11
Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten 1 . Von T. Thunberg. (Aus dem Physiologischen Institut zu Lund.) A. Einleitung. Die hier vorliegende Mitteilung will einen Beitrag zur Frage der Spezifität der Dehydrogenasen liefern. Besonders erschien es mir von Interesse festzustellen, ob die Oxydation von Methylalkohol und Äthylalkohol durch verschiedene Dehydrogenasen oder durch ein und dasselbe derartige Enzym besorgt wird. Ich würde diese Frage als gemäß der Auffassung der Duplizitätstheorie beantwortet betrachten, wenn es mir gelungen wäre, teils eine Samenart zu finden, die ausge- prägt auf Äthylalkohol eingestellt ist, dagegen keinerlei Wirkung auf Methylalkohol ausübt, sowie teils eine Samenart mit den gerade ent- gegengesetzten Eigenschaften. Es sei sogleich erwähnt, daß ich keinen Beweis dieser Art habe beibringen können. Zwar habe ich in den Samen von Cucumis sativus ein Material gefunden, das nicht die Fähigkeit besitzt, Methylalkohol zu oxydieren, während es gleichzeitig gegenüber Äthylalkohol ein stark oxydatives Vermögen zeigt. Eine Samenart mit in dieser Beziehung entgegengesetzter Wirkung habe ich nicht entdeckt. Ich komme hierauf noch zurück. B. Historik. Die Alkoholoxydase ist eins der klassischen Oxydationsenzyme. Sie wurde von Buchner (1903) in Bakterien entdeckt und von Buchner und Gaunt (1906) einem eingehenden Studium unterzogen. Bateiii und S t e r n (1909—1910) wiesen dieses Enzym in tierischem Gewebe nach, besonders in der Leber. Die Alkoholoxydase der Bak- terien war das Material Wielands, als er (1913) nachwies, daß das, was man als eine direkte Oxydation aufgefaßt hatte, in Wirklichkeit 1 Der Redaktion am 20. Mai 1936 zugegangen.

Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten1.

Von T. Thunberg.

(Aus dem Physiologischen Inst i tut zu Lund.)

A. Einleitung. Die hier vorliegende Mitteilung will einen Beitrag zur Frage

der Spezifität der Dehydrogenasen liefern. Besonders erschien es mir von Interesse festzustellen, ob die Oxydation von Methylalkohol und Äthylalkohol durch verschiedene Dehydrogenasen oder durch ein und dasselbe derartige Enzym besorgt wird. Ich würde diese Frage als gemäß der Auffassung der Duplizitätstheorie beantwortet betrachten, wenn es mir gelungen wäre, teils eine Samenart zu finden, die ausge-prägt auf Äthylalkohol eingestellt ist, dagegen keinerlei Wirkung auf Methylalkohol ausübt, sowie teils eine Samenart mit den gerade ent-gegengesetzten Eigenschaften. Es sei sogleich erwähnt, daß ich keinen Beweis dieser Art habe beibringen können. Zwar habe ich in den Samen von Cucumis sativus ein Material gefunden, das nicht die Fähigkeit besitzt, Methylalkohol zu oxydieren, während es gleichzeitig gegenüber Äthylalkohol ein stark oxydatives Vermögen zeigt. Eine Samenart mit in dieser Beziehung entgegengesetzter Wirkung habe ich nicht entdeckt. Ich komme hierauf noch zurück.

B. Historik. Die Alkoholoxydase ist eins der klassischen Oxydationsenzyme.

Sie wurde von B u c h n e r (1903) in Bakterien entdeckt und von B u c h n e r und G a u n t (1906) einem eingehenden Studium unterzogen. B a t e i i i und S t e r n (1909—1910) wiesen dieses Enzym in tierischem Gewebe nach, besonders in der Leber. Die Alkoholoxydase der Bak-terien war das Material W i e l a n d s , als er (1913) nachwies, daß das, was man als eine direkte Oxydation aufgefaßt hatte, in Wirklichkeit

1 Der Redaktion am 20. Mai 1936 zugegangen.

Page 2: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

ZUR KENNTNIS DER ALKOHOLDEHYDROGENASEN u s w . 3 9

den Charakter eines Dehydrogenisierungsprozesses besaß. Die Alkohol-dehydrogenase wurde auf diese Weise die älteste in der nunmehr großen Familie der Dehydrogenasen. — Die erste Notiz über das Vorkommen von Alkoholoxydase in Pflanzensamen dürfte von Z a l e s k i ( 1 9 1 4 )

stammen. Ich selbst begann 1921 eine systematische Untersuchung über die Verbreitung der Alkoholdehydrogenasen in der Pflanzenwelt.

Ich gebe hier ein alphabetisches Verzeichnis von Samenarten, in deren Phosphatextrakt auf Äthylalkohol eingestellte Dehydrogenase gefunden worden ist. Es wurde für unnötig erachtet, die Familien anzugeben, zu denen die betreffenden Arten gehören. Es ist indessen offenbar, daß man Alkoholdehydrogenase in Samen von Familien findet, die an ganz verschiedenen Plätzen des natürlichen Systems stehen. In der Tabelle sind Samenarten mit kräftigem Vermögen, den Wasserstoff des Äthylalkohols zu aktivieren, durch + + + bezeichnet.

C. Alkoholdehydrogenasenhaltige Pflanzensamen,

Tabelle 1 Achras sapota Aconitum lycoctonum Aesculus hippocastanum Amaranthus caudatus Argania sideroxylon Cajanus indicus Castanea vesca Cimicifuga foetida Citrus aurantium dulc. + + + Corchorus capsularis + + -f Corydalis nobilis Corylus avellana Cucumis sativus + + + Delphinium azureum Dictamnus albus Echinocystis lobata + + + Euphorbia lathyris Evonymus europaeus + + + Fagopyrum esculentum Fedia cornucopiae Geranium silvaticum Ginkgo biloba Hevea brasiliensis Hibiscus esculentus Jatropha curcas Juglans regia Koelreuteria paniculata Lavatera trimestris Malva crispa

Mucuna utilis + + + Nemophila maculata Paliurus maculeatus Phaseolus aconitifolius Phaseolus lunatus Phaseolus multiflorus Phaseolus mungo Phaseolus vulgaris Pinus pinea Pistachia vera + + + Pisum sativum + + + Poinciana regia -f- + + Prunus armeniaca Prunus cerasus Prunus communis Prunus domestica Prunus persica Pyrus malus Rhodotypus kerrioides Salix pentandra Salvia officinalis Sesamum Orientale Sicyos angulata Staphylea pinnata Taxus baccata Taxus baccata Tetragonolobus siliquosus Verbascum pannosum Zizyphus vulgaris

Page 3: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

40 T . T H U N B E R G :

D. Die Intensität der Wasserstoffaktivierung in ihrer Abhängigkeit von der Äthylalkoholkonzentration.

Um die Konzentrationen zu exemplifizieren, in denen Äthyl-alkohol "als Wasserstoffdonator bei einem Samen mit relativ starker Alkoholdehydrogenasewirkung eintritt, sei hier ein Versuch mit Samen von. Cucumis sativus mitgeteilt. Der Versuch ist nach der im hiesigen Laboratorium ausgearbeiteten Methylenblaumethode ausgeführt worden, bezüglich welcher auf meine früheren Darstellungen (1935, 1936) verwiesen sei. Hier sind nur solche Einzelheiten angegeben, die not-wendig sind, um die genaue Wiederholung des Versuches zu ermöglichen.

Versuch 1. A. B e n u t z t e L ö s u n g e n .

1. Methylenblau medicinale in wässriger Lösung 1 : 5 0 0 0 0 (»Mb.«). 2. Äthylalkohol abs. 0,1 ml werden in Wasser ad 18 ml gelöst (0,1 molarer

Alkohol). Durch Verdünnung 1 + 4 bzw. 1 -j- 24 erhält man Lösungen von der Stärke 0 , 0 2 bzw. 0 , 0 0 4 molar.

3. Phosphatextrakt von Cucumis sativus. 5 g geschälte Gurkensamen wurden mit 25 ml 0,87% igem K 2 H P 0 4 gründlich im Mörser zerkleinert. Nach 30 Minuten wird das Gemisch in einer schnell rotierenden Zentrifuge zentrifugiert. Nach 15 Minuten Zentrifugieren zeigt die Zentrifugenröhre 3 Schichten, nämlich einen Bodensatz, eine ziemlich klare Mittelschicht und eine die Oberfläche be-deckende Haut . Die Mittelschicht wird in ein Probierröhrchen gebracht, welches unmittelbar in Eiswasser gestellt wird. Die Mittelschicht bildet die benutzte Dehydrogenalseösung = »Enz.«

4. Aqua dest.

B. B e n u t z t e G e r ä t e . 1. i i Thunbergröhren. 2. Luftpumpe. 3. Wasserthermostat, der bei 350 C gehalten wird.

C. A u s f ü h r u n g d e s V e r s u c h e s . Die Thunbergröhren werden folgendermaßen beschickt. Jede Röhre wird

mit 0,5 ml Mb. und so viel dest. Wasser versetzt, daß die gesamte Flüssigkeits-menge in jeder Röhre 2 ml beträgt. Die hierzu nötige Menge wird in der Weise berechnet, daß man die zugesetzten Mengen Mb., Enzymlösung und Alkohol-lösung addiert und diese Summe von 2 ml subtrahiert . Die Röhren 2, 3 und 4 werden mit 0 , 1 , 0 , 2 und 0 , 4 ml 0 , 0 0 4 molarer Alkohollösung versetzt, die Röhren 5 ,

6 und 7 mit den entsprechenden Mengen 0,02 molarer und die Röhren 8, 9 und 10 mit 0,1 molarer Lösung. Als alkoholfreie Kontrollröhren dienten die Röhren 1 und 11. Die Röhren werden nun evakuiert und ins Wasserbad gestellt. Die Ent -färbung derselben wird beobachtet und der Zeitpunkt der vollständigen Entfär-bung verzeichnet. Es sei indessen bemerkt, daß jede Röhre unmittelbar nach dem Zusetzen der Enzymlösung evakuiert wird. Es ist also unzulässig, sämtliche Röhren nacheinander mit Enzymlösung zu versetzen und mit dem Evakuieren der einzel-nen Röhren zu warten, bis alle in dieser Weise beschickt sind.

Page 4: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

ZUR KENNTNIS DER ALKOHOLDEHYDROGENASEN USW. 4 1

I n d e r u n t e n m i t g e t e i l t e n T a b e l l e 2 w i r d z u n ä c h s t d i e M e n g e d e s

i n j e d e r R ö h r e v o r h a n d e n e n Ä t h y l a l k o h o l s i n M i k r o g r a m m a n g e g e b e n

( w o b e i j e d o c h e v t l . v e r d u n s t e t e r A l k o h o l v e r n a c h l ä s s i g t w i r d ) . I n

K o l u m n e 2 w i r d d i e A l k o h o l k o n z e n t r a t i o n d e s g e s a m t e n R ö h r e n -

i n h a l t e s i n M i l l i m o l v e r z e i c h n e t . D i e K o l u m n e n 3 u n d 4 g e b e n d i e

E n t f ä r b u n g s z e i t e n f ü r d i e K o n t r o l l r ö h r e n b z w . d i e A l k o h o l r ö h r e n a n .

Tabelle 2.

Mikrogr. Millimolar Entfärbungszeit Min.

K. Alk. 2 0 0 . 2 63 4 0 0 . 4 58 8 0 0 . 8 54

1 0 0 1 50 2 0 0 2 44 4 0 0 4 36 5 0 0 5 2 2

1 0 0 0 1 0 1 2 2 0 0 0 2 0 7

— — 6 1

A u s d e r T a b e l l e g e h t h e r v o r , d a ß e i n Z u s a t z v o n 1 0 0 M i k r o g r a m m

A l k o h o l e i n e v ö l l i g d e u t l i c h e V e r k ü r z u n g d e r E n t f ä r b u n g s z e i t b e w i r k t .

S e t z t m a n 4 0 0 M i k r o g r a m m z u , s o w i r d d i e E n t f ä r b u n g s z e i t u m d i e

H ä l f t e v e r k ü r z t . D u r c h w e i t e r e n Z u s a t z v o n Ä t h y l a l k o h o l k a n n d i e

E n t f ä r b u n g s z e i t a u f 7 M i n u t e n g e s e n k t w e r d e n , a l s o a u f u n g e f ä h r

10% d e r E n t f ä r b u n g s z e i t d e r K o n t r o l l r ö h r e n .

* * *

E. Das Verhalten verschiedener Samenextrakte gegenüber ver-schiedenen Alkoholen.

D e r C u c u m i s - E x t r a k t w u r d e i n d e r s e l b e n W e i s e w i e o b e n z u b e -

r e i t e t , d o c h m i t d e m U n t e r s c h i e d , d a ß e i n e m T e i l S a m e n n u r 4 T e i l e

P h o s p h a t l ö s u n g e n t s p r a c h e n . D i e s e r E x t r a k t w u r d e n u n a u c h m i t

M e t h y l a l k o h o l , P r o p y l a l k o h o l , B u t y l a l k o h o l u n d A m y l a l k o h o l g e p r ü f t .

D i e s e A l k o h o l e w u r d e n t e i l s i n K o n z e n t r a t i o n e n v e r w e n d e t , d i e d e n

i n d e m o b e n m i t g e t e i l t e n V e r s u c h a n g e w a n d t e n 3 s t ä r k s t e n K o n z e n -

t r a t i o n e n d e s Ä t h y l a l k o h o l s ä q u i m o l a r w a r e n , t e i l s i n 2 n o c h s t ä r k e r e n

K o n z e n t r a t i o n e n , d e r e n M o l a r i t ä t a u s T a b e l l e 3 e r s i c h t l i c h i s t .

A u s d e r T a b e l l e g e h t h e r v o r , d a ß m i t M e t h y l a l k o h o l k e i n e S t e i -

g e r u n g d e r E n t f ä r b u n g s g e s c h w i n d i g k e i t d e s S y s t e m e s e r h a l t e n w u r d e ,

w ä h r e n d d i e 3 h ö c h s t e n h i e r a n g e w a n d t e n G l i e d e r d e r A l k o h o l r e i h e

Page 5: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

42 T . THUNBERG:

Tabelle 3. Cucumis sativus.

Konc. Millimolar -> 0 5 1 0 2 0 30 4 0

Methyl-Alk. Entfärb.-Z. Min. 86 87 1 0 7 9 6 8 3 8 0 Äthyl-Alk. ,, ,, ,, 86 44-5 33 2 3 1 8 14 Propyl-Alk. ,, ,, ,, 86 8 2 6 4 54 49 50 i-Butyl-Alk. ,, ,, ,, 86 7i 6 0 47 43 45 i-Amyl-Alk. ,, ,, ,, 86 59 47 38 33-5 43

eine völlig deutliche Wirkung in dieser Richtung zeigen, wenn sie auch weit hinter -der entsprechenden des Äthylalkohols zurückbleibt.

Der Einfluß derselben Alkohole wurde auch an Samen von Pisum sativum, »American Wonder«, Phosphatextrakt 1 : 20 0,87%ig K>HPCK geprüft. Das Ergebnis ist aus Tabelle 4 ersichtlich.

Tabelle 4. Pisum sativum.

Konc. Millimolar -> 0 5 1 0 2 0 30 4 0

Methyl-Alk. Entfärb.-Z. Min. 23 2 1 2 1 2 2 23.5 2 0 . 5 Äthyl-Alk. ,, ,, ,, 2 3 14-5 8.5 — 9 6 . 5 Propyl-Alk. ,, ,, ,, 2 3 17-5 9 5 — 1 2 11 i-Butyl-Al>k. ,, ,, 2 3 1 6 14 1 1 -5 — 1 0 . 5 i-Amyl-Alk. ,, ,, ,, 2 3 17-5 15-5 1 8 17-5 14.5

Auch der Samenextrakt aus Pisum wird in der hier untersuchten Beziehung äußerst kräftig durch Äthylalkohol, kräftig durch Propyl-alkohol und mit abnehmender Stärke durch Butyl- und Amylalkohol aktiviert. Der Methylalkohol ist in den angewandten Konzentrationen ohne deutliche Wirkung.

• * *

Eine schwache Andeutung einer Wirkung des Methylalkohols, die dann und wann bei der stärksten angewandten Konzentration zu bemerken war, veranlaßte Versuche mit noch stärkeren Konzentra-tionen dieses Alkohols. Das Resultat ist aus Tabelle 5 zu ersehen.

Aus der Tabelle geht hervor, daß unter diesen Samenarten, die sämtlich Phosphatextrakte mit starkem Aktivierungsvermögen gegen-über Äthylalkohol liefern, Cucumis sativus ein solches gegenüber Methylalkohol völlig zu fehlen scheint, auch, wenn diese Substanz in molarer Konzentration in der fertig beschickten Röhre vorhanden ist. Eine sehr ausgeprägte Aktivierungsfähigkeit gegenüber Methylalkohol hat dagegen der entsprechende Ext rakt aus Poinciana regia. Eine

Page 6: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

ZUR KENNTNIS DER ALKOHOLDEHYDROGENASEN USW. 4 3

Tabelle 5. Methylalkohol.

Konc. Millimolar —> 0 10 20 40 50 100 200 250 500 1000

Citrus aurantium dulc. Entfärb.-Z. Min. . . . 29 29 29 28.5 28.5 27 26. 27-5 27 26.5

Corchorus capsularis 27-5

Entfärb.-Z. Min. . . . 64 63 62 61 59 57 55 54-5 50 43 Cucumis sativus

Entfärb.-Z. Min. . . . 87 84 84 84 85.5 . 81 85 86 86 86 Mucuna utilis

Entfärb.-Z. Min. . . . 23 21 20.5 20.5 20 18.5 17.5 Pisum sativum

23 20.5 20.5 18.5 17.5

Entfärb.-Z. Min. . . . . 22 23 21 22 22 23 19-5 19 18.5 16 Poinciana regia

19-5 18.5 Entfärb.-Z. Min. . . 18 18 17 16 T4-5 13 1 1 -5 12 11 -5 10

deutliche Wirkung ergibt sich auch bei Extrakten aus Mucuna utilis und Pisum sativum sowie Gorchorus capsularis. Citrus aurantium dulc. scheint eine, wenn auch schwache Fähigkeit zu besitzen, den Wasser-stoff des Methylalkohols zu aktivieren.

Vergleichshalber wurden auch Versuche darüber angestellt, wie sich Samenarten mit Aktivierungsfähigkeit gegenüber Äthylalkohol in der genannten Beziehung bei Äthylalkoholkonzentrationen im Reaktionsmittel von derselben hohen Molarität wie in dem eben mitge-teilten Methylalkoholversuch verhielten. Die Resultate einiger der-artiger Versuche sind in Tabelle 6 zusammengestellt worden.

Tabelle 6. Äthylalkohol.

Konc. Millimolar -> 0 10 20 40 50 100 200 250 500 1000 Citrus aurant ium dulc.

Entfärb . -Z. Min. . . . 24 15 14 13 12 11 11 9 9 8. Corchorus capsularis

14 13

Entfärb . -Z. Min. . . . 66 12 8-5 5 5 3 4 3 3 3 Cucumis sativus

8-5

Entfärb . -Z. Min. . . . 96.5 28 16 11 12 8.5 8 6 6 6 Mucuna utilis

96.5 8.5

Entfärb . -Z. Min. . . . 23 15 14 11 II-5 10 8 8 7-5 8 H s u m sat ivum

15 14 7-5

Entfärb . -Z. Min. . . . 22 11 9 5 8 7 6 6.5 6 6 7 Poinciana regia

9 5 6.5

Entfärb . -Z. Min. . . . 19 11 9 7 5-5 5-5 4 4 3 4-5

F. Die hemmende Wirkung der Alkohole auf die Dehydrogenasen bei hoher Alkoholkonzentration.

Die Tabelle zeigt, daß. Äthylalkohol in einer so hohen Konzen-tration im Reaktionsmedium wie 0,5 molar gegenüber sämtlichen hier

Page 7: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

4 4 T . THUNBERG:

untersuchten Samenextrakten seine maximale Entfärbungsfähigkeit beibehält. Es läge sonst nahe zu vermuten, daß sich die hemmende Wirkung, die sich bei gesteigerter Alkoholkonzentration infolge der wasserausziehenden, evtl. koagulierenden Wirkung des Alkohols früher oder später einstellen muß, schon hier geltend machte. Aber auch bei molarer Konzentration tri t t der genannte Effekt kaum in Erscheinung. Es wurden deshalb einige Versuche gemacht, um festzustellen, bei welcher Konzentration diese hemmende Wirkung auftritt . Zu diesem Zweck wurde eine Serie von Thunbergröhren mit 0,1 —• 0,2 — 0,4 — 0,6 — 0,8 und 1,0 ml Äthylalkohol versetzt, ferner wurden die Röhren mit Methylenblau und Enzymlösung in den weiter oben angegebenen Mengen beschickt. Da der gesamte Flüssigkeitsinhalt der Röhre 2 ml betrug, war der Äthylalkoholgehalt der Flüssigkeit in abgerundeten Zahlen 4 — 8 — 16 — 24 -— 32 und 40%. Die dabei erhaltenen Ent-färbungswerte für Samenextrakte aus Corchorus, Cucumis und Pisum sind aus Tabelle 7 zu ersehen.

Tabelle 7. Äthylalkohol.

Gewichts-% -> 0 4 8 16 24 32 40 Corchorus capsularis

Entfärb.-Z. Min 57 3-5 3-5 5 11 > 1 2 0 > 1 2 0 Cucumis sativus

3-5 3-5

Entfärb.-Z. Min > 9 0 6 10 14 59 > 1 2 0 >120 Pisum sativum

14 59

Entfärb.-Z. Min 22 7-5 8 12 127 > 1 2 0 >120

Die Versuche wurden durch Methylalkohol, Propylalkohol und Isobutylalkohol vervollständigt, die in einer von 4 Gewichts-% bis 40 Gewichts-% steigenden Serie Extrakt von Pisum sativum zugesetzt wurden. Die dabei erhaltenen Entfärbungswerte gehen aus Tabelle 8 hervor.

Tabelle 8. Pisum sativum.

Gewichts-% 0 4 8 16 24 32 40 Methylalkohol

Entfärb.-Z. Min. 19 14-5 16 23-5 52 >120 >120 Propylalkohol

14-5 23-5 52

Entfärbi-Z. Min 18 10 50 >120 > 1 2 0 >120 >120 Iso-Butylalkohol

50 >120

Entfärb.-Z. Min. 18 3o > 1 2 0 >120 > 1 2 0 >120 >120

Aus der Tabelle ist zu ersehen, daß von den dort angeführten Alkoholen der Isobutylalkohol bei niedrigerer Konzentration stärker

Page 8: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

ZUR KENNTNIS DER ALKOHOLDEHYDROGENASEN USW. 4 5

hemmend auf die Mb.-Entfärbung einwirkt als der Propylalkohol, und dieser bei niedrigerer als der Methylalkohol. Ein Vergleich mit Tabelle 7 scheint zu zeigen, daß Äthylalkohol in dieser Beziehung eine Zwischenstellung zwischen Methyl- und Propylalkohol einnimmt.

Bei der Umrechnung der in der Tabelle angegebenen Gewichts-prozentwerte in molares Maß kann man sich daran erinnern, daß 4 Ge-wichts-% für den Methylalkohol eine 1,25 molare Lösung und für Äthyl-, Propyl- und Isobutylalkohol eine 0,87 bzw. 0,66 und 0,54 molare Lösung repräsentieren. Die Molaritätswerte der übrigen Konzentrationen erhält man dann leicht durch Multiplikation mit 2 — 4 -— 6 — 8 und 10.

Die stärkere hemmende Wirkung der höheren Glieder der hier benutzten homologen Serie würde noch deutlicher hervorgetreten sein, wenn die verschiedenen Alkoholkonzentrationen in molarem Maß statt in Gewichts-% angegeben worden wären.

Es dürfte indessen zu beachten sein, daß das Evakuieren der Reaktionsröhren eine gewisse Überdestillation des zugesetzten Alkohols mit sich bringt. Hierbei dürfte von Methylalkohol mit seinem niedrigen Siedepunkt (65°) mehr über destilliert werden als von den höheren Alkoholen. (Es sei daran erinnert, daß der Äthylalkohol einen Siede-punkt von 78°, der Propylalkohol einen solchen von 970 und der Isobu-tylalkohol von 108° hat).

Bezüglich der Umsetzungsgeschwindigkeit des Alkohols in ihrer Abhängigkeit von der Alkoholkonzentration pflegt man anzugeben, daß schon bei relativ niedriger Alkoholkonzentration die pro Zeitein-heit umgesetzte Alkoholmenge ihr Maximum erreicht.

In dieser Beziehung geht aus Tabelle 6 hervor, daß die maximale Entfärbungsgeschwindigkeit an verschiedenen Samenarten bei ver-schiedener Molarität erreicht wurde. Es ist indessen nicht leicht, die Alkoholkonzentration genau anzugeben, bei der die Umsetzungsge-schwindigkeit erreicht wird, und zwar wegen des langsamen Abfallens der Kurve, welche die Abhängigkeit der Umsetzung von der Konzen-tration angibt. Was z. B. Samen von Citrus aurantium dulc. betrifft, so fällt die Entfärbungszeit bei einer nur 50 millimolaren Alkoholkon-zentration um 5°%- -^ e r Entfärbungswert ist dann 12 Min. Steigert man die Alkoholkonzentration auf das 20 fache, so kann die Entfärbungszeit um weitere 4 Minuten auf 8 Min. gesenkt werden.

Betreffs Corchorus capsularis sinkt die Entfärbungszeit von dem Kontroll wert von 66 Min. schon bei einer Alkoholkonzentration von 10 Millimol/Liter auf 12 Min. Bei einer Konzentration von 100 Milli-mol/Liter beträgt sie nur 3 Min. usw.

Vergleichsweise sei erwähnt, daß M i z u s a w a (1933) bei Unter-suchungen mit Leberenzym bei einer Methylalkoholkonzentration von

Page 9: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

46 T . THUNBERG:

40 Millimol/Liter die optimale Entfärbungsgeschwindigkeit beobachtete, auch Methyl- und Propylalkohol ergaben in dieser Konzentration den optimalen Effekt. Weiter sei von den Resultaten Mizusawas mitgeteilt, daß er bei einer Methylalkoholkonzentration von 0,1 Mol/Liter eine starke Senkung der Umsetzungsgeschwindigkeit fand, während eine derartige Hemmung in entsprechender Stärke erst bei einer Äthyl-und Propylalkoholkonzentration von 4—6 Mol/Liter in Erscheinung trat.

G. Zur Frage : eine oder mehrere Alkoholdehydrogenasen ? Aus den Versuchen von B u c h n e r und G a u n t (1906) ging hervor,

daß die von ihnen aus Bakterien erhaltene Alkoholoxydase nicht nur auf Äthylalkohol, sondern auch auf Propylalkohol wirkte. Die Frage des Verhaltens der Alkoholdehydrogenase ist seitdem zum Gegenstand mehrerer Untersuchungen gemacht worden. Was B. coli betrifft, so wirkt laut Q u a s t e l u. W h e t h a m (1925) sowie Cook u. S t e p h e n s o n (1928) Methylalkohol nicht als Donator, wohl aber, wenn auch in wenig ausgeprägtem Grade, Äthyl- und Propylalkohol. Auch Staphylokokken, Proteus- und Paratyphusbazillen dehydrieren Äthylalkohol, Methyl-alkohol dagegen nicht. Laut A h l g r e n (1923) scheinen Meerschweinchen-muskeln bis zu einem gewissen Grade sowohl Methyl- als Äthylalkohol dehydrieren zu können. Soweit man aus der Fähigkeit eines Enzym-systems, bei aeroben Versuchen Methylalkohol zu oxydieren, auf die Fähigkeit desselben, denselben Stoff zu dehydrogenisiereri, schließen kann, besitzen sowohl Pferde- als Rattenleber diese Fähigkeit. Auch Acetonpräparate von B. pasteurianum sind gegenüber Methylalkohol aktiv (D. Mül l e r , 1933 und 1934). Ebenso verhält sich B. pasteurianum laut B e r t ho (1929) auch in ruhendem Zustand.

Meine eigenen Versuche an Cucumis sativus haben gezeigt, daß der Phosphatextrakt dieser. Samenart keinerlei Fähigkeit besitzt, Methylalkohol als Donator zu gebrauchen, und dies bei so verschiedenen Methylalkoholkonzentrationen wie 5—1000 Millomol. Gleichzeitig ist laut diesen Versuchen die Fähigkeit des Cucumisextraktes, Äthyl-alkohol kräftig zu oxydieren, über jeden Zweifel erhaben.

Dieser Umstand läßt die Frage wach werden, ob wir es mit einer oder mehreren Alkoholdehydrogenasen' zu tun haben.

Eine naheliegende Annahme ist, daß die Äthylalkoholdehydroge-nase nicht mit der Dehydrogenase identisch ist, die den Methylalkohol angreift, und daß, wenn Methylalkohol durch ein anderes biologisches Material oxydiert wird, dieses dagegen der Träger der spezifischen Methylalkoholdehydrogenase ist.

Indessen muß auch eine andere Möglichkeit beachtet werden. Schon als ich mich mit den hierhergehörigen Fragen zu beschäftigen

Page 10: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

Z U R K E N N T N I S DER ALKOHOLDEHYDROGENASEN U S W . 4 7

anfing, also bei meinem Studium der Succinodehydrogenase (1916) hatte ich Gelegenheit festzustellen, daß dieses Enzym nicht absolut spezifisch ist. Außer Bernsteinsäure vermag es auch Methylbernstein-säure zu dehydrogenisieren. Die Wirkungssphäre der Succinodehydro-genase beschränkt sich also nicht auf nur eine einzige Substanz, sondern umfaßt auch eine nahe Verwandte derselben, welch letztere indessen unter biologischen Verhältnissen wahrscheinlich nie mit der Succino-dehydrogenase zusammentrifft. Statt mit absoluter Spezifität hat man also mit relativer zu rechnen. Nun erhebt sich die Frage, ob die Spezi-fitätssphäre ein und desselben Enzyms, also eines Enzyms, dessen Hauptwirkung auf eine gewisse Substanz eingestellt ist, bei z. B. ver-schiedenen Organismen oder verschiedenen Organen dieselbe ist. Gründet man seine Auffassung über die Konstitution der Enzyme auf die Annahme einer an einen kolloidalen Kern gebundenen prosthetischen Gruppe, und geht man ferner davon aus, daß sowohl für die Fixierungs-ais die Aktivierungsverhältnisse des Enzyms beide Bestandteile von Bedeutung sind, so hat man die Möglichkeit zu beachten, daß eine Dehydrogenase, die offenbar den Charakter einer Äthylalkoholdehydro-genase hat, Nebenwirkungen verschiedener Art verursachen kann, wenn sie aus zwei verschiedenen biologischen Materialien stammt. Alkoholdehydrogenase aus Bakterien dürfte einen in irgendeiner Be-ziehung anderen chemischen Bau haben als beispielsweise eine Alkohol-dehydrogenase aus der menschlichen Leber, usw., und daß dies im Grade der Spezifität zum Ausdruck kommt, ist dann ganz natürlich.

Ich muß es also dahingestellt sein lassen, ob wir mit verschiedenen Dehydrogenasen für Äthylalkohol und Methylalkohol zu rechnen haben, oder ob wir mit einer Äthylalkoholdehydrogenase rechnen müssen, deren Hauptwirkung gerade auf Äthylalkohol eingestellt ist, gegenüber anderen Alkoholen jedoch eine wechselnde Aktionssphäre besitzt.

Dieselbe Überlegung, die oben bezüglich einer evtl. spezifischen Methylalkoholdehydrogenase angestellt wurde, läßt sich auch auf die Frage nach der Deutung der Aktivität gewisser Samenarten gegenüber Propylalkohol und noch höheren Gliedern der aliphatischen Reihe übertragen.

Hinsichtlich der Fähigkeit verschiedener Samenextrakte, Propyl-, i-Butyl- und Amylalkohol zu oxydieren, wurde kein so großer Unter-schied festgestellt, wie er bei Cucumissamen in Bezug auf Methyl- bzw. Äthylalkohol gefunden worden ist.

Zusammenfassung. Verf. teilt die Resultate einer systematischen Prüfung von ein

paar hundert Samenarten aus verschiedenen Bereichen des natürlichen

Page 11: Zur Kenntnis der Alkoholdehydrogenasen verschiedener Samenarten

4 8 T . T H U N B E R G : Z U R K E N N T N I S DER ALKOHOLDEHYDROGENASEN U S W .

Systems hinsichtlich der Verwendbarkeit der Samen zur Gewinnung von Extrakten mit der Fähigkeit, Äthylalkohol zu oxydieren (dehy-drogenisieren), mit. Von diesen untersuchten Samenarten besaßen 57 diese Fähigkeit, die offenbar durch das Vorhandensein einer Äthyl-alkoholdehydrogenase bedingt ist. Besonders stark wirkende Dehy-drogenaselösungen erhält man aus Samen von Citrus aurantium dulcis, Corchorus capsularis, Cucumis sativus, Echinocystis lobata, Evonymus europaeus, Mucuna utilis, Pistachia vera, Pisum sativum und Poin-ciana regia. — Verf. untersucht auch, wie sich Phosphatextrakte aus verschiedenen Samenraten zu anderen Alkoholen als Äthylalkohol verhalten, nämlich zu Methylalkohol, Propylalkohol, i-Butylalkohol und i-Amylalkohol. In ihrem Verhalten gegenüber Methylalkohol wiesen Extrakte aus verschiedenen Samenarten wesentliche Unter-schiede auf. Ein Extrakt aus Cucumis sativus hatte kein Aktivierungs-vermögen gegenüber Methylalkohol in allen, sich über ein weites Gebiet erstreckenden Konzentrationen. Poinciana regia zeigte nebst starker Wirkung auf Äthylalkohol auch ein starkes Aktivierungsvermögen gegenüber Methylalkohol. — Die Hemmungsgrenze der verschiedenen Alkohole wurde studiert und lag bei den niedrigeren Gliedern der Kette im allgemeinen höher als bei den höheren. — Die Frage, ob man es mit verschiedenen Dehydrogenasen für Methylalkohol und Äthylalkohol oder nur mit einer Äthylalkoholdehydrogenase, wenn auch mit wech-selnder Angriffssphäre je nach ihrer Herkunft, wird offen gelassen.

Johan och Therese Anderssons Minnesfond sage ich für die Bereit-stellung von Mitteln für die Durchführung dieser Untersuchungen meinen Dank.

L i t e r a t u r .

Ahlgren, G., Acta medica scand. 1923. 57. 508. Batte l l i , F. und L. Stern, Biochem. Z. 1910. 28- 245. Bertho, A., Ann. Chem. Pharm. Liebig 1929. 474- 1.

Büchner, E. und Meisenheimer, Ber. dtsch. Chem. Ges. 1903. 36-634. Buchner, E. und R. Gaunt, Ann. Chem. Pharm. Liebig 1906. 349- 140, Cook, R. P. und M. Stephensen, Biochem. 3. 1928. 22. 1368. Mizusawa, H., 3. of Biochem. 1933. 18- 243. Mül ler , D., Biochem. Z. 1933. 262- 239. Mül ler , D., Biochem. Z. 1934. 268- 152. Quastel, J. H. und M. D. Whetham, Biochem. 3. 1925. 19. 519. Thunberg, T., Skand. Arch. f. Physiol. 1916. 33- 223. Thunberg, T., Arch. internal, de Physiol. 1921. 18- 601. Thunberg, T., Abderhaldens Ildb. Abt. IV, 1935, Teil 2, 2295. Thunberg, T., Skand. Arch. f. Physiol. 1936. 73- 199. Wieland, H., Ber. d. dtsch. Chem. Ges. 1913. 46. 3327. Zaleski , W., Biochem. Z. 1914. 69- 289.