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83 Michaela Scharloth Zur propadeutlschen Funktion des Arithmetikunterrichts in der Primarstufe Zusammenfassung: Im derzeitigen deutschen Grundschuluntenicht konnte, unter Berucksichtigung und Achtung kindlicher Fahigkeiten, systematischer auf zentrale Inhalte und Denkweisen des Sekundarstufenunterrichts vorbereitet werden. In vier Themenbereichen mochte ich Ansatzpunkte dazu aufzeigen: Bei der Auswahl der bevorzugten Zahlenmodelle, beim Umgang mit unscharfen Zahlenangaben, bei den Verfahren zum schriftlichen Rechnen und bei der Vorbereitung des Variablenbegriffs. Abstract: In today's Primary School lessons the main contents and kinds of thinking the secondary level teaching is based on could be prepared more systematic with respect and consideration for cildren's abilities. Therefore I want to discuss and emphasize four points conceming the important preparatory courses: The used number models, working with unclear numbers, the method for written calculation and the preparation of the variable concept. Einleitung "Die der Grundschule zugewiesene Aufgabe grundiegender Bildung fur aIle Kinder hat eine doppelte Bedeutung: erstens ist sie (Allgemein-)Bildung in allen wesentlichen Kulturbereichen zur allseitigen Personlichkeitsentfaltung, und zweitens dient sie ais (Ausgangs-)Bildung fur die differenzierten weiteren Bildungswege." (Hessisches Kultusministerium 1995, S.7.) In dieser oder ahnlicher Fonnulierung werden in den Praambeln der deutschen Rahmenplane .Personlichkeitsentfaltung" und .Vorbereitung auf weiterfiihrende Bildungswege" als wichtige Ziele des Primarstufenunterrichts genannt. Diese Ziele lassen sie sich nicht problemlos harmonisieren, und die Curricula fruherer Jahre akzentuierten sie auch abwechselnd einseitig. So betonte die Strukturwelle der Siebziger-Jahre eher die Vorbereitungsfunktion. Heute dagegen besteht durch die Dominanz von selbsttatigem Lemen umgekehrt die Gefahr, daf zentrale Inhalte und Denkweisen, die im Sekundar- stufenunterricht benotigt werden, eher zufallig auftauchen und nur beilaufig behandelt werden.' Fur eine bessere Abstimmung zwischen Gnmdschule und Sekundarstufe mag es daher nutzlich sein, vorhandene Ansatzpunkte - im wesentlichen aus stoffdidaktischer Sicht - zu ordnen, zu explizieren und zu akzentuieren. Im Hauptteil des vorliegenden Aufsatzes mochte ich die folgenden Themenbereiche untersuchen: 1. Bevorzugung mehrdeutiger Zahlenmodelle 1m Mathematikunterricht der Grundschule werden solche Veranschaulichungsmittel bevorzugt, die gegenstandliche Zahldeutungen einseitig nahelegen. Wichtige Inhalte konnen den Kindem mit diesen Zahlvorstellungen nicht verstandlich werden. Meine Einschatznng ist durch zahlreiche Eindrucke gepragt. Ich denke, sie ist nachvollziehbar, wenn man an Schulbucher, Arbeitsmaterialien, Unterrichtsbeobachtungen u.a. denkt. Ein ausfuhrlicher Beleg durfte den Rahmen des Zeitschriftenartikels sprengen und wissenschattsmethodisch kaum dem Vorwurf des Eklektizismus entgehen konnen. (JMD 20 (1999) H. 2/3, S. 83-112)

Zur propädeutischen Funktion des Arithmetikunterrichts in der Primarstufe

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Michaela Scharloth

Zur propadeutlschen Funktion des Arithmetikunterrichts inder Primarstufe

Zusammenfassung: Im derzeitigen deutschen Grundschuluntenicht konnte, unter Berucksichtigungund Achtung kindlicher Fahigkeiten, systematischer auf zentrale Inhalte und Denkweisen desSekundarstufenunterrichts vorbereitet werden. In vier Themenbereichen mochte ich Ansatzpunktedazu aufzeigen: Bei der Auswahl der bevorzugten Zahlenmodelle, beim Umgang mit unscharfenZahlenangaben, bei den Verfahren zum schriftlichen Rechnen und bei der Vorbereitung desVariablenbegriffs.Abstract: In today's Primary School lessons the main contents and kinds of thinking the secondarylevel teaching is based on could be prepared more systematic with respect and consideration forcildren's abilities. Therefore I want to discuss and emphasize four points conceming the importantpreparatory courses: The used number models, working with unclear numbers, the method forwritten calculation and the preparation of the variable concept.

Einleitung"Die der Grundschule zugewiesene Aufgabe grundiegender Bildung fur aIle Kinder hateine doppelte Bedeutung: erstens ist sie (Allgemein-)Bildung in allen wesentlichenKulturbereichen zur allseitigen Personlichkeitsentfaltung, und zweitens dient sie ais(Ausgangs-)Bildung fur die differenzierten weiteren Bildungswege." (HessischesKultusministerium 1995, S.7.)In dieser oder ahnlicher Fonnulierung werden in den Praambeln der deutschenRahmenplane .Personlichkeitsentfaltung" und .Vorbereitung auf weiterfiihrendeBildungswege" als wichtige Ziele des Primarstufenunterrichts genannt. Diese Ziele lassensie sich nicht problemlos harmonisieren, und die Curricula fruherer Jahre akzentuiertensie auch abwechselnd einseitig. So betonte die Strukturwelle der Siebziger-Jahre eher dieVorbereitungsfunktion. Heute dagegen besteht durch die Dominanz von selbsttatigemLemen umgekehrt die Gefahr, daf zentrale Inhalte und Denkweisen, die im Sekundar­stufenunterricht benotigt werden, eher zufallig auftauchen und nur beilaufig behandeltwerden.' Fur eine bessere Abstimmung zwischen Gnmdschule und Sekundarstufe mag esdaher nutzlich sein, vorhandene Ansatzpunkte - im wesentlichen aus stoffdidaktischerSicht - zu ordnen, zu explizieren und zu akzentuieren. Im Hauptteil des vorliegendenAufsatzes mochte ich die folgenden Themenbereiche untersuchen:

1. Bevorzugung mehrdeutiger Zahlenmodelle1m Mathematikunterricht der Grundschule werden solche Veranschaulichungsmittelbevorzugt, die gegenstandliche Zahldeutungen einseitig nahelegen. Wichtige Inhaltekonnen den Kindem mit diesen Zahlvorstellungen nicht verstandlich werden.

Meine Einschatznng ist durch zahlreiche Eindrucke gepragt. Ich denke, sie ist nachvollziehbar,wenn man an Schulbucher, Arbeitsmaterialien, Unterrichtsbeobachtungen u.a. denkt. Einausfuhrlicher Beleg durfte den Rahmen des Zeitschriftenartikels sprengen undwissenschattsmethodisch kaum dem Vorwurf des Eklektizismus entgehen konnen.

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Mehrdeutige Zahlemnodellebetonen den Aspekt- und Beziehungsreichtum von Zahlenund fordern die Abstraktion von gegenstandlichen Zahlvorstellungen.

2. Gewohnung an unscharfe Zahlenangaben und an inte//igentes RechnenUnscharfe Zahlenangaben und der kreative Umgang mit ihnen sind fester Bestandteilder Alltagsmathematik und des Mathematikunterrichts der Sekundarstufe. DahersoJlten bereits in der Grundschule die Deutung von unscharfen Zahlenangaben undinteJligentes Rechnen zur Gewohnheit werden. Moglichkeiten dazu soJlen auch amschriftlichen Rechnen konkretisiert werden.

3. Robuste Verfahren fur das schriftliche RechnenUnsere Nonnalverfahren sind in langer historischer Entwicklung hinsichtlichGeschwindigkeit und Schreibform optimiert, haben jedoch fur unsere alltaglichenErfordernisse gravierende Nachteile. Im Gnmdschulunterricht sollten daher sichere,am Kopfrechnen orientierte Losungsstrategien in den Vordergrund gestellt werden.

4. Fruhe Begegnung mit verschiedenen Variablenaspekten.Kastchen" kennzeichnen im Aritlunetikunterricht der Grundschule die Stelle, an deretwas Feh.lendes oder absichtlich Weggelassenes, wie Zahlen, Ziffern oder Operations­zeichen, eingefugt werden soIl. An einigen Beispielen mochte ich zeigen, daf auchandere Variablenaspekte in den Grundschulunterricht einbezogen werden konnten.

l. Bevorzugung mehrdeutiger Zahlenmodelle

1.1 Gegeostliodliche Zahleomodelle baueo unzureichende Zahlvorstellungen aufIm Anfangsunterricht werden Zahlen oft als Anzahlen wohlunterschiedener Dingeinterpretiert. Diese Zahldarstellung dominiert, da man aus guten psychologischen Grundendavon ausgeht, daf mathematisches Operieren und Verstehen bei Kindem vor allem aufAnschaulichkeit, Unmittelbarkeit und .Be-Greifbarkeit" von konkreten Gegenstandeberuht. .Durch die Hande in den Kopf", oder, wie man .zunftig" sagt, enaktiv, ikonisch,symbolisch.Die gegenstandsgebundene ZahIvorstellung der Kinder reicht fllr das Verstandnis dermeisten Inhalte des Mathematikunterrichtsder Primarstufe hin: die vier Grundrechenarten,die Idee des Positionssystems, seine dezimale Gliederung und (als Anwendung) dieNormalverfahren zum schriftlichen Rechnen. Daher gibt es wenig Anlah, dieseVorsteJlung zu erweitern. Werden gegenstandliche Zahlenmodelle jedoch einseitigbevorzugt, so besteht die Gefahr, daf sich Zahlvorstellungen festigen, die im Sekundar­stufenunterricht erweitert und teilweise auch relativiert werden mussen.Gleichheitszeichen als UbergangszeichenWenn eine Zahl als Eigenschaft einer Ansammlung von Gegenstanden gedeutet wird,schreiben Operations- und Relationszeichen Handlungen vor. Sie geben an, was mit denGegenstanden zu tun ist. 5+4= heiBt in diesem .Jiandfesten" Kontext: Man nehme 5Plattchen und lege 4 Plattchen dazu. Den Startschuf zum Beginn der Rechnung gibt dasGleichheitszeichen: Schiebe beide Haufen zusammen. 9 ist das Ergebnis, das angibt, was5 und 4 .zusammen macht" oder "ergibf'. Das Gleichheitszeichen trennt die Aufgabe(links) vom Ergebnis (rechts), den Handlungsbefehl vom Handlungsergebnis, das Fruhere

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vom Spateren, den Anfang vom Ende, die Arbeit vom Erfolg. Die Worte .machtzusammen", "ergibt" sind zur Bezeichnung dieses (Befehls-) Gleichheitszeichens gutgewahlt, denn beide Ausdrucksweiseil kennzeichnen das Ende eines nach fester Vorschriftdurchgefuhrten Arbeitsganges. Winter (1982) betitelt diese Erklarung des Gleichheits­zeichens treffend als "Aufgabe-Ergebnis-Deutung". Sie wurde im traditionellenRechenunterricht und wird, nach einem kurzen Intermezzo der "Neuen Mathematik", auchhe ute wieder in den Schulbiichern einseitigbetont, wahrend das Gleichheitszeichen zurCharakterisierung aquivalenter Terme oder Ausdriicke eher vemachlassigt wird.

Ergebnisfixierung und Betonung von RechenroutinenDie Aufgabe-Ergebnis-Deutung des Gleiehheitszeichens hat seine Berechtigung immerdann, wenn allein das Ergebnis interessiert. Aus einzelnen Bestandteilen soli ein Ganzeswerden, von dem die Einzelheiten nicht ablenken. Durch das Rechnen mit gegen­standlichen Modellen konnen solche Vorstellung gefordert werden: Nach langemHantieren mit Material kann in der letzten Anordnung das Ergebnis der Rechnungabgelesen werden. Die vollzogenen Rechenschritten hingegen, die mehr oder wenigergeschickte Rechenstrategien erkennen lassen, sind nachtraglich nur schwer zu rekon­struieren. Und fur die Kinder liegt der wohl berechtigte Schluf nahe: Wichtig ist nur, was.raus kommt", alles andere kannst Du vergessen.Eine solche Haltung begiinstigt den Aufbau von Rechenfertigkeiten und Routinen, dennAufgaben sind hier nur Reize, auf die moglichst rasch mit dem Resultat zu reagieren ist.Das Ergebnis erscheint als Vervollkommnung eines unbefriedigenden Zustands derUnausgeglichenheit. Wie Computer die Routine erst mit dem vollstandigen, scheinbareindeutigen Resultat abschliellen,' erscheinen Tenne und unscharfe Zahlenangaben alsvermeintIiche direkte und aktuelIe Handlungsaufforderungen zur Prazisierung. Zu­sammenhanglose Aufgabenpackchen konnen einerseits zum Einuben von Rechenfertig­keiten nutzlich sein, andererseits genieben sie nicht zu Unrecht den Ruf, fur den "Drill"im Mathematikunterricht verantwortlich zu sein. (Vgl. Winter 1982, S.18?) Tatsachlichist ohne Rechnen Mathematik kaum moglich, aber Mathematik ist mehr als Rechnen. DerRechenunterrieht der Grundschule verdient die Bezeichnung "Mathematikunterricht" nurdann, wenn er zum Reflektieren tiber das Reehnen anregt. Die Tendenz, Problemlosungenzu algorithmisieren, also durch todsiehere Rechenverfahren zu erledigen, maehtunempfindlich gegen Probleme, fur die man noeh keine Algorithmen hat.

Das Quantitative verdrangt das QualitativeGegenstandliche ZahlenmodelIe sind beliebig zu zerlegen und zusammenzufugen, ohnedaB sich an der Quantitat etwas andert. Diese Eigenschaften benutzt man im Mathematik­unterricht als Rechenhilfe: Aufgaben, wie 59+48= , werden im Kopf mit einemZwischenschritt gelost (z.B. 60+50-1-2). Dieser setzt die VorstelIung voraus, daB dieSumme der Einzelteile gleich dem zusammengefugten Ganzen ist. Entsteht nach derZerlegung in einzelne Bestandteile und Rekonstruktion wirklioh immer wieder das Ganze?

In manchen Computersprachen werden Laufvariable so erhoht: i=i+I (statt i:=i+I). DasGleichlleitszeichen wird auch hier radikal als gedachtnisloses Ubergangszeichen im Sinne von"ersetze i durch i+ Icc verwendet.

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Bei Bildern oder Musikstiicken verandert sich das Ganze durchaus durch das Zerlegen undNeustrukturieren einzelner Bestandteile. 1m Mathematikunterricht der Grundschule heiBtes jedoch oft: Es interessiert nur Vorhandenes, das, was Dir greifbar, verfugbar ist. Esandert sich nicht, auch wenn Du es neu und anders zusammenstellst. Und um anderes alsdas, was greifbar ist, brauchst Du Dich nicht zu kummem, denn das interessiert nicht.FaBt man eine Zah.l als Anzahl von Gegenstanden einer Ansammlung oder als Rangplatzin einer Aufeinanderfolge von Gegenstanden auf, so betont man einseitig die quantitativeBetrachtung. Man abstrahiert von der Form und der Grelle der einzelnen Gegenstandesowie ihrer Zusammenstellung und interessiert sich nur fur die zahlbaren Aspekte. DieseBetrachtung ist im Alltagsgebrauch oft nutzlich. Wenn sie als allein mogliche dargestelltwird, besteht die Gefahr der Verengung und Einseitigkeit, und das kann bis zurVemachlassigung der qualitativen Eigenschaften von Gegenstanden fuhren.

1.2 Beispiele aus Primar- und SekundarstufeDie starke Betonung von gegenstandlichen Zahldeutungen bereitet schon in derGrundschule Schwierigkeiten und ist in der Sekundarstufe oft nicht angemessen, denn mitgegenstandlichen Modellen lassen sich die zum Verstandnis der Inhalte notwendigenDenkweisen nur schwer entwickeln.' Ich mochte dies deutIich machen an der Behandlungder Zah.lNull, den Schwierigkeiten nut der Aufgabe-Ergebnis-Deutung bei Zerlegungsauf­gaben. Gleichungsumformungen und Restschreibweise, der Entwicklung von Vorstel­luugen fur "groBe Zahlen" und schlieBlich bei der Behandlung von negativen undrationalen Zahlen.

Die Zahl NullDie Zahl Null wird durch Greifbares, besser gesagt: durch nieht (mehr) Greifbares,Fehlendes, also die Abwesenheit von Greifbarem dargestellt. Null ist, wenn nichts (mehr)da ist, obwohl irgendwann einmal etwas da war. Eine Veranschaulichung der Zahl Nullsieht LB. so aus (Ernst, Leininger, Wallrabenstein, 1985): Ein Bild zeigt eine diistereLandschaft mit einem dicken Mond, einigen Baumen im Dammerlicht und vier imBildrand verschwindenden Hasen. "Wo ist nun null und, vor allem, von was?", fragt mansich zu recht.Der merkwiirdige Zustand, in dem Nichts da ist, ermoglicht keine unmittelbare Handlung,sondern fordert hochstens Konsequenzen. Es iiberrascht daher nicht, daB die Null von denKindern nicht als vollwertige Zahl anerkannt wird," sondern nur als Hilfsmittel bei derDarstellung von Zahlen' oder als .Zauberzahl": Obwohl sie selbst "nichts" ist, kann sie

Auf den engen Zusammenhang zwischen verwendetem Veransehauliehungsrnittel undentstehender Zahlvorstellung weist Lorenz (1992) hin.

Wahrseheinlieh geht das nieht nur Kindem so: In Alltagssituationen ist die kardinaleVerwendung der Zahl Null sehr selten, zudem ist sie entbehrlieh, da die Spraehe tiber vieleUmschreibungsmoglichkeiten verfugt, die naturlicher erseheinen. Aueh Reehnungen mit Nullkommen in der alltiigliehen Praxis nieht vor, denn eine Handlung, in der niehts dazugezahlt oderabgezogen wird, ist nieht erwahnenswert. (Vgl. Volkert 1996, S.99.)

Das entsprieht wahrseheinlieh aueh dem historisehen Weg: Die neuen Rechenverfahren imspaten Mittelalter bedienten sich der indisch-arabischen Ziffemschrift, Sie ermoglichten ein

(Fortsetzung...)

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eine Zahl auf ihr Zehnfaches vergrofsern, wenn sie sich rechts von ihr einreiht. Bei derAddition und Subtraktion tut sie anderen Zahlen nichts, dagegen zeigt sie bei derMultiplikation ihre wahre Macht: Sie HiBt andere Zahlen verschwinden. Dabei dominiertsie in einer Weise, daB ihre Wirkung nicht einmal durch eine Umkehroperation ruckgangiggemacht werden kann. Andere Zahlen konnen ihr nichts anhaben, denn gegeniiberVervielfachung ist sie resistent. In der Sekundarstufe ist Null nicht mehr "nichts'" sondernspielt den Schiilerinnen und Schiilern unangenehme Streiche: Sie sperrt sich beimDividieren! Aber wieso?Etwas an keinen verteilen heiBt doch, daf man es behalten kann.Also miiBte konsequent sein: 7:0=7. Oder heiBt es, daf niemand nichts bekommt, also7:0=O? Oder, daB man mit dem Verteilen nie fertig wird, weil nirgends angefangen werdenkann, 7:0=o·)=8:0?Gegenstandliche Zahlenmodelle bieten also nur eine unzureichende Vorstellung von derZahl Null: Sie kann nur "gedanklich" erschlossen werden (vgl. Hefendehl-Hebecker 1982,S.53); ihr aritlunetisches Wesen ist operativ, n..icht nominell. Eine zu fruhe Behandlung derZahl Null ohne geeignete Verankerung und Modellierung fuhrt zu Fehlvorstellungen, diein der Sekundarstufe schwer ausgeglichen werden konnen. Die verschiedenen Eigenartender Zahl Null sollten daher erst dann behandelt werden, wenn sie im Zusammenhang mitanderen Fragen auftauchen: Zuerst ist die Null ein zweckmaliiges Zeichen zur Darstellungvon Zahlen, beim schriftlichen Rechnen eine Zahl mit ungewohnlichen Eigenheiten, beimBruchrechnen eine Zahl, die nur im Zahler stehen .darf". Immer wieder ist die Null Anlafs,die Zahlvorstellungen ZlI prufen und zu erweitern.

ZerlegungsaufgabenZerlegungsaufgaben wie 7=4+0 sind mit der handlungsgebundenen Aufgabe-Ergebnis­Deutung des Gleichheitszeichens allein nicht umstandslos vereinbar. Links steht keineAufgabe und rechts kein Ergebnis. Die umstandliche, aber gangige Deutung ist: .Jch habe7 auf der einen Seite. Wie viele muf ich zu den 4 auf der anderen Seite dazutun, urngenausoviele zu haben?" Dieser handgreifliche Kontext befriedigt nieht, da die.Losungszahl" kein "richtiges" Ergebnis ist.Ahnliches gilt fur aile Aufgaben, die man zur Losung durch eine Zerlegung vereinfacht:36+67=0 rechnet man im Kopf z.B. mit den Zwischenschritten: 36+67=36+60+7=

(...Fortsetzung)schnelles und einfaches Rechnen mit grollen Zahlen ohne aufwendige Trennung von Schreibender Zahlen (mit romischen Zahlzeichen) und Rechnen (auf dem Rechenbrett). ZurZahldarstellung brauchte man ein Leerzeichen, die Null, die auf diesem Weg einen Platzzwischen den Ziffern bekam. (Vgl. Menninger 1958, S.259.) Naturlich war das ,,Rechnen aufden Linien" nicht unumstritten: Die .Brettrechner" befurchteten Verwechslungen undFalschungen von Zahlen. fur Widerstand machte sich auch an der Ziffer Null fest: "Wie diePuppe ein Adler sein wollte,der Esel em LOwe, die Affineine Konigin - so wollte die Null einecitra sein." (Menninger 1958, S.240). Volkert (1996, S.102) weist darauf hin, daB dieAnerkennung der Null als Zahl wahrscheinlich eng mit der Verwendung der negativen Zahlenzusanunenhangt,

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96+7=103. Die Zerlegung von 67 in 60 und 7 ist keine Verkurzung, sondern eher einUmweg zur Losung der Aufgabe und daher mit der Aufgabe-Ergebnis-Deutung niehtverstandlich." Hier belastet die Standarddeutung des Gleiehheitszeiehens eher die Losung,als daf sie sie erleiehtert.

Termumformungen und RestschreibweiseAls Robert Reeorde im 16. Jahrhundert erstmals das Gleiehheitszeiehen drueken lief),begrundete er treffend die Wahl des Symbols ,,=": "Niehts ist gleieher als zwei paralleleLinien." (Naeh Tropfke 1980, S.17!.) Das Gleiehheitszeiehen ist ein Zeiehen furGleichwertigkeit, fur wechselseitige Austauschbarkeit der reehts und links des Gleiehheits­zeiehens stehenden Terrne, also fur Ersetzungsgleiehheit. Obwohl beide Seiten niehts.rnachen" und der mit ihnen besehriebene .Gegenstand" oft gar nieht auftaucht, kann mandureh eine vergleiehende Sieht mehr iiber beide Seiten oder iiber einzelne Unbekannteerfahren. 1m Untersehied zum Grundschulunterricht, wo ein unausgereehneter Term alsReehenaufforderung verstanden wird, tragen in der Sekundarstufe gesehlossene Terme(wie ..j5~ J ) oft zur Ubersicht bei.Bei der 1ehriftliehen Division wird die Losung der Aufgabe 750:67=0 entspreehend derAufgabe-Ergebnis-Deutung vollig korrekt mit 11 Rest 13 angegeben: 737 lassen siehaufteilen oder verteilen, 13 bleiben iibrig. (Vgl. Winter 1982, S.187.) Naeh dieser Deutungist das Gleiehheitszeiehen nieht transitiv: Von 750:67=11 Rest 13 und 178: 15= 11 Rest 13darf man nieht auf 750:67= 178:15 schlielien. Es ist hier eben kein Gleiehheits- sondernein Ubergangszeichen, und das erlaubt aueh vollig sinnwidrige "Gleiehungsketten", wie3'7=21+4=25:5=5. In der Sekundarstufe ist eine solche Auffassung beim Losen vonGleichungen sehr hinderlich. Einige Vorschlage zum Umgang der Restschreibweise (vgl.aueh Winter 1978): Konnte man in der Grundsehule statt von Resten zu reden niehteinfaeh runden (z.B. 750:67", II)? Oder: Den "Rest" als das auffassen, was bei der Division750:67 nieht mehr zu teilen ging, aber eigentlieh noeh geteilt werden miiBte(750:67=11+13:67)? Warum kann man unausgereehnete Divisionsaufgaben nieht wieBruche behandeln, die man vorerst nur so genau berechnet, wie man es in einem gewissenKontext braueht (750:67= 10+ 80 )?

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Vorstellungen voni.groflen Zahlen"Aueh bei der .Zahlbereichserweiterung", z.B. von 100 auf 1000, benutzt man gegen­standliche Zahlenmodelle: Die Zahl 1 wird dureh ein Wiirfelchen reprasentiert (beiMontessori ein Kugelchen), die Zahl 10 dureh eine Stange von 10 Wurfelchen, die Zahl100 dureh eine Platte von 10 Stangen, die Zahl 1000 dureh einen Wurfel aus 10 Platten.

Auch anderehalbschriftliche Strategienwerdenvon Schulbuchautoren empfohlen. Sie sind alsDenkerleichterung gedacht, bediirfen ott aber, wegen der korrekten Verwendung desGleichheitszeichens, aufwendiger und teilweise umstandlicher Notationsforrnen. Der grobereSchreibaufwand ist ohne Einsicht in dieGleichheitsdeutung fur Kinder nicht verstehbar, und wasals Denkerleichterung gedacht ist, wird leicht zu zusatzlichem Lehrstoff. Gibt man dieSchreibweisen frei, wie das heute oft gefordert wird, unterstiitzt man uniiberlegte ad-hoc­Schreibweisen, die auf Dauer ungeeignet sein konnen, Unordentliche Notationsfonnenwerdenbegunstigt, unddiese erhohen, wegender schlechten Uberschaubarkeit der Rechnung, letztlichdie Fehleranfalligkeit.

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Solche Darstellungen fordern nicht die Entwicklung einer angemessenen GroBenvor­stellung von 1000. Nach Piagets Invarianzversuchen wissen wir, daB Kinder im Alter von8 oder 9 Jahren, also zu der Zeit, in der der Zahlenraum bis 1000 erarbeitet wird, geradebegonnen haben, verschiedene Dimensionen zueinander in Beziehung zu setzen.' Diekompakte Anordnung von 1000 Einzelwurfeln als groBer Wurfel gibt den Kindern daherkeine vergleichsfahige Vorstellung von der Zahl 1000. Ebenso bekommen Kinder durchdas einmalige Abzahlen von 1000 Strohhalmen, Blattern oder Buroklammern hochstensdie Vorstellung, daB 1000 "ganz schon gron'' ist, weil man lange zahlen muB.Vorstellungen von "groBen Zahlen" entwickeln sich nur durch Vergleiche: 10 Ameisensind etwa so lang wie ein Schmetterling, 10 Schmetterlinge so lang wie eine Katze, 10Katzen so lange wie drei hintereinanderliegende Kinder. Bekommt man eine bessereVorstellung von 1000, wenn man weiB, daB 1000 Ameisen im Gansemarsch ungefahr solang sind wie drei Kinder? Wahrscheinlich nicht, denn solche VergegenstandlichungengroBer Zahlen sind eher absurd, abseitig und banal. .Jm Mathematikunterricht tut maneben komische Dinge." Andererseits konnen gerade solche bewuBt unwirklich gestelltenAufgaben dazu beitragen (naturlich Understatement mit den Kindern vorausgesetzt), daBKinder vergleichende Vorstellungen von "groBen Zahlen" autbauen.Alltagliche Vergleichsgroben, aus denen schrittweise eine "groBe Zahl" aufgebaut wird,fordern die Ubersicht oft auch nicht. Ein Beispiel: Der Vergleich von der Hohe derStaatsverschuldung mit dem wochentlichen Taschengeld erscheint mit Recht absurd. Nurdie Loslosung von greifbaren, aus dem alltaglichen Umgang vertrauten Vergleichsgrobenkann bei solchen Zahlen helfen, ihre Bedeutung fur den Sachzusammenhang bessereinzuschatzen. Mit unterschiedlichen Grobenordnungen verbinden wir gewohnlichandersartige Vorstellungen, die nicht kompatibel sind. Vergleiche sind daher immer dannhilfreich, wenn sie sich auf ahnliche Grobenordnungen in verwandten Kontexten beziehen.In unterschiedlichen Verhaltnissen bedeutenZahlen Verschiedenes, und eine "groBe" Zahlwird erst durch Vergleiche .wirklich grof)" und .verstehbar klein".

BrucheZur gegenstandlichen Veranschaulichung von Bruchen wird in der Sekundarstufe meistdas Pizza-Modell herangezogen. Es leistet bei kleinen, aus Halbierungen hervor­gegangenen Bruchen gute Dienste. Was ist mit liT? Es ist ein Teil einer gleichmaliig insieben Teile geteilten Pizza. Wie teilt man runde Pizzen in sieben Teile, und wer tut so wasmiller in "Mathe"? Braucht man eine Pizza fur sieben Personen, die auch noch ailegleichdick und gleichhungrig sind und somit gleichviel essen wollen, so uberlegt man sichdoch bereits beim Backen eine Form, die eine Teilung ennoglicht und hantiert nicht mitheibem Kase und Geodreieck.Rechenaufgaben werden in der Grundschule gewohnlich so gestellt, daB eine naturlicheZahl Ergebnis ist. Bruchzahlen sind daher auch zu Beginn von Klasse Sechs Divisionsauf­gaben, die direkt oder indirekt zur Losung auffordern. Nun wird folgende Deutung desZahlenpaares einseitig betont: Ein Bruch hat keine absolute Bedeutung, sondern eine

Wie aus psychologischen Befunden hinreichend bekannt ist, haben Kinder in diesem AlterSchwierigkeiten, mehrere nebeneinander liegende Aspekte und ihre Beziehungen zueinandergleichzeitig zu erfassen; vgl. z.B. Oerter, Montnda 1987, S.683 fT.

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relative, die sich an einem gegebenen oder dazugedachten "Ganzen" immer neukonkretisiert. (Vgl. Padberg 1989, S.64.) Mochte man z.B. den Bruch 13/67 mit demBruch 6/31 nach der GroBe vergleichen, so muf man ein geeignetes "Ganzes" finden, andem man sowohl 13/67, als auch 6/31 darstellen kann. Offenbar wirkt der operativeAnteilaspekt aufgesetzt und verwirrt leicht, sobald unklar ist, worauf sich die Teilungs­handlung beziehen soil.Die Regeln fur die Strichrechenarten sind so konzipiert, daf sie dem in der Grundschuleentwickelten Konzept vom Vennehren bzw. Vennindern im materiellen Sinn entsprechen:Zunachst werden die Bruche vergleichbar gemacht, d.h. auf dasselbe "Ganze" bezogen(Hauptnenner), und dann die entsprechenden Anteile (Zahler) addiert. Die Abstraktions­leistung besteht darin, ein jeweils passendes Ganzes zu wahlen, mit dem nach bekanntenVorstellungen operiert werden kann. Die Punktrechenarten hingegen erfordern einenKontextwechsel: Vermehren oder vermindern stellen hier irrefiihrende Konzepte dar undsind mit dem Grollenkouzept nicht einsichtig zu erklaren. Werden die Rechensatzenanfangs durchgangig anschaulich an gegenstandlichen Modellen gedeutet, so erschwertdas die Herleitung der Regeln zur Multiplikation. (Vgl. Fuhrer 1999.)

Negative ZahlenGrolsen, noch kleiner als Nichts, sind nicht greifbar und damit nicht vorstellbar. In derSekundarstufe veransehaulicht man sie mit Hilfe einer "erweiterten Mengenvorstellung":Die GroBe "Geld" ist schon durch vielfache Verwendung in der Grundschule, immer imSinne von "Geld besitzen, bekommen oder ausgeben", positiv besetzt. Nun wird dasHaben-Modell der Grundschule erweitert: Eine negative Summe Geld besitzen heibt,weniger als "etwas" haben, weniger als "nichts" haben, also "Sehulden" haben.Dureh die enge Assoziation von negativen Zahlen mit "Schulden" bekommt der neueZahlbereieh einen unangenehmen Beigesehmack: Die Zahlen heiBen nieht nur "negativ",sie sind es auch, namlich etwas Unstatthaftes, Fingiertes, Mangelhaftes." Daruber hinausmotivieren Sehulden die Einfiihrung von negativen Zahlen nicht ausreiehend. Ein Belegdafiir ist, daB man jahrhundertelang mit Sehulden umging, ohne negative Zahlen zubenotigen: Sehulden sind das Geld, was man nicht hat, und das ist eine positive GroBe.Auch heute steht bei der Sparkasse auf dem Auszug 1234 S statt -1234, wenn das Kontouberzogen ist. Die vielfach erzahlte Geschichte bringt die ganze Absurditat der erweitertenMengenvorstellung auf den Punkt: In einem Bus sitzen 2 Kinder. An der Haltestellesteigen 5 Kinder aus. Wie viele mussen wieder einsteigen, damit der Bus leer ist?Spatestens bei der Multiplikation muf die monetare Sicht der negativen Zahlen erweitertwerden, denn schon aus physikalischen Dimensionsbetrachtungen ergibt sich, daf es keine

Diese Bezeiclmungen sind tatsachlich fur negative Zahlen uberliefert, Zuerst erwiesen dienegativcn Zahlen ihre Zweckmalligkeit im Gebrauch, z.B. gab Diophant (urn 250 n.Chr.) dieReehenregeln fur Ausdriieke der Form (a-b)'(c-d) an, wobei er jedoeh die Koeffizienten sobestimmte, daB negative Zahlen als Gleichungslosung nieht vorkamen. (Vgl. Tropfke 1980,S.144.) Naehdem sie sieh allmahlich als Zahlen zum gesehiekten Reehnen etabliert hattenwurden sie schlieblichaueh als Losung von Aufgaben anerkannt und als Sehulden interpretiert.(So z.B. Leonardo von Pisa im 13. Jahrhundert; vgl. Tropfke 1980, S.146.)

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adaquate Handlung im Erfahrungsbereieh mit GroBen gibt, die gleiehzeitig zurVeranschauliehung von Addition und Multiplikation geeignet ist. Bekanntlich ist bei derMultiplikation negativer Zahlen besonders schwer einzusehen, wie ein Produkt zweierGrohen, die beide weniger als Niehts sind, eine GroBe sein kann, die mehr als Niehts ist.(Hamilton 1883, nach: Troptke 1980, S.149.) Die Herleitung der Reehengesetze aus demgesehiekten Hantieren mit Gutscheinen und Sehuldscheinen wirkt eher als Spiel und niehtwie eine Veranschaulichung. Auch Gauh' Darstellung durch Zeiger ersetzt keinesubstanzielle Begrtindung der negativen Zahlen: "Positive und negative Zahlen konnen nurda eine Anwendung finden, wo das Gezahlte ein Entgegengesetztes hat, das mit ihmvereinigt gedacht der Vernichtung gleichzustellen ist. Genau besehen findet dieseVoraussetzung nur dort statt, wo nieht Substanzen (fur sich denkbare Gegenstande)sondern Relationen zwischen je zweien Gegenstanden das Gezahlte sind." (Nach Troptke1980, S.149.) Diese Legitimation erscheint ebenso als Konstruktion im nachhinein, die dieschon vorhandenen Reehenregeln geometriseh erklart. Warum soli man aber so rechnen?DaB die Operationen vorwarts-ruckwarts assoziativ und idempotent sind, ist nieht fur siehinteressant.Negative Zahlen sind relative Zahlen. Ihnen ist mit der gegenstandlichen Zahlergebnis­Vorstellung erst auf einer wesentlich hoheren Abstraktionsebene beizukommen. Eulererzeugte daher die negativen Zahlen konsequent aus Rechentennen und stutzte dieVorzeiehenregelletztlich auf algebraisehe Konsistenzuberlegungen." Man kann negativeZahlen und Operationen mit ihnen zwar anschaulich erfassen, aber das ist eigentlich nureine Konstruktion im Naehhinein. Anschauliehe Modelle, wie wertvoll sie im Einzelnenauch sein mogen, sind nicht ausreiehend, um negative Zahlen und Reehenregeln mit ihnenzu begrtinden. Freudenthal (1977, S.250f.) emptiehlt daher eine Behandlung der negativenZahlen, die aus dem Pennanenzprinzip abgeleitet ist. Das ist zwar eine rein formaleBegrundung, die aber dem rein formalen Wesen der negativen Zahl entspricht.

1.3 Mehrdeutige ZahlenmodelleDie vorangehenden Beispiele zeigten, daf Vorstellungen von wiehtigen Inhalten desSekundarstufenunterriehts nieht allein mit gegenstandlichen Modellen aufgebaut werdenkonnen: Negative Zahlen sind "relative" Zahlen, relativ in Bezug zu einem Nullpunkt.Bruche sind, angewandt im Grobenkontext, "relative" Zahlen, relativ zu einem odermehreren Bezugsganzen. Zahlen sind hier Abstraktionen, die im alltaglichen Gebraueh derKinder nieht vorkommen. Wo aus Zahlen, Rechnen oder Zeiehnen Mathematik werdensoil, konunt man ohne Relativierungen nicht aus. In der Sekundarstufe greift man immerwieder auf gegenstandliche Zahlenmodelle und Zahlvorstellungen des Grundsehulunter-

Naehdem Euler die Multiplikation einer negativen Zahl mit einer positiven mit Hilfe desGuthaben- und Sehuldenmodells erklart hat, wendet er sieh dem letzten Fall zu, "daB - mit ­multipliziert wird, Z.B. -a mit -b. Hierbei ist zuerst klar, daf das Produkt in Bezug auf dieBuehstabenab heil3en wird. Ob aber das Zeiehen + oder - davorzusetzen ist, ist noeh ungewib;soviel aber ist gewiB, daf es entweder das eine oder das andere sein muB. Nun aber, sage ieh,kann es niehtdas Zeiehen - sein. Denn -a mit +b multipliziert gibt -ab; also kann -a mit -bmuitipiiziert nieht dasselbe geben, was -a mit +b ergibt. Vielmehr rnuB das Gegenteilherauskonunen, d.h. +ab." (Euler 1959,8.50.)

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richts zuruck, um an vorhandene Vorstellungen anzuknupfen und den Kindern dasVerstehen moglichst einfach zu machen, Daher bleiben die Kinder oft bei komplexerenRechnungen im alten Verstehens- und Handlungsrahmen verhaftet, obwohl ein.relationales Verstandnis" der Sache angemessener ware. (Vgl. Steinbring 1994, S.184­188.) Solche Zahlvorstellungen reifen nicht von selbst. Sie mussen angebahnt undunterstutzt werden, auch wenn, oder gerade weil, die simultane Beachtung mehrererZahlen oder Grolsen vielen Kindern schwerfallt. Naturlich stoBt sich das mit alters­bedingten Schwierigkeiten, mehrere Aspekte gleichzeitig in den Blick zu nehmen undgemeinsam zu verarbeiten. Es ist aber gerade Aufgabe der Schule, altersbedingteVerengungen uberwinden zu helfen.Gegenstandliche Zahlenmodelle sind als Ausgangspunkt im Grundschulunterricht und alsAnknupfungspunkt in der Sekundarstufe naturlich notwendig. 1m Hinblick auf dieVorbereitungsfunktion der Grundschule fur die Sekundarstufe sollte bei der Wahl vonZahienmodellenjedoch nicht falsch zentriert werden: Die Deutung einer Zahl als Anzahlvon oder Rangplatz in einer Ansammiung konkreter Dinge sollte schon fruh erweitertwerden. Hilfreich sind mehrdeutige Zahlenmodelle, die einerseits aspektreichsind, alsodie Interpretation von Zahlen als Kardinalzahlen, Ordinalzahlen, MaBzahlen undfigurierten Zahlen zulassen. Andererseits soliten sie den Blick auf Relationen zwischenZahlen lenken und dazu ennutigen, Beziehungen zwischen Zahlen zu entdecken.Mehrdeutige Zahlenmodelle sind als Abstraktionshilfe gedacht: Indem sie dazu anregen,Eigenschaften von Gegenstanden und Operationen von Handlungen mit Gegenstanden zuabstrahieren, sollten sie sieh allmahlich selbst uberflussig machen.Ais mehrdeutige Zahlenmodelle empfehlen sich:

meBbare Groben, denen verschiedene MaBeinheiten aufgepragt werden, insbesondereSkalenmodelle;homo gene, vergleichsfahige Materialien.

Meflbare Groflen, denen verschiedene JvfajJeinheiten aufgepragt werdenDas Messen von Grohen, wie der Lange, der Zeit oder dem Gewicht, erscheint zunachstwie Zahlen: Ich zahle, wie oft mein MaBstab in die auszumessende Grobe paBt. Die zuzahlende Menge ist aber nieht schon durch die .natnrliche" MaBeinheit der einzelngreifbaren Objekte festgelegt, sondern wird erst geschaffen, hineininterpretiert. Diekontinuierliche GrOBe wird in eine zahlbare, diskrete GrOBe uberfuhrt, indem ihr eineMaBeinheit aufgepragt wird. Die Frage ist nicht: "Wie viele?", sondern: "Wie oft paBtmeine MaBeinheit in die auszumessende Lange (die Zeitdauer, das Gewicht)?" Meist lafitsich die zu messende GroBenicht restlos mit einer vorgegebenen MaBeinheit ausschopfen:Es bleibt ein Rest, der nicht gemessen wurde. Will (oder muB) man eine GroBe exakterausmessen, so wird man die MaBeinheit verfeinem. Die Anzahl der Einheiten, die in dieseGrOBe passen, wird grOBer und der Rest kleiner. Braucht man es nicht so genau, dann wirdman die Mafleinheit grober wahlen, und die Anzahl der Einheiten wird uberschaubarer.Zahlen erscheinen hier jedenfalls nicht statisch, sondern in Relation zu einem MaBstab,zu einem Kontext, zu einem Verwendungszweck.

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SkalenmodelleIn der Grundschule bedient man sicbgewolmlich des .Zahlenstrahls"" zur Ver­anschaulichung von Ordinalzahlen. Er wird als Zahlenband benutzt, also wie eine Latteoder Perlenschnur, auf der Zahlen von Null beginnend in gleichen Abstanden markiertsind und die bei Bedarfverlangert werden kann. Zahlen sind hier Objekte, die fest an einerbestimmten Stelle auf der Latte verankert sind. Sie werden mit Rangplatzen identifiziertund in ihrer Beziehung zueinander kaum wahrgenommen. Jeder Zollstock nimmt dieZwischenraume ernster. Anders ist es, wenn man von einer Strecke ausgeht. Fugt man anbeide Enden immer wieder Mafieinheiten an. so dehnt sie sich aus. Die Vorstellung, dafman potentiell immer wieder eine Maheinheit ansetzen kann und die neuen Abschnitte mitZahlen markiert, fuhrt per Ideation zur Zahlengeraden. Durch Veranderungen anNullpunkt oder Malsstab konnen die Zahlen auf der Geraden frei beweglich gemachtwerden, um Beziehungen und Grobenverhaltnisse darzustellen. Denn wahrend die Zahlenin der Reihenfolge festgelegt sind, ist ihr Abstand nur von der gewahlten Einheit abhangig.Die feste Bindung ail ein gegenstandliches Modell konnte auch erweitert werden, wenn dieIdee des Entgegengesetzten von Groben beziiglich einer gewahlten Vergleichsmarke geiibtwurde. (Vgl. Winter 1991, S.142.)

Homogene, vergleichsfahige MaterialienZahlen sollen naturlich auch in der Grundschule als Anzahlen veranschaulicht werden.Diese quantitative Betrachtung sollte jedoch durch eine qualitative Sicht erganzt werden.Ein Beispiel: Mit Rechenplattchen, Kastanien oder Muggelsteinen lassen sich schoneMuster legen (figurierte Zahlen). Die Ordnung, die man in das Muster hineinsieht, kannman in eine gestaltliche Deutung von Termen ubersetzen, z.B. konnten zehn in Form einesDreiecks angeordnete Steine so beschrieben werden: 1+2+3+4 (Anzahl der Steinchen proReihe) oder 3+3+3+1 (beide Seiten, Mitte undoben). Umgekehrt konnten Bilder gesuchtwerden, die gewisse Eigenschaften von Zahlen besonders gut zu erkennen geben.Neben sachlichen Deutungen von Zahlen haben Kinder die Bereitschaft zu eher magischenErklarungen ihrer Eigenschaften. Das Denken von Kindem scheint weniger an konkretVerfugbares, Besitzbares gebunden, als es unsere Bevorzugung materieller Gegenstandenahelegt. II Die fruhe Ablosung von solchen magisch-animistischen Vorstellungen galteinmal als wichtiges Ziel des Grundschulunterrichts. Heute sind wir iiberzeugt, dafkindliche Deutungen von Zahlen nicht nur als Vorstufe zu abstrakten Vorstellungen

10 Die Bezeichnung .Zahlenstrahl" fur den Ausschnittder Zahlengerade, der in der Grundschulebehandelt wird, ist ein Beispiel fur die unselige Namensvielfalt, die Kinder im Laufe ihrerschulischen Karriere lemen mussen, Man konnte von Anfang an die Bezeichnung.Zahlengerade' verwenden, urn anzudeuten, daB sich im Laufe der Schulzeit nur das erforschteGebiet andert, also die Bereiehe, denen man sieh unter versehiedenen Fragestellungen nahert.

II Bekanntlich weisen Kinder Zahlen oft Fahigkeiten und Eigensehaften zu, die mit derMengenvorstellung wenig zu tun haben. Ein hubschesBeispiel voneinem Madchen der erstenKlasse: "Oh l Ich mag die 6 gem. Die 6, die liebt die 8. Die 7 mochte aueh von der 6 geliebtwerden. Sie versucht, sie ZWIl Laehen zu bringen, indem sie ihre Mutze verkehrt herum aufsetzt.Die 6laeht, aber trotzdern magsiedie 8lieber.Aber die 13 ist mir ein Greuel." (Le Bohee 1994,S.31)

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notwendig sind. Diese Deutung von Zahlen ist (auch) Teil unserer Kultur, in die es in derSchule einzufuhren gilt. 12 Anstelle der Uberwindung magisch-animistischer Deutungensollten wir also anstreben, sie behutsam und in kindgemaner Weise durch sachlicheVorstellungen anzureichern und zu erganzen.

2. Unscharfe Zahlenangaben und intelligentes Rechnen

2.1 Schatzen, Runden, Uberschlagen - Beispiele aus einem SchulbuchRahmenplan und Schulbucher vermitteln den Eindruck, Schatzen, Runden undUberschlageu nahmen einen breiten Raum im Grundschulunterricht ein. Exemplarischmochte ich an einem Schulbuch zeigen, wie diese Themen fur den Unterricht aufbereitetwerden, bevor ich fur eine Aspekterweiterung eintrete."Bereits in Klasse zwei werden die Kinder in einer Unterrichtseinheit zum Thema Messenaufgefordert, die Lange von Gegenstanden zuerst zu schatzen und den Schatzwert dann mitdem tatsachlichen MeBwert zu vergleichen, "damit die Schuler allmahlich ein GefUhl furGrcbenordnungen gewinnen" (L2 1986, S.80.) Daruber hinaus sollen sie Reprasentantender Lange 1 Meter und I Zentimeter angeben konnen. In Klasse drei und vier werden dieseUbungen bei allen behandelten Grohenbereichen wieder aufgegriffen. Es fallt auf, dafseIten Aufgaben gestellt werden, in denen verschiedene GrOBenbereiche miteinander inBeziehung gesetzt werden sollen, z.B.: Wie lange brauchst du, urn eine Strecke der Lange1 Kilometer abzuschreiten?1m Schulbuch von Klasse drei sind sogenannte "Schatzbilder" abgebildet: "Wie vieleZiegel sind es? Schatze zuerst. Zahle die Ziegel." (S3 1987, S.17) Bei einer ungeordnetenMenge ist zur Erleichterung ein quadratisches Raster tiber das Bild gelegt. In Klasse vierwird das "genaue Rechnen" mit naturlichen Zahlen durch das Rechnen mit glatten,gerundeten Zahlen erganzt, Die ubliche Rundungsregel wird angegeben, an einigenBeispielen demonstriert und in Aufgaben geubt: "Runde zur Hunderterzahl: 764.","Gerundet oder genau? Das Haus kostet 263000 DM." (S4 1987, S.20) Als Anwendungwerden Additions- und Subtraktionsaufgaben mit gerundeten groBen Zahlen durchgefuhrt,Das wird dann als Uberschlag bezeichnet (54 1987, S.24).Haufig finden sich Aufgaben, bei denen zuerst das Ergebnis uberschlagen und dannberechnet werden soll, teilweise auch in einer fiir die schriftliche Addition suggestiven

12 Erfahnmgen in nnserer kulturellen Gemeinsehaft sind ohne magiseheDeutung von Zahlen oftnieht moglich, denn den Symbolgehalt gewisser Zahlen kennen nieht nur Numerologen,Glucksspieler und Astrologen. Zahlen bedeutenuns etwas, unabhangig von ihrer quantitativenInterpretation: Jeder spurt die magiseheBedeutungder Zahl Sieben, z.B. beim siebenarmigenLeuehter, den sieben Raben oder den siebenPlagen; aueh noeh bei den sieben Woehentagen?

13 Fur die Gewichtung der einzelnen Themen im praktiseh erteilten Mathematikunterricht sindSchulbucher aueh heute noeh die am deutliehsten bestimmende Faktoren. (Vgl. Blankenagel1985, S.29/30.) Daher mochte ieh in diesem Absehnitt meine Bedenken gegen den ublichenUmgang mit unscharfen Zahlenangaben am Beispiel des in Hessen weit verbreiteten Sehulbuehs.Denken und Rechnen" darstellen. In den folgenden Absehnitten werden Zitate aus demSchulerbuchmit ,,8" und solche aus dem Lehrerhandbueh mit ,,1.," abgekurzt.

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Schreibweise. Bei der schriftlichen Division schlienlich wird das Uberschlagen zurBestimmung des Teilquotienten geiibt.Schatzen, Runden und Uberschlagen scheinen in dem untersuchten Schulbuch fur dasdritte und vierte Schuljahr einen hohen Stellenwert zu haben. Ich bezweifle jedoch, daB dieFahigkeiten zum Umgang mit unscharfen Zahlenangaben und zum intelligenten Rechnenausreichend gefordert werden:• Eine vom Arithmetikunterricht abgekoppelte Unterrichtseinheit zu Groben, in der mehr

oder minder willkurlich abgeschatzt werden soil, vermittelt kein dauerhaftes undvertrautes Verhaltnis zu unscharfen Zahlenangaben.

• "Schatze zuerst, messe dann": die Schatzung von Groben klingt eher unverbindlich undwird in ihrer Bedeutung nicht einsichtig gemacht. Aufgaben, in denen eine guteSchatzung als Ergebnis ausreicht, fehlen ganz.Ebenso vermitteln Autgaben. die mit der Anweisung: "Uberschlage zuerst, rechnedann" beginnen, den Eindruck, ungenaue Ergebnisse seien nur als Vorstufe oder zurUberprufung von scharfen Rechenergebnisse zulassig.Schatzfehler sollen durch Nachmessen entIarvt werden; Melifehler sind dagegen nichtthematisiert.

• Die Rundungsregel erscheint nicht als eine von mehreren Moglichkeiten, Zahlen zuvereinfachen. Sie ergibt sich nicht aus dem Zusammenhang der jeweiligen Aufgabe underscheint damit willkurlich."Uberschlagen ist Rechnen mit gerundeten Zahlen im Rahmen der Normalverfahren.Andere Moglichkeiten, die Plausibilitat des Ergebnisses zu prufen, werden nichtthematisiert, z.B. die Neunerprobe oder die Prufung der Endziffern."

• Das Uberschlagen wird auf eine algorithmische Fertigkeit verkurzt und wirkt damit insich widerspruchlich: Je mehr die Regeln festgelegt sind, desto unwahrscheinlicher istes, daB Vereinfachungen situationsangemessen vorgenommen werden, also vonSituation zu Situation unterschiedlich.

Schatzungen, Vorhersagen mit Hilfe statistischer Erhebungen, auch Naherungszahlen, z.B.aus Messungen oder der naherungsweisen Berechnung ideativ gewonnener Zahlen wie 7[

oder e, sind fester Bestandteil der Alltagsmathematik und des Unterrichts in derSekundarstufe. Es geschieht im Grundschulunterricht zu wenig, damit die KinderErfahrung und Gewandtheit im Umgang mit geschatzten Grcben, gerundeten Zahlen undiiberschlagenen Rechenergebnissen bekommen, (Vgl. B1ankenagel 1983.) .Berechne" heiBt

14 Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Als Ubung zum Umgang mit Tabellen sollen auf einerSchulbuchseite Hessens Schiilerzahlen berechnet werden. Die Werte sind einmal genauangegeben, einmal gerundet. Im Lehrerhandbuch findet man dazu den Hinweis: Dies dient derDifferenzierung.

15 Beim voIIenEinkaufswagen bietet sich diese Probe zur Kontrolle des Rechnungsbetrages an. Dadie Pfennigbetrage der Produktpreise meist auf 8 oder 9 enden, laBt sich die Differenz zumnachsten Zehner leicht bestimmen, Man sununiert diese Werte aufund bestimmt wiederum dieDifferenz zum nachsten Zehner, was die Einerstelle des Pfeunigbetrages ist. Die Probe bieteteinen gllten Anhaltspunkt fur die Richtigkeit des Rechnungsbetrages. Erst durch eine obereAbschatzung erfahrt man aber, ob man auch genugGeld dabei hat, um ihn zu begleichen ...

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in der Grundschule allzu oft: .Berechne in N und berechne abschlieBend genau!", dennRechenaufgaben werden bevorzugt, die schematisch und eindeutig losbar sind.

2.2 Unscharfe ZahlenangabenUnscharfe Zahlenangaben tragen dem Umstand Rechnung, daB gewisse Zahlenangabennicht genauer bestimmt Zll werden brauchen, konnen oder sollen." Sie deuten an, daf eineZahl aus einem Intervall mit changierenden Grenzen stammt, d.h. sie ist in einemgewissen, VOI11 Kontext bestinunten Rahmen variabel. Die GroBe des Intervalls ist entwederimplizit durch die Anzahl der signifikanten Ziffern oder explizit durch ein Fehlerintervallangegeben. .Llngenauigkeiten gibt es nicht erst beim Messen und bei der sovielstenDezimale hinter dem Komma. GroBe empirische Zahlen - auch ganze - sind in einemMaBe ungenau, das von ihrem Ursprung abhangt, und das die Situation gestattet."(Freudenthal 1985, S.8) Zahlenangaben sind also grundsatzlich abhangig von denzugrunde liegenden Annahmen, Schatzungen und Messungen.Der Umgang mit unscharfen Zahlenangaben ist uns im taglichen Leben vertraut, was sichan unserer Bevorzugung .runder" Zahlen zeigt: Ob "das Viertel mehr" beim Metzger oderder kleine Umweg mit dem Auto, stets haben wir ein Gefiihl dafur, wie genau dieZahlenangabe stinunen soil, ohne es explizit angeben zu mussen. .Ungefahr gleich" heihtnun mal in unterschiedlichen Grobenordnungen etwas anderes.Zahlenangaben sind unscharf relativ

zur Fahigkeit des Einzelnen, gesuchte Groben und Vergleichsgrclien gedanklich inBeziehung setzen zu konnen (Schatzen),zum Sachverhalt, tiber den sie etwas aussagen, und dessen expliziter oder impliziterGenauigkeitsanforderung (Einschatzen),

• Zll den Methoden, mit deren Hilfeeine Zahlenangabeermittelt wurde (Naherungswerte)undzu den Ausgangsgrolsen, aus denen sich eine abgeleitete GrOBe zusammensetzt(Uberschlagen).

Schatzen1m taglichen Leben mussen wir GroBen haufig auch auf quantitative Weise fassen: Lange,Zeit, Gewicht wollen wir genauer kennen, als nur tiber den unmittelbaren, sinnlichenEindruck. Qualitative Beziehungen werden oft durch quantitative Beziehungen besserbeschrieben, denn mit Zahlenangaben kann man leichter operieren als mit sinnlichenWahrnehmungen. Wer schon einmal seinen Garten umgegraben, sein Zimmer tapeziertoder mehrere Termine miteinander koordiniert hat, ist um Beispiele nicht verlegen."

16 Entgegen der ublichen Unterscheidung zwischen "genauen Zahlen" und "Naherungszahlen"(z.B. Laussennayer, 1991) verwende ich die Bezeichnung .unscharfe Zahlenangabe" umanzudeuten, daf damit nicht nur Naherungszahlen gemeint sind, sondem auch "ungenaueZahlen", die zum Zweck der leichteren Deutung, Interpretation und Merkfahigkeit vereinfachtsind.

17 Schone Beispiele finden sich bei Freudenthal (1978, S.2S I), auch bei Frenzel, Grund (1991)oder im Mathematik-Iehrcn-Heft "Naherungsrechnen" (Blankenagel 1990).

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Zum Schatzen braucht man klare Vorstellungen von Vergleichsgrolien, die gut erinnertwerden konnen, und sichere Methoden zum Vergleich." Man setzt die gesuchte GroBegedanklieh mit einer Vergleichsgrone in Beziehung,von der man eine klare Vorstellunghat. Daruberhinaus nutzt man funktionale Abhangigkeiten zwischen Grollenaus, indemman gegebenenfalls Kontexteund Grollenordnungen variiert. Abschatzenbedeutet auch:GrOBen vereinfachen, Bedingungen vernachlassigen, Beziehungen nutzen, Datenversuchsweise abwandeln, begrundeteSchluBfolgerungen ziehen.

EinschatzenWir schatzen, um Situationenbessereinschatzen zu konnen, Umgekehrt machen wir unsein Bildvon Situationen mitHilfe vonvorgegebenem Zahlenmaterial. Information gewinntmanjedochnichtalleindUTCh die Zahlenangaben, sondern durch die Interpretation dieserAngaben in bezug auf ihren Ursprung und den Kontext, aus dem sie stammen. Zahlenbedeuten uns etwas, wennwirdie Verhaltnisse kennen, aus denen sie stammen, oder wennwir sie in Bezug zu einem Kontextdenken (konnen),Wahrend man beimSchatzen einesinnlich gegebene GroBe quantifiziert, konstruiert manbeim Einschatzen einer Zahl eine kontextbezogene Vorstellung von ihrer GrOBe oderMenge. Als Vergleichsgroben dienen meist glatte Zahlen, denn sie konnen leichter erinnertwerden und fordern den Uberblick tiber BeziehungenzwischenZahlen, Fur groBe Zahlenkann die Entwicklung und Interpretation von Schaubildern und Diagrammen mitgeeigneten MaBeinheiten Vergleiche erleichtern. In solchen Schaubildernsind unscharfeZahlenangaben relativ zur gewahlten Einheit unumganglich. .Eine Grafik spricht nurscheinbar fur sich selbst; ihre sachgemahe Entschlusselung, das Verstehen ihrer'Botschaft' ist in hohem Mallean vorausgegangene Lernprozesse gebunden." (Heymann1996, zitiert nach: Fuhrer 1997a, S.122.)

NaherungswerteBeim Messen kontinuierlicher GrOBen, wie Lange, Zeit oder Gewicht, kann man eineunbekannte GrOBe dUTCh Zahlenangaben nur annahern. Wirklich genau kennt man dieAusdehnung von meBbaren GrOBen nie. .Das ist der Unterschiedzwischen dem Zahlenund Messen: Was genauer erscheint, konnte schlieBlich wieder ein Zweifelsfall sein."(Freudenthal 1985, S.7.) DiedUTCh Messung erhaltene Zahl ist immer ein Naherungswert,der einen Anhaltspunkt gibt, welchem Intervall die wahre GrOBe angehort. Oft geben wiruns auchbewuBt mit Naherungszahlen zufrieden, z.B. wenn eine genauere Angabe relativzum Sachzusammenhang unnotig viel Zeit in Anspruch nehmen wurde, wie bei derEnrfemungsbestinunung mitHilfeeiner Landkarte. Auchbei diskreten Mengen, die niehteinfach abgezahlt werden konnen, bedienenwir uns Naherungszahlen, man denke z.B. anstatistische Erhebungen.

18 Jeder weiB, daf die Schatzaufgabe umso schwerer ist, je weniger die Grolien gegenstandlichgegeben sind. Daher wird in der Grundschule dem Finden korpereigener Vergleichsgrolien z.B.in der Unterrichtseinheitzu Langen groBeBedeutung beigemessen. Reprasentanten am eigenenKerper sind inuner gegenwartig und werden gut erinnert. Die Gefahr bei einer Beschrankungdarauf ist, daf die beim Kind dominierende egozentrische Sichtweise gestiitzt wird undkorpereigene Vergleichsgrofen auch in solchen Fallen herangezogen werden, wo sie ungeeignetsind.

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Das Einordncn und Deuten von Nahcrungszahlen fordert zurn Argurnentieren heraus:Welche Intervallgrenzen sind relativ zur Fragestellung genau genug? Wie genau konnenoder sollen die Ausgangsgronen relativ ZlJ der Frage lind den vorhandenen Moglichkeitenbestimmt werden? Ist die beuotigte Genauigkeit dcr Angabe mit den zugrunde liegendenMeBverfahrcn zu erreichen? Welchen Fehler hat eine abgeleitete GroBe aufgrund diesesNaherungswertes? Welche Genauigkcit ist sinnvoll? Welche fragwiirdig? IQ

UberschlagenOft ist es wichtiger, ungefahrc Ergebnisse von Rcchenaufgaben schnell und sicher im Kopfzu ubcrschlagcn. als exakte Ergebnisse auf muhsamem, umstandlichem Wege zu ennittcln.In solchen Fallen braucht man flexible Rechenstrategien, denn der Kontext entscheidetdaruber. wie welt der Uberschlag vom exaktcn Rechenergebnis abweichen kann: 1st eineobere oder eine untere Abschatzung wichtig? Welche Ziffern sollen bedeutsam sein? Inwelchen. durch die Sachsituation vorgegebenen. obcren und unteren Schranken liegt dasErgebnis? Wie sind die Zahlcn zu runden, damit man gut mit ihnen rechnen kann (cinewichtige Frage bei dcr Division)?Uberschlagsrechnungen sind ein AnlaB, Beziehungen zwischen Zahlen, Wirkungen vonRelationen und Operationen auf Zahlen zu untersuchen. Man gewinnt Erfahrung imUmgang mit unscharfen Zahlcnangaben und Rechengesetzen, indem man die Effektedarstellt, die durch bestimmtc Vereinfachungen von Aufgaben bewirkt werden." SolcheErfahrungen konnen langfristig intuitive Einschatzung iiber die Fehlerfortpflanzungermoglichen. Daruber hinaus konnen sie das Finden geschickter Strategien fur "genaue"Rechenergebnisse erleichtcrn,

2.3 Intelligcntcs RechnenWer mit unseharfen Zahlenangaben rechnet, muB mehr konnen als das Abspulen eineseingeiibten Algoritlunus. Intelligent zu rechnen bedeutet, sowohl den Saehverhalt, als auehgeeignete innermathematische Zusammenhange bei der Reehnung berucksichtigen.Einerseits gibt es kein wichtiges lebensweltliches Problem, das als mathematischesProblem vollstandig losbar ware. Andererseits bildet eine exakte mathematisehe Theorienur das Gerust fur eine gute Naherung oder Abschatzung des Ergebnisses. .Rechneintelligent" soil im Einzelnen heiBen:

Rechne nicht genauer als im Sachzusammenhang notig,sue he Abkiirzungen und nutze Rechenvorteile,

19 Dcr Kontext gibt oft auch Hinweise darauf, daf man Zahlenangaben nicht ohne weiteres trauensollte. Freudenthal (1985, S.9-11) hat einige Beispiele unter dem Motto .TrugerischeGcnauigkeiten' zusammengestellt.

zo Es konnten clementare Betrachtungen zur Fehlerfortpflanzung angeschlossen werden: Soli derUberschlag moglichst nahe am Rechenergebnis Iiegen, so milssen die Ausgangsdaten"ausgcwogcn" gerundct werden. Das bedeutet z.B. fur die Addition: Was an einer Stelleabgezogen wurdc, sollte an einer anderen Stelle aufgefUllt werden ("gegcnHiufig runden"). Mankonnte auch uberlegen, wie em zunachstgrober Uberschlag schrittweise verfeinert werden kann.Die sichere Beherrschung der Rechengesetze, insbesondere des Distributivgesetzes, ist dazunotwendig, Winter (1983, S.21f) stellt dar, wie solche Aufgaben im Rahmen von Sachaufgabenentwickelt werden konnen.

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• wahle die Methoden passend zum Problem,beherrsche das, was Du tust, gedanklich wie sprachlich,setze Standardtechniken bedarfsgerecht ein,

• kontrolliere jeden Schritt.Am Umgang mit unscharfen Zahlenangaben wird deutlich: Genaues Rechnen entbindetnicht von der Verpflichtung, tiber Voraussetzungen und ErgebnisinterpretationRechenschaft ablegen zu mussen, Rechne so vie! und genau wie Du willst, glaube aber bloBnicht. Dein Resultat hatte ohne Deine Erlauterung irgendeine nennenswerte BedeutungauBerhalb der Mathematik oder Schule. Wie GauB es treffend formulierte: "Mangel anmathematischer Bildung gibt sich durch nichts so auffallend zu erkennen wie durchmaBlose Scharfe im Zahlenrechnen." Nur mathematischer Analphabetismus halt scharfeZahlenangaben als soIche fur objektive Fakten und laBt sich durch prazise Angabenblenden. Dadurch fordert er Leichtglaubigkeit, hemmt gesunde Skepsis und nimmtMenschen die Sensibilitat fur wirkliche Unwagbarkeiten." Der Umgang mit unscharfenZahlenangaben sollte daher von der Grundschule an zur festen Gewohnheit gemachtwerden. Wenn Quantifizierungen Kindem helfen sollen, Situationen zu verstehen undeinzuschatzen, mussen sie lernen, Rechenmethoden passend zu Kontexten selbst zuentwickeln, zweckmaBig anzuwenden und zu interpretieren. Verbindliche Regeln undVorschriften stellen nur Schablonen dar, die den verstandigen Umgang mit Zahlenunterstutzen, aber nie ersetzen konnen,Eine bessere Vorbereitung auf Naherungs- und Fehlerrechnungen in der Sekundarstufeware moglich, wenn das Rechnen mit unscharfen Zahlenangaben nicht nur beimUberprufen von Rechenaufgaben, sondern auch in Sachaufgaben praktiziert wiirde. EinFacherubergriff, z.B. zu Kunst, Sachunterricht oder Sport, kann bei soIchen Themen­bereichen fruchtbar sein, in denen meBbare Gronen vorkommen. Der Umgang mitunscharfen Zahlenangaben und intelligentes Rechnen sollte nicht auf einzelne, isolierteThemenkreise beschrankt bleiben, sondern den gesamten Rechenunterricht pragen. AmBeispiel des schriftlichen Rechnens mochte ich konkretisieren, was diese Forderungen furdie Auswahl der Rechenverfahren bedeuten kann.

3. Robuste Verfahren fiir das schriftliche Rechnen"

3.1 Bedingungen fUr die Herausbildung unserer NormalverfahrenDie heute vorgeschriebenen Normalverfahren fur das schriftliche Rechnen haben einelange historische Entwicklung hinter sich. Der Selektionsdruck, der ihre heutigeinternationale Artenvielfalt hervorbrachte, bestand vornehmlich aus drei Bedingungen:Wenn uberhaupt schriftlich gerechnet wurde, dann sollte so genau wie moglich gerechnetwerden. Ursprunglich galt dies VOT allem im Kaufmannischen und in einigen wenigenPrazisionsanwendungsbereichen, z.B. der Astronomie. Daruber hinaus wurden in allenAnwendungsbereichen des schriftlichen Rechnens derartige Rechnungen sofort in

21 Paulos (1990, 8.169) bezeichnet solche Menschen trefTend als .zahlenblind", weil sie dieEinsicht, die ihnen die errechnete Zahlenangabe ermoglicht, nicht wahrnelunen.

22 Dieser Abschnitt ist eine erweiterte Fassung von Scharloth 1998.

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Reinschrift durchgefuhrt, Aus diesem Grund waren Platzerspamis und standardisierteSorgfaItwichtig. Bis ins letzte Jahrhundert gab es nur einige Auserwahlte, die derartigeRechnungen haufigerbewaltigenmuliten. Hue sozialeStellung und Professionalisierungsorgten dafur, daf sie zwei- und mehrstellige Additionen und die VerwaItung vonUbertragen im Kopfoder halbschriftlich zuverlassig durchfuhren konnten.Heute lernen aile Kinder in der dritten und vierten Klasse mit viel Muhe und groBemZeitaufwand die landestypischen Normalverfahren zum schriftlichenRechnen. In der Tat,unsere Normalverfahren sind etwas Besonderes: Sie reduzieren die Notwendigkeit zuminhaltlichen Denken aufein Minimum, so daB allein auf der syntaktischen Ebene hantiertzu werden braucht und Fehler bloB in elementaren Rechenoperationen auftreten. OhneUmwege, mit minimalem Schreibaufwand, schnell und ohne nachzudenken konnen wirmit ihrer Hilfevollstandige, prazise Rechenresultate ermitteln..Wahrscheinlich hattenichts in der heutigen Welt einen griechischenMathematiker mehrin Staunen versetzt, als zu vernehmen, daf unter dem Einfluf eines obligatorischenUnterrichts ein groBer Teil der Bevolkerung des westlichen Europa die Operationen derMuItiplikation und Division selbst fur die grolnen Zahlen durchfiihren kann. DieseTatsache wurde ihm als eine reine Unmoglichkeit erschienen sein " (Whitehead 1958,S.34) Noeh iiberraschter waredieser griechische Mathematiker wohl daruber, daB wir dieseFertigkeit immer weniger brauchen: Nur in wenigen Berufen kommen einfacheStrichrechenarten in der Weise vor, d<ill regelmaliig schriftlichgerechnetwerden muste,wie beim Kellner im Gartenlokal.

3.2 Normalverfahren heuteDa die meisten Mensehen nur noeh im Notfall sehriftlich reehnen, sind sie langsam,ungeiibt und unsicher. Wer prazise und schnell rechnen muh, benutzt entsprechendeGerate. Siearbeitenvielfach schneller und zuverlassiger als der Mensch. Die raffiniertenNormalverfahren sindzwarErwachsenen beider Addition, Subtraktion und (vielleicht)derMuItiplikation noch gelaufig, konnen inhaltlichjedoch selten erklart oder rekonstruiertwerden. Die Division mit Kommazahlen oder mehrstelligen Nennem beherrschenErwachsene nur selten. Platzersparnis und Okonomisierung spielt insofem keine Rollemehr, als Papierin beliebigen Mengen vorhanden ist. 1mHinblick aufunsere alltaglichenErfordernisse haben unsere Normalverfahren inzwischen sogar gravierende Nachteile:• Die Normalverfahren beriicksichtigen zu wenig dieZunahme der Fehleranfalligkeit mit

zunehmender Enniidung: Sie arbeiten wegen der Ubertragsverwaltung bei denStrichrechenarten von .Jrinten" nach .vome". Das bedeutet: Je langer manrechnet,umso wichtiger sind richtige Teilergebnisse, jedoch werden auch die Fehler wahr­scheinlicher.

• Sicheres Kopfrechnen, z.B. das kleine Einspluseins oderEinmaleins, sind Bedingungfur die fehlerlose Durchfiihrung der Nonnalverfahren. Viele Kinder sind jedochhinsiehtlich des Behaltens der Zwischenergebnisse und der Gewandtheit im Kopf­rechnen iiberfordert, wie zahlloseFehlerstatistiken belegen (z.B. Padberg 1992).

• Die strukturellen Hintergriinde (z.B. Grobenordnung der Zehnerpotenz, Dis­tributivgesetz) der Verfahren werden vergessen, sobald der staatlich verordneteSchematismus automatisiert ist. Besonders die Algorithmen zur MuItiplikation und

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Zur propadeutiscnen Funktion des Arithmetikunterrichts 101

Division behandeln Zahlen wie Ziffernketten und fordern damit kein gewohnheits­mahiges Uberschlagen des Ergebnisses.

• Die Normalverfahren erlauben keinen vorzeitigen Abbruch, um ein Ergebnisabschatzen zu konnen. Abschatzen und Uberschlagen werden heute in der Anwender­praxis jedoeh vornehmlich gebraucht. Die wenigsten konnen einschatzen, wie sich diedureh Rundung in Kauf genommenen Fehler auf das Resultat auswirken.Unsere raschen, gesehiekten schriftlichen Rechenverfahren fordern die mechanische,schematisehe und gedankenlose Behandlung von Reehenaufgaben zu reinen Selbst­oder Priifungszwecken. Reehenergebnisse werden grundsatzlich, d.h. unabhangig vomjeweiligen Kontext, vollstandig bestimmt und die Freude an der Beherrschung der,mechanisehen Aktivitat kann das Interesse am Ergebnis ersetzen.

3.3 Vorschlag fiir eine Neuorientierung1m Reehenunterrieht der Grundsehule hat sehriftliehes Reehnen heute einen anderenStellenwert als fruher: Die Schuler lernen nur noeh die Prinzipien der Rechenverfahrenan einfachen Aufgaben, und auf Geschwindigkeit und Gewandtheit beim Rechnen wird zureeht kein Wert mehr gelegt. Vielen GrundschuIdidaktikern ist das nicht genug: Siefordem die Abschaffung von Normalverfahren (Bedurftig, Kopsell 1996), andere treten furdie starkere Berucksichtigung halbschriftlicher Strategien ein (Krauthausen 1993). MeinerAnsicht nach gibt es auch heute noeh gute Grunde, fur eine weitgehende Standardisierungder Verfahren beim schriftlichen Rechnen einzutreten, denn sie entlasten das Denken,verhindem die Gewohnung an ungesehickte ad hoe-Methoden, stellen Orientierungspunktefur schwachere Schuler dar und konnen einen Ansatzpunkt fur die gemeinsameunterrichtliehe Kommunikation bieten. (VgL Bauer 1998.)Ich mochte daher einen Weg vorschlagen, der einerseits die Vorteile von standardisiertenVerfahren filr sich in Anspruch nimmt, sie andererseits aber mit den Tugenden desintelligenten Rechnens verbindet. Eine Grundregel der angewandten Mathematik heiBt:Rechne nieht genauer als notig und kontrolliere den Fehler; nehme Felder in Kauf undkorrigiere sie bedarfsweise. Mein Vorsehlag ist, unsere Normalverfahren durchstandardisierte halbsehriftliche Verfahren" zu ersetzen, denn Kinder brauchen heuteReehenverfahren fur den taglichen Gebraueh: Sie sollen am Uberschlagsrechnen orientiert

2) Weicht man damit nicht den AlgoritiunusbegritT aut: den man an dieser Stelle fur dieSekundarstufe vorbereiten konnte? Sicherlich sind im Mathematikunterricht der Grundschulekeine Algoritlunen anzustreben, die fur eine maschinelle Benutzung geeignet waren, denn diesewurden nur auf der syntaktischen Oberflache vollstandig Ziffern und Zeichen auflisten, ohnejedoch inhaltliche Appelle zu enthalten. (Daruber hinaus: fur welche Maschine und welcheComputersprache solien die Algoritiuuen taugen?) Anzustreben ist vielmehr ein"halbalgoritiunisches" Vorgehen, das in einer Verbindung von inhaltlieh und begriffiiehenElementen besteht und die Vorteile der formalen Handhabung mit der Einsieht verbindet. Winter(1991, S,57) weist daraufhin, daf es ern didaktisches Problem ist, die reehte Art der Verbindungzu finden. Uberlassen wir die Erarbeitung des .wahren" Algorithrnusbegriffes also lieber derInfonnatik und fassen unter einem Algoritlunus eine festgelegte Schrittfolge mit einerAbbmchbedinguug aut: oder (an der historische Verwendung von ,,Algoritlunus" ankniipfend)das Rechnen mit arabischen Ziffern.

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sein und es nebenbei trainieren, durchschaubare Strategien durch vielfache Anwendungverinnerlichen und selbstandige Variationen und Verkiirzungen zulassen.

3.4 Beispiele fiir robuste RechenverfahrenDie folgenden Verfahrensbeispiele sollen illustrieren, was ich unter robusten Rechen­verfahren verstehen mochte. Sie sind keine Neuerfindungen, sondem werden teilweise alsVorformen zu den landesublichen Standardverfahren im Ausland empfohlen oder inRechenbiichem aus dem 14. und 15. Jahrhundert erwahnt. Als methodische Vorstufen zuden Normalverfahren werden sie auch heute teilweise in den Schulbiichem behandelt.Bedarfsweise und individuell mehr oder minder rasch konnen sie zu den.Normalverfahrenausgebaut werden. Ich halte diese Vorstufen allerdings fur erheblich nutzlicher undlehrreicher als die Normalverfahren selbst, weil sie

• die entscheidenden mathematischen Hintergrunde (Zehnerpotenz der Ziffem,Distributivgesetz) bewuht halten.

• "Uber-" und .Untertrage" als "Nachtrage" behandeln, d.h. die Ubersetzung in dieubliche Positionsschreibweise geschieht erst nachtraglich,

• aufjeder gewiinschten Genauigkeitsstufe abbruchfahig sind und das einfache Ablesendes Maximalfehlers ermoglichen (Schatzhilfe),

• offen lassen, ob man .vorne oder .Jiinten" anfangt; hinten fangt nur an, wer ganzgenau rechnen will, nicht mude ist und gut Kopfrechnen mit Ubertragen kann.

• numerisch und psychologisch robust sind, indem sie das Hauptaugenmerk auf dieentscheidenden Zehnerpotenzen richten und Strategien statt optimierter Algorithmenbetonen.

Schriftlich addieren - " Ubertrage als Nachtrage"Die Rechnung beginnt amhochsten Stellenwert, die Uber-

7 5" 8 s .9 I trage werden nachtraglich aus-+ 5" s 8 Igeglichen. Wegen des Schreib-aufwandes ist es vorteilhaft,

7 (10) (II) (II) (10) o:f'M",ult? von rechts nach links zu rech-6' 0 (II) (II) (10) o:f'MIf({~? nen und die Ubertrage im Kopf6' I I (II) (10) zu verarbeiten.

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C'9iZl~?

01M~?

8

8

.91

(.9-1)

8

38

83

(8-3) (3-8)

5 (-o)Ii (10-0)

Ii 5ooo

55

(5-5)

7

7

7

7

7

Schriftlich subtrahieren - " Ober- und Untertrage als Nachtrage"Die Differenz wird zunachstals Differenz der Ziffem (a, ­bi) geschrieben und anschlie­Bend schrittweise von vom(oder von hinten) "normali­siert". Das Entbiindeln desnachsthoheren Stellenwerteswird zum Ausgleichen der.Untertrage" bewuBt angewen­del.

3

10°5

to

7'5'leI

s-s-ro'+rs-ro'5·,No'+8'5'10'

8·8'10"

8

1(/

5

10'

(JI/'o/~Jl (fa)./K~N~'te (f ff)..P/Jn'tte (fd):(;'Ife~ (f0")..

7

rd

Schriftlich multiplizieren in stellengerechter ReihenfolgeI I Jede Ziffer legt mit jeder aus

der anderen Zahl ihr Gewicht(Stellenwert) zusammen." Willman richtig einschatzen, wel­chen Einfluf die Teilprodukteauf das Ergebnis haben, sosolite man sie entsprechendihrer Stellenwerte iibersichtIichanordnen. Die Normalisierungerfolgt nachtraglich und kannbei jeder gewiinschten Genau­igkeit abgebrochen werden. 24

Schriftlich dividieren mit fortgesetzter SubtraktionDie Division kann als fortge­setzte Subtraktion aufgefaBtwerden, wobei eine gewisseFreiheit in der Schrittfolgemoglich ist. Aus Sicherheits­griinden konnte man z.B. dieagyptische Variante empfehlen,die mit fortgesetzter Verdopp­lung und Verzehnfachung bei

(la;d<f';';'t?l~4k: 5381076'

2152

1i301i

1076'00

,'1I.9,'J

758,'J.93 : 538=1000+200+200+(51.93:5.'18)

,'138000

220,'J.93

24 Aus didaktischer Sicht galt die indisch-arabische Gelosia-Methode der schriftlichenMultiplikation langeals optimal. (Vgl. Troptke 1980,S.214.) Sie wurde z.B. unter anderem von1. Napier ("Nepersche Streifen") und von M. Montessori ("Multiplikationsbrett") mitweltweitem Erfolg ausgebaut. DaB sie nicht zum Normalverfahren avancierte, erklart Smith(1953, 8.115) damit, daf das Zeichnen der Matrix zu schwer war.

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Gelegenheit auskommt." Gutes Schatzen des Teildividenden - wie beim herkommlichenNormalverfahren - wird nicht mehr verlangt, erhoht jedoch die Bequemlichkeit, weir esden Schreibaufwand reduziert.

4. Friihzeitige Begegnung mit verschiedenen Variablenaspekten

4.1 Kastchen im Gnmdschulunterricht"Meine Lieblingszahl ist kleiner als 7." Die Erstklasslerin schaut herausfordernd in dieRunde. Zaghaft Meldungen: "HeiBt die Zahl 21", "Oder 41" Die Fragerin nickt zufrieden."Meine Zahl ist... T' Die gesuchte Zahl wird durch eine Eigenschaft umschrieben, die sienicht eindeutig festlegt. Die Kinder konnen durch systematisches Fragen nur den Bereichimmer enger eingrenzen, in dem sie zu finden ist.In Schulbiichern werden haufig ahnliche Aufgaben mit Hilfe von Kastchen notiert:1. ,,5+2=0". Die Zahl ist gesucht, welche das Ergebnis der Addition zweier gegebener

Zahlen ist.2. ,,3+0=8". Hier kann man die gesuchte Zahl nicht direkt bestimmen. Entweder man rat

eine Zahl und probiert, oder lost die zugehorige Subtraktionsaufgabe.3. ,,0<4". Bei dieser Aufgabe sind mehrere Losungen moglich. Wei! in das Kastchen aber

nur eine Zahl palst, wiederholen Schulbuchautoren oft die Aufgabe entsprechend derAnzahl der moglichen Losungen.

4. ,,7=0+0". Das Kastchen ist nicht mehr Symbol fur einen bestimmten gesuchtenZahlenwert.

5. ,,03028-20520=52101". Das Kastchen stehtjetzt fur Ziffern, die in den Zahlen"ausgel6scht" sind.

Die Kastchen stehen offenbar nicht einheitlich fur eine oder mehrere unbekannte Zahlen,sondern als Symbol fur Fehlendes, vom Schulbuchautor Weggelassenes, das der Schuleraus Ubungszwecken erganzen solI. Sie sind lediglich als Aufforderung zu verstehen, einenunfertigen Rechensatz zu erganzen. Mit solchen Kastchen kann man nicht rechnen, mitNamen wie .Ratemal" oder .Habichvergessen" ginge es (vgl. Computerprogramme in sog..Hocbsprachen").

4.2 Variable in der SekundarstufePragnanz, Prazision und Okonomie in der Ausdrucksweise zeichnet wohl die Mathematikaus. Die algebraische Formelsprache ist eine auf Konventionen beruhende Sprache, diewegen ihrer Bedeutung innerhalb der Mathematik und ihren Anwendungsbereichen jederErwachsene kennenlernen sollte. In der Gleichungslehre, in der Geometrie, beiFunktionen, aber auch in den Naturwissenschaften, speziell der Physik und Chemie, in denWirtschaftswissenschaften, in Handwerk und Technik ist sie unentbehrlich. Wollen wirAussagen uber allgemeingiiltig Dinge machen, so fuhren wir anstelle bestimmter ZahlenVariable ein (z.B. Vogel haben Fliigel). Diese Ausdrucksweise ermoglicht cs, Aussageniiber sehr viele, sogar unendlich viele Falle zu machen. Der Umgang mit Variablen gehortdaher im Mathematikunterricht der Sekundarstufe in allen Schulfonnen zum Wichtigsten.

25 In der Tiirkei ist dieses Subtraktionsverfahren zur Vorbereitung der dortigen Endfonnvorgeschrieben. (Vgl. Padberg 1992,8.256 f)

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Das Erlernen des Umgangs mit Variablen ist ein langfristiger LernprozeB, der sieh tiberdie gauze Sehulzeit hinzieht. Ausgehend von einer ersten Begegnung mit .Kastchen" imAnfangsunterricht der Grundschule, tauehen untersehiedliehe Variablenaspekte immerwieder auf. Im wesentIichen unterscheidet man .Unbekannte" in Bestimmungs­gleichungen, .Veranderliche" in Funktionsgleiehungen und "allgemeine Zahlen" inFormeln. Daneben gibt es gelegentlieh aueh .Formvariable", "Parameter" u.v.a. (vgl.Malle 1993, Vollrath 1994). Haufig lassen sieh die Deutungen nieht klar gegeneinanderabgrenzen: In demselben Themenbereieh kommen mitunter versehiedene Aspekte (fast)gleiehzeitig VOr.

26

Der Umgang mit Variablen ist fur viele Mensehen gewohnungsbedurftig. Durehvielfaltigen, fruhzeitigen und regelmahigen Gebraueh von Variablen beim Umgang mitZahlen und Grohen lemen Kinder ihre Verwendungsmoglichkeiten kennen und entwickelnein zuverlassiges Gebrauehsverstehen. Didaktiseh ist daher zu berucksichtigen, daB dieVorstellung von Variablen eng verbunden ist mit der physikalischen, sozialen undgeistigen Welt. (Vgl. Freudenthal 1983a, S.461-490). Dieses eher intuitive Gebrauehsver­stehen kann spater aufgegriffen, systematisiert, differenziert, reflektiert und erweitertwerden.

4.3 Gelegenheiten fiir den Umgang mit Variablen in der GrundschuleIn den folgenden Absehnitten mochte ich einige Gelegenheiten fur den Gebraueh vonVariablen in der Grundschule hervorheben. Das kann in einem so stark bearbeiteten Gebietnur exemplariseh und ohne Ansprueh auf Vollstandigkeit oder Originalitat geschehen."Ich werde mieh daher auffolgende Aspekte beschranken:

Mehrere Losungen• Eine gemeinsame Vereinbarung fur mehrere ahnliche Situationen treffen• Reehenregeln besehreiben und begrunden• Aufgabensequenzen naeh dem operativen Prinzip gestalten

26 Wolff (1976) analysiert den Begriff der Variablen im Kontext der Gleichungslehre. Erbeschreibt, wie Schuler mit Variablen arbeiten und welche Vorstellungen sie moglicherweisedabei bilden. Es wird klar, daB in diesem Bereich viele verschiedene Deutungen von Variablenauftreten, die stark ineinander verwoben sind. FUr unser behandeltes Thema ist eine solehdifferenzierte Analyse unterschiedlicher Variablenaspekte entbehrlich, da es hier nicht urnsystematischeVermittlung und vollstandige Behandlung geht, sondem urn Moglichkeiten einerErstbegegnung.

27 Aus der Vielzahl der Veroffentlichungen seien die Untersuchungen von Davidov (vgl.Freudenthal 1986) genannt, die belegen, daB das Buchstabenrechnen bis zu einem gewissenGrad vor dem Zahlenrechnenbetrieben werden kann. Die Vorschlage von Vollrath (1994, S.92­98) und Malle (1993) gehen davon aus, daB das Lemen von Algebra notwendig inunterschiedlichen Phasen verlauft, Es beginnt mit dem intuitiven Gebrauch von Variablen, z.B.in der Sprache, und fuhrt zu einem immer bewuBteren Umgang mit ihnen.

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Mehrere Losungen"Meine Lieblingszahl ist kleiner als 7." - ,,298+ <303."Die Variable steht in diesen Beispielen stellvertretend fur mehrere mogliche Losungen.Wie im Eingangsbeispiel konnen Losungsgesamtheiten durch explizite Angabecharakteristischer Eigenschaften, in diesem Fall "kleiner als 7", eingegrenzt werden.Aufgaben, wie ,,298+0<303.", weichen den Konkretionsgrad der Mengenbeschreibungauf. Die Losungsmenge ist implizit angegeben und kann durch Rechnung in Stan­dardformeln uberfuhrt werden. Buchstaben oder Marken, wie 0, .. oder ., konnen alsBezeichnungshilfe zur Angabe der Losungen fungieren, z.B. .Das ist richtig, wenn manins Karo 0,1,2,3 oder 4 schreibt. Sonst wird es falsch."Nicht nur bei arithmetischen Problemstellungen ist der Umgang mit mehreren Losungennotwendig. Systematisches Einschachteln der Losungsmoglichkeiten erhellt oft dieProblemstellung und hi1ft bei Denksportaufgaben. Auch der Losung von Sachaufgabenwird ein hinreichend genaues Losungsintervall, das den Kontext der Aufgabe berucksich­tigt, eher gerecht als eine .Losungszahl": Man wird im allgemeinen nicht davon ausgehen,daB der Fahrradfahrer Klaus, der 3 Kilometer gewohnlich in 10 Minuten zurucklegt, aneinem 6 Kilometer entfernten Ziel genau nach 20 Minuten ankommt.

Eine gemeinsame Vereinbarung fur mehrere ahnliche Situationen treffen.Fur jeden Zentimeter, den Dein Frosch hupft, bekommst Du funf Punkte."Spielregeln klassifizieren Spielsituationen so, daB sie einheitlich beschrieben werdenkonnen. Dazu bedienen sie sich der typisch mathematischen Wenn-dann-Fonn. In demBeispiel ist in jedem Spielabschnitt die Wortvariable "Zentimeter" durch die im Spielerreichte MaBzahl zu ersetzen, und damit liillt sich nach der Spielregel die Punktzahlberechnen.Kinder konnen neue Spielregeln fur solche Hupfspiele selbst erfinden und fonnulieren.Durch Anwendung auf vorhandene Hupfergebnisse konnen sie untersuchen, wie sich dieneuen Vereinbarungen auf das Spielergebnis auswirken: Wer gewinnt, wenn jederZentimeter mit nur einem Punktbewertet wird? Wer gewinnt nach funf Runden, wenn derSieger bei jeder Runde 50 Punkte extra bekommt? Was ware, wenn jeder, dessen Froschtiber 50 Zentimeter hupft, 20 Punkte extra bekommt? Oder jeder Zentimeter tiber 40Zentimeter mit 10 Punkten bewertet wurde? Die neu errechneten Punktestande konnenmiteinander verglichen werden: Die Punktzahlen haben sich verandert, manchmal auchdie Gewinner und Verlierer. Wie kommt das? Regeln verstecken Pramissen: ObRisikobereitschaft oder gleichmaliig gute Hupfergebnisse besonders honoriert werden, inWirklichkeit ist dies eine Entscheidung, die vor der Fonnulierung der Regeln getroffenwird.Variable sind in diesem Beispiel in doppelter Weise hilfreich: Einerseits erleichtern sie dieBeschreibung der Situation, andererseits schulen sie die Fahigkeit, den Zusammenhangzwischen Intention und getroffener Regelung zu erahnen. Wer erlautert, wie er dieverschiedenen EinfluBfaktorenbei der Fonnulierung der Regeln einzukalkulieren versucht,ubt sich zwangslaufig im Umgang mit Variablen. Darnber hinaus wird der Funktions­begriffvorbereitet, denn solche Spielregeln lassen sich auch als mathematische Funktiondeuten.

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Rechenrege/n beschreiben und begriinden.Jch rechne 8+2 statt 2+8, denn das ist viel leichter."Naturlich ist das allgemeiner gemeint, pars pro toto sozusagen. Aber was meint eseigentlich? Wer antwortet, benutzt automatisch Variable. In der Grundschule sollen dieKinder solche intuitiv erkannten Rechengesetze nicht vorwegnehmend mit Hilfe vonVariablen prazisieren oder gar systematisieren, wohl aber anwenden konnen. DieEntdeckung von Rechengesetzenerleichtertdie Losung vieler Aufgaben, denn Rechenwegekonnen vereinheitlicht und Strategien umfassender beschrieben werden.Das Fonnulieren von Rechengesetzen entspringt dem Bedurfnis, verschiedene Infonnatio­nen gleichzeitig zu erfassen, zu strukturieren und miteinander in Beziehung zu setzen,damit sie uberschaubarer werden. Durch .Jokales Ordnen" (Freudenthal) konnen geeigneteStrukturierungsbegriffe entwickelt werden, die helfen, Informationsvielfalt zu verringernund Denkvennogen zu steigem. In der Gnmdschule kann die Fonnulierung der Regeln mitWortvariablen nur in Bezug zu dem Inhalt vorgenommen werden, an dem sie entdecktwurden. Sie muf inhaltlich ausgefullt, oder zumindest ausfiillbar, sein und den Bezug zumKontextimmer deutlich halten. Andererseits fordert der Versuch, vermutete Regelmahig­keiten sorgfaltig zu formulieren und zu begrunden, strukturierendes Er-Kennen,hypothetisches Hinein-Kennen.

Aufgabensequenzen nach dem operativen Prinzip gestalten,,2+5=0; 3+6=0:4+7=0." - "Die Ergebnisse immer um 5 vergrobern."Fur Grundschulkinder sind die Aufgabenlosungen haufig an die besondere Situationgebunden, in der sie gefunden wurden. Arbeiten sie jedoch einige Aufgaben mitsystematischen Variationen in einer Folge durch, so entdecken sie bald "Tricks", die dieLosung erleichtern: Hat man das Ergebnis einer Aufgabe, so lassen sich die Ergebnisseanderer Aufgaben daraus ableiten, ohne jedesmal neu zu rechnen." An Ornamenten oderverborgenen Mustern finden Kinder solche Zusammenhange zuerst; ihre Neugier wirdgeweckt. Nach einiger Ubung suchen sie bewuht Regelmahigkeiten und bringen auch dieAufgabeneiner Aufgabensequenz untereinander in Zusammenhang. Hilft Dir die Losungeiner Aufgabe fur die nachfolgenden? Nach welchem "Trick" sind die Aufgabenzusammengestellt? Woran hast Du die Strategie erkannt? Nicht nur das Ergebnis einerAufgabe interessiert, sondem wie es sich bei gewissen Datenvariationen verandert. Die Lo­sungen werden aufeinander bezogen, und schlielslich werden die Beziehungen zwischenden Anfgaben selbst zum untersuchten Gegenstand. Das ist nicht nur als Losungshilfenutzlich, sondern es regt die Entdeckerfreude an und weitet den Blick.

28 Auch in manchen Texten aus babylonischen Schreiberschulen findet man systematischeAufgabenvariationen, die darauf hindeuten, daf die Babylonier die Grundideen, logischenZusammenhange und vielleicht auch die heuristische Bedeutung der Verfahren durchschaut undmcglicherweise sogar mundlich erlautert haben. Diese Strategien haben leider keinenschriftlichen Ausdruck gefunden. (Vgl. Fuhrer 1997b, S.15.)

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SelbstandigesErfinden von Aufgabensequenzen motiviert zu weiteren Untersuchungen:"Welche Auswirkungen hat es auf die Sequenz, wenn ein bestimmter Wert verandert wird?Wie kannst Du die Aufgaben abwandeln, damit die Sequenz bestimmte andere Eigen­schaften erhalt? Wie wirkt es sich auf konkrete Aufgaben oder Aufgabensequenzen aus,wenn Operationszeichen ausgetauscht werden? Variable sind hier nicht nur Symbol fureine bestinunte Zahl oder GroBe, sondern auch fur etwas, das als beweglieh angenommenoder vorgestellt werden kann. Sie reprasentieren ein ganzes Intervall, das systematischoder auch zufallig durchlaufen werden kann. Bei der Betrachtung eines einzelnen Fallestreten auch Unbekannte auf; sie sind hier aber nur Spezialfalle, die in die Betrachtungeiner veranderlichen GroBeeingebettet sind.Die operativen Auffassungen bei der Aufgabenvariation sollten auch auf der begriffiiehenEbene starker zum Ausdruck kommen: Wenn Schuler Zusammenhange begreifen undMechanismen, die Veranderungen bewirkt haben, aufdecken und darstellen wollen, sindWortvariable hilfreich. Sie unterstutzen die Abstraktion von den konkreten Aufgaben undlenken die Aufmerksamkeit auf Veranderungen und Beziehungen. Wahrend beimAnalysieren einer Aufgabensequenz die Zusammenhange zwischen den GroBen untersuchtwerden, kommen beim selbstandigen Konstruieren die Bedingungen, unter denen einbestinunter Effekt erzielt werden kann, in den Blick. Dieser Umgang mit Veranderlichenkann auch einen Beitrag zur Entwicklung von funktionalem Denken leisten: Zu­sammenhange annehmen, feststellen, angeben, erzeugen und darstellen, ebensoHypothesen iiber die Art des Zusammenhangs und den Einfluf von Anderungen bilden,konstruieren, kontrollieren, ggf. revidieren sind die grundlegenden Tatigkeiten, aus denensich der Funktionsbegriff entwickeln kann. (Vgl. Vollrath 1994, Freudenthal I983a,Fuhrer 1985.)

4.4 Bezeichnung und NotationZusammenfassend laBt sich feststellen, daf es in der Grundschule viele Moglichkeitengabe, die Benutzung von Variablen expliziter zu machen. Naturlich ist nieht an dieFestlegung bzw. Formalisierung einer nicht altersgemalien Fachsprache gedacht, waslernpsychologischunklug ware. Vielmehr sollten solcheBezeichnungen und Schreibweisenin der Grundschule verwendet werden, so ware eine Minimalanforderung, die den in derSekundarstufe gebrauchlichen nicht widersprechen. Die Freigabe jeglicher Schreibweiseware daher keine gute Alternative. Daruber hinaus wird abstraktes Denken erheblicherleichtert durch eine klare Sprache, die sich auch in einer treffenden Notation nieder­schlagt. Denkfahigkeit hangt bekanntlich mit Ausdrucksfahigkeit zusammen. Diealgebraischen Sprech- und Bezeichnungsweisen sind in Jahrhunderten gereift und habensich bewahrt. Man tut deshalb gut daran, Kinder moglichst fruh mit ihnen anzufreunden.Erste Anlasse fur eine Begegnung mit der algebraischen Sprache gibt es in der Grund­schule bei der Benutzung von Wortvariablen zur Beschreibung von Zusammenhangen undBuchstaben oder Marken als Abkiirzungshilfe bei der Notation.

29 Nicht nur Aufgabensequenzen sind zum Suchen und Finden solcher Strukturen geeignet: AuchZahlenfolgen, Zahlemnauem oder Arithmogons bieten Gelegenheiten ZUlU operativenDurcharbeiten. (Vgl. Muller, Wittmann 1993.)

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Benutzung von WortvariablenIn unserer Alltagssprache brauchen wir Worte, die fur sich mehrdeutig sind und ihreEindeutigkeit aus dem Kontext gewinnen, in dem wir sie verwenden. Beispielsweiseverwenden wir Gattungsbegriffe ("Tiere", .Menschen") oder unscharfe Bezeichnungen("wahrscheinlich", "ein gewisses Maf an", "ein Stuck weit"). Wortvariable sind zureinheitlichen und ubersichtlichen Beschreibung eines Sachverhalts hilfreich, aber auch zurBeschreibung von Spielregeln oder Gestaltung von Aufgabensequenzen."1m Mathematikunterricht verfahren wir oft auch umgekehrt: Die modellhafte Beschreibungeiner Situation erfordert Worte, die fur Verschiedenes stehen konnen." Der betrachteteEinzelfall wird zum Modell fur eine ganze Klasse ahnlicher Falle, wie z.B. bei derFormulierung von Rechenregeln. Hier klingen wesentliche Fragen an: Welche Merkmaleund Beziehungen eines Sachverhalts konnen oder sollen beschrieben werden? WelcheWorte sind passend? Wortvariable sollen wichtige Merkmale und Beziehungen einesSachverhalts mit einem sprachlichen Ausdruck beschreiben, aber eben nicht mehr als das.Deshalb sind sie auch allgemeiner als der spezielle Sachverhalt.

Marken oder BuchstabenAbkurzungen erlauben eine knappere, kontextfreiere Darstellung als Worte. Sie schaffenUberblick uber Zusammenhange auf Kosten der Einzeldinge. 1m Leben fuhrt eifrigesAbkurzen leicht zu Milsverstandnissen wegen moglicher Vieldeutigkeiten. In derMathematik hat sich das als Vorteil erwiesen, wenn es um Beziehungen zwischenGegenstanden geht. Symbole ermoglichen eine klare Bezeichnung von variablen undkonstanten Werten in Sachkontexten, andererseits erleiehtern sie regelhaftes Operieren.Bei Aufgaben mit mehreren Losungen(s.o.) laBt sich ein explizit oder implizit angegebe­nes Losungsintervall mit Hilfe von Buchstaben oder Marken iibersichtlich angeben. BeiAufgaben mit zwei Unbekannten bewahrt sich eine solche Schreibweise schlielilicheindrucksvoll. Warum also nieht vom ersten Schuljahr an Buchstaben oder Markenerganzend zu Kastchen verwenden?Kinder konnen schon mit Buchstaben rechnen, und sie tun es auch nach ihren eigenenStrategien. Haufig deuten sie Buchstaben als Geheimzahlen: .Kann denn e+e=8 sein, wennb+b=4 ist?" (Kuppers 1997) Auch als Abkurzung oder Codename konnen sie verwendetwerden, wie in dem Ausdruck 5l (5 Zehner). Werden Variable nur in diesem Sinnverwendet, so besteht die Gefahr, daf bei der Buchstabenrechnung in der Sekundarstufeeine Variable nur alsVertreter genau einer Zahl gedeutet wird. Marken sind schon vonihrer Gestalt mehrdeutig und ermuntern dazu, verschiedene Zahlenwerte einzusetzen.

30 In der Geschichte der Mathematik war es ein weiter Weg zur Entwicklung von Wortvariablen,etwa vonder agyptischen Hau-Rechnung zum ,,)C" der Cossisten in der Renaissance (Cosa, ital:Ding).

31 Die Bezeichnung "Variable" ist, von der Umgangssprache aus betrachtet, zur Kennzeichnungeines solchen Zusanunenhangs treffend: Der "variable Zinssatz" andert seine Konditionen,"variable Grofen" verweist auf Flexibilitat, das Variete verspricht Abwechslung. Immerbezeichnet das Wort etwas, das beweglich, wechselhaft, dynamisch, veranderlich oderunbestinunt ist.

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5. ResiimeePropadeutik fur die Sekundarstufe meint nicht Vorwegnahme des Lehrstoffs, sondernEroffnung zentraler Denkweisen des weiterfiihrenden Unterrichts. Zusammenfassend lantsich feststellen, daB der Grundschulunterricht den Sekundarstufenunterricht besservorbereiten konnte, wenn er die Zahlvorstellungen der Kinder gezielt entgegenstandlichen,erweitern und beweglich machen wurde. Ausgehend von den ersten Erfahrungen derKinder mit Zahlzahlen oder Anzahlen solIten vielfaltige und anpassungsfahigeVorstellungen von Zahlen angebahnt und im Rahmen kindlicher Moglichkeiten expliziertwerden. Dies wird unterstiitzt durch• mehrdeutige Zahlenmodelle, die aspektreich sind und die Beziehungen zwischen

Zahlen geeignet veranschaulichen.die Gewohnung an unscharfe Zahlenangaben, wie Naherungszahlen oder zum Zweckeder besseren FaBbarkeit vereinfachte Zahlen, und intelligentes Rechnen.

• robuste Verfahren fur das schriftliche Rechnen, mit denen sich Rechenergebnisse sogenau wie sinnvoll ennitteln lassen.eine fruhzeitige Begegnung mit verschiedenen Variablenaspekten, die vielfaltigeBeschreibungsmoglichkeiten fur Zahlen darstellen.

Am Ende von Klasse vier solIten Zahlen, ihre Darstellung und ihre Beziehungen in derVorstellung so miteinander verschmolzen sein, daB mit Zahlen vor allem ihre Wechselbe­ziehungen zu anderen Zahlen und ihre Veranschaulichung in bedarfsgerechten Modellenassoziiert werden konnen, Ich bin uberzeugt, dafi auch der Grundschulunterricht gewinnenkonnte, wenn allzu gegenstandliche, statische und ergebnisfixierte Sichtweisen zunehmendab- statt aufgebaut wiirden.

Herr Professor Fuhrer (Frankfurt) und Herr Professor Walther (Kiel) verdanke ich einigeRatschlage und Hinweise, fur die ich mich herzlich bedanken mochte und die hoffentlichder Endfassung genutzt haben.

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Adresse del' Au/Drill:

Michaela ScharlothCuxhavener Stralle 1965933 Frankfurt

Manuskript:7.7.1998Typoskript: 23.4.1999