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D. Balarew. Zur Kenntnis der Eeuiitionen in festem Zustande. P: 111. Zur Kenntnis der Reaktionen in festem Zustande. V. Von D. BALAREW. Erwiderung an die Herren HEDVALL und HEUBERGER. Mit einer Figur im Text. Auf die Kritik, die HEDVALL und HEUBEROEB~) an meinen bis- herigen Untersuchungen uber die Rolle des Wassers bei den Re- aktionen im festen Zustande z, geubt haben, will ich mit folgenden Erwiderungen und Versuchen antworten. 1. Es ist wahr, daB ich auf eine bestimmte Weise den Mecha- nismus der Reaktionen, an welchen BaO bzw. SrO teilnehmen, er- kliire, und auf eine andere Weise den Mechanismus der Reaktionen, an welchen CaO teilnimmt. In dem ersten Fall finden die Keak- tionen zwischen dem entsprechenden festen Salze und dem ge- schmolzenen Ba(OH), bzw. Sr(OH), statt, das die Oberflache des BaO bzw. SrO immer bedeckt. In dem zweiten Falle spielea sie sich zwischen dem festen CaO und deo Gasen ab, die sich um 500° z. B. von ZnSO,, CuSO,, FeSO, entwickeln. Diese zwei Erklarungen unterscheiden sich wesentlich voneinander , aber weder die erste noch die zweite passen mit der Erklarung zusammen, die HEDVALL diesen Reaktionen gibt, ntimlich , daB dieselben zwischen festen Substanzen stattfinden. 2. Falls CaO schon bei 500° eine so schnelle Bewegung seiner Teilchen besitzt, da6 es dank dieser Bewegung schnelle Reaktionen mit einer ganzen Reihe von festen Substanzen eingehen kann, so miiBte dieses Oxyd bei hijherer Temperatur, z. B. bei 900°, ganz weich sein und dann mit allen festen Raueren Oxyden in schnelle Reaktion treten. Meine neuen Versuche haben aber gezeigt, daB beim Erhitzen einer Mischung von CaO-MnO, , CaO, CaO SnO, bis 950° keine Reaktion stattfindet, wtihrend MnO, und SnO, in schnelle Reaktion mit BaO und SrO eintreten. Meine Versuche l) Z. anorg. u. allg. Chem. 140 (1924), 243. 2. uaorg. u. a&. Chem. 134 (1924),117; 1% (1924), 216; 138 (1924), 349.

Zur Kenntnis der Reaktionen in festem Zustande. V

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Page 1: Zur Kenntnis der Reaktionen in festem Zustande. V

D. Balarew. Zur Kenntnis der Eeuiitionen in festem Zustande. P: 111.

Zur Kenntnis der Reaktionen in festem Zustande. V. Von D. BALAREW.

Erwiderung an die Herren HEDVALL und HEUBERGER.

Mit einer Figur im Text.

Auf die Kritik, die HEDVALL und HEUBEROEB~) an meinen bis- herigen Untersuchungen uber die Rolle des Wassers bei den Re- aktionen im festen Zustande z, geubt haben, will ich mit folgenden Erwiderungen und Versuchen antworten.

1. Es ist wahr, daB ich auf eine bestimmte Weise den Mecha- nismus der Reaktionen, an welchen BaO bzw. SrO teilnehmen, er- kliire, und auf eine andere Weise den Mechanismus der Reaktionen, an welchen CaO teilnimmt. In dem ersten Fall finden die Keak- tionen zwischen dem entsprechenden festen Salze und dem ge- schmolzenen Ba(OH), bzw. Sr(OH), statt, das die Oberflache des BaO bzw. SrO immer bedeckt. In dem zweiten Falle spielea sie sich zwischen dem festen CaO und deo Gasen ab, die sich um 500° z. B. von ZnSO,, CuSO,, FeSO, entwickeln. Diese zwei Erklarungen unterscheiden sich wesentlich voneinander , aber weder die erste noch die zweite passen mit der Erklarung zusammen, die HEDVALL diesen Reaktionen gibt, ntimlich , daB dieselben zwischen festen Substanzen stattfinden.

2. Falls CaO schon bei 500° eine so schnelle Bewegung seiner Teilchen besitzt, da6 es dank dieser Bewegung schnelle Reaktionen mit einer ganzen Reihe von festen Substanzen eingehen kann, so miiBte dieses Oxyd bei hijherer Temperatur, z. B. bei 900°, ganz weich sein und dann mit allen festen Raueren Oxyden in schnelle Reaktion treten. Meine neuen Versuche haben aber gezeigt, daB beim Erhitzen einer Mischung von CaO-MnO, , CaO, CaO SnO, bis 950° keine Reaktion stattfindet, wtihrend MnO, und SnO, in schnelle Reaktion mit BaO und SrO eintreten. Meine Versuche

l) Z. anorg. u. allg. Chem. 140 (1924), 243. 2. uaorg. u. a&. Chem. 134 (1924), 117; 1% (1924), 216; 138 (1924), 349.

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haben weiter gezeigt, da6 das CaO beim Erhitzen mit MOO, und WO, aueerordentlich kraftig reagiert, aber die Schnelligkeit , mit welcher das erste Oxyd mit MOO, reagiert, steht zweifellos in Zu- sammenhang rnit dem Schmelzen des MOO, (Schmelztemp. 791O). Und die Schnelligkeit, mit welcher das WO, mit CaO reagiert (es geschieht zwischen 500--860°, und ist abhangig davon, ob die Mischung vor der Erhitzung mehr oder weniger zusammengepreBt war), steht im Zusammenhang rnit dem Schmelzen des CaWO,.

3. Ziehen wir in Betracht, daB das Ca(OH), bei 450° disso- ziiert, das Sr(OH), bei etwa 700°, so miiBten wir erwarten, daB in dem System Ba(OH), == BaO + H,O das Wasser seinen Atmospharen-

Fig. 1.

druck bei etwa 900° erreichen wird. Dieser Umstand spricht da- fur, da6 bei 350° die Wasserdampfspannung in demselben System unmeBbar klein sein wird. Die thermochemischen Zahlen zeigen uns, daB die Wasserdampfspannung in dem BaO-System vie1 kleiner sein wird, als dieselbe in dern P,O,-System. Die Hydratisierungs- warme des BaO ist

BaO + H,O = Ba(OH), + 17,54 Kal.,

P,06 + H,O = 2HP0, + 9,73 Kal. die des P,O, (ausgerechnet von mir) ist

Danach mu6 BaO in allen Temperaturintervallen eine sfarkere hygroskopische Substanz sein als das P,O,.

Im Einklang mit dieser SchluBfolgerung stehen auch die Ver- suchsresultate, die ich in dem ersten Beitrag dieser Arbeit (S. 123, VI.) gegeben habe. In den Teil a des in der Fig. 1 dargestellten

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Apparates wurde eine Mischung von BaO und CaCO, gebracht, in den Teil b eine Probe P,O,. Nach dem Evakuieren wurde der Teil a drei Tage lang bis 200° erhitzt, aber das BaO wurde dabei gar nicht entwiissert.

EY ist also ganz klar, daB der Versuch, den HEDVALL und HEUBERGER als den starksten Beweis zur Unterstiitzung ihrer Hypo- these beibringen, namlich, daB das BaO auch als fest mi t Fe,(SO,), reagieren kann, in der Tat gar nichts besagt, weil einerseits das BaO keinesfalls bei den Bedingungen des HEDvALL’schen Versuches sein Wasser verlieren konnte, andererseib weil einige meiner Ver- suche gezeigt haben, daB das l?e2(S04), beim Erhitzen in einem Legierungsbad schon bei 300-350° stark raucht. In diesem Tem- peraturintervall wird also unbedingt ein nbergang von SO, des Fe,O, zu BaO stattfinden.

4. HEDVALL und HEUBERGEB analysieren das BaO-Priiparat, rnit welchem sie arbeiten, und finden in ihm 1,96O/, bzw. 0,7°/0 Wasser. Also schon die Ausgangspraparate enthalten etwa 20°/, bzw. 7°/0 Ba(OH),. Beim Zerreiben des BaO zu Pulver und bei der Vermischung des letzteren mit entsprechendem Salz wird zweifel- 10s das BaO, als eine so stark hygroskopische Substanz, noch Wasser aus der Luft aufnehmen. Meine Versuche haben gezeigt, daB bei einem schnellen Zerreiben (1 Minute) eines BaO-Praparates and auch moglichst schnellem Vermischen desselben mit getrock- netem CaCO, beim Erhitzen der hlischung bei etwa 600° eine Menge von Wasser abgeht, die einem Gehalt von Ba(OH), in dem BaO von 31°/, bzw. 43O/, entspricht. Da in dem Temperaturintervall 350° (Iteaktionstemperatur des Systems) bis 450° (Dissoziations- temperatur des Ca(OH), - p = 1 H) die Wasserdampfspannung in dem System Ba(OH), + BaO + HzO noch sehr klein bleibt im Ver- gleich mit der Wasserdampfspannung des Ca(OH)2-Systems, so bleibt (das BaO fur die umliegende Atmosphare sehr stark hygroskopisch, und das BaO konnte also noch schnell das bei der Reaktion

BaO + CaCO, = BaCO, + Ca(OH),

befreite Wasser anziehen. Auf diese Weise wird es iibrigens klar, warum bei der Anwesenheit von kleinen Mengen Wasser etwa 90°/, von den beiden festen Komponenten miteinander reagieren konnen.

5. HEDVALL und HEUBERGER glauben experimentell festgestellt zu haben, da8 der Wassergehalt in einem gegebenen System keinen EinfluB auf die Anfangstemperatur desselben ausiibt. Man kann

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aber erwarten, daB wegen der grogen Hygroskopizitat des BaO bzw, SrO schon an der Luft bei der Bereitung der Mischungen von wenig und von stark befeuchtetem BaO bzw. SrO die Wassergehalter der beiden Mischungen sich einander bedeutend nahern. In diesem Um- stand liegt sicher eine Ton den Ursachen, daB die Reaktionstempe- raturen des getrockneten und befeuchteten BaO und SrO, die HED- TALL und HEUBERGER in einer Tabelle angeben, so nahe aneinander- liegen. Dieselbe Tabelle zeigt aber, da6 in allen Systemen, die HEDVALL und HEUBERGER untersucht haben, das an Ba(OH), reichere BaO bzw. das an Sr(OH), reichere SrO mit dem entsprechenden Salze bei einer etwas niedrigeren Temperatur in Reaktion tritt. Von den 14 untersuchten Systemen beobachteten wir nur in einem solchen eine Umkehrung der Reihe - das wenig befeuchtete SrO reagierte mit Ag,PO, bei einer hijheren Temperatur als das nicht befeuchtete. Wahrscheinlich hat in diesem Falle das trockene SrO bei der Be- reitung der Mischung mehr Wasser aus der Luft aufgenommen als das befeuchtete.

6. Die Reaktionstemperatur des Ba(OH), liegt hiiher als die des BaO, weil der Warmeeffekt des chemischen Prozesses, an welchem Ba(OH), teilnimmt, im allgemeinen immer kleiner wird - der Proze6 BaO + H,O = Ba(OH), ist stark exothermisch. Dabei habe ich experimentell festgestellt, dab je grijber der Warmeeffekt einer Re- aktion zwischen festen Substanzen ist , bei einer desto niedrigeren Temperatur (bei allen anderen gleichen Bedingungan) die Reaktion anfangt. Aus demselben Grunde besitzt die Erhitzungskurve dsr getrockneten Mischungen einen klareren Knick als die der be- feuchteten.

7. Die Untersuchung aller festen Systeme, deren Erhitzungs- kurve ich verfolgt habe, kann man nicht bei gegebener Wasser- dampfspannung in der Atmosphare, in welcher das System erhitzt wird, vornehmen, weil in diesem Falle die Temperatur so schpell ansteigt, daB ein Qleichgewicht zwischen den festen Komponenten und dem Wasserdampf, besonders in dem Inneren der zusammen- geprebten pulverfiirmigen Substanzen, nie erreicht werden kann.

Die Systeme, in welchen SrO, besonders BaO eine von den Komponenten sind, kiinnen bei verschiedenen Wasserdampfspannungen in den Systemen nicht untersucht werden, auch deshalb, weil in und unter dem Gebiete der Reaktionstemperatur die Wasserdarnpf- spannung des Sr(OH), , besonders aber des Ba(OH), unmeBbar klein ist. Ubrigens wird man in keinem PalIe von einem System aus-

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gehen, dessen Komponenten im Gleichgewicht sind mit den me& baren Mengen von Wasserdampfen der Atmosphare uber ihm.

Wenn wir eine Mischung von eorghltig getrocknetem KC10, und MnO, in zwei Teile zerlegen und die eine Halfte der Mischung trocken erhitzen, die andere nach dem Befeuchten, so wird der Proze6 des Zerfallens in dem zweiten Fall in einer an Wasserdampf reichcrcn AtmosphPre ausgefuhrt werden als in dem ersten Fall. Meine Versuche haben gezeigt, da6 die Temperatur der schnellen Sauerstoffentwicklung in der befeuchteten Mischung niedriger licgt als in der nicht befeuchteten. Der Unterscliied hat bei allen anderen sonst gleichen Redingungen bis 12O erreicht. Die quanti- tative Verfolgung des Einflusses der Wttsserdampfspannung auf die in Frage kommende Tewperatur ist aber nach den oben angegebenen Grtinden nicht miiglich.

Aus dem Angefuhrten geht fur mich hervor, daB die Herren HEDVALL und HEGBERGER durch ihre Kritik keines von meinen Experimenten und keine meiner SchluSfolgerungen widerlegt haben.

Sofia, Institut fur anorganisch Chemie der Um'versilat.

Bei der Redaktion eingegangen am 15. Mlrz 1925.