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XXV. Zur Physiologie und Pathologie der Verdauung. Zweite Mittheilung: Die Saftsecretion des Magens ,,ira Fasten". Von Professor Julius Sehreiber in KSnigsberg i/Pr. In ~ meiner ersten Mittheilung zur Physiologie und Pathologic der Verdauung glaube ieh den Beweis erbraeht zu haben, dass, entgegen- gesetzt der bisherigen Annahme, der speisefreie, leere Magen des gesunden Mensehen ,,ira Ntiehternen" thiitig ist, d. h. einen ver- dauungsttichtigen Salt abseheidet. Von 15 hierauf untersuehten Per- sonen mit anscheinend gesundem Digestionstractus konnte bei 14 yon ihnen dieser lqaehweis geftihrt werden und zwar in dem iiussersten Grade, dass his zu 60"ccm Magensaft mit einem Salzsiiuregehalt bis zu 1,8 pro mille gefunden wurden. Die Zeit ,,im lqtiehternen" wurde dabei bis 9 Uhr Vormittags angenommen. Die vorliegende Mittheilung hat zum Inhalt Unter- suchungen tiber die Saftsecretion des gesunden, speisefreien und leeren Magens wahrend einer Nahrungsabstinenz tiber die genannto Zeit hinaus, d. h. ,,ira Fasten". Hierzu dienten mir 11 yon den in meiner ersten Mittheilung ge- nannten Personen beiderlei Geschleehts, an welehen im Ganzen 110 Einzeluntersuehungen vorgenommen warden. Naehdem dieselben an dem dem Versuchstage vorhergegangenen Abende um 8 oder 9 Uhr die Abendmahlzeit zu sieh genommen, erschienen sie am darauffolgenden Morgen um 8 Uhr in meiner Poliklinik und verblieben nun je naeh ihrem Wollen und Klinnen ,ira Fasten" bis 12 resp. bis 6--8 und 9 Uhr Abends unter meiner Aufsicht. Entnahme und ehemisehe Untersuehung des etwa vorhandenen Magensaftes geschah wie in den F~llen der ersten Mittheilung.

Zur Physiologie und Pathologie der Verdauung

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XXV.

Zur Physiologie und Pathologie der Verdauung.

Zweite Mittheilung:

Die Saftsecretion des Magens ,,ira Fasten".

Von

Professor Julius Sehreiber in KSnigsberg i/Pr.

In ~ meiner ersten Mittheilung zur Physiologie und Pathologic der Verdauung glaube ieh den Beweis erbraeht zu haben, dass, entgegen- gesetzt der bisherigen Annahme, der speisefreie, leere Magen des gesunden Mensehen ,,ira Ntiehternen" thiitig ist, d. h. einen ver- dauungsttichtigen Salt abseheidet. Von 15 hierauf untersuehten Per- sonen mit anscheinend gesundem Digestionstractus konnte bei 14 yon ihnen dieser lqaehweis geftihrt werden und zwar in dem iiussersten Grade, dass his zu 60"ccm Magensaft mit einem Salzsiiuregehalt bis zu 1,8 pro mille gefunden wurden.

Die Zeit ,,im lqtiehternen" wurde dabei bis 9 Uhr Vormittags angenommen. Die vorliegende Mittheilung hat zum Inhalt Unter- suchungen tiber die Saftsecretion des gesunden, speisefreien und leeren Magens wahrend einer Nahrungsabstinenz tiber die genannto Zeit hinaus, d. h. ,,ira Fasten".

Hierzu dienten mir 11 yon den in meiner ersten Mittheilung ge- nannten Personen beiderlei Geschleehts, an welehen im Ganzen 110 Einzeluntersuehungen vorgenommen warden. Naehdem dieselben an dem dem Versuchstage vorhergegangenen Abende um 8 oder 9 Uhr die Abendmahlzeit zu sieh genommen, erschienen sie am darauffolgenden Morgen um 8 Uhr in meiner Poliklinik und verblieben nun je naeh ihrem Wollen und Klinnen ,ira Fasten" bis 12 resp. bis 6--8 und 9 Uhr Abends unter meiner Aufsicht. Entnahme und ehemisehe Untersuehung des etwa vorhandenen Magensaftes geschah wie in den F~llen der ersten Mittheilung.

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Von den in den voranstehenden Tabellen notirten Personen wur- den bis 7 und resp. 3]~9 Uhr Abends zwei ,,ira Fasten" gehalten, vier bis 4--3/~6 Uhr Abends, zwei bis ~]412 Uhr Mittags and drei bis circa 3 Uhr Naehmittags.

Von den drei bis 12 Uhr M!ttags fastenden Personen gaben zwei (E. G. und G.M.) an, nieht liinger fasten zu k(innen; bei G.W. wurde die Untersuchung um 3]~6 Uhr Abends unterbrochen, weil sie sieh kurz zuvor sehwaeh geftihlt hatte.

Mit Ausnahme eines einzigen, wie in der ersten Mittheilung be- reits bemerkt und sp~ter gezeigt werden sell, eigentlieh abnormen Falles, der 14j~hrigen G. M., war in allen iibrigen zehn F~llen die Salzsi~ure ununterbroehen oder mindestens zu bestimmten Tages- zeiten, jedenfalls ausnahmslos naehweisbar. Hiernaeh darf der Satz ausgesproehen werden: Der g e sun d e Magen des Mensehen vermag unabhiingig yon j e d e r Spelse~ oder Getr~nkzufuhr und unabh~ngig yon sonstigen yon aussen her zugeftihrten Reizen Magensaft (and in specie Salzsiiure) abzuscheiden and er scheidet solchen ,,im Fasten" regelm~ssig und ausnahmslos ab.

Ueber den zeitliehen Verlauf der Magensaftseeretion erfahren wir, dass dieselbe in den meisten Fi~llen (Nr. 1, 2, 3, 5, 7, 8, 11 am dritten Tage) eine continuirliehe war, in anderen eriblgte sie in an- seheinend nieht immer bestimmten. Tempis.

Der Procentgehalt des veto hungernden Magen seeernirten Saftes an freier Salzs~ture betrng in minimo 0,41 pro mille, in maximo 2,5 promille; er war somit proeentiseh noeh um ein Weniges hiiher als der veto gestmden Magen ,,ira Ntiehternen" producirte. Der hier allerdings nur in einem Fall vorgenommene Verdauungsversuch ergab ein positives Resnltat.

Was die Nenge des secernirten Magensaftes betrifft, so warden in einzelnen F~tllen in maximo 30 cem davon vorgefunden, wenn wir die 40, resp. 50 ecru gallig gef~trbter Mengen verschiedener Daten speeiell bei G. M. als zun~tehst abnor~a bier nieht in Betraeht ziehen wollen.

Ueber die in bestimmten Zeitabsehnitten yon der Magenschleim- haut regelm~ssig seeernirte Quantitiit Magensaft war nnd ist, aus Grtinden, die ieh in der ersten Mittheilung angegeben, aueh ,,ira Fasten" beim Menschen ein aueh nur ungefi~hres Urtheil nicht zu gewinnen.

Naehdem somit der Beweis erbracht ist, dass der gesunde mensch- liehe Magen ,ira Fasten", wie e s scheint ausnahmslos, einen salz- saurehaltigen (resp. verdauungstttehtigen) Salt abseheidet, ergiebt sieh

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als naehste Forsehungsfrage die nach den Ursachen und den Be- dingungen dieser Erscheinung, dieser n o r m a I e n (physiologischen) Magenfunction. Es liegt nahe, wean wit nicht mit B r a u n auch ftir den Menschen eine continuirliche Thatigkeit der Magensehleimhaut, die yon Tageszeiten, Arbeit, Nahrung u. s. w. in ihrem Verhalten beeinflusst wird, annehmen wollen, als nachste Ursache an den mit dem Hungerzustand verbundenen ,,nervi~sen Zustand" und dessen Ein- fluss auf die SafSsecretion im Magen zu denken, sowie an den Ein- fluss des Speichels und sonstiger KSrperseerete, die ihren Weg in den Magen regelmassig finden, oder zeitweilig nehmen kSnnen (Galle?); mehr noch als in den Versuchen der ersten Mittheilung und vielleicht in erster Reihe ist hier jedoch ~uf die zum Expressionsversuehe aus- geftlhrte momentane Sondirung des Magens als seeretorisch causales Moment zurtickzugreifen, da der im Verlauf des Hungertages zeit- weilig oder regelmassig enthobene Magensaft a priori das Product der jedesmal v o r a n g e g a n g e n e n Sondenreizung sein kann.

Die ,,ira Fasten" naehgewiesene Saftsecretion des gesunden Magens ist nun mit Bestimmtheit nicht hierauf zu beziehen, denn erstens hat die (der Regel nach) weiche Sonde auch in den vor- liegenden Untersuchungen niemals so lange im Magen geweilt, als dies zur Secretionsanregung offenbar (L e u b e) nothwendig ist; zwei- tens ware die jeweilige Saftabscheidung das Product der v o r a n - g e g a n g e n e n Sondenreizung, so mtisste aus tier Tabelle dieser Zusammenhang sich sofort ergeben; Sondeneinftihrung und Saft- abscheidung hatten in ihr mit irgend einer Regelmassigkeit auf einander folgen mUssen - - es ist dies aber nicht der Fall, vielmehr war die Saftabseheidung continuirlich wahrend eines bestimmten Theils des Versuchstages oder nur zu annahernd bestimmten Tages, zeiten nachweisbar. Auch direct auf diesen Punkt gerichtete Unter- suchungen ergaben ein negatives Resultat, z. B. S. Z. hatte ,,ira Ntichternen" niemals Salzsaure im Sondeninhalt.

18. November. ,,Im Niichternen" 8 h. 25 m. Vormittags Kongo - - , Lackmus sehwach + ; 8 h. 40 m. Kongo -- , Lackmus schwach + ; 9 h. Kongo --, Lackmus schwach + . Am folgenden Tage suehte ieh den fraglichen Sondenreiz durch Hinzufligen yon 5 ccm, d.h. einer den Saurenachweis wohl kaam beeintrachtigenden Menge destillirten Was- sers zu steigern. 19. November. ,Ira Ntichternen" 8 h. 25 m. Kongo - - ; 8h. 26m. 5 ccm 1=I20; 8h. 31 m. Kongo-- ; 8h. 38m. Kongo - - ; 8 j h. 50 m. Kongo - - . Wurde jedoch der ersten oder der mehrmaligen Sondirungen mit negativem Erfolg aueh nur die geringste Menge Nah- rung nachgeschickt, z.B. ,,ein kleinster Bissen" mit Butter bestrichener

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Semmel yon etwa 2 Gr am m Gewieht, so war in ktirzester Frist, etwa schon nach 10 Minuten, die Saftabscheidung nachweisbar~ z.B. am 17. November: ,,Ira Ntichternen'! 8 h. 30 m. Kongo - - , Lackmus sehwach -~-; darauf ein kleinster Bissen Semmel. 8 h. 43 m. Kongo intensiv -~-, Lackmus -T-. Am 18. November. ,,Im Ntichternen" 8 h. 25 m. bis 9 h. Vormittags stets Kongo - - ; 9 h. ein kleinster Bissen Semmel. 9 h. 11 m. Kongo schwach -~-; 9 h. 15 m. Kongo stlir- ker -~.

Beweisend fiir die Unabhiingigkeit der bier nachgewiesenen Saft- abscheidung , ira l~tichternen" wie ,,ira Fasten" yon der Sonden- reizung resp. ganz allgemein yon irgend einer mit der Sondenein- f t i h r u n g verbundenen directen oder indireeten (refiectorischen)Rei- zung der Magenschleimhaut ist endlieh noch Folgendes: J a w o r s k i J) hat in dem Auftreten yon ,Zellkernen" im Inhalt des speisefreien Magens ein Zeichen kennen gelehrt, naeh welchem ,ein magensiiure- haltiges Organ yon einem magensaurefreien durch die blosse mikro- skopische Untersuchung . . . . sich unterscheiden lasst". Diese Zell- kerne rtihren nach J a w o r ski yon angedaaten Eiterk(irperchen der Magenschleimhaut (Katarrh) oder verschlucktem l~asen- oder Rachem schleim her. In meinen Untersuchungen habe ich nun das Vor- handensein solcher Zellkerne (Nasen-Rachenschleim?) zugleich mit dem Aaftreten salzs~iurehaltigen Magensaftes wiederholt constatiren k(innen. In den Fallen Nr. 1, 5, 7, 10, 15 der ersten, in Nr. 1, 5, 8, 11 der vorliegenden Mittheilung finde ich das in meinen Protokollen (vgh Tabelle Col. 10, Bemerkung) direct angegeben. Da man aber wohl nicht annehmen kann, dass in den wenigen Secunden der Sonden- einftihrung nicht nur his 30 und 60 ccm Magensaft abgeschieden, sondern auch bereits eine naehweisliche verdauende Wirkung der letzteren erfolgt sein kann, so bleibt nut die einzige Annahme miiglich, dass der nachgewiesene Verdauungssaft vor der~Sondeneinftihrung im Magen muss vorhanden gewesen sein. Und so wenig wie die Sondirung selbst kann aueh die mit ihr zuweilen (nicht immer!) an den Untersuchten beobachtete Wtirgbewegung die Ursaehe der mit- getheilten Saftabscheidung ,,ira Niichternen" wie ,jim Fasten" ge- wesen sein, aus Griinden~ die sieh mit den zuvor angeftihrten ganz und gar decken.

Kaum anders verhiilt es sich in dieser Beziehung mit der dutch die Nahrungsabstinenz (Hunger, Fasten) hervorgerufenen, sit venia verbo, nerviisen Zustandsi~nderung. Zwar ist die Abhiingigkeit der

1) Beitrag zur klinischen Mikroskopie des Mageninhalts. Centralb]. f. klin. Med. 1886.

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Magensaftsecretion yon nervSsen Einfliissen in hohem lgaasse wahr- seheinlich; zudem wird sogar in Uebereinstimmung mit dem, was ich selbst glaube gesehen zu haben~ yon einzelnen Autoren behauptet, ,,dass Vorstellungen yon Speisen~ zumal im Hungerzustande, die Secretion veranlassen kiJnnen" L), oder ,,dass auch die lebhafte V o r s t e l l u n g yon Gesehmackseindriicken, z.B. eines intensiv sauren, die Abson- derung in Gang setzt" 2); in solehem Falle miisste indessen Beginn and Zunahme der Saftsecretion wiederum eine gewisse zeitliche Ab- h~ngigkeit vom ttungerzustande erkennen lassen, das Gegentheil ist aber hliufig der Fall: mit der Dauer der Hungerperiode nimmt der S~uregehalt bis zur Unm~gliehkeit seines h~aehweises durch die iibliehen Reagentien h~ufig ab. Auch das habe ieh bisher nieht beobaehten kiJnnen, dass das Auftreten der Saftseeretion im Einzel- falle etwa an die gewohnheitsm~ssige Zeit der bTahrangsaufnahme gebunden w~re, vielmehr crgab sich in dieser Beziehung bis auf die angefiihrten F~ille continuirlieher Saftsecretion eine Regellosigkeit, welehe zu einer weiteren Untersuchung, w o m 5 g I i c h a n k li n i s e h b e a u f s i e h t i g t e n , im Z i m m e r und B e t t g e h a l t e n e n , vo l l - s t i~ndig G e s u n d e n, dringend auffordcrt. In dieser Beziehung erkenne ich eine vielleicht nicht unerhebliche L~cke in meiner Ver- suehsanordnung an.

Die Beziehunff des Speiehels zur Saftseeretion der Magensehleim- haut wird verschieden beurtheilt: L. H e r m a n n z. B. nimmt einen erregenden Einfluss desselben an, ebenso G r i i n h a g e n , wie aueh umgekehrt Reizung der Magenschleimhaut dureh Speisen die Speiehel- secretion anregen soll (B idder und Sehmidt) . In Uebereinstimmung hiermit befinden sich die neuesten Untersuehungen S t i e k er's~), der folgenden Satz aufstellt: ,Dem Mundspeiehel kommt im mensehliehen Organismus eine wesentliehe Bedeutung ftir die Bildung des wirk- samen Magensaftes zu, derart, dass ein Ausfall der Mundspeichel- wirkung yon einer Vermin derung oder Aufhebung der Magensaft- secretion gefolgt ist."

H e i d e n h a i n wiederum tritt der Annahme R o l l e r ' s , dass die Saftabscheidung im Magen hungernder Thiere yon versehlucktem Spei- ehel herrilhre, durehaus entgegen, da er die Ueberzeugung nicht habe gewinnen kSnnen, dass Speichel eine merkliche Absonderung anrege.

1) Landois, Lehrbuch der Physiologic des blenschen. Wien 1880. S. 299. 2) A. Griinhagen, O. Funke's Lehrbuch der Physiologie. 6. Aufl. I. Bd.

Leipzig 1876. 3) Wechselbeziehung zwischeu Speichel u. Magensaft. R. u Saturn-

lung klim Vortr~ge. Nr. 297. September 1887.

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Die vorliegenden Untersuchungen gestatten, soweit ieh sehe, nur die folffende Annahme: Der unbehindert in den Magen gclangende Speiehel gcsunder, ntichterner bezw. fastendcr Mensehen ist nieht im Stande, auf die Dauer die normalcrweise statthabende Siiureproduction der Magenschleimhant durch seine Alkaleseenz zu verdeeken.

Man kann den Satz dahin noch erweitern, dass aueh die tlbrigen mit dem Speichel in den Magen gelangenden Se- und Excrete (Mund, Nase), in der bei ,,Gesundcn" hi~ufig vorkommendcn Menge, jenen negativen Einfluss nicht geltend zu machen vcrm~gen.

Anders scheint es sieh in dieser Beziehung mit tier Galle zu verhaltcn, die bei Wcitem iiftcr, als man allgemein wohl annimmt, in den Magen eintritt. Indcsscn streift diescs yon mir bei Gesundcn oft (vgl. Tabelle Col. 10, Bemerkungen u. s. w.) beobachtete Vorkomm- hiss allzusehr die pathologisch-klinische Seite der behandelten Frage, deren Er(irterung in dieser rein theoretisehen Mittheilung nicht be- absiehtigt ist.