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538 K.T~RRAHn: 14. K. TERRAHE-!V[finster: Zur rSntgenologischen Diagnostik yon Felsenbeinfrakturen mit besonderer Beriieksiehtigung der Mikrofrakturen des Labyrinthes (Mit 1 Textabbildung) Trotz vielseitig entwickelter otologischer Untersuchungsmethoden sin4 uns die Felsenbemfrakturen auch heute noch ein diagnostisches Problem. Die prozentuMen Angaben fiber radiologisch nicht erfaBte Schli~fenbeinbrfiche schwanken in der Literatur derartig, dab sie wenig Aussagewert haben. Es ist jedoch eine allgemeine Erfahrung, dab sehr viele Felsenbeinfrakturen dem radiologischen I~aehweis entgehen. Daraus leite~ sich die dringliche Forderung ab, nach neuen r6ntgenologischen Methoden Ausschau zu halten, um die diagnostischen Chancen zu ver- bessern. W/~hrend sich uns bei den Pyramiden]/~ngsfrakturen die tomo- graphisehe Untersuchung des Schl~fenbeines am besten bew/~hrt hat, -- ~_r verwencien sie zur Darstellung einer Geh6rknSchelluxation oder bei der Fahndung einer Frakturlinie am FaciMiskanM -- bedeutete uns bei der Diagnostik der Querfrakturen unser R6ntgenschichtger/~t keine wesentliche Bereicherung. Wir begn/igen uns daher bei den trans- versalen Brfiehen wieder ausschlieBlich mit den Ubersiehtsaufnahmen, allerdings mit einer neuen and erweiterten Einstelltechnik. Welche r6ntgendiagn0stischen Probleme uns die Querfrakturen aufgeben und wie man ihnen techniseh mit gutem Resultat begegnet, soll kurz dar- gestell~ werden. Wie komplex allein der Begriff des Pyramidenquerbruches ist, ver- deutlicht diese Skizze, welche synoptisch die verschiedenen Verlaufs- formen all der Bruchlinien vor Augen ffihrt, die wit unter dem Sammel- begriff der transversalen Fraktur zusammenfassen. Es erfibrigt sich hier, die einzelnen hier abgebildeten Varianten nachzuzeichnen. Wichtig nut ist der I-Iinweis auf jene Frakturen, welehe sieh ganz auf das Felsenbein besehr/inken, also nicht yore umgebenden Knochen auf die Pyramide fibergreifen und darum sich r6ntgenologisch so oft verborgen halten. Ebenso sind besonders die isolierten Labyrinthsplitterungen in den Blick- punkt zu rficken, die sogenannten Mikrofrakturen des knSchernen Innen- ohres. Zwar sind die Mikrofrakturen seit 40 Jahren nach den grund- legenden Untersuchungen yon UL1%IcI-I 11. ~N~AGEI~ bekannt; der bisherige Mangel an klinischem Interesse jedoeh erkl/irt sieh aus den fast unfiber- windlichen Schwierigkeiten, sie zu erkennen. Wet sich die soeben skizzierten Eigensehaften der diagnostisch problematischen Pyramidenquerfraktur vor Augen h/~]t, ihre so varia- blen Verlaufsriehtungen uncl ihr isoliertes Auftreten Ms Fissur der Pyra- mide oder gar a]s Mikrofissur der Innenohrkapsel, dem bietet sich ein yon C~rAvss~ entwiekeltes radiologisches Untersuehungsverfahren an, eine systematisierte Aufnahmenserie, die in unserer Klinik inzwischen zur erfolgreieh angewandten Routinemethode wurde.

Zur röntgenologischen Diagnostik von Felsenbeinfrakturen mit besonderer Berücksichtigung der Mikrofrakturen des Labyrinthes

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Page 1: Zur röntgenologischen Diagnostik von Felsenbeinfrakturen mit besonderer Berücksichtigung der Mikrofrakturen des Labyrinthes

538 K.T~RRAHn:

14. K. TERRAHE-!V[finster: Zur rSntgenologischen Diagnostik yon Felsenbeinfrakturen mit besonderer Beriieksiehtigung der Mikrofrakturen des Labyrinthes (Mit 1 Textabbildung)

Trotz vielseitig entwickelter otologischer Untersuchungsmethoden sin4 uns die Felsenbemfrakturen auch heute noch ein diagnostisches Problem. Die prozentuMen Angaben fiber radiologisch nicht erfaBte Schli~fenbeinbrfiche schwanken in der Literatur derartig, dab sie wenig Aussagewert haben. Es ist jedoch eine allgemeine Erfahrung, dab sehr viele Felsenbeinfrakturen dem radiologischen I~aehweis entgehen. Daraus leite~ sich die dringliche Forderung ab, nach neuen r6ntgenologischen Methoden Ausschau zu halten, um die diagnostischen Chancen zu ver- bessern. W/~hrend sich uns bei den Pyramiden]/~ngsfrakturen die tomo- graphisehe Untersuchung des Schl~fenbeines am besten bew/~hrt hat, -- ~_r verwencien sie zur Darstellung einer Geh6rknSchelluxation oder bei der Fahndung einer Frakturlinie am FaciMiskanM -- bedeutete uns bei der Diagnostik der Querfrakturen unser R6ntgenschichtger/~t keine wesentliche Bereicherung. Wir begn/igen uns daher bei den trans- versalen Brfiehen wieder ausschlieBlich mit den Ubersiehtsaufnahmen, allerdings mit einer neuen and erweiterten Einstelltechnik. Welche r6ntgendiagn0stischen Probleme uns die Querfrakturen aufgeben und wie man ihnen techniseh mit gutem Resultat begegnet, soll kurz dar- gestell~ werden.

Wie komplex allein der Begriff des Pyramidenquerbruches ist, ver- deutlicht diese Skizze, welche synoptisch die verschiedenen Verlaufs- formen all der Bruchlinien vor Augen ffihrt, die wit unter dem Sammel- begriff der transversalen Fraktur zusammenfassen. Es erfibrigt sich hier, die einzelnen hier abgebildeten Varianten nachzuzeichnen. Wichtig nut ist der I-Iinweis auf jene Frakturen, welehe sieh ganz auf das Felsenbein besehr/inken, also nicht yore umgebenden Knochen auf die Pyramide fibergreifen und darum sich r6ntgenologisch so oft verborgen halten. Ebenso sind besonders die isolierten Labyrinthsplitterungen in den Blick- punkt zu rficken, die sogenannten Mikrofrakturen des knSchernen Innen- ohres. Zwar sind die Mikrofrakturen seit 40 Jahren nach den grund- legenden Untersuchungen yon UL1%IcI-I 11. ~N~AGEI~ bekannt; der bisherige Mangel an klinischem Interesse jedoeh erkl/irt sieh aus den fast unfiber- windlichen Schwierigkeiten, sie zu erkennen.

Wet sich die soeben skizzierten Eigensehaften der diagnostisch problematischen Pyramidenquerfraktur vor Augen h/~]t, ihre so varia- blen Verlaufsriehtungen uncl ihr isoliertes Auftreten Ms Fissur der Pyra- mide oder gar a]s Mikrofissur der Innenohrkapsel, dem bietet sich ein yon C~rAvss~ entwiekeltes radiologisches Untersuehungsverfahren an, eine systematisierte Aufnahmenserie, die in unserer Klinik inzwischen zur erfolgreieh angewandten Routinemethode wurde.

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RSntgenologische Diagnostik von Yelsenbeinfrakturen 539

CHAI~SS~ geht yon zwei elementaren Voraussetzungen aus : 1. Fraktur- spalten kommen nur rSntgenologiseh zur Darstellung, wenn sio in der Ebene des Ziolstrahlos liegen. 2. Da die Bruehlinien so verschieden gerichtete Ver]aufe zeigen, wie unsere Ubersichtsskizze eben deutlieh maehte, h~ngt es lediglieh vom Zufall ab, ob gerade Zielstrahl und Ebene des Bruchspaltes einander entspreehen und die Fraktur zur Abbildung kommt. Oft gentigt die Verschiebung des R5ntgenfoeus um wenige Winkelgrade, um die diagnostischen Chancen zu s Daraus zieht er die praktiseho Schlullfolgerung: Wio man n i t einem Scheinwerfer ein dunkles Gebiet schrittweise abtastet , so ersehliellt man sieh die Pyramide

a b

Abb. 1 a u. b. Gegeniiberstellmlg einer Aufnahme nach STENVERS und einer Aufnahme aus der Chauss6- Serie bei einem P~tienten n i t traumatisch bedingter einseitiger Taubheit, vestibul~irer Unerregbarkeit und peripherer Facialisl~thmung. Die Cha/lSs@-Aufnahme bringt einen klaffenden FraktursPalt im

Labyrinthbereich zur Darstellung, der auf d e n Stenvers-Bild verborgen bleibt

n i t einer nach Plan und System ausgerichteten Aufnahmeserie. Die Untersuchung wird fo]gendermal~en ausgeftihrt: In dem Viortelkreis zwisehen d e n Einfallsstrahl nuch STENVERS (d. h. 45 Grad zur Seh~deI- sagittalen) und demjenigen naeh CI~AIJss~ I I I (d. h. 15 Grad zur Seh~del- sagittalen) fertigt man unter Verschiebung der R5ntgear6hro um joweils 6 Grad mehrero Aufnahmon an. So die Originalmethode, yon der wir jedoeh abweiehen, um Zeit und Filme zu sparen. Es geniigen meistens 3 Aufnahmen: CtlAUSS~ I I I 15 Grad, Mittelstufe 30 Grad und S ~ v ~ s 45 Grad zur Sehiidelsagittalen. Der ZielstrahI dieser 3 Aufn~hmen bildet n i t der Sch~delhorizontalen jeweils einen Winkel yon 20--25 Grad und passiert jeweils einen gemeinsamen Fixpunkt in der Paukenh6hle. Dieses von C~IAtTss~ entwiekelte Verfahren hat offenbar in Deutschland bisher wenig Anhanger gefunden und wird auch in der deutschen Li teratur meist nur beilaufig erwahnt. In unserer Klinik hat es sich jedoeh als eine diagnostiseh ertragreiche Methode bei der rSntgenologischen Fahn- dung nach Pyramidenquerfrakturen erwiesen. Wir mSchten auf dieses Verfahren nieht mehr verziehten. Um jedoch eine Saehe zu empfehlen,

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lassen wir am besten das praktisehe Beispiel zu Wort kommen. Darum demonstriere ich zum SchluB einige R6ntgenbflder :

Ein 19jahriger Pat ient lieB bei t raumatisch bedingter linksseitiger Taubheit, vestibu]~rer LTnerregbarkeit und peripherer Facialisl/~hmung weder auf der Schfiller- noeh E. G. l~ayer- noch Stenvers-Aufnahme eine. Bruchlirde im Labyrinthbereich erkennen. Erst die Aufnahmenserie nach CHAUSS~, deckte einen klaffenden Frakturspal t auf, der das Labyr inth praktisch auseinandersprengt. - - Bei einem zweiten Patienten mit gleiehartigen efllseitigen audiologischen nnd vestibuls Ausfalls- erscheinungen mit Facialisparese nach Schadelunfall trugen weder die Schfiller- noch E. G. Mayer- noch die Stenvers-Aufnahmen zur diagnosti- schen Kl~rung bei. Es ist kaum zu fassen, dab erst eine Verschiebung des R6ntgenfocus um einige Winke]grade notwendig war, um eine breite Querfraktur zur ])arstellung kommen zu lassen, wie sic auf der Chauss6- Aufnahme siehtbar wird. - - DaB aueh die feineren l~issuren yon der Chauss6-Serie diagnostisch erfaBt werden, zeigt das n~chste RSntgen- foto : Diese feine Bruchlinie, die quer durch die Cochlea zum Pyramiden- dach zieht und auf der Chauss6-Aufnahme exakt ]okalisiert werden kann, blieb auf den fibrigen Standardaufnahmen, insbesondere auf der Stenvers- Aufnahme verborgen. - - Die lV[ikrofrakturen fanden wir bisher nur mit ttflfe yon Serienaufnahmen. t i ler erkennt man im Bereich des Vestibulum eine zarte, langliche Aufhellung, eine Mikrofissur, die bei den fibrigen Aufnahmen rSn~genologisch nicht nachzuweisen war. K]inisch b o t d e r Pat ient einen totalen Labyrinthausfa]l nach Sch~delfraktur. Auch auf dem nachsten Bfld finder sich eine Mikrofissur, die dureh die Basal- winclung der Schnecke zum Fundus des inneren GehSrganges zieht.

Wer an die statistisehen Berichte fiber r6ntgenologisch nicht erfaBte Querbrfiche des Fe]senbeines denkt, der wird vielleieht gleich uns eine Niethode begriii3en, die uns diagnostisch eindeutig zu gfinstigeren Ergeb- nissen verhilft.

Literatur

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-- -- P. PIALOVX, J. BOUCH]~T et C~. TI~o~[As: Consid6rations sur la radiographie du temporal dite ,,de pr6cision". Acta oto-rhino-laryng. (belg.) 12, 376 (1958).

NAOv.R, F.R.: ~ber Spatmeningitis naeh Labyrinthfraktur. Acta oto-laryng. (Stockh.) 14, 127 (1930).

PORTMANN, IV[., et G. GUILL]~: Radiodiagnostic en otologie. Paris: Masson & Cie. 1959.

T]~RRACOL, J., R. PALEI~Ae et F. CAMPs: Les incidences du Chause6. Ann. Oto- laryng. (Paris) 78, 473 (1956).

ULRICE, K.: Verletzungen des GehSrorganes bei Schadelbasisfrakturen. Acta oto- laryng. (Stockh.) Suppl. 6, 1 (1926).

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Diskussion zu den Vortr~gen 4--12 541

Dis]cussion zu den VortrSgen 4--12

It. WIEGAND-Hamburg: In der HNO-Abteilung des A. K. Heidberg in Hamburg hat sich zur Behandlung der chronisehen Otitis media mit Vermeidung einer blei- benden OperationshShle folgendes Vorgehen in den ]etzten 3 Jahren bew~hrt. Wir ffihren zun~chst eine Tympanoplastik yore endaura]en Zugang durch. ~ach der Schnittfiihrung wird die Haut des oberen, hinteren und unteren GehSrganges sorg- f~ltig abpr~pariert und schonend mit dem Wundsperrer fortgehalten, so dab die Ern~hrung yon der Basis an der Concha ungestSrt bleibt. Es erfolgt dann die Wieder- herste]lung einer funktionierenden GehSrknSchelchenkette oder deren Ersatz mit einem passenden Knorpelstfiekehen aus dem Tragus, die t)aukenhShle wird dann mit einem Hauttransplantat abgedeckt, das der oberen, vorderen, unteren GehSr- gangswand sowie dem Facialissporn anliegt und hier antamponiert wird. Die Er- ni~hrung des Transplantates ist damit gesichert.

Die OperationshShle fiillen wir anschliel~end mit kleinen Knorpelstiickchen aus, welche yon einem frei transplantierten passenden Stfick der Fascies des M. temporalis abgedeckt werden. Auf diese ~ascie wird der erhaltene GehSrgangshautlappen zurfickverlagert, welcher Ansch]ul~ an das die Pauke abschirmende Hauttransplan- tat erh~lt. Eventuell noeh freie Fascie im cranialen Bereich, der durch die GehSr- gangshaut abgesteckten Fl~che kann durch zus~tzliche retroauriculiir entnommene Thierschhautl~ppchen bedeckt werden. Diese Thierschl~ppchen erhalten ihre Er- n~hrungsbasis dutch Auflegen derselben auf den freiliegenden Knochen der oberen GehSrgangswand und der oberen WundhShle. ])as gesamte Operationsgebiet ist damit primiir vollst~ndig epidermisiert. Die teilweise langwierige Nachbehandlung und 1)flege einer persistierenden l~adikaloperationshShle erfibrigt sich damit. Als Material fiir die Knorpelein]age verwenden wir jugendlichen Leichenknorpel, der in 90~ Alkohol aufbewahrt, 12 Std vor der Operation in w~Briger Leuko- mycinboratlSsung gelegt und zur VerSdung der RadikalhShle dann in kleinen Stiickchen in die HShle eingefiigt wird. Dieser Knorpel heilt reizlos ein, wie an Tier- versuchen und bei Nachoperationen an Menschen bewiesen werden konnte. Persistierende t~adikalhShlen kSnnen bei diesem Vorgehen sicher vermieden werden. Es resultiert ein im Aspekt praktisch normaler ~uBerer GehSrgang, der keiner besonderen sp~teren Kontrolle bedarf. Ourch 0perationsfotos wurde die operative Technik im einzelnen erl~utert.

A. LASKIEWIcz-London: Interposition der traumatisch ]uxierten GehSr- knSchelchen hat eine ]ange Vorgeschichte, da schon im Jahre 1860 Jos. ToY~BE]~, der Vater der englischen Otologie, geschrieben hat, dal~ man in solehen ~ l l e n ein diinnes GummirShrchen zur Prothesierung verwenden soll (Transl. d. Pathol. Sect. London 1860). Was die Tympanoplastik nach radikalen Ohrenoperationen anbe- langt, hat sich in London die Methode der plastischen Deckung der groBen Opera- tionshShlen nach T~o~Bv~ (Blackpoo]) und READING (London) eingebfirgert. Nach einer griindlichen Ausr~umung der erkrankten Mastoidzellen inklusive der im Sinusdura-Winkel (CITELLI), am besten durch die postauricul~re Incision, wird der !~r aus der Temporalgegend in die HShle transplantiert und manehmal auch mit dem Thierschgraft verst~rkt. GehSrgangsplastik nach PAssow, modifiziert nach McGvcxI~, kommt auch immer in l~rage. Grundprinzip dieses Verfahrens ist, dal~ die OperationshShle vorher griindlich revidiert wurde und dad der Eiter keine antibioticaresistente ]~akterien enth~lt. Sollte sich zeigen, da~ solche vorhanden sind, dann verzichtet man auf eine primate Tympanoplastik und tamponiert erst die OperationshShie mit Gazestreifen, ges~ttigt mit einer Mischung yon Jodoform-Bismut-01, solange, bis die OperationshShle ganz oder halbwegs trocken erscheint. Die Behandlung der sezernierenden Tube mul~ auch

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dabei durchgef/ihrt werden, wonach darm erst eine sekund~re Tympanoplastik mittens obiger Methode ausgeffihrt wird.

G.B.BIENIAS-Mfinehen: Zur Funktion der yon Ihnen verwandten Prothese, die der ?Jberbrfiekung der Pauke mit dem Ziel eines tI6rgewinns dient, m6ehte ieh folgenden Vergleieh heranziehen: Ein dreibeiniger Sehemel (Prothese) auf eine weiehe Unterlage gesteilt, sinkt bet Belastung (Sehalldruek) mit einem Bein ein, wenn die beiden anderen Beine eine feste Unterlage haben. In der Pauke k6nnte dann ein Tell des Sehalldruekes iiber die beiden Beine der sehemelartigen Prothese, die dem Faseialiskanal und dem Promonturium aufliegen, verloren gehen. Es gEbe dann drei ]YISglichkeiten: 1. Die Schalldrucktransformation ist gering und es wird keine wesentliche HSrverbesserung erreicht. 2. I)urch genaues Anpassen der BeinlEnge und Testen wEhrend der Operation wird der gewiinschte ~5rgewinn erreicht. 3. ]:)as auf das ovale Fenster gestellte Bein dringt in das Vestibulum ein und wirkt funktionsst6rend. Meine Frage ist daher: zu welchem Ergebnis haben experimentelle Untersuchungen geftihrt und wie sind die Operationsresultate bet Verwendung dieser ,,SehemeI"-:Prothese, fiber deren umgekehrte Einlage und die damit erzielten Ergebnisse Herr Sc~o]~L vorher berichtete ?

Zum Vortrag yon Herrn Sc~o~.L: Nach Tympanoplastik ( I u n d II) mittels ,,Kragenknopf '~ oder Doppellappen lieB sich in einzelnen FEllen, in denen Periost verwandt wurde, zusEtzlich zum HOrgewinn 3--5 Wochen nach Operation noch eine weitere HSrverbesserung nach 1/2 Jahr feststellen.

W. KLEY-Wiirzburg: Den Vortrag der Herren HAXtN und VOE~A fiber ,,Ande- rungen der Knochenleitung und Innenohrfunktion naeh Stapedolyse :' kann ich auf Grund der yon H. G. SC~MITT bearbeiteten Statistik des etwa 2500 Steigbiigel- operationen nmfassenden Materials der Wiirzburger Universitiits-Itals-Nasen- OhrenMinik insofern erg~inzen, als wir u. a. auch die Veriinderung der Knoehen- leitung nach den versehiedenen Formen der Stapedolysen und Fensterungen unter- sueht haben. Wiihrend sieh bet den verschiedenen Formen yon Steigbiigeloperatio- hen die durchschnittliehen postoperativen Xnoehenleitungskurven der versehiede- nen Kollektive zwischen 250 und 2000 Hz gegenfiber dem pri~operativen Stand nieht verschlechterte, bestanden in den h6heren Frequenzen deutliche Unterschiede: Bet der indirelcten Mobilisation lagen alle postoperativen Knoehenleitungswerte bis zu 5 dB tiber dem pr~operativen Stand. Bet der direlsten MobiIisation lag die als oberste gemessene Frequenz 8000 Hz als einzige um 2 dB unter dem pr~operativen Mefiwert. Bet der Crurotomis verschlechterten sich die Frequenzen 4000 Hz (2 dB) bis 8000 Hz (7,5 dB). Bei der Platinektomis war ein Abfali der Knoehenleitung mn 3 dB bet 3000 Hz bis auf 15 dB bet 8000 Hz zu verzeiehnen. (Alle angegebenen Werte beziehen sieh auf den Zeitpunkt der Krankenhausentlassung, dem 10. bis 12. Tag naeh der Operation.) Die Xontrolle der Xmoehenleitung 1 Jahr naeh der Platinektomie lieB erkennen, dab sieh die Innenohrleistung bis zu diesem Zeitpunkt wieder erholt hatte. Verluste der Knoehenleitung fanden sich nur noeh bet den Meg- frequenzen yon 4000 Hz (2 dB nicht signifikant) bis 8000 I-Iz (5 dB).

Vergleiehen wir dazu die postoperative Knochenieitung bet der Fenestration im lateralen Bogengang, so entspricht diese mit ganz ge~ingen Abweiehungen den Veriinderungen bet der Crurotomie.

Wir k6nnen daraus den SehluB ziehen, dab die Innenohrleistung in den Fre- quenzen oberha]b yon 3000 Hz um so st~irker beeintr~ichtigt wird, je breiter man das ovale Fenster er6ffnet und dab sich die Bogengangsfensterung auf die Basalwindung weniger stark auswirkt als die Fensterung im ovalen Fenster.

Herrn TE~BAI4E m6ehte ich darauf aufmerksam maehen, dab die yon ihm ge- zeigten R6.-Aufnahmen in Chauss~ III-Posit ion der bereits 1948 yon WULLST~ISr

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Diskussion zu den Vortrs 4--12 543

als ,,steile Stenvers-Aufnahme" zur friihzeitigen Erkennung einer Labyrinthostitis und eines labyrinthgefiihrdenden Cholesteatoms publlzierten Aufnahmerichtung entsprechen. Der Unterschied zwischen beiden Einstellungen liegt darin, dal~ der Ziclstrahl den Sch~del in entgegengesetzter Richtung durchl~uft, was aber fiir das Ergebnis im RSntgenbild gleichgiiltig ist.

R. THIEDEMANN-I-Iamburg: Bei der Verwendung yon k6rpercigenem Material zur Bildung einer Columella besteht die Gefahr einer sekund~ren Verformung durch Verlagerung oder Resorption, welche den anf~ngliehen funktionellen Erfolg wieder zunichte macht. Dies gilt genauso ffir die Reste yon Geh5rknSchelchen, die zudem manchmal noch ostitiseh ver~ndert sind, wie fiir die Knorpeleolume]len. Wit ver- wenden deshalb seit einiger Zeit bei den Typcn I I I und IV vorwiegend Columellen aus Kunststoff. Demonstration einer yon Gs.wlss entwiekelten Poly~thylen- Bindegewebsbriicke. Ein Polyi~thylenrShrchen wird durch Excision eines kleinen Stiickes der Wandung so abgeknickt, dab ein langer nnd ein kurzer Schenkel ent- steht. Der lange Schenkcl wird aufgesehlitzt und fiberschiefiend mit Bindegewebe gefiillt. Der kurze Schenkel wird ebenfalls mit Bindegewebe gefiillt, jedoch nicht aufgcsehlitzt. Beim Typ I I I wird der kurze Sehenkel iiber das Steigbiigelk5pfehen gestiilpt, beim Typ IV auf die FuBplatte gcstellt. Das Ende des langen Sehenkels wird hinter den Anulus tympanicus gebracht. Fixierung mit Sorbacel. Dariiber das Transplantat, welches eine lange Auflagefl~chc hat und dadurch der Drucknekrose durch die Columella entgeht. Es resultiert eine sehwingungsfiihige Einheit mit einer soliden gelenkigen Verbindung. Demonstration yon Audiogrammen, welche die mit diescr Methode erziclten HSrverbesserungen objektivieren.

I t . WULLSTEIN-Wiirzburg: Die Vortr~Lge und die Ausfiihrungen dazu haben die gleichen drei Gesichtspunkte abgehandelt, um die nun seit den letzten Jahren die Diskussion bei allen Kongressen in allen Ls kreist:

1. Die Tympanoplastik so durchzufiihrcn, dal~ sic die Struktur des Mittelohres noch weniger als zuvor abbaut, sondern erh~lt,

2. GehSrgangshShlen -- yon RadikaloperationshShlen kann man ja hier nicht sprcchen -- zu vermeiden und gegebenenfalls die hintere Geh6rgangswand wieder herzustellen nnd

3. auch dort, wo die Kontinuits der Ket te zerst6rt ist, nach MSglichkeit einen Typ I oder II , wenigstens einen Typ II I , also einen Columellaeffekt, zu konstruieren.

Zu 1. folgendes: Erhaltung dcr Mittelohrstruktur heil~t vor allem Erhaltung der lateralen Wand des Kuppelraums ffir die Funktion der Kette. Voraussetzung dazu mul~ jedoch bleiben, dab wir den pathologischen Prozel~ mit Sicherheit beur- teilen, d. h. iiberschauen kSnnen. Begilm dieser Techniken waren die verschiedenen ,,Kontrollen", die oberc und die untere Paukenkontrol]e und die Antrum bzw. die Adituskontrolle. Das Operationsprinzip fiir reich ist, dem pathologischen Prozesse vom Orte seines Entstehens und Eindringens nachzugehen, um so wenig wie m6g- ]ich aufzudeeken. Es ist erstaurdich, welche kleinen und kleinsten Zug~Lnge dazu oft geniigen. Als ich die ersten Tympanoplastiken Typ I und I I auch bei sezernierendem Mittelohr verSffentlichte, fiirchtete ich den Protest yon allen Seiten, dal~ hier ein infiziertes Gebiet noch dazu in so enger Verbindung zum Innenohre und damit zum Sch~delinnern nicht mehr aufgedeckt, sondern plastisch versehlossen wiirde. Dieser Einwand kam nicht. Heute fiirchte ich, dal~ wir uns manchmal nicht bewul~t sind, ob wir den pathologischen ProzcI3 dieses jewei]igen Ohres aueh mit Sicherheit ganz beurteilen kSnnen, bcvor wit unsere Plastik maehen. Trotz ihrer Vielfalt spielen sich diese Prozesse in der entscheidenden Weise immer an den selben Stellen und in bestimmten Formen ab. Wie man sich dem methodisch auf schonenste Art an- passen kann, lgBt sich jetzt nicht erSrtern.

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Zu 2. Schon damit ist gesagt, dab HastoidhShlen sehr oft zu vermeiden sind, gerade mit Hilfe der Adituskontrolle. Der Eingriff spielt sich durch den erweiterten GehSrgang ab. Es grit der Grundsatz, dab der krankhafte Vorgang des Ohres aus- geheilt werden mul~ und es gelten die audiologischen Prinzipien, aber es gibt keine Prinzipien in der Schnittfiihrung und aueh sonst keine starren Regeln der operativen Ausfiihrung. Der Operateur und seine Methodik mfissen wandelbar und anpassungs- fi~hig sein. Das gilt auch ffir die Teehnik des Transplantates, wobei wir nur den biologischen Gesetzen der Einhei]ung unterworfen sind. Ffir kleinere oder nicht zu grol3e Perforationen ist Fascie oder ein anderes Bindegewebe gut, ffir die gro~en und totalen Doppeltransplantate aus Haut und Fascie, wobei U ~ B ] ~ G v , ~ und KL~V als erste die Fascie verwendet und verSffentlicht haben. Doch heilen die Doppeltransplantate schneller und sind widerstandsf~higer. Herrn SC~OBELS Vor- gehen dient bei relativ grol~en Partien des Trommelfells, die erhalten blieben, den gleichen Zweeken. Vielleicht darf ich darauf aufmerksam maehen, daI~ diese Art der Preparation yon der GehSrgangshaut aus fiber den Annulus in einem Stfick mit der Epidermis des Trommelfells sehon 1959 yon FA~I~IO~ als sog. sliding graft bzw. flap verSffentlieht wurde. Vorsieht hat zu walten am Perforationsring. Die Epidermis zieht sich oft bis auf die innere Seite des Trommelfells und selbst das Cholesteatom in der zentralen Perforation ist uns keineswegs unbekannt.

Die Wiederherstellung der hinteren GehSrgangswand erfolgt heute, wenn nStig, immer. Viele Versuehe sind gemaeht worden, yon mir z.B. mit liophylisierten Knochensp~nen, bier wurde es wieder gezeigt mit homeoplastischem Knorpe]. Ob wir die HShle iiberhaupt verSden lassen sollen, ist eine Frage. Der Gedanke des Sehwenklappens yon t)ALV~ hatte reich sehr begeistert, er ist gewissermal~en das Spiegelbild des Hautlappens yon B~ALES fiir die hintere GehSrgangswand. Der Nachteil ist es ]eider, dal~ der Aufbliek bei der Adaptation fiber dem Mittelohr be- hindert und ersehwert ist. Ieh bin zum Sehwenklappen yon oben her zurfiekgekehrt, allerdings nieht a]s Muskellappen. Schon bei der OtosklerosehShle hatte ich Huskel- lappen verwendet, sie sind zu kurz, retrahieren sich und atrophieren. Den Huskel schneide ieh nicht an. Den Lappen bilde ich vielmehr aus der Aponeurose des Huscu- ]us sternoeleidomastoideus und dem Periost des Planum. Zu seiner Lagerung, nieht zur Ern/~hrung kann er am Rande des Schl/~fenmuskels gestielt bleiben, aber aueh frei verwendet werden. Die ~bersieht fiber das ganze Feld bleibt in jedem Falle gewahrt. Die Fascie des Huskels fiir Trommelfelltransplantate bleibt erhalten.

Zu 3. Als ai~efizielle Kettenglieder habe ich schon 1953 Kunststoff verwendet, nach den ersten Versuehen keine Si~ulchen mehr, sondern Eins~tze der Nisehe an- gepaBt, auf der Steigbfigelfui~platte schmal und kurz, gegen das Trommelfell breit und gewSlbt. Diese kormten nieht mehr durchspieBen. Heute ziehen wir Draht vor, vom mazerierten Ambo~schenkel oder vom Hammer aus. Ieh meine, dal~ Draht - - Stahl oder Tantal -- sieh leiehter an die vorhandenen Ossieula ansehliel]en l~l~t und die Pauke wenig irritiert. Stahl und Tantal haben eine groBe Festigkeit bei ausreiehender Biegsamkeit und ihre Oberfl~ehen sind inaktiv. Han muI3 jedoch immer im Auge behalten, dal~ alle Konstruktionen des neuen Mittelohres so einfach angelegt sein sollen wie mSglieh. Ein guter Typ IV ist oft auf die Bauer sicherer und im Ergebnis kaum schleehter; die Statistik fiber die grol]e Zahl sagt das leider. Freilieh kann man die kompliziertesten Konstruktionen mit Draht maehen, z.B. die Sonoinversion mit Sehalldrucktransformation auf das runde Fenster naeh GA~CIA IBA~EZ, denn rundes und ovales Fenster bzw. Bogengangsfenster kSnnen ja ausgetauseht werden. Bei schwerer, die ovale 7Nische blockierender Otosklerose riihrt IBA~v.Z diese Region wie viele von uns nicht an, sondern macht ein Bogen- gangsfenster, allerdings in der AntrumhShle. In 2. Sitzung fiihrt er dann vom AmboBschenkel oder t tammergriff einen gebogenen Draht in die runde Nisehe an

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die Membran zur Schalldrucktransformation und koppelt ihn mit Gelatineschwamm an. Einze]ne sehr gute Resultate ergeben sich sicher auf diese Weise. Ki t der Kompliziertheit wachsen jedoch die Ursachen ffir das Versagen dieser Operationen. Viele Versuche dieser odor jener Art veranlassen alle Operateure in unserer Xlinik, nach den einfaehsten L6sungen zu streben.

~och eine kleine Bemerkung: Tympanoplastik und die Verwendung des Gelatine- sehwamms bei den Mittelohroperationen sind nun wirklich nicht nut eine europE- ische, sondern eine deutsche Entwicklung. Worm wir yon Gelfoam sprechen start yon Gelatinesehwamm, werden wit in Amerika noch sehneller vergessen und fiber- gangen werden als ohnehin schon.

C. J~WSEN-Gummersbach: Dem Vortragenden wird zugestimmt, dab bei der Tympanopl~stik die Dinge noch im FluB sind und verschiedene Probleme noeh sehr schwer aus der augenblieklichen Situation heraus 16sbar erseheinen. Dies betrifft vor allem die nieht voraussehbare postoperative Narbenbildung im Bereich des neuen Trommelfe]ls, was dessen Schwingungsf~higkeit angeht, abet auch die Mucosa der Paukenhfhle und die narbigen Verwachsungen beim Ersatz der Geh6rknfchel- chenkette. Im Zusammenhang mit den Ausffihrungen yon Herrn SCHOBEL und Herrn PALVA wird dar~uf hingewiesen, daB bei deron Technik der t~adikaloperation mit ansehlieBender Muskelp]astik der Radikalhfhle dennoch die hintere knfcherne Gehfrgangswand in mehr oder minder starkem AnsmaB zerstfrt wird. In Gegen- fiberste]lung duzu wird die eigene seit 5 Jahren in 350 :F~llen durchgeffihrte Technik erwghnt, bei der der ~ul~ere Gehfrgang g~nzlich erhalten wird. Die knfcherne hintere Gehfrgangswand wird yon der retro~uricular ange]egten Antro-Mastoid- ektomiehfhle stark verdiinnt. Wichtig ist das Unterminieren des unteren Gehfr- gangsabschnitts, um einen breiten Zugang zum Paukenkeller zu schaffen, h'ur dunn ist eine Durchffihrung im Sinne einer Radikaloperation mfglich, wobei es nur wenige Ausnahmen gibt, die diese Technik nicht erlauben. An I tand yon zwei Dias wird die breite Erfffnung des Hypotympanums bis zum runden Fenster demon- striert. Am SchluB I-Iinweis auf die Ver6ffentlichungen anderer Autoren: K~E- rUSKA, PIFFKO, JAKO, ~SSURA, AI~SLAN, die ebenfa]ls fiber zufriedenstellende Ergebnisse berichten.

].I-]EERI~IANN-Essen: Die Diskussion hat gezeigt, dab sich die yon uns 1960 angegebene Verwendung der TemporMisfascie als Trommelfellersatz allgemein durchgesetzt hat.

Die Temporalisfascie geht nach unten hin so unmerk]ieh und allmghlieh in das Periost fiber, dab ich keinen Unterschied darin finden kann, ob man hier Fascie odor Periost transplantiert.

Bei der Verkleinerung dor Radikalhfhle durch Muskel, t~ascien und Periost- Lappen wiederholt sich der g]eiche Vorgang wie bei der Gehfrg~ngshautplastik nnd bei der Trommelfellhautplastik. Von 1890 bis 1940 sind 50 J~hre lung die ver- schiedensten Formen gestielter Gehfrgangshautplastiken ~ngegeben worden, bis uns LEMFEI~T zeigte, dab ein freies Gehfrgangshauttranspl~nt~t viol einfacher und ebenso sicher untor antibiotischem Schutz zu verwenden ist.

Bei der Wiederentdeckung dot Trommelfellplastiken wurden yon MO~ITZ, ZfLLNER u .a . zun~ehst gestie]te Hautlappen verwendet, his WULLSTEI~ uns zeigte, dab ein freier Hautlappon viol einfacher zu verwenden ist und ebenso gut einheilt.

Ebenso sind auch die Ffi]ltr~nsplantate ffir die Radikalhfhle viol leiehter und einfaeher bei freier Transplantation zu verwenden. Man mul~ sioh nur hfiten, die Blutgef~Be des Knochens restlos dureh Bohren mit dem Diamanten zu ver- schlieBen.

Arch. Ohr.-, Nas.-, u. Kehlk.-Heilk. , Bd. 185 (Kongrel~bericht 1965) 3 5

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546 Disknssion zu den Vor~r~gen 4--12

Zur Fr~ge Xunststoff und Dr~ht oder kSrpereigenes Gewebe als Columella: Xunststoft nnd Draht wird bei Tympanoplastiken vie] schlechter vertragen und hi~ufiger ausgesto~en ~ls bei Stapesoperationen. Bei Tymp~noplastiken arbeiten ~ r nicht in sterilem Gewebe. Uns hut sich nach wie vor der eigene Xnorpel vom Tragus des Patienten als bestes Material erwiesen, wie es UTEc~ zuerst empfohlen hat. L ~ t man den Knorpel nach Yreilegung zungehst auf seiner Unter]age lest sitzen, so kann man ihn leicht in jeder gewiinschten Form zusehneiden und ihn hinterher erst yon der Unterlage abheben, wie es ZSLLNS,~ fiir seine Knoehen- columella besehrieben hat. Wir haben bei Nachoperationen naeh vielen Jahren immer wieder erstaunt feststellen miissen, wie vSllig unveri~ndert der Knorpel sich in der PankenhShle h~lt. ~qekrosen sind wirk]ich ungewShnlieh selten. Der Kunst- stoff dagegen fiihrt im Laufe der Jahre allm~hlich zur Durehsggung der GehSr- knSchelchen, wie wir mehrfach feststellen konnten.

F. Z(JI~LNER-Freiburg]Br.: Die Teehnik der Lappenbildung nach PA~VA hat sich auch uns zur Fiillung der M~stoidhShle a]s sehr geeignet erwiesen, d~ bei ihr das Gewebe nieht durch lange Stielung und Knickung in seiner Ern~hrung gef~hrdet wird. Wir fiihren dabei immer ~uch Incisionen der GehSrgangshaut aus, damit diese bei Sehrumpfung des Fiillgewebes naehgeben kann and die Entstehung unkontrollierbarer HShlen vermieden wird. Auch lassen wir nach Cholesteatom den Attik zm" sp~teren Kontrolle often. Diese ~astoidplastik ist aber nur bei den rel~tiv seltenen Fa]len mit guter Pneumatisation nStig. Meistens kommen wir mit sub- cortiealer Ausr~iumung and oftener N~chbehandlung aus. GroBe, tTreie Implantate, insbesondere yon Xnorpel oder Knoehen, haben sich nieht bewghrt.

Die Verwendung yon Draht nnd Kunststoffen bei Tympanoplastik reizt immer wieder, doeh zeigt die Erfahrung, dal~ sie weniger gut vertragen werden, als bei Otoslderose. Den Herren MEtt:MKE und JAT~O mSchte ich daher empfehlen, die Erfahrungen der Amerikaner zu beachten, die anscheinend trotz ihrer bekannten t~unststofffreudigkeit diese Teehniken weitgehend wieder aufgeben. Im Blatt IX, 5, 33 (1964) der Correspondenz Society wird yon vielen bekannten Operateuren die ~rage beantwortet, wie am besten ein AmboI~defekt zu iiberbriicken sei. In ~]Joer- einstimmung mit den meisten sehreibt H. Sc~ux~cH% der die Drahtmethode ursloriinglich effunden und bei 100 ~ l l e n durehgeffihrt hatte, d ~ diese )/[ethode zwar ausgezeichneten Erfolg h~tte, aber ungemein schwierig und gefi~hrlich w~re. Er ist froh, daI3 er jetzt dureh Verlagerung des Ambol~restes auf einfacherem Weg die gleichen Erfolge erzielen kann. Zwischenpflanzen yon Draht oder Kunststoff zwischen ovales Feaster und TrommeIfe]l ist gefi~hr]ieh, da bei jedem Druck auf das Trommeffell der niemals festfixierte FremdkSrper ins Innenohr einbreehen kann. Bei Verwendung yon Knorpel oder Knochen kann der HSrgewinn schlimm- stenfalls dutch derbe Verwachsungen wieder absinken, die Innenohrfunktion aber bleibt erhalten, so dal~ dem Patienten immer noch zu helfen ist. Nach meinen Erfahrungen kommt man mit Xnoehen und I~norpel fiir s~mtliehe ~ormen der Plastik aus.

Herrn W~C]~SEL~AV~ mSchte ich bitten, uns seinen teehnischen Kunstgriff zur sicheren Ver~rbeitung kleinster Sehleimh~utexeisionen zu verraten.

W.WEI(JHSELBAUMER-Wien (Schlul~wort) : Da nur sehr ldeine Gewebsproben h~tra operationem entnommen werden konnten, waren wit gezwungen, eine Xnde- rang in der histologisehen Technik einzufiihren. N~eh einem Vorschlag yon KVLn- ~ wurde das sorgf~,ltig entnommene Oper~tionsmaterial sofort ohne Quetschung in Plastiksehlguehe yon 2--3 mm Durehmesser eingebracht und mit 10~ Form- uldehyd fixiert. Bei RShrehen yon mehr als 1 em L~nge wurden zur besseren Durch- trgnkung seitlieh ~enster gesehnitten. 48 Std ~ixierung, Entkalkung mit 5%

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Diskussion zu den Vortr~gen 4--12 547

Salpeters~ure, Nachbehandlung mit Natriumsnlfat. Nach Durchtr~nkung mit .~ther und Alkohol wurden die nun erhaltenen Materialproben mittcls Glasst~bchcn aus dem RShrehen entfernt und in iiblichcr Weisc in Celloidin-Paraffin cingebettet. Die Einfgrbung wurde mit Hgmatoxylin-Eosin und nach PAsI~-HA~s~ vor- genommen.

S.MEItMKE-Bonn (SchluBwort): Dcr funktionelle Erfolg eines Mittelohrauf- baues h~ngt yon der NISglichkcit ab, cine dauerhafte Sehalliibertragung herzu- stellen. Sic wird dann optimal sein, wenu der Sehalldruck der wirksamen Trommel- fcllfl~ehe auf die Ful~platte fbertragcn werdcn kann. Es mul~ also einmal eine funktionstfchtige Schallbrfieke ins Mittclohr eingebaut werden und zum ~nderen soll gcw~hrlcistet sein, da~ das Trommclfe]l oder dcr Trolnmclfellersatz schwin- gungsf~hig bleibt. D~zu bedarf es Baumateri~lien, die sieh auch wirklieh sichcr fixicrcn lassen und die iiberdies so formbar sind, da~ sic notfalls zus~tzlich als Tr~ger des Trommelfells zur Erzielung einer weiten Paukc fungieren. Im Draht ]icgt ein solehes Material vor, das fberdies noch den Vortcil der kleinen Masse und damit der geringen Reaktionsfl~ehe hat. Wir verwenden deshalb Gold- oder Platin- draht, weft wit glauben, da~ diese Edelmetalle besonders gut vcrtr~glieh sind. Der Platindraht bietet noeh den Vorteil, dal~ cr Sauerstoffmolekfile auf seiner Ober- fl~che konzentriert, die antiphlogistisch wirken. Nekrosen an den Kontaktstcllen sind zu vermeiden, wenn die Drahtsehleifcn locker gelegt werden und nicht ein- sehniiren. Aul~erdem wird bei Vcrwcndung yon 2--3 mm breiten Edelmetall- streifen die Kontaktfl~ehe so grog gehalten, da~ Druckusuren kaum zu befdrchten sind. M~n kann auch einen Film yon sterilem Wundspr~y under die Drahtsehleife legcn, dcr sehnell erh~rtet und zus~tzlich fixiert den Druck abf~ngt. Alles in a]lem ist uns im Draht ein Material in die I-Iand gegeben, das uns ermSglicht, eine Re- l~onstruktion des Mittelohres vorzunehmcn, die dem Tympanoplastiktyp I nnd I I cntspricht oder zumindest recht nahe kommt.

K. JATHO-KSlu (SehluBwort) : Dcr yon tterrn BINIEAS herangezogene Vergleieh eines ~uf einem n~chgiebigen Untcrgrund stehenden dreibeinigcn Schemels mit der yon uns benutzten dreibeinigen Columell~ beim Opcrationstyp IV l ~ t crkermen, dab die in Zweifel gestellte Funktion des ~bertragungsgliedes doch richtig ver- st~nden worden ist. In dcr Tat kann nur das auf der naehgicbigen Fu~platte stehende Bein der Columella den yon der Trommelfellplastik aufgenommenen Sehall fiber- tragen, w~hrend die beiden anderen Beine das ~-bertmgungsglied ]ediglich ab- stfitzen. Der Wirkungsgrad einer solehen Columella ist d~nn am gr6Bten, wenn das sehallfibertragende Bcin senkreeht sowoh] zur Trommelfcllplastik wie auch auf der Fu~pla~te stch~ und die schallmeehanisch nieht aktiven Beine starker abgewinke]t sind. Wesentlich ist auch die L~ngengebung der Beine, wobei die abstftzendcn l~ngcr scin so]]en, als das schullilbcrtragcnde Bcin. Die Formbarkeit des Poly~thy- lens ] ~ t zu, w~hrend des Eingriffcs die gfinstigste Position dcr Columella durch riehtige Winkel- und L~ngengebnng der Beine in der P~ul~cnhSMe zu finden. Auf ausdrfiekliehen Wunsch des Diskussionsredners werden einige Ergebnisse der auf diesem Wege erzielten HSrgewinne bei Tympanoplastiken yore Operationstyp IV an Hand yon Audiogrammen vorgewiesen.

J. TERl~AHE-Miinstcr (Schlu~wort) : Auf die Bemerkung yon tterrn K ~ r , dal~ die eben crw~hntc Aufn~hme nach C~uss~ I I I identiseh sei mit der 1947 yon WULLST~I~ angegebenen Aufnahme des Labyrinthes, mSehte ieh unter zwei Ge- siehtspunkten an~worten:

1. Es ist flit die Verbreitung der Chauss6 III-Aufn~hme ein verh~ngnisvoller Irrtum, da] sic mit der Wullstein-Aufnahme gleichgesetzt wird. Diese beiden Auf-

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548 W.D. KSIDEL:

nahmen unterscheiden sich einma] hinsichtlich ihrer Blickrichtung (die Wulls~ein- Aufnahme dient der Analyse ]abyrinthischer und perilabyrinthischei" Ver~nderun- gen, die Chauss6 III-Aufnahme richte~ ihr Augenmerk vornehmlich auf cholesteato- matSse Arrosionen an der later~len Attikwand), zum anderen in der Einstellung des ZielstraMes, eine Tatsache, die auch in dem einschl~gigen Lehrbuch yon SeHLOSS~AV~R unbeachtet b]ieb.

2. Ffir die Darstellung der Labyrinthfrakturen, wie ich sie erSrte~ babe, spielt die einzelne EinfalIsrichtung des Zielstrahles ohnehin eine untergeordnete Rolle. Wesentlich ist die Serientechnik unter Verschiebung des RSntgenfocus.

C. Hauptvortrag

15. W.D. KEmEL-Erlangen: Neuere Ergebnisse der Physiologie des Hiirens (Mit 23 Textabbildungen)

Seit der Erarbeitung der klassischen Ergebnisse der Physik der Schneeke, insbesondere der Hydrodynamik der Perflymphstr6mung und der Basilarmembran-Querbewegung durch B~K~sY sind einige Jahr- zehnte vergangen. Der Versueh, yon der Physik her welter vorsto~end die Lficke zum adgquaten Reiz hin, also zur Physiologie der Sinneszelle, zu sehlie~en ist jedenfalls bisher fehlgesehlagen. Zwar hat die Physik der EndolymphstrSmung einige interessante Details erkennen lassen. Abor yon einer klaren Konzeption der Ubersetzung tier Perilymph- in die EndolymphstrSmung sind wir heute welter entfernt, als wir noch vor wenigen Jahrzehnten glaubten. Der eigentliche ProzeB der Energie- transformation am Cortischen Organ vollends ist deshalb nicht unmittel- bar zu erklaren, weft uns der Zugang zur Sinneszelle solange versehlossen bleibt, als das Cortiorgan unzerstSrt ist. In diese grundsi~tzliche Schwierig- keit festgefahren, kann die Physik allein allem Ansehein nach nicht weiterhelfen.

Glficklicherweise zeigen sich gerade derzeit unvermu~ete methodische M6glichkeiten auf, etwa mit Itilfe histochemiseher feinstrukturanalyti- scher, oder membranphysikalischer Untersuehung der ionalen Zusammen- setzung der coehlearen Fliissigkeiten weiterzukommen. Doch hiervon kann in diesem Vortrag nicht die Rede sein. Dagegen scheint man sich yon der anderen Seite, der Neurophysiologie her dem Cortisehen Organ mehr und mehr zu nahern, naehdem das letzte Jahrzehnt hier vorwiegend die Aufklarung mehr zentral gelegener Informationsverarbeitungs- prozesse ergeben hatte. Aueh bier ist die Zeit einfacher grundlegender Versuche am freigelegten akustischen Cortex der Katze und des I-Iuades vorbei. Die Aufdeckung des Zusammenspieles der ,,peripheren" ersten und zweiten Kodierung in der Sinneszelle und im Cochleariskern einerseits