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H. Brintzinger u. W. Brintzinger. Kenntnis d. Systems Elektrolyt-Wasser 61 Zur Kenntnis des Systems Elektrolyt-Wasser Die Verteilung der Ionen eines Salzpaares bei der Diffusion durch eine Membran Von H. BRINTZINGER und W. BRINTZIXGER Mit 2 Figuren im Text Dialysiert man einen binaren, der Hydrolyse nicht unterworfenen Elektrolyten unter solchen Bedingungen, daB die Dialyse nach dem Ahklingungsgesetz ct = co*f:-at verlauftl), so kommt, da aus elektro- statischen Grunden Kationen und Anionen nur in kquivalenten Mengen dnrch die Membran diffundieren konnen, der Dialysenverlauf fLir beide Ionen durch eine und dieselbe geradlinige log c,/t-Kurve zum Ausdruck. LaBt man aber ein Salapaar aus einer Losung durch eine Membran in das reine Losungsmittel diffundieren, so mussen zwar auch in dieseni Palle stets Lquivalente Mengen von Kationen und Anionen die Mem- bran passieren, damit die Elektroneutralitat der Losung erhalten bleibt; aber es besteht die Moglichkeit, da jedes Kation awei Arten von Anionen und jedes Anion zwei Srten von Kationen fur die Diffusion mr duswahl hat, daB entweder jedo Art der beiden Kationen jeweils iiur mit einer der beiden zur Verfugung stehenden Anionenarten gemeinsam durch die Membran wandert, oder - und dies wird in den meisten Fallen die Regel sein - da6 jede Art der Ionen des einen Iladungssinnes z. T. mit der einen. z. T. mit der anderen Art der Ionen d PB entgegengesetzten Eadungssinnes diff undier t . Wie aus den inzwischen ausgefuhrten Versuchen hervorgeht, erfolgt bei der Diffusion durch eine Membran - und das gleiche mu13 auch fur die freie Diffusion gelten - sofern vier oder mehr verschieden- artige Ionen vorhanden sind, stets pino Verteilung dieser Ionen in dem Rinne, daB unter Erhaltung der Elektroneutralitat das sohneller wanderndo Kation vorzugsweise auch mit dem schneller wandernden Anion und das langsarner wandernde Kation hauptsiichlich mit dem lang-samer wandernden Anion diffundiert. Da die Diffusionsgeschwin- 1) H. BRIETZINGER, Z. anorg. u. allg. Chem. 16s (1927), 146; H. BRINTZINGER 11. B. TROEMER, Z. anorg. 11. a&. Chem. I84 (1929), 97.

Zur Kenntnis des Systems Elektrolyt-Wasser Die Verteilung der lonen eines Salzpaares bei der Diffusion durch eine Membran

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H. Brintzinger u. W. Brintzinger. Kenntnis d. Systems Elektrolyt-Wasser 61

Zur Kenntnis des Systems Elektrolyt-Wasser Die Verteilung der Ionen eines Salzpaares bei der Diffusion

durch eine Membran Von H. BRINTZINGER und W. BRINTZIXGER

Mit 2 Figuren im Text

Dialysiert man einen binaren, der Hydrolyse nicht unterworfenen Elektrolyten unter solchen Bedingungen, daB die Dialyse nach dem Ahklingungsgesetz ct = co*f : -a t verlauftl), so kommt, da aus elektro- statischen Grunden Kationen und Anionen nur in kquivalenten Mengen dnrch die Membran diffundieren konnen, der Dialysenverlauf fLir beide Ionen durch eine und dieselbe geradlinige log c,/t-Kurve zum Ausdruck.

LaBt man aber ein Salapaar aus einer Losung durch eine Membran in das reine Losungsmittel diffundieren, so mussen zwar auch in dieseni Palle stets Lquivalente Mengen von Kationen und Anionen die Mem- bran passieren, damit die Elektroneutralitat der Losung erhalten bleibt; aber es besteht die Moglichkeit, da jedes Kation awei Arten von Anionen und jedes Anion zwei Srten von Kationen fur die Diffusion m r duswahl hat, daB entweder jedo Art der beiden Kationen jeweils iiur mit einer der beiden zur Verfugung stehenden Anionenarten gemeinsam durch die Membran wandert, oder - und dies wird in den meisten Fallen die Regel sein - da6 jede Art der Ionen des einen Iladungssinnes z. T. mit der einen. z. T. mit der anderen Art der Ionen d PB entgegengesetzten Eadungssinnes diff undier t .

Wie aus den inzwischen ausgefuhrten Versuchen hervorgeht, erfolgt bei der Diffusion durch eine Membran - und das gleiche mu13 auch fur die freie Diffusion gelten - sofern vier oder mehr verschieden- artige Ionen vorhanden sind, stets pino Verteilung dieser Ionen in dem Rinne, daB unter Erhaltung der Elektroneutralitat das sohneller wanderndo Kation vorzugsweise auch mit dem schneller wandernden Anion und das langsarner wandernde Kation hauptsiichlich mit dem lang-samer wandernden Anion diffundiert. Da die Diffusionsgeschwin-

1) H. BRIETZINGER, Z. anorg. u. allg. Chem. 16s (1927), 146; H. BRINTZINGER 11. B. TROEMER, Z. anorg. 11. a&. Chem. I84 (1929), 97.

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Jigkeit eines Ions im wesentlicheii von der GriiBe der Wasserhiills urn dieses Ion abhangig ist, die GriiBe der Wasserbulle wiederum anit der GroBe des elektriscben Feldes an der Oberfliiche des betreffenden 1011s im Zusammenhaiig steht, kann man auch sagen, datS diejenigen entgegengesetzt geladenen Ionen sich fur die gemeinsame Diffusion gegenseitig bevorzugen, deren elektrische Felder an der Ionenober- flache cler GroBe nach einander am nachsten sind. Es wird also hi tler Diffusion bmv. der Diffusion durch eine Membran eine gegenseitige Bevoraugurig zmisohen Ionen hei der Buswahl aus mehreren fur die Diffusion zur Verfugung stehenden Ionen festzustellen sein.

Die den Verlauf der Dialyse der einzelnen Ionen eines Salzpaams wicdergebenden log cJt-Kurven sind demnach fur je ein Kation mid Anion nicht gleich, sonderri man erhiilt vier ve,rschiedene gera,dlinig verlaufende log cJt-Kurven.

Urn einen Einblick in diese Verhiiltnisse zu erhalteii, \.vurdeii folgende zwei Versuche vorliiufig orientsicrenden Charakters, denen demnlichst eine grol3ere Zahl von Untersuchungen folgen soll, am- gefuhrt. Es w-urde der Dialysenverlauf dsr beiden Salzpaare LiCl K 3 und LiCl/K,SO, in bezug auf alle vier Ionen fest'gest,ellt.

Ds fur die Bestimmung der Konzentration an jedem der vier Ionen jeweils eine groBe Flussigkeitsmenge benotigt wurde und da der Verlaixf der Dialyse fur die Dauer von 6 bzw. 3 Stunden heobachOet werden sollte, wurden fur das erste Salzpaar sechs Dialysen und zwar jeweils 1, 2, 3, 4, 5 und 6 Stunden lang, und fur das zweite Salzpaar vier Dialysen und zwar 1, 2, 2,5 und 3 Stsunden ausgefuhrt. Naeh deren Beendigung wurde die Konzentration des Dialysatorinhalts in bezug auf die verschiedenen Ionen best'immt.

I. Der Verlauf der Dialysen einer n/lO-LiCI- und n/lO-KJ-Losung sowie einer in bezug auf beide Stoffe Ijl0-normalen Losung

Fur diese Untersuchung wurde als Membran das ,,Pergament- papier zur Dialyse C 155:lOO" von SCHLEICHER und SCRULL ver- wendet. Die Versuche wurden bei 1 8 O C und unter Einhaltung der spezifischen Oberflache F = 1 ausgefiihrt. AuBenwasser : 18 Liter.

Die Dialgsen der n/lO-LiCl- und der n/lO-KJ-Losung ergaben die Dialysenkoeffizienten RI,ic, = 0,165 und I , , = 0,274. Beide log cJt- Geraden sind in die Fig. 1 eingetragen. Der Verlauf des sechs Dialysen der in bezug auf LiCl und K J l/,,-normalen Losung wurde durch die potentiometrische Bestimmung von J' und Cl' rnit Hilfe einer n/lO- Silbernitratlosung und durch die Bestimmung von K durch Fa,llung

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als Kaliuniperchlorat verfolgt. Li' wurde ills Differenz am der Summe der hionen-Aquivalente und rechnet,. Zur Kontrolle wurde Li' gelegentlich auch indirekt itus der Mumme der Alkali- sulfate und den erwahnten iibrigen Bestimmungen er- mitt elt .

Aus diesen Bestimmun- gen geht hervor, (la8 nun jedes Ion seinen eigeneri Dia- lysenkoeffizienten hat. Es wurden erhalten 1, = 0,301 :

ALi = 0,142; = 0,219;

dern Aquivalent an Kalium-Ion be-

t Sfunden 1 2 3 6 . 5 6

Fig. 1. Verlauf der Dialysen einer n/ I 0-LiCI- End einer n/lO-KJ-Losung sowie einer in

bemg auf LiCl und K J 1/10 n-Losung l,, = 0,205. Die den Ver- lauf der Dialyse der vier Ionen wiedergebenden log c,/t-Geraden sind in die Fig. 1 einget,ragen.

2. Der Verlauf der Dialysen einer n/lO-LiCi- und einer n/lO-K,SO,-Losung sowie einer in bezug auf beide Stoffe I/lO-normalen Losung

Als Membran wurde Cellophan, Qual. 300, voii K a l l e B: Go. benutet. Versuchstemperatur: 1 8 0 C ; spexifische Oberflache F = 1 ; Aufienwasser: 18 Liter.

Bus den Dialysen der n/lO-LiCl- und der n/lO-K,SO,-Losungen ergaberi sich die Dialysen- 50 koeffizienten RLICl = 0,73!>;

1= 0,574. Die den Dia- lysenverlauf beider Losun- gen wiedergebenden log c,/t- Geraden sind in Fig. 2 ein- getragen. Der Vcrlauf der vier Dialysen der in bezug auf LiCl nnd K,SO, l/lo-nor- malen Losungen wnrde durch die gewichtsanalytische Be- Fig. 2. Vorlauf der Dialysen einer stimmung von Cl' als AgCl, von SO," als BaSO,, von K- als KC10, und von Li' (Bus der Summe der Alkalisulfate und den ubrigen Daten indirekt bestimmt) verfolgt. Die Snalysen waren richtig, wenn die Summe

n/ 10-LiC1- und einer n/ 10-K2S04-Losung sowie einer in bezug auf LiCl und K,SO,

1/10 n-Losung

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der Kationen-Aquivalente gleich der Summe der Anionen-hqiiiva- lente war. Es ergaben sich folgende vier Dialysenkoeffizienten: I , , = 0,728; ALi = 0,409; i,,, = 0,882; ASOl = 0,361.

Die den Verlauf der Dialyse der einzelnen Ionen des Salzpaares miedergebenden log c&-Geraden sind in Fig. 2 eingetragen.

Aus beiden Versuchen geht hervor, daB tatsiichlich jeweils das schneller wandernde Kation vorzugsmeise mit dem schneller wan- dernden Anion, und die beiden langsamer mandernden Ionen ent- gegengesetzter Ladung ebenfalls vorzugsweise miteinander durch die Membran diffundieren, \vie schon a priori angenommen vurde.

Das Kation mit dem kleineren elelitsrisehen Feld an der Ober- flache (bei beiden Versuchen das Kalium-Ion) wandert also im wesent- lichen mit dem der beiden Anionen, das ebenfalls das kleincre elek- trische Feld an der Oberflache aufweist, beim ersten Versuch also mit Jod-Ion, beim zweiten Versuch mit Chlor-Ion. Das Kation init dem griiBeren elektrischen Feld an der Oberflache (in beiden Versuchen das Lithium-Ion) wandert liauptsachlich mit dem der beiden Anionen, das das relativ grol3ere elektrische Feld an der Oberflache aufzm e‘ isen hat, also im ersten Versuch mit Chlor-Ion, im zweiten Versuch mit Sulfat-Ion.

Uber den G r a d d c r V e r t e i l u n g zweier Ionen auf zwei ent- gegengesetzt geladene Ionen bei der Diffusion durch eine Membrau baw. hei der freien Diffusion, welcher sich durch vergleichende Mes- suingen an Systemen von vier versehiedenen Ionen bestimmen 15iBt, von denen in je einer Versuchsreihe drei Ionen stets gleich zu halten sind, das vierte dagegen zu variieren ist, etwa nach dem Beispiel: konstant: K’, Li’ und SOa”, variierend: F’, Cl’, Br’, J’, NO,’ usw., sol1 in einer spateren Mitteilung berichtet werden.

Jema, Anorganische Abteilwng des Chenzischeti Laboratoiiums der Cniversitait.

Bei dw Redaktion eingegangen am 10. Dezember 1930.