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Z. anorg. allg. Chem. 437, 123-126 (1977) J. A. Barth, Leipzig Zur Kristallstruktur von RbzPbO3 Von R. HOPPE und H.-D. STOVER Gie Ben, Institut fur Anorganische und Analytische Chemie der Universitat Inhaltsubersicht. Rb,PbO, ist entgegen alten Befunden mit K,PbO, und Cs,PbO, isotyp, Cmc2,, Parameter siehe Text. Der Madelunganteil der Gitterenergie, MAPLE, and Effektive Koor- dinationszahlen, ECoN, diese mit Hilfe Fiktiver Ionenradien, MEFIR, werden berechnet und dis- kutiert. On the Crystal Structure of Rb2PbOa Abstract. Rb,PbO, is, contrary to earlier data, isotypic with K,PbO, and Cs,PbO,, Cmc$, parameters see text. The Madelung Part of Lattice Energy, MAPLE, and Effective Coordination Numbers, ECoN, are calculated and discussed, in the last case by Mean Fictive Ionic Radii, MEFIR. Unsere Strukturbestimmungen an Oxoplumbaten(1V) der Alkalimetalle [l] fuhrten zu dem auffalligen Ergebnis, da13 K,PbO, [2] mit Cs,PbO, [3] isotyp sei, Rb,PbO, [4] hingegen bei prinzjpiell gleichem Aufbau in einer anderen Raum- gruppe, namlich D ~ ~ - P m c m kristallisiere, statt, wie bei Isotypie zu erwarten, in Ci:- Cmc2,. Eine Uberpriifung der alteren Ergebnisse erschien angebracht, zumal damals wie heute, vgl. Li,PbO, [5], die Frage nach der Ubereinstimmung des Madelung- anteiles der Gitterenergie, MAPLE [&lo], von ternarem Oxid mit der Summe der Werte fur die binaren Oxide hier noch nicht zufriedenstellend gelost ist. Wir haben daher erneut Rb2Pb0, dargestellt und die Pulverdaten sowie die Kristallstruktur mit Hilfe von 2-Kreis-Diffraktometerdaten uberpriift. I. Darstellung der Proben und Einkristalle Innige Gemenge von Rb00.53 durch direkte Oxydation von met. Rb, dieses aus RbCl (p. a. Merck) rnit Ca nach Hackspill [ll], und ,,PbO," (p. a. Merck), rnit Rb:Pb = 2,1:1, wurden unter getrocknetem Argon als Schutzgas in geschlossenen Ag-Bombchen getempert [14d, 600°C, vorher lang- sam aufgeheizt bzw. danach abgekuhlt, 100"/24 h]. Man erhielt so Rb,PbO, als gelbe, quaderfor- mige Einkristalle. Entsprechende ,,Guinier-reine" Pulverproben erhiilt man schon bei 500°C in 7d unter analogen Bedingungen. II. Eigenschaften der Proben Wie bereits beschrieben [4] \waren auch unsere Proben sehr empfindlich gegen Luftfeuchtigkeit : sie zersetzten sich augenblicklich unter Bildung von PbO, zu dunkelbraunen Stoffen. Beim Tempern oberhalb 600°C entstanden durch ther- mische Zersetzung dunkelfarbige Proben, deren Untersuchung im Gange ist.

Zur Kristallstruktur von Rb2PbO3

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Z. anorg. allg. Chem. 437, 123-126 (1977) J. A. Barth, Leipzig

Zur Kristallstruktur von RbzPbO3

Von R. HOPPE und H.-D. STOVER

Gie Ben, Institut fur Anorganische und Analytische Chemie der Universitat

I n h a l t s u b e r s i c h t . Rb,PbO, ist entgegen alten Befunden mit K,PbO, und Cs,PbO, isotyp, Cmc2,, Parameter siehe Text. Der Madelunganteil der Gitterenergie, MAPLE, and Effektive Koor- dinationszahlen, ECoN, diese mit Hilfe Fiktiver Ionenradien, MEFIR, werden berechnet und dis- kutiert.

On the Crystal Structure of Rb2PbOa Abst rac t . Rb,PbO, is, contrary to earlier data, isotypic with K,PbO, and Cs,PbO,, Cmc$,

parameters see text. The Madelung Part of Lattice Energy, MAPLE, and Effective Coordination Numbers, ECoN, are calculated and discussed, in the last case by Mean Fictive Ionic Radii, MEFIR.

Unsere Strukturbestimmungen an Oxoplumbaten(1V) der Alkalimetalle [l] fuhrten zu dem auffalligen Ergebnis, da13 K,PbO, [2] mit Cs,PbO, [3] isotyp sei, Rb,PbO, [4] hingegen bei prinzjpiell gleichem Aufbau in einer anderen Raum- gruppe, namlich D ~ ~ - P m c m kristallisiere, statt, wie bei Isotypie zu erwarten, in Ci:- Cmc2,.

Eine Uberpriifung der alteren Ergebnisse erschien angebracht, zumal damals wie heute, vgl. Li,PbO, [5], die Frage nach der Ubereinstimmung des Madelung- anteiles der Gitterenergie, MAPLE [&lo], von ternarem Oxid mit der Summe der Werte fur die binaren Oxide hier noch nicht zufriedenstellend gelost ist.

Wir haben daher erneut Rb2Pb0, dargestellt und die Pulverdaten sowie die Kristallstruktur mit Hilfe von 2-Kreis-Diffraktometerdaten uberpriift.

I. Darstellung der Proben und Einkristalle Innige Gemenge von Rb00.53 durch direkte Oxydation von met. Rb, dieses aus RbCl (p. a.

Merck) rnit Ca nach Hackspill [ll], und ,,PbO," (p. a. Merck), rnit Rb:Pb = 2,1:1, wurden unter getrocknetem Argon als Schutzgas in geschlossenen Ag-Bombchen getempert [14d, 600°C, vorher lang- sam aufgeheizt bzw. danach abgekuhlt, 100"/24 h]. Man erhielt so Rb,PbO, als gelbe, quader for - mige Einkristalle. Entsprechende ,,Guinier-reine" Pulverproben erhiilt man schon bei 500°C in 7d unter analogen Bedingungen.

II. Eigenschaften der Proben Wie bereits beschrieben [4] \waren auch unsere Proben sehr empfindlich gegen

Luftfeuchtigkeit : sie zersetzten sich augenblicklich unter Bildung von PbO, zu dunkelbraunen Stoffen. Beim Tempern oberhalb 600°C entstanden durch ther- mische Zersetzung dunkelfarbige Proben, deren Untersuchung im Gange ist.

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124 R. HOPPE u. H.-D. STOVER

111. Einkristalluntersuchungen Es war fur die Messung der Io-Daten ungunstig, daB unter unseren Bedingungen ziegelstein-

ahnliche Einkristalle anfielen, deren Dicke gegenuber den beiden anderen Abmessungen relativ gering war (1 : 3 : 5), denn auf Absorption konnte nicht korrigiert werden.

Mittels des 2-Kreisdiffraktometers Stadi 2 [Fa. Stoe, Darmstadt] wurden I,-Daten von 227 Re- flexen hk0-hk3 (Mo-Ka) gesammelt.

Die Ausloschungen, h kl nur niit h + k = 2n, h01 nur mit 1 = 2n, verweisen auf die Raumgruppen Dii-Cmcm, C$6,-C2cm bzw. C&Cmc2,, von denen nach der Strukturverfeinerung Cmc2, vorliegt. Es ist R = 11,8,o/b, fur 227 hk0-hk3, MoKn.

Da die Prinzipien des strukturellen Aufbaus bekannt waren, war die Verfeinerung einfach. Sie endete mit den in Tab. 1 angegebenen Werten fur die Atompositionen bzw. B-Werte. Aus den Guinier- Simon-Pulverdaten wurden entsprechend die Gitterkonstanten neu bestimmt, vgl. Tab. 2, ebenso dpyk. Diese Werte stimmen praktisch rnit unseren alteren Werten iiberein. Die Indizierung der Pulver- aufnahme zeigt Tab. 3.

Tabelle 1 (In Klammern: Staiidardabweichungen in Einheiten der letzten Stelle)

Interessenten iibersenden wir gern die Liste der F,,- Cnd F,-Werte.

Lageparameter und isotrope Temperaturfaktoren von Rb,PbO,

Teilchen Punktlage x Y 7. €3 [A2]

Pb 4a 0,o 0,0924(5) 0,26 1,6(1) Rb 8b 0,3378(8) 0,144(1) 0,25 2,7(5) 01 8b 0,123(6) 0,0 0,O 3,7(8) 0 2 4a 0,o 0,39(2) 0,19 4,O festgehalten

Tabelle 2 Gitterkonstanten nnd Dichte, Vergleich HOPPE U. STOVER HOPPE U. SEEGER 141

a [A1 10,83, 10,8

c [A1 6,011 5,98 MV [ems] 73,4 72,9 drb [g . 5,80 5,85

b [A1 7,49, 7,49

Tabelle 3

h k 1 sinZ B0 l o5 sinz 0, lo6 I, Ic h k l sina 0.10' sin* 0, lo5 I. Jc

1 1 0 1557 1564 7,o 6 2 G O O 18222 18214 2,5 1,6

Answertung einer Guinier-Simon-Aufnahme von Rb,PbOs [CuKa-Strahlung; Eichung rnit T-Quarz]

2 0 0 2024 2 024 4 ,o 2.7 0 2 3 19029 19034 3 ,O 2,3 3 1 0 5 606 5612 6,0 6,9 3 1 3 20397 20413 2,s 1,7 0 2 1 5 865 5877 10,O 10,o 3 3 2 20641 20 653 1 , s 1,1 0 0 2 6579 6578 6,O 4,5 0 4 2 23521 23 509 2,0 1,3 3 1 1 7 244 7236 Q,O 8 3 6 2 1 24101 24091 4,o 2,9 1 3 1 11662 11 674 3,O 2,2 1 3 3 24840 24 83 1 2 , s 13 3 1 2 12196 12190 7,o 61 0 0 4 26317 26313 1 , s 0 8 3 3 0 14079 14077 230 1 9 1 4 4 1 26665 26671 1,; 0 3 3 3 1 15737 15722 4,s 3,7 3 3 3 28867 28878 2,o 1,4 0 4 0 16943 16931 1,s 0 3 3 5 0 31025 31008 1,o 0,6

IV. Beschreibung der Kristallstruktur Rb,PbO, ist demnach mit K,PbO, und Cs,PbO, isotyp. Langs [ O O l ] liegen

gemal3 ~[PbO,,,O,,,] zu einer Kette verknupfte, anniihernd tetragonale Pyrami- den vor, vgl. [3].

1 2

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Kristallstruktur von Rb,PbO, 125

Wir haben uber ,,Mittlere Fiktive Ionenradien" MEFIR, Effektive Koordina- tionszahlen, ECoN, berechnet vgl. [12, 131. Rechnet man ECoN nur fur den Pb-Teil der Struktur, so erhalt man fur ECoN (Pb4+/Pb4+):2, wie es der Kette

~[Pb0,,201,1] entspricht. Fur den 0,-Teil der Kristallstruktur erhalt man ECoN

(02-/alle 02-) 4,5 fur ECoN (02-/alle 02-) 6, l . Demnach kann man die Struktur nicht von einer dichtesten Packung [erwartet : ECoN (O/alle 0) =I21 der 02- ab- leiten.

Fur Rb,PbO, selbst erhalt man ECoN (Rb+/alle) = 4,7 (Tab. 4), wobei 6 02- den Beitrag 4,4 geben. ECoN (Pb4+/alle) liegt erwartungsgemafi mit 4,9 dicht bei

dem Wert der konventionell abgezahlten Koordinationszahl5. Fur 02- ist ECoN = 8,5, wozu aufier Rb+ und Pb4+ praktisch nur 4 02- beitragen, vgl.

Tab. 4. Diese zeigt auch, dafi an ECoN (02-/alle) mit 3,O im wesentlichen Rb+ und Pb4+ mit 2,s beteiligt sind. Es entspricht unseren Erfahrungen an anderen

Verbindungen, daB der Wert von ECoN fur den Brucken-Sauerstoff (02-) uber dem

Wert des terminalen 02- liegt.

1 2

1 2

1

2

1

2

Tabelle 4 Effektive Koordinationszahlen, ECoN, bei Rb,PbO,, Abstlnde 2 1 1 2 1

R b 0 0 0 0 Rb Rb Rb 0 Rb d [A1 2,607 Beitrag zu ECoN 1,48

MEFIR: 1,47 A statt

P b 0

Beitrag zu ECoN 4 x 1,06 ECoN(Pb) =4,9 MEFIR: 0 ,73d statt

0 0 d [A1 2,666 Beitrag zu ECoN 1,39 ECoN(O1) =8,5 MEFIR: 1,43 statt

0 Rb d [dl 2,607 Beitrag zu ECoN 2 x 1,19 ECoN(02) = 3,O

ECoN(Rb+) = 4,7

1

d [dl 2,125

1 1

2

2,974 3,091 3,212 3,516 3,7 3,896 3,78 4,203

2x 0,75 2 x 0,63 0,32 0,15 2 x 0,06 2 x 0,Ol 0,Ol 0,OO

Ausgangsradius 1.52 A

0 Rb 2,262 3,681

2

0,63 0,OO

Ausgangsradius 0,73 d

Pb R b Rb 0 0 0 1 2 1

2,125 2,974 3,091 3,O 3,705 4,018

2x 1,lO 2x 0,96 2x 0,73 2 x 0,69 0,02 0,OO

Ausgangsradius 1,42 A

Pb Rb 0 0 Rb 2,262 3,212 3,426 3,421 3,78

0,26 2x 0,15 2 x 0,Ol 2x 0,Ol 0,OO

1 2

, .

MEFIR: 1,29 statt Ausgangsradius 1,36

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126 R. HOPPE u. H.-D. STOVER

V. Der Madelunganteil der Gitterenergie, MAPLE [ 6- 101

MAPLE fiir Rb2Pb03 wurde berechnet und mit den Werten der binaren Oxide, Rb20 und PbO,, verglichep (Tab. 5).

Die Ubereinstimmung ist mit A = -0,080,(o sehr gut. Die vorangegengene Mitteilung iiber Li,PbO, [5] gibt die Erklarung fur den hier eingesetzten MAPLE- Wert von Pb02.

Tabelle 5 Zum Madelunganteil der Gitterenergie, MAPLE, von Rb,PbO, [kcal/Mol]

Teilchen aus bin& ternLr

Rb+ Rb,O 100,2 (ZX) 120,6, (2x) Pb4+1 1688,7,

Qz- j rfibbog:} 2: 552,0, ( a x ) 2862,O’)

0 2 - Rb,O 372,5 398,1,

2 3 434,9 Z 3432,2 2 A = -0,080h

”) (Siehe vorstehende Mitteilung iiber Li,PbO, [S].)

VI. Schlultbemerkung Die vorliegende Untersuchung zeigt, daB Rb2Pb03, wie zu erwarten, mit

K2Pb0,, dessen Struktur nach unserem Eindruck sicher richtig ist, doch noch der Verfeinerung bedarf, und mit Cs2Pb03 isotyp ist. Sie legt daruber hinaus die Frage nahe, welche Oxoplumbate(1V) der hoheren Alkalimetalle aul3er jenen des Typs A2Pb03 in Form definierte Einkristalle erhalten werden konnen. Mit derartigen Untersuchungen sind wir beschaftigt.

Die SammIung der I,-Daten erfolgte durch Dr. M. JANSEN.

Literatur [l] CH. HEBECKER u. R. HOPPE, Z. anorg. allg. Chem. 375, 270 (1970). [a] R. HOPPE u. H. J. ROHRBORN, Naturwissenschaften 51, 103 (1964). [3] P. PANEK u. R. HOPPE, Z. anorg. allg. Chem. 393, 13 (1972). [4] K. SEEGER u. R. HOPPE, Z. anorg. allg. Chem. 376, 255 (1970).

[GI R. HOPPE, Angew. Chem. 78,52 (1966); Angew. Chem. Int. Edit. 5 ,95 (1966). [7] R. HOPPE, kngew. Chem. 82,7 (1970); Angew. Chem. Int. Edit. 9,25 (1970). [8] R. HOPPE, Adv. Fluorine Chem. 6, 387 (1970). [9] R. HOPPE, Izv. Jugoslav. Entr. Krist. [Zagreb] 8,21(1973).

[5] P. M.4RTENS U. R. HOPPE, z. anorg. allg. Chem. 437, 105 (1977).

[lo] R. HOPPE, “Crystal Structure and Chemical Bonding in Inorganic Chemistry”, S. 127, Amster-

[ll] L. HACKSPILL, Bull. SOC. Chim. Fr. 9, 4G5 (1911). [12] D. FINK u. R. HOPPE, Z. anorg. allg. Chem. 422, 1 (1976). 1131 G. MEYER u. R. HOPPE, Z. anorg. allg. Chem. 420, 40 (1976).

Bei der Redaktion eingegangen am 6. April 1977.

dam 1975.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. R. HOPPE 11. H.-D. STOVER, Inst. f. Anorg. u. Analyt. Chemie d. Univ., Heinrich-Buff-Ring 58, D-6300 GieBen