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- 48 - Zur Selbstzersetzung der Permanganate und der Permangansaure. Von ANTON SKRABAL. Vor kurzem haben A. C. SARKAR und J. &I. DUTTA' Unter- suchungen veroffentlicht, die zu einer Erklarung der scheinbar un- begrenzten Reduktionswirkung organischer Stoffe auf Knliumper- manganat fiihr ten. Als Ursache der unbegreuzten Zersetzung der Permangansaure wurde die Einwirkung des bei der Oxydation der organischen Substanz entstehenden Manganosalzes auf Permanganat erkannt, welclies Manganosalz unter Zwischenbildung von Mangan- superoxyd die Zersetzung der Permangansaure unter Sauerstofl- entwickelung herbeifiihrt. Icli mochte darauf verweisen , dals die von SARKAR und DUTTA beobachteten Reaktionen von D. VORLAXDER, Q. BLAU und T. WALLIS' und fast gleichzeitig und sehr eingehend yon mir und J. PREISS~ kinetisch untersucht worden sind und dafs das von uns auf Grund der Messungen nufgestellte Reaktions- schema in vielen wesentlichen Punkten sich mit der Auffassung von SARKAR und DWTA ubei- den Mechanismus dieser Reak- tionen deckt. In einer selbst stark schwefelsauren Losung von Permanganat (Mn'") erfolgt dessen unter Sauerstofferitwickelung vor sich gehende Re- tluktion nur sehr langsam, eine krscheinung, die sowohl von uns nls nuch von SARKAR und Duma konstatiert werden konnte. Wir iiannten diesen Teil der Reaktion, wiihrend welchen geringe Mengen von Wanganosalz (Ah'') gebildet werden, die Keimungs- oder die Inkubationsperiode. In dem Make, als die Konzentration des Manganosalzes wachst, setzt alsbald eine lebhafte Reaktion ein, wahrend welcher Mangansuperoxyd (Mn") gebildet und Sauerstoff entwickelt wird. Beziiglich des Mechanismus dieser Reaktionsperiode Z. anorg. Chem. 67 (1910), 225. Lieb. Ann. d. Clzem. 345 (1906), 251. Xonatshefte f Chenr. 27 (1906), 503, besonders 535. Vgl. auch A. SERBBALL, %. cinory. Chen~. 48 (190*), 1.

Zur Selbstzersetzung der Permanganate und der Permangansäure

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Page 1: Zur Selbstzersetzung der Permanganate und der Permangansäure

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Zur Selbstzersetzung der Permanganate und der Permangansaure.

Von

ANTON SKRABAL.

Vor kurzem haben A . C. SARKAR und J. &I. DUTTA' Unter- suchungen veroffentlicht, die zu einer Erklarung der scheinbar un- begrenzten Reduktionswirkung organischer Stoffe auf Knliumper- manganat fiihr ten. Als Ursache der unbegreuzten Zersetzung der Permangansaure wurde die Einwirkung des bei der Oxydation der organischen Substanz entstehenden Manganosalzes auf Permanganat erkannt, welclies Manganosalz unter Zwischenbildung von Mangan- superoxyd die Zersetzung der Permangansaure unter Sauerstofl- entwickelung herbeifiihrt. Icli mochte darauf verweisen , dals die von SARKAR und DUTTA beobachteten Reaktionen von D. VORLAXDER, Q. BLAU und T. WALLIS' und fast gleichzeitig und sehr eingehend yon mir und J. PREISS~ k i n e t i s c h untersucht worden sind und dafs das von uns auf Grund der Messungen nufgestellte R e a k t i o n s - s c h e m a in vielen wesentlichen Punkten sich mit der Auffassung von SARKAR und DWTA ubei- den Mechanismus dieser Reak- tionen deckt.

In einer selbst stark schwefelsauren Losung von Permanganat (Mn'") erfolgt dessen unter Sauerstofferitwickelung vor sich gehende Re- tluktion nur sehr langsam, eine krscheinung, die sowohl von uns nls nuch von SARKAR und D u m a konstatiert werden konnte. Wir iiannten diesen Teil der Reaktion, wiihrend welchen geringe Mengen von Wanganosalz ( A h ' ' ) gebildet werden, die K e i m u n g s - oder die I n k u b a t i o n s p e r i o d e . In dem Make, als die Konzentration des Manganosalzes wachst, setzt alsbald eine lebhafte Reaktion ein, wahrend welcher Mangansuperoxyd (Mn") gebildet und Sauerstoff entwickelt wird. Beziiglich des Mechanismus dieser Reaktionsperiode

Z. anorg. Chem. 67 (1910), 225. Lieb. Ann. d. Clzem. 345 (1906), 251. Xonatshefte f Chenr. 27 (1906), 503, besonders 535. Vgl. auch A. SERBBALL,

%. cinory. Chen~. 48 (190*), 1.

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ist folgendes zu sagen. Das wahrend der Keimungsperiode ge- bildete Manganosalz reagiert mit dem Permanganat nach der so- genannten GuYAnDschen R e a k t i o n . l Aus reaktionskinetischen Griinden gelangten wir zur Annahme, dafs bei der G u n m s c h e n Reaktion trivalentes Mangan (Mn"') primar gebildet wird. Im Ent- stehungszustande ist letzteres Burserst instabil; es zerfallt sofort, und zwar zu einem Teil in Manganosalz und Mangansuperoxyd, zu einem anderen in Manganosalz und Sauerstoff. Ob der Zerfall mehr nach der einen oder mehr nach der anderen Gleichung erfolgt, ist eine Funktion der Reaktionsgeschwindigkeit. Nach beiden Vor- gangen entsteht Manganosalz, welches mit dem noch vorhandenen Permanganat nach dem gleichen Schema weiter reagiert, bis schliefs- lich alles Permanganat verbraucht ist und das Reaktionsgemisch neben geringen Mengen Manganosalzes nur mehr Dif angansuperoxyd enthalt. Wir nannten diesen Teil der Reaktion, dessen Brutto- wirkung darin besteht, d a k die GnYaRDsche Reaktion die Reduktion des Permanganats un ter Sauerstoffentbindung ,,indnziert':, die I n - d u k t i o n s p e r i o d e . Die nach Ablauf dieser Periode resultierende, Xangansuperoxyd enthaltende Losung reagiert nur Burserst langsam unter Bildung von Manganosalz und Entwickelung von Sauerstoff (Endperiode) . Das Reaktionsschema ist daher folgendes:

Mn"" --f Mn" + 0, (1) Inkubationsperiode, &In" + Nn" ( 2 ) Mn" + 0, (3)

&In11 + MnVll --f MnlI1 ' ) Indnktionsperiode,

Mn" --f Xn" + 0, (4) Endperiode.

Die Geschwindigkeit der Reaktion der Endperiode ist, wie er- wahnt, eine geringe. Bei hiiherer Temperatur oder bei sehr grolser Saurekonzentration schreitet die Zersetzung rascher weiter und es resultiert dann eine rosenrote Losung von Manganosalz uiid Mangani-

' A. GUYARD, Bu21. SOC. chim. Paris 6 I (1863), S9; Chem. hTews 8 (1863), 292 und 9 (1863), 13. Vgl. auch J. VOLHARD, Lieb. Ansz. d. Chem. 198 (1879), 3 3 7 .

Fur die folgenden Betrachtungen ist die Frage nach der Natur des in- stabilen Zwischenproduktes von keiner Bedeutung , nachdem es sich uns nur urn die ,,Bruttoreaktionen" handelt , melchc in dem Reaktionsgemisch zeitlich aufeiriander folgen.

Vgl. A. SKRABAL, Zeifschr. f: Elektrochem. 11 (1905), 653 und 14 (19OS), 529; ferner Zeitschr. phys. Chem. 73 (1910), 171.

A. SERABAL, Die induzierten Reaktionen, Stuttgart 1905. Z. anorg. Chem. Bd. 68. 4

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sulfat, welch letzteres nur sehr trage unter Entwickelung von Sauer- stoff weiter zerfallt.

Setzt man zur Liisung von Permanganat von Haus aus Mangano- salz oder hat man letzteres in der Losung durch Reduktion von Permanganat durch organische Stoffe erzeugt, so setzen sofort die unter Sauerstoffentwickelung vor sich gehenden Reaktionen der In- duktionsperiode ein. Nach Reduktion des Permanganats resultiert wieder quadrivalentes Mangan. Weiter enthalt die Losung etwas Manganosalz und zwar - zufolge des langsamen Verlaufes der Reaktion(4) - um so mehr, je alter sie ist. Fugt man zu einer derartigen Losung eine neue Portion Ton Permanganat, so verlaufen von neuem die Reaktionen der Induktionsperiode bis alles Perman- ganat verbraucht und schliefslich wieder Mangansuperoxyd zuriick- bleibt. Es hat so den Anschein, als wiirde Mangansuperoxyd die unter Sauerstoffabgabe erfolgende Zersetzung des Permanganats katalysieren , eine Erscheinung, die auch von SARICAR und DGTTA beobachtet wurde.

Die Selbstzersetzung des Permanganats verlauft auch in neutraler Losung, nur ungleich langsamer als in saurer. Diesem Umstand ist die Titerunbestandigkeit der Permanganatlosungen der Malsanalyse zuzuschreiben. Auch diese Reaktion verlauft unter Keimungs- erscheinungen, indem sie, einmal durch Staub usw. eingeleitet, rascher weiter schreitet. Auch in diesem Falle hat es den Anschein, als wurde einmal gebildetes Mangansuperoxyd die weitere Zersetzung des Permanganats begiinstigen. Neben der Aziditht, der Tempe- ratur, der Gegenwart organischer Stoffe, von Mangansuperosyd und Katalysatoren ist vielleicht auch das Licht von Einfluls auf die Geschwindigkeit der Selbstzersetzung der Permanqanatlosungen.

Uberblickt man unser Reaktionsschema und die von SARKAR und I)UTTA aufgestellten Reaktion~gleichungen,~ so findet man Uber- einstimniung bis auf Gleichung (3), welche bei den letztgenannten

In alkalischen Liisungen bildet sich Manganat. Siehe u. a. R. LUBOLDT. Jozrm. prakt. Chem. 7 7 (1959), 315 und F. MOHR, Zeitschr. analyt. C h n . 9 ( lb70) , 43.

H. N. MORSE, A. J. HOPKINS und M. S. WALKER, Am. Chem. JouriL I S (1896), 401. - H. N. MORSE, Ber. deutsch. chem. Ges. 30 (1897), 48. - J. W. TURRENTINE, Journ. phys. Chem. 12 (1908), 448.

L. P ~ A N D E SAINT-GILLES, Compt. rend. 46 (1558), 624. 808. 1143 und 4 i (185Y), 5.54. - T. W A R Y ~ ~ K I utid P. TCHEICHVILI, Journ. chi77i. phys. 6 (1903). 567.

* 1. c. S. 227.

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Forschern fehlt. SARKAR und DUTTA nehmen an, dals die Sauerstoff- entwickelung blofs n a c h Gle i chung (4) unseres Schemas erfolgt, wahrend wir der Ansicht sind, dafs d ie H a u p t m e n g e des e n t - wicke l ten Sauers tof fs nach Gle i chung (3) en t s t eh t . Unsere Auffassung fufst auf den kinetischen Befunden, dafs die Geschwindig- keit der Reaktion (4) nur eine sehr geringe ist und da f s d ie S a u e r - s to f f en twicke lung a m l ebha f t e s t en n i c h t n a c h , sonde rn wahrend d e r Reduk t ion des P e r m a n g a n a t s e r fo lg t , gleich- giiltig, ob letztere durch Manganosalz oder durch ein anderes Re- duktionsmittel herbeigefiihrt wird.

Die von SARKAR und DUTTA neuerdings aufgeworfene und schon wiederholt erijrterte Frage, ob bei dem auf der GnYARDschen Re- aktion basierenden Titrationsverfahren Mangansuperoxyd oder eine Verbindung des letzteren mit Manganoxydul entsteht, kann auf Grund der von ihnen angestellten Versuche n i c h t als entschieden an- gesehen werden, denn die Zusammensetzung des Produktes der GIJYARD schen Reaktion ist neben der Aziditat der TJosung, der Temperatur und der Anwendung eines Uberschusses an Perman- ganat noch von einer Reihe von anderen Umstanden abhangigz

FR. JONES, Am. Chem. Soc. Journ. 33 (1878), 9 5 ; Chem. Xews 37 (1878),36. * Vgl. u. a. E. DEISS, Chem. Ztg. 34 (1910), 237.

Wien, Laborntorium fur analytisclze Chemie a? der k. k. Technischen Hoch- schde, im Juni 1910.

Rei der Redaktion eingegangen am 20. Juni 1910.