MeBkolben ausgefuhrt. Zcar Titration von Sulfit und Thiosulfat wurden je 30 om3 des E'iltrates benutzt. Zu den Versuchen 6-15 diente Zinkcarbonat als Fallungs- mittel. Bearbeitet wurde in einem 200 om3- Kolhen, die Titrationen erfolgten in 50 cm3 des Filtrates. Wie ersichtlich, stimmen die Sulfit- und Thiosulfatwerte sehr befriedigend mit den berechneten Zahlen uberein; such der Zusatz erhebiicher Mengen an Alkali- carbonat oder -hydroxyd beeintrachtigt die Genauigkeit der Ergeb- cisse nicht.

Sulfid, Sulfit uad ThiosuEfat. 207

Z u r Analyse e ines Gemenges von Sul f id , S u l f i t und Thiosu l f a t wi rd d a h e r d a s folgende Ver fah ren empfohlen:

1. Bestimmung des Gehaltes an Sulfit und Thiosulfat. Man stellt eine Aufschlammung von Zinkcarbonat her durch Fallen einer Losung von 40 g krist. Zinksulfat mit 200 cm3 10°/,iger Natrium- carbonatliisung und Verdiinnen mit Wasser auf 400 cm3. Die FLllung mit der Sodalijsung erfolgt bei Zimmertemperatur unter standigem Riihren. 20 cms der durchgeschuttelten Fliissigkeit sind zur Fallung von etwa 30 cm3 0,2 n-Na,S im allgemeinen ausreichend. Statt der Zinkcarbonataufschliimmung kann auch eine solche von Cadmium- carbonat verwendet werden, jedoch ist damit kein Vorteil verbunden.

Die zu untersuchende Losungl) wird in einen Mebkolben von z. B. 200 cm3 Inhalt gebracht, rnit 10 cm3 Glycerin versetzt, auf ungef&hr 150 cm3 rnit Wasser verdiinnt und mit 20 cm3 der Zinkcarbonatauf- schlammung gef&llt. Nach dem Auffiillec zur Marke wird durch ein trockenes Faltenfilter filtriert. Ein Teil des Filtrates wird mit 5 om3 For- maldehyd (4Oo/,ig) versetzt und nach dem Ansauern mit 20cm3 10 O/,iger Essigsaure sofort rnit 0,l n- Jodlosung bis zur Blaufarbung titriert. Der Jodverbrauch (A) entspricht dem vorhandenen Thiosulfat.

Ein zweiter Teil des Filtrates wird in uberschussige JodlGsung einflieBen gelassen und das unveranderte Jod rnit Thiosulfat zuriick- titriert. Einfacher und fast ebenso genau ist die direkte Titration mit Jod. Man verdannt den abgemessenen Teil des Filtrates zu diesem Zweck mit 5°/oigem Glycerinwasser auf etwa 200 cm3, sauert mit Essigsaure an und fugt 0,l n-Jodlosung bis zur StBrkeblau- farbung zu. Der Jodverbrauch (B) gibt die Summe von Sulfit und Thiosulfat an. Das Sulfit berechnet sich aus der Differenz ( B - A ) .

2. Bestimmung des Sulfidgehaltes. Diese kann verschiedenartig durchgefuhrt werden. 1st geniigend Untersuchungsmaterial vor- handen, so laBt man eine abgemessene Menge in iiberschiissige an- gesauerte Jodlisung fliefien und titriert mit Thiosulfat zuriick (Jd- verbrauch = C). Das Sulfid ergibt sich aus der Differenz (C-B).,)

Statt dieser Bestimmung kann auch die in der friiheren Arbeit beschriebene Bestimmung der Summe von Sulfid und Thiosulfat an- gewendet werden. Wurden hierfiir D cm3 0,l n-J verbraucht, so ergibt die Differenz ( D - A ) das Sulfid.*)

l) Feste Untersuchiingsruaterialien werden in 5 o/o igem Glycerinwasser gelsst, nicht in reinem Wasser.

2) Die Jodwerte mussen selbstverstbdlich auf die gleiche Menge der uwpriinglichen Losung umgerechnet werden.

208 A. Kurtenacker und R. Wollalc.

Will man zur vollsfandigen Analyse mit einer einzigen Probe auskommen, so wird man den bei 1. erhaltenen Sulfidniederschlag auswaschen und Sulfidschwefel darin in bekannter Weise jodometrisch bestimmen.

Vorhandene Alkalicarbonate oder -hydroxyde wirken bei keiner der angegebenen Aaalysenmethoden storend.

I n der friiheren Arheit ist empfohlen worden, das Thiosulfat im Filtrat des mit Z i n k a c e t a t gefallten Sulfides zu titrieren, nach- dem man vorhandenes Sulfit an Formaldehyd gebunden hat. Das Verfahren wurde seinerzeit an Lasungen, die au6er Sulfid und Thio- sulfat auch Sulfit enthielten, gepriift und gab gut iibereinstimmende Resultate. Daraus glaubte man schlieBen zu ktinnen, da5 es auch in dem scheinbar einfacheren Falle, namlich in sulfitfreien LBsungen, anwendbar sein wiirde. Anliil3lich der gegenwastigen Untersuchungen angestellte Versuche ergaben aber, da3 gerade in Abwesenheit von Snlfit haufig falvche und zwar zu niedrige Resultate erhalten werden. Hier findet also eine sehr bedeutende Okklusion von Thiosulfat durch den Sulfidniederschlag statt, die die Anwendung der Methode unter Umstlnden unmoglich macht.

Der EinfluB des Sulfites und der sonstigen Versuchsbedingungen auf die Ergebnisse der Thiosnlfatbestimmunug ist aus Tabelle 2 zu entnehmen.

Tabelle 2.

Versuch- Nr.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14

-__ -___ 0,2 n-Na,S

5 I 0 20 30 25 25 50 5

10 20 3 0 12,5 2 5 50

Angewendet cm8 ),2 n-Na,SO,

10 10 10 10 50 25 25 - - - -

- -

,2 n-Na,S,O,

2 t ,98 21,98 21,98 21,96 52,98 45,40 56,80

18,OO 1 8 , O O

18,OO 18,OO 44,66 45,52 48,80

cms 0,l n.J verbraucht

21,97 21,84 21,73 21,56 26,39 22,60 28,OO Y,74

8,25

22,12 22,21

8,54

7,82

22,42

bereehnet

21,98 21,98 21,98 21,98 26,49

28,40 9,OO

22,70

9,00 9,oo 9.00

22,33 22,76 23,40

Die Versuche 1-7 sind in Gegenwart von Sulfit ausgefiihrt und zwar die ersten 4 Versuche in einem Besamtvolurnen von 100 cmS, die Versuche 5-7 in einem solchen von 200 cm3. Man erkennt,

Sul/id, Sulfit und Y'hiosulfat. 209

dafi im ersten Falle die Resultate mit steigender Sulfidkonzentration zu iiiedrig werden, doch halten sich die Fehler bis zu der friiher verwendeten Hiichstkonzentration von 20 cm3 0,2 n-Na,S in e1.trii.g- lichen Grenzen. l) In grol3erer Verdiinnung werden auch noch bei einer Sulfidmenge von 25 cm3 0,2 n-Liisung (Versuche 5 u. 6) sehr brauchbare Ergebnisse erzielt. Das Verfahren kann daher z. B. bei der fruher empfohlenen Methode zur Bestimmung des Polysulfid- schwefels2) ohne Bedenken Anwendung finden, um so mehr ale bei dieser Bestimmung sehr groBe Sulfitmengen zugegen sind.

Die vie1 starkere Adsorption des Thiosulfates aus sulfitfreien Losungen geht aus den Versuchen 8-14 hervor. Von diesen wurden die Versuche 8-11 in 100 cm3-Me6kolben, die restlichen Versuche in 200 cm3-Kolben ausgefuhrt. I n der konzentrierteren Losung gibt nur der mit 5 cm3 0,2 n-Na,S ausgefuhrte Versuch 8 ein halbwegs brauchbares Resultat. Wendet man groBere Verdiinnung an, so erhalt man, wie Versuch 12 zeigt, auch bei einer Sulfidmenge von 12,5 cm3 0,2 n-Losung noch recht zufriedenstellende Ergebnisse. Im allgemeinen wird man aber in sulfitfreien Losungen der Trennung mit Zink- oder Cadmiumcarbonat den Vorzug geben.

I) Bei den seinerzeit auegefiihrten Analysen schlich sich ein kleines Ver- sehen ein, das die Analpeenergebnisse besser erscheinen lieB als sie tatssch- lich sind. Man iibersah namlicb, dalS das verwendete Natriumsulfidpraparat Spuren von Poiysulfid enthielt. Der Polysulfidvchwefel geht aber bei der Zugabe von Sulfit in Thiosulfat iiber und wird daher im Filtrat mittitriei-t. Hierdurch wird der durch die Adsorption bedingte Fehler nahezu viillig kompensiert. Ohne Abzug des Polysulfidschmefels warden I . B. die mit dem gleichen Natriumsulfidpriiparat wie friiher ausgefiihrten Versuche 1-4 der obigen Tabelle folgende Zahlen fur den Jodverbrauch geben: 22,03, 22,05, 22,04, 23,09 em3. Die Zahlen stimmen also vollstiindig iiberein, wahrend die wahren, in die Tabelle aufgenommenen Werte, Abweichungen von einigen Zehntel cm9 aufweisen.

2, A. KURTEHACKER u. H. BITTNER, 2. amorg. u. allg. Chew. 142 (1925), 115.

Briinm, Deutsch teclmische Hochsehule, Laboratorium fiir anor- gatakehe, physikaliscke zlnd analylische Chenzie.

Bei der Bedaktion eingegangen am 4. Februar 1927.

Z. morg. U. allg. chem. Bd. 161. 14