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517 Gefunden Bereehnet I. 11. fur (CgH15N 0 Cl)a PtC14 C 19.20 19.40 19.41 pCt. H 4.63 4.60 4.53 )) Zur Identitatserklarung der von mir bei der Fleischfaulniss ge- fundenen giftigen Base mit dem Trimethylvinylammoniumoxyhydrat bestimmt mich nicht nur die chcmische und physikalische Beschaffen- heit des Platinsalzes der Faulnissbase, deren Analyse dem Trimethyl- vinylammoniumoxyhydrat sehr nahe stehende Werthe ergab, sondern besonders auch das physiologische Verhalten des Letzteren. Geringe Mengen, und zwar geniigen 4mg des salzsauren Salzes bei einem circa 1 kg schweren Kaninchen, rufen ganz dieselben toxischen Erscheinungen hervor, die sich in derselben Reihenfolge ab- spielen wie bei der giftigen Faulnissbase. Auch hier hemmt das Atropin sowohl den Speichelfluss als wie die Kranipfe und ebenso bewirkt Eintraufelung der Base ins Auge Verengerung der Pupillen, welche durch Atropin wieder beseitigt wird, so dass also physiologisch eine vollkommene Uebereinstimmung zwischen den beiden Basen besteht. Da die von Schmiedeberg als Cholin oder Neurin (Trimethyl- oxathylammoniumoxyhydrat) bezeichnete Base nicht giftig wirkt, wah- rend das um 1 Molekul Wasser iirmere Trimethylvinylammoniumoxy- hydrat so dusserst giftige Eigenschaften entfaltet, wird es meine nachste Aufgabe sein die Beziehungen des auf synthetischem Wege als auch aus organischen Bestandtheilen dargestellten Trimethyloxiithylammo- niumoxyhydrat zu dem Trimethylvinylammoniumoxyhydrat naher zu studiren. Die vorliegende in keiner Weise abgeschlossene Mittheilung bezweckt das ungestorte Arbeiten in dieser Richtung mir zu sichern. e 136. F. Mylius: Zur Kenntniss der Harnsaure. [Vorgetragen von Hrn. A. W. Hofmann.] (Eingegangen am 10. Mirz.) Da die Harnsaure im freien Zustande sich Substitutionsmitteln gegeniiber bekanntlich sehr unzu@nglich erweist, so wurde ich darauf gefuhrt, die betreffenden Reagentien auf Derivate der Harnsaure wirken zu lassen, welche bestandiger sind als diese selbst. Der gleiche Ge- dankengang veranlasste E mi l F i s c h e r , fiir seine Versuche die Methyl- harnsaure zu verwenden. Es schienen sich mir fur den vorliegenden Zweck solche Derivnte am rneisten zu empfehlen, bei welchen eine Spaltung in die Coniponenten moglich ist, weil man hoffen durfte, durch eine nach erfolgter Substitution vorgenommene Spaltung die directen Substitutionsproducte der Harnsiiure ZLI erhalten. Eine Acetyl-

Zur Kenntniss der Harnsäure

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Gefunden Bereehnet I. 11. fur (CgH15N 0 Cl)a PtC14

C 19.20 19.40 19.41 pCt. H 4.63 4.60 4.53 ))

Zur Identitatserklarung der von mir bei der Fleischfaulniss ge- fundenen giftigen Base mit dem Trimethylvinylammoniumoxyhydrat bestimmt mich nicht nur die chcmische und physikalische Beschaffen- heit des Platinsalzes der Faulnissbase, deren Analyse dem Trimethyl- vinylammoniumoxyhydrat sehr nahe stehende Werthe ergab, sondern besonders auch das physiologische Verhalten des Letzteren.

Geringe Mengen, und zwar geniigen 4 m g des salzsauren Salzes bei einem circa 1 kg schweren Kaninchen, rufen ganz dieselben toxischen Erscheinungen hervor, die sich in derselben Reihenfolge ab- spielen wie bei der giftigen Faulnissbase. Auch hier hemmt das Atropin sowohl den Speichelfluss als wie die Kranipfe und ebenso bewirkt Eintraufelung der Base ins Auge Verengerung der Pupillen, welche durch Atropin wieder beseitigt wird, so dass also physiologisch eine vollkommene Uebereinstimmung zwischen den beiden Basen besteht.

Da die von S c h m i e d e b e r g als Cholin oder Neurin (Trimethyl- oxathylammoniumoxyhydrat) bezeichnete Base nicht giftig wirkt, wah- rend das um 1 Molekul Wasser iirmere Trimethylvinylammoniumoxy- hydrat so dusserst giftige Eigenschaften entfaltet, wird es meine nachste Aufgabe sein die Beziehungen des auf synthetischem Wege als auch aus organischen Bestandtheilen dargestellten Trimethyloxiithylammo- niumoxyhydrat zu dem Trimethylvinylammoniumoxyhydrat naher zu studiren. Die vorliegende in keiner Weise abgeschlossene Mittheilung bezweckt das ungestorte Arbeiten in dieser Richtung mir zu sichern.

e

136. F. Mylius: Zur Kenntniss der Harnsaure. [Vorgetragen von Hrn. A. W. Hofmann.]

(Eingegangen am 10. Mirz.)

Da die Harnsaure im freien Zustande sich Substitutionsmitteln gegeniiber bekanntlich sehr unzu@nglich erweist, so wurde ich darauf gefuhrt, die betreffenden Reagentien auf Derivate der Harnsaure wirken zu lassen, welche bestandiger sind als diese selbst. Der gleiche Ge- dankengang veranlasste E m i l F i s c h e r , fiir seine Versuche die Methyl- harnsaure zu verwenden. Es schienen sich mir fur den vorliegenden Zweck solche Derivnte am rneisten zu empfehlen, bei welchen eine Spaltung in die Coniponenten moglich ist, weil man hoffen durfte, durch eine nach erfolgter Substitution vorgenommene Spaltung die directen Substitutionsproducte der Harnsiiure ZLI erhalten. Eine Acetyl-

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verbindung, welche diesen Anforderungen vielleicht entsprechen wiirde, ist noch niemals dargestellt worden; auch von sonstigen Saurederi- vaten der Harnsaure ist nichts bekannt; die einzige in der Literatur verzeichnete Verbindung, welche man in diese Categorie zu recbnen hat, ist eine Verbindung von Harnsaure mit Sarkosin, welche von E. B a u m a n n *) unter der Bezeichnung Sarkosinharnsanre kurz be- schrieben worden ist. Diese Verbindung habe ich meinen Versuchen zu Griinde gelegt.

Sobald mir die wichtige und ausfuhrliche, in Heft I11 erschienene Abhandlung E m i l F i s c h e r ’ s bekaiint geworden war, musste es mir erwiinscht erscheinen , durch eine Zusammenstellung der bisher erhal- teneii Resultate die Richtung anzudeuten , in welcher sich meine Ver- suche bewegen, obwohl das Arbeitsgebiet F i s c her’s durch dieselben kaum beriihrt wird.

S a r k o s i n h a r n s a u re.

Die Verbindung ist urspriinglich dargestellt worden durch Ein- tragen von Harnsaure in geschmolzenes Sarkosin. Da aber nach eigenen Versuchen 2, das Sarkosin beim Schmelzen eine Umwandelung in das Sarkosinanhydrid erfahrt, und dieses nicht mehr im Stande ist, sich mit der Harnslure ZLI verbinden, so habe ich es fur zweckmassig gehalten, eine allzu hohe Temperatur zu vermeiden und zur Dar- stellung folgendes Verfahren einzuschlagen:

Eine innige Mischung von 3 Gewichtstheilen Sarkosin mit 2 Theilen Harnsaure wird im Oelbade auf 2100 erhitzt. Nach kurzer Zeit wird die Masse teigig und entwickelt Wasser. Bei Zugrundelegung der Gleichung :

wiirde man fur 2 Theile Harnsaure nur 1 Theil Sarkosin anzuweiiden brauchen; ein Ueberschuss des letzteren ist aber erforderlich, um die Masse zum Schmelzen zu bringen und dadurch die Reaction einzu- leiten. Das kaum gefiirbte Product enthalt die Sarkosinharnsaure und Sarkosinanhydrid. Nach dem Aufliisen in heissem Wasser uiid Fil- tration gewinnt man die Sarkosinharnslure beim Erkalten der Liisung in prismatischen Krystallen, welche von dem anhaftenden gelben Farb- stoff am besten dadurch befreit werden, dass man ihre heisse wlss- rige Liisung mit einigen Tropfen Bleiacetat versetzt und das Blei durch Schwefelwasserstoff ausfallt; der Farbstoff schlagt sich mit dem Bleisulfid nieder und die Krystallr, welche sich beim Erkalten des Filtrates ausscheiden, sind farblos.

CgH4N403 + C3EI7N02 = CgHgN504 -I- H20

E. B a u m a n n , diese Berichte VII, 1152. F. M y l i u s , diese Berichte XVIT, 256.

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Die Ausbeute lasst nichts zu wiinschen iibrig; die ganze Menge der Harnsaure wird in die Verbindung iibergefiihrt; das in der Mutter- lauge befindliche Sarkosinanhydrid kann man nach Umwandlung in Sarkosin durch Kochen mit Schwefelsaure wiederum verwerthen.

Den aus wassriger Liisung ausgeschiedenen Krystallen kommt die Zusammensetzung :

CsHgN504 + 2H20 ZU.

Das Krystallwasser wird bei 1000 vollstandig entfernt, indem die Krystalle verwittern.

Bei der Analyse der wasserfreien Substanz erhielt ich folgende Werthe , welche rnit den fiir obige Formel berechneten nahezu iiber- einstimmen :

Versuch I. 11.

Ce 96 40.16 40.36 - Hg 9 3.77 3.96 - N5 70 29.29 - 29.32 0, 64 26.78 - -

Theorie

_ _ _ _ _ ~ 239 100.00.

Durch genaue Beobachtung der Eigenschaften der Verbindung gelangt man zu der Erkenntniss, dass die Hydroxylgruppe des Sar- kosins zur Bildung des Wassers Verwendung gefunden hat, dass dem- nach das Sarkosinradical durch die Carbonylgruppe rnit dem Harnsaure- radical, C5 H3 N403, vereinigt ist, wie dies durch die Formel:

angedeutet wird. (C5 H3 Nq 0 3 ) --- C 0 C Hg N H (CH3)

Die Sarkosinharnsaure zeigt die Murexidreaction. AlkaIische Kupferlosung wird durch sie in der Wlrme langsam

reducirt; durch Behandlung rnit Kaliumpermanganat wird sie zu Pro- ducten oxydirt, welche nicht naher studirt worden sind.

Im Uebrigen zeichnet sich die Verbindung durch grosse Bestandig- keit aus. Beim Erhitzen liefert sie erst in hoher Temperatur, ohne zu schmelzen, die Zersetzungsproducte der Harnsaure und des Sar- kosins. Wie in allen Sauren, ist die Verbindung auch in concentrirter Salpetersaure liislich; beim Erkalten der heiss gesattigten Liisung kry- stallisirt der Kiirper unveraiidert aus; aus seiner Aufliisung in con- centrirter Schwefelsaure wird er auf Zusatz von Wasser abgeschieden. Die salzsaure Liisung hinterlasst beim Verdunsten die Verbindung im freien Zustande.

E s s i g s a u r e s und a m e i s e n s a u r e s Sa lz . Wahrend sonach die Verwandtschaft zu Mineralsauren ausserst

gering erscheint , gelingt es , ein krystallisirtes Acetat herzustellen. Wenn man die Verbindung rnit Eisessig iibergiesst, so lost sie sich

auf; gleichzeitig aber scheidet sich das essigsaure Salz in mikrosko- pischen Krystallen ails , welche in kaltem Eisessig vollkommen un- loslich, in heissem schwer liislich sind und sich daher ails diesem Mittel umkrystallisiren lassen.

Der Versuch, das Acetat behufs der Analyse zu trocknen, miss- lang; schon im Vacuum wird ein Theil der Essigsaure abgegeben; bei 100° ist der Verlust ein noch betrachtlicherer. Mit Wasser iiber- gossen, lost sich das essigsaure Salz rnit Leichtigkeit auf, und beim Verdunsten der Liisung erhalt man als Riickstand die freie Sarkosin- harnsaure, wahrend die Essigsaure vollkommen entwichen ist.

Die Analogie rnit einem spater zu erwahnenden Fall lasst darauf schliessen , dass in dem Acetat der Sarkosinharnsaure ein Molecul Essigsaure enthalten ist').

Aehnliche Eigenschaften wie dem Acetat kommen dem Formiat zu , welches man durch Digestion rnit concentrirter Ameisensaure erhSIt.

S a l z e d e r S a r k o s i n h a r n s a u r e .

Die sauren Eigenschaften der Verbindung treten noch hinter die basischen zuriick und sind selbst geringer als die der Harnsaure. Die Sarkosinharnsaure reagirt in wassriger Liisung schwach sauer; sie liist sich leicht in Alkalien; beim Eindampfen der Losungen erhalt man die Salze der Verbindung als glasige Massen, deren wassrige Lasung alkalisch reagirt. Eine Liisung der Saure in Ammoniak liefert beim Verdunsten ein krystallisirbares Salz; das Ammoniak entweicht aber daraus bei 100' vollstandig, zumal nach dem Benetzen mit Wasser, so dass die SSure zuruckbleibt.

Ein in Wasser unliisliches Silbersalz gewinnt man, wenn man zu einer Losung der Sarkosinharnsaure in Ammoniak Silbernitrat fiigt; es scheidet sich ein weisser, amorpher Niederschlag aus, welcher sich in Ammoniak und in Salpetersaure leicht 16st und welcher sich nach einiger Zeit gelblich farbt. Eine Silberbestimmung beweist , dass die Verbindung zwei Atome Silber enthalt. Beim Gliihen des Salees wurden 49.98 pCt. Silber gefunden, wahrend ein Salz von der Zu- sammensetzung CaH7 N5 NqAg2 47.68 pCt. verlangt. Da die braunliche Farbung der getrockneten Verbindung auf einen Gehalt an metallischem Silber deutet, so iut es erklarlich, dass der gefundene Werth etwas zu hoch ausgefallen ist.

Das Bleisalz gewiniit man durch Fallen der ammoniakalischen Liisung der S5ure mit Hleiacetat.

1) Die Verwandtscliaft XIII' Essigsiurc ist durch den Rest des Sarkosins bedingt ; das Sarkosin selbst liefcit ein lrrystsllisirtes Acetat, welches in Wasser leicht ldslich ist, sich damit alner nicht zcrsetzt.

S p a l t u n g d e r S a r k o s i n h a r n s a u r e . Wenn man die Sarkosinharnsaure rnit Kaliumhydrat zusaminen-

reibt, so bildet sich eine flussige Masse, welche das Kaliumsalz ent- halt. Beim Erwarmen auf 1 l o o wird die Masse allmahlich fest, wahrend sich etwas Ammoniak entwickelt. Die Verbindung ist nun gespalten in Harnsaure und Sarkosin, welche als Kaliumsalze in der Masse enthalten sind.

CsHgNgOk + € 1 2 0 = CSHqN403 + C1H7N02. Die entstandene Harnsiiure lasst sich leicht nach den1 Auflosen

des Reactionsproductes in Wasser durch Zusatz von Salzsaure in den fur sie characteristischen Krystallen gewinnen, an welchen alle fiir die Harnsgure bekannten Reactionen beobachtet werden kiinnen. Die Analyse der bei looo getrockneten Substanz ergab:

Vcrsuch I. TI. Thcorie

Ca 60 35.71 35.66 - H4 4 2.38 2.69 - Nq 56 33.33 - 32.95 0 3 48 28.58 - -

168 100.00. Wenn man das salzsaure Filtrat bis zur Trockne verdampft und

den Riickstand mit absolutem Alkohol behandelt, so enthalt die Losung das salzsaure Sarkosin, aus welchem sich die freie Base gewinnen lasst, indem man die Salzsaure mit Silberoxyd ausscheidet und in das silberhaltige Filtrat Schwefelwasserstoff leitet. Die vom Schwefelsilber abfiltrirte Flussigkeit liefert nach dem Eindampfen Krystalle von reinem Sarkosin, welches durch Beobachtung der Krystallform und des siissen Geschmacks leicht identificirt werden kann.

Die Spaltung in Harnsaure und Sarkosin findet auch statt, wenn die Verbindung einige Stunden lang mit Wasser im geschlossenen Rohr auf I500 erhitzt wird.

E i n w i r k u n g von B r o m a u f S a r k o s i n h a r n s a u r e . B r o m - S a r k o s i n - M e s o h a r n s a u r e .

Wenn man eine warme wassrige Liisung der Sarkosinharnsaure mit Brom digerirt, so tritt dasselbe in Reaction; die anfangs braune Fliissigkeit wird farblos; um die Reaction zu Ende zu fuhren, ist es gut, einen kleinen Ueberschuss von Brom hinzuzufiigen, welchen man spater wieder verdunstet.

Aus der Fliissigkeit scheiden sich beim Erkalten glanzende Kry- stalle aus, welche nach dem Umkrystallisiren ails Wasser, in welchem sie schwer loslich sind, rechtwinkelige farblose Tafeln von hohem

Berichte d. D. chern. Gesellsohaft. Jahrg. XVII. 34

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specifischen Gewicht darstellen. Die Verbindung ist bromhaltig. Die Fllssigkeit , aus welcher sie sich abgeschieden hatte, enthalt keine freie Bromwasserstoffsaure, und man hatte das Bromid daher fiir ein Additionsproduct halten kiinnen, wenn sich nicht an der Stelle der Bromwasserstoffsaure reichliche Mengen von Bromammonium gefunden hatten.

Nach dem Trocknen bei 1000 wurde die Substanz der Analyse unterworfen , wobei es sich zeigte, dass die Zusammensetzung der Verbindung dem Ausdruck

Cs H7 N4 0 5 Br entswicht.

Versuch I. 11. 111. IV. Theorit,

- - Cs 96 30.10 30.12 - H7 7 2.19 2.45 - - -

- 17.53 - Nq 56 17.55 - 05 80 25.08 Br 80 25.08 -

- - - - - 24.73 25.09 ___ ~

319 100.00.

Der Kiirper ist aus der Sarkosinharnsaure unter der Mitwirkung des Wassers entstanden, wie die folgende Gleichuiig erlautert :

CsH9N504 + 2Br + H20 = CsH~N405Br + NHaBr. Die Ausbeute ist nahezu die theoretische. Man kann die Verbindung auffassen als Sarkosinharnsaure, in

welcher ein Stickst&- und ein Wasserstoffatom durch Sauerstoff er- setzt sind, und in welcher ausserdem ein Wasserstoffatom durch Hrom substituirt ist.

Das Brom befindet sich in dieser Verbindung in demselben activen Zustande wie in den Brornderivaten der Saureamide von Hofmann.') Es bedingt den styptischen Geschmack der Substanz, und es wird in der Verbindung mit Hilfe von Schwefelwasserstoff durch Wasserstoff ersetzt , indem unter Abscheidung von Schwefel Bromwasserstoff entsteht.

CsHTNa05Br + H2S = CaHRNqO:, + S + HRr. Beim Uebergiessen des Bromides mit Ammoniak wird Stickstoff

entwickelt , wahrend der Wasserstoff die Stelle des Broms einnimmt. Als Product dieser Reaction erhalt man das Ammoniaksalz einer neuen Saure.

Der Vorgang kann 3(CsH7N405Br) +

ausgedruckt werden durch die Gleichung: 2H3N = S(CsHaN405) + 3HBr + 2 N ,

') A. W. H o f m a i i n , diesc Bcrichtc XV, 407, 752.

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welche, da die entstehenden Sauren durch Ammoniak neutralisirt werden, besser folgende Gestalt annimmt: 3 ( C 8 H ~ N 4 0 : , B r ) + 8H3N = ~ ( C ~ H B N ~ O ~ , N H Q ) + 2N + 3NHlBr.

Da die entstehenden Ammoniaksalze sich gegen Lacmus neutral verhalten, so war es miiglich, auf acidimetrischem Wege den Gesammt- verbrauch an Ammoniak zu ermitteln; es wurde dabei so verfahren, dass das Bromid durch einen Ueberschuss von Ammoniak zersetzt und der Ueberschuss durch Salzsaure zurucktitrirt wurde.

F u r 1.1348 g des Bromids waEen zur Erreichung der Neutralitats- grenze 16.8 ccm l/2 norm. Ammoniakliisung = 0.1428 g Ammoniak erforderlich. Aus der angegebenen Zersetzungsgleichung berechnet sich eiu Verbranch von 18.9 ccm Ammoniakliisung = 0.1612 Ammoniak. Eine noch griissere Abweichung der durch den Versuch ermittelten von den berechneten Werthen zeigte sich in Betreff der Menge des entwickelten Stickstoffs, welche kaum die, Halfte betrug von der nach angefuhrter Gleichung berechneten. Diese Erscheinungen glaube ich durch die Annahme erklaren zu miissen, dass auch durch den Wasser- stoff des Wassers eine Verdrangung des Broms aus der Verbindung stattfindet, wahrend der Sauerstoff zu Oxydationen verwendet wird. Nach erfolgter Reaction ist die ammoniakalische Liisung haufig schwach purpurroth gefarbt ; den entstandenen Farbstoff halte ich fur ein Oxydationsproduct.

Sauren gegenuber ist das Bromid vollkommen bestandig; es liist sich beim Erwarmen in Salpetersaure ; auf Zusatz von Silbernitrat tritt keine FSillung von Bromsilber ein.

Dass dem Bromide noch die Eigenschaften eirier Saure zukomrneti, geht aus seinem Verhalten gegen Barytwasser hervor. Die Substanz, welche in kaltem Wasser kanm liislich is t , lost sich in Barytwasser mit griisster Leichtigkeit, wenn man einen Ueberschuss desselben rer- meidet. In einer solchen Liisung ist das Baryumsalz der Verbindung enthalten , denn dieselbe wird auf Zusatz von Salzsaure wiederum unrerandcrt gefallt. Fiigt man zur Losung aber Barytwasser im Ueber- schuss, so wird die Verbindung zersetzt und es schlagt sich sofort ein vollkominen unlosliches Baryumsalz nieder. Zugleich wird die ganze Menge des Broms in Brombaryum iibergefuhrt; dabei tritt ein eigen- thumlicher Geruch auf, welcher auffallend an den bei der Oxpdation des Sarkosins wahrnehmbnren erinnert , und welcher miiglicherweise eiuem Abkiirnmling des Methylamins apgehiirt. Von dieser Base selbst wird jedoch nicht mehr als eine- Spur neben Ammoniak entwickelt. Filtrirt man das Baryumsalz ab , so kann man aus dem eoncentrirten Filtrate durch Salzsiiure eine schwer liisliche Saure niederschlagen, welche von Harnsaure verschieden ist, denn sie bildet niit Amnioniak ein leicht liisliches Salz.

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Diejenige SLure, welche dem nnliislichen Baryumsalze zu Grunde liegt, ist stickstoffhaltig und in Wasser ausserst leicht liislich. Ich habe ihr Studirim aufgegeben, a1s ich ill ihr einen Gehalt an Oxal- skure nachzuweisen vermochte, von welcher sie nicht mit Leichtigkeit befreit werden kann.

Ohne Zweifel hat tnaii es hier mit einer sehr complexen Reaction zu thun, welche ich durch eine Gleichung nicht zu erliiutern vermag. Nicht einfacher gestdtet sich die Zersetzung durch Natronlauge; auch in diesem Falle wurde wiederholt die Bildung der schwer liislichen S l u r e beobachtet.

C o 11 s t i t u t i o n d e r B r o m v e r b i n d u n g.

Das Auftreten von Methylamin bei den so eben beschriebenen Zersetzungen spricht dafur, dass es nicht der Stickstoff am dem Sarkosinradical ist, welcher bci der Behandlong der Sarkdsinharnszure mit Brom eliminirt wurde; dadurch, dass es gelungen ist, das Sarkosin auch aus der Bromverbindnng auf einem Umwege zu erhalten (siehe weiter unten), ist fiir diese Anschauung ein directer Beweis geliefert worden. Der Stickstoff muss also a u s dem Harnsaureradical aus- g etreten sein.

Fiir die Art und Weise, wie dies geschehen sein mag, giebt es zwei MGglichkeiten: Entweder ist eine Imidgruppe durch Sauerstoff rider eine Amidgruppe durch Hydroxyl ersetzt worden. I n jedeni Falle liegt der Bromverbindung eine Saure zu Grunde, welche (wenn man sich das Sarkosin abgespalten denkt) sich ron dcr Harnsaure durch den Mehrgehalt eines Sauerstoffatoms und durch den Minder- gehalt eines Stickstoff- wid eines Wasserstoffatoms unterscheidet. Ihre Zusammensetzung wiirde dem Ansdruck Cg H3Ns 0 5 entsprechen. Obwohl sie noch hypothetisch ist, miichte ich ihr den Namen Mexo- h a r n skure ' ) geben. Dass das Brom in dieseu Atomcomplex eingetreten sei, ist weiiiger wahrscheinlich, als dass es den Wasserstoff im Imid des Sarkosinradicals ersetzt ; alle Erscheiiinngen erklaren sich dtirch diese Annahme am leichtesten; und wenn dies der Fall is t , so ent- spricht die Bromsarkosiiimesoharnsaure dern Schema

CS Hz Na 0 4 - - CO C HgNBr CHa.

Sit r k o s i n m e s o h a r n s a u r e.

Diese Bezeichnong mag diejenige Verbindung fuhrer), welche durch Reductionsniittel ails dem soeben beschriebenen Bromderivat erhalteii wird. Am einfachsten gestaltet sich die Darstellung, wenn die heisse,

I) Abgeleitet von p i ~ o s , in tler Mitte, da eine solche Verhindung zwischen der Harnsznre uncl dem hlloxan steht.

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wgsserige Lasung der Bromverbindung mit Schwefelwasserstoff gesattigt wird. Man filtrirt roil den1 ausgesehiedenen Schwefel ab und dampft das saure Piltrat ein; die entstandene Bromwasserstoffsaure verfliichtigt sich auf dem Wasserbade vollstandig, und die neue Substanz bleibt im krystallisirten Zustande zuruck. Die Ausbente ist der berechneten Menge entsprechend.

Die Analyse der gereinigten und bei 100 0 getrockrieten Verbindung ergab, dass ihre Zusammensetzung ausgedrtickt werden muss durch die Formel: C8H8N4 O5 = C5 N2N3 Oh-- - C 0 C H z N HC Hs.

Tlieurie T‘ersncli I. IT.

Cs 96 40.00 40.01 - pCt. Hs 8 3.34 3.67 - )>

0 5 80 33.33 - Nq 56 23.33 - 23.24 )’

- >I

240 100.00 Die Substanz unterscheidet sich von der Sarkosinharnsaure durch

ihre Leichtliislichkeit selbst in kaltem Wasser; sie krystallisirt in rhombischeii Tafeln oder in Nadeln; in Alkohol ist sie unliislich. Gegen Saureu verhalt sie sich wie die Sarkosinharnsaure. Wie aus dieser erhllt man auch aus der rorliegenden Verbindung ein in Essig- satire schwer liisliches Acetat, rnit Hilfe dessen die Verbindung gereinigt werden kann.

Im Vacuum getrocknet lieferte das Acetat bei der Analyse folgende mit den voii der Theorie geforderten Zahlen zusammengestellte Werthe I) :

Versucli I. 11. Tlieurie

clo 120 40.00 39.88 - pCt. H i 2 12 4.00 4.60 - >’

18.16 B Nq 56 18.66 - 07 112 37.34 - -

300 100.00

Durch Wasser wird das Salz rollstandig zersetzt.. Beim Erwarmen der Liisung auf 100O verfliichtigt sich die Essigslure, wahreiid die Sarkosinmesoliariisaure zuruckbleibt. Bei der Ausfuhrung eines der- artigen Versuches wurden 79.1 1 pCt. als Ruckstand gewonnen; die Theorie erfordert fur die Verbindung CaHsPr’r 0 5 , CzHaOa 80 pCt. Ruckstand.

Die Sarkosinmesoharnsaure besitzt einen sauren Geschmack iind verhalt sich in jeder Beziehung wie eine starke Saure; in Beriihrung mit Carhonaten veranlasst sie ein Aufschaumen von Kohlensaure.

I) Dcr zu liocli gefundcnc Wasserstoff-, sowie der ZII niedrig gofundene Sticlistoffgehalt sprechen dah-, dass die Substanz nodl ctwas frrie Essigsiiure enthielt, welche sich im Vacuum nur schver verfliichtigt.

Die rnit den Alkalien gewonnenen Sake sind in Wasser leicht, in Alkohol schwer liislich.

Das Ammoniaksalz krystallisirt in feinen Nadeln; es wurde ermittelt, dass ihm die Zusammensetzung Ca HsN4 0 5 , NH3 zukommt. Das Ammoniak, welches von der Satire fixirt und bei looo nicht abgegeben wurde, betrug nach einem angestellten Versuche 6.55 pCt. vom Gewicht des Salzes; fiir die oben angefuhrte Formel berechnen sich 6.61 pCt.

Die Saure charakterisirt sich dadurch als einbasisch; jedoch kann rnit leichter Mlhe ein Silbersalz erhalten werden, in welchem zwei Atome Silber angenommen werden miissen. Die LSsung des Ammoniak- salzes bleibt auf Zusatz von Silbernitrat klar; fugt man aber der Mischung vorsichtig Ammoniak zu, so erhalt man einen weissen, amorphen Niederschlag, welcher sich in der Flussigkeit schon in der Kalte, schneller beim Erwarmen dunkel farbt und welcher daher bei der Analyse einen zu hohen Silbergehalt ergeben hat. Es wurden nlmlich ermittelt 55.4 und 54 pCt. Silber, wahrend die Verbindung C R H ~ NS 0 5 Agz 47.57 pCt. Silber enthalten sollte. Immerhin geht aus diesen Zahlen und aus der Bildungsweise des Salzes hervor, dass die SBure mehr als ein Atom Silber aufzunehmen vermag.

Die Saure kann aus den1 Silbersalz durch Zersetzung desselberi mit Schwefelwasserstoff leicht zurtickgewonnen werden; die zur Analyse verwendete Menge der Saure wurde in der Weise aus dem von der Zersetzung des Bromids durch Ammoniak herrlhrenden Salzgemenge erhalten , dass zunachst das Brom durch Silbernitrat gefallt und dann im Filtrat das Silbersalz durch Neutralisiren rnit Ammoniak nieder- geschlagen wurde. Die nach dem Zersetzen rnit Schwefelwasserstoff gewonnene Saure wurde d a m aus Wasser umkrystallisirt.

Durch Fallen der ammoniakalischen Losung der Saure rnit Blei- acetat gelangt man zu einem amorphen, in Wasser unlijslichen Bleisalze.

0 x y d a t i on d e r S a r k o s i n me s o h a rn s a u re.

Schon die Braunfarbung des Silbersalzes deutet darauf hin, dass die Slure durch Oxydationsmittel leicht verandert wird. In der That ist sie ein kraftiges Reductionsmittel. Aus Goldlosung scheidet sie sofort metallisches Gold am; alkalische Kupferliisung reducirt sie so leicht wie Traubenzucker; in Kaliumpermanganatliisung bewirkt sie schon in der Kalte eine Abscheidung von Superoxyd. Als Oxydations- product erhalt man ein Qemenge von Sauren, unter denen sich auch Oxalsaure befindet ; auf die nahere Untersuchung derselben bin ich jedoch bis jetzt nicht eingegangen.

Das Bromid, aus welchem die Sarkosirimesoharnsaure entstanden ist, kann man leicht aus ihr durch Zusammenbringen rnit Bromwasser wieder erzeugen; es schlagt sich dabei sofort in farblosen Krystallen

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nieder. Verwendet man an Stelle des Bromwassers Chlorwasser, so erhalt man einen krystallischen Niederschlag , welcher die ent- sprechende Chlorverbindung darstellt j dieselbe zersetzt sich jedoch sofort in der Flussigkeit auch fur den Fall, dass man die entstehende Chlorwasserstoffsaure durch Zusatz von Alkali neutralisirt.

Eine Jodverbindung konnte nicht hergestellt werden. Die Sarkosinmesoharnsaure lasst sich mit Wasser, Salzsaure oder

Ammoniakliisung langere Zeit im geschlossenen Rohr auf 150 erhitzen, ohne wesentlich verandert zu werden.

Die Leichtigkeit, mit welcher die Sarkosinharnsaure in Harnsaure zuriickgefubrt werden kann, lasst erwarten, dass es auch gelingen werde , eine Spaltung der Sarkosinmesoharnsaure auszufuhren. Ich habe mich bereits uberzeugt, dass man durch Schmelzen mit Kali das Sarkosin daraus gewinnen kann; mit der Untersuchung der ander- weitigen Spaltungsproducte bin ich noch beschaftigt.

Da es bisher nicht gelungen ist, Stickstoff aus der Harnsaure zu entfernen, ohne dass zugleich ein Theil des Kohlenstoffes dem Molekul entrissen wird, so erscheint die Herstellung einer Verbindung von der Zusammensetzung der Mesoharnsaure um so mehr von Wichtigkeit, als man aus ihrem Studium einigen Aufschluss uber die Atomgruppen in der Harnsaure selbst erwarten darf. In nicht zu langer Zeit hoffe ich im Stande zu sein, uber die Abkammlinge der Sarkosinharnsaure Weiteres zu berichten.

F r e i b u r g i./Br., den 8. Marz 1884. Laboratorium des Prof. B a u m a n n .

137. W. C. Howard: Ueber Theba*h. [ hus den1 chemischen Institut der Universitat Marburg.]

(Eingelaufen am 14. Marz.)

Unter den zahlreichen Opiumalkaloiden steht nach dem Codei’n das Thebai‘n dem Morphin empirisch am nachsten, indem das Molekul dieser drei Alkaloide neben einem Atom Stickstoff die gleiche Anzahl von Sauerstoffatomen cnthalt.

C17 Hi9 N 0 3 Cie Ha1 N 0 3 Norph in Codei’n Theba‘in.

Die Beziehungen der beiden ersteren sind dnrch die Unter- suchungen von G r i m a u x I ) , v. G e r i c h t e n 2, und neuerdings von

CigH2i N Oa

l) Compt. rend. 92, 1140; diese Berichte XIV, 1413n. 2, Diese Berichte XV, 376a, 1454a, 2179b.